“Jura ist überall präsent und wenn man sich für etwas interessiert, kann man dem juristischen Spin geben und so seine Karriere und sein Leben bereichern.”
Teilnahme am IMR Jurapodcast
Schon in meinen ersten Heidelberger Sitzscheinen spürte ich, wie spannend die Verbindung von fremdem Rechtssystem, Religion und Sprache ist. Arabisches Recht bot mir ein neues methodisches Spielfeld und zugleich den Blick auf internationale Verflechtungen. Mein Arabischkurs entfachte die Neugier weiter – aus anfänglichem Interesse wurde eine echte Leidenschaft, die schließlich meinen Karriereweg prägte.
Eine offizielle Partnerschaft existierte nicht. Also setzte ich mich ein Wochenende hin, schrieb etwa fünfzig Professoren und Kanzleien im arabischen Raum an und telefonierte nach. Getreu dem Rat meines Onkels – „Irgendwer antwortet immer“ – meldete sich Prof. Lotfi aus Kairo: Studienplatz plus Kanzleipraktikum. Eigeninitiative ersetzte sämtliche Formulare und Auswahlkommissionen.
In der englischen Abteilung hörte ich Völkerrecht, internationales Handelsrecht, Schiedsverfahren und englisches Vertragsrecht. So vertiefte ich komplexe Materien auf Englisch, während ich parallel Arabisch lernte. Die Mischung aus ägyptischem Recht und globalen Bezügen schulte mein vergleichendes Denken, ohne mich sprachlich zu überfordern.
Pünktlichkeit ist dort elastischer: Eine Vorlesung kann statt 9.15 Uhr erst um zehn beginnen. Klausuren verschwanden beim Fakultätsumzug. Gleichzeitig öffnen sich Türen schnell, wenn man die richtigen Leute kennt – so bekam ich trotz Gaststatus eine Prüfungsleistung anerkannt. Flexibilität ersetzt Formalismus; persönliches Netzwerk schlägt Papierkram.
Ich kam in eine vergleichsweise ruhige Phase nach dem Regierungswechsel. Gerüchte über Scharfschützen oder Tränengas gab es dennoch. Ein lokales Netzwerk war entscheidend: Ägyptische Freunde wussten, welche Viertel man meiden sollte. So konnte ich Hotspots umgehen und mich gleichzeitig sicher auf Studium und Stadt konzentrieren.
Die Kanzlei zeigte mir, wie stark Beziehungen den Arbeitsalltag prägen. Zwischen Mandatsbesprechungen blieb Zeit für Kaffee und Gespräche; Stundendruck wie in deutschen Großkanzleien war selten. Ich prüfte Verträge in zwei Rechtssystemen und lernte kultursensible Kommunikation. Diese interkulturelle Erfahrung ist bis heute beruflich Gold wert.