“Als Richterin schätze ich die Unabhängigkeit und die freie Zeiteinteilung, trotz der vielen Herausforderungen am Hamburger Hauptbahnhof – das ist ein spannender, vielseitiger Beruf, der mich morgens mit Freude zur Arbeit gehen lässt.”
Teilnahme am IMR Jurapodcast
Ich habe während des Referendariats gemerkt, dass mich das Gericht am meisten reizt. Die Mischung aus eigenständiger Fallbearbeitung, Verantwortung für das Urteil und echter Unabhängigkeit passte perfekt zu mir. Als ich mich fragte, wo ich morgen mit Freude hingehe, lautete die ehrliche Antwort: in den Sitzungssaal. Da war klar – ich werde Richterin.
Mein Bauchgefühl war ausschlaggebend. Nachdem ich objektiv Pro- und Contra-Listen erstellt hatte, hörte ich darauf, welche Option sich leicht und richtig anfühlte. Dieses innere Signal führte mich schon oft verlässlich. Also vertraute ich ihm auch hier und wählte den richterlichen Weg.
Der Vis Moot hat mein Jura-Studium regelrecht turbo-geladen: Dort kombinierte ich meine alte Schauspielleidenschaft mit juristischem Argumentieren, lernte internationales Arbeiten und knüpfte ein Netzwerk, das mir Praktika, einen LL.M. in Paris und wertvolle Freundschaften eröffnete. Ohne den Moot stünde ich heute nicht da, wo ich bin.
Die Zeit in Kanzleien war lehrreich, aber auch ernüchternd. In Genf erlebte ich erstklassige Förderung und spannende Schiedsverfahren – großartig, jedoch fern der Heimat. In der Großkanzlei während des Referendariats stapelte ich Diesel-Massenklagen und spürte Abhängigkeiten von Partnern sowie engen Deadlines. Diese Kontraste ließen mich die Freiheit des Richteramts noch stärker schätzen.
Als Richterin bestimme ich selbst über Aktenlauf, Arbeitszeiten und Urteil. Wenn ich abends länger bleibe, dann weil ich es will, nicht weil ein Mandant um Mitternacht noch eine Mail erwartet. Diese fachliche und zeitliche Eigenständigkeit ist für mich unbezahlbar – sie gibt Raum für gründliche Entscheidungen und ein planbares Privatleben.
Montags und mittwochs verhandle ich. Am Vortag lese ich jede Akte, organisiere Dolmetscher, notiere Fragen. Während der Sitzung führe ich bis zu acht Verfahren, entscheide, diktiere das Tenor und starte Urteilsfristen. Die übrigen Tage nutze ich für Urteilsgründe, neue Ladungen und meine täglich anfallende „Dekretur“. So strukturiere ich die Woche vollkommen eigenständig.