“Das Referendariat ist das Salz in der Suppe, weil man so wahnsinnig viel ausprobieren kann und praktische Erfahrung sammelt, die über das Studium hinausgeht.”
Teilnahme am IMR Jurapodcast
Ich merkte rasch, dass Lehramt damals kaum Perspektiven bot. Jura versprach Vielfalt: Vom Sportrecht bis zur Politik standen mir viele Türen offen. Meine Familie arbeitet teils juristisch, dadurch war die Schwelle gering. So entschied ich mich für ein Studium, das analytische Arbeit mit gesellschaftlichem Einfluss verbindet – und bereue es bis heute nicht.
1990 wurden durch die Wiedervereinigung schlagartig neue Richterstellen geschaffen. Plötzlich konnte ich direkt nach dem Referendariat einsteigen, statt jahrelang auf Wartelisten zu stehen. Ohne diesen historischen Moment wäre mein Weg ins Richteramt vermutlich viel länger und unsicherer gewesen.
Zwei Prädikate bleiben das Ziel, doch daneben zählen Persönlichkeit, Kommunikationsstärke und Verantwortungsbewusstsein. Zusatzqualifikationen oder Berufserfahrung können kleinere Notendellen ausgleichen. Wichtig ist mir, dass Bewerberinnen Entscheidungen klar erklären können und echte Freude an einer unabhängigen Rechtsprechung mitbringen.
Ein, zwei Jahre Kanzleiluft zeigen, wie Mandate entstehen, Fristen drücken und Schriftsätze gebaut werden. Wer das erlebt hat, versteht später Anträge schneller und schätzt die Perspektive der Beteiligten. Ist man jedoch zu lange Anwältin, fällt der tägliche Entscheidungsdruck im Richteramt oft schwerer.
Das Referendariat ist das Salz der Suppe: Man probiert Gerichte, Staatsanwaltschaft, Verwaltung, Kanzlei oder Ausland aus, ohne sich festzulegen. Dadurch entdeckt man, welcher Arbeitsstil wirklich passt, sammelt Prozessroutine und erwirbt mit dem Zweiten Examen ein Qualitätssiegel, das Karrierewege öffnet.
Wer praktisch arbeiten will, promoviert am besten nach dem Zweiten Examen. Dann bleibt der Prüfrhythmus frisch, das Gehalt fließt schon und die Forschung lässt sich praxisnäher ausrichten. Promotion vor dem Referendariat sieht oft, dass der Wiedereinstieg ins Prüfungslernen mühsam wird.