IMR1673. Jul 23
IMR167: Hanseatisches OLG, Warum Richter werden, Verbesserung des Referendariats

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IMR167: Hanseatisches OLG, Warum Richter werden, Verbesserung des Referendariats

Ann-Marie Wolff, Professor | HansOLG Bremen

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Über diese Episode

Folge 167 deines Jura-Podcasts zu Job, Karriere und Examensthemen.

In dieser Folge sprechen wir mit Ann-Marie Wollf, Präsidenten des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen. Nachdem wir ihren Weg in die Richterschaft sowie die Spitze des OLG beleuchten, widmen wir uns den allgemeinen Voraussetzungen für den Einstieg in der (Bremer) Justiz. Wie gelingt das Referendariat nicht nur aus Sicht des Nachwuchs sondern auch aus Sicht der Ausbildenden? Wie kann die Referendariatsausbildung noch besser organisiert werden? Welche Idee steckt hinter dem Referendariat? Über welche Motivation sollte man verfügen, wenn man Richter:in werden möchte? Was sollte man bei der Wahl von Zivilstation, Strafstation & Co berücksichtigen? Welche Anforderungen werden im Staatsdienst an Note und Persönlichkeit gestellt? Antworten auf diese und viele weitere Aspekte gibt’s in Folge 167 von Irgendwas mit Recht. Viel Spaß!

Inhalt:

  • 00:00 ANMELDEN: 11. Juli in Hamburg, irgendwasmitrecht.de/live!
  • 00:23 Intro
  • 00:33 Einleitung / Vorstellung Ann-Marie Wolff
  • 00:58 Werdegang
  • 04:54 Richterschaft in Bremen / Motivation Richter zu werden
  • 06:43 Das skandinavische Modell / Berufseinstieg
  • 10:38 Einstellungsverfahren in Bremen
  • 13:31 Das Referendariat
  • 16:56 Was ist die Idee des Referendariats?
  • 18:22 Das 2. Staatsexamen
  • 19:50 Tipps zur Vorbereitung / Stationswahl
  • 25:15 Verbesserungen in der Referendarausbildung

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Zu Gast

Ann-Marie Wolff

Ann-Marie Wolff

Kapitel

  • 00:00:00.000ANMELDEN: 11. Juli in Hamburg, irgendwasmitrecht.de/live!
  • 00:00:23.829Intro
  • 00:00:33.683Einleitung / Vorstellung Ann-Marie Wolff
  • 00:00:58.152Werdegang
  • 00:04:54.388Richterschaft in Bremen / Motivation Richter zu werden
  • 00:06:43.318Das skandinavische Modell / Berufseinstieg
  • 00:10:38.820Einstellungsverfahren in Bremen
  • 00:13:31.735Das Referendariat
  • 00:16:56.730Was ist die Idee des Referendariats?
  • 00:18:22.180Das 2. Staatsexamen
  • 00:19:50.561Tipps zur Vorbereitung / Stationswahl
  • 00:25:15.920Verbesserungen in der Referendarausbildung

Über HansOLG Bremen

Das Hanseatische Oberlandesgericht Bremen ist das höchste Zivil- und Strafgericht des kleinsten Bundeslandes und damit klar in der Kategorie Justiz anzusiedeln. Mit rund 50 Richterinnen, Richtern und weiteren Mitarbeitenden arbeitet man hier in ausgesprochen überschaubaren Strukturen mitten in der Bremer Altstadt.

Das Gericht entscheidet nicht nur in Berufungs- und Revisionsverfahren, sondern bildet zugleich den juristischen Nachwuchs im Referendariat aus – persönliche Betreuung und schnelle Verantwortung gehören deshalb zum Markenzeichen. Wie sich diese Besonderheiten im Alltag anfühlen, erfahrt ihr in unserer Folge: Kopfhörer auf und rein in den HansOLG-Talk!

"
Das Referendariat ist das Salz in der Suppe, weil man so wahnsinnig viel ausprobieren kann und praktische Erfahrung sammelt, die über das Studium hinausgeht.

Sneak Peak – Q&A mit Ann-Marie Wolff

Transkript

KI-basiert und kann Fehler enthalten.

0:00 Min
IMR Live am 11.7.!:

Mark hier, hi, noch mal kurz der Hinweis. Am 11. Juli könnt ihr bei einer Live-Aufnahme von Irgendwas mit Recht dabei sein und zwar in Hamburg bei Heuking. Schaut mal vorbei auf www.irgendwasmitrecht.de slash live. Tickets sind natürlich kostenfrei und ich freue mich, mich viele von euch in Hamburg zu begrüßen. Bis dann. Ciao.

0:33 Min
Marc Ohrendorf:

Herzlich willkommen zu einer neuen Episode Irgendwas mit Recht. Mein Name ist noch immer Marc Ohrendorf. Heute bin ich für euch, wie auch schon in einer der letzten Episoden, so lässt sich das manchmal verbinden, in Bremen und sitze im Hanseatischen Oberlandesgericht gegenüber von Ann-Marie Wolff. Hallo Frau Wolff.

0:50 Min
Ann-Marie Wolff:

Hallo, moin.

0:51 Min
Marc Ohrendorf:

Moin. Sie sind Präsidentin des OLGs hier, stimmt's?

0:54 Min
Ann-Marie Wolff:

Das ist richtig, ja, seit 2019.

0:58 Min
Marc Ohrendorf:

Dann fangen wir mal ganz vorne an, auf dem wahrscheinlich relativ weiten Weg dorthin, denn kann ja auch nicht jeder werden. Warum haben Sie ursprünglich sich mal für Jura entschieden?

1:08 Min
Ann-Marie Wolff:

Eigentlich war es ein bisschen eine Verlegenheitslösung. Ich bin ja schon ein paar Länze älter und damals war die Situation eine andere. Ich wollte eigentlich Lehramt studieren und habe damit auch begonnen.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Ich hatte mal vor, Sport unter anderem auf Lehramt zu studieren und es stellte sich damals aber raus, dass das damals anders als heute ein Studium für einen Taxischein ist. Und dann habe ich es mir da noch mal überlegt und gedacht, naja, mit Jura hast du ganz viele verschiedene Möglichkeiten.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Ich bin familiär so ein bisschen vorbelastet juristisch, aber in die Richtung wollte ich eigentlich nie gehen und konnte mir damals zunächst schon mal ganz gut vorstellen, gut vorstellen, dass Richter vielleicht ein guter Job für mich wäre. Und das schwankte dann aber im Laufe meiner weiteren Ausbildung so ein bisschen, aber am Ende kam es dann doch dazu.

1:50 Min
Marc Ohrendorf:

Offensichtlich ist es nicht so gewesen und ich glaube auch vieles war Angstmacherei, aber das Jura-Studium hieß ja auch mal so ein bisschen vielleicht für den Taxi-Schein zu sein, jedenfalls wenn die Noten jetzt nicht überragend sind. Ich erinnere mich selber noch, ich habe 2007 angefangen zu studieren, selbst da wurde mir noch erzählt, schauen Sie mal links, schauen Sie mal rechts, der eine bricht der andere fährt Taxi, wo ich schon damals gedacht habe, wie bitte, aber das hat Sie nicht abgehalten, dass man sich sowas erzählt hat?

2:14 Min
Ann-Marie Wolff:

Das hat mich nicht abgehalten, weil ich eben damals und auch heute der Auffassung war und bin, dass man mit Jura einfach ganz viele verschiedene Dinge machen kann. Und das Jurastudium ist ja vielleicht auch, oder auch das Referendariat ist ja vielleicht noch gar nicht der Abschluss des Lernens und des sich Spezialisierens und Qualifizierens.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Und das hat mir damals die Hoffnung gegeben, jedenfalls im Vergleich zum Lehramtsstudium, zu sagen, ach dann gehst du lieber mal ein bisschen breiter, stellst dich ein bisschen breiter auf und machst das. Aber in der Tat, wäre die Wende nicht gekommen, hätten wir durchaus größere Schwierigkeiten gehabt.

2:49 Min
Marc Ohrendorf:

Wo haben Sie studiert?

2:50 Min
Ann-Marie Wolff:

Ich habe in Göttingen studiert.

2:51 Min
Marc Ohrendorf:

Triggerting. Okay. Und Referendariat dann?

2:53 Min
Ann-Marie Wolff:

In Hamburg, also nicht hier in Bremen, sondern in Hamburg und dann nochmal gewechselt.

2:58 Min
Marc Ohrendorf:

Okay, verstehe. Und dann sind Sie, Sie hatten das schon so ein bisschen ins Auge gefasst, habe ich gerade raus gehört, direkt Richterin geworden oder gab es da nochmal Umwege?

3:05 Min
Ann-Marie Wolff:

Ne, ich bin dann direkt Richterin geworden, denn man muss einfach dazu sagen, ich bin 1990 fertig geworden und bis kurz vorher haben wir eigentlich nie damit gerechnet, diese Chance zu bekommen. Durch die Wende damals ergaben sich natürlich deutlich mehr Stellen für uns und da habe ich dann auch gleich zugeschlagen, ich hätte sowohl in Hamburg als auch in Bremen anfangen können und da ich ursprünglich aus Bremen komme, hat es mich dann doch hier zurückgetrieben.

3:32 Min
Marc Ohrendorf:

Okay, verstehe. Also das ist ja wirklich, muss man sich ja mal vor Augen führen, ein komplett anderer Markt für Absolventinnen als es heute der Fall ist.

3:41 Min
Ann-Marie Wolff:

Damals ja, aber wirklich ausschließlich durch die Wende, das muss man sagen. Sonst wäre es sogar vergleichbar gewesen, denn auch damals waren die Stellen schon eng und ich hätte dann darüber nachgedacht, mich anderweitig noch zu qualifizieren.

3:55 Min
Marc Ohrendorf:

Interessant, ich hatte es gerade sogar andersrum gemeint. Ich war gerade sogar der Auffassung, aber es ist interessant, dass Sie da einen anderen Blick darauf haben. Ich war gerade sogar der Auffassung, dass es heute vielleicht ein bisschen einfacher ist, ins Richteramt zu kommen als jedenfalls jetzt, ich sage mal dann vielleicht 98 oder so, wo wir nicht diese Sondersituation der Wende haben.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Aber Sie würden sagen, eigentlich ist es immer noch gar nicht so leicht?

4:16 Min
Ann-Marie Wolff:

Jein, also finde ich interessant, dass wir uns gleich darüber unterhalten. Es ist etwas leichter geworden, aber als Präsidentin des Oberlandesgerichts bin ich ja auch für die Einstellungen zuständig. Wir gucken schon auch auf die Examsergebnisse trotzdem noch.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Ich hatte mal bei LTO gelesen, dass Bremen da ganz besonders runtergegangen ist mit den Anforderungen. So ist es noch nicht. Wir erwarten im Prinzip schon noch zwei Prädikate und mit ein bisschen Zusatzqualifikation oder Berufserfahrung kann das auch ein bisschen weniger werden, aber wir gucken da schon noch.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Deutlich angespannter für uns als Suchende.

4:52 Min
Marc Ohrendorf:

Ja, ja, verstehe. Wie groß ist die Richterschaft in Bremen ungefähr?

4:57 Min
Ann-Marie Wolff:

Wir haben in der ordentlichen Gerichtsbarkeit ungefähr 150 bis 180 Personen.

5:04 Min
Marc Ohrendorf:

Ja, und das sind nicht 180 Stellen, deswegen sagen sie Personen, weil es natürlich auch Teilzeit und so weiter gibt. Okay, ja, das ist natürlich jetzt auch nicht dann so in so einer Rolle, wo man jetzt vielleicht auch nicht allzu viel Fluktuation hat, dass man jetzt unbedingt jedes Jahr 80 Stellen besetzen muss logischerweise.

5:19 Min
Ann-Marie Wolff:

So viele haben wir nicht. Wir besetzen pro Jahr also 2020, 21 haben wir ungefähr jeweils 16 bis 20 Stellen besetzt. Im Moment ist es etwas weniger, aber ja es ist anspruchsvoll im Moment die Stellen wirklich mit gut geeigneten KollegInnen zu besetzen.

5:36 Min
Marc Ohrendorf:

Haben sie da das Gefühl oder kriegen sie vielleicht das Feedback aus dem Markt, dass sich dann doch noch Menschen aufgrund vielleicht auch monetärer Anreize, vor allem wenn die gerade mit dem Studium fertig sind, gegen die Richterschaft entscheiden? Oder ist es vielmehr so, dass sie sagen, naja, nee, die Menschen, die hier hinkommen, die wollen wirklich auch Richter werden. Das ist jetzt nicht nur eine Überlegung sozusagen vielleicht, was spricht dafür, was spricht dagegen, total offen, sondern das sind, ich sag mal in ganz großen Anführungszeichen, dann schon meistens auch Überzeugungstäter.

6:06 Min
Ann-Marie Wolff:

Ja, also wir haben einige, die wirklich sofort nach einem Referendariat sich hier bewerben und die sind sich ganz sicher, dass sie Richterin oder Richter werden möchten. Wir haben aber auch, das fragen wir bei unseren eigenen Referendaren dann manchmal ab, Kolleginnen und Kollegen, die sagen, möchte erst mal noch als Anwalt oder Anwältin Erfahrungen sammeln, was ich persönlich auch total gut finde, muss ich sagen.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Also hätte ich selber am liebsten auch gemacht, war damals eben nicht so die Zeit. Wir waren froh, dass wir überhaupt jetzt dann doch da reinrutschen konnten. Aber eigentlich finde ich diese Überlegung auch richtig gut.

6:43 Min
Marc Ohrendorf:

Es gibt ja auch in Skandinavien, zum Beispiel in Dänemark, das System, dass man sogar verpflichtend, jedenfalls vor ein paar Jahren, ich müsste mal überprüfen, ob es heute auch noch so ist, aber da gehe ich jetzt einfach mal von aus, erst ein paar Jahre als Anwalt gearbeitet haben muss, bevor man Richterin werden kann, um zu sagen, naja, du musst erst mal die andere Seite gesehen haben und hast dann nochmal einen anderen Blick auf die Dinge.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Was würden Sie dazu sagen? Wäre das eigentlich ein gutes System oder hätte das auch Nachteile?

7:07 Min
Ann-Marie Wolff:

Also grundsätzlich finde ich es gut, wenn man auch weiß, wie andere Verfahrensbeteiligte arbeiten und wie bei denen der Fristendruck ist und solche Geschichten, wie sie mit denen sozusagen das, was die Mandanten vortragen, dann auch in die Form bringen müssen, dass das dann beim Gericht gut ankommt, sozusagen. Also nicht im Sinne von besonders gut, sondern dass die Qualität sozusagen stimmt.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Und das finde ich im Prinzip gut. Man muss natürlich auch andererseits aufpassen, die Verhältnisse sind unterschiedlich. Sie haben als Richterin und als Richter einen täglichen Entscheidungsdruck, den Sie so als Anwältin, als Anwalt vielleicht nicht haben.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

In ganz vielen Verfahren müssen Sie täglich Entscheidungen treffen. Und da muss man dann auch zu in der Lage sein, das zu beherrschen. Eine Entscheidung kann schon sein, wenn ich eine Sache ansetze, welche Zeugen muss ich laden, damit ich dann am Tag der Verhandlung nicht merke, oh einen habe ich vergessen und muss noch einen machen.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Also eine kurze Anwaltserfahrung ist gut, wenn es zu lange ist, dann wird es manchmal schwierig, wenngleich ich Ihnen sagen darf, dass wir auch Kollegen haben, die länger Anwalt und Anwältin waren und die das auch richtig gut machen.

8:18 Min
Marc Ohrendorf:

Das finde ich einen interessanten Punkt, da habe ich noch nie drüber nachgedacht, weil ich hätte sozusagen erst mal vielleicht auch als Klischee gesagt, die Anwaltschaft ist sehr schnelllebig, da muss man natürlich viele Entscheidungen treffen, aber in gewisser Maßen, und man ist vielleicht auch unternehmerischer unterwegs, aber die Entscheidung hat natürlich nicht immer direkt unbedingt eine Konsequenz. Das unterscheidet es wahrscheinlich von dem Richterdasein.

8:43 Min
Ann-Marie Wolff:

Ja, das ist das eine und das andere ist, ohne dass ich jetzt zu tief da eintauchen möchte, natürlich, dass junge KollegInnen und Kollegen bei den Anwälten ja eher zuarbeiten und noch gar nicht selber diese unternehmerischen Entscheidungen zu treffen haben, jedenfalls wenn sie in den großen Anwaltskanzleien tätig sind. Ich will hier überhaupt nicht den Eindruck erwecken, dass sie nicht arbeiten müssen oder sowas, aber es sind andere Arten von Arbeiten.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Während sie, wenn sie hier als Einzelrichter tätig werden, natürlich kein unternehmerisches Risiko tragen, das ist selbstverständlich, aber sie tragen das Risiko für ihr Dezernat. Und wenn sie da zu viele Fehler machen, dauernd wieder neu terminieren müssen und so, dann, wie man so schön sagt, säuft man ab.

9:28 Min
Marc Ohrendorf:

Ja, das muss man vielleicht auch nochmal sagen, je nachdem, wo ihr jetzt hier zuhört, gerade in der Ausbildung seid. Nur nochmal klarstellend, also natürlich gibt es, und das muss auch gar nicht schlecht sein, Kanzleien, wenn die Riesenmandate haben und ihr arbeitet mit mehreren Teams, da unterschreiben dann ja logischerweise auch nicht 14 Anwältinnen den Schriftsatz, sondern ein oder maximal zwei Partner.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Und am Ende des Tages habt ihr dann da irgendwo mitgearbeitet, während man bei der Justiz von Anfang an die Entscheidungen im eigenen Namen, wenn man jetzt Einzelrichterin ist, zumindest mal in dem Fall, ansonsten natürlich als Gremium erlässt. Ja, das ist sicherlich ein Unterschied, ganz klar.

10:02 Min
Ann-Marie Wolff:

Das erzählen uns unsere jungen Kollegen auch immer, dass es eben schon eine Besonderheit ist, dass sie hier quasi von Anfang an, vom ersten Tag an sind sie selbstverantwortlich. Jedenfalls in den Zivil- und Strafsachen, bestimmte Dinge dürfen sie erst nach einem Jahr machen.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Betreuungsverfahren, Insolvenzsachen, Familiensachen und so, dafür muss man ein Jahr Proberichter gewesen sein. Aber ... Das sagen sie auch, dass das schon anspruchsvoll ist, wenngleich wir gerade hier in Bremen ein super Hilfesystem haben, Mentoren-Systeme, dass die wirklich gut unterstützt werden.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Das wird mir auch immer wieder gespiegelt, dass sie sich da gut aufgehoben fühlen.

10:39 Min
Marc Ohrendorf:

Gut, jetzt sind wir bei der Richterschaft. Jetzt gehen wir ein kleines bisschen rückwärts, weil eigentlich, kann man ja glaube ich auch verraten, wollen wir über das Referendariat sprechen. Sie haben nämlich die Folge mit Frau Dauner-Lieb, eine der Folgen, gehört und haben mir geschrieben und gesagt, wollen wir nicht mal über das Referendariat miteinander sprechen und so kam der heutige Podcast zustande.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Bevor wir uns dem Thema ein bisschen näher widmen, würde mich noch eine abschließende Frage zur Richterschaft interessieren. Und zwar, wir haben vor ein bis zwei Monaten hier auch über die Richtereinstellung in Hessen gesprochen und da einen ganz guten Überblick gegeben über das entsprechende Assessment Center und das Einstellungsverfahren.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Um so ein bisschen den Vergleich herzustellen, können Sie noch mal in zwei, drei Punkten vielleicht schildern, wie das hier in Bremen abläuft?

11:21 Min
Ann-Marie Wolff:

Ja, also an diese Folge mit Hessen erinnere ich mich nicht mehr ganz so gut, deshalb kann ich ganz frank und frei erzählen, wie es in Bremen läuft. Also wir haben gerade im Moment aber eigentlich fast immer eine Dauerausschreibung laufen, da können sich junge interessierte KollegInnen und Kollegen melden.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Wir haben eine Anforderung von immer noch zwei Prädikatsexamina mit gewissen Berufserfahrungen oder Zusatzqualifikationen kann es auch darunter gehen. Und dann machen wir sogenannte Einstellungsausschüsse. Das ist inzwischen bei uns sogar ganz frisch ab 1.6.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Im Richtergesetz geregelt. Ganz neu in Bremen, ist da ganz fortschrittlich. Bisher nur in einer allgemeinen Verfügung geregelt. Da hören wir die Kandidatinnen und Kandidaten dann an, um zu sehen, ob sie neben juristischen Examiner und vor allen Dingen gute, also Prädikatsexaminer oder wirklich gute Examiner, gute befriedigende Examiner auch in der Lage sind zu kommunizieren, welche Einstellungen sie zu bestimmten, Ding haben, wie gehen sie mit Problemen um, wir machen da Rollenspiele und das ist quasi unsere Art von Assessment Center und da sitzen dann auch unsere Gremien mit dabei, also der Präsidialrat, die Frauenbeauftragten, die immer, ich bin immer dabei für die ordentliche Gerichtsbarkeit, dann ein anderer Gerichtspräsident oder eine andere Gerichtspräsidentin und ein Vertreter aus dem Ministerium.

12:41 Min
Marc Ohrendorf:

Wie lange dauert so ein Bewerbungsverfahren in etwa?

12:43 Min
Ann-Marie Wolff:

Also dieses Gespräch dauert ungefähr anderthalb Stunden, ist glaube ich sehr intensiv, aber ich frage die Kandidatinnen auch hinterher immer, ob sie sich jetzt irgendwie schlecht fühlen oder gut fühlen. Also keiner fühlt sich da irgendwie ganz mies dabei oder so.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Es ist eigentlich ein ganz freundliches Gespräch, wenngleich wir natürlich schon darauf achten, wie kommen die Kandidaten rüber dabei dann. Und im Moment nehmen wir uns eigentlich vor, dass wir alle zwei Monate solche Gespräche terminieren, damit wir regelmäßig sozusagen unsere Bedarfe auffüllen können.

13:14 Min
Marc Ohrendorf:

Das heißt, je nachdem, wo man da gerade im Turnus landet, kann es schon mal ein paar Wochen dauern. Man kann aber auch eben relativ schnell dann bei Ihnen sitzen, sag ich mal.

13:23 Min
Ann-Marie Wolff:

Aber wir geben sofort eine Rückmeldung, wenn eine Bewerbung eingeht, sagen, teilen wir sofort mit, ist hier eingegangen und dass wir uns zeitnah melden werden.

13:31 Min
Marc Ohrendorf:

Gut, dann gehen wir ein kleines bisschen zeitlich in der Ausbildung zurück. Jetzt sprechen wir über das Referendariat. Vielleicht vorab. Es gibt ja momentan viele Stimmen im Markt.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Ich würde fast sagen, die waren vor zwei Jahren noch ein bisschen stärker oder lauter als jetzt. Die sagen, weißt du was, mit einem Staatsexamen kommst du auch ziemlich weit. Wenn du keine Lust auf zweites hast, lass es sein.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

es sein. Sie sind vielleicht auch berufswegen, aber natürlich würde ich mal unterstellen überzeugt, dass ein Referendariat, das dann mit dem zweiten Examen endet, doch gewissen Mehrwert stiftet. Stimmt's?

14:07 Min
Ann-Marie Wolff:

Das stimmt total. Ich bin eine überzeugte Referendariatsanhängerin, sage ich jetzt mal, und will das auch gerne erklären. Aus meiner Sicht ist das Referendariat wirklich das Salz in der Suppe, weil die jungen Kolleginnen und Kollegen die die Möglichkeit haben, so wahnsinnig viel auszuprobieren.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Und man bekommt die Chance, in viele Bereiche reinzugucken. Natürlich steht am Ende dann noch ein zweites Staatsexamen. Da reden wir ja wahrscheinlich gleich auch nochmal kurz drüber, was auch durchaus anspruchsvoll ist, aber auch nicht, man muss keine Angst davor haben, sagen wir es mal so.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Das will ich gleich gerne noch weiter erklären. Aber auch dieses zweite Staatsexamen qualifiziert ihr noch mal. Also Sie landen ja in den Berufstätigkeiten mit einer deutlich höheren Qualifikation, wenn Sie das zweite Staatsexamen gemacht haben.

14:56 Min
Marc Ohrendorf:

Ein Zwischenweg wäre ja zu sagen, ich arbeite vielleicht erstmal ein paar Jahre nach dem ersten Examen und schiebe das zweite nochmal hinterher mit all den Gefahren, dass da vielleicht viel Stoff weg ist, dass man Lernen nicht mehr so gewohnt ist. Haben Sie in Ihrer Karriere schon mal Fälle gesehen, wo das jetzt bei außergewöhnlichen Umständen, wo vielleicht jemand krank wurde oder Angehörige pflegen musste, sowas mal außen vor genommen, sondern als bewusste Entscheidung jemand gemacht hat, so Referendariat, weiß ich nicht, acht bis 15 Jahre nach dem ersten Examen, ganz bewusst?

15:26 Min
Ann-Marie Wolff:

Nein, das gibt es eigentlich nur in den Fällen, wo die Studierenden dann noch promovieren direkt. Und da haben wir schon öfters mal mitbekommen, dass manche sich ein bisschen verzetteln mit der Promotionsarbeit. Dann dauert es immer länger und sie haben dann tatsächlich immer schon größere Schwierigkeiten, wieder reinzukommen in die Aufgabenstellung im Referendariat und im zweiten Staatsexamen.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Das muss man deutlich sagen. Deshalb ist meine Empfehlung ganz klar, jedenfalls dann, wenn man später einen praktischen Beruf ausüben möchte, Lieber erst das zweite Staatsexamen machen und dann promovieren, auch vor dem oder mit dem Wissen, dass man dann natürlich auch schon Geld verdienen muss und das vielleicht nur Teilzeit machen kann oder so. Aber aus meiner Sicht sollte das ganz gut möglich sein.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Jedenfalls eine Praktikapromotion, sage ich mal. Wenn man eine wissenschaftliche Karriere anstreben möchte, mag das anders sein. Aber auch für den Fall würde ich immer sagen, Wissenschaft und Praxis gehören zusammen. man muss noch irgendwie das Referendariat machen.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Also prinzipiell meine Empfehlung, Und ganz klar, möglichst zügig nach dem ersten Staatsexamen auch das Referendariat.

16:39 Min
Marc Ohrendorf:

Das ist spannend, weil das ist ja im Prinzip eine Typfrage, manchmal machen es sogar zur Glaubensfrage. Promotion nach dem ersten Examen, Promotion nach dem zweiten. Ist interessant mal einfach ihre Meinung zu hören, dass es eben auch gute Argumente dafür gibt, es nach dem zweiten zu machen.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Keine Frage, sicher. Das Referendariat selbst, über die Aufteilung und Gliederung, ich glaube das ist alles besprochen, müssen wir jetzt hier nicht so darlegen. Wir setzen das mal voraus, ansonsten kurz googeln, gibt es auf allen gängigen Seiten und so weiter.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Muss man, glaube ich, auch mal ein paar Takte sagen. Was ist die Idee des Referendariats? Erstmal nochmal vorneweg genommen. Warum haben wir die Juristenausbildung an dieser Stelle so strukturiert, wie sie strukturiert ist?

17:20 Min
Ann-Marie Wolff:

Also das Studium dient ja dazu, die Grundlagen zu legen und mit Grundlagen meine ich nicht auswendig lernen von Definitionen, sondern das Anwenden bestimmter Strukturen. Und im Referendariat soll das, das ist ja ein sehr großes Rechtsgebiet, die Rechtswissenschaft, soll das in den verschiedenen Bereichen dann in die Praxis umgesetzt werden.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Was passiert da eigentlich in der Praxis und wozu ist es gut, was man da gelernt hat und wie muss man reagieren, wenn zum Beispiel ein Mandant vor einem sitzt und einem sonst was erzählt und man muss es dann schnell in eine Struktur kriegen, um dem Mandanten oder der Mandantin dann auch schon die die erste Empfehlung geben zu können, in welche Richtung könnte es eigentlich gehen.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Das hat man ja selbst als Referendar unter Umständen schon, wenn man in kleineren Kanzleien tätig ist, dann ist man unter Umständen schon direkt in der Mandantenbetreuung auch mit drin. Also die Umsetzung der Strukturen, Strukturen, nicht Definitionen, die man im Studium gelernt hat, in die Praxis.

18:22 Min
Marc Ohrendorf:

Am Ende kommt dann aber doch wieder das Staatsexamen. Wie ist das in Bremen? Gibt es da so eine Phase, wo es möglich ist vor dem zweiten Examen sich auch nochmal konzentrierter vorzubereiten. Ich sage mal Stichwort tauchen ist ja jetzt kein großes Geheimnis. Was haben Sie für einen Eindruck? Wie machen das die meisten Referendarinnen?

18:37 Min
Ann-Marie Wolff:

Also wir legen den Referendaren keine Schwimmflügel an, um das Tauchen zu verhindern. Um das mal deutlich zu sagen.

18:44 Min
Marc Ohrendorf:

Was in anderen Bundesländern teilweise anders ist. Also es gibt Geschichten und sozusagen weiß ich auch sicher von Zuschriften hier zum Podcast, wo kontrolliert wird, ob man in der Station vor der Klausur wirklich auch vor Ort ist. Gibt es auch den Fall?

18:57 Min
Ann-Marie Wolff:

Nein, das tun wir nicht. Wir gehen davon aus, dass die bei den Rechtsanwälten ihre Tätigkeit so erbringen, wie das auch für eine gute Anwaltsausbildung nötig ist und da haben wir größtes Vertrauen drauf, dass sie sich einerseits da gut einbringen können und andererseits sich auch gut aufs Examen vorbereiten können. Ganz im Ernst muss man einfach mal sagen, das zweite Staatsexamen ist ja auch noch mal ein Brett, wenngleich ich eben auch sage, man darf sich da auch nicht verrückt machen lassen, machen lassen, denn wenn man sich vornimmt, alles zu wissen...

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Das kann nur daneben gehen. So läuft es eben nicht, sondern man muss auch da wieder bestimmte Strukturen drauf haben, um dann sozusagen selbstständig mit den Aufgabenstellungen, die es da so gibt, umgehen zu können. Aber natürlich braucht man auch dafür Zeit für die Vorbereitung und das akzeptieren wir auch.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Da hat es hier noch nie Probleme gegeben.

19:50 Min
Marc Ohrendorf:

Was würden Sie denn raten in der Vorbereitung? Also es gibt ja auch so eine gewisse Divergenz zwischen vielleicht dem, was dann doch noch mal in der Klausur dran kommt und dem, was man jetzt, wenn man Sitzungsdienst bei der Staatsanwaltschaft gemacht hat, gesehen hat. Was kann man aus der Praxis auf die Klausuren übertragen und was kann man mitnehmen und wo gibt es vielleicht auch Besonderheiten aus Ihrer Sicht, die jetzt dieser Klausursituation geschuldet sind, die dann so in der Praxis halt auch vielleicht doch nicht hundert Prozent vorkommen?

20:18 Min
Ann-Marie Wolff:

Also, die ersten beiden Stationen sind ja eigentlich in jedem Bundesland immer Strafrecht oder Zivilrecht, in welcher Reihenfolge auch immer. In diesen Stationen haben Sie aus meiner Sicht die direkteste Verbindung zwischen Stationsausbildung und Examen. Da haben Sie in den Stationen sozusagen im Kleinen das, was auch in den Examensklausuren drankommen kann.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Das heißt, da lernen Sie in den Stationen und vor allen Dingen in den Arbeitsgemeinschaften die Dinge, die Sie sozusagen aus der Praxis noch brauchen fürs Examen. Wir machen da auch in den Arbeitsgemeinschaften eher weniger materielles Recht, aber natürlich lernen Sie, was ist ein Versäumnisurteil, was kann ich dagegen machen und so weiter und so fort.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Wie muss ich eine Anklage schreiben und so weiter. Das wird in den Stationen, also in diesen beiden Stationen und in den Arbeitsgemeinschaften gelehrt, sodass diese beiden Stationen eigentlich am engsten noch mit dem Examen zusammenhängen. Danach wird es ja noch etwas freier.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Die Referendarinnen können sich noch freier die Stationen aussuchen, in der Verwaltung, also im öffentlichen Recht und dann auch bei den Anwälten und in der Wahlstation. Und ich finde das auch gut, dass das so ist, denn aus meiner Sicht besteht das Referendariat aus zwei Teilen.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Das eine ist nämlich die Stationsausbildung, in denen die ReferendarInnen möglichst viel kennenlernen sollen, möglichst viel Verschiedenes kennenlernen sollen. Sie sollen sehen, was machten wir eigentlich so in der Praxis. Klar haben die auch schon Praktika gemacht im Studium, aber im Referendariat, da werden sie selber mehr gefordert in der Praxis, weil sie eben selber da auch ein paar Arbeiten machen können schon und dürfen.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Also das sollen sie sehen. Sie sollen gucken, wofür kann ich mich eigentlich interessieren? Was gibt es eigentlich alles? Man kann ja überall hingehen, wo nur irgendwo ein... In Anführungsstrichen Volljurist sitzt.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Also das kann ist so vielfältig, dass ich wirklich auch mich freuen würde, wenn die ReferendarInnen diese Chance nutzen und nicht nur sagen ich muss aber in der Verwaltung irgendwo hingehen, wo ich Widerspruchsbescheide schreiben kann, weil ich das im Examen machen muss. Ich habe überhaupt nichts gegen Behörden, die Widerspruchsscheide schreiben.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Den Eindruck möchte ich nicht vermitteln, aber es könnte ja auch sein, dass jemand sagt, ich möchte mal zu einer internationalen Behörde gehen oder ich möchte mal nach Speyer gehen, da kann man ja auch studieren nochmal in dieser Station. Also ich würde mich freuen, wenn ich die Referendarin immer dazu anregen kann, sich möglichst vielfältig aufzustellen und nicht nur ans Examen zu denken.

22:47 Min
Marc Ohrendorf:

Und das Gegenteil dazu, zu sehr ans Examen zu denken, ist ja vielleicht ein bisschen zu sehr an den eigenen Lebenslauf zu denken, dass man sagt, ja, ich will jetzt aber diesen Kanzleienamen oder diese Bundesbehörde im Lebenslauf haben, wo man da, naja, vielleicht mittelfiel Bezug zu dem Rechtsgebiet hat oder zu der Aufgabenstellung. Da würde ich persönlich auch eher von abraten.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Also macht dann eher etwas, wo ihr euch auch wirklich mit identifizieren könnt, denn auf die ein oder andere Art wird man ja immer, oder jedenfalls meine Ansicht, weiß ich nicht, ob das wirklich so ist, wird man mehr mitnehmen mit hoher Wahrscheinlichkeit, wenn man sich auch mehr mit dem Stoff identifizieren konnte, als zu sagen, ja, ich sitze jetzt hier meine Zeit ab, mehr oder weniger, damit ich nachher einen guten Abend im Lebenslauf habe.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Also das bringt wahrscheinlich auch wenig.

23:30 Min
Ann-Marie Wolff:

Nein, das sehe ich ganz genau so. Deshalb sage ich ja, die Referendarinnen sollen gucken, wofür könnte ich mich denn interessieren? Und das ist das Entscheidende, das muss man deutlich sagen. Und sie haben ja auch in den Großkanzleien, das schätze ich durchaus, die Möglichkeit, sich ein bisschen nach dem Fachgebiet zu erkundigen.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Und das sollte man auch, wie ich finde, wahrnehmen.

23:51 Min
Marc Ohrendorf:

Mein Eindruck ist, weil wir gerade eben auch darüber sprachen, dass man sich seine Station und auch seine Ausbilderinnen aussuchen sollte, dass viele Referendare und Referendarinnen das für die Anwaltsstationen logischerweise machen, denn da kriegen sie auch keine Vorgaben, da müssen sie sich ja auch selber kümmern. Aber vielleicht auch gar nicht so bekannt ist, dass man sich in der Zivil- und Strafrechtsstation oft auch was aussuchen kann.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Wenn man einen bestimmten Staatsanwalt hat, wo man gehört hat, der oder die ist Staatsanwältin, natürlich auch gute Ausbilderin, dann kann man da sicherlich auch im Vorfeld so ein bisschen vorfühlen, ob das in den Zuweisungen nicht möglich ist. War jedenfalls damals auch ein Thema, In Berlin so, wo ich meine Erfahrung gemacht habe, ist das bei Ihnen auch so?

24:29 Min
Ann-Marie Wolff:

Also man kann das versuchen, wir können das aber nicht zusagen, denn wenn sich alle für einen melden, dann ist die überfordert, das geht so nicht. Wir können das aber versuchen und nehmen das auch gerne entgegen, wenn es das gibt.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Was es eben leider nicht mehr gibt, sind Berichte über die Ausbildungsstationen. Zumal die teilweise dann auch schon sehr subjektiv gefärbt waren, das muss man auch sagen. Aber natürlich gibt es Mund-zu-Mund-Propaganda.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Davon gehe ich jedenfalls mal aus und die sollte man auch durchaus wahrnehmen, wenn es denn möglich ist. Das ist am Anfang natürlich schwierig bei der ersten Station, aber selbst da kommt es manchmal vor, dass jemand auch ganz konkret sagt, ich möchte gerne zum Beispiel in eine Kammer für Handelssachen zu dem und dem Richter oder zu der und der Richterin und das versuchen wir dann auch einzurichten.

25:15 Min
Marc Ohrendorf:

Jetzt haben wir ziemlich viel Werbung fürs Referendariat gemacht und ich weiß natürlich, dass wenn man drin steckt, dass einem vielleicht auch nicht ganz so toll vorkommt und es hier und da was zu verbessern gäbe aus Sicht des Nachwuchses. Und leider ebbt das dann ab.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Man ist dann im Berufsleben und man hat anderes zu tun und man setzt sich vielleicht weniger dafür ein. Deswegen die Frage an Sie, ist vielleicht auch ein bisschen gemein. Was könnte man denn noch besser machen in der Referendarinnen-Ausbildung?

25:43 Min
Ann-Marie Wolff:

Also wir machen es übrigens so, dass wir immer sogenannte 100-Tage-Gespräche machen mit den Referendaren und dann auch ein Halbzeitgespräch, um direkt sozusagen zu hören.

25:53 Min
Marc Ohrendorf:

Während der Ausbildung?

25:56 Min
Ann-Marie Wolff:

Was wir denn verbessern können, da werden uns manche Dinge natürlich genannt, es gibt so gewisse Urlaubsbeschränkungen und so was und so fort. Das sind so Kleinigkeiten, die für die Referendarin wichtig sind, aber die müssen wir jetzt hier nicht besprechen.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Was natürlich kommt, das muss man auch eingestehen, ist, dass die Stationsausbildung durchaus unterschiedlich ist. Da haben wir nur ganz bedingt natürlich einen Einfluss drauf. Wir gucken schon, dass wir engagierte Kolleginnen und Kollegen haben, die da auch viel Wert drauf legen, gute, junge Juristen auszubilden, aber wir können nicht in jedem Einzelfall garantieren, dass das immer auch passt.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Das muss ja auch matchen zwischen Referendarin und Ausbilderin. Also da hören wir schon manchmal Klagen, manchmal hören wir aber auch richtig Gutes. Ich hab auch Einstellungsdurchgänge, die sagen mir, ich will eigentlich nur Richterin werden, weil ich in der Ausbildung von Richter...

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

In XY so begeistert war. Ja, interessant. Und das ist sehr viel persönliches Engagement, was die Arbeitsgemeinschaften angeht. Da machen wir jetzt inzwischen elektronische Feedback-Angebote, dass die uns also gleich über ihr Smartphone ein Feedback geben können, wie war die Arbeitsgemeinschaft.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Und das leiten wir auch weiter an die ArbeitsgemeinschaftsleiterInnen, sodass man da nochmal direkt drauf eingehen kann. Aus meiner Sicht ist es schon sinnvoll, diese Arbeitsgemeinschaften zu besuchen. Wir motivieren unsere Kolleginnen und Kollegen auch.

27:22 Min
Marc Ohrendorf:

Heißt das, es ist nicht mal hundertprozentig verpflichtend in Bremen?

27:25 Min
Ann-Marie Wolff:

Doch, es ist verpflichtend, aber sie können sich natürlich Urlaub nehmen an den Arbeitsgemeinschaftstagen. Und ja, aus meiner Sicht ist es sinnvoll daran teilzunehmen und zwar auch in Präsenz daran teilzunehmen. Wir haben hier ein bisschen die Diskussion, ob wir das vielleicht nur noch online machen.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Aber in gewissen Dingen schätzen wir die Präsenzkultur, auch wenn wir nicht hinter dem Mond sind. Wir machen viel Videoverhandlungen hier als Richterinnen und Richter. Also wir sind jetzt nicht von vorgestern, aber so eine Arbeitsgemeinschaft mit der intensiven Fallarbeit und so, das macht schon Sinn, das in Präsenz durchzuführen.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Aus meiner Sicht. Ich habe auch meine Lehre an der Uni teilweise während der Pandemie über Zoom gemacht und jetzt mache ich sie wieder in Präsenz und merke schon, dass die Mitarbeit des Interagierenden deutlich besser ist. Also da legen wir Wert drauf, das in Präsenz zu machen.

1:00 Min
Ann-Marie Wolff:

Und das ist bei den Referendarinnen auch bei den einzelnen Durchgängen durchaus unterschiedlich, muss man schon sagen. Also da werden manche vielleicht sagen, sie würden es lieber mögen, wenn wir das mehr online machen, aber darüber kann man diskutieren und am Ende meinen wir immer noch, dass wir die besseren Gründe haben, dafür das in Präsenz zu machen.

28:34 Min
Marc Ohrendorf:

Vielen herzlichen Dank, dass Sie sich heute die Zeit genommen haben und hier mal sozusagen auch die andere Sicht auf das Referendariat, nämlich nicht so sehr die direkte Ausbilderinnensicht, auch wenn Sie da natürlich aktiv sind, aber auch so ein bisschen die organisatorische Sicht von oben darauf darzulegen und auch finde ich sehr authentisch, das Ganze beleuchtet zu haben. Dankeschön.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Bitteschön. Tschüss!

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