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  • IMR168: Jurastudium als Blinder, Prüfungsrecht, Studienassistenz
    IMR168: Jurastudium als Blinder, Prüfungsrecht, Studienassistenz
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    Viele Arbeitgeber sollten sich ermutigt fühlen, Menschen mit Schwerbehinderung einzustellen. Sie gewinnen dadurch nicht nur fachliche Kompetenz, sondern auch eine bereichernde zwischenmenschliche Perspektive für ihr Team.

Karriere-Timeline

10.07.2023Podcast-Episode

IMR168 - IMR168: Jurastudium als Blinder, Prüfungsrecht, Studienassistenz

Teilnahme am IMR Jurapodcast

Bei: Universität Gießen
🚀 Karriereweg von Hendrik Lonnemann

Fragen & Antworten

12:30–13:30

Was motivierte Sie trotz Blindheit zum Jurastudium?

Ich war von Kindesbeinen an fasziniert von Sprache und logischer Ordnung. Als ich die TV-Gerichtsshows hörte, merkte ich: Dort werden chaotische Lebensgeschichten fachlich sortiert. Jura erlaubt mir, exakt das zu tun – komplexe Sachverhalte strukturieren, Entscheidungen begründen. Dieses geistige Abenteuer trieb mich an, Augenlicht hin oder her.

13:00–14:10

Welche Fernsehsendungen beeinflussten früh Ihren Berufsweg?

Formate wie „Richter Alexander Hold“ und „Barbara Salesch“ zeigten mir selbstbewusste Juristen, die souverän argumentieren. Für mich, der nach langen Pendelschultagen nur hören konnte, waren sie spannender als jede Serie. Dort entstand der Wunsch, irgendwann selbst so sicher aufzutreten und Verantwortung in Verfahren zu übernehmen.

04:20–05:30

Wie lernten Sie effizient Brailleschrift und Screenreader-Nutzung?

Zuerst prägte ich mir an der Braille-Schreibmaschine jedes Sechs-Punkte-Muster ein. Stundenlang tasten, tippen, kontrollieren. Später kam der Computer: Screenreader liest, die Braillezeile liefert simultan haptische Zeichen. Ohr und Finger arbeiten synchron – ein Tempo, das nur jahrelanges Training ermöglicht und mich heute durch Gesetze rasen lässt.

03:45–04:05

Welche Rolle spielte das Marburger Gymnasium für Ihre Entwicklung?

In Marburg war Blind- oder Sehbehindert-sein nichts Besonderes. Dadurch entwickelte ich Selbstvertrauen statt Defizitgefühl, übernahm Aufgaben im Internat und baute früh Netzwerke auf. Diese Normalität half mir später, in Hörsälen, Gerichten und Bewerbungsgesprächen selbstverständlich aufzutreten.

22:55–24:55

Wie meisterten Sie Hausarbeiten ohne barrierefreie Literatur?

Ich organisierte eine Studienassistenz: Er las, ich schrieb digital mit. Vor jeder Arbeit erstellte ich eine strikte Gliederung, suchte gezielt Paragrafen, um die Vorlese-Stunden zu minimieren. Fünf Stunden akustische Lektüre für eine Fundstelle klingen mühsam, aber Planung und Disziplin machten die Hausarbeiten machbar.

34:00–36:10

Welche Strategien halfen Ihnen bei Klausuren mit Screenreader?

Ich schrieb auf einem vorab geprüften Laptop mit Screenreader und erhielt 50 % Zusatzzeit. In meinen digitalen Gesetzestexten setze ich Sprungmarken und Hotkeys, um Anspruchsgrundlagen sofort anzusteuern. So kompensiere ich das fehlende Blättern und kann sieben-einhalb-Stunden-Klausuren ohne inhaltlichen Nachteil bewältigen.