“Strafverteidigung muss eine Geschichte erzählen, die mindestens ebenso überzeugend ist wie die der Staatsanwaltschaft. Doch das Schweigerecht und die Unschuldsvermutung werden zunehmend in Zweifel gezogen.”
Teilnahme am IMR Jurapodcast
Schon als Jugendlicher spürte ich, dass Strafverteidigung unmittelbaren Einfluss auf Freiheit und Würde eines Menschen hat. Dieses Spannungsfeld zwischen staatlicher Macht und individuellem Rechtsschutz empfand ich als hoch-sozial und intellektuell herausfordernd. Mir gefiel, dass man Argumentation, Empathie und Rechtsdogmatik bündeln muss, um wirklich etwas zu bewegen. Darum wurde Strafverteidigung sehr früh meine Berufung.
Sprache war für mich immer Schlüssel zur Verantwortung. Ich wollte Worte so präzise einsetzen, dass sie Wirklichkeit gestalten. Jura bot mir genau das: komplexe Sachverhalte durch Sprache strukturieren, Chiffren wie „BVerfGE“ entschlüsseln und in überzeugende Argumente übersetzen. Das Zusammenspiel aus Semantik und Rechtsfolgen treibt mich bis heute an.
Ein engagierter Gemeinschaftskundelehrer brachte uns Urteile des Bundesverfassungsgerichts nahe. Er zeigte, dass hinter sperrigen Abkürzungen Macht und Rechtsstaat stecken. Diese Entdeckung, gepaart mit seinem Vertrauen in meine auswendig gelernten Entscheidungen, weckte meinen Ehrgeiz, tiefer in die Materie einzusteigen – letztlich der Startschuss für mein Jurastudium.
Wir wollten die prägenden Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger der letzten 40 Jahre selbst sprechen lassen. Ihr Erfahrungswissen droht zu verschwinden, wenn wir es nicht dokumentieren. Das Buch bildet deshalb eine Oral History, die sowohl historische Entwicklungen festhält als auch der nächsten Generation konkrete Verteidigungsstrategien liefert.
Inspiriert hat uns Jürgen Teipels "Verschwende Deine Jugend", eine mündliche Geschichte der Punkbewegung. Durch montierte Originalstimmen entsteht Authentizität, die kein Kommentartext erreicht. Genau diesen unmittelbaren Sound wollten wir für die Strafverteidigung: ungefilterte Stimmen, persönliche Anekdoten, lebendige Zeitgeschichte statt trockener Analyse.
Klaus Malek aus Freiburg steht exemplarisch für die Vielseitigkeit der Generation. Er verteidigte querbeet – vom Sexualdelikt bis zum Wirtschaftsstrafrecht –, teilte sein Wissen großzügig in Fachbüchern und auf Strafverteidigertagen und blieb dennoch außerhalb der großen Metropolen. Diese Mischung aus handwerklicher Breite, Kollegialität und Provinz-Selbstbewusstsein fasziniert mich besonders.