“Vereinbarkeit heißt nicht weniger zu tun, sondern trotz der Herausforderungen den Beruf mit der Familie zu verbinden, auch als Teilzeitpartner in der Kanzlei.”
Teilnahme am IMR Jurapodcast
Ich sah als Kind, wie meine Eltern wegen schlecht verstandener Verträge beinahe ihre Existenz verloren. Dieses Ohnmachtsgefühl wollte ich nie wieder erleben. Jura versprach mir, Probleme selbst lösen zu können – erst für die Familie, später für Mandanten. Darum stand für mich schon in der Schulzeit fest, dass ich Jurist werden musste.
Das Reisebüro gehörte meinen Eltern. Als sie 2004 nach Polen zurückkehrten, überließen sie mir mit 19 die GmbH. Plötzlich führte ich Mitarbeitende, kalkulierte Preise und verhandelte mit Airlines – alles parallel zum Studium. Diese Verantwortung hat meinen Unternehmergeist geweckt und mich gelehrt, Risiken nicht zu scheuen.
Im Reisegeschäft lernte ich früh Kundenfokus und Marketing by Trial-and-Error. Neun Ideen scheitern, die zehnte zündet – genauso halte ich es mit Vorträgen, Artikeln oder LinkedIn-Posts. Außerdem trainierte ich Konfliktmanagement an Reklamationen. Diese Erfahrungen machen meine Mandantenbeziehungen heute widerstandsfähig und mein Business Development effizient.
Ich bat meinen HU-Professor Jan Nordemann um eine Promotionsbetreuung. Er verneinte, bot mir aber eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter an. Daraus wurde eine Anwaltsposition, der Spin-off 2020 und schließlich die Partnerschaft. Eigentlich Zufall – aber fachlich wie menschlich passte es so gut, dass ich nie wechseln wollte.
Ich war der erste Mann der Kanzlei, der Elternzeit nahm. Die Partner hielten das damals geheim, weil sie Karrierenachteile fürchteten. Diese Reaktion zeigte mir, wie ungewöhnlich engagierte Väter noch sind. Seitdem spreche ich offen über Vereinbarkeit und will anderen demonstrieren, dass Familienzeiten und Anwaltskarriere zusammengehen.
Ich arbeite offiziell 80 %. Das senkt zwar meine Gewinnbeteiligung, erlaubt mir aber, die Kinder nachmittags zu betreuen und abends konzentriert Schriftsätze zu schreiben. Ich bleibe geschäftlich sichtbar, gewinne Lebensqualität und sende ein Signal an jüngere Kolleginnen und Kollegen, dass moderne Arbeitsmodelle auch in der Partnerschaft funktionieren.