“Ich konnte immer schon gut und gerne mit Druck umgehen und es gab wahnsinnig spannende Projekte, die meine Arbeit abwechslungsreich und herausfordernd gemacht haben.”
Teilnahme am IMR Jurapodcast
Ich wuchs in der DDR als Anwaltssohn auf. Der Beruf war mir täglich präsent, zugleich verlangte das Schulsystem früh klare Berufsziele. Um den nötigen Einser-Schnitt fürs Abitur zu rechtfertigen, wählte ich Jura – mit der Hoffnung, später ebenso eigenständig arbeiten zu können wie mein Vater.
Die Kasernierung bedeutete geistigen Stillstand: Karten, Wachdienst, kaum Literatur. Danach sog ich Vorlesungen förmlich auf, weil ich fürchtete, sonst intellektuell einzurosten. Die Erfahrung hat mir Disziplin, Zeitmanagement und ein besonderes Bewusstsein für Freiheitsrechte vermittelt – alles nützlich im Examen.
Plötzlich galt nicht mehr das DDR-Recht, sondern das BGB, das Grundgesetz und vor allem Verwaltungsrecht. Wir erhielten ein modifiziertes Staatsexamen, mussten vieles neu lernen, aber auch Altes schnell verlernen. Diese Transformationszeit schulte meinen Blick dafür, wie Recht entsteht und sich wandelt – wertvoll für jede spätere Tarifverhandlung.
Nach dem zweiten Examen reizte mich, selbst Recht zu gestalten. In der jungen brandenburgischen Verwaltungsgerichtsbarkeit gab es kaum Präzedenzfälle. Wir entwickelten Dogmatik quasi auf der grünen Wiese – eine einzigartige Chance, die ich gegenüber der Anwaltschaft nicht verpassen wollte.
Familie geht vor: Meine Frau arbeitete in Gelsenkirchen, ich lebte 600 Kilometer entfernt. Dauerpendeln zerstört jedes Privatleben. Die Stadt bot mir ein spannendes Dezernat direkt beim Oberbürgermeister – viel Verantwortung, schnelle Entscheidungen, aber endlich gemeinsamer Wohnort.
Juristisch kombiniert man dabei öffentliches Recht, Vertrags-, Vergabe- und Prozessrecht. Inhaltlich lernt man Krisenmanagement: nachts Vergleichsentwürfe schreiben, morgens im Ratssaal verteidigen. Diese Mischung aus Recht und Politik hat mich auf Tarifverhandlungen perfekt vorbereitet.