“Trotz aller Automatisierungsmöglichkeiten bleibt das Arbeitsrecht ein Rechtsgebiet, in dem es im höchsten Maße auf gute Anwaltspersönlichkeiten ankommt.”
Teilnahme am IMR Jurapodcast
Eigentlich stieß ich eher zufällig darauf: Für das Kriminologie-Seminar war kein Platz mehr, also landete ich im Arbeitsrecht. Dort merkte ich sofort, wie nah das Fach an wirtschaftlichen Realitäten und menschlichen Schicksalen ist. Diese Kombination aus juristischer Analyse und praktischem Einfluss ließ mich nicht mehr los – sie wurde zur Basis meiner Promotion und meiner gesamten anwaltlichen Laufbahn.
1992 gab es in Hamburg zwei Boutique-Kanzleien und wenige Großkanzleien mit jeweils ein, zwei Arbeitsrechtspartnern. Heute sprechen wir von 30 bis 40 Einheiten – von klassischen Großkanzleien bis zu "Großboutiquen". Transaktionen, Globalisierung und kompliziertere Unternehmensstrukturen haben den Beratungsbedarf vervielfacht. Ich hätte mir diesen erdrutschartigen Ausbau des Marktes damals nicht träumen lassen – und er ist nach meiner Einschätzung noch längst nicht abgeschlossen.
Bei Due-Diligence-Prüfungen reisen keine Zehner-Teams mehr durch die Republik; virtuelle Datenräume und KI-gestützte Review-Tools filtern Relevantes in Stunden statt Tagen. Gleiches gilt für Serien-Dokumente – etwa Kündigungsschreiben oder Schriftsätze in Massenverfahren. Trotzdem bleibt das Kerngeschäft Maßarbeit: Strategien entwickeln, Stakeholder moderieren, kreative Lösungen verhandeln. Maschinen verkürzen Routinen, ersetzen aber nicht das anwaltliche Gehirn – sie schaffen Raum für hochwertige Beratung.
Unsere Gesellschafts-, Strafrechts- und Kommunikationsteams sind zugleich Kollegen und interne Mandanten. In MeToo-Fällen, Unternehmensspaltungen oder Krisenkommunikation verknüpfen wir arbeitsrechtliche Expertise mit Public-Relations-Know-how und Compliance-Strategien. Diese Vernetzung zwingt mich, ständig neues Terrain zu betreten und sorgt dafür, dass kein Mandat dem anderen gleicht. Genau dieser permanente Perspektivwechsel macht den Reiz einer international aufgestellten Kanzlei wie Freshfields für mich aus.
Ich erwarte, dass der angestellte Anwalt zur Regel und der Equity-Partner zur Ausnahme wird. Viele Einsteiger schätzen ein hohes Fixgehalt, kalkulierbare Arbeitszeiten und geringes unternehmerisches Risiko – „salary partner“ genügt ihrem Lebensentwurf. Gleichzeitig eröffnet das klassische Partnertrack-Modell Chancen: Wer unternehmerisch denkt, findet heute leichter eine Lücke, sei es als Equity-Partner oder durch Gründung einer eigenen Boutique mit starkem Markenzeichen.