Sebastian Schüßler, Partner | Rödl & Partner
In dieser Folge spricht Marc Ohrendorf mit Sebastian Schüßler über Digitalisierung und Legal Tech in einer mittelständischen Wirtschaftskanzlei. Du erfährst, was Legal Tech eigentlich ist und was der Begriff “Blockchain” bedeutet. Welche Vorteile bringen Digitalisierung und Legal Tech für Berufsanfänger, Kanzleien und Mandanten? Was macht man als Digitalisierungsmanager? Und wie kann man sich als Jurist im digitalen Bereich einbringen?
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Rödl & Partner ist eine mittelständische, international aufgestellte Wirtschaftskanzlei mit Hauptsitz in Nürnberg. Rund 5.500 Mitarbeitende, davon knapp 1.000 in Deutschland, beraten weltweit Mandanten in Recht, Steuern, Wirtschaftsprüfung und Unternehmensberatung, stets mit Fokus auf die Belange des deutschen Mittelstands.
Die Besonderheit des Hauses: Interdisziplinäre Teams arbeiten unter einem Dach, so dass Mandanten grenzüberschreitend und aus einer Hand betreut werden. Lust auf mehr Einblicke? Dann hör doch direkt in unsere Podcast-Folge rein und finde heraus, wie Digitalisierung und Legal Tech den Arbeitsalltag bei Rödl & Partner prägen!
Legal Tech und Digitalisierung sind Chancen, auf die sich Juristen freuen sollten, anstatt sich davor zu fürchten. Offenheit und Lernbereitschaft sind entscheidend, um in einer sich wandelnden Arbeitswelt erfolgreich zu sein.
KI-basiert und kann Fehler enthalten.
Herzlich willkommen zu Irgendwas mit Recht. Heute schon Folge 7. Ich sitze heute in Hamburg zusammen mit Sebastian Schüßler von Rödel & Partner. Herzlich willkommen.
Herzlich willkommen bei uns in der Kanzlei und danke für das Interview.
Danke dir. Sebastian, magst du dich vielleicht kurz vorstellen? Was machst du hier in der Kanzlei?
Da ist mein Name und Arbeitgeber hast du ja schon wiederholt. Ich bin hier als Anwalt, aber auch als Digitalisierungsmanager Legal Technology, so nennen wir das bei uns hier im Hause. Und das heißt, dass ich managerial neben dem Anwaltsberuf zuständig bin für Digitalisierung und Legal Tech als strategische Themen bei uns in der Kanzlei.
Ist das normal? Haben das alle Kanzleien mittlerweile?
Das, denke ich, haben nicht alle Kanzleien. Das hängt natürlich ein bisschen mit der Größe ab. Wenn du sozusagen eine kleine Kanzlei hast, wo man vielleicht nur zwei oder drei Angestellte hat, ist natürlich vollkommen klar, dass man keine große eigene Stelle für diese Themen finden wird.
Das wird man nebenbei machen. Allerdings einige große Sozietäten haben ähnliche Stellen im Angebot. Die heißen dann teilweise anders und sind anders zusammengesetzt, aber ich denke, ab einer gewissen Größe lohnt es sich, da ein eigenes Personal zu haben, die sich hauptamtlich in Anführungszeichen um solche Themen kümmern.
Nun ist Legal Tech ja ein ziemlich neuer Trend, zurzeit in aller Munde, aber lass uns vielleicht erstmal zu Beginn dieses Podcasts darauf eingehen, was das eigentlich ist. Das ist ein ziemlicher Mischbegriff, viele verstehen was anderes darunter. Was bedeutet er für dich?
Also für mich persönlich bedeutet Legal Tech eigentlich die Möglichkeiten der Digitalisierung, angewendet auf das juristische Leben oder das juristische Berufsleben. Das ist eine relativ weite Definition, da findet man auch viele engere. Ich glaube, ganz spannend wird es eben, wenn wir sehen, welche Potenziale die Digitalisierung auf unsere juristischen Geschäftsmodelle hat.
Ich würde mich gar nicht so sehr an Definitionen aufhalten, sondern gucken, was ich mit Digitalisierung in meinem konkreten Berufsfeld machen kann. Ich glaube, da ist man auf einem ganz guten Weg.
Und was hat das jetzt mit Smart Contracts zu tun, die ja regelmäßig diskutiert werden?
Also Smart Contracts ist auch ein schillernder Begriff. Da verstehen auch viele alles Mögliche darunter. Ich persönlich würde den im Bereich Blockchain verorten, wo man eben jetzt einen Anwendungsfall von Blockchain-Anwendungen sieht, in dem man eben Verträge und deren Erfüllung, würde der Jurist sagen, oder auch deren Umsetzung das erste Mal hofft, komplett automatisieren zu können.
So ähnlich wie ein Warenautomat, wo man eben auch sagt, da verfällt vieles, was der Jurist danach in Verpflichtungsgeschäft und Erfüllungsgeschäft und so weiter trennt, zusammen. Das ist natürlich sehr charmant, wenn man große Verträge plötzlich auch in ihrer Ausführung automatisch umsetzen lassen könnte.
Aber da wird noch viel experimentierter, wenn wir sehen, wie die Entwicklungen in Zukunft sind.
Du hast gerade das nächste Buzzword sozusagen genannt, das wir noch kurz ansprechen sollten, die Blockchain. Könntest du das bitte nochmal erläutern?
Sozusagen in einem kurzen Satz zu erläutern, was Blockchain ist, das ist quasi unmöglich. Ich würde es auch wieder von der Business-Seite gerne erläutern. Ich denke, das ist ein unheimlich spannendes digitales neues Feld, das uns Juristen auch, glaube ich, deswegen besonders beschäftigen muss, weil es in der realen Wirtschaft nahezu an jedem Bereich Use Cases gibt, die diskutiert werden und sich dadurch zum einen klassische, einfach neue Beratungsfelder eröffnen, wo wir als Anwälte klassisch gefragt sind, aber gegebenenfalls auch ab einem gewissen Punkt Legal Tech Lösungen in unseren Kanzleien ziehen könnten.
Wenn wir uns nochmal anschauen, wenn man noch nicht so tief drin ist im Thema, woher man Legal Tech Angebote kennen könnte, dann kennen viele Verbraucher bestimmt Dienstleister zur Anwaltssuche oder zur Geltendmachung von Bahnverspätungsrechten oder Fluggastrechteverfahren. Welche Einsatzfelder siehst du abseits hiervon für Legal Tech, ja gerade bei euch, also in der mittelständischen Kanzlei beziehungsweise auch in Großkanzleien?
Ich glaube, dass man da gut beraten ist, wenn man das Thema Legal Tech wie auch sonst Digitalisierung wirklich ganz platt, so BWL-mäßig einfach mal sieht. Wenn man wirklich sagt, wie sieht denn meine Wertschöpfungskette aus? Im Zweifel zerlege ich die auch mal in die einzelnen Themen und dann kann man sicherlich feststellen, dass Legal Tech vielleicht schon im Akquisevorfeld oder bei der Akquise anfängt.
Einfach beispielsweise durch einen Chatbot, mit dem Leute auf mich aufmerksam werden oder durch Gamifizierungselemente, wo dann einer sagt, Mensch, ach, es hat Spaß gemacht, da habe ich irgendwas Neues gelernt, vielleicht rufe ich da mal an oder gehe mit dieser Kanzlei in Kontakt. Und dann kann man das, glaube ich, durch sämtliche Wertschöpfungselemente, je nachdem, was du halt im Moment auch in deiner Transaktions- oder operativen Praxis hast, durchdeklinieren.
Das kann Automatisierung sein, das könnte künstliche Intelligenz sein und, und, und. Ich glaube, immer so die Analogie zu den realwirtschaftlichen Unternehmen, in Anführungszeichen, ist spannend. Wenn man sich überlegt, ein großes Unternehmen im Maschinenbau, da wäre jedem klar, die haben eine Webseite, die haben wahrscheinlich einen Kanal in den sozialen Medien, die haben einen Roboter, die haben eine Buchhaltung und überall haben wir digitale Themen.
Lass uns da nochmal kurz tiefer einsteigen, denn viele unserer Zuhörerinnen und Zuhörer sind ja noch im Studium. Machen sich natürlich viele Gedanken um Jura, wie man sich das Ganze drauf schafft, um auch die Staatsexamina zu bestehen, haben aber vielleicht von der operativen Seite, von dem, wie man eine Kanzlei führt, du hast gerade die Wertschöpfungskette genannt, noch nicht ganz so viel gehört.
Könntest du da nochmal klassifizieren, wie denn so eine Wertschöpfungskette aussehen könnte? Also Akquise hast du gerade schon angesprochen, aber was es noch umfasst?
Also muss ich ja einfach vorstellen, zumindest an einem ganz wichtigen Punkt machen wir Rechtsberatung. Aber das hängt natürlich nicht in der Luft. Zum einen muss ich entsprechende Mandanten gewinnen.
Mal ist es einfacher, mal ist es weniger einfacher. Man braucht Aufmerksamkeit. Dann kommt beispielsweise ein Anruf von jemandem, der mit mir anwaltlich zusammenarbeiten wollen würde. Dann sind klassischerweise immer noch Sekretariate mit eingebunden.
Dann habe ich vielleicht eine große Buchhaltung oder andere Systeme, wo ich dann meinen Beratungsvertrag noch ablege und so weiter und so fort. Und all diese ganzen Themen müssen angesteuert werden. Und an all diesen Themen habe ich natürlich Bedarf für digitale Lösungen oder vielleicht digitales Potenzial, um das allgemein zu sagen.
Ich glaube, im Jurastudium ist es ja in der Tat so, dann kriegt man im Zweifel einen Klausurenfall vorgesetzt, der fertig ist, den man dann bearbeiten muss. Im richtigen Leben ist es eben viel komplexer, da kriegt man selten den fertigen Fall, sondern muss sich auch darum kümmern, den aufzuklären und Anschlussfragen zu stellen, Telefonate zu führen, ist viel lebendiger, aber da natürlich auch viel mehr Potenzial für alle möglichen technischen Erleichterungen.
Und wenn wir diese technischen Erleichterungen umsetzen, welche Vorteile hat das denn dann für Mandanten und natürlich auch für Unrechtsanwälte?
Also das, was man in der Presse natürlich immer liest, was auch, glaube ich, immer richtig ist, zunächst liegt natürlich bei Automatisierungsthemen und so wird Digitalisierung ja häufig zunächst mal gespielt, liegt natürlich ein Zeit- und Kostenvorteil auf der Hand. Aber ich glaube, da ist ganz wichtig, dabei sollte man auch nicht stehen bleiben.
Ich glaube, Digitalisierung verändert häufig auch die Arbeitsweise an sich sehr stark. Und das sind Themen, die können für alle Beteiligten auch noch ganz andere Vorteile haben. Beispielsweise, das hat nicht unbedingt mit Legal Tech im engeren Sinne was zu tun, aber wenn ich beispielsweise ganz toll über irgendwelche Cloud-Lösungen remote und mobil arbeiten kann, kann ich beispielsweise klasse von zu Hause in der gleichen Qualität und mit dem gleichen Sicherheitsstandard arbeiten oder kann zum Mandanten fahren oder kann zum Beispiel mit einem über fünf Kontinente verteilten Team quasi in Echtzeit zusammenarbeiten.
Das ist natürlich schon klasse.
Und wie erklärst du dir, dass Legal Tech gerade jetzt so boomt? Welche technischen Entwicklungen waren denn hier für ausschlaggebend?
Ob man das an einzelnen technischen Entwicklungen festmachen kann, das weiß ich nicht. Da würde ich mich auch schwer tun, was Konkretes zu benennen. Was ich glaube ist, dass wir jetzt ja in einem Zeitenleben, wo Digitalisierung...
Im Leben insgesamt sehr, sehr stark Raum greift. Das ist im Privaten so, das ist in der Industrie so und vor allem, dass wir jetzt ja auch Themen sehen, wo auch die klassischen Domänen von den Wissensarbeitern immer stärker digitalisiert werden. Also dass wir irgendwo in der Automobilindustrie so einen Schweißroboter haben, daran haben wir uns schon seit vielen Jahren gewöhnt.
Auf der anderen Seite, wenn man jetzt sieht, welche Sprünge alleine die ganzen Übersetzungsprogramme gemacht haben, die man frei im Internet zugänglich hat, Da sieht man, dass man vielleicht auch das, was man sonst reine Wissensarbeit oder geistige Arbeit genannt hat, dass das immer stärker digitalisierbar ist. Und ich glaube, diese Gemengelage bringt das einfach mit sich, dass man als natürliche Reaktion Legal Tech viel, viel stärker im Fokus hat.
Wie ist es in deinen Fokus geraten? Lass uns vielleicht mal ein bisschen über deinen Werdegang sprechen. Wann bist du denn das erste Mal auf das Thema aufmerksam geworden?
Also ich habe an der Bucerius Law School studiert und war auch eine Zeit in Kalifornien, deswegen hatte ich Legal Tech relativ früh auf dem Zettel. Sozusagen auch im Studium als ein bisschen Steckenpferd oder Randnotiz, wo man sieht, da gibt es solche Tendenzen, das ist spannend.
Das war ja damals auch noch kein eigenes Kursprogramm oder sowas, das gibt es jetzt schon vereinzelt. Ich war dann allerdings ganz klassisch einige Jahre als Anwalt im Investmentrecht tätig und da natürlich auch mit vielen digitalen Themen, gerade so auf der Bankenseite oder sowas befasst.
Und nachdem Digitech in unserer Kanzlei, aber auch sonst auf dem Markt natürlich immer ein größeres Thema geworden ist, habe ich das als große Chance und Gelegenheit gesehen, sich dem Thema stärker zu widmen. Und das ist ja genau das, was ich jetzt eben tue.
Machst du das Fulltime in der Kanzlei?
Also ich bin natürlich nach wie vor Anwalt und auch beratend tätig, aber ein ganz, ganz starker Bereich meines beruflichen Tätigseins liegt eben in managerialen Aufgaben zu Legal Tech und Digitalisierung.
Könntest du sagen, ist wahrscheinlich sehr vielfältig, aber dennoch, wie ein typischer Tag von dir aussieht?
Also in der Tat, einen typischen Tag gibt es eigentlich in dieser managerialen Sparte meines Tätigseins eigentlich nicht wirklich. Und was schön ist, weil man einfach sieht, wie dynamisch und wie vielfältig diese Szene im Moment ist. Ich glaube, wenn man es zusammenfassen kann, da geht es ganz, ganz stark um das Begleiten der digitalen Transformation.
Das ist ja auch jetzt mal ein Buzzword, was letztlich heißt, das betrifft ja nicht nur uns Anwälte, dass wir uns mit diesen digitalen Möglichkeiten im Wirtschafts- und Privatleben auseinandersetzen müssen. Und dann hat man eigentlich schon einen ganz weiten Bogen.
Es ist ganz viel Change Management drin, dass man eben auch Mitarbeiter, Kollegen oder Mandanten begleitet und auch mit denen zusammen Produkte entwickelt, im besten Falle, um solche Veränderungsprozesse abzubilden oder auf neue Strömungen zu reagieren und, und, und. Also ganz vielseitig, viel Netzwerken, viel People's Business, was vielleicht verwunderlich ist, wenn es um Digitalisierung geht.
Also wer erwartet, dass ich den ganzen Tag nur vor dem PC sitze und vor mich hin programmiere einsam? Das ist nicht der Fall.
Kannst du programmieren?
Ich persönlich kann nicht wirklich programmieren, wie das ein Programmierer sehen würde. Ich habe ein gutes Verständnis für diese Dinge, aber ich glaube, tatsächliche Programmierarbeiten für ein aufwendiges Produkt, die würde ich jemand anders geben.
Das ist jetzt ja relativ weit weg von dem klassischen Bild, was man von der Anwaltschaft hat, wenn man noch im Studium oder im Referendariat ist. Könntest du vielleicht nochmal kurz skizzieren, welche Punkte du an deiner jetzigen Rolle so besonders spannend findest?
Also was mich daran begeistert, ist einfach das, dass man ganz toll klassisches Jura, das ich auch ehrlich gesagt sehr gerne mag, auch im Studium mich wohlgefühlt mit managerialen und unternehmerischen Themen verbinden kann. Dass man eben sagt, ich habe plötzlich größere Teams, ich habe ganz spannende Aufgaben, ich bin eben auch in ganz, ganz neue Arten der Wertschöpfung eingebunden.
Auch da wieder, wenn man halt mal so die Realwirtschaft angucken würde, da sind ja auch Unternehmen, gerade wenn die größer sind, ja auch ganz heterogen zusammengesetzt. Da habe ich ja nicht nur BWLer oder Ingenieure drin, sondern von bis alles mögliche und gerade dieses Konzert bringt dann im Zweifel ein gut zusammengesetzte Workforce und das ist was, was ich an diesen Neuerungen wirklich toll finde, dass man genau diese unternehmerischen und managerialen Aspekte viel, viel stärker auch in der Kanzleilandschaft hat.
Das sind jetzt ja keine kernjuristischen Aspekte. Das bedeutet, die könnten in der Ausbildung noch ein bisschen zu kurz kommen oder jedenfalls kürzer kommen als andere Themen. Was bedeutet denn dieser ganze Trend und auch die Kanzlei mehr aus einer operativen Sicht zu sehen für den Juristen von morgen? Muss der Jurist von morgen programmieren können?
Also ich glaube, schaden würde es sicherlich nicht, wenn man das kann. Auf der anderen Seite, meine persönliche Meinung ist, dass man es nicht unbedingt können muss. Ich glaube, was viel wichtiger ist, dass man ein entsprechendes Mindset hat und diesen digitalen Themen gegenüber offen ist, dass man beispielsweise immer auch wieder gerne neu dazulernt.
Das klingt immer so trivial. Aber es ist natürlich schon eine Herausforderung, wenn man plötzlich feststellt, ich habe mich vielleicht auf irgendein Spezialgebiet vorbereitet und muss das vielleicht, weil das nicht mehr so nachgefragt wird, dann vielleicht wieder verlassen. Oder es kommt plötzlich ein neues Thema, wie zum Beispiel Blockchain.
Da darf man sich dann auch, glaube ich, nicht zu schade sein, zu sagen, okay, da muss ich mich einfach wieder mal hinsetzen und das lernen, auch wenn ich bisher gestandener Investor und Rechtler gewesen bin. Denn das sind, glaube ich, ganz wichtige Sachen.
Offenheit, auch Spaß an managerialen Aufgaben, zum Beispiel Zusammenarbeiten in großen lateralen Teams und an Leuten an verschiedenen Standorten. Ich glaube, das ist wichtig. Und vielleicht auch Freude am nicht nur Zusammenarbeiten mit Juristen.
Ich glaube, in Zukunft hat man viele Projekte, wo auch andere Berufe mit drin sind.
Richard Süskind hat das in seinem Klassiker Tomorrow's Lawyers ja schon mal aufgezeigt, indem er verschiedene neue Rollen und Berufsbilder in der Kanzlei identifiziert hat. Beispielsweise den Legal Engineer oder den Legal Project Manager. Wie siehst du in diesem Umfeld, nehmen wir mal an, das kommt so und da spricht ja momentan viel für nach dem, was wir jetzt gehört haben.
Wie siehst du in diesem Umfeld den klassischen Juristen mit zwei Staatsexamina und gibt es da eventuell auch andere Rollen für Juristen, die einen anderen Werdegang haben?
Also ich glaube, es gibt ganz viele Rollen. Lass uns mit dem klassischen Juristen anfangen. Also ich glaube, zwei Staatsexamina zu haben, ist auch in Zukunft nicht ganz verkehrt. Also das System hat sicherlich viele Schwächen, da kann man an vielen Punkten drüber maulen.
Allerdings, was man gerade im Referendariat dann lernt, auch gerade bei Gericht, ist eben zu werten und man stellt fest, Jura ist nicht nur subsumieren wie im Ersten, dass man irgendeine Klausur runterhackt, sondern es geht um Lebenssachverhalte, die oft ganz komplex sind und wo man gute Lösungen finden muss. Und wenn wir uns jetzt so manche Digitalskandale auch in der letzten Zeit angucken, da sieht man, wir werden immer Leute brauchen, die sehr gut werden können, die strategisch denken und die gute Lösungen finden.
Und das ist, glaube ich, was den guten Juristen mit zwei Staatsexamen auszeichnet, dass er genau das kann. Das ist keine Subsumtionsmaschine, sondern das ist einer, der das große Ganze im Blick hat. Und wenn du nach den weiteren anderen Jobs fragst, da hast du ja zum Beispiel den Legal Engineer angerissen.
Ich glaube auch da wieder der Blick in, in Anführungszeichen, normale Unternehmen. Wie gesagt, auch nicht nur voller BWLer oder voller Ingenieure oder voller Buchhalter, sondern es kommt, glaube ich, genau darauf an, dass man eine gute Vielfalt hat. Wir sehen es ja jetzt schon, es gibt ja viele Anwälte oder Juristen mit nur einem Staatsexamen, die im Knowledge Management arbeiten oder beispielsweise jetzt ja schon auch in zum Beispiel Transaction Support machen.
Solche Sachen werden sich, glaube ich, durch diese digitalen Themen aufteilen lassen. Ich kann mir gut vorstellen, dass man vielleicht Spezialisten für gewisse Tools hat, dann Projektmanager, dann vielleicht auch Leute, die ganz toll ein laterales Team coachen und zusammenhalten können und, und, und. Und was ich als große Chance betrachte, ich denke, wenn man zum Beispiel ein großes Faible für Netzwerken und Marketing hat und ein Social Guy ist, muss man sozusagen, hat man wahrscheinlich mit einem juristischen Staatsexamen und einer Zusatzausbildung viel bessere Chancen in Kanzleien, als es noch vor einigen Jahren war, wo man in Kanzleien Anwälte hatte und dann erstmal ganz lange gar nichts.
Das ist gerade schon angesprochen. Nehmen wir mal an, wir wären jetzt beide nochmal Student. Was würden wir denn idealerweise machen, um uns auf diese Herausforderungen vorzubereiten? Was können wir tun, um uns aktuell in der Rolle als Student schon weiterzubilden?
Also ich glaube, was man sehen muss, ist klar, wir würden uns natürlich klassisch um unser Studium kümmern, weil ohne Abschluss kommen wir auch nicht wirklich weiter. Ich glaube, was ich machen würde, wenn ich jetzt nochmal im Studium ein Referendariat wäre, ich würde ganz frühzeitig mich in diesen Bereichen fortbilden.
Was allerdings nicht heißt, dass man da immer zwingend in irgendwelchen Unikursen sitzen muss oder Seminare besuchen muss. Das kann losgehen mit irgendwelchen Meetups oder dass man beispielsweise mal jemanden fragt, der im Berufsleben steht und sagt, Mensch, lass uns doch mal vielleicht, wenn Sie oder du möchtest, mögen wir einen Kaffee trinken gehen.
Oder ein Praktikum machen oder oder. Und ich würde da relativ vielseitig sein, würde mir das in Kanzleien anschauen, in Unternehmen, mal vielleicht was Legal Tech im engeren Sinne inspiriert ist oder dann vielleicht was Klassisches aus der Digitalwirtschaft, um einfach so zu sehen, wo da das eigene Plätzchen ist. Im Anwaltsbereich können wir uns ja nochmal überlegen, was ja in den letzten Jahren durchaus gang und gäbe, dass man sagt, man guckt sich im Referendariat alle drei Kanzleitypen in Anführungszeichen an.
Dann eine kleine, eine mittelgroße und eine ganz große, einfach um nachher zu wissen, was für eine in Frage kommt. Ich glaube, so ähnlich könnte man das sicherlich mit den digitalen Themen machen. Ich glaube, wenn du im Studium mal was von Design Thinking gehört hast oder mal so ein bisschen weißt, was ein Projektmanager in dem Bereich macht, das schadet sicherlich nicht.
Gibt es einschlägige Literatur, die du da noch empfehlen könntest?
Also im Moment gibt es leider noch relativ wenig Literatur, speziell zu Lidl Tech. Da gibt es eben zwei große klassische, Anführungszeichen, Lehrbücher oder Zusammenstellungen. Die kann man in den üblichen Verlagen finden.
Die finde ich persönlich auch sehr gelungen. Ansonsten ändert sich dieses Feld sehr stark. Da würde ich im Moment mich eben auch recht vielseitig bilden im Sinne von Meetups, Blogs und dergleichen mehr. naja, wo sich die Szene hin entwickelt, werden wir sehen.
Aber so ein bisschen das Ohr an die Schiene zu legen, glaube ich, das schadet nicht.
Gibt es noch ein finales Schlusswort, einen Tipp, den du den Studierenden vielleicht mitgeben möchtest bezüglich des Themas?
Ich glaube, dass das Legal Tech und Digitalisierung was ist, worauf man sich als Jurist sehr freuen kann und darf sich bloß nicht vor diesen ganzen Themen fürchten, sondern den muss man als große Chance betrachten.
Super, danke dir Sebastian für das sehr kurzweilige Gespräch und ja, herzlichen Dank.
Sehr, sehr gerne.