Professor
Arbeitgeber in Folgen: Universität Halle, Universität Bielefeld
“Klimaklagen verbinden individuelles und strategisches Rechtsschutzinteresse, da Einzelpersonen globale Klimaziele mit gerichtlichen Verfahren verfolgen.”
Teilnahme am IMR Jurapodcast
Ich verstehe darunter jede gerichtliche Klage, mit der Einzelne oder Verbände politische Klimaschutzziele durchsetzen wollen – sei es gegen Staaten, Kommunen oder private Unternehmen. Gemeinsam ist allen Verfahren, dass ein überindividuelles Anliegen, nämlich die Begrenzung der Erderwärmung, mittels klassischer Prozessinstrumente verfolgt wird. Inhaltlich reicht das Spektrum von menschenrechtlichen Beschwerden bis zu zivilrechtlichen Abwehr- und Schadensersatzklagen.
Ich spreche von strategischer Prozessführung, weil hinter vielen Klagen Organisationen stehen, die gezielt einen besonders sprechenden Einzelfall auswählen, um Rechtsfortbildung, öffentliche Aufmerksamkeit und letztlich politischen Druck zu erzeugen. Die Motivation der Kläger prüfen Gerichte dabei nicht – entscheidend bleibt ausschließlich, ob Zulässigkeit und Begründetheit vorliegen.
Der Bauer illustriert, wie ein konkret Betroffener – sein Haus droht durch einen schmelzenden Gletschersee zerstört zu werden – mit Unterstützung von NGOs einen Konzern anteilig in Haftung nimmt. Das Oberlandesgericht Hamm prüft dabei ganz klassisch Prozessführungsbefugnis, internationale Zuständigkeit und deliktische Anspruchsgrundlagen. So wird strategische Prozessführung mit realem Individualinteresse verknüpft.
Ich nutze in der Regel den Beklagtensitz-Gerichtsstand: sitzt der Carbon Major in Deutschland, ist ein deutsches Gericht international zuständig. Alternativ kann ich am Deliktsgerichtsstand – Handlungs- oder Erfolgsort – klagen. Diese Wahlrechte des Klägers ergeben sich aus Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO beziehungsweise § 32 ZPO.
Im Mittelpunkt steht für mich § 823 I BGB: Verletzung von Eigentum, Gesundheit oder Leben durch klimaschädliche Emissionen. Flankierend kommen quasi-negatorischer Rechtsschutz nach §§ 1004, 823 BGB sowie – bei Vorsorgemaßnahmen – Vorschussansprüche in Betracht. Entscheidend bleibt stets, ob Rechtsgutverletzung, Schaden und Kausalität im Einzelfall nachweisbar sind.
Die Natur des Klimawandels ist kumulativ: Viele Emittenten wirken zusammen. Entferne ich nur den Beitrag eines Unternehmens, verschwindet der Schaden nicht vollständig. Deshalb müssen wir dogmatisch mit kumulierter Kausalität arbeiten und anteilige Verursachungsbeiträge berechnen – gestützt auf Attribution Science und Emissionsdaten.