Prof. Dr. Anne Sanders, Professor | Universität Halle
Klimaklagen - ESG - Strategische Prozessführung - Zivilrechtliche Klagen - Öffentlich-rechtliche Klagen - Klagebefugnis - Internationale Zuständigkeit - Deliktsrecht - Kausalitätsprobleme - Kumulierte Kausalität - Anteilige Haftung - Masseverfahren - Rechtswidrigkeit - Öffentlich-Privatrechtliche Überschneidungen - Rolle der Gerichte - § 823 Abs. 1 BGB - § 1004 BGB - § 830 BGB - § 840 BGB - § 906 BGB
In der 301. Episode von Irgendwas mit Recht, zugleich der 7. Teil unseres ESG-Specials, begrüßt Marc erneut Prof. Anne Sanders, Prof. Anne Mittwoch sowie Prof. Meller-Hannich, Professorin für Bürgerliches Recht und Zivilprozessrecht an der Universität Halle, um sich vertieft mit dem Thema Klimaklagen und ESG-Fragen auseinanderzusetzen. Aufbauend auf einer früheren Folge mit Prof. Jan-Erik Schirmer diskutieren wir zentrale Begriffsfragen rund um Klimaklagen, die Abgrenzung von individuellen und strategischen Klagen sowie die aktuellen Herausforderungen im zivil- und öffentlich-rechtlichen Kontext. Anhand konkreter Fälle wie der Klage des peruanischen Bauern gegen RWE werden praktische und dogmatische Schwierigkeiten, insbesondere hinsichtlich Kausalität, Haftung und der Rolle der Gerichte beleuchtet. Welche Rolle spielen strategische Prozessführung und Organisationen im Hintergrund dieser Klagen? Was unterscheidet individuelle Betroffenheit von vorgeschobenen Interessen? Wie gehen Gerichte mit Fragen der anteiligen Schadenshaftung und der Überschneidung von Privatrecht und öffentlichem Recht um? Und welche Auswirkungen könnten aktuelle Entwicklungen auf künftige juristische Fallgestaltungen sowie Examensklausuren haben? Antworten auf diese und viele weitere Fragen erhaltet Ihr in dieser Folge von IMR. Viel Spaß! PS: Die Folge wurde unmittelbar vor der Entscheidung des OLG Hamm aufgezeichnet.
Viel Spaß 🎉 und vielen Dank für Euer Feedback! 🙏🏼
Die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg ist eine traditionsreiche öffentliche Universität mit Hauptsitz in Halle (Saale). Rund 3.000 Mitarbeitende, darunter über 500 Professorinnen und Professoren, lehren und forschen hier interdisziplinär – an der Juristischen Fakultät etwa zu Wirtschafts-, Gesellschafts- und Nachhaltigkeitsrecht.
Ihr offener Dialog zwischen Theorie und Praxis, ihre früh einzubindenden Studierendenprojekte sowie starke europäische Netzwerke, die immer wieder frische Impulse für Gesetzgebung und Kanzleien liefern zeichnen die MLU aus. Neugierig geworden? Dann öffnet eure Podcast-App und taucht mit Irgendwas mit Recht in die neueste Folge aus Halle ein!
Prof. Dr. Anne Sanders | Prof. Dr. Anne-Christin Mittwoch | Prof. Dr. Dana Valentiner
Prof. Dr. Anne-Christin Mittwoch | Dr. Romy Klimke
Prof. Dr. Anne Sanders | Prof. Dr. Anne-Christin Mittwoch
Prof. Dr. Anne Sanders | Prof. Dr. Anne-Christin Mittwoch | Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Hommelhoff
Klimaklagen verbinden individuelles und strategisches Rechtsschutzinteresse, da Einzelpersonen globale Klimaziele mit gerichtlichen Verfahren verfolgen.
KI-basiert und kann Fehler enthalten.
Herzlich willkommen, hier ist mal wieder Marc von Irgendwas mit Recht, heute mit eurem Spezial zum Thema ISG-Fragen. Und heute wird es spannend, weil wir eine Brücke schlagen zu IMR 206. Damals war Doktor, mittlerweile Professor Jan-Erik Schirmer zu Gast und hat ein bisschen was über Klimaklagen erzählt.
Aber ich sage mal aus einer Karriereperspektive, weil er dieses Thema sehr gut besetzt hatte und dann unter anderem damit auch Professor geworden ist in Frankfurt an der Oder. Und heute wollen wir noch mal ein bisschen tiefer einsteigen, weil wir uns ja hier vertieft mit ESG-Themen beschäftigen, in dieses Thema Klimaklagen.
Und dafür darf ich erneut begrüßen Anne Sanders. Hallo Anne.
Hallo Marc.
Und Anne Mittwoch. Hallo Anne.
Hallo Marc.
Es bleibt verwirrend und damit es heute nicht noch verwirrender wird, weil wir auch noch einen Gast haben, haben wir beschlossen, dass wir es dieses Mal so machen, dass Anne Mittwoch gleich rausdroppt sozusagen. Aber dafür noch unseren Gast vorstellt.
Ja, lieber Marc, herzlich willkommen zunächst auch von mir. Ich freue mich ganz besonders, unseren Gast heute vorzustellen, weil Caroline Meller-Hannig, unser Gast, nämlich gleichzeitig auch eine liebe Kollegin von mir ist an der Universität Halle, wo Caroline Meller-Hannig Professorin ist für bürgerliches Recht und Zivilprozessrecht und hat auch die Livia Legendi natürlich für viele andere Dinge, europäisches Privatrecht.
Sie ist Professorin in Halle schon seit 2006, hat aber einen Ruf nach Bochum und auch einen Ruf nach Leipzig abgelehnt. Wir freuen uns, dass sie immer noch bei uns ist und die Forschung hier bereichert unter anderem eben zum Thema Klimaklagen, zu dem Caroline schon seit einigen Jahren forscht.
Und da ist sie auch eine Mitautorin unseres Bandes, den Anne Sanders und ich dann hoffentlich bald gemeinsam rausgeben und hat dort auch das Kapitel zu Klimaklagen verfasst. Und deswegen freuen wir uns besonders, dass sie uns heute Auskunft über dieses Thema geben kann und die Einstiegsfrage, die ich jetzt stellen möchte und die mich besonders interessiert, zunächst ist eine begriffliche, denn ja, liebe Caroline, vielleicht könntest du den Begriff der Klimaklage einmal erläutern, weil wir haben da ja ganz unterschiedliche Klagen.
Also manche sind ja auch menschenrechtlicher Art, manche betreffen nur das Klima, andere betreffen andere Umweltbelange und vielleicht kannst du uns einmal erklären, was wir darunter zu verstehen haben und wie wir das dann jetzt diskutieren wollen.
Vielen Dank von meiner Seite auch, dass ich heute ein bisschen zu dem Thema beitragen kann. Danke für die nette Vorstellung. Der Begriff Klimaklage, der ist tatsächlich ja nicht fest definiert.
Also er wird für eine ganze Reihe von unterschiedlichen Klagen verwendet. Die richten sich teilweise gegen private Unternehmen, teilweise richten sie sich gegen den Staat, gegen staatliche Einrichtungen, Kommunen, Regierungen. Einzelne Landesregierungen waren schon betroffen.
Und dann gibt es noch den Bereich im Grunde des Shareholder-Aktivismus, wo eben aktivistische Shareholder versuchen, innerhalb ihres Unternehmens im Klagewege Klimaschutzziele zu erreichen. In der Tat sind sie teilweise mit Menschenrechtsklagen auch kombiniert. Das heißt, das ist ein relativ breites Spektrum, was auch nicht fest definiert ist.
Was diesen Klagen aber wohl gemeinsam ist, dass es eben immer um gerichtliche Verfahren mit bestimmten politischen Zielen geht. Das heißt, sie werden im Grunde dem großen Bereich der Strategic Litigation zugerechnet, wo eben einzelne Privatpersonen versuchen, im gerichtlichen Verfahren auch über individuelle Ziele durchzusetzen.
Und das ist gerade beim Klimaschutz vielleicht auch besonders gut sichtbar, dass eben eine Einzelperson eben dieses doch globale Thema aufgreifen möchte mit einer Klage. Und vielleicht ist das dann auch die wichtigste gemeinsame Definition, dass man eben sagen kann, das überindividuelle Ziel des Klimaschutzes wird verfolgt durch Klagen gegen Privatunternehmen oder auch durch Klagen gegen den Staat oder eben innerhalb eines Unternehmens.
Wir haben hier bei irgendwas mit Recht schon zweimal die Gesellschaft für Freiheitsrechte zu Wort kommen lassen. Die haben jetzt hier, soweit ich das sehe, aktiv erstmal nichts mitzutun, oder? Aber es ist im Prinzip doch dieselbe Idee, so die strategische Prozessführung am Ende des Tages, sich manches rauszusuchen, was dann auch medial viel Aufmerksamkeit erzeugt und entsprechend auch gesellschaftliche Diskussionen und eventuell auch politischen Wandel anstößt.
Ja, ganz recht. Also strategische Prozessführung ist auch nicht etwas, was jetzt erst mit Klimaklagen begonnen hat und was sicherlich damit jetzt auch nicht enden wird. Also das erste Mal, soweit ich mich erinnere, wurde dieser Begriff, sagen wir mal so Land auf, Land ab, verwendet für diese Klagen von dem Datenschutzaktivisten Schrems.
Da wurde schon von strategischer Prozessführung gesprochen, weil das eben natürlich nicht nur ihm um seine eigenen Daten ging, die also Facebook damals unberechtigt benutzt haben soll, sondern er hat ja die Ansprüche von ganz vielen betroffenen Nutzern eingeklagt. Und da hat man dann schon Begriffe von strategischer Prozessführung verwendet.
Das ist so ein Begriff, den man aus dem internationalen Prozessrecht kennt, aber jedem jetzt auch sehr stark im nationalen Prozessrecht. Und die Gesellschaft für Freiheitsrechte, um da nochmal anzuknüpfen, ganz recht, die hat eben auch diese Ziele in ihrer Tätigkeit sehr stark nach vorne gestellt.
Okay, wunderbar. Dann haben wir jetzt schon mal so einen gewissen Einblick auch in die strategische Prozessführung. Aber dass es jetzt sich um eine strategische Prozessführung handelt, also ein einbestimmter Fall strategisch aufgegriffen wird, das kann man ja auch kritisch sehen. Das heißt aber ja nicht, dass die Person jetzt überhaupt kein wirkliches rechtliches Anliegen hat, nicht wahr? Also wir können ja vielleicht mal mit einem kleinen Fall starten, der das finde ich ganz gut zeigt, nämlich ein Fall von einem Bauern, der in den Anden lebt und der in einem kleinen Dorf wohnt.
Und über seinem Dorf befindet sich ein Gletscher in den Bergen und dieser Gletscher schmilzt ab und füllt einen Gletschersee. Und je schneller dieser Gletscher nun abschmilzt, und das wird durch den Klimawandel erkennbarerweise immer stärker und schneller der Fall sein.
Umso größer wird die Gefahr, dass dieser See über die Ufer tritt und dass er in absehbarer Zeit das ganze Dorf wegspülen wird. Und dieser Bauer, der hat jetzt ja nun RWE verklagt, schon vor einigen Jahren, mit dem Ziel, einen Anteil zu bekommen für die Errichtung eines Dammes.
Also er möchte, dass ein Damm gebaut wird, um sein Haus und sein Dorf zu schützen vor diesen Wassermassen. Und er möchte, dass RWE einen kleinen Teil dieses Dammes bezahlt. Jetzt ist das sicherlich strategische Prozessführung, aber der Bauer hat ja nun wirklich ein Haus, was gefährdet wird von den Wassermassen, die durch den Klimawandel auf ihn herabzubrechen drohen.
Ganz recht. Das kann Hand in Hand gehen. Und deswegen ist auch, glaube ich, eines der wichtigsten Punkte, die man sich bei diesen Klagen klar machen muss, dass eben dann auch die individuelle Klage zu prüfen ist auf ihre Zulässigkeit und Begründetheit hin. Nichtsdestotrotz ist eben auch genau das schon ein Vorwurf an die strategische Prozessführung, sich nämlich dann eine Einzelperson herauszupicken oder zu suchen, die im Grunde betroffen ist.
Es ist einfach so, dass in unserem Rechtssystem sowohl, ob sie jetzt nur öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich aktiv werden, sie brauchen entweder eine Klagebefugnis oder eben einen eigenen materiellen Anspruch, um vor Gericht ziehen zu können. Und hinter diesen Klagen, auch wenn es dann Individualklagen sind, stehen eben häufig Organisationen, die dieses strategische Ziel verfolgen und das ist schon einer der Vorwürfe an die Klimaklagen.
Also es geht nicht darum, dass irgendjemand klagt, das sind schon individuell betroffene Personen, aber die werden eben auch, ja manche sagen vorgeschoben, ich würde sagen eben sinnvollerweise herangezogen, um dieses Begehren zu verfolgen.
Ich würde auch sozusagen dagegenhalten, dass es vielleicht auch ein Zeichen unserer Zeit ist und der allgegenwärtigen Verfügbarkeit von Informationen. Also wenn man sich da an früher, ich sag mal vor 30, 40, 50 Jahren vor dem Internet zurückerinnert, dann wären da vielleicht auch Mandantinnen und Anwalt oder strategischer Kläger nie zusammengekommen.
Also das ist vielleicht doch einfach dieser weltweite Informationsfluss, dass man davon eben dann auch mitbekommt und dass es dann nochmal eher sein kann, dass vielleicht eine strategisch klagende Partei oder auch vielleicht ein Anwalt, der ein Interesse verfolgen will, das ist jetzt eher selten der Fall natürlich, in diesen Konstellationen, einfach sich auch so ein bisschen den Mandanten sucht und es nicht notwendigerweise dieses alte Zielbild ist, dass der Mandant losgeht und jetzt schaut, wo er den nächsten Anwalt findet.
Ja, und es ist auch tatsächlich so, dass wir nach der Motivation, die hinter einer Klage steht, eigentlich gar nicht fragen. Das ist nicht unsere Aufgabe. Also sie können aus egoistischen oder aus altruistischen Motiven klagen.
Sie können auch um des Prinzips willen klagen. Das finden wir dann vielleicht jetzt nicht so toll. Aber solche Klagen müssen trotzdem entschieden werden. Die einzige Grenze ist eigentlich dann eine mutwillige Klage.
Also wenn der Klage wirklich kein eigenes ernsthaftes Begehren zugrunde liegt, Dann sprechen wir von einer querulatorischen Klage, aber da sind zu Recht die Gerichte, und das ist auch nicht erst seit den Klimaklagen so sehr zurückhaltend, Klagen aus diesen Gründen abzuweisen. Wenn eine Klagebefugnis besteht, dann ist es im Grunde nicht schädlich, wenn parallel oder dahinter auch noch andere Interessen stehen.
Das ist noch keine Frage des Missbrauchs. Es kommt noch eine Sache hinzu. Es mag zwar so sein, dass im Prozess individuelle Rechte verfolgt werden sollen, aber auch so etwas wie Rechtsfortbildung, Rechtsvereinheitlichung sind immer schon Ziele von Prozessen gewesen. Man hat dann bei der individuellen Klage das im Grunde als Kehrseite noch so mitgenommen.
Aber jetzt bei einer Klage dieses Ziel auch mal in den Vordergrund zu stellen oder zumindest als gleichwertiges Ziel zu haben, ist etwas, was eigentlich unserer Rechtsordnung nicht fremd ist und was wir auch nicht bekämpfen müssten. Das ist ein anerkanntes weiteres Prozessziel, was auch durchaus in unseren Regularien jetzt im Prozessrecht mitverfolgt wird.
Es wird ja auch gegen Klimaklagen manchmal dann der Einwand erhoben, hier wird die Gewaltenteilung verletzt, weil das ja nicht Aufgabe der Gerichte ist und das genau würdest du dann wahrscheinlich entgegnen, dass Gerichte das immer getan haben, Recht fortgebildet und sich immer auch schon mit durchaus auch politisch relevanten Fragen letztlich indirekt beschäftigt.
Ja, das ist ganz, das würde ich in der Tat so sagen. Ich meine ein bisschen, was ist natürlich an dem Argument dran, dass in einem Staat Gesetze dafür da sind, auch Interessenkonflikte aufzulösen. Wir sind ein sehr komplex organisierter Staat und da werden auch im Wege des Kompromisses eben politische Entscheidungen getroffen.
Und ich würde jedenfalls zustimmen, dass an die Stelle dieser politischen, auch mühsamen Prozesse jetzt nicht Gerichtsverfahren gestellt werden dürfen. Das wäre auch überhaupt nicht das Anliegen, denke ich, von Klimaklägern. Sondern es gibt dann letzten Endes zwei Punkte, wie man da auch irgendwo wieder herauskommt.
Also zum einen den Bereich, den das Bundesverfassungsgericht schon gekennzeichnet hat, nämlich Bereiche, wo der Gesetzgeber ganz offenkundig nicht aktiv geworden ist. oder wo jedenfalls das, was er getan hat, ganz offensichtlich nicht hinreichend ist. Das wäre der eine Bereich.
Und der andere Bereich ist natürlich die Interpretation des geltenden Rechts in einer aktuellen Situation, an die der Gesetzgeber vielleicht gar nicht so gedacht hat. Und das ist den Gerichten durchaus überlassen. Also Richter sollen jetzt keine neuen Rechtsfolgen erfinden.
Aber dass sich die Dogmatik und auch die Rechtsprechung mit neuen Herausforderungen auseinandersetzen und dafür auch das geltende Recht fruchtbar machen, das ist etwas, was nicht gegen die Gewaltenteilung verstößt. Wenn jetzt eine Anspruchsgrundlage begründet ist, dann gibt es kein zusätzliches Erfordernis, Wesentlichkeit oder Gewaltenteilung oder ähnliches, sondern dann ist es eben begründet.
Und wenn es nicht begründet ist, dann sollte man das auch nicht mit diesen Argumenten ablehnen.
Ja, sehr, sehr gut. Also dieser erste Bereich, wo du sagtest, dass vielleicht der Gesetzgeber durch eine solche Entscheidung angestupst werden kann, etwas zu tun, das wäre vielleicht dieser Bereich der öffentlich-rechtlichen Klagen, das wäre vielleicht das, was das Bundesverfassungsgericht in seinem Klimabeschluss beschäftigt hat oder auch die berühmte Entscheidung vom EGMR vom April dieses Jahres zu den Klimasenioren.
Das Zweite, ist eine Anspruchsgrundlage erfüllt? Damit kommen wir vielleicht so ein bisschen mehr in den Bereich dieses Beispiels, was ich vorhin genannt habe mit dem peruanischen Bauern, der sagt hier, ja, gibt mir das Zivilrecht hier einen Anspruch. Vielleicht wollen wir vielleicht anhand dieses Beispiels so ein bisschen jetzt in den Prozess vielleicht einsteigen und schauen, wie denn eine solche Klage hier eigentlich geltend gemacht werden konnte von diesem Menschen.
Ja, also in der Tat, man würde dann eben oder man prüft, das hat das Oberlandesgericht Hamm und die Voreinstanz Landgericht Hamm hat das ja auch genauso getan, eben die Zulässigkeit der Klage. Wir brauchen da im Zivilrecht keine besondere Betroffenheit oder ähnliches.
Es geht einzig und allein darum, ob da eben die Person auch eigene Rechte geltend macht. Also Prozessführungsbefugnis wäre da das Stichwort und das ist bei jemandem, der eigene Rechte im eigenen Namen geltend macht, zu bejahen, selbst wenn der Anspruch jetzt nicht besteht. Dafür ist ja der Prozess da, das jetzt nun erstmal zu prüfen.
Das heißt, die Zulässigkeit ist eigentlich bei dieser Klage kein größeres Problem und dass wir jetzt das Rechtsschutzbedürfnis nicht ablehnen aufgrund dieser politischen Aspekte, das haben wir glaube ich gerade noch schon ganz schön begründen können. Und dann auch der, ja.
Vielleicht für den Studierenden, der zuhört, warum hat der Mann denn überhaupt in Deutschland geklagt, wo er doch in Peru sitzt?
Also die Klage war ja gegen RWE gerichtet und wir haben eine internationale Zuständigkeit am Beklagten-Sitz.
Genau, und RWE sitzt ja nun mal in Deutschland.
Genau, rheinisch-westfälisch.
Sehr gut. Aber manchmal ist das gar nicht so einfach, weil das doch ja manchmal schon über Grenzen geht.
Völlig richtig, wobei das bei den Klimaklagen natürlich schon interessant ist. In aller Regel sind das ja Kläger aus Drittstaaten, die eben gegen Unternehmen in Europa oder in den USA klagen, weil da halt die großen, also die sogenannten Carbon Majors in der Regel sitzen. Und dann haben wir relativ häufig eine Zuständigkeit am Beklagten-Sitz.
In Betracht kommt aber auch noch eine Zuständigkeit am Deliktsgerichtsstand. Also auch im europäischen Recht gibt es ja da, vergleichbar jetzt auch unserer ZPO, nochmal für die Studierenden eben auch einen deliktischen Gerichtsstand. Es gibt auch übrigens einen Gerichtsstand, der jetzt eben ganz konkret im Deliktsrecht sowohl am Handlungs- als auch am Erfolgsort Klagen zulässt.
Und da kommt es dann immer ein bisschen drauf an. Also der Kläger hat da durchaus auch Wahlrechte, wo er aktiv ist. Gut, ja und dann bei der Begründetheit der Klage, also das sind ganz häufig auch in dem Fall Klagen, die entweder auf Schadenersatz aus Delikt gerichtet sind, also 823 Absatz 1, Verletzung absoluter Rechtsgüter, hier ging es dann um das Eigentum, häufig auch um die Gesundheit, teilweise sogar ist das Leben betroffen, die Freiheit betroffen, dann gibt es Klagen, also wir kennen den quasi negatorischen Rechtsschutz, also mit 1004, 823, also Abwehransprüche, die halt gerichtet sind auf die Abwehr von Beeinträchtigungen solcher absoluter Rechte.
Inzwischen gibt es auch Klagen, die sozusagen auf Vorschuss von Kosten gerichtet sind. Das geht dann schon fast so ein bisschen in Richtung Geschäftsführung ohne Auftrag. Allerdings eine problematische Anspruchsgrundlage.
Ich denke, ganz einleuchtend und auch naheliegend ist tatsächlich einfach 823 Absatz 1, also der deliktsrechtliche Schutz absoluter Rechtsgüter. Und da ist natürlich, kommt es wirklich sehr stark auf die einzelne Klimaklage und auf den einzelnen Fall an, ob diese Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind.
Es gibt eine Reihe sich durchgängig stellender Probleme, aber man muss da wirklich, das wäre auch wirklich mein wichtigstes Anliegen, nochmal es zu betonen, man muss sich den einzelnen Fall anschauen. Und sich anschauen, liegt eine Rechtsgutverletzung vor und dann ist ein Schaden entstanden und inwieweit insbesondere besteht eine Kausalität zwischen Rechtsgutverletzung und Schaden.
Bei dem Beispiel, das wir eben hatten, das war ja gerade so eine Frage, dass man, ob man Kosten schon gelten machen kann, noch bevor irgendein Schaden eigentlich eingetreten ist. Das wäre sowas, was du etwas schwieriger findest als Anspruchsgrundlage.
Ja, es ist in der Tat problematisch, ja. Okay. Und wie weit das ganz genau reicht, eben auch Schutzvorkehrungen einzurichten, das kann man dann schon bestimmen, denn es kann ja nur nicht sein, dass jemand abwarten muss, bis die Existenz vernichtet ist oder das Leben beendet ist, um dann einen Schaden geltend machen zu können, also auch einzusetzen.
Ein Gläubiger hat ja dann die Pflicht, den Schaden gering zu halten. Deswegen gibt es auch durchaus Argumente dafür zu sagen, dann müssen eben auch schadensverhindernde Maßnahmen schon bezahlt werden.
Du sagtest eben, dass das mit der Kausalität immer so eine große Schwierigkeit ist. Warum ist das gerade so schwierig? Weil eigentlich, dass jetzt der Klimawandel durch den Ausschuss von CO2 verursacht wird, ist ja etwas, was wir jetzt hoffentlich hier nicht, also dass das erwiesen ist, da sind wir uns sicher alle einig.
Also ja, darüber würde ich jetzt auch gerne Einigkeit herstellen. Und das ist auch eine Kausalität, das ist auch eine Kausalität, die linear ist. Also wer jetzt sagt, da haben wir keine lineare Kausalität, da habe ich meine großen Zweifel.
Das sind andere Fälle, wo es da Probleme gibt. Also Kausalität zwischen Klimawandel an sich und dem eingetretenen Schaden, die gibt es. Es gibt Fälle, es gibt zum Beispiel diesen berühmten Waldschadensfall, der uns Gerichte in Deutschland auch mal beschäftigt hat, wo nicht ganz klar war, welche Emission jetzt in welchem Waldstück sozusagen Schäden anrichtet.
Das ist eine Problematik, die wir eigentlich bei Klimaklagen nicht haben, weil wir ein globales Phänomen haben. Und wir können mithilfe der Attributionsforschung auch schon relativ gut sagen, welche Schäden aufgrund, oder sagen wir mal, wie hoch der Anteil des Klimawandels an einem bestimmten eingetretenen Schaden ist und auch wie hoch der Anteil eines bestimmten Emittenten am Gesamtklimawandel ist.
Das heißt, diese Linearität, die ist nicht das Problem, sondern das Problem ist eher, dass eben mehrere Verursacher zusammenwirken. Und wir haben ja bei der Kausalität diese Grundregel, Konditiosine-Quannon. Das heißt, kann ich mir die einzelne Ursache hinwegdenken und der Schaden entfiehlt dann? Und da haben wir ein gewisses Problem, weil natürlich nicht nur RWE emittiert.
Das heißt, wir müssen da schon Kausalitäten, sagen wir mal, kumulieren. Die Gesamtemission, das ist klar, die kann nicht hinweggedacht werden, aber die Einzelemission, also dieser einzelne Anteil eines einzelnen Emittenten. Der kann durchaus hinweggedacht werden, ohne dass eben der Schaden auch schon entfällt.
Das heißt, selbst wenn jetzt RWE morgen aufhörte zu emittieren, würden wahrscheinlich die Gletscher in Peru ganz genauso weiterschmelzen. Ich glaube, genau an der Stelle haben wir aber eben diese Aufgabe, die ich gerade bei den Gerichten und auch bei der Dogmatik gesehen habe, nämlich sich zu überlegen, wie gehen wir denn mit solchen Ereignissen um und das ist wirklich relativ neu.
Gedanken über kumulierte Kausalität, die gab es schon mal, aber dass das sozusagen in diesem Ausmaß auch, sagen wir mal, wissenschaftlich durchdrungen werden muss, das ist, glaube ich, eine ganz wichtige Aufgabe, vor der wir jetzt eben stehen im Deliktsrecht. Und ich finde, es gibt ganz gute Gründe für diese kumulierte Kausalität oder zu sagen, dass dann eben auch anteilige Haftung in Betracht kommt.
Man muss ein bisschen aufpassen, also wir haben ja 830, 840, also die gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung. Die hilft uns eigentlich in diesen Fällen nur begrenzt, weil da geht es ja um Fälle, wo wir nicht genau wissen, wer der Handelnde war und rechnen deswegen die Handlungen anderer zu.
Das würde dann am Ende auch zu einer gesamtschuldnerischen Haftung führen und der Kläger könnte den gesamten Schaden geltend machen. Wenn wir aber mit so einer Kumulation vorgehen, dann passt das eigentlich ganz gut zu den Klagen, die ja eben nur anteilige Schäden auch tatsächlich liquidieren wollen.
Deswegen ist ja nur der jeweilige Anteil des Beklagten halt am Klimawandel auch eingeklagt worden.
Also wenn wir jetzt auf das Beispiel von diesem peruanischen Fall zum Beispiel zurückgehen, würde der 830 bedeuten im Grunde, RWE müsste den ganzen Damm zahlen. Obwohl RWE erwiesenermaßen ja nur einen ganz kleinen Anteil imitiert hat.
Also schon eine ganze Menge imitiert hat, aber jetzt im Verhältnis zum Gesamtausstoß der Welt. Die anteilige Haftung würde eben bedeuten, dass RWE dann vielleicht, wenn das dann in diesem Fall so bejaht würde, im Grunde diesen kleinen Anteil, also eben vielleicht 50 Euro von den Gesamtbaukosten zahlen müsste.
Ganz genau. Und das ist wirklich eine neue Herausforderung auch an die Wissenschaft. Wie gehe ich mit diesen Fällen um? Denn der 830, der befasst sich ja damit, dass eben gemeinschaftlich jetzt diese unerlaubte Handlung begangen wurde. Und da brauchen wir keine Feststellung der Kausalität zwischen dem Einzelbeitrag und der Rechtsgutverletzung.
Aber wir haben hier so ein mittäterschaftliches Handeln nicht. Und wir haben auch nicht den Fall, das ist jetzt diese zweite Variante von 830, dass eben nicht mehr feststellbar, wer einen konkreten Schaden verursacht hat. Der 830 ist eigentlich eine Regel zur Beweiserleichterung, wenn wir es nicht genau wissen.
Aber hier wissen wir eigentlich ziemlich genau, wie es gelaufen ist. Wir haben aber eher so eine Art von aggregierten Handlungen, die halt notwendig sind. Und deswegen auch keine gesamtschuldnerische Haftung, wie du gesagt hast, sondern eben anteilige Haftung.
Und ob das bei kumulierter oder summierter Verursachung denkbar ist, das ist eben umstritten. Es ist aber in keiner Weise unvertretbar oder auch unvertreten. Also diese Parallelen oder ähnliche Fälle gab es schon und das wurde zumindest in der Wissenschaft auch durchaus schon bejaht, dass es da ja...
Und es mögliche Liquidationsmöglichkeiten gibt.
Wenn man das jetzt einen Schritt weiter denken würde und sagt, ja, dem ist so und da schuldet jetzt sozusagen jeder Emittent vielleicht noch mit einer gewissen Schwelle, dass jetzt nicht jeder, der einmal Auto gefahren ist, ein rein theoretischer Schuldner wird, irgendwo Schadensersatz. Gibt es dann, ich sag mal so ganz praktisch gedacht, auch Vorschläge, wie man das eigentlich global handhaben soll? Denn das führt ja zu Abermilliarden Ansprüchen von geschädigten und vermeintlichen oder auch tatsächlichen Schädigern zueinander.
Ich kann mir da irgendwie nur eine praktische Lösung über Klimafonds, in die man einzahlt oder ähnliches irgendwie vorstellen, sodass es da ein Subjekt gibt. Was sind da so die Vorschläge? Gibt es da schon was?
Also ich konnte mit diesem Argument, dann kann ja jeder gegen jeden Klagen noch nie so viel anfangen. Also rein theoretisch ist das jetzt schon denkbar, dass man dann eben sagt, der Nachbar wird jetzt, weil er doch zu häufig in den Urlaub fliegt, eben auch noch verklagt und ich fahre hier mit meinem Fahrrad.
Und das ist ja auch nachvollziehbar, dass Menschen, die sagen, mein eigener Lebenswandel, den habe ich jetzt schon so angepasst und andere, die emittieren fröhlich vor sich hin. Aber wir kommen da zum einen wieder so ein bisschen zu unserem Ausgangspunkt, nämlich welche Strategie wird denn damit eigentlich verfolgt? Also das wäre dann ja tatsächlich keine Klimaklage mehr in dem Sinne, wie wir sie beschrieben haben.
Und zum anderen, man sitzt ja da auch so ein bisschen im Glashaus. Also die Wiederklage holt man sich ja da auch ins Haus. Im Übrigen glaube ich, also ich habe tatsächlich, das ist zu diskutieren.
Das sind auch Fragen, die in der Wissenschaft sehr intensiv diskutiert werden. Also bei der letzten Tagung der Zivilrechtsjährervereinigung war das ein ganz großes Thema. Ich glaube, die finden eben tatsächlich einfach nicht statt.
Dann haben wir diese Gruppe der Carbon Majors, wo wir doch relativ sicher sagen können, also 70 Prozent jedenfalls sind von einer Handvoll oder von einem Dutzend Emittenten ungefähr verursacht. Und dann ist mir eine Regelung eingefallen, die gibt es jetzt im Lieferkettengesetz bei der Verteilung der Haftung zwischen den Einzelnen.
Da schaut man, wer hat denn den wesentlichen Anteil verursacht. Und wenn der eigene Beitrag unwesentlich ist, dann ist man tatsächlich ganz aus der Haftung heraus. Das ist jetzt noch nicht geltendes Recht, um das ganz klarzustellen.
Aber das wäre vielleicht etwas, was neben der Errichtung von Haftungsfonds oder ähnliches eine Lösungsmöglichkeit wäre. Im Übrigen, die Realität ist es eben nicht, dass jetzt im Moment alle losziehen und sich gegenseitig verklagen. Das wird immer so ein bisschen als Bild an die Wand gezeichnet, was aber tatsächlich wohl kein Minetekel ist.
Die Frage wäre da an der Stelle aber sozusagen nur noch als eine Anmerkung, ob nicht dann eventuell aber auch in Masseverfahren erprobte, findige Menschen sagen, naja, vielleicht hat man hier ein Business Case und dann ändert sich das eben nach dem einmal, dass der Precedent sozusagen geschaffen ist. Aber das ist reine Spekulation an der Stelle.
Mag sein, das führt uns dann zu dem Punkt, dass wir eben in Deutschland auch noch keine ordentlichen Regeln für Masseverfahren haben, deswegen können sich da auch relativ viele Personen aktiv, also werden da im Moment aktiv, den neuesten Weg sind ja die Datenschutzverstöße beispielsweise. Das wird für die betroffenen Unternehmen auch nicht gerade spaßig und wenn unser Gesetzgeber nicht langsam mal dazu kommt, für solche Verfahren eine ordentliche Regulierung zu schaffen, die eben vielleicht auch eine Gruppe Klagemöglichkeiten erleichtert oder solche Fonds errichtet oder ähnliches, dann sind wir in ganz vielen anderen Fällen auch, ja, also wäre das notwendig, das zu errichten.
Das ist, glaube ich, jetzt kein spezifisches Problem der Klimaklagen, auch wenn es da sicherlich noch einmal zutage tritt.
Ich würde ganz gerne noch mal kurz einen Schritt zurück machen zu der zivilrechtlichen Durchsetzung. Wir haben ja nach der Kausalität immer noch die Frage der Rechtswidrigkeit im Deliktsrecht. Und da kann natürlich auch ein Carbon Major und auch die Privatperson, die in den Urlaub fliegt, sagen, ich handle ja nicht rechtswidrig.
Also zum Beispiel werden manche Anlagen öffentliche, also Anlagen werden nach Mitgenehmigung betrieben und so weiter. Wie geht man mit diesem Problem um in einem solchen Kontext?
Ja, also das ist bei den meisten Anlagen, jedenfalls die in Deutschland errichtet ist, in der Tat der Fall. Also die sind sowohl formell als auch materiell rechtmäßig errichtet worden, haben die entsprechenden Betriebsgenehmigungen nach dem Bundesemissionsschutzgesetz vielleicht eine Treibhausgasemission erworben. Also Emissionshandel hat da stattgefunden.
Es gibt ja für Pkw-Hersteller eine Flotten-Grenzwert-Verordnung und für Flugzeugflotten gibt es bestimmte CO2-Grenzen und ähnliches. Und die Frage ist ja nicht ganz unberechtigt, dann zu sagen, naja, also da muss ich doch dann auch Rechtssicherheit haben und Vertrauensschutz, dass ich mich darauf verlassen kann, dass ich auf Basis einer solchen Anlage dann auch rechtmäßig emittiere.
Jetzt ist es tatsächlich so, dass eine zivilrechtliche Haftung damit aber nicht ausgeschlossen ist. Also die Haftung für Beeinträchtigungen nach 1004, die erfordert gar keine Rechtswidrigkeit. Und bei 823 indiziert die Tatbestandsmäßigkeit immerhin die Rechtswidrigkeit.
Man kann natürlich sagen, Duldungspflichten, die können vielleicht auf einer Genehmigung beruhen. Zwingend ist das aber alles nicht, denn wir haben keine Bindung der zivilrechtlichen Beurteilung an diese öffentlich-rechtlichen Regeln. Der 906, so eine Norm, die vielleicht gar kein Student mehr groß kennt und die ja auch sonst gar nicht mehr so Alltag ist, der wird ja relativ viel jetzt wieder aktiviert.
Man spricht ja dann davon, dass das eben ein neues Nachbarrecht, ein neues globales Nachbarrecht im Global Village im Grunde gibt. All diese Dinge spielen an der Stelle eine Rolle, also 906 Absatz 1 Satz 2 mit Duldungspflichten und da steht aber auch nur, in der Regel ist es zu dulden, wenn eine Genehmigung da ist.
Dann muss man sich natürlich ganz genau anschauen, worauf bezieht sich denn jetzt diese Genehmigung? Also eine Baugenehmigung wird eben nicht bestimmte Emissionen gleichzeitig mit rechtfertigen. Es gibt da Überschneidungen und Überlagerungen zwischen dem öffentlichen Recht und dem Privatrecht, die, glaube ich, das nicht so einfach machen zu sagen, genehmigt bedeutet, ich bin vollständig aus der Haftung heraus.
Spannend wieder mal, wie sich hier sozusagen auch wieder Rechtsgebiete überschneiden und wie sich das eine auf das andere einwirkt. Was mich zu einer grundsätzlicheren Frage führt, wenn jetzt im Grunde die Zivilgerichte hier auch eine gewisse Rolle einnehmen, dann welche Rolle sollten sie haben deiner Meinung nach? Also was sollten wir eigentlich den Privaten überlassen? Ich lese im Moment wieder ein sehr schönes Buch, in dem es darum geht, dass man eigentlich auch systemische Fragen nicht den Einzelpersonen immer vorwerfen darf und dass man auf solche Fragen dann globale Antworten finden muss.
Wie siehst du die Rolle der Gerichte da drin in dieser Frage?
Also die Gerichte denke ich, können das und müssen das auch aushalten. Dann sollen sie prüfen und wenn es sie nicht überzeugt, dann wird die Klage eben abgewiesen. Für mich wird aus dem Ganzen tatsächlich eher umgekehrt ein Schuh.
Also wollen wir das eigentlich Privaten zumuten, so eine Klage zu führen, nach einer Finanzierung zu schauen und ähnlichem. Und da würde ich sagen, das kann sicherlich nicht die Lösung des Problems der globalen Erwärmung sein, dass jetzt Einzelpersonen diese Last zu tragen haben.
Da werden wir das, was man, sagen wir mal, ein gesundes Mix zwischen Public und Private Enforcement nennt, brauchen. Was ich aber auch glaube, den Schluss, den kann man schon noch etwas weiterziehen, ob wir diese Abgrenzung der Rechtsgebiete, Privatrecht ist das eine, Öffentlichrecht ist das andere, ob die heute noch so funktioniert, das wage ich zu bezweifeln.
Wenn man sich die neueren europäischen Rechtsakte jetzt auch im Green Deal beispielsweise anschaut, dann haben wir immer Einflüsse auf die private Vertragsgestaltung, die kombiniert wird etwa mit, das darf aber auch nicht importiert werden oder ähnliches. Das heißt, auf beiden Füßen muss das schon stehen, ein Zusammenwirken von öffentlichem Recht und Privatrecht.
Das wäre etwas, was wir wahrscheinlich spätestens jetzt auch lernen sollten. Also da haben wir wahrscheinlich ein Ende der Trennung. Und ich möchte ganz klar machen, dass es nun nicht zu einer Entlastung des Staates von seinen völkerrechtlichen Verantwortungen führen kann, dass jetzt Einzelpersonen klagen.
Das ist sicherlich ein ganz wichtiger Punkt, dass wir im Grunde die Trennung zwischen öffentlichem Recht und privatem Recht, dass diese Fachsäulen eigentlich künstliche sind, die uns hier jetzt eigentlich immer mehr vor unseren Augen zerbröckeln. Was man auch wiederum an unsere hörenden Studierenden richten kann, dass man eben all diese Bereiche eben wieder verknüpft denken muss und gerade in diesen Bereichen verknüpft denken muss.
Umgekehrt ist es aber natürlich schon so, dass eine solche Klimaklage wahrscheinlich einem Studierenden sogar in einer normalen zivilrechtlichen Klausur begegnen kann.
Naja, man würde dann eben genau diese Punkte aufzugreifen haben. Das ist schon eine anspruchsvolle Klausur. Ich würde sie vielleicht jetzt noch stellen, wenn wir in zehn Jahren mehr Urteile haben, wird es wahrscheinlich immer schwieriger.
Ich habe irgendwann auch mal eine Klausur zum Dieselfall gestellt, ganz am Anfang, als mir die Lösung noch relativ klar erschien. Heute würde ich das ganz sicher nicht mehr tun. Nichtsdestotrotz sind das Themen, die auch, sagen wir mal, eine Möglichkeit bieten, in so einem Rechtsgebiet noch besser zu Hause zu sein und wirklich zu verstehen, A, Kausalität, das habe ich gehört, da gibt es dieses und jenes Problem, aber da gibt es jetzt eben neue Herausforderungen und die werde ich nur meistern können, wenn ich wirklich die Norm verstanden habe und auch, über ihre Auslegung vielleicht zu innovativen Lösungen komme.
Und das ist in meinen Augen jetzt nicht Rechtsbruch oder Verlagerung von Aufgaben auf das Zivilrecht, die da nur stören und gefährlich sind, sondern da kann man einfach nur sagen, also das Bundesverfassungsgericht hat ja in seinem Urteil gesagt, nur weil andere Staaten die Klimaziele nicht einhalten, heißt das nicht, dass wir das nicht machen dürfen. Und ich glaube, das ist eine Argumentation, die auch im Verhältnis privat und öffentlich ganz tragfähig ist.
Ja, auf jeden Fall. Ja, vielen, vielen Dank für diese Ausführung.
Vielen herzlichen Dank. Ich bin froh, dass wir vielleicht sogar noch ein kleines bisschen Klausurtipps hier mitbekommen haben. Da sieht man doch mal, was so eine Folge öfters auch mal für einen kleinen Wandel nehmen kann. Vielen, vielen Dank für die sehr aufschlussreichen und ausführlichen Ausführungen.
Ja, sehr gerne. Vielen Dank für die guten Fragen.
Tschüss.
Tschüss.
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