“Die Generation heute ist engagierter, stellt mehr Fragen und diskutiert selbstbewusst – sie zeigt, dass sich vieles in die richtige Richtung entwickelt und hat das Recht, sich beruflich selbst zu verwirklichen.”
Teilnahme am IMR Jurapodcast
Ich stand während des Zivildienstes vor der Wahl, klassische Gitarre zu studieren. Mir wurde klar, dass sich Talent und körperliche Belastbarkeit im Musikberuf kaum vorhersagen lassen, wohingegen mein Kopf langfristig zuverlässiger arbeiten würde. Jura versprach mir ein geistiges Instrument, mit dem ich gesellschaftliche Prozesse gestalten kann – also entschied ich mich für das Studium.
Versatel suchte einen Regulierungsjuristen mit sechs Jahren Erfahrung; ich hatte null. Mein zukünftiger Chef sah dennoch Potenzial, versprach Verantwortung und direkte Behördengespräche. Er ließ mich schwimmen, aber reichte notfalls die Hand. Diese Förderung im Mittelstand gab mir Selbstvertrauen, ein eigenes Expertennetzwerk und letztlich den Mut zur Selbständigkeit.
Meine Frau arbeitet hier, und digitale Mandate kennen keine Postleitzahlen. Nachdem Vortragspreise und Promotion mir Sichtbarkeit brachten, riefen befreundete Kanzleien an: „Sebastian, machst du unser Kartell- oder TK-Problem?“ Da wurde klar, dass ich ortsunabhängig arbeiten kann. Statt Berliner Mietpreise wähle ich Detmolder Lebensqualität und fokussiere mich ganz auf Fachlichkeit.
Ich habe Datenschutzrecht gelernt, doch es erfüllt mich nicht. Beratung gelingt nur, wenn Leidenschaft da ist. Andere Kolleg:innen lieben diese Materie – ich dagegen liefere mehr Wert, wenn ich mich auf Marktregulierung konzentriere. Deshalb sage ich klar Nein zu DSGVO-Fällen und Ja zu dem, was ich wirklich beherrsche.
Seit 1. Dezember müssen Anbieter vor Vertragsschluss eine einseitige Vertragszusammenfassung aushändigen. Unterlassen sie das, ist der Vertrag schwebend unwirksam und ohne Wertersatz durchsetzbar. Ich entwickle daher Prüfprozesse, damit automatisierte Bestellstrecken diese Pflicht einhalten. Ein kleiner Formularfehler könnte sonst zehntausende Verträge kippen – ein Risiko, das Juristen proaktiv managen müssen.
In Oldenburg erleben ich Studierende, die früh Fragen stellen, Diskussionen suchen und Selbstverwirklichung einfordern. Sie wissen, dass der Juramarkt ein Bewerbermarkt ist, und treten entsprechend selbstbewusst auf. Das halte ich für gesund: Wer Sinn und Work-Life-Balance verlangt, wird später bessere, weil reflektierte, Jurist:innen abgeben.