IMR2883. Mär 25
IMR288: Vielseitigkeit der Justiz, Justizkarriere bis ans OLG, Ablauf der Probezeit, Station im Hochschuldienst, Erfahrungen in Familiensachen, kurioser Fall mit Magie vor Gericht

IMR - Original

IMR288: Vielseitigkeit der Justiz, Justizkarriere bis ans OLG, Ablauf der Probezeit, Station im Hochschuldienst, Erfahrungen in Familiensachen, kurioser Fall mit Magie vor Gericht

Dr. Andreas Möller, Richter | OLG Hamm

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Über diese Episode

Folge 288 Deines Jurapodcasts zu allen Karriere- und Examensthemen

Richter - OLG Hamm - Zivilsenat - schuldrechtliches Immobilienrecht - Betreuungssachen - Staatsanwaltschaft - Proberichter - richterliche Unabhängigkeit - Justizkarriere - Familienrecht - Kindschaftssorgerecht - Sachverständigengutachten - Kuriose Fälle - Berufungsrecht - Laufbahnwechsel - § 812 BGB

In der 288. Episode von Irgendwas mit Recht begrüßt Marc Dr. Andreas Möller, Richter am Oberlandesgericht Hamm. Andreas berichtet über seine interessante Karriere, die ihn von seinem Jurastudium in Münster bis in die Richterschaft geführt hat. Schwerpunktmäßig arbeitete er im schuldrechtlichen Immobilienrecht, das viele klassische Aspekte des Kaufrechts umfasst. Er erläutert seinen Werdegang: Nach dem Studium war anfangs unklar, wo er hin möchte, bis die Faszination für die Justiz wuchs. Er betont, dass die Unabhängigkeit als Richter ein entscheidender Anreiz war, auch wenn er zugeben muss, dass nicht alle Dezernate immer Spaß machten. Themen wie die Bedeutung seiner Promotion und die Herausforderungen des Proberichterdienstes kommen im Podcast-Insight ebenfalls zur Sprache. Zudem gibt er Einblicke in seine verschiedenen Stationen, von Betreuungssachen über Staatsanwaltschaft bis hin zu den vielen Facetten seiner aktuellen Tätigkeit am Oberlandesgericht. Welche spannenden Einblicke und persönlichen Erfahrungen zeichneten seine Laufbahn aus? Welche Tipps hat er für angehende Juristen, die sich für die Justiz interessieren? Antworten auf diese und viele weitere Fragen erhaltet Ihr in dieser Folge von IMR. Viel Spaß!

Kapitel:

  • 00:00 - Vorstellung: Dr. Andreas Möller (OLG Hamm)
  • 02:07 - Studium und Weg in die Justiz
  • 04:45 - Promotion neben dem Richterberuf
  • 06:10 - Stationen als Richter und Staatsanwalt
  • 10:27 - Ablauf der Probezeit als Richter
  • 15:30 - Station als Richter im Hochschuldienst
  • 17:07 - Stationen am OLG Hamm
  • 18:47 - Erfahrungen im Familienrecht
  • 20:59 - Persönliche Highlights und Herausforderungen
  • 25:11 - Kindeswohlverfahren: Wie läuft das ab?
  • 31:21 - Kurioser Fall: Magie vor Gericht
  • 31:40 - Abschlusstipps für Jurist:innen in der Justiz

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Zu Gast

Andreas Möller

Andreas Möller

Kapitel

  • 00:00:09.927Vorstellung: Dr. Andreas Möller (OLG Hamm)
  • 00:02:07.207Studium und Weg in die Justiz
  • 00:04:45.857Promotion neben dem Richterberuf
  • 00:06:10.101Stationen als Richter und Staatsanwalt
  • 00:10:27.199Ablauf der Probezeit als Richter
  • 00:15:30.367Station als Richter im Hochschuldienst
  • 00:17:07.244Stationen am OLG Hamm
  • 00:18:47.828Erfahrungen im Familienrecht
  • 00:20:59.170Persönliche Highlights und Herausforderungen
  • 00:25:11.404Kindeswohlverfahren: Wie läuft das ab?
  • 00:31:21.582Kurioser Fall: Magie vor Gericht
  • 00:31:40.130Abschlusstipps für Jurist:innen in der Justiz

Über OLG Hamm

Das Oberlandesgericht Hamm ist das größte OLG Deutschlands und als Teil der nordrhein-westfälischen Justiz zuständig für rund 18 Landgerichte mit ihren Amtsgerichten. Am Hauptsitz in Hamm arbeiten ungefähr 350 Richterinnen und Richter sowie weitere knapp 400 Beschäftigte aus Verwaltung, IT und Service, die gemeinsam für reibungslose Rechtsprechung sorgen.

Wer dort einsteigt, findet eine enorme Bandbreite zivil-, straf- und familienrechtlicher Senate, moderne Arbeitsbedingungen und die besondere Attraktivität richterlicher Unabhängigkeit. Wie man an das OLG gelangt und welche Fälle hier entschieden werden, erfährst du in unserer Podcastfolge – klick dich rein und hör selbst, was Recht hier alles bedeuten kann!

Transkript

KI-basiert und kann Fehler enthalten.

0:09 Min
Marc:

Herzlich willkommen zu einer neuen Episode Irgendwas mit Recht. Heute mal wieder aus der Richterschaft und ich darf sprechen mit Dr. Andreas Möller. Hallo Andreas.

0:20 Min
Dr. Andreas Möller:

Ja, hallo Marc.

0:22 Min
Marc:

Andreas, du hast schon sehr, sehr viel gemacht. Vielleicht stellen wir dich erstmal sozusagen formell vor und dann gehen wir auf deinen Werdegang ein. Was machst du heute?

0:30 Min
Dr. Andreas Möller:

Heute bin ich Richter am Oberlandesgericht in Hamm. Ich bin stellvertretender Vorsitzender. Das ist so ein Doppelsenat, der 22. und der 16.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Zivilsenat. Das eine ist ein Baulandsenat. Das werden wir von Kollegen vom Oberverwandlungsgericht unterstützt. Das ist so eine Spezialzuständigkeit. Das ist nur so eine kleine Sache.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Und der eigentliche Hauptsenat ist der 22. Zivilsenat. Da machen wir schwerpunktmäßig schuldrechtliches Immobilienrecht.

0:55 Min
Marc:

Das ist ja ein Thema, wo viele, die sich vielleicht noch in der Ausbildung befinden, die jetzt gerade ein bisschen Angst bekommen.

1:01 Min
Dr. Andreas Möller:

Ja, wobei das schuldrechtliche Immobilienrecht, das ist das klassische Kaufrecht. Also das ist das, was man in der Ausbildung noch kennt. Wobei bei uns natürlich ist dann viel auch um technische Sachen.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Geht nachher um Arklist, grobe Fahrlässigkeit, aber auch Vertragsauslegung und auch so Sachen, da hat ein Student durchaus Angst vor, muss man aber nicht haben. So Vorkaufsrechte und Erbpachtrecht und so weiter. Das ist schon eine sehr, sehr spannende Geschichte und es geht natürlich um relativ hohe Streitwerte, wenn eine Immobilie rückabgewickelt wird, die sind nun mal nicht ganz günstig.

1:37 Min
Marc:

Da gehen wir nachher nochmal auf konkrete Praxisbeispiele ein, aber wir stellen dich jetzt erstmal ein bisschen vor. Wir beide haben uns kennengelernt persönlich in 2024, also letztes Jahr bei einer Veranstaltung und dann hast du mir irgendwie so nebenbei gesagt, das ist übrigens so ein Tipp, wenn man hier in dem Podcast will, einfach behaupten, man hätte schon alles gemacht.

1:09 Min
Marc:

Du hast nämlich gesagt, ich habe schon alles gemacht. Ich habe schon ganz viele verschiedene Stationen durchlaufen und das stimmt natürlich auch. Aber wir fangen mal vorne an. Irgendwann hast du mal Jura studiert, ne?

2:07 Min
Dr. Andreas Möller:

Genau.

2:08 Min
Marc:

Wann und wo?

2:08 Min
Dr. Andreas Möller:

Ich habe in Münster Jura studiert, bin angefangen Wintersemester 1991 bis 1996, habe dann erstes Staatsexamen gemacht, habe dann Referendariat gemacht und bin dann im Jahr 2000 als Richter angefangen.

2:26 Min
Marc:

War das immer dein Ziel, Richter zu werden?

2:29 Min
Dr. Andreas Möller:

Ich hatte... Und ursprünglich zu Studien, zu Abi-Zeiten war ich mir nicht so ganz sicher, was ich machen sollte. Hat mal über Lehrer überlegt, hatte überlegt, Mediziner zu werden. Und dann habe ich aber gedacht, nee, das ist das alles irgendwie nicht.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Und habe dann gesagt Jura. Und dann habe ich aus so einem dumpfen Gefühl heraus immer gedacht, ach Richter wäre total cool. Aber ohne, dass ich wusste, wie das tatsächlich so ist, aber habe gesagt so, ach, Jura hält die Gesellschaft zusammen und wenn man dann da mitentscheiden und mitwirken kann, fände ich cool.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Aber das war eher so ein dumpfes Gefühl, ohne dass ich das ernsthaft begründen konnte. Aber dann im Zuge, insbesondere Referendariat, wenn man so Richterstationen, also Gerichtsstationen dann macht, das fand ich schon dann spannend und dann habe ich gesagt, nee, das ist es.

3:15 Min
Marc:

Aber es hätte ja zum Beispiel auch was anderes werden können, also Anwaltschaft oder Innenunternehmen, Selbstständigkeit etc. Wie kamst du dazu zu sagen, wenn, dann gehe ich schon in die Justiz?

3:27 Min
Dr. Andreas Möller:

Ich kann das gar nicht richtig begründen. Das ist einfach so im Rahmen der Referendariat. Was mich da total an dem Richterjob gereizt hat, ist, dass man wirklich letztendlich unabhängig ist. Man muss nicht die Interessen eines Mandanten vertreten, sondern man kann die Juristerei so sehen, wie man sie wirklich sieht.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Und natürlich stimmt das auch nicht ganz. Man ist jetzt im Senat, wir entscheiden gemeinsam darüber und ich kann meine Meinung natürlich auch nicht immer in Anführungsstrichen durchdrücken. Und auch, wir müssen uns ja auch an Recht und Gesetz und die Auslegung von BGH oder EuGH halten.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Und auch wenn man das nicht für ganz richtig hält. Aber trotzdem ist es schon spannend, dass man unabhängig ist und nicht beeinflusst ist von irgendwelchen Mandanten, nicht irgendwie was vorgegeben wird. Das hat mich immer total gereizt.

4:11 Min
Marc:

Okay, das klingt auf jeden Fall ziemlich überzeugt. Und das hast du auch offensichtlich nicht bereut, denn sonst wärst du ja nicht so lange schon dabei.

4:19 Min
Dr. Andreas Möller:

Nee, also ich habe es nie bereut. Das ist durchaus unterschiedlich. Es gibt Dezernate, die haben mir mehr Spaß gemacht als andere. Das ist einfach schon so.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Ich habe ja dir damals gesagt, dass ich fast alles schon gemacht habe. Und es gibt schon gewisse Sachen, das habe ich nicht ganz so gerne gemacht. Aber das ist Typsache und das ist auch Interessensache.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Jetzt bei uns am Oberlandesgericht würde ich nicht gerne Strafsachen machen zum Beispiel. Dann ist das aber so.

4:46 Min
Marc:

Bevor wir darauf gleich nochmal genauer eingehen, eine Zwischenfrage. Du hast auch noch promoviert, ne?

4:50 Min
Dr. Andreas Möller:

Ja.

4:51 Min
Marc:

Jetzt gibt es ja manchmal die Überlegung, dass man sagt, ja gut, ob ich jetzt promoviert habe oder nicht, gerade als Richter spielt doch gar keine Rolle, also zumindest jetzt mal bei der Vergütung.

5:00 Min
Dr. Andreas Möller:

Ja.

5:00 Min
Marc:

Aber was war da deine Überlegung damals? Wie hat sich das ergeben?

5:03 Min
Dr. Andreas Möller:

Ich bin als Proberichter Richter im Hochschuldienst für etwas über zwei Jahre an der Uni Münster gewesen. Also ich war damals am Landgericht Münster und dann wurde ich gefragt, Können Sie sich das vorstellen? Und dann habe ich überlegt, ja, ich wollte ganz gerne einen Doktor machen.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Das ist einfach so. Und ich wollte die Gelegenheit auch nochmal nutzen, zwei Jahre was ganz, ganz anderes zu machen. Das sind dann zwei Jahre, drei Monate gewesen, weil ich mich beim Handwerker ein bisschen verletzt habe.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Und dann bin ich ausgefallen, ungefähr drei Monate. Aber das war einfach so, ich wollte da nochmal reinschnuppern. Und so eine Gelegenheit habe ich gedacht, ach, die bekommt man auch nie wieder. Und wenn man nebenher in den zwei Jahren ganz fertig geworden ist, die Doktorarbeit dann nicht, dann musste ich noch ein bisschen nacharbeiten, aber die war im Wesentlichen fertig, nachdem ich von der Uni weg war.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Und das habe ich auch nicht bereut. Das macht man den Doktor ein Stück weit für sich, sage ich jetzt mal so. Also für die Justizkarriere in Anführungsstrichen ist es relativ egal.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Also ich glaube schon, dass das nicht ganz ungerne gesehen wird, wenn man am OLG einen Doktor hat.

6:10 Min
Marc:

Ja, es ist einfach so. Wir haben einen relativ traditionellen Markt dahingehend und wenn man die zwei Buchstaben nochmal hat, dann ist das halt nochmal ein Bonus. Kann man, glaube ich, einfach so sagen.

6:21 Min
Dr. Andreas Möller:

Genau. Und das ist so ein bisschen, das Ego wird dann auch gepinselt. Das hört sich doof an, ist aber ja irgendwie so.

6:27 Min
Marc:

Okay, dann bist du in der Justiz eingestiegen. Was waren dann so deine Stationen?

6:31 Min
Dr. Andreas Möller:

Ich bin angefangen, wie man immer anfängt, in der 1.20. Zivilkammer am Landgericht Essen. Dann war ich für fast ein Jahr am Amtsgericht in Mahl, habe da Betreuungssachen und Jugendstrafsachen gemacht. Dann war ich für ein Jahr im Laufbahnwechsel bei der Staatsanwaltschaft in Münster. Dann war ich, muss man einmal überlegen.

6:54 Min
Marc:

Ja, warte, lass mich da mal eine Zwischenfrage stellen. Das sind jetzt ja schon drei Stationen in vier, fünf Jahren, also in relativ kurzer Zeit.

7:04 Min
Dr. Andreas Möller:

In 18 Monaten.

7:05 Min
Marc:

In 18 Monaten.

7:06 Min
Dr. Andreas Möller:

Ja, sechs Monate Landgericht, elf Monate Amtsgericht mal und dann bin ich zur Staatsanwaltschaft gegangen. Also Ende der Staatsanwaltschaft waren zweieinhalb Jahre um.

7:15 Min
Marc:

Ah, verstehe. Das hast du dir aber natürlich nicht unbedingt ausgesucht, oder? Wie lief das?

7:20 Min
Dr. Andreas Möller:

Ja, also beim Assessment Center, wenn man sich als Richter bewirbt, muss man zu so einem Assessment Center. Und da wurde ich gefragt, ob ich mir das vorstellen könnte, auch zum Laufbahnwechsel zu gehen, Staatsanwaltschaft. Und da habe ich nicht Nein gesagt.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Das habe ich auch nicht bereut. Ich glaube, in der Assessment-Situation sagen, glaube ich, die wenigsten allerdings auch Nein. Wenn ich mich auf die Hinterbeine gestellt hätte, dann wäre es wahrscheinlich nicht passiert. Aber das war, damals wohnte ich in Münster, dann konnte ich in Münster bei der Staatsanwaltschaft arbeiten.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Das war insofern eine ganz coole Geschichte.

7:52 Min
Marc:

Und die wechselt sozusagen vom einen Gericht zum anderen, das ist Usus für diejenigen, die jetzt da noch nicht so viel Einblick haben.

7:58 Min
Dr. Andreas Möller:

Genau, das ist Usus. Es wird mittlerweile weniger. Damals, als ich angefangen bin, war es üblich, dass man den Landgerichtsbezirk wechseln musste in der Proberichterzeit. Das ist mittlerweile nicht mehr so.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Also mittlerweile ist es so, wenn man in einem Landgerichtsbezirk anfängt, dann bleibt man da. Es sei denn, man möchte wechseln, warum auch immer. Und es gibt natürlich etwas beliebtere Gerichte als andere.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Klassisches Beispiel Münster. Ganz viele Leute studieren in Münster und wollen dann in Münster bleiben. Und es können nicht alle in Münster dann automatisch Richter werden, sondern dann gibt es durchaus einige, die dann halt fahren. Aber wenn man bleiben möchte in einem Landgerichtsbezirk, dann bleibt man normal.

8:40 Min
Marc:

Ist das eigentlich eine große Herausforderung? Ich sage mal, du hast gerade gesagt, ja, erstmal irgendwie allgemein LG, dann Betreuungssachen. Das sind ja schon sehr unterschiedliche Rechtsgebiete. Kriegt man das schon hin, wenn man zwei ordentliche Examiner hat, sage ich mal? Also offensichtlich.

1:09 Min
Marc:

Aber wie ging es dir dann jeweils, wenn du in so eine neue Position reinkamst? Wie sieht so eine Einarbeitung aus?

9:01 Min
Dr. Andreas Möller:

Ja, also es ist schon, immer der Wechsel ist schon ein Stück weit herausfordernd. Also es ist schon so, dass man normalerweise total nette, hilfsbereite Kollegen hat. Die man auch immer bei den kleinen praktischen Fragen auch behelligen darf.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Also das ist schon so, denn von Betreuungssachen hatte ich zum Beispiel wenig Ahnung. Also ich wusste, dass es Betreuungsrecht gibt und dass man Betreuer bestellen muss, wenn jemand seine Sachen nicht mehr selber regeln kann. Viel mehr wusste ich nicht.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Und dann muss man natürlich am Anfang sich da reinknien und die Sachen angucken. Wobei das Allermeiste ist nicht ohne Ende Hexenwerk. Und wenn man sich da reinkniet und am Anfang kriegt man natürlich dann nicht ganz so viele Sachen erledigt, wie man vielleicht sollte.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Und dann muss man ein bisschen nachher rausarbeiten, sage ich jetzt mal so. Aber es klappt und wie gesagt, ich habe durch die Bank immer sehr hilfsbereite Kollegen erwischt, die ich dann auch immer mal fragen konnte.

10:02 Min
Marc:

Ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt, den du da gerade machst, sozusagen nicht nur das Materiell sich drauf zu schaufeln, Das kriegt man ja meistens noch ganz gut hin. Da liest man einfach mal so ein bisschen links, rechts und die einschlägige Fachliteratur.

1:09 Min
Marc:

Aber gerade so diese kleinen Themen, die praktischen Themen, wie sind die Abläufe, was sind hier so die besonderen Kniffe, die man irgendwie kennen muss, das lernt man wahrscheinlich tatsächlich am besten on the job und dann eben auch so ein bisschen von den Kollegen.

10:27 Min
Dr. Andreas Möller:

Genau. Und dann auch so diese praktischen Sachen, das habe ich immer so geerlegt, so ehe man eine Stunde rumsucht, ob man irgendwas irgendwem zustellen muss. Dann kann man erfahrenen Kollegen einfach fragen. Und der sagt dann, ja, mach es oder mach es nicht.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Und dann kann man einmal gucken und dann sagen, ja, der hat wohl recht, sage ich jetzt mal so. Und dann muss man nicht eine Stunde rumsuchen. Das sind so die Sachen, was man so learning by doing, wenn man erfahren ist irgendwann, Wenn man 20 Jahre Berufserfahrung hat, dann ist das alles keine Hürde mehr.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Aber als Anfänger, da wird man als Referendant natürlich nur so eingeschränkt drauf vorbereitet. Auf diese Dezernatsarbeit, so nennen wir das, da muss man sich einfach auch ein Stück weit reinknien. Das funktioniert aber wirklich, meine ich, sehr gut mit den Kollegen.

11:11 Min
Marc:

Dann lass uns mal einen Punkt aufgreifen, den du gerade angesprochen hast, nämlich die Zeit als Richter auf Probe. Wie läuft das so ab, wenn man in die Justiz kommt?

11:21 Min
Dr. Andreas Möller:

Ja, also man ist für mindestens drei Jahre Richter auf Probe. Also das bedeutet letztendlich, dass man noch keine feste Planstelle hat. Erst wenn man eine feste Planstelle hat, als Richter am Amtsgericht oder als Richter am Landgericht in der ordentlichen Gerichtsbarkeit oder als Staatsanwalt, dann, wenn man eine Planstelle hat, dann darf man gegen seinen Willen nicht mehr versetzt werden.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Bei den Staatsanwälten ist es ein bisschen anders, weil die ja Beamte sind, aber die Richter, richterliche Unabhängigkeit, da darf man nicht gegen seinen Willen versetzt werden und bis dahin ist man so ein bisschen auch nachher schnelle Einsatzreserve, sage ich jetzt mal so. Deswegen wird man als Staatsanwälter.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Manche sagen Edelassessoren dazu. Wenn man etwas schon zwei Jahre dabei ist und schon eine Menge gesehen hat, dann sollte man fast alles können und dann wird man auch mal irgendwo hingeschickt, wo Not am Mann ist. Das passiert mit Augenmaß, also nicht unzumutbar, aber das passiert einfach schon mal, um irgendwelche Lücken zu stopfen.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Und nach drei Jahren kann man sich frühestens auf eine Planstelle bewerben und wenn man die hat, dann ist man safe.

12:27 Min
Marc:

Okay, das wäre meine Folgefrage gewesen, wie das dann abläuft nach drei Jahren. Also dann merkt man irgendwie hier beim Landgericht Aachen, ich wohne in der Gegend von Aachen, zwischen Köln und Aachen, deswegen komme ich da gerade drauf. Da wird jetzt irgendwie was frei.

1:09 Min
Marc:

Wie detailliert kann man sich dann bewerben? Kann man sich dann sozusagen auch auf die entsprechende Kammer schon bewerben oder kann man sich nur gerichtsbezogen bewerben?

12:48 Min
Dr. Andreas Möller:

Man kann sich immer nur gerichtsbezogen bewerben, denn die gerichtsinterne Geschäftsverteilung, die ändert sich auch jedes Jahr. Und da wird man auch innerhalb des Gerichtes, ist es auch völlig normal und muss auch so sein, dass man immer auch mal in Anführungsstrichen durch die Gegend geschickt wird.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Das ist einfach auch so. Aber man kann sich zu einem Gericht bewerben und dann wird die Stelle, Justizministerialblatt wird dann ausgeschrieben und dann kann man sich darauf bewerben und dann entweder kriegt man sie oder man kriegt sie nicht. Also das ist dann der besten Auslese, wo dann geguckt wird, wie ist die Beurteilung, Wie lange ist man dann dabei? Wie ist der Bedarf? Und dann wird geguckt und dann irgendwann kriegt man eine Planstelle.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Also eventuell muss man ein bisschen warten bei den größeren Gerichten. Aber normalerweise kann man das hinkriegen, dass man an das Wunschgericht auch hinkommt.

13:38 Min
Marc:

Das ist, glaube ich, nochmal eine ganz wichtige Botschaft. Also da reden wir jetzt hier nicht von irgendwie 25 Prozent Durchfallquote, wie sonst schon mal bei der einen oder anderen juristischen Prüfung. So über den Daumen gepeilt haut das schon für die meisten Leute ganz gut hin.

1:09 Min
Marc:

Das ist dann nicht mehr die größte Hürde, oder? Kann man das so sagen?

13:52 Min
Dr. Andreas Möller:

Nein, also es gibt ein ganz paar, die innerhalb der ersten sechs Monate als Proberichter erkennen, das ist jetzt nicht mein Job oder dass die Justiz erkennt, der oder die ist es dann doch irgendwie nicht, warum auch immer. Das ist aber die absolute Ausnahme, muss man sagen.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Und das ist so, nach den ersten sechs Monaten fängt man schon an, so halbwegs unkündigbar zu sein. Also das stimmt jetzt nicht ganz, aber wenn man sechs Monate sich als Richter bewährt hat, dann muss man auch wegen richterlicher Unabhängigkeit, muss man ja schon irgendwie dann deutlich nachlassen, sonst hätte man die ersten sechs Monate ja nicht überlebt.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Also deswegen, das ist dann nicht mehr die Hürde. Und dann muss man halt gucken. Es hängt natürlich immer davon ab, wo die Stellen dann frei sind. Wenn man in einem ganz kleinen Amtsgericht mit vier Stellen unbedingt dahin möchte und die Kollegen, Kolleginnen sind alle Mitte 40, dann ist wenig Fluktuation.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Das ist einfach so. An größeren Gerichten, Landgericht Aachen kenne ich jetzt nicht, aber ganz klein ist das glaube ich auch nicht. In Münster ist die Konkurrenz relativ hoch, aber in Bochum, Dortmund, so gibt es ja auch einige Gerichte, die auch nicht ganz klein sind, da passiert eigentlich immer irgendwie was.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Das heißt, dass Leute in Pension gehen, befördert werden, warum auch immer, ein paar werden auch krank, das ist ja auch leider so. Da passiert eigentlich immer irgendwas.

15:18 Min
Marc:

Ja und ich sag mal in der Breite mit dem demografischen Wandel und dem Fachkräftemangel, da bleibt ja auch die Richterschaft nicht von verschont. Sind die Zeiten wahrscheinlich als Nachwuchsjuristinnen und Nachwuchsjuristen nicht die schlechtesten?

15:30 Min
Dr. Andreas Möller:

Ja, also wir suchen Leute. Das ist einfach so. Also wir suchen gute, engagierte Leute. Das ist gar keine Frage. Und die Chancen dann auch das Wunschgericht zu kriegen, sind glaube ich nicht schlecht.

15:42 Min
Marc:

Gut, dann gehen wir noch mal ein bisschen auf deinen Werdegang ein. Du hattest eben gestoppt, als ich dich unfreundlich unterbrochen habe in deiner Zeit als Staatsanwalt. Wie ging es danach weiter?

15:52 Min
Dr. Andreas Möller:

Dann war ich für drei Monate geteilt zwischen dem Landgericht Münster und Amtsgericht Coesfeld. Und dann bin ich Richter am Hochschuldienst geworden für etwas über zwei Jahre. Da habe ich kurz überlegt, weil das bedeutete, dass meine Proberichterzeit dann länger dauerte als die guten drei Jahre, die man normalerweise dauert.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Denn in der Zeit, als ich an der Uni war, konnte ich mich schlecht auf eine Planstelle bewerben. Das wurde mir aber auch von vornherein definitiv gesagt, so nach dem Motto, das können sie gerne machen, aber das bedeutet, dass sie etwas später verplant werden.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Und dann habe ich überlegt und habe gesagt, aber möchte ich gerne machen. Und ich habe es auch nicht bereut. Also das war nochmal eine ganz, ganz andere, total spannende Geschichte mit einer persönlichen Lehrverpflichtung.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Und habe dann das Forschungsstelle gewerblichen Rechtsschutz organisiert und so weiter. War einfach eine ganz tolle Geschichte und hatte trotzdem den Freiraum, dann eine Doktorarbeit zu schreiben.

16:51 Min
Marc:

Das ist auch eine ganz coole Station, die glaube ich jetzt auch viele gar nicht auf dem Schirm hätten, dass man sowas machen kann, obwohl man sich einmal für die Justiz entschieden hat.

16:58 Min
Dr. Andreas Möller:

Ja, es gibt auch relativ wenig Stellen. Also es gibt im Moment an der Uni Münster zwei Stellen, soweit ich weiß. Aber sie gibt es, muss man ja sagen.

17:07 Min
Marc:

Wir hatten hier im Podcast auch schon mal jemanden aus Konstanz, der auch sowas gemacht hat. Der war Staatsanwalt und war dann Abgeordneter Praktiker, hieß das da unten bei denen. Und hat dann da auch entsprechend an der Uni gelehrt.

1:09 Min
Marc:

Liebe Grüße. Schaut euch die Podcast-Folge auch gerne nochmal an, falls euch das Thema interessiert. Dann hast du aber gesagt, okay, jetzt möchte ich zurück in die Justiz. Und wie ging es dann weiter?

17:30 Min
Dr. Andreas Möller:

Dann bin ich an das Landgericht Bochum gekommen, bin dann da als Proberichter in unterschiedlichen Kammern gewesen. War zwischenzeitlich dann auch mal teilweise oder voll am Amtsgericht Recklinghausen und Bochum. Und habe in Recklinghausen Ordnungswidrigkeiten und Strafsachen gemacht.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

In Bochum habe ich Zivil-, Betreuungs- und Strafsachen in unterschiedlichen Zeiten gemacht und war am Landgericht Bochum dann in unterschiedlichen Zivilkammern, Strafkammern, nachher Berufungszivilkammer, bis dann irgendwann, also nach der Erprobung. Dann bin ich zur Erprobung ans Oberlandesgericht Hamm gegangen.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Also wenn man eine Beförderungsstelle haben möchte, muss man eine sogenannte Erprobung hinter sich bringen.

18:16 Min
Marc:

Und dann bist du OLG-Richter geworden.

18:18 Min
Dr. Andreas Möller:

Genau, und dann bin ich OLG-Richter geworden, habe da dann insgesamt fünf Jahre in zwei Familiensenaten gewesen. Dann war ich für drei Jahre so mit der Hälfte meiner Arbeitskraft im Justizprüfungsamt und zur Hälfte im Haftungssenat. Man sagt manchmal Blut- und Blechsenat dazu, also Verkehrsentfälle und unerlaubte Handlungen war das Ferngeschäft.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Und seit vier Jahren mache ich das, was ich gerade gesagt hatte, so 22. Und 16. Zivilsenat.

18:47 Min
Marc:

In der Breite betrachtet, was hat ihr am meisten und was hat ihr am wenigsten Freude gemacht von diesen Stationen? Und warum?

18:54 Min
Dr. Andreas Möller:

Ich fange mal an mit am wenigsten Freude gemacht. Das sind zwei Sachen, die ich aber auch nicht missen möchte, muss ich gleich dazu sagen. Also am wenigsten Freude haben mir die Ordnungswidrigkeiten am Amtsgericht gemacht, weil mich die insofern etwas genervt haben.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Man macht ganz, ganz viele Sachen. Man trifft auf hochqualifizierte Anwälte, die damit ihr Geld verdienen. Das soll überhaupt nicht negativ gemeint sein. Die aber, wo man sich um relative Kleinigkeiten ohne Ende rumstreitet.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Und deswegen habe ich die Ordnungswidrigkeiten. Ich fand es gut, die mal gemacht zu haben, aber ich war auch nicht böse drum, dass ich nach einem halben Jahr sagen konnte, nee, das ist jetzt auch gut gewesen. Und was ich persönlich dauerhaft nicht gerne machen würde, sind Betreuungssachen.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Ich fand es aber sehr spannend, das zu sehen, wie letztendlich auch die menschlichen Abbauprozesse da sind, wie wenig teilweise Leute dann können. Und man macht da schon eine verantwortungsvolle Tätigkeit. Man entscheidet permanent über Freiheitsrechte, wenn man alte Leute mit einem Bettgitter, mit einem Bauchgurt fixiert, Zwangsmedikation anordnet.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Also das sind schon ganz, ganz wichtige Geschichten, über die man da entscheidet. Aber es ist halt so, man ist häufig da, ja, letztendlich eine Kontrollinstanz für die Ärzte. Dass die Ärzte das nicht einfach leichtfertig machen und die Ärzte und Angehörige.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Und das fand ich sehr spannend, aber dauerhaft wäre das nichts für mich, muss man sagen.

20:29 Min
Marc:

Und was ist dein Steckenpferd?

20:31 Min
Dr. Andreas Möller:

Also was ich jetzt im Moment mache, finde ich total spannend und Familiensachen mache ich auch ganz gerne. Also das war zwar, als ich dann ans Oberlandesgericht gekommen bin, hatte ich noch nie Familiensachen gemacht. Um reinzukommen, ist das schon hart, aber das finde ich durchaus spannend, weil er juristisch spannend ist und es ist auch menschlich spannend mit diesen Kindschaftssorgerechtsgeschichten.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Also das ist so psychologisch spannend und es sind einfach ja auch ganz wichtige Sachen, über die man dann entscheidet.

20:59 Min
Marc:

Kannst du da unseren Zuhörern mal so ein konkretes Beispiel geben, was da so ein Fall ist, den du mal entschieden hast? Natürlich ohne Namen zu nennen, ist ja klar.

21:05 Min
Dr. Andreas Möller:

Ich habe das ja am Oberlandesgericht gemacht, das ist die zweite Instanz. Also beim Amtsgericht, es wird normalerweise eingeleitet dadurch, dass in irgendeiner Art und Weise das Jugendamt von irgendwem informiert wird. Sei es zum Beispiel im Kindergarten, dass da irgendwelche Sachen auffällig sind.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Eine Sache ist mal aufgeköpft, da ist ein fünfjähriges Kind, hatte immer von Schacki der Mörderpuppe dem Film erzählt, dass es immer gucken konnte. Und dann hatte er einen riesen Flatbildschirm in seinem Zimmer und durfte unbeaufsichtigt so lange Fernsehen gucken, wie es wollte.

21:41 Min
Marc:

Oha.

21:42 Min
Dr. Andreas Möller:

Genau, das war dann auch relativ eindeutig, wo man sagen kann, ein fünfjähriges Kind sollte vielleicht keine Horrorfilme gucken, das ist nicht altersangemessen. Teilweise auch strafrechtlich, natürlich über so Kindesmissbrauchsgeschichte, dass es da irgendwie einen Verdacht gibt. Kindesmisshandlung, wenn irgendwie die Ärzte den massiven Verdacht haben, dass ein Kind misshandelt ist, dann kippt sowas natürlich auf.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Und sobald das Jugendamt das dann mitbekommt, muss das Jugendamt dann entscheiden, es kann dann öffentlich-rechtlich die Kinder in Obhut nehmen und muss dann das Zivilverfahren dann auch führen, einleiten und dann wird geguckt, muss man das dann sorgerecht entziehen, ganz teilweise. Und die Umgangsregelungen, die entstehen offensichtlich, dass die Eltern sich nicht einigen können und der eine sagt, ich möchte mehr Umgang haben und dann sagt der andere, nee.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Und dann wird ein Verfahren eingeleitet.

22:38 Min
Marc:

In dieser Konstellation, dass die Eltern sich trennen und daran vielleicht auch Bedenken gegenseitig haben, hast du da den Eindruck, dass das halbwegs objektiv war in den Fällen, die du so gesehen hast?

22:51 Min
Dr. Andreas Möller:

Es gibt alles, muss man ganz offen sagen. Also es gibt alles, also ganz häufig ist es so, ob berechtigt oder nicht, dass einer zumindest einfach mal Sorge hat. Ob der Anlass dann ausreicht, sei dahingestellt.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Es gibt natürlich auch die Fälle, das ist die Ausnahme, wo, ich sag jetzt mal klassischerweise, die Mutter verlassen und das Kind hat und sagt dann so, ah, sexueller Missbrauch. Die Fälle gibt es.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Ist die Ausnahme, muss man sagen, aber die Fälle gibt es. Genauso gibt es die Fälle, wo klassischerweise der Vater, Mann ja doch irgendwas gemacht hat. Auch die Fälle gibt es leider.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Und wenn sowas aufkippt, das ist natürlich schon heftig.

23:36 Min
Marc:

Du hast eben die psychologische Komponente angesprochen. Also das ist auch dann so ein bisschen in diesen Familiensachen, weil das ja schon, ich sag mal, ein wirklich sehr privater Lebensbereich ist und was anderes, als wenn man einen Verkehrsunfall als Richter betrachtet. Ist das dann schon auch das, was dich da sozusagen reizt, herauszufinden, wie war es wirklich? Ist das das, was du meinst mit diesen psychologischen Aspekten?

24:00 Min
Dr. Andreas Möller:

Ja, das finde ich einfach spannend. Wie funktioniert Familie? Welche Beziehungen gibt es? Beziehungen und Bindungen. Beziehungen ist noch was anderes als Bindung. Bindung ist so, ich kann mich auf jemanden richtig tatsächlich verlassen.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Das ist so dieses Urvertrauen, was die Kinder normalerweise entwickeln sollen. Und das finde ich schon spannend. Sind die Bindungen, sind sie stark, sind sie schwach, sind sie gestört? Bindungsunfähigkeit gibt es ja auch als Begriff kennt in fast jeder Beziehungen.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Es gibt Beziehungsgeflechte, Wechselwirkungen auch. Wenn man sich das mal anguckt, hat man zumindest eine Idee, warum der jeweils eine oder andere agiert. Es sind natürlich total verletzte Gefühle dabei. Klassischerweise wird ja einer verlassen und der schreit nicht Hurra.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Das ist einfach ja so. Und das sind natürlich auch dann so Sachen, das strahlt dann aber auch wieder aus auf Unterhalt. Dann will ich es aber zumindest unterhaltsrechtlich dem anderen zeigen. Den gönne ich jetzt das Schwatte nicht mehr unter den Fingernägeln.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Solche Sachen gibt es auch. Und das finde ich durchaus spannend, wie das dann alles so zusammenhängt.

25:11 Min
Marc:

Kommt das auch schon mal vor, dass deine Kollegen und du da Dinge total diametral sehen? Oder hat man nach so einem ganzen Verfahren schon so meistens den ähnlichen Eindruck?

25:24 Min
Dr. Andreas Möller:

Also fast immer... Also die Grundrichtung ist eigentlich immer identisch. Und das ist immer so die Frage, es gibt natürlich in den Grenzfällen auch mal unterschiedliche Meinungen, wo man auch durchaus sehr kontrovers diskutiert. Das ist gar keine Frage.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Also habe ich ja gerade gesagt, ob man ein Kind aus der Familie rausnimmt, das muss man sich gut überlegen, weil es einfach auch ja massive Folgen auch für das Kind sowieso hat. Und ein Kollege hat mal gesagt, eine schlechte Mutter ist besser als gar keine Mutter.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Auch das stimmt grundsätzlich ja erstmal. Und da in diesen Grenzfällen kann man sich natürlich trefflich auch streiten und da wird auch heftig mal diskutiert und auch überlegt. Man holt dann aber auch normalerweise auch Sachverständigengutachten ein, also man ist auch nicht bei diesen psychologischen Fragestellungen ganz alleine, sondern man muss insbesondere in den streitigen Sachen dann auch sich sachverständig beraten.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Die machen dann so Explorationsanhörungen, auch das muss man dann alles lesen, nachvollziehen, ob das alles so in Anführungsstrichen richtig ist und sich das dann von den Sachverständigen erläutern lassen.

26:30 Min
Marc:

Wie funktioniert das? Ist das dann jeweils mit den Eltern und mit dem Kind oder werden die Geschichten übereinandergelegt oder wie muss man sich das vorstellen?

26:39 Min
Dr. Andreas Möller:

Ja, der Sachverständige macht dann einen Termin, je nach Alter auch des Kindes, ob man mit dem Kind dann reden kann. Ich sage mal, mit einem Jährigen kann man quasi nicht reden. Das kann dann da, da, da sagen und das war es auch.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Aber mit einem 16-jährigen Kind kann man natürlich super gut reden. Und dazwischen ist der Unterschied natürlich fließend, je nach Entwicklungszustand, vielleicht geistiger Verzögerung oder besonders gut. Und dann macht der Sachverständige, ich sage jetzt immer der Sachverständige, obwohl er weiß, dass man ja gendern soll, aber ich bin noch oldschool und gendern nicht so, dann der Sachverständige sagt dann, macht dann Termin, macht dann eine Exploration mit dem Kind, also redet über die ganzen Sachen, macht dann häufig dann auch so bei kleineren Kindern dann auch so Interaktionsbeobachtungen, wie sieht das aus? Kann Vater mit dem Kind spielen? Oder hat das Kind Angst vor dem Vater? Was ja ein Indiz sein könnte für, dass da was passiert ist.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Oder bei der Mutter genauso. Wie reagieren die aufeinander? Wie entwickelt sind dann die Kinder? Gibt es Entwicklungsverzögerungen? Wenn es Entwicklungsverzögerungen gibt, ist es die Frage so, woran liegt es? Liegt es daran an der Genetik? Es gibt ja schwächer begabte Menschen und stärker begabte Kinder. Oder liegt es an der mangelnden Förderung? Wenn es an der mangelnden Förderung liegt, wer ist dafür verantwortlich? Und so weiter.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Und dann wird dann halt geguckt, die Akten werden ausgearbeitet. Du hast ja gerade gefragt, wie kommt das an? Ja, es gibt Jugendamtsakten. Dann steht da auch dann so das erste Mal drin.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Dann gibt es vielleicht auch einen Bericht vom Lehrer oder Kindergartenstätte. Da muss man gucken, gibt es da irgendwas, wenn es um körperliche Misshandlungen geht, gibt es dann Arztberichte, was ist denn da tatsächlich passiert, wie schlimm war das denn und da muss man einfach mal gucken.

28:31 Min
Marc:

Okay. Verlassen wir mal das Familienrecht. Ich würde gerne noch auf einen abschließenden Punkt hinaus, wenn wir uns deine gesamte Karriere so anschauen. Und zwar viele von unseren Zuhörenden, die vielleicht das Referendariat schon hinter sich haben oder jedenfalls die Staatsanwaltsstationen oder auch die Stationen bei der Justiz entsprechend aus Richtersicht, die erleben da viele kuriose Fälle.

1:09 Min
Marc:

Und auch wenn man sich vielleicht nachher für die Anwaltschaft entscheidet, dann ist das etwas, wo doch viele, viele Jahre lang von erzählen. Und ich kann mir vorstellen, dass du über die Jahre hinweg auch viel Kurioses erlebt hast.

1:09 Min
Marc:

Hast du da mal so ein, zwei Fälle für unsere Zuhörer, wo du sagst, ey Leute, also das ist wirklich passiert?

29:15 Min
Dr. Andreas Möller:

Ja, also ich war junger Proberichter, da fing eine Klage mit den Worten an, als meine Mandantin neulich in der Astro-Woche las. Und der Hintergrund war, dass die Klägerin unsterblich verliegt in einen promovierten Oberarzt war, der aber nichts von ihr wusste.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Und daraufhin hat sie einen Magier auf Teneriffa kontaktiert, der den großen Partnerschaft-Zusammenführungszauber, sag ich jetzt mal, wirken sollte, gegen Vorkasse 7500 DM. Der klappte nicht, dann hat sie sich gemeldet, ich verkürze das jetzt so ein bisschen und ein bisschen flapsig, und dann hat der Magier gesagt, ja, er könnte da nichts dafür, da hätte sich eine andere V unter Zuhilfenahme von Voodoo-Magie dazwischen gescheitert.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Aber er könnte den großen Trennungszauber wirken. Er würde eigentlich auch 7.500 DM kosten. Aber weil das erste nicht geklappte, der Schnäppchenpreis nur 5.000 DM. Und der allgemeine Glückszauber war auch sternbedingt.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Nur fristgemäß zu wirken war ein Schnäppchenpreis 3.000 DM. Und am Ende war das Geld weg. Der Oberarzt hatte sie nicht. Und sie war auch nicht glücklich.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Und dann wollte sie das Geld wiederhaben. Also das war durchaus spannend. Muss ich ganz ehrlich sagen.

30:30 Min
Marc:

Aber sag mal, also, dass das irgendwie... Was hochgradig unseriös ist, ist das eine, aber juristisch den Fall mal kurz zu durchdenken und vor allem dann von so jemandem, der irgendwo auf Teneriffa sitzt, das auch noch wieder einzutreiben, das Geld ist ja wahrscheinlich gar nicht so einfach. Wie ist denn das ausgegangen, weißt du das?

30:46 Min
Dr. Andreas Möller:

Ja, also das war noch das alte Schuldrecht. Das war also auf eine unmögliche Leistung gerichteter Vertrag. Damals waren die Verträge nichtig. Und dann ging das über 812 ohne ungerechtfertigte Bereicherung.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Ich habe ein Versäumnisurteil erlassen. Ich musste das aber trotzdem begründen. Normalerweise muss man Versäumnisurteile ja nicht begründen, weil das im Ausland zu verstrecken war. Ja, Teneriffa war das, meine ich.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Oder Kanaren. Irgendwie so Kanaren zumindest. Ja, und dann musste ich da halt ein richtiges Urteil schreiben, wie das in der Verstreckung gelaufen ist. Keine Ahnung.

31:22 Min
Marc:

Klar, das kriegst du nicht mehr mit. Aber das ist ein interessanter Punkt sozusagen. Also Verstreckung im Ausland, dann war der Anwalt ja relativ auf Zack, weil er gesagt hat, wir brauchen da aber eine Begründung. Oder wie erfährst du davon? Weißt du das als Richter, dass du da dann ausnahmsweise auch bei einem VU eine Begründung schreiben musst?

31:40 Min
Dr. Andreas Möller:

Ja, also ich habe mir das angeguckt und das war klar, dass das im Ausland so verstrecken ist. Und dann habe ich eine Begründung geschrieben.

31:46 Min
Marc:

Ah, okay. Alles klar. Dann zurück zu unserem Kernthema hier bei irgendwas mit recht spannende juristische Karrieren und wie man da hinkommt, wo andere vielleicht schon sind. Hast du abschließend für unsere Zuhörenden einen Tipp, wenn man in die Justiz möchte, was besonders wichtig ist, was du den Leuten immer so mitgibst, wenn du dich mit jungen Juristinnen und Juristinnen vielleicht darunter hältst?

32:07 Min
Dr. Andreas Möller:

Also so einen richtigen Tipp habe ich letztendlich nicht. Also es ist so, wenn man das möchte, ich finde, es ist ein total toller Job. Man muss es wissen und man sollte mit Engagement dabei sein.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Man kann sich die Arbeitszeit total frei einteilen. Das ist ein Riesenvorteil. Das weiß ich. Ich kann im Moment drei Tage die Woche zu Hause arbeiten.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Riesenvorteil. Gar keine Frage. Aber nichtsdestotrotz, man muss halt auch arbeiten. Das würde ich schon ganz ehrlich sagen. Als Tipp, wenn man in die Justiz möchte... Ist so die Frage, die Wahlstation würde ich tendenziell dann auch bei Gericht machen.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Also ich habe damals, wollte ich Richter werden, bin dann am Landgericht in der Berufungszivilkammer nochmal gewesen. Man kann das auch am OLG machen. Das hat Vorteile, dann kann man das nochmal sehen.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Und es ist auch so, Assessment Center werden die jeweiligen Ausbilder angerufen. Was ist das denn für einer? Was ist das denn für ein? nee, können wir da grundsätzlich mit der oder dem was anfangen, ja oder nein. Also das ist aber auch kein K.O.-Kriterium, wenn man das nicht macht.

1:09 Min
Dr. Andreas Möller:

Also so soll es gar nicht sein, aber so ist es einfach.

33:14 Min
Marc:

Das macht es halt noch einfacher.

33:16 Min
Dr. Andreas Möller:

Eventuell, ja. Und man hat nochmal einen etwas anderen Blick auch, denn von Berufungsrecht hat man als Referendar normalerweise gar keine Ahnung und das ist nochmal etwas ganz anderes. ist. Und ganz viele Leute, die in einer ordentlichen Justiz landen, machen irgendwie mal was mit Berufungsrecht. Sei es am Landgericht oder wenn man Karriere macht, am Oberlandesgericht.

33:37 Min
Marc:

Vielen herzlichen Dank Andreas für diese Einblicke. Das war spannend. Ciao.

33:41 Min
Dr. Andreas Möller:

Ja, danke. Ciao.

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