Alexander Suttor, Associate | CLIFFORD CHANCE Partnerschaft mbB
Erasmus - Auslandsaufenthalt - Padua - Italien - Washington - Wahlstation - Wirtschaftsstrafrecht - Großkanzlei - wissenschaftlicher Mitarbeiter - Pro Bono - Human Rights Watch - Prozessbeobachtung - Koblenz - Syrien - Verbrechen gegen die Menschlichkeit - Kriegsverbrechen - Weltrechtsprinzip - Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) - Durchsuchung - Verteidigungskorrespondenz - Cum-Ex
Herzlich willkommen zu IMR178 mit Alexander Suttor aus Frankfurt. Alexander arbeitet heute als Associate im Frankfurter Büro von Clifford Chance im Wirtschaftsstrafrecht, hat jedoch in Süddeutschland studiert. Ferner führte ihn sein Studium im Rahmen eines Erasmus-Aufenthalts nach Italien. Warum hat er sich für das Referendariat in einer Großkanzlei sowie den anschließenden Berufseinstieg bei Clifford entschieden? Wie war die Wahlstation in Washington? Was gefällt ihm am Wirtschaftsstrafrecht? Wie kam es, dass er die Zeit bis zum Verbesserungsversuch im zweiten Examen mit der Begleitung des Koblenzer Terrorismusverfahrens überbrücken durfte? Antworten auf diese Fragen und viele weitere Einblicke liefert Alexander in einer kurzweiligen Podcastfolge. Viel Spaß!
Viel Spaß 🎉 und vielen Dank für Euer Feedback! 🙏🏼
Clifford Chance Partnerschaft mbB ist eine der weltweit führenden Wirtschaftskanzleien und gehört in Deutschland zur Gruppe der Magic-Circle-Firms. Von den drei Büros in Frankfurt am Main (Hauptstandort), Düsseldorf und München aus beraten rund 300 Anwältinnen und Anwälte nationale wie internationale Mandantinnen bei komplexen Transaktionen, Finanzierungen und Streitverfahren.
Besonders hervorzuheben ist das breite Full-Service-Angebot mit starken Teams in Banking & Finance, M&A, Compliance sowie einem ausgeprägten Fokus auf ESG-Themen, das durch ein enges globales Netzwerk von mehr als 30 Standorten flankiert wird.
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Man weiß nie genau, was der Tag im Wirtschaftsstrafrecht bringt, mal schreibt man Schriftsätze, mal ist man bei einer überraschenden Durchsuchung vor Ort und man muss schnell reagieren und Ruhe bewahren.
KI-basiert und kann Fehler enthalten.
Herzlich willkommen zu einer neuen Episode irgendwas mit Recht. Heute sitze ich für euch in Frankfurt bei Clifford Charns. Mein Name ist auch noch immer Marc Ohrendorf. Jetzt haben wir das übliche gesagt, was wir am Anfang eines solchen Podcasts sagen. Viel spannender ist nämlich mit wem ich heute spreche und das ist Alexander Sutor. Hallo Alex.
Hi, ich freue mich hier zu sein.
Ich auch. Du machst nämlich ganz viele spannende Dinge. Unter anderem bist du im Wirtschaftsstrafrecht unterwegs und hast ein spannendes Pro Bono Mandat über Jahre, kann man glaube ich sagen, begleitet, ne?
Ja.
Fangen wir am Anfang an. Wo hast du studiert?
Ich habe in Freiburg studiert. Das war auch eine ganz lustige Geschichte, weil ich mir verschiedene Städte ausgeguckt hatte und am Ende habe ich geschwankt zwischen München und Freiburg und bin dann in meine alte Schule, um da eine beglaubte Abschrift von meinem Abi-Zeugnis zu holen. Und wir hatten da seinen Studienleiter, Oberstudienleiter glaube ich.
Und als ich mit dem Zeugnis rausging, war seine Tür auf und ich rief nur in seinen Raum rein, Herr Kastner, Freiburg oder München? Und er guckte gar nicht auf von seinen Papieren und meinte Freiburg. Ich so, okay, alles klar.
Das war jetzt nicht allein ausschlaggebend, aber das war dann so das letzte Tröpfchen, das das Fass zum Überlaufen gebracht hat.
Hat er dir nochmal einen guten Rat mitgegeben.
Genau, er musste es anscheinend auch nicht weiter begründen. Ich bin in Frankfurt geboren, habe in Freiburg studiert, habe innerhalb meines Studiums in Freiburg dann ein Erasmusjahr, ein Jahr in Italien, in Padua gemacht.
Oh, schön.
Genau, bin dann wieder nach Freiburg und dann wieder zum Referendariat nach Frankfurt. Also ich habe einmal eine große Europa Runde gedreht sozusagen.
Wo ist die Entscheidung gereift nochmal Erasmus zu machen? Ich glaube da müssen wir auch nochmal kurz drauf eingehen. Ich höre das hier öfter, ja dann war ich irgendwie da und da, aber gerade so die jüngeren Semester im wahrsten Sinne des Wortes, die vielleicht gerade noch überlegen, hey sollte man das machen oder nicht, könnten da glaube ich ein bisschen Input gut gebrauchen.
Also der Input ist, ja sollte man auf jeden Fall machen. Bei mir war die Überlegung so ein bisschen zweigeteilt. Ich weiß nicht, ob du Freiburg kennst. Eine superschöne Stadt, super für Studenten.
Nur die Sache ist halt so, wenn man da sechs Jahre dauerhaft ist, dann hat man auch wirklich alles gesehen. Man kennt da jeden Baum und jeden Stein. Und nach vier Semestern, zwei Jahren war halt genau diese Überlegung, okay, machst du jetzt nochmal Erasmus? Ich war ja gerade zwei Jahre in Freiburg, aber dann dachte ich mir, na gut, wenn du das nicht machst, dann bist du halt hier jetzt sechs Jahre und kommst halt nicht mehr raus.
Und hinzu kam, dass ich glaube ein Drittel von meinem Jahrgang in Rasmus gemacht hat. Das heißt, das war auch die Perspektive, dass irgendwie alle meine Freunde sich in aller Welt zerstreuen und ich dann hier bleibe. Und ich war so ein bisschen unbedarft, weil ich hatte mich beworben für, also in dieser Prioritätsreihenfolge auch, für Edinburgh, Glasgow, Stockholm und Linköping.
Linköping ist auch in Schweden. Das muss natürlich funktionieren, weil Stockholm auf Priorität 3 ist logisch, dass man das dann bekommt. Es kam, wie es kommen musste. Ich habe nichts davon gekriegt.
Ich stand so ein bisschen deprimiert im Auslandsbüro bei uns in Freiburg und fragte die Frau Schneiders, die Auslandskoordinatorin. Ja, was haben sie denn noch? Nomen dia Padua, Italien habe ich noch. Das war natürlich kein Malzahirnisch.
Da hab ich gesagt, ja gut, dann nehm ich das. Das ist halt so eine Entscheidung, die man noch wirklich nur trifft, wenn man 22 ist. Und dann hab ich da noch irgendwie so alibi-mäßig einen halben A1 kurz in Freiburg gemacht und bin dann geflogen.
Ich weiß noch, wie ich da am Flughafen in Italien ausgestiegen bin und dachte, Mist, also das Italienisch muss jetzt reichen, weil der Typ, der die Bustickets nach Padova verkauft, der spricht kein Englisch. Und wenn ich dem jetzt nicht begreiflich machen kann, wo ich hin muss, dann ist das schnell vorbei hier mit dem Auslandsaufenthalt.
Und am Ende war es das aber megamäßig wert.
Absolut, kann ich nur enthusiastisch jedem empfehlen. Ist auch gar nicht so wichtig wo, aber einfach mal rauskommen. Gerade die Leute, die jetzt 8 Jahre Schule oder Gymnasium machen und da häufig das Auslandsjahr wegrationalisiert wird, kann ich nur wärmstens jedem ans Herz lehnen.
Waren die Vorlesungen auf Italienisch oder auf Englisch?
Teilweise auf Italienisch, teilweise auf Englisch, wobei man sagen muss, dass die da so ein bisschen entgegenkommen gezeigt haben bei den Erasmus-Studenten. Also häufig gab es dann halt bei offiziell italienischen schriftlichen Prüfungen, was natürlich super hart ist, dann die Erasmus-Prüfung, die dann mündlich eine halbe Stunde war und so ein bisschen auf dem Sprachlevel, das man halt hatte.
Ja und einige waren halt in Englisch. Unter anderem habe ich mir sechs ECTS-Punkte durch English Legal Terminology abgeholt und habe gelernt, dass Wiederholungen von Law & Order UK durchaus effektive Vorbereitung sein können.
Siehst du, es hat nämlich doch alles seinen Sinn und Zweck.
Genau, ja, ganz genau.
Ich war damals in Prag, für Erasmus, dasselbe Situation, also tschechisch, ja irgendwie zwei Bier bestellen und ein Gulasch, aber ansonsten war da auch ziemlich viel auf Englisch und da war das ganz ähnlich.
Was übrigens sehr lustig war, als ich in dem Flur von dem Auslandsbüro da gewartet hab, wo halt natürlich alle standen, die nichts gekriegt hatten und halt Restplätze spekuliert haben, hab ich mit so einer Kommilitonin, die so hinter mir stand, so ein bisschen gequatscht und so, ja du auch nichts gekriegt, ja ich auch nichts, voll der Mist, bla bla.
Und da meinte ich so, ja whats up, am Ende landen wir doch alle in Italien oder so. Und dann hat sie einmal herzhaft gelacht und sie endete dann in Pisa und hat mich dann in Padua besucht. Das war auch sehr gut.
Schön. Was war das Wichtigste, was du in der Zeit so für dich mitgenommen hast, würdest du sagen?
Verschiedene Sachen. Also A, man ist natürlich relativ jung und so und ist halt zum ersten Mal wirklich darauf angewiesen, dass man sich selbst organisiert, dass man sich da selbst zurecht findet, weil klar, man hat häufig noch irgendwie jemand anderen von seiner Uni und lernt man andere Erasmus-Studenten kennen, aber es ist nicht so wie in Freiburg, wo du halt irgendwie eine Fachschaft hast und im Seminar 15 Leute kennst, die dir sagen, ja, das Buch musst du dafür lesen und hier, der prüft immer das und das.
Also man wächst daran auch sehr und das klingt jetzt irgendwie kitschig, aber halt auch so ein bisschen diese interkulturelle Kompetenz, also ich merke dann, ich bin irgendwie zurückgekommen. Und hat dann den großen Italien-Verteidiger, weil es ja häufig dieses Klischee gibt, da funktioniert nix und alles Krise und Mafia und so weiter und so fort.
Und ich dachte, nein, das ist Quatsch und hier und was die viel besser machen als wir etc. etc. Die sind auch viel besser angezogen.
Und das war jetzt keine direkte Beobachtung. Ich bin jetzt nicht irgendwie aus dem Flugzeug wieder in Deutschland gestiegen und hab gesagt, oh, jetzt bin ich aber kulturell bereichert und weiterentwickelt. Sondern das hab ich so im Nachhinein gemerkt, im Gespräch mit anderen, dass sich meine Perspektive da so ein bisschen geändert hat.
Und das sich auch sehr gedeckt hat, das haben wir gesehen mit den anderen Leuten, die Erasmus gemacht haben. Also dann kam einer da irgendwie an, so politisch inswischen in Portugal, wo ich auch dachte, hä? Aber ja, der war da ein Jahr und hat das mitgemacht und insofern ist das hängen geblieben bei ihm.
Ja, also Erasmus auf jeden Fall ein riesen tolles europäisches Unterfangenprodukt, hätte ich fast gesagt. Jeder, der es gemacht hat, ist eigentlich begeistert. Also ich kenne kaum jemanden, der irgendwo entsandt wurde und gesagt hat, na, hat sich eigentlich nicht gelohnt. Hätte ich besser mal fürs Staatsexamen schneller gelernt. Das hast du dann aber nachher natürlich auch gemacht.
Das habe ich auch gemacht, genau. Also ich habe das Staatsexamen dann in Freiburg gemacht. Und wenn man das Staatsexamen in Freiburg gemacht hat, also für mich war ziemlich schnell klar, dass ich irgendwie nicht Referendariat in Freiburg machen würde, weil Freiburg ist super schön, aber also erstmal die Kanzleien, gerade was irgendwie auch Großkanzleien angeht, ist da sehr, sehr beschränkt.
Weil du es gerade so sozusagen ins Spiel bringst. Lass mich da mal einhaken. Du hast gesagt, naja, Großkanzleien spielten für dich eine Rolle. Wie bist du nur auf die Idee gekommen? Also gerade wenn du an einem Ort warst, wo das nicht gang und gäbe war, oder dass man vielleicht mal eingeladen wurde zu irgendwie, weiß ich nicht, so einem Get-together oder ähnlichem.
Warum hast du gesagt, das ist schon aber ein interessanter Faktor, auch Richtung anderer Kanzleizuschnitt mich orientieren zu können?
Also wenn ich ganz ehrlich bin, brauchte ich Geld. Bei mir war das so wirklich sehr lustig. Also ich kam dann nach Frankfurt zurück, ich wusste, ich wollte in Frankfurt Referendariat machen, auch weil, ja, ich bin Strafrechtler, so eine Strafstation in Frankfurt ist natürlich sehr viel spannender als in Freiburg.
In Freiburg verarztet man da 17 Leute, die betrunken vom Weinfest mit dem Auto gefahren sind und in Frankfurt war ich dann in der Abteilung für Tötungsdelikte und hab da Hausführung mitgemacht, wo irgendwie bei Islamismusverdächtigen die Tür eingetreten wurde und so, das ist natürlich eine ganz andere Kragenweite.
Im Referendariat jetzt.
Genau im Referendariat. Und als ich wieder nach Frankfurt kam, war es für mich halt so, dass ich... Ich hatte noch Verbesserungsversuche in Freiburg geschrieben und habe mir da währenddessen einen Nebenjob gesucht, während ich mich auf den Verbesserungsversuche vorbereitet habe.
Habe ich zwei Tage in Frankfurt immer gearbeitet, konnte ja bei meinen Eltern schlafen und bin dann nach Freiburg zurückgefahren. Und es war tatsächlich so, dass ich einmal so einen Kettenbrief an so ziemlich alle Großkanzleien in Frankfurt geschrieben habe, wo ich mir ja gesagt habe, hier, ich bin völlig offen, was den Bereich angeht, ich brauche einen Job, ganz genau.
Und das war dann auch sehr lustig, weil ich wurde dann zurückgerufen in der einen, wo ich mich beworben hatte, wo die Kollegin aus der Recruiting-Abteilung dann anrief und meinte, ja, und Werbung gekriegt und man hätte gesehen, Strafprozessrecht und Wirtschaftsstrafrecht, da würde ich ja super in den Bereich White-Collar passen. Ich hatte keine Ahnung, was White Collar bedeutet und durfte mir natürlich nichts anmerken lassen und habe dann so ein bisschen Zeit geschunden und gesagt, ja, ja, also das White Collar wird super passen, auch wegen Strafprozessrecht und Wirtschaftsstrafrecht.
Und habe dann am Handy gegoogelt und gesehen, ah ok, ja, ja, das ist Wirtschaftsstrafrecht, das ist super, das ist nur fancy Term dafür. Ja und dann habe ich den Job halt gekriegt und dachte natürlich erstmal so, ja das ist, ich schleiche mich hier bei The Man ein und dann lasse ich mich schön von denen bezahlen und dann haue ich immer wieder ab.
Aber nach so ein, zwei Monaten musste ich mir eingestehen, Moment, das macht mir irgendwie ziemlich Spaß, das ist ganz gut und so bin ich irgendwie dabei geblieben und darüber dann auch zu Clifford gekommen als wissenschaftlicher Mitarbeiter und da war das ähnlich.
Habe ich das richtig verstanden, dass du dann nach dem Examen eigentlich noch gar nicht so entschlossen warst, jetzt Strafrecht weiter zu machen und du hast eben gesagt, ich war ja Strafrechtler, aber da dann so ein bisschen erst reingerutscht?
Strafrecht wollte ich auf jeden Fall machen.
Okay, aber Wirtschaftsstrafrecht war dann neu.
Also auch nicht neu, aber eher Großkanzlei war neu.
Okay, ja, verstehe.
Also Strafrecht sollte schon gehen in irgendeiner Form, aber Großkanzlei hatte ich eher so eine ablehnende Haltung irgendwie, das ist alles... Okay. Ja.
Dann hast du Referendariat gemacht? Genau. Und bist dann hier zu Clifford auch in der Anwaltstation gegangen und warst dann auch hier in der Wahlstation?
Ich war auch bei Clifford in der Wahlstation, aber ich war im Büro in Washington.
Ah ja, okay.
Cool. Das war auch sehr cool, also ich hab da auch Wirtschaftsstrafrecht gemacht, da gab es auch eine sehr amüsante Situation, weil ich ja genau während des Impeachments, also des ersten Impeachments gegen Donald Trump da war.
Wann war das? Nur so zeitliche Einordnung? Das war 2019.
Und einer der Partner in Washington war Bill Clintons Verteidiger während seines Impeachments. Und ich saß da so und hab gegenüber der einen Associate, mit der ich viel gearbeitet habe, so erwähnt, ja das ist ja auch mega cool hier irgendwie mit der, das Glenn, das damals bei Bill Clinton gemacht hat, jetzt wo es auch wieder in den Medien ist und so.
Und die meinte so ganz locker, oh ja klar, also wenn du willst, wir können mal irgendwie gemeinsam essen gehen, dann kann ich dir da so ein bisschen erzählen. Nicht so... Ich war so voll panisch, ich meinte, oh Gott, ich bin hier der Referendar, ich wollte jetzt nicht irgendwie den Partner aufdrängen, der dann da irgendwie mir Geschichten erzählt über das Impeachment.
Und ich so, nee, nee, das ist kein Problem. Und dann war ich tatsächlich mit Bill Clintons Verteidiger in seinem Impeachment, der auch in seiner Karriere Bundesstaatsanwalt in den Vereinigten Staaten war, für den Bereich Washington. Und einem anderen ehemaligen Bundesstaatsanwalt, der irgendwie Al-Qaida-Verdächtigte in New York vor Gericht gestellt hat.
Wollte dann Tapas essen und die haben so ein bisschen erzählt und so. Das Lustige war, ich glaube, ich habe irgendwie kaum ein Wort rausgekriegt, weil ich irgendwie so komplett starstruck da stand, aber es war wirklich eine tolle Erfahrung, einfach weil man es halt einmal live mitgekriegt hat.
Cool. Sehr cool. Das sind natürlich auch solche Sachen neben der inhaltlichen Arbeit, die halt auch irgendwie sich einfach so ergeben, was man vorher nicht planen kann. Dann ist das halt Zufall.
Ja, total. Also das war ein Moment, der war wie im Film. Da hat mich ein alter Schulfreund besucht und wir waren so auf der Dachterrasse vom Büro da und haben halt Mittag gegessen und haben halt auch, da ging ja politisch gerade total her, über das Impeachment geredet und die politische Lage und allgemein und Trump hier und Trump da und während wir darüber reden, hören wir einen Donnern und über unsere Dachterrasse fliegen drei Hubschrauber mit einem grünen Anstrich und der Aufschrift United States of America und das war er dann gerade, der zurück ins weiße Haus flog.
Und da dachte ich auch so, okay, das hätte man jetzt wirklich nicht besser timen können, wenn man es geplant hätte.
Ja. Gut, dann bist du zurück nach Frankfurt gekommen, nach deiner Wahlstation dort. Wusstest du dann schon, dass du bei Clifford Anwalt werden wirst?
Ich wusste, dass ich bei Clifford Anwalt werden wollte, aber mein Erstversuch im zweiten Sechser-Examen und du erkennst hier ein Muster, was die Verbesserungsversuche angeht, war nicht so berühmt und... In mir war klar, ich wollte auch allein aus Egogründen nochmal schreiben und während ich das tat, mich da vorbereitet habe, war ich wieder wissenschaftlicher Mitarbeiter, jetzt mit 2.
Examen bei Clifford und nach dem Verbesserungsversuch bin ich dann als Associate eingestiegen und in diese Zeit, das wissen wir jetzt mit 2. Examen und dem Verbesserungsversuch fällt auch dieses Pro Bono Mandat hauptsächlich, wozu wir gleich noch kommen, aber das war so in groben Zügen der Weg.
Also die Motivationen sind natürlich immer so ein bisschen verschieden. Ich kann da für mich sprechen. Ich weiß nicht genau, ich habe ein Vorstellungsgespräch gehabt und wir waren in Essen. Danach wurde ich noch durch die Kanzlei Räume geführt und wir waren dann auch in einem alten Büro.
Da hatten wir ein eigenes Wismet-Büro. Also das war so eine...
Vorstellungsgespräch jetzt wofür, für welche Rolle?
Bei Clifford als wissenschaftlicher Mitarbeiter.
Als Vimeo ursprünglich.
Und dann kam ich in das Wismith-Büro rein und da saßen so vier, fünf Wismiths, die auch gerade ein bisschen mit mir geredet haben und mich freundlich begrüßt. Und die komplette Wand war zugekleistert mit irgendwelchen Bildern von aktuellen und ehemaligen Wismiths, Referendaren, die halt auf irgendwelchen Festen waren und Veranstaltungen oder einfach privat was gemacht haben.
Also irgendwie Burger gebraten haben oder ein Bierchen getrunken haben. Das ist mir so in Erinnerung geblieben, das fand ich irgendwie sympathisch, wo ich dachte, ah, hier könnte es dir gefallen. Und bei mir war es ja so, bei meinem Einstieg als Associate war ich zu dem Zeitpunkt, ich glaube drei Jahre schon, halt in verschiedenen Rollen in der Kanzlei und da wachsen natürlich Freundschaften, da wachsen Beziehungen und so weiter und so fort und für mich war das irgendwie gar nicht so die Frage, das war halt Bauchgefühl, das war jetzt nicht irgendwie, oh ich hab jetzt alles gegeneinander abgewogen und am Ende hat irgendwie knapp Clifford gewonnen gegen XYZ, sondern war es so, ja, ich will halt weiter mit Katrin und Henrik hier und so arbeiten.
Also das waren halt so, keine Ahnung, die Leute, die ich seit Ewigkeiten kannte, die haben natürlich auch eingespielt und so und mir ist der Gedanke gar nicht gekommen, also das war so eine Bauchentscheidung. Ich weiß nicht, ob die übertragbar, also es gibt natürlich wahrscheinlich Leute, die da anders rangehen, die dann sich da irgendwelche Pro-Contra-Listen machen und so, also zum Beispiel meine ehemalige Mitbewohnerin, die hat fein säuberliche Listen für solche Entscheidungen gemacht, für den Links- und Rechtsverstand.
Aber für mich war das so, ja ich mag es irgendwie hier und ich fühle mich hier wohl und viel tiefer habe ich das nie analysiert.
Heißt aber umgekehrt natürlich auch, wenn man jetzt gerade, kann man vielleicht ja daraus ableiten, im Referendariat ist, erstens, und man fühlt sich irgendwo wohl, erstens vielleicht mal frühzeitig ein Gespräch suchen und mal gucken, hey, ist das ja eigentlich logisch, dass man hier weiterbleiben kann, egal jetzt wo, ja. Und zweitens, wenn nicht, dann vielleicht auch doch lieber nochmal eine andere Station anschauen und so weiter, weil die Vielfalt hilft dann am Ende des Tages ja auch allen.
Genau, also wie gesagt, ich ermutige meine Referendarinnen und Referendare, guckt euch mal vielseitig Sachen an, also niemand hält es irgendwie gegen euch, wenn ihr in der Wahlstation was weiß ich wohin geht und sagt dann, du bist aber nicht hier Clifford True Believer, weil du bist irgendwie zu, weiß ich nicht, in der Wahlstation gegangen. Sondern das erweitert ja auch so ein bisschen den Horizont und es gibt ja ganz viele Lebenswege, also es gibt auch Leute, die in der Wahlstation einfach nochmal aus Interesse zur Staatsanwaltschaft gehen oder sich auch in der Strafstation da total drin verlieben, obwohl sie vorher nie was damit zu tun hatten und dann merken, das ist total meins, das will ich machen.
Das geht so ein bisschen in die gleiche Kerbe wie die Erasmus-Geschichte. Einfach mal ausprobieren. und man wird nicht mehr überrascht sein, was man dann spannend findet und wo man Leidenschaften für entwickelt.
Ja, finde ich ist ein gutes Take-away aus diesem Gespräch und von jemandem auch, der sozusagen ja noch selber relativ am Anfang seiner Karriere steht, auch wenn du schon viel gemacht hast. Wie alt bist du, dass man das noch einordnen kann? Ich bin 32.
Okay, also wirklich so typisch, gerade zwei, drei Jährchen dabei. Genau, ja. Okay, jetzt inhaltlich zur Frage, was macht man aus deiner Sicht oder was machst du im Alltag, ist ja sozusagen keine Meinung, sondern Erfahrung im Bereich Wirtschaftsstrafrecht.
Schwer zu sagen, weil so den typischen Tag gibts nicht. Wir decken den gesamten Bereich Wirtschaftsstrafrecht ab, wo sich natürlich immer gewisse Schwerpunkte herausbilden. In den letzten Jahren ist da sehr viel Cum-Ex, das ist ja auch durch die Presse gegangen.
Das sind umfangreiche Erfahrungen, die da geführt werden. Da ist auch deutliches politisches Interesse da. Also das ist ein Schwerpunkt, an dem ich viel mache, aber nicht der einzige. Und wenn ich ins Büro komme morgens, ich weiß immer nicht so ganz, was mich erwartet, weil es gibt halt Tage, da sitze ich an meinem Schriftsatzentwurf und überlege, Absatz 3, wie kann ich das noch ein bisschen schöner sagen oder wie mache ich hier noch ein elegantes Carve-Out und so.
Es gibt Tage, da komme ich ins Büro, setze sich an meinen Schriftzeitsentwurf und auf einmal klicke ich mein Telefon, Staatsanwaltschaft durchsucht irgendwo. Und dann ist es so ein bisschen wie bei der Feuerwehr, wo die Alarmglocke angeht und alle diese Stäbe da runterrutschen, die wir noch nicht installiert haben, aber für die Zukunft vielleicht auch in Erwägung ziehen würden.
Und dann rennt halt alles los zum Mandanten und in der Regel kommt man da an, legt seine Visitenkarte hin und der Laden ist erstmal ein heller Aufruhr, Weil die Staatsanwaltschaft ist in der Situation oder die Steuerfahndung eingerückt, da sind irgendwie 50, 60 Leute, die Aktenschränke durchgehen, das ist eine ungewohnte Erfahrung natürlich und die Mitarbeiter sind aufgeregt. Mit einer Ausnahme, die ich immer beobachten konnte, so Börsentrader, die macht das gar nichts aus, die sind komplett tief in Entspannung, egal was um sie herum vorgeht.
Aber alle anderen Mitarbeiter, die sind da sehr natürlich eingespannt und so und das ist ganz interessant, ich finde diese Durchsuchung immer sehr spannend, weil es natürlich verschiedene Ebenen gibt. Also es gibt natürlich die rechtliche Ebene.
Wir gucken Verteidigungskorrespondenten, das ist ja Beschlagnahmefrei. So, dann gucken wir den Ermittler mal über die Schulter und dann sehen wir irgendwie, oh, das ist jetzt ein Schriftsatz, wo oben fett Verteidigungskorrespondent steht. Dann sagen wir hier halt Stopp, das lieber mal nicht.
In der Regel ist es dann so, dann ist es so, ja müssen wir gucken, dann rufen die die Staatsanwältin oder den Staatsanwalt an, dann guckt man da zusammen drauf und dann wird das halt entschieden. Das ist die rechtliche Komponente.
Was man auch nicht unterschätzen darf, ist diese psychologische Komponente, weil, ich versuche es immer so deutlich zu machen, die Staatsanwaltschaft hat ja einen Durchsuchungsbeschluss. Also die dürfen ja da sein und sich alles angucken, das heißt wirklich Sachen in Anführungsstrichen ändern oder verhindern, das sind unsere Möglichkeiten ja sowieso beschränkt, sodass sehr viel ist, dass man irgendwie alle Seiten sagt, hier, wir lenken das jetzt mal in eine geordnete Bahn, wir kommen jetzt mal ein bisschen runter, die dürfen das, die dürfen das nicht und so weiter und kein Grund zur Aufregung und hier, wo ist denn, keine Ahnung, Archiv X, Y, Z, können Sie uns das mal zeigen, wir gehen da mit und allein dadurch kann und muss man da sehr viel einwirken und ich erinnere mich an eine Szene, wo wir in einer Rechtsabteilung standen und Mitarbeiter sitzen total irritiert an ihren Tischen, Irgendwie die Beamten, Knien da und stehen an den Schränken und räumen die aus und so weiter und irgendwo in der Mitte stehen wir und dann hatte einer, du weißt nicht, ob du das kennst, so einen kleinen Senngarten.
So ein Ding mit so einem kleinen Rechen mit Sand und so einem Steinchen und so und um die so ein bisschen zu beruhigen, machen wir dann auch Smalltalk und meinen so, oh was ist das denn hier? Und dann meinte der Mitarbeiter so, ja das ist so ein Senngarten, also das ist, den stellt man sich quasi irgendwo hin und der vermittelt einem dann Ruhe und Entspannung.
Mein Kollege und ich blickten so um uns herum und meinten so, ja funktioniert ja super. Und genau das ist das so, dann lacht der Mitarbeiter, wir lachen so ein bisschen und so ein, zwei Ermittler grinsen sich auch ein und sofort ist diese Lage so ein bisschen entspannter und man merkt ja so, okay da ist jemand, man muss das jetzt auch nicht zu wild sehen und so und das ist natürlich immer sehr spannend.
Lass uns dann mal gerade rechtlich noch in einen Punkten tacken, tiefer reingehen. Nehmen wir mal an zum Beispiel Verteidigungskorrespondenz, was eben dein Beispiel war. Du hast dann gerade so gesagt, ja dann ruft da halt jemand irgendwie den Staatsanwalt an und dann wird das entschieden.
Ja.
Was wäre denn die Rechtsfolge, wenn das falsch entschieden wird? Also nehmen wir mal an, da wird was beschlagnahmt. Das ist eindeutig Verteidigungskorrespondenz. Da steht meinetwegen euer Briefkopf drauf und ja es ist eine ganz klare Sache, aber die nehmen das jetzt trotzdem mit. Wie gehts dann weiter?
Ja, das ist ein bisschen schwierig, weil rein rechtlich ist es natürlich so, dass darf nicht verwertet werden, ob sie es mitnehmen oder nicht.
Aber die wissen es natürlich trotzdem dann.
Genau, ich kann halt ein Dokument nicht unlesen.
Ja.
Als Staatsanwalt auch. Und genau darum ist halt auch so ein bisschen die Sache, dass wir da frühzeitig darauf hinwirken. Und vor allem, es sind ja auch manchmal nicht ganz einfache Fälle. Also zum Beispiel, klar, jetzt ein Schriftzess, das von uns zum Beispiel kommt, irgendein Memo, wo oben links steht, Clifford Charns, Verteidigungskorrespondenz, Privilege und Confidential.
Und es ist unterschrieben von zwei Leuten, die offensichtlich in der Wirtschafts- und Strafrechtsabteilung halten. Das ist eine klare Sache. Aber was ist jetzt irgendwie, jemand macht sich bei einem Mandanten Notizen in einer Telefonkonferenz und die sind ja nicht unbedingt strukturiert, nur hat jemand sein Notizbuch offen und schreibt sich da so ein Gespräch mit und dann wird dieses Notizbuch beschlagnahmt oder soll beschlagnahmt werden.
Das ist natürlich schwierig, weil einerseits ist es häufig nicht direkt zu identifizieren, also die wenigsten Leute schreiben sich ja irgendwie in Erwartung einer Durchsuchung private Notizen Verteidigungskorrespondenz rein und zweitens, also ich führe ja auch ein Notizbuch, na gut, ich bin das schlechte Beispiel, ich schreibe selten irgendwas, was nicht Verteidigungskorrespondenz ist, aber angenommen, ich bin irgendwie in der Rechtsabteilung von einem Unternehmen und mache ja auch noch andere Sachen, so dann sind vielleicht irgendwie die ersten 30 Seiten, von dem Notizbuch völlig fein, dann habe ich irgendwie drei Seiten Notizen über ein Gespräch mit uns, das ist Verteidigungskorrespondenz und die nächsten 50 sind wieder fein und da muss man natürlich dann sehr diffizil argumentieren und in der Regel kann man das natürlich so in der Situation nicht klären.
Das ist zu kleinschrittig dann irgendwo dann.
Genau, also wir haben es dann in der Regel, dass da irgendwie, man kriegt ja am Ende so ein Beschlagnahmeverzeichnis und da steht dann hin, das wurde beschlagnahmt und dann machen wir eine Erklärung, wir weisen darauf hin, dass Aserbaidsch XYZ unserer Meinung nach Verteidigungskorrespondenz und Beschlagnahme frei ist, also das sind die Möglichkeiten, die wir dann in der Situation
haben, wir können denen das ja nicht aus der Hand reißen oder so.
Aber das ist ein interessanter Aspekt, denn der bringt ja den Kern dieser Durchsuchungsbetreuung gut auf den Punkt, sozusagen man kann nichts ungelesen machen.
Genau, ja, ganz genau.
Darum geht es am Ende des Tages, dass es rechtlich ziemlich schwarz oder weiß ist, je nachdem was es halt für ein Dokument ist, okay, auch da mag es Fälle geben, wo man streiten kann, wie du es gerade beschrieben hast, aber am Ende des Tages, man kann es nicht ungelesen machen und das ist das Problem. Deswegen braucht es euch an der Stelle unter anderem.
Genau, ganz genau, ja.
Gut, jetzt zum viel geteaserten Pro Bono Mandat. Was hast du da gemacht? Man findet das auch, wenn man dich sonst googelt, aber wir müssen uns, glaube ich, trotzdem kurz besprechen, weil das halt auch einfach zu dir als Anwaltspersönlichkeit gehört und wir wollen ja hier die Leute sozusagen auch möglichst ganzheitlich darstellen.
Also ich fange am besten am Anfang an, weil im Werdegang hatten wir schon darüber geschrieben, dass ich den Erstversuch von meinem zweiten Examen schön an die Wand gefahren hatte. Also Bestanden hatte ich, aber besonders glorreich war es nicht.
Und für mich klar war, hier, ich werde mal Verbesserungsversuch schreiben und während ich mich auf den vorbereite, muss ich von irgendwas leben. Also mache ich noch mal Wismet mit meinem zweiten Examen, den Deluxe Wismet. Und ich dachte, das wird eigentlich eine kurze Variante, weil ich mache das irgendwie noch vier Monate, dann schreibe ich nochmal und dann ist es auch gut.
Dann kam Covid. Und dann war ich in der Situation, dass das Justizministerium gesagt hat, okay bei, Wir haben nur sehr begrenzte Kapazitäten an Leuten, die Examen schreiben können, weil Abstandsvorschriften eingehalten werden müssen, weil Betreuer eventuell nicht verfügbar sind, weil die irgendwie Risikogruppe sind und haben dann gesagt, okay, wir priorisieren die, die noch gar kein Examen geschrieben haben, die gewissermaßen regulär schreiben und ihr liebe Verbesserungsversuchsschreiber, ihr habt ja schon bestanden, geduldet euch.
Und dann kam irgendwie ein Brief bei mir, wo drin stand, ja, also das war ziemlich am Anfang Kapazitätsprobleme, aufgrund der Corona-Lage können Sie zurücktreten und dann werden Sie zum nächst organisatorisch möglichen Zeitpunkt nachschreiben. Naiv wie ich war, dachte ich, naja gut, der nächst organisatorische Zeitpunkt wird der nächste Drill-Death-Termin sein, weil der ist ja organisatorisch möglich.
Und dann kam ein Brief vor dem Rinnenstand, bereiten Sie sich mal auf November vor. Das war, keine Ahnung, April, März. Ich dachte, oh. Und dann war klar, ich strecke die ganzen Pläne mal und ich brauche halt auch noch eine längere Wiss-Mit mit zweitem Examen-Tätigkeit.
Und dann war es so, das war mitten im Lockdown und mein Chef kam zu mir und meinte, hier Alex, wir haben eine Anfrage von Human Rights Watch. Es geht um eine Prozessbeobachtung von einem Mandat in Koblenz.
Ich stelle es dir völlig frei, weil es wäre natürlich mit Reistätigkeit nach Koblenz und so weiter und so fort verbunden, wenn dir das zu risikoreich ist, dann sagen wir den ab, ist gar kein Problem, also entscheide völlig frei. Und ich habe mir dann einen Tag Bedenkzeit ausbedungen und habe dann zugesagt mit einer Bedingung, ich habe gesagt, ich mache das, bin verrückt geworden in meiner WG und Kickdown auf der leeren Autobahn Richtung Koblenz zu machen.
Tut ganz gut. Das tut ganz gut.
Genau und so fing ich dann an, also nicht alleine, mit einer großen Zahl von Kollegen haben wir da die verschiedenen Tage abgedeckt, aber ich und ein Kollege, der Alexander Dünkelsbühler im Besonderen, wir haben die ersten beiden Tage, ich den ersten und er den zweiten abgedeckt und haben da die ersten Memos zugeschrieben, die natürlich dann so ein bisschen das Template wurden für alles andere.
Und die sind sehr gut angekommen bei der Mandantin auch, die sagen, ja das ist genau so, das ist genau wie wir es vorgestellt haben, weil man ja auch sehr viel Kontext liefern musste. Also vielleicht so ein bisschen was wir da gemacht haben, wir saßen halt im Zuhörersaal und haben halt Mitschriften über die Verhandlungstage angefertigt.
Vielleicht müsstest du noch mal kurz sagen, worum es überhaupt innerlich geht.
In Koblenz wurden zwei ehemalige syrische Geheimdienstmitarbeiter vor Gericht gestellt und die wurden dort wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt und das war der erste Prozess wegen Kriegsverbrechen in Syrien im syrischen Bürgerkrieg überhaupt. Wie die da gelandet sind, das ist eine bisschen wilde Geschichte.
Der eine war Leiter von der Vernehmungsabteilung im syrischen Geheimdienstgefängnis. Also was man als Leiter der Vernehmungsabteilung im syrischen Geheimdienstgefängnis macht und mit welchen Methoden, das kann man sich glaube ich ausmalen. Und der andere war Mitglied von so einem Greiftrupp, der gewissermaßen bei den Demonstrationen der Anfangsphase des arabischen Frühlings rumgefahren ist und Demonstranten, also wirklich wie im Film, in Vans gezehrt hat und dann da in dieses Gefängnis gebracht hat.
Und die sind beide desertiert 2011 und kamen auf verschlungenen Wegen nach Deutschland und das Verfahren wurde so ein bisschen angestoßen aus zwei sehr, sehr bizarren Situationen. Bizarre Situation eins war, der Hauptangeklagte marschierte in eine Berliner Polizeistation und sagte, ja ich möchte Anzeige erstatten, der syrische Geheimdienst verfolgt mich.
Man muss sich vorstellen, das ist ja keine Spezialabteilung, das ist nicht der Staatsschutz, das ist die ganz normale Polizeiwache, die man um die Ecke hat.
Da ist die erste Frage, are you serious?
Ja genau, also sie dachten halt wahrscheinlich am Anfang, das ist ein Spinner und waren irritiert, haben dann aber so ein bisschen nachgehakt und haben gefragt, warum sollte der syrische Geheimdienst sie verfolgen? Ja, ich war selber im syrischen Geheimdienst, bin desertiert und bla bla bla und seit er halt Vernehmungsleiter in dieser Abteilung gewesen hat, also das ist auch grotesk, hat seine Aussage bei der deutschen Polizei auch mit seinem syrischen militärischen Rang, also von einem Militär, aus dem er ja desertiert war, unterschrieben.
Also er stand dann unter der Aussage Colonel Anwar Erb und dann hat man ihm das dann doch irgendwie so zumindest halbwegs abgenommen und hat das ans Bundeskriminalamt auch weitergeleitet, die dann meinten, ja ja, den haben wir auf dem Schirm, für den interessieren wir uns, weil, und das ist eine bizarre Situation 2, der Hauptangeklagte war dann natürlich in Deutschland in so einer Erstaufnahmeeinrichtung untergebracht mit vielen anderen syrischen Flüchtlingen aus dieser Zeit und lief dann auf der Straße vor...
Der Einrichtung einem anderen Syrer über den Weg, der ich dachte, Moment, das ist doch der Typ aus dem Gefängnis, in dem ich eingesperrt war. Also die sich dann in Berlin getroffen haben und so kam das dann, also es ist ein riesiger Ermittlungsaufwand, der da betrieben wurde, kam das dann zusammen und die beiden wurden wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor Gericht gestellt.
Dieser Prozess wurde dann von Human Rights Watch beobachtet oder begleitet und die brauchten natürlich Sachverstand in Deutschland Und weil da mit London und Amsterdam glaube ich, also unseren Büros dort, eine bestehende Kooperation existierte, hat man sich an uns gewandt und so landet das Ganze bei mir dann.
Der Fall ist ja ziemlich spektakulär, weil das meines Erachtens auch rechtlich gar nicht so einfach ist. Zum einen aufgrund der gesamten Ermittlungsarbeit und wie willst du da irgendwas beweisen, was irgendwann mal irgendwo in Syrien passiert ist.
Ja, ganz genau.
Schwierig. Und überhaupt, dass es in Deutschland verhandelt wird. Genau. Wie kommt es dazu?
Das geht nach dem Weltrechtsprinzip. Also, der deutsche Gesetzgeber hat das Völkerstrafgesetzbuch eingeführt und entschieden, gewisse Kategorien von schwersten Verbrechen, also Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die sind in Deutschland strafbar, egal ob der Täter deutscher ist oder nicht, ob ein Deutscher zu den Opfern gehört oder nicht oder ob es in Deutschland stattfindet oder nicht.
Und unter Anwendung dieses Völkerstrafgesetzbuches kam dieser Prozess zustande. Also das darf man auch nicht verwechseln mit den Prozessen vor dem Internationalen Strafgesichtshof, die ja ihre eigenen Statuten haben. Das ist einfach ein ganz normaler Prozess nach deutschem Strafrecht, nach deutscher Strafprozessordnung, der in Deutschland verhandelt wird.
Und das war auch einer der ersten Prozesse dieser Größenordnung, die überhaupt zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen überhaupt da in Deutschland verhandelt wurden und hatte auch so ein bisschen Signalwirkung. Insbesondere, weil die Vorgängerprozesse teilweise organisatorisch sehr schwierig waren und unkoordiniert abgelaufen sind.
Während Koblenz, ich glaube das kann man sagen, in der Rückschau, wenn man alles zusammennimmt, relativ solide, gradlinig geführt und gut abgelaufen ist, gut von der Bühne gegangen ist. Und darum auch so ein bisschen so, ich will nicht sagen Standard gesetzt, aber Vorbildfunktion hat, wie, okay, wie machen wir das bei zukünftigen Prozessen?
Wie lange warst du dort? Oder wie lange hat der Prozess gedauert?
Also das waren anderthalb Jahre quasi Bruttozeit und ich glaube, wir haben am Ende je nach Zählweise so 110 Verhandlungstage gehabt.
Wow.
Ja, je nach Zählweise. Also es gibt ja verschiedene Organisationen, die das begleiten und wir hatten ja manche Tage, wo irgendwas organisatorisch schief gegangen ist und das Gericht quasi rausgekommen ist und gesagt hat, Richter so und so ist dann Covid-erkrankt, Prozestag, heute wird abgesagt und wieder reingegangen ist. Je nachdem, ob man das jetzt als einen Verhandlungstag zählt oder nicht, weicht das so ein bisschen ab.
Und diese 110 Tage haben wir komplett abgedeckt. Also es war, glaube ich, bis auf einmal wegen Platzbeschränkungen immer jemand von uns im Gerichtssaal, also nicht immer ich. Also ich glaube, ich habe die größten Teil gemacht, weil ich ja aufgrund dieser Wismuthätigkeit dann ab einem gewissen Zeitpunkt nur das gemacht habe.
Aber das war also ein riesiger Team-Effort von Wismiths, die da auch wirklich über sich hinausgewachsen sind. Ich hab ja dann, nachdem ich als Anwalt angefangen habe, lief der Prozess weiter und das war ganz interessant, weil ich ja quasi dann in so eine Supervisor-Rolle bis hierhin gekommen bin und quasi die Leute beaufsichtigt habe bei dem, was ich früher gemacht habe.
Ich war total beeindruckt, wir kriegen ja diese Mitschriften, die ja häufig von Wismiths auch kommen, die dann nicht so den kompletten Kontext haben, weil sie nur ein oder zwei Tage abgedeckt haben. Und wir ergänzen ihn so ein bisschen mit Fußnoten und so weiter.
Und einmal bekam ich da ein Protokoll zurück, das schon voller Fußnoten war, mit detailreichen Anmerkungen zu... Also zum Beispiel, da gab es Zeugenaussagen, wo gesagt wurde, ja, das sei nach dem Freitagsgebet, hätte die Demonstration stattgefunden. Und es war der arabische Begriff des Freitagsgebetes beschrieben.
Und da war schon eine Fußnote drin, wo dann detailliert beschrieben war, also das Freitagsgebet findet um die und die Uhrzeit statt. Ist so ein bisschen so ein Community-Treffpunkt. Und häufig ist es so, dass sich da Veranstaltungen anschließen und so weiter.
Ich war so ein bisschen irritiert und habe meine Kollegin Caroline Kittelmann hier aus dem Litigation-Team angerufen und sie gesagt, Sag mal Caroline, hast du das schon bearbeitet so? Und nee, nee, das hat sich herausgestellt. Wir hatten eine wissenschaftliche Mitarbeiterin, die Familie in Israel hatte und da häufig war und halt mit den Traditionen und den Gebräuchen da sehr vertraut war und das da schon quasi verschnürt und fertig hatte.
Und solche Situationen gab es halt bei ganz vielen verschiedenen Sachen immer, immer häufiger, dass sich die eingebracht haben oder Beobachtungen gemacht haben. Und es hat sehr, sehr Spaß gemacht auch das zu bearbeiten.
Ich glaube mit sehr viel Spaß können wir diese Folge wunderbar beenden. Ich fand es sehr sehr interessant, deinen gesamten Lebensweg so ein bisschen hier geschildert zu haben und auch mal ganz schön einen etwas jüngeren Einblick sozusagen in die Kanzleiwelt zu erhalten. Vielen Dank Alex.
Ja hat mich sehr gefreut. Vielen Dank dir. Tschüss. Tschüss!