Dr. Hariolf Wenzler, CEO | YPOG
Im siebten Teil unserer Sonderreihe zu den aktuellen Trends im deutschen Rechtsmarkt beleuchten wird mit Hariolf, wie das Business Development moderner Kanzleien auf aktuelle Trends reagieren kann (und sollte). Wir beleuchten, was gutes Business Development ist, knüpfen an unsere Ausführungen zur Produktiviserung der Rechtsbranche an und geben Ausblicke auf voraussichtliche Entwicklungen in 2024 and beyond. Viel Spaß!
Happy Listening 🎉 und vielen Dank für Euer Feedback! 🙏🏼
YPOG gehört als unabhängige Wirtschaftskanzlei zur Kategorie der großen deutschen Einheiten, die gleichermaßen in Berlin, Hamburg, Köln und neuerdings München präsent sind. Rund 350 Mitarbeitende, darunter über 130 Rechtsanwältinnen, Steuerberater und notarielle Fachleute, beraten Mandanten aus dem Tech-, Venture-Capital- und Private-Equity-Ökosystem in Fragen des Gesellschafts-, Steuer-, Finanz- und Aufsichtsrechts.
Besondere Bekanntheit genießt die Kanzlei für ihre Arbeit an der Schnittstelle von Recht, Technologie und Unternehmertum – sei es bei der Strukturierung von VC-Runden, FinTech-Regulierung oder der Fondsauflegung – und für ihre moderne, interdisziplinäre Arbeitsweise mit einem eigenen, nicht-juristischen CEO.
Wenn du wissen willst, wie sich diese Kultur im Alltag anfühlt und was das für deine Karriere bedeuten kann, schnapp dir deine Kopfhörer und hör in unsere YPOG-Folgen von Irgendwas mit Recht rein!
Dr. Anika Patz , Partner
Dr. Hariolf Wenzler , CEO
Dr. Hariolf Wenzler , CEO
Dr. Hariolf Wenzler , CEO
Business Development ist keine Funktion, sondern eine Haltung: Es bedeutet, als Anwalt nicht nur Fachkompetenz zu zeigen, sondern sich als Netzwerker und Problemlöser im Markt zu positionieren und Unternehmer-DNA zu entwickeln.
KI-basiert und kann Fehler enthalten.
Herzlich willkommen zu Folge 7 von Im Rechtsmarkt. Wir nehmen das hier alles zusammen auf, damit wir uns natürlich nicht dreimal treffen. Das darf man glaube ich verraten. Insofern kann ich sagen, schon wieder, hallo Harryolf.
Schon wieder, hallo Marc, vielen Dank. Vielen Dank. Der noch lange nicht gehoben ist. Ich würde das mal wie folgt beschreiben. Wenn wir gucken, wo wir herkommen, bevor wir gucken, wo wir hinwollen, dann kann man zwei Dinge sehen, die Business Development jedenfalls nicht mehr sind.
Das eine ist auf Seiten der Anwältinnen und Anwälte, dass bloße Werben oder zur Verfügung stellen von Fachkompetenz und darauf warten, dass irgendjemand diese Kompetenz schon abfragt. Und das quasi sich nach außen darstellen über Fachkompetenz in Fachartikeln und so weiter.
Das stimmt natürlich insofern nicht ganz, als dass Fachkompetenz und das sich verbreitenden Fachartikeln nach wie vor eine wichtige Rolle spielt und je nach Rechtsgebiet auch immer noch mehr oder weniger bedeutend ist, aber dass das eben für Geschäftsentwicklung alleine nicht mehr ausreicht. Vielleicht die Fähigkeit mit dem, was man als Anwältin, als Anwalt, aber auch als Kanzlei in den Markt bringen kann, anders nach außen zu treten.
Und darauf werden wir sicher gleich kommen, spielt eine sehr viel stärkere Rolle heutzutage, insbesondere für die Berufsträgerinnen und Berufsträger. Das zweite, was es auch nicht ist, ist es keine Funktion. Also Business Development, so wie man das dann aus größeren Anwaltskanzleien kennt, ist eben nichts, was irgendeine Fachabteilung macht.
Da sitzen Leute, die machen Business Development und die schreiben dann LinkedIn Posts oder machen Pitch-Präsentationen fertig und schreiben Proposals oder machen Kanzlei-Broschüren, die man dann wild durch die Gegend schickt oder eben machen Präsentationen hübsch oder so. Also Business Development ist eben keine Funktion, die man wegdelegiert nach dem Motto, da habe ich Leute für, die machen das.
Wenn es das eine nicht ist und das andere nicht ist, dann glaube ich, lohnt es sich, sich zu beschäftigen mit einem Paper, das ich als Aufhänger nehmen würde von Matt Dixon und Ted McKenna in der Harvard Business Review, letztes Jahr erschienen, Ende 2023, mit dem eindrucksvollen Titel What Todays Rainmakers Do Differently. Und da geht es eben um die Frage, wie Business Development in Professional Services Firmen sich eigentlich weiterentwickelt und worauf es ankommt.
Und das ist eben das Zusammenspiel von einerseits einer Haltung, die insbesondere Partnerinnen und Partner annehmen und einnehmen, bei der klar ist, dass sie eine Dienstleistung erbringen, mit der sie auf den Markt gehen und in der Lage sind, das auch nach außen darzustellen und zu verkörpern, Netzwerke zu pflegen, sich richtig Zeit dafür zu nehmen, zu verstehen, wo sie mit dem, was sie an Kompetenzen haben, im Markt erfolgreich sein können und sich diese Märkte auch zu erschließen.
Diesen Netzwerke zu pflegen heißt heute natürlich insbesondere LinkedIn als Kanal zu nutzen, aber eben auch alle anderen Outlets, die man hat, Veranstaltungen, Verbände so zu nutzen, dass man nicht als alleine der rechtliche Experte für ein Thema wahrgenommen wird, sondern auch als die kompetente Person innerhalb eines Netzwerks, die mit einem rechtlichen Profil die Probleme lösen kann. Also Business Development ist eine technisch unterstützte logischerweise, aber eine Haltung des Ausrichtens aller Partnerinnen, aller Partner auf den Markt, den man bearbeitet.
Das ist für Juristinnen und Juristen in der Ausbildung oft schwer vorstellbar, weil es ja da um fachliche Kompetenz geht und Ausbildung dann auch in den ersten Berufsjahren häufig die Ausprägung von fachlichen Schwerpunkten, von fachanwaltlichen Schwerpunkten, die man entwickelt. Und daraus rauszukommen und zu sagen, und jetzt überlege ich mir, wie die Probleme eigentlich aussehen, auf die ich Antworten habe und wo ich die Menschen und die Unternehmen finde, die diese Probleme haben und wie ich mich dort positioniere, in welchen Netzwerken ich unterwegs bin, wie ich meine eigenen Kontakte, die ich habe und mitgebracht habe, wie ich die nutze.
Business Development für eine Kanzlei ist im Prinzip eine Haltung, die auch jede Mitarbeiterin, jeder Mitarbeiter einer Kanzlei haben kann. Wer samstags? Abends auf irgendeiner Party steht und mitkriegt, dass irgendjemand irgendein Thema hat, der merkt, dass Menschen Hilfe suchen und Fragestellungen haben und zu überlegen, welche Antworten können wir auf Fragen liefern, das ist eine Haltung und nicht eine Funktion, die man dabei ausübt.
Das ist jetzt relativ stark aufs Außen bezogen und man sieht offensichtlich diese Schnittstellen mit Marketingfunktionen und Sales, aber ohne dass es natürlich eine eigene Funktion ist, wie du gerade gesagt hast. Ich würde ganz gerne den Fokus nochmal aufs Interne lenken.
Ist BD nicht immer auch ein bisschen Service-slash, wir verweisen hiermit sozusagen verbal auf unsere vorherige Folge, Produktentwicklung im Inneren?
Eine wunderbare Frage, denn das ist ja das, was sich dann daraus ergibt. Wenn BD mehr ist als das fachliche Profil, dann wird das auch durch andere Tätigkeiten ausgeübt und erarbeitet als durch Mandatsarbeit alleine. Und da kommt der Trade-off in Anwaltskanzleien, wenn es darum geht, wie viel Zeit nehme ich mir dafür, die ja im Prinzip von der Mandatsarbeit abhält.
Und das ist jedenfalls ein Teil der Antwort, sich wirklich Zeit dafür zu nehmen, diese Mandate und die Perspektive des Marktes auch tatsächlich zu entwickeln, je weiter man in der Karriere innerhalb der Anwaltskanzlei dann kommt, weil logischerweise je stärker man sich Richtung Partner entwickelt und bei Partnern und Partnerinnen dann ohnehin das Entwickeln von Geschäftes eigentlich ist. Also wegzukommen von der Fokussierung auf fachlich-inhaltliche Mandatsarbeit und dafür zu sorgen, dass das Team breit eingesetzt werden kann.
Ob Associates ausgelastet sind oder nicht, eine wirtschaftlich relevante Frage für Anwaltskanzleien hängt davon ab. Wie viel Mandatsgeschäft Partnerinnen und Partner generieren können. Das ist nicht Kernaufgabe der Associates, aber es ist Kernaufgabe der Partner.
Und um da hinzukommen, braucht es eben die Weiterentwicklung vom reinen Fachmann, von der Fachfrau hin zu einer Person, die in einem breiteren Kontext eine Industrie versteht, sich als Teil dieser Industrie, in dieser Industrie bewegen kann, als Problemlöser wahrgenommen wird, weiterempfohlen werden kann, sichtbar wird. Und das ist eben weit über das rein rechtliche Thema hinaus eine Frage.
Dixon McKenna nennt es in dem Artikel das Activator Profile, das also in der Lage ist, die eigenen Ressourcen innerhalb der Kanzlei auf Mandatsentwicklung einerseits zu aktivieren, aber gleichzeitig eben auch dieses Netzwerk zu pflegen, rauszugehen und Geschäft zu generieren. Und das eben als eine eigene Aufgabe zu verstehen, als eine Haltung zu entwickeln, die sich dann auch von der Frage löst, ob man die Stunde rechts oder links aufschreibt bei den Billables oder bei den Non-Billables, sondern das ist quasi Teil der eigenen Unternehmer-DNA auf dem Wege zum Partner zu sein.
Wenn ich Unternehmer in dieser Kanzlei bin, Unternehmerin, dann bin ich auch verantwortlich dafür, dieses Geschäft zu generieren. Und das mache ich nicht alleine durch meine fachliche Expertise, sondern das setzt eine persönliche Haltung voraus, die mich im Markt erkennbar macht als jemand, der diese Art von Problemen auch wirklich lösen kann, eine Go-To-Person zu sein und eine entsprechende Persönlichkeit auch dahin zu entwickeln.
Insbesondere historisch bedingt schwingt da ja auch immer so ein bisschen mit, sich selber zu verkaufen und die eigene Expertise zu verkaufen. Jetzt haben wir in unseren anderen Folgen natürlich auch schon, insofern hört da mal rein, wenn ihr das noch nicht getan habt, viel darüber gesprochen, ob man eigentlich für sich als Anwalt einsteht oder für die Kanzlei und ob man nicht eher auch so ein Unternehmen verkauft und eine gewisse institutionalisierte Kompetenz natürlich auch nach außen ausstrahlt.
Ich würde gerne auf einen anderen Punkt hinaus, denn neben diesem Spannungsfeld Individuum und Kanzlei und was macht eigentlich die Einheit aus, gibt es ja auch das Spannungsfeld Individuum und Technologie. Manche im Markt haben bei unserer Bucerius Roadshow im Herbst 23 so Zwischentöne geäußert wie, naja, sind wir nicht eigentlich alle Technologiedienstleister mittelfristig und verkauft man nicht nur noch eine Tech-Lösung? Was hat das denn noch mit mir als Anwalt zu tun? Ich überspitze das mal ein kleines bisschen.
Also die Antwort darauf weiß wahrscheinlich niemand so ganz genau. Was aber erkennbar ist, ist, dass Technologie eine immer stärkere Rolle spielt in der Art, wie wir den Rechtsrat erbringen, wie wir unsere Leistung erstellen, wie wir arbeiten. Vielleicht passt das Beispiel mit dem Arzt der Ärztin.
Man kann heute alles googeln und wahrscheinlich ein Foto hochladen und findet sofort raus, ob der Fleck auf der Haut jetzt gefährlich ist oder nicht. Aber am Ende des Tages wird man sich einem Arzt oder einer Ärztin zuwenden, um zu sagen, was mache ich jetzt damit, wie gehe ich damit um und brauche diesen Austausch und will dabei ja auch den Teil Dienstleistung, den es hat.
Man würde aber doch schon auch erwarten, dass auf der ärztlichen Seite der Rat durchaus auf dem basiert, was Google alles auch schon weiß und sich nicht darauf verlassen, dass irgendwie eine Ärztin sagt, naja, das habe ich auch noch nicht so oft gesehen, weiß ich jetzt auch nicht so genau. Also ich glaube, das ist deswegen kein Entweder-Oder, sondern das ist die Kombination.
Es erfordert natürlich von uns immer more tech-savvy zu werden, so wie wir alle Digitalisierungsschritte dieser Gesellschaft ja auch zwar in unterschiedlicher Geschwindigkeit und Ausprägung im Prinzip ja auch alle mitgegangen sind. Es gibt ja nichts, was es in Kanzlei Deutschland nicht gäbe, was es woanders auch schon gibt.
Das gibt es nur noch nicht überall. Aber der Trend ist ja auch völlig klar und genauso wird es sein mit KI und mit Anwendungen, von denen man erwarten wird von der Mandantenseite, dass wir mit Technologien arbeiten, die heute Standard sind.
Auch eine Frage aus dem Markt. Wird infolgedessen die zunehmende Technologisierung gerade natürlich auch mit KI zu einer Konsolidierung des Kanzleimarkts führen? Ich.
Würde zunächst vorschalten die Frage, ob Kanzlei als vom Rechtsdienstleistungsgesetz geschützte Leistungsform der Leistungserbringung nicht eine Renaissance erlebt durch KI. KI, das hört sich jetzt komisch an, aber es mag ja durchaus sein, dass in dem Moment, wo auf der Welt alles fake sein kann, am Ende des Tages Institutionen die sind, denen man das Vertrauen entgegenbringen wird und kann, dass das, was man da bekommt, tatsächlich auch gilt.
Insofern glaube ich, dass auch in der Zusammenarbeit mit KI eine große Chance liegen kann. Man kann sich das mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk ja ganz ähnlich vorstellen. Wenn alles fake ist und KI ganze Fernsehsender produzieren kann und Menschen irgendwann rausfinden wollen, was gilt eigentlich, was ist eigentlich nicht gefaked, dann ist es völlig in Ordnung, wenn auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit KI-Technologie arbeitet.
Aber am Ende des Tages ein Absender wird, der Originalität, Echtheit und damit auch Qualität einer Botschaft garantiert. Ich sage nicht, dass es so kommt, aber darin liegt ja eine Chance und die liegt natürlich auch im Rechtsmarkt für die Anwaltschaft darin. Und das ist gar nicht das Rückzugsgefecht zu sagen, wir sind ja die Einzigen, die es dürfen vom Gesetzgeber oder nur wir können den Stempel draufgeben oder nur wir haben eine Haftpflichtversicherung.
Das klingt so, als wäre das sozusagen rückwärtsgewandt. Nee, das kann ja nach vorne auch sein. Wir sind die Einzigen, die in der Lage sind, für das zu garantieren, was am Ende als Rechtsrat und Ergebnis rauskommt.
Und dann, glaube ich, ist die Konsolidierungsfrage, die läuft auf einer ganz anderen Ebene. Die Konsolidierungsfragen laufen bei der Frage, wie groß sind Investitionen, die man tun muss, damit sich bestimmte Dinge lohnen, wie groß sind einzelne Märkte. Wahrscheinlich wird es Konsolidierung geben, weil auf allen Märkten, die so scattered sind, wie auch der Rechtsmarkt Konsolidierung immer stattfindet und die auch schon stattgefunden haben.
Wir haben in den 90er Jahren mit der Aufhebung des überörtlichen Sozietätsverbots die großen angelsächsischen Kanzleien kommen sehen. Wir haben große Law-Firms wie Denton, Steele, Palmer, Baker, McKinsey, die mit zehntausenden Anwälten weltweit unterwegs und erfolgreich sind. Und gleichzeitig ist der Markt so, dass quasi alles, was es an Spektrum gibt, immer noch da ist.
Der wird in Bewegung bleiben, aber ich bin mir nicht sicher, ob der Treiber dafür alleine und ausschließlich KI sein wird.
Ich nehme einen sehr interessanten Gedanken mit, den ich so auch noch nicht gehört habe und geschweige denn selber hatte, nämlich, dass die Kanzlei, der Anwalt, vielleicht auch die Kanzlei Marke als sozusagen, kann ich sagen, Lückenfüller, aber als Vertrauensinstanz womöglich eine sehr große Chance in Zukunft hat.
Ja, Lückenfüller wären mir viel zu defensiv. Als Guarantor. ja.
Danke, ciao.
Danke.