IMR20612. Feb 24
IMR206: Jura-Promotion & Schreibblockade, Nachhaltiges Privatrecht, Klimahaftung für CO2-Ausstoß (RWE-Verfahren)

IMR - Original

IMR206: Jura-Promotion & Schreibblockade, Nachhaltiges Privatrecht, Klimahaftung für CO2-Ausstoß (RWE-Verfahren)

Prof. Dr. Jan-Erik Schirmer, Professor | Europa-Universität Viadrina

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Über diese Episode

Folge 206 deines Jura-Podcasts zu Job, Karriere und Examensthemen.

Folge 206 Eures Jurapodcasts mit spannenden Vorbildern und Persönlichkeiten, heute mit Dr. Jan-Erik Schirmer. Wie kam er dazu, sich mit nachhaltigem Privatrecht zu beschäftigen? Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Haftung juristischer Personen? Sollten Hersteller für ihre Angaben zur Nachhaltigkeit haften? Was ist eine Klimaklage? Wie schätzt er die Aussichten im Verfahren des peruanischen Landwirts vor dem OLG Hamm ein? Wie wurde er Privatdozent? Was macht die Mitarbeit an seinem Lehrstuhl aus? Antworten auf diese und viele weitere Hintergründe zu einem spannenden und stark wachsenden Querschnitts-Rechtsgebiet erhaltet ihr in dieser Folge. Viel Spaß!

Inhalt:

  • 00:42 Intro & Update
  • 02:15 Vorstellung Jan-Erik
  • 05:13 Professorendasein und Lehre
  • 08:04 Motivation zur Promotion
  • 17:51 Nachhaltiges Privatrecht
  • 23:42 Falsche Herstellungsangaben als Sachmangel?
  • 31:42 Klimaklage vor dem OLG Hamm
  • 40:13 Mitarbeiten bei Jan-Eriks Lehrstuhl

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Zu Gast

Jan-Erik Schirmer

Jan-Erik Schirmer

Kapitel

  • 00:00:42.744Intro & Update
  • 00:02:15.163Vorstellung Jan-Erik
  • 00:05:07.137Professorendasein und Lehre
  • 00:07:54.621Motivation zur Promotion
  • 00:17:19.820Nachhaltiges Privatrecht
  • 00:23:00.698Falsche Herstellungsangaben als Sachmangel?
  • 00:30:46.576Klimaklage vor dem OLG Hamm
  • 00:39:01.857Mitarbeiten bei Jan-Eriks Lehrstuhl

Über Europa-Universität Viadrina

Die Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) ist eine staatliche Universität mit Schwerpunkt auf Jura, Wirtschafts- und Kulturwissenschaften. An dem vergleichsweise kleinen Campus arbeiten und forschen rund 600 Mitarbeitende für gut 6.000 Studierende – kurze Wege und enger Kontakt zwischen Lehrenden und Lernenden sind hier Programm.

Die juristische Fakultät überzeugt mit starker europäischer Ausrichtung, zahlreichen Doppelabschlüssen mit Partnerhochschulen in Polen und Westeuropa sowie einem ausgeprägten Fokus auf Praxisnähe und interdisziplinäre Forschung.

Lust auf mehr? Dann hört rein in die aktuelle IMR-Folge – dort erfahrt ihr von Dr. Jan-Erik Schirmer aus erster Hand, wie nachhaltiges Privatrecht an der Viadrina gelebt wird.

"
Mir ist wichtig, dass Menschen mit Themen kommen, die sie wirklich interessieren und motivieren. Nur dann entstehen coole Dinge – und ich lerne auch gern von anderen, die andere Perspektiven einbringen.

Sneak Peak – Q&A mit Jan-Erik Schirmer

Transkript

KI-basiert und kann Fehler enthalten.

0:00 Min
Sponsor_ Heuking:

Die heutige Episode von Irgendwas mit Recht wird euch präsentiert von Heuking. Heuking ist in Deutschland an acht Standorten tätig, nämlich in Berlin, Chemnitz, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart. Die Bandbreite der juristischen Beratung bei Heuking reicht von mittelständischen Unternehmen mit Sitz im In- und Ausland bis hin zu internationalen Großunternehmen und ist in 20 Praxisgruppen gebündelt.

1:00 Min
Sponsor_ Heuking:

Die Kanzlei sucht aktuell nach tatkräftiger Verstärkung auf allen Ebenen und in diversen Rechtsgebieten. Um euch dort zu bewerben, schaut also mal in die Shownotes. Dort findet ihr entsprechende Links auf das Arbeitgeberprofil und auch direkt zu Heuking.

1:00 Min
Sponsor_ Heuking:

Vielen Dank an Heuking für die Unterstützung dieser Episode von Irgendwas mit Recht. Und nun viel Spaß. Bis bald.

0:52 Min
Marc:

Kurzes Update zu dieser Folge. Wir haben die noch in Berlin aufgenommen. Und Jan-Erik hat zum Sommersemester 2024 einen Ruf an die Viadrina in Frankfurt-Oder angenommen. Insofern wird er dann da bald Professor sein.

1:00 Min
Marc:

Aber das ändert natürlich nichts am Inhalt. Nun, viel Spaß. Ciao. Herzlich willkommen zu einer neuen Episode Irgendwas mit Recht. Mein Name ist nochmal Marc Warrendorff und heute spreche ich mit Dr.

1:00 Min
Marc:

Jan-Erik Schirmer. Hallo Jan-Erik.

1:20 Min
Erik Schirmer:

Hallo.

1:20 Min
Marc:

Weißt du, hier im Podcast ist das so, dass wir häufig am Ende der Folge darüber sprechen, Menschen, wie man da so mitmachen kann, wo der Gast tätig ist. Und das sind dann häufig Kanzleien und ab und zu sind das mal Gerichte und alle möglichen anderen Berufe, Inhouse-Juristen.

1:00 Min
Marc:

Aber wir hatten lange keinen, in dem Fall bald Professor, muss man bei dir sagen. Du bist gerade noch Privatdozent, aber sieht ganz gut aus mit der Professur und mehr wollen wir da mal nicht verraten. Du hast mir aber eben im Vorgespräch gesagt, doch, doch, ich suche dann irgendwann auch Mitarbeiter.

1:00 Min
Marc:

Wir können da ruhig drüber sprechen, was man so mitbringen muss. Insofern gibt es jetzt den ultimativen Tease. Ihr müsst jetzt entweder das Kapitel anspringen. Wir haben ja immer Kapitelmarken hier im Podcast.

1:00 Min
Marc:

Wo hinten steht Mitarbeiten bei Jan-Erik. Oder ihr hört jetzt einfach die ganze Folge und kriegt noch einen besseren Eindruck von dir.

2:07 Min
Erik Schirmer:

Natürlich die ganze Folge.

2:08 Min
Marc:

Natürlich die ganze Folge. Also fangen wir vorne an. Du hast dich irgendwann mal entschieden, Jura zu studieren. Warum?

2:15 Min
Erik Schirmer:

Gute Frage und gar nicht so leicht zu beantworten. Ich komme nicht aus so einer Juristendynastie. Also bei mir ist es nicht so, dass es in meiner Familie überhaupt irgendwelche Juristen gab. Und es war auch nicht so, dass ich schon quasi seit meinem dritten Lebensjahr davon geträumt habe, Jura zu studieren, was auch daran lag, dass ich mir, glaube ich, gar nicht vorstellen konnte, was eigentlich Jura ist.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Ich wollte irgendwann, denn während der Schulzeit, so kurz vorm Abitur, wollte ich gern Journalist werden. Ich fand irgendwie Schreiben gut, ich wusste, ich kann ganz okay schreiben, mich interessierte Politik und dann hatte ich damals überlegt, was ich dazu studieren wollte. Und ich hatte eigentlich gedacht, na gut, Journalist, studiert man Journalistik.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Aber mein Englischlehrer damals, zu dem ich bis heute eine sehr enge Beziehung habe, der mich sehr geprägt hat, der meinte zu mir, ah nee, studier mal Jura. Und dann schaute ich ihn, ich weiß es noch ganz genau, ich schaute ihn an und dachte mir, also Jura, nun ganz bestimmt nicht.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Ich dachte, das wäre trocken. Ich dachte, das wäre irgendwie so ein Fach, wo man viel auswendig lernen muss. Aber er sagte, ja, geh mal in eine Vorlesung, schau dir das mal an, ich kann mir vorstellen, dass das für dich ganz geeignet ist.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Und so habe ich es gemacht. Ich habe mich mal in eine Vorlesung gesetzt, damals noch quasi kurz vor dem Abitur und es war eine Strafrechtsvorlesung und ich fand das eigentlich ab der ersten Minute total interessant. Ich dachte, da geht es irgendwie um so Probleme aus der echten Welt, so ist es ja häufig im Strafrecht.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Es ging darum, irgendwie Lösungen zu finden, es wurde diskutiert und irgendwie war auch immer klar, dass dahinter irgendwie so größere gesellschaftliche Probleme stehen. Und das hat mich von Anfang an fasziniert, auch dieser Anwendungsbezug des Juristischen, der auch immer auch in diesem falllösungsorientierten Arbeiten und was schon damals in der Vorlesung deutlich wurde, irgendwie zum Ausdruck kommt.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Und dann dachte ich, okay, wenn mein Englischlehrer das sagt, ich mir das mal angeguckt habe, dann studiere ich halt Jura und dann kann ich ja immer noch Journalist werden.

3:57 Min
Marc:

Gar nicht so dumm übrigens. Also so man jetzt aus Verlagssicht gesehen, viele Journalisten haben eben nicht nur Journalismus studiert, sondern erstmal was Fachbezogenes, wenn sie jetzt Rechtsjournalisten sind, dann eben auch Jura und sich danach in Richtung Journalismus entwickelt. Also gar nicht so blöd.

4:13 Min
Erik Schirmer:

Genau, so und dann habe ich halt angefangen und hatte auch immer noch dieses Ziel so ein bisschen vor Augen. Gleichzeitig habe ich dann aber auch irgendwie gemerkt, dass mir dieses Genuin-Juristische wirklich Spaß gemacht hat. Ich habe dann auch sehr früh damals, ich habe an der FU in Berlin studiert und an der FU gibt es Tutoren.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Und Tutoren sind dort quasi Lehrende, die schon in Kleingruppen junge Studierende unterrichten, fächerbezogen, also zum Beispiel im Zivilrecht oder im Strafrecht. Und ich hatte das große Glück, damals ab dem dritten Semester Tutor sein zu dürfen und bin somit auch sehr schnell so in die Rolle des Lehrenden gekommen.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Und das hat mir wirklich ab dem ersten Moment großen Spaß gemacht und ich habe gemerkt, ich mochte das irgendwie über diese Themen zu sprechen, anderen versuchen das zu erklären und auch so mitzukriegen, wie Menschen, denen ich irgendwie Jura versuche näher zu bringen, so manchmal was verstehen, manchmal Fortschritte erzielen und das hat sich einfach irgendwie gut angefühlt.

5:06 Min
Marc:

Du willst jetzt gerade eine Brücke schlagen zu, das ist ja eigentlich auch das Schöne am Professoren-Dasein, ja? Ja.

5:12 Min
Erik Schirmer:

Da kommen wir vielleicht noch später zu. Aber in der Tat ist es also, Lehre ist für mich ein ganz zentraler und ganz essentieller Bestandteil, warum ich das mache, was ich machen möchte, warum ich Professor werden will oder Professor werde optimalerweise. Ja.

5:24 Min
Marc:

Ich will das deswegen so betonen, weil ich sowohl aus Hintergrundgesprächen mit teilweise verärgerten Kolleginnen und Kollegen als auch aus First-Hand-Erfahrung selbst im Hörsaal sitzend weiß, dass das ganz bestimmt nicht allen Professorinnen und Professoren so geht.

5:41 Min
Erik Schirmer:

Ja, also das weiß ich nicht genau. Ich würde sagen, dass alle von uns, wenn ich jetzt mal irgendwie von uns sprechen kann, irgendwie schon... Doch irgendwo gerne lehren.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Manche finden nur das irgendwie vielleicht direkteren Weg dazu, diese Freude zu empfinden und andere haben vielleicht etwas mehr Mühe damit. Aber ich glaube auch, dass gerade auch die Wissenschaftspersönlichkeiten, also die das Professorendasein vor allem auch über grandiose Forschung verstehen, sind häufig auch Leute, die wahnsinnig gute Lehrender sind.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Und das ist gar nicht so selten, dass das zusammenkommt, weil glaube ich auch eben Forschung damit irgendwie dazu wichtig ist, Leuten den eigenen Gedanken näher zu bringen. Und das übt man, wenn man im Hörsaal immer wieder von Studierenden überprüft wird, immer wieder vor Studierenden auch Dinge neu und vielleicht anders erklären muss.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Und ich glaube, das ist auch dafür eine große Übung. Ja.

6:30 Min
Marc:

Das finde ich einen interessanten Punkt, weil es heißt ja auch so im Privaten oder auch selber, wenn man einen Vortrag hält, wenn du was erklären kannst, Ist das eigentlich ein super Check oder eine super Möglichkeit zu checken, ob du es verstanden hast? Und natürlich auf einem etwas anderen Niveau, aber das ist im Prinzip das, was du beschreibst.

6:48 Min
Erik Schirmer:

Ich glaube, so viel anders ist es gar nicht. Also als ich damals Tutor war in der FU, ich habe das eben auch vor dem Mittag gemacht, dass ich dachte, das ist eine gute Sache fürs Examen zu lernen und das war es. Das ist die beste Art und Weise zu lernen, ist durch Lehren.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Da bin ich, also es ist natürlich immer eine Frage des Lerntyps, aber ich glaube, dass vielen es so geht, dass das eine unglaublich effektive Methode ist, um selbst zu lernen. Auch deswegen sage ich meinen Studierenden immer, Kleingruppen, Lerngruppen, versuchen Sie aus diesem Einzelkämpfertum herauszukommen.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Versuchen Sie, sich Verbündete zu holen, mit denen gemeinsam zu lernen, weil sie im Dialog mit anderen erst quasi nachweisen müssen, ob sie es überhaupt verstanden haben. Wenn ich zu Hause in meinem Kämmerlein ein Lehrbuch lese, dann kann ich immer eifrig nicken und sagen, habe ich alles total verstanden.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Aber in dem Moment, wo ich das jemand anders erklären muss und diese Person vielleicht Rückfragen stellt, habe ich gemerkt, ob ich es wirklich zumindest im Groben verstanden habe. Und deswegen ist es ein grandioser Selbsttest, um herauszufinden, wie weit und wie gut man eigentlich mit dem Stoff klarkommt.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Und deswegen sollten das nicht nur wir Professoren und Professorinnen machen, sondern eigentlich irgendwie jeder, der mit Jura zu tun hat, sollte auch in seiner gewissen kleinen Rolle Lehrender werden, sei es in der Lerngruppe oder woanders.

7:54 Min
Marc:

Mit welchen Themen hast du dich dann im Folgenden viel beschäftigt? Also wir überspringen mal das erste Staatsexamen, das ist offensichtlich ja nicht ganz mies gelaufen, dann hast du promoviert. Da schon in einem Bereich, der dich heute noch beschäftigt?

8:06 Min
Erik Schirmer:

Jein, also ich habe mit einer relativ klassisch-historisch-dogmatischen Arbeit promoviert. Da habe ich zur Haftung von juristischen Personen promoviert. Das ist ein Thema, was mich mit heute deshalb noch beschäftigt, weil ich irgendwann auf den Trichter gekommen bin, dass es für die Frage, wieso Geschäftsleiter in Unternehmen haften, vor allem darum geht, dass ich verstehen muss, wie eigentlich diese Unternehmenshaftung funktioniert und vor allem, wie unser Bild im Recht vom Unternehmen von der juristischen Person ist.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Dann habe ich mich angefangen mit so Themen wie Rechtsfähigkeit, Rechtspersönlichkeit auseinanderzusetzen. Und das sind Themen, die mich bis heute begleiten. Also ich habe zum Beispiel danach, Jahre später, mich gefragt, ob künstliche Intelligenz, autonome Systeme, wie man die rechtlich fassen könnte.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Es gab dazu schon Diskussionen, ob man möglicherweise den ein rechtlichen Status wie Rechtsfähigkeit oder Rechtspersönlichkeit zu erkennen sollte. Und da konnte ich quasi aufbauen auf meinen allgemeinen zivilrechtlichen, gesellschaftsrechtlichen Überwegungen zu Rechtsfähigkeit und Rechtspersönlichkeit, wann das Recht denn mit diesen Kategorien arbeitet, was ich dann quasi anwenden konnte auf diese Diskussionen.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Und das begleitet mich eigentlich immer noch so weiter. Und mich hat auch in der DISS dann irgendwann vor allem interessiert, wie wir juristisch argumentieren und warum sich bestimmte Argumente durchsetzen und andere nicht. Das war dann fast schon so wissenschaftssoziologisch, man könnte auch sagen vulgär, diskursanalytisch, ohne dass ich das wusste.

9:22 Min
Marc:

Wenn man das so runterbrechen kann.

9:24 Min
Erik Schirmer:

Ja, also ich habe gemerkt zum Beispiel, dass die Frage, wie eine juristische Person haftet, glaube ich, sehr durchsetzt ist von unserem Bild, was wir von der juristischen Person im Kopf haben. Großer Konzern.

9:35 Min
Marc:

Hat nichts mit Menschen zu tun, sehr abstrakt.

9:37 Min
Erik Schirmer:

Genau, aber dieses nicht mit Menschen zu tun ist, glaube ich, genau der Punkt und nicht ganz abstrakt ist auch völlig richtig, weil immer wenn wir etwas mit etwas Abstraktem zu tun haben, dann versuchen wir diese Abstraktheit zu reduzieren mit Kategorien, die wir kennen. Und wie haben wir das gemacht bei der juristischen Person, dem Unternehmen, schon der Begriff sagt es, indem wir quasi das Unternehmen als sowas ähnliches wie ein Mensch, nämlich als eine Person konzeptionalisiert haben.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Und auf einmal quasi denken wir über Unternehmen in so Kategorien von Persönlichkeit nach.

10:06 Min
Marc:

Wo wir ja, wenn ich da kurz einhaken darf, zum Beispiel im Strafrecht total die Probleme kriegen, weil ein Unternehmen kein Strafrechtsobjekt sein kann. Wir das jetzt irgendwie versuchen über Verbandshaftung, Ordnungswidrigkeitenrecht einzufangen, aber vielleicht uns da ja gerade selber in den Fuß geschossen haben.

10:21 Min
Erik Schirmer:

Ja, genau. Und auch diese Diskussion habe ich in meiner Diss aufgegriffen, weil ich habe mich mit der Deliktshaftung von juristischen Personen beschäftigt, also mit einer privatrechtlichen Frage. Aber die Haftung für Delikte und eine strafrechtliche Verantwortlichkeit ist ja so weit nicht auseinander.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Ideengeschichtlich kommt sie sogar aus der gleichen Wurzel. Und da war es interessant zu sehen, dass eben diese strafrechtliche Diskussion, juristische Personen können dich doch nicht strafbar machen, letztlich auch die Debatte beeinflusst hat für die Frage, ob juristische Personen deliktisch haftbar sind. Und das war so im 19.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Jahrhundert eine Diskussion, die sich darum entsponnen hatte und das war eben sehr sehr stark aufgeladen von, dass man, Das sind dann bestimmte Rechtswissenschaftler, die damals ganz führend waren, gesagt haben, wenn wir erstmal Verbände, juristische Personen so menschenähnlich konzeptionalisieren, verstehen wir sie besser. Aber dann ist man quasi in so einer Vermenschlichungsfalle getappt, so könnte man das nennen.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Auf einmal hat man quasi zu sehr die Menschenähnlichkeit gesucht und dadurch sieht man auch bestimmte Probleme aus so einer Perspektive, wie wäre das, wenn sich ein Mensch so verhalten würde und vergisst manchmal dabei so ein bisschen, dass Unternehmen eben nicht Menschen sind. Das zeigt sich so ein bisschen bei so Fragen, haben Unternehmen Persönlichkeitsrechte? Ja, kann man begründen, aber sicherlich nicht damit, dass sie menschenähnlich sind, weil sie sind immer was ganz anderes.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Also das ist so eine Frage, mit der ich mich dann danach angefangen habe zu beschäftigen und das war so nach so einem Fortwirken aus der DISS, wo ich mich angefangen habe mit dieser Argumentationstechnik vom Menschen her zu denken auseinandergesetzt.

11:42 Min
Marc:

Die Promotion ist eine schwierige Zeit für viele und ich spreche da ein bisschen aus leidiger Erfahrung. Was würdest du denjenigen, die hier zuhören und jetzt vielleicht gerade überlegen, ob sie eine Promotion angehen oder vielleicht gerade mittendrin stecken, in so motivatorischer Sicht raten? Also du klingst so, als wärst du genuin motiviert gewesen und man hätte dich nicht so sehr motivieren müssen.

1:00 Min
Marc:

Aber was wären so deine Tipps, wenn es vielleicht auch mal so ein bisschen hakt, wie man da dann wieder vorankommt?

12:15 Min
Erik Schirmer:

Gute Frage. In der Tat war das bei mir so, dass ich quasi, ich habe mein Thema gefunden, vielleicht hat mein Thema in gewisser Weise auch irgendwie mich gefunden, aber ich kam quasi mit einer Idee zu meinem Betreuer. Gregor Bachmann hat meine Diss betreut und das erste große Glück war, dass er mir da freie Hände, freie Hand gelassen hat.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Er hat gesagt, interessantes Thema. Versuchen Sie es doch mal. Ich glaube, wie du gerade richtig gesagt hast, die Diss-Phase ist eine doch relativ lange Zeit. Also selbst wenn man fix ist, anderthalb Jahre eher wahrscheinlich so Richtung drei oder mehr.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Und man sollte sich, glaube ich, fragen, wie schaffe ich es über so eine lange Zeit, meine Motivation hochzuhalten. Und ich bin davon überzeugt, dass die Motivation vor allem dann hochgehalten werden kann, wenn man an einer Frage knobelt, die einen wirklich interessiert.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Und eine Frage, die einen wirklich interessiert, kann oder wird häufig eine Frage sein, über die man irgendwie gestolpert ist und die man vielleicht auch selbst gefunden hat, gesagt hat, das überzeugt mich aus den und den Gründen nicht. Also beim dogmatischen Thema, ich habe so ein Störgefühl, das wird bisher so gemacht, aber irgendwie habe ich so eine Idee, dass das nicht ganz richtig sein kann.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Ich versuche das mal anders zu machen. Oder wenn man sich irgendwie mehr so aus einer, also aus der dogmatischen Perspektive sich zum Beispiel eine Regelung anguckt, wirkt die überhaupt? Hat sich der Gesetzgeber, was hat sich dabei gedacht und erzielt das oder werden die Ziele erreicht, die bezweckt waren? Wenn das die Fragestellungen sind und man selbst quasi mit eigener intrinsischer Motivation dieser Frage nachgeht, trägt einen das durch die Zeit, weil eine DISS wie jedes längere Projekt hat Höhen und Tiefen.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Es werden diese Tiefen kommen und vor allem ist das nach meiner Erfahrung so und ich glaube auch nach der Erfahrung von vielen, sind diese Tiefen vor allem am Anfang. Wenn man sich erstmal in so ein Thema reinwühlt.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Es beginnt erstmal, man ist hoch euphorisch, man hat so einen Zugriff, man fängt an und dann irgendwann liest man sich ein und dann fühlt man sich ganz klein. Man denkt so, okay, also da haben sich so viele Leute schon Gedanken zugemacht, was soll ich dazu beitragen? Ich weiß eigentlich überhaupt nicht mehr, wo unten und oben ist, was will ich überhaupt sagen? Und durch diese Phase, die wirklich eben mit sehr viel Nachdenken, manchmal vielleicht auch mit Verzweiflung verbunden ist, trägt einen doch das deutlich mehr durch, wenn es eine Frage ist, die einen von Anfang an wirklich motiviert hat, dass man der nachgehen will.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Das ist, muss ich zugeben, eine sehr idealistische Sicht auf die Dinge. Ich weiß, dass es nicht jedem und jeder so geht, dass man so eine Frage findet, aber dann würde ich zumindest versuchen, im Gespräch mit der Betreuerin den Betreuer so herauszuschälen, was sind so Fragestellungen, die einem im Studium vielleicht interessiert haben, wo könnten interessante Themen liegen und so zu einem Thema, ein Thema zu finden, vielleicht auch so ein bisschen angestupst durch die Betreuerin oder den Betreuer.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Was ich aber glaube ich vermeiden würde, ist irgendwie, okay, was ist gerade interessant, was wird gerade diskutiert, was ist vielleicht irgendwie ein Hot Topic und da setze ich mich mal rauf. Wenn man nicht selbst irgendwie motiviert ist, an diesem Topic zu arbeiten, glaube ich, wird das vor allem sehr zäh diese Jahre.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Ja.

15:08 Min
Marc:

Jetzt hast du gerade die Situation beleuchtet, wie man sich ein gutes Thema sucht. Was macht man denn, wenn man das Thema schon hat? Man steht bei Seite 82 und hat seit zwei Wochen nichts mehr aufs Papier bekommen.

15:19 Min
Erik Schirmer:

Ja, also, dass man nicht aus Papier bringen kann, das kenne ich auch. Und das kennt wahrscheinlich, wenn wir ehrlich sind, jeder von uns, der irgendwie Rechtswissenschaft betreibt. Das kennt jeder, der Texte schreibt.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Die Situation, dass quasi diese Seite sehr weiß und sehr leer ist, ist so eine Urangst, glaube ich, wenn man irgendwie Texte schreiben möchte. Und da gibt es Strategien, wie man da weiterkommt. Also zum einen gibt es so Ansätze wie so Free Writing.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Da ist die Idee zu sagen, ich lasse mal jede Form weg. Ich lasse mal jede Frage von gerade Fußnoten weg bei unserem Schreiben. Ich schreibe einfach mal drauf los, dann steht da was.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Und wenn da erstmal was steht, dann kann ich versuchen, das, was da steht, dann etwas abzuschleifen, mit Fußnoten zu versehen, daraus wirklich einen vernünftigen Text zu machen. Wenn das schon nicht hilft, wenn man eigentlich gar nicht so genau weiß, was will ich eigentlich gerade sagen, dann ist meine Erfahrung, dass es immens hilft, mit anderen Menschen darüber zu reden.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Also was ich dann immer gemacht habe, sowohl in der DISS als auch in der Habil und bis heute, wenn ich mich Dinge umtreibe und ich weiß auch nicht genau, was ich eigentlich dazu sagen soll, dass ich mich erst mal mit Leuten zusammensetze und einfach darüber rede. Und allein, dass ich da mit jemandem darüber rede, sorgt, da komme ich wieder zu dem, was ich eben gesagt habe, dafür, dass ich jemandem anderen das näher bringen muss.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Was ist eigentlich meine Frage? Wie möchte ich mich dieser Frage nähern? Ich muss es also jemandem anderen erklären. In dem Moment, wo ich das erkläre, ohne es zu merken, verstehe ich häufig, ist schon ein bisschen besser. Und auf einmal sehen dann Dinge auch danach deutlich klarer und leichter aus, als es vorher war.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Und optimalerweise sitzt dann auf der anderen Seite noch ein Mensch, der auch noch ganz gute und das ist eigentlich immer so Antworten darauf hat und dann entsteht in so einem Dialogprozess letztlich so eine Idee für, wie man sich eigentlich der nächsten Frage nähern kann. Und das ist eine Sache, die für mich gut funktioniert und die, glaube ich, bei vielen anderen auch gut funktionieren kann.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Also kurz gesagt, sich Verbündete und Hilfe holen und da gibt es genug Leute, die häufig einem auch helfen wollen und das gut machen können. Das muss übrigens nicht der Betreuer oder die Betreuerin sein, das kann auch jemand anders sein.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Zum Beispiel guter Freund, die Partnerin, der Partner, wer auch immer. Ja, müssen auch keine Juristen sein. Manchmal hilft auch das.

17:20 Min
Marc:

Ich werde häufig zu diesem Podcast, wenn ich Leuten erzähle, dass ich das mache und was wir hier so machen, gefragt, sag mal, aber wenn du dann erst das Thema so und das Thema so besprichst, ist das nicht alles zu viel, sind das nicht zu viele Themen für eine Podcast-Folge? Und ich antworte dann, nein, weil das hängt ja alles mit der Person zusammen.

1:00 Min
Marc:

Und so habe ich mir jetzt eine galante Überleitung selbst gebaut zum Thema nachhaltiges Privatrecht. Etwas, was dich jetzt auch stark beschäftigt und womit du auch sozusagen auftrittst im ganz großen Anführungszeichen. Ja, also was, wo du einfach auch zu forschst.

1:00 Min
Marc:

Wir haben uns unter anderem in diesem Zusammenhang auf einer Tagung kennengelernt, wo du auf einem Panel saßt und ich habe dich angesprochen und gesagt, hey, du hast ein paar interessante Sachen zu sagen, mach das doch mal im Podcast. Jetzt habe ich vielleicht was zum Thema Privatrecht und zum Thema Nachhaltigkeit schon mal gehört, weil ich habe mein BGB gelesen, wenn ich im Studium bin und Nachhaltigkeit, naja gut, da muss man nicht viel zu sagen.

1:00 Min
Marc:

In dem Sinne, dass man da schon mal was zugehört hat. Was ist denn jetzt aber zum Beispiel so eine Forschungsfrage oder was sind auch unsere aktuellen gesellschaftlichen Debatten, wenn du so einen Überblick geben müsstest zum Thema nachhaltiges Privatrecht?

18:27 Min
Erik Schirmer:

Ja, ich glaube, ich kann deine Überleitungsvorlage aufnehmen, weil ich kann daran anschließen, wie ich auf das Thema gekommen bin. Und so komme ich auch zu den Themen, die mich da umtreiben und die mich auch in der Arbeit umgetrieben haben.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Aber also ich war mit der DISS fertig. Ich hatte dann irgendwie die Idee gefasst, ich würde es gern versuchen, den nächsten Schritt zu machen, vielleicht in die Wissenschaft zu gehen. Und ich war auf einer Tagung, das war so eine Doktorandentagung in der Spätphase meiner DISS und dort trat als quasi Keynote-Speaker ein Klimawissenschaftler auf.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Anders Levermann heißt er, der ist vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Und er hatte einen Vortrag vorbereitet, wo es allgemein über den Stand der Klimaforschung gehen sollte, aber er hatte seinen Vortrag unmittelbar bevor er begonnen oder beginnen wollte umgeschmissen, weil er kam relativ, man kann es doch sagen, deprimiert zu diesem Vortrag.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Und da sagte er, er ist deshalb deprimiert, weil er gerade erst vorgestern mit Leuten aus dem physikalischen Department gesprochen hatte und die hatten ihm erzählt, dass so ein großer Punkt im Klimasystem, das nennt sich Kipppunkte, bestimmte Punkte, die besonders wichtig für das System sind, dass die Simulation dieser Forschungsgruppe gezeigt hat, dass dieser Kipppunkt nach ihren Modellen und ihren Daten nicht mehr zu retten ist und perspektivisch kippen wird, was für das Klimasystem als Ganzes fatal sein kann.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Und er erzählte uns in diesem Vortrag nun darüber, was diese Forschungsgruppe herausgefunden hatte und der endete damit, dass er sagte, also es war mucksmäuschenstüll in dem Raum, er blickte in unsere Gesichter und er schaute uns an und sagte, ich sehe hier überall Gesichter, die bewegt sind von diesem Vortrag, die jetzt quasi losstürmen wollen, irgendwie was daran ändern wollen.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Und vielleicht denken Sie mal daran, dass es wahrscheinlich nicht zielführend ist, wenn jeder von Ihnen jetzt versucht, Eisbären zu retten, sondern denken Sie vielleicht mal darüber nach, wie Sie mit Ihrem Bereich, in dem Bereich, wo Sie ein bisschen was von verstehen, was Sie vielleicht ganz gut können, vielleicht dazu beitragen können, dass wir als Gesellschaft dieses Klimaproblem ein bisschen in den Griff bekommen.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Und das, super pathetisch, aber das ist eine Sache, die mich nicht mehr losgelassen hat. Ich saß da und dachte so, okay, ja, stimmt eigentlich. Also vielleicht kennt diejenigen, die hier zuhören, manche von ihnen so Jura-Sinn-Krisen, die man manchmal hat.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Man sitzt da, man denkt so, okay, ja, das ist zwar interessant, ist spannend, aber warum genau mache ich das? Und diese Sinnkrisen hatte ich häufiger und da dachte ich, okay, vielleicht könnte ich ja das, was mich interessiert, nämlich Rechtswissenschaft, verbinden mit diesen Themen, die jetzt offenbar für uns als Gesamtgesellschaft sehr drängend sind, wie Klima und Nachhaltigkeit. Und ich habe darüber angefangen nachzudenken, was sind das denn so für Themenbereiche im Privatrecht, wo Nachhaltigkeits- und Klimaschutzbelange eine Rolle spielen könnten.

21:04 Min
Marc:

Zum Beispiel?

21:05 Min
Erik Schirmer:

Und das ist jetzt genau zum Beispiel, dass ich mich dann gefragt habe, wir wissen oder wir beobachten, dass seit Jahren, dass seit Jahrzehnten im großen Stil emittiert wird. Wir wissen, dass Emissionen von Treibhausgasen den Klimawandel anheizen.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Inwiefern könnte denn das Emittieren von Treibhausgasen möglicherweise eine Haftung der Emittenten auslösen? Das ist das, was wir heute unter dem Begriff der Klimahaftung diskutieren. Eine Thematik, die schon seit längeren Zeiten mal in den USA diskutiert wurde und Deutschland eher so stiefmütterlich behandelt wurde.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Und in der Zeit, als ich angefangen habe, über das Thema nachzudenken, so ein bisschen zum Thema avancierte. Und das war eine Sache, wo ich dachte, ah ja, okay, ich habe in der Vergangenheit über Deliktshaftung nachgedacht, mich mit Haftung beschäftigt. Mich interessieren diese Klima- und Nachhaltigkeitsthemen.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Das beides greift auch jetzt ineinander. Dann denke ich doch mal über Klimahaftung nach. Gleichzeitig hat mich zum Beispiel auch interessiert, als anderes Beispiel, was ich in meiner Habit auch gemacht habe, inwiefern, wenn jetzt ein Hersteller Produkte herstellt und entweder der Hersteller oder der Verkäufer Angaben macht, sei es in so Code of Conducts, die mittlerweile wir viel beobachten können oder in so allgemeinen Berichterstattungen über die Nachhaltigkeitsbestrebung von Unternehmen, nehmen, wie und wie intensiv sie zum Beispiel ihre Lieferkette jetzt überwachen, inwiefern diese Erklärungen vielleicht Anknüpfungspunkte sein könnten für eine Sachmängelhaftung.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Das waren so konkrete Themen, die mich umgetrieben haben. Die aber alles entscheidende Frage, die im Vorfeld ich beantworten wollte, war, warum ist es eigentlich so, dass sich die Privatrechtswissenschaft mit diesen Fragestellungen wie Klimahaftung, wie. Nachhaltiger Sachmängelhaftung so schwer tut.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Warum ist es so, dass wenn man an das Privatrecht Nachhaltigkeitsfragen heranträgt, die Reaktion des Privatrechts oder der Privatrechtswissenschaft jemals damals erstmal war zu sagen, Moment mal, interessant, ja, wir sind alle für Nachhaltigkeit, alle für Klimaschutz, aber das sind doch Fragen, die ins öffentliche Recht gehören. Das ist doch nichts, was im Privatrecht passieren muss.

23:00 Min
Marc:

Und nochmal ein bisschen einfacher versuchen zu formulieren, vielleicht, wenn man jetzt gerade das beim Kochen hört, wie so häufig, oder beim Bahnfahren, Ja, dann ist das jetzt ja schon was, wo man ein bisschen mitdenken muss. Deswegen lasst es mich ja mal versuchen, einfacher zu machen.

1:00 Min
Marc:

434 BGB kennt irgendwie jeder und da haben wir Sachmängelbegriffe rauf und runter. Beschaffenheitsvereinbarung. Was ist denn jetzt, wenn der Pullover eigentlich in, ich picke ein zufälliges Land, Tschechien produziert sein sollte? Das steht im Label, wo wir jetzt von Kinderarbeit beispielsweise nicht unbedingt ausgehen müssen und da irgendwie andere Rahmenbedingungen haben und tatsächlich ist der aber in, weiß ich nicht, wo ist ein Land mit viel Kinderarbeit, wo hat man dann hohe Gefahr, weiß ich nicht.

23:43 Min
Erik Schirmer:

Globalen Süden im weiten Sinne, wir haben das so in Pakistan zum Beispiel, beobachten wir das auch.

23:47 Min
Marc:

Sagen wir der Pullover kommt jetzt eher aus Pakistan und nicht aus Tschechien und das Label war aber falsch. Wäre das so ein Thema beispielsweise? Genau.

23:55 Min
Erik Schirmer:

Also gut, dass wir vielleicht mal, machen wir ein konkretes Beispiel. Genau, ich habe lustigerweise auch in meiner Habile mit einem Pullover-Beispiel gearbeitet. Das ist nicht verabgesprochen vorher.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Und es war genau die Fragestellung. Also wir haben die Situation, eine Kundin kauft in einem Geschäft, was Pullover unter anderem verkauft, ein Pullover und in dem Code of Conduct und auch in den Nachhaltigkeitsberichten steht drin, dass dieses Unternehmen, das diese Pullover produzieren lässt im globalen Süden, diese Lieferkette sehr eng überwacht. Unter anderem eben zum Beispiel sagt, dass Feuerschutz betrieben wird, sodass in den Fabriken die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht zum Beispiel verbrennen oder Verbrennungsschäden erleiden, wenn es zu Bränden kommt.

1:00 Min
Erik Schirmer:

So, jetzt das erste Problem, was sich da stellt, wenn wir jetzt da quasi privatrechtlich rangehen, dass wir uns ja fragen müssen, okay, ist jetzt die Frage, ob der Pullover dort oder dort produziert wurde, also in diesem Land X oder Land Y oder unter den und den Produktionsbedingungen oder unter anderen Produktionsbedingungen, ist das eine Beschaffenheit im Sinne von 434 BGB? Weil wenn wir an Beschaffenheit denken, dann denken wir vielleicht eher erstmal daran etwas, was der Sache physisch anhaftet.

25:03 Min
Marc:

Der Pulli an sich ist in Ordnung. Genau.

25:04 Min
Erik Schirmer:

Der Pulli ist wunderbar, der ist völlig egal, jeder Pulli wunderbar, fässt sich gut an, Farbe ist top, aber er ist eben unter bestimmten Bedingungen produziert worden. Und sind diese Produktionsbedingungen eine Beschaffenheit des Pullovers? Das ist jetzt erstmal gar nicht so ein Riesenproblem, weil nämlich unser Beschaffenheitsbegriff sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten geweitet hat.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Wir sprechen vom weiten Beschaffenheitsbegriff. Es geht nicht mehr nur darum, dass die Beschaffenheit der Sache physisch anhaften muss, sondern alle wertbildenden Faktoren werden zur Beschaffenheit gezählt. Und ein wertbildender Faktor kann eben auch sein in der Gesellschaft, in der wir heute leben, wo ein Pullover produziert wird, weil es gibt dazu empirische Studien, die zeigen, dass Menschen nicht nur bereit sind, mehr zu bezahlen für einen Pullover, der unter ethisch korrekteren Bedingungen produziert ist, sondern auch in Feldexperimenten, wo dann wirklich gezeigt wird, zahlen die wirklich mehr Geld, das wirklich auch tun.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Das heißt also, das sind auch empirisch fundierte, wertbildende Faktoren.

25:57 Min
Marc:

Also auf Deutsch dein Wiederverkaufswert auf Kleinanzeigen ist für den Pulli höher. Genau.

26:03 Min
Erik Schirmer:

Und ich bin auch einfach bereit, einen bestimmten Preisaufschlag zu zahlen dafür, dass der Pulli halt ethisch korrekt produziert wurde. Also eine Beschaffenheit ist jetzt nicht so das Riesenproblem. Die nächste Frage wäre dann, okay, aber liegt ein Sachmangel vor? Da müssten wir uns fragen, mittlerweile nach neuem Kaufrecht, wahrscheinlich ein objektiver Sachmangel könnte vorliegen.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Und da gibt es sowohl nach dem neuen Kaufrecht seit 2022, sondern auch schon seit dem davor, ja den Anknüpfungspunkt, dass Äußerungen zum Beispiel in der Verkaufskette die Beschaffenheit, die geschulte Beschaffenheit bestimmen können. Also wenn der Hersteller oder der Verkäufer selbst Äußerungen zur Beschaffenheit macht, dann können die die Beschaffenheit bestimmen.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Und genau hier ist der Ansatzpunkt. Also was genau zählt jetzt alles zu diesen relevanten Äußerungen? Und da gibt es schon länger eine Diskussion, dass man sich, oder das kennen wir zum Beispiel aus der ähnlichen Situation der Werbung. Also inwiefern sind Werbeaussagen letztlich Faktoren, die die Beschaffenheit von Produkten prägen können?

26:58 Min
Marc:

Da gab es doch auch mal, ich weiß nicht, ob sich das mittlerweile im Gesetz geändert hat, aber da gab es doch auch mal einen eigenen Satz zu, dass das, was in der Werbung zugesagt wurde als Beschaffenheit.

27:07 Min
Erik Schirmer:

Genau, also es steht immer noch an 434, ich kann jetzt nicht genau den Ort in der Norm zitieren, ich habe auch kein Gesetz vor mir, obwohl ich gerade nicht koche, aber in der Tat steht das heute quasi noch, also es ist glaube ich als so insbesondere formuliert, insbesondere in der Werbung. Genau, aber Werbung ist schon das gute Stichwort, weil da stellen sich eigentlich ähnliche Probleme, wie wenn jetzt zum Beispiel der Hersteller in so einem Code of Conduct oder in Nachhaltigkeitsberichten so anpreist, was er alles mit seiner Lieferkette tolles vorhat.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Weil genauso wie diese Aussagen in so einem Code of Conduct oder auch in Nachhaltigkeitsberichten, ist das das Gleiche bei der Werbung, dass das immer so einen anpreisenden Charakter hat. Da geht es darum, dass ein Produkt besonders toll dargestellt werden soll oder ein Unternehmen als Ganzes in einem guten Licht erscheinen soll.

27:46 Min
Marc:

Was im Übrigen teilweise sogar deckungsgleich ist. Ich war mal vor zwei Jahren auf der Suche nach einer neuen Hose zum Radfahren. Ich fahre gerne Rennrad. Ich auch. teuer, aber die ist auch unter guten Bedingungen produziert, dann kaufe ich die jetzt mal. Also dieser Werbeeffekt, der ist nicht abzustreiten. Das muss man wirklich sehen, ja.

28:35 Min
Erik Schirmer:

Aber so ähnlich wie bei Werbung, glaube ich, würden die meisten von uns sagen, naja, also wir lassen uns vielleicht davon so ein bisschen beeinflussen. Auch dazu gibt es Studien, die das belegen. Aber im Kern nehmen wir das vielleicht nicht so total für bare Münze.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Also wir wissen so, ja okay, die sagen das nicht einfach nur, die versuchen schon ein bisschen was, aber so ganz konkret, so ganz einst meint die das nicht. Genauso wie eine Werbung, das ist eine reißfeste Hose, Also niemals reißt.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Wir wissen, naja, die wird vielleicht auch mal reißen, aber zumindest ist sie vielleicht reißfester produziert worden. Und aus dieser Parallele, dass man halt Werbung nicht so wirklich für voll nimmt häufig, jedenfalls die Kernaussage nicht und auch diese Statements in diesen Nachhaltigkeitsberichten nicht so für voll genommen werden, ziehen viele den Schluss zu sagen, naja, das können keine Anknüpfungspunkte für Beschaffenheitsmerkmale sein, eben weil doch jeder weiß, das ist nicht so ganz ernst gemeint.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Und was ich jetzt gemacht habe, ist, dass ich mir mal ein bisschen genauer diese Berichte angeguckt habe, was steht da wirklich drin und dann habe ich eine Parallele gezogen zu, wie wir Werbeaussagen auf ihren Kerngehalt quasi herunterschrumpfen lassen, Nämlich bei Werbeaussagen ist es relativ geklärt, weil das ist ein Phänomen, was wir schon länger beobachten, dass wenn eine Werbeaussage getätigt wird, ich zwar nicht das komplett für bare Münze nehme, was dort gesagt wird, aber zumindest zum Beispiel bei der reißfesten Hose davon ausgehe, dass sie dann eben reißfester ist als andere Hosen.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Also zumindest mit etwas mehr Aufwand hinsichtlich der Reißfestigkeit produziert wurde. Also ich mache so einen Abschlag, ich weiß, die wird auch irgendwann mal reißen, aber ich gehe davon aus, die ist reißfester als der Durchschnitt. Und dieses Konzept habe ich nun quasi angewendet für die Frage, wenn so Unternehmen zum Beispiel in so Nachhaltigkeitsberichten oder Code of Conduct sagen, wir überwachen unsere Lieferkäste, wir setzen uns für die Menschenrechte ein, wir sorgen dafür, dass niemand bei uns zu Schaden kommt.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Dass, wenn man sich diese Berichte dann im Einzelnen anguckt, dass die Erwartung von nun den Lesenden dieses Berichts ist, letztlich zu sagen, ich nehme das zwar nicht für bare Münze, ich weiß, da ist auch viel Prosa dabei, aber zumindest bemüht ihr euch quasi über den Durchschnittsaufwand hinaus, dass es nicht zu Schäden kommt im Rahmen eures Lieferprozesses. Und wenn nun dann diese Erwartung enttäuscht wird, dann ist das, so meine ich, ein Anknüpfungspunkt für einen Sachmangel, der dann eben nach Erfüllungsansprüche in dem Fall der Käuferin auftritt.

30:46 Min
Marc:

Lass uns nochmal abschließend, bevor wir zur Frage kommen, was man eigentlich mitbringen muss, wenn man bei dir arbeiten möchte, jetzt haben wir nicht vergessen, nochmal ein paar Takte zum Thema Klimahaftung sagen. Klimahaftung, wo stehen wir dort? Da gibt es gerade so ein bestimmtes OLG-Verfahren, was irgendwie heiß diskutiert wird.

1:00 Min
Marc:

Kannst du da denjenigen, die vielleicht noch nicht ganz so viel davon gehört haben, nochmal einen kurzen Abriss geben?

31:06 Min
Erik Schirmer:

Klar, das OLG-Verfahren ist der berühmte RWE-Fall, der gerade vor dem OLG Hamm verhandelt wird. Und der RWE-Fall geht im Kern so. Wir haben einen Kläger, dieser Kläger ist peruanischer Staatsbürger und der ist Grundstückseigentümer eines Grundstücks mit einem Haus bebaut in Peru.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Und dieser Kläger hat sein Grundstück in der Nähe eines Gletschers in den peruanischen Anden und der Kläger befürchtet, dass dieser Gletscher, oder er beobachtet, dass dieser Gletscher immer weiter abschmilzt und er befürchtet, dass dieser abschmelzende Gletscher nun dafür sorgt, dass über den Gletschersee, der immer größer wird, irgendwann sich eine Flut ins Tal ergießt und sein Grundstück überflutet und damit sein Eigentum zu schaden kommt.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Was noch nicht passiert ist. Genau. Das befürchtet er nur. In dieser Befürchtung, in dieser Situation der drohenden Flut hat er nun folgendes gemacht. Er hat auf sein bestehendes Haus ein zweites Stockwerk raufgesetzt, weil er, was zutreffend ist, davon ausgeht, dass in dem oberen Stockwerk quasi, wenn die Flut kommen sollte, er und seine Familie sicherer ist, weil dann können sie ins oberen Stockwerk flüchten.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Unteren im Erdgeschoss werden sie der Flut eben ausgesetzt. Und er hat gleichzeitig die Wände des Hauses verstärkt, sodass quasi, wenn die Flut kommen sollte, das Haus eine höhere Wahrscheinlichkeit hat, den ganzen Stand zu halten. Also er hat, juristisch formuliert, Schadensvermeidungsmaßnahmen ergriffen, die er selbst vorgenommen hat.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Und was er nun gerne von RWE hätte, ist, dass er so argumentiert. Er sagt, du RWE bist einer der größten Emittenten von Treibhausgasen, deine von dir freigesetzten Treibhausgase haben dazu geführt, dass das Klima sich weltweit und auch bei mir lokal erwärmt hat. Das sorgt dafür, dass der Gletscher schmilzt, das sorgt dafür, dass der Gletschersee immer mehr an Volumen annimmt, das sorgt dafür, dass das Überflutungsrisiko steigt und um die Situation zu vermeiden, dass meine Rechtsgüter geschädigt werden, habe ich die Sache selbst in die Hand genommen, habe also das gemacht, was du eigentlich machen müsstest, nämlich mich vor diesen Schädigungen zu bewahren.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Und deswegen verlange ich jetzt von dir Aufwendungsersatz. Und das geht über die Anspruchskundlage, entweder über eine Geschäftsführung ohne Auftrag, weil der Kläger sagt, okay, ich habe eigentlich ein Geschäft geführt, was eigentlich ein Geschäft von RWE wäre, weil die sind ja Störer nach seiner Argumentation, die hätten das machen müssen. Oder über eine Aufwendungskondition 812, also zu sagen, ich habe letztlich eben Aufwendungen betrieben, die eigentlich in deine Sphäre gehören, weil du hättest das machen müssen als eben Störer dieser Gefährdungssituation.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Und dadurch sind ihm Kosten entstanden und die verlangt er jetzt in diesem RWE-Verfahren ersetzt. Aber nochmal in der Situation, wo es noch nicht zur Überflutung gekommen ist.

33:41 Min
Marc:

Das hätte ja wahnsinnig komplexe Folgen, wenn man da so entscheiden würde. Ich will das jetzt rechtlich gar nicht bewerten, ich bin in dem Fall auch nicht tief genug drin, um da irgendwas zu sagen zu können. Das wird bestimmt ganz viel zugeschrieben.

1:00 Min
Marc:

Ich würde auf was anderes hinaus. Einfach so ein paar spontane Assoziationen, die vielleicht jetzt auch die Zuhörenden gerade haben. Die erste ist, da haftet doch jeder, der jemals irgendwie Treibhausgase ausgestoßen hat, diesem peruanischen Bauer auf der ganzen Welt.

1:00 Min
Marc:

In Klammern vorausgesetzt, es gibt ein ähnliches Haftungsregime wie unter dem deutschen Recht, vorausgesetzt, dass die würden tatsächlich haften. Das jetzt mal als Grundannahme. Das kriegt man wahrscheinlich noch eingefangen, dass man sagt, naja, man wird irgendeine Art Mindestschwelle brauchen.

1:00 Min
Marc:

Jede kausale, aber noch so triviale Ausstoß wird nicht ausreichen. Das kriegt man irgendwie eingefangen, würde ich sagen, auch dogmatisch. Jetzt aber mal ein anderer Gesichtspunkt. Jetzt gibt es ja neben großen Emittenten in Deutschland auch bestimmt irgendwo auf der Welt andere sehr große CO2-Emittenten, die vielleicht auch in einer Rechtsordnung leben, die diese Haftung hinbekommt.

1:00 Min
Marc:

Kennen wir so eine Art globale Gesamtschuld?

34:54 Min
Erik Schirmer:

Eine globale Gesamtschuld? Weißt du.

34:56 Min
Marc:

Was ich meine? Die werden ja Gesamtschuldner diesem peruanischen Klimabauern, über verschiedenste Rechtsordnungen hinweg und in meinem Kopf kann ich das verkonstruieren, auch nur jetzt gerade, vielleicht geht mir das in zwei Minuten nach deiner Antwort anders, irgendeine Ahnung haben, wie man das rein praktisch abbilden.

35:16 Min
Erik Schirmer:

Soll. Die erste Frage ja, ist das überhaupt eine gesamtschuldnerische Haftung? Also wenn jetzt zum Beispiel der Kläger von RWE verlangt Ersatz für die von ihm vorgenommenen, Schadensvermeidungsmaßnahmen, dann ist die Klage so konstruiert, dass er nur den Anteil von RWE hätte, zu dem RWE zum Klimawandel beigetragen hat. Das lässt sich klimawissenschaftlich ermitteln, in welchem Umfang große Emittenten zum Klimawandel beigetragen haben.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Im Fall von RWE sind das, Beitrag zu den globalen Gesamtemissionen ungefähr 0,4 Prozent und der Beitrag zum Klimawandel, also zur Temperatursteigerung liegt bei 0,321 Prozent und diesen Anteil will er nur haben.

35:54 Min
Marc:

Alles klar, okay, also das ist schon mal der erste, den hat er auch nur einen geklagt?

35:57 Min
Erik Schirmer:

Genau, den klagt er auch nur einen, das heißt wir hätten nicht die Situation, dass RWE jetzt für die volle Summe haften würde, sondern jeder Emittent, der nach dieser Klimahaftung, so sie denn bestehen würde, haftbar gemacht werden könnte, würde nur für den von ihnen verursachten Anteil haften.

36:09 Min
Marc:

Aber das würde das umgekehrte Phänomen nach sich ziehen, wenn man so haften würde, dass wir milliardenhaft Micropayments hätten von einer schier unüberschaubaren Anzahl an Klägern zu vielleicht einer geradezu überschaubaren Anzahl an Beklagten, aber das auch über den ganzen Globus hinweg.

36:31 Min
Erik Schirmer:

Also in der Tat wäre das, wenn das wirklich so passieren würde, die Situation, unglaublich viele Klagen zu Kleckerbeträgen, wenn man ehrlich ist. Was quasi auch, wenn man sich fragt, was bringt das Ganze? Die Frage fallen lassen muss, in der Tat, was würde das Ganze dann bringen? Ich glaube aber, dass man die Frage insoweit beantworten kann, als dass das Resultat von so einer erfolgreichen Klimaklage, also nehmen wir mal an, dieser RWE-Fall wäre für den Kläger erfolgreich, wäre sehr wahrscheinlich nicht das Resultat, dass jetzt überall auf der ganzen Welt, wie alle anfangen würden, große Emittenten zu verklagen.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Sondern die Idee so einer Klage ist ja letztlich eine Verhaltenssteuerung.

37:03 Min
Marc:

Bist du dir da nach unseren ganzen Masseverfahren der letzten Jahre sicher?

37:08 Min
Erik Schirmer:

In der Tat, also wenn wir so diese uns angucken, zum Beispiel als Beispiel oder was jetzt ja irgendwie auch so andere DSGVO-Abmahnsachen ist, glaube ich, das Thema gerade, könnten das in der Tat ein Ansatzpunkt für so eine neue Klage sein. Ich glaube aber, ich bin mir deshalb, sicher bin ich mir nie, aber ich könnte mir da insoweit sicherer sein, weil diese Klagen ungemein aufwendig sind.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Es sind aufwendig auf der Tatsachenseite. Ich muss einen sehr, sehr, sehr soliden Case haben hinsichtlich der Darlegung und Beweisbarkeit. Dazu brauche ich ein Klimaphänomen, was sehr gut verstanden ist. Das muss mit Studien unterfüttert sein.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Das ist alles, wie gesagt, sehr aufwendig. Aufwendig und dementsprechend auch kostenintensiv. Diese Verfahren, wie zum Beispiel der RWE-Fall, sind nur deshalb möglich, weil NGOs dahinterstehen, die das finanzieren. Das heißt also, die Situation, die wir jetzt bei diesem Massaverfahren sehen, wie das jetzt quasi mit Minimalaufwand möglich ist, also minimalem Kostenaufwand auch alle Autohersteller zu verklagen oder DSGVO-Verstößer, ist in der Form bei diesem Klimahaftungsverfahren sehr wahrscheinlich nicht möglich, einfach weil eben der Umfang an Informationen, der vom Kläger erst im Vorfeld gesammelt werden muss, deutlich größer ist als in diesem Verfahren.

38:13 Min
Marc:

Ich glaube.

38:14 Min
Erik Schirmer:

Das ist schon in gewisser Weise ein tatsächlicher Filter. Das kann man natürlich dem Ganzen auch wieder entgegenhalten, wenn es halt so kostenaufwendig ist für einen Kläger, diese Klagen anzustrengen. Welche Kläger klagen denn überhaupt? Aber ich glaube eben, das sind dann vor allem eben Überzeugungstäter wie dieser peruanische Grundstückseigentümer und solche, die von NGOs unterstützt werden.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Und das Ganze könnte dann eben doch wieder eben so eine verhaltenslenkende Wirkung haben, dass eben große Emittenten wissen, okay, da ist so ein latentes Haftungsrisiko. Dementsprechend passe ich mein Verhalten an und wie kann ich dieses Haftungsrisiko minimieren? Naja, wenn meine Haftung auf meinem Verursachungsbeitrag, also zu meinem Beitrag zum Klimawandel letztlich andockt, kann ich versuchen, meinen Beitrag zum Klimawandel zu minimieren.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Wie tue ich das, indem ich weniger emittiere? Das heißt also, das könnte in der Tat ein durchaus, würde ich sagen, praktikables Verhaltensanreizsystem sein, was dann anspringen könnte.

39:01 Min
Marc:

Wenn das Ganze hier jetzt Verhalten derart angereizt hat, ist es spät, wir nehmen abends nach 8 Uhr auf, muss man dazu sagen, dass man bei dir mitarbeiten möchte. Um die Frage final zu beantworten, was sollte man denn mitbringen, wenn man jetzt sieht, ach, du bist Professor geworden und die Themen sind spannend, man möchte vielleicht irgendwo vielleicht bei dir promovieren oder wissenschaftliche Mitarbeiterin, wissenschaftliche Mitarbeiter werden.

1:00 Min
Marc:

Was ist dir wichtig bei deinen Leuten?

39:28 Min
Erik Schirmer:

Mir ist wichtig bei meinen Leuten, dass die Leute quasi eine Motivation mitbringen, warum sie das machen wollen. Also so ein bisschen wie ich eingangs gesagt habe, dass ich es bei mir selbst gut fand und mich sehr motiviert hat, dass mich ein Thema umgetrieben hat, interessieren mich Menschen, die mit Themen kommen, also die sich für Themen interessieren.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Wenn diese Themen sich mit meinen Forschungsinteressen decken, dann glaube ich, haben wir schon quasi eine Schnittmenge, aus der viele coole Dinge entstehen können. Mich, ich mag auch kommunikative Menschen, Menschen, die in Gruppen gern arbeiten, die sich gern mit anderen austauschen, die interessiert sind an anderen Ideen, die auch mal ihre eigenen Ideen hinterfragen, challengen, immer wieder fragen, okay, das habe ich bisher so gemacht, überzeugt das eigentlich? Das ist eine Sache, die ich in meiner Arbeit am Lehrstuhl sehr genossen habe, mit anderen klugen Menschen umgeben zu sein, immer wieder so meine eigenen Ideen nachzuschärfen, immer wieder neu zu überdenken und gleichzeitig das Ganze eben als Gruppe an so einem Projekt zu arbeiten.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Weil ein Lehrstuhl, arbeiten an einem Lehrstuhl ist auch immer gruppenbezogene Arbeit, weil man nicht nur an gruppenbezogenen Projekten arbeitet, sondern weil man auch immer vor allem als Gruppe sich mit bestimmten Fragen befasst. Und da kann ein total toller Spirit entstehen.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Da kann eine Gruppendynamik entstehen, die oftmals einen so ein bisschen vergessen lässt, dass man hier irgendwie zum Beispiel auch gerade arbeitet. Das nicht heißen soll, dass man ein bisschen die Nacht arbeiten muss, auf keinen Fall. Allerdings eben ist das das Ideal.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Also ich habe. Das Glück gehabt, dass ich häufig mit Leuten am Lehrstuhl in Gruppen gearbeitet habe, die sich für ähnliche Dinge interessiert haben, gleichzeitig alle eigene Köpfe waren, über Dinge anders nachgedacht haben, aus verschiedenen Perspektiven drauf geblickt haben und das ist ungemein fruchtbar. Und das würde mich interessieren.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Also ich fände es zum Beispiel auch nicht nur toll, wenn sich vielleicht Leute für meine Arbeit interessieren und mit mir zusammenarbeiten wollen, die vielleicht Dinge ähnlich sehen wie ich. Mich würde auch gerade interessieren, wenn Leute zu mir kommen, die sagen, Moment, aber das alles überzeugt mich nicht, das sehe ich ganz anders.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Und dann quasi in der Zusammenarbeit meine eigenen Ansätze und vielleicht auch die dieser Person sich verbessern lassen, weil ich von dieser Person lerne. Also deswegen sehe ich das Ganze als nicht nur so eine Einbahnstraße, sondern auch quasi als ein zweiseitiges Ding, dass ich optimalerweise von den Personen, mit denen ich zusammenarbeiten kann, auch noch viel lernen kann, so wie sie von mir was lernen können.

1:00 Min
Erik Schirmer:

Und wenn Sie optimalerweise noch vielleicht einen Background mitbringen, der gerade bei diesen Klimathemen darin besteht, dass Sie sich entweder schon vielleicht ein bisschen damit befasst haben, sei es, weil Sie vielleicht mal früher sowas studiert haben oder weil Sie sich privat dafür interessieren, für naturwissenschaftliche Zusammenhänge, generell für Zusammenhänge außerhalb des Genu in Juristischen, dann stehen bei mir alle Türen offen.

42:03 Min
Marc:

Dann war zwar dieser Podcast jetzt eine Einbahnstraße im Sinne der Kommunikation, dass halt unsere Zuhörer hören und wir viel gesprochen haben. Aber schaut mal, wie gesagt, auf irgendwasmitrecht.de slash 207 wird es wahrscheinlich werden. Manchmal ändert sich die Episoden-Nummer aber noch, aber dann findet ihr das auch.

1:00 Min
Marc:

Da verlinken wir natürlich auch nochmal Jan Eriks LinkedIn und dir vielen herzlichen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast.

42:27 Min
Erik Schirmer:

Ja, sehr gerne, dass ich hier sein durfte.

42:29 Min
Marc:

Ciao.

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