Mark Noethen, Richter | OLG Köln
Wie sieht die Tätigkeit als Richter am Oberlandesgericht aus? Welche Wege führen vom juristischen Staatsexamen dorthin? In wieweit unterscheiden sich die einzelnen Karrierewege in den unterschiedlichen Bundesländern? Wie sieht die Arbeit im Presserecht aus? Kann man sich dies im Rahmen eines juristischen Praktikums oder einer Referendariatsstation einmal persönlich anschauen? Erfahre Antworten auf diese Fragen von Richter am OLG Köln Mark Noethen.
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Als Oberlandesgericht ist das OLG Köln Teil der nordrhein-westfälischen Justiz und hat seinen Hauptsitz in einem markanten Neubau am Rheinufer. Rund 220 Richterinnen und Richter sowie weitere Mitarbeitende sorgen dafür, dass Berufungen und Beschwerden in Zivil- und Strafsachen, aber auch presserechtliche Streitigkeiten, zügig entschieden werden.
Seine besondere Expertise im Medien- und Wirtschaftsrecht macht das Gericht deutschlandweit zu einer gefragten Instanz. Wie der Arbeitsalltag dort aussieht und welche Wege Nachwuchsjuristinnen und -juristen ins Richteramt führen, erfährst du in unserer Podcastfolge – klick dich rein und höre selbst hinter die Kulissen des OLG Köln!
Der Beruf der Richterin und des Richters ist ein sehr schöner Beruf, aus dem man sehr viel persönliche Befriedigung ziehen kann. Ich kann ihn weiterhin nur empfehlen.
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Herzlich willkommen zu einer weiteren Folge Irgendwas mit Recht, heute aus dem Oberlandesgericht Köln. Ich spreche mit Marc Nütten.
Einen schönen guten Morgen. Danke, dass ich mit Ihnen sprechen darf.
Ja, vielen Dank für die Einladung und dass Sie sich so abrupt bereit erklärt haben, hier heute mal ein bisschen Rede und Antwort zu stehen, den Studierenden über den Beruf des Richters im Allgemeinen, aber vor allem natürlich auch am Oberlandesgericht. Vielleicht stellen Sie sich kurz vor, wie sind Sie denn hier hingekommen, wo haben Sie studiert und warum sind Sie dann vor allem auch Richter geworden?
Ja, also hier hingekommen, das war ein langer Weg. Das dauert auch ein Weilchen, bis man ans Oberlandesgericht kommt. Ich habe in Bonn und Freiburg studiert und in Köln Examen gemacht. Bin dann danach für anderthalb Jahre nach Amerika gegangen und habe dann LLM gemacht.
Im Anschluss dann hier in Köln Referendariat und habe mich dann für den Richterdienst beworben. Und ich habe mich dafür schon immer interessiert. Also während des Studiums kann ich das auch nicht genau erklären, warum ich das gerne machen wollte.
Aber ich hatte während meiner Zeit in den USA so ein Aha-Erlebnis. Da habe ich einen Mutkorn mitgemacht und war Richter und habe den halt dort dargestellt. Und das hat mir unglaublichen Spaß gemacht, diese Verhandlungen zu führen.
Und das hat sich dann im Referendariat fortgesetzt. Also direkt in der ersten Station, die ich beim Richter am Landgericht Köln gemacht habe, hatte ich große Freude an dem Beruf. Und dann war mein Arbeitsgemeinschaftsleiter der heutige Präsident des Landgerichts Köln-Ketterle, auch hier noch Personaldezernent.
Und das hat dann so den letzten Ausschlag gegeben zusammen mit der Wahlstation am Oberlandesgericht Köln. Und dann habe ich mich beworben und bin tatsächlich auch genommen worden und dann zum Landgericht Aachen gekommen.
Das ist ja ganz spannend, weil wir oft in der Studierendenschaft oder wenn es dann gerade darum geht, ins Referendariat überzugehen, hören, dass man sagt, naja, mach doch keinen LLM, wenn du Richter werden willst. Aber bei Ihnen hat dann ja sozusagen der LLM die Richtertätigkeit erst so richtig angefeuert.
Ja, in der Tat, also weil das eben dort zusammenkam. Ich habe das allerdings auch für mich jetzt nicht mit einem bestimmten Ziel gemacht, unbedingt später international zu arbeiten, sondern ich wollte gerne ins Ausland und dann hatte sich die Chance für mich geboten, eben nach Washington DC zu gehen, habe das gern gemacht.
Und interessanterweise war es auch später so, dass man mich hier beim Einstellungsgespräch fragte, warum ich denn mit LM Richter werden wollte. Aber weil das tatsächlich für diejenigen, die einstellten, nicht so gut zusammenpasste. Aber ich fand das keinen Widerspruch.
Und der frühere Präsident des Oberlandesgerichts Riedel, er war ein großer Verfechter von solchen Dingen und hat auch dafür gesorgt, dass Leute, die entsprechendes Interesse hatten, auch hier im Richterberuf ins Ausland gehen konnten.
Wie funktioniert das dann?
Also das war hier ganz interessant. Es gibt natürlich vielfältige Möglichkeiten, was den Richterberuf auch so interessant macht, sich irgendwo hin abordnen zu lassen. Also sie können sich ans Ministerium abordnen lassen, sie können sich an ein oberstes Bundesgericht abordnen lassen.
Ich selber war drei Jahre am Verfassungsgericht in Karlsruhe als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Man kann sich aber auch international abordnen lassen. Also es besteht die Möglichkeit einer Abordnung zum EuGH, zum EGMR, ansonsten nach Brüsseln.
Und das Oberlandesgericht Köln hat auch durch Herrn Riedel mit beeinflusst eine Partnerschaft mit einer Universität in Texas, Austin. Und da können Sie dann als Richter tatsächlich sogar ein Jahr dorthin gehen und ein LLM machen. Was hier auch einige Kollegen gemacht haben und mit großer Begeisterung davon sprechen.
Also die Vielfalt im Richterberuf, die Sie sowieso haben, die wird durch solche Möglichkeiten natürlich noch deutlich erweitert.
Spannend. Das wusste ich auch noch nicht, dass man tatsächlich als Richter nochmal, je nachdem wo man dann Richter ist natürlich, wenn es so ein Angebot gibt, nochmal einen LLM auch im Ausland machen kann.
Ja, also ich sage mal, das ist jetzt auch nichts, was jetzt die breite Richterschaft betrifft. Das sind dann tatsächlich Einzelfälle, aber ich sage mal, es gibt eben viele Möglichkeiten und das ist eine davon. Und wenn man sich für irgendwas interessiert in der Hinsicht, dann gibt es hier tatsächlich immer Möglichkeiten.
Gut, gehen wir nochmal einen kleinen Schritt zurück in Ihre Zeit nach dem Referendariat. Sie haben gesagt, Sie waren in Aachen dann Richter, mittlerweile jetzt in Köln im Oberlandesgericht. Könnten Sie vielleicht nochmal skizzieren, was Sie in den Jahren dazwischen so gemacht haben und was dann letztlich auch dazu beigetragen hat, dass Sie jetzt hier heute gelandet sind?
Ja gut, ich habe von Anfang an in Köln gewohnt. Das heißt, es gab immer einen kleinen Drang, wieder nach Köln zurückzukehren. Ich war aber sehr gerne in Aachen, weil das ein sehr schönes Gericht ist.
Und für Richter ist es üblich, dass sie zunächst mal in der Zivilkammer anfangen, also am Landgericht mit zwei anderen und dort ein Jahr verbleiben. Dann typischerweise geht es für eine Zeit ans Amtsgericht, bevor sie dann nach ungefähr drei Jahren zum Richter auf Lebenszeit ernannt werden.
Und bei mir war es genauso. Ich war ein Jahr am Landgericht, dann zwei Jahre am Amtsgericht Aachen, hatte dort eine kleine Zivilabteilung, was eine sehr schöne Zeit war, weil man eben so sehr für sich arbeiten konnte. Dann habe ich mich aber irgendwann entschlossen, dass ich lieber zum Landgericht will und habe mich am Landgericht verplanen lassen.
Und dann am Landgericht habe ich ganz verschiedene Sachen gemacht. Zunächst mal war ich tatsächlich ein Jahr in Elternzeit, was auch ein großer Vorteil unseres Berufes ist, weil es eben solche Möglichkeiten gibt. Sie haben eine große Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
Das habe ich ausgenutzt und war ein Jahr in Elternzeit, kurz nach meiner Verplanung und bin dann zurück ans Landgericht und da habe ich dann alles gemacht. Also da war ich in der 1.
Instanzlichen Zivilkammer, in der 2. Instanzlichen Zivilkammer, in der Strafkammer, in der Beschwerdekammer bis 2009 insgesamt. Insgesamt und anstelle dann mich am Oberlandesgericht irgendwann erproben zu lassen, dazu erkläre ich gleich nochmal was, bin ich dann für drei Jahre ans Bundesverfassungsgericht gegangen und war dort wissenschaftlicher Mitarbeiter von Herrn Verfassungsrichter Eichberger und habe da im Wesentlichen Verfassungsbeschwerden bearbeitet, also die für die Kammer oder für den Senat vorbereitet.
Und der Punkt Erprobung ist, um ein Beförderungsamt zu kriegen, also entweder Vorsitzender Richter am Landgericht zu sein oder Richter am Oberlandesgericht zu werden, müssen sie sich erproben lassen. Das findet entweder hier am Oberlandesgericht statt, neun Monate sind sie dann einem der hiesigen Senate zugeordnet.
Oder eben die sogenannte Ersatzerprobung, die ich gemacht habe, dass sie sich an oberstes Bundesgericht oder ans Ministerium abordnen lassen und dort drei Jahre dann Ersatz erprobt werden und danach können sie befördert werden. Und dann müssen sie sich letztlich entscheiden, wo ein bisschen ihre Vorlieben liegen, ob sie sagen wollen, wie es mal ein Kollege von mir in Aachen sehr schön formuliert hat, Möchten Sie Kapitän eines kleinen Schiffs sein oder Ruderer auf einem großen Schiff? Also Vorsitzender am Landgericht oder eben Beisitzer am Oberlandesgericht und ich habe mich für den Beisitzer am Oberlandesgericht entschieden.
Schön.
Das skizziert das ja ganz gut. Darunter können sich die Zuhörenden sicherlich viel vorstellen. Muss man das einschränken hinsichtlich des Bundeslandes? Also ich habe mal gehört, dass beispielsweise in Berlin, wenn man dort anfängt, man auch nochmal mit der Staatsanwaltschaft hin und her springt.
Ja. Also das war jetzt ein NRW-spezifischer, nicht komplett, aber teilweise jedenfalls NRW-spezifischer Werdegang auch und Voraussetzungen.
Auf jeden Fall. Das gibt es ja beispielsweise in Bayern auch, dass dort immer zwischen der Staatsanwaltschaft und dem Richterberuf gewechselt wird und dass da auch keine Beförderung gibt, ohne dass sie zwischen den Bereichen gewechselt sind. Das gibt es bei uns in NRW nicht, beziehungsweise auf freiwilliger Basis.
Also wenn sie zwischendurch mal an die Staatsanwaltschaft möchten, dann ist das auch möglich. Aber sie müssen eben nicht anders als beispielsweise in Bayern.
Gut, gehen wir vielleicht mal auf die Organisation und den Aufbau der Gerichtsbarkeit ein. Viele Studierende haben ja vielleicht schon mal ein Praktikum bei Gericht gemacht, aber andere haben eventuell noch gar keine Erfahrung mit der gerichtlichen Praxis. Könnten Sie mal skizzieren, was so rein praktisch, physisch hier im Gericht passiert, wenn eine Klage eingeht? Beziehungsweise wahrscheinlich nicht so sehr hier am Oberlandesgericht, sondern eher am Amtsgericht und am Landgericht, wo ja das Gro der Verfahren jedenfalls spielt.
Ja, also wenn eine Klage eingeht, dann wird die zunächst dem Richter letztlich vorgelegt und der prüft als erstes, ob der Kostenvorschuss gezahlt ist, weil sie ohne Gebühren keine Klage erheben können. Prüft, ob seine Zuständigkeit gegeben ist, wie das wir Richter nun mal ganz gerne machen.
Und dann wird diese Klage dem Gegner zugestellt und dann gibt es letztlich zwei Möglichkeiten, entweder einen frühen ersten Termin oder ein schriftliches Vorverfahren. Jedenfalls läuft es dann auf einen Termin zur mündlichen Verhandlung hinaus, in dem die Sache dann erörtert wird, gegebenenfalls Beweis erhoben wird und dann kommt es zu einem Urteil.
Und das Urteil wird verkündet bzw. Wann verkündet, wann geschrieben, weil da gibt es ja manchmal auch noch so ein bisschen Verwirrung in der Studierendenschaft. Wie funktioniert das genau?
Also im Zivilbereich ist es so, dass regelmäßig nochmal ein besonderter Verkündungstermin bestimmt wird von Gesetzes wegen. Da sollte der oder darf der nicht länger als drei Wochen nach der mündlichen Verhandlung sein und dann wird das schriftliche Urteil abgesetzt. Es gibt auch die Möglichkeit des sogenannten Stuhlurteils direkt im Termin.
Das wird aber sehr, sehr, sehr selten gemacht. Also die meisten Richter schätzen eben die Möglichkeit nach dem Termin das nochmal in Ruhe schriftlich niederlegen zu können. Also regelmäßig ist es so, dass nach dem Termin zur mündlichen Verhandlung drei Wochen später der Verkündungstermin ist und dann die Entscheidung verkündet wird in gewöhnlichen Zivilverfahren, sowohl am Amtsgericht wie auch am Landgericht.
Das heißt, Sie haben logischerweise auch nicht jeden Tag in der Woche Verhandlungen, denn Sie brauchen ja auch Zeit als Richter, die Urteile vorzubereiten und dann letztlich auch zu schreiben.
Nein, also natürlich hat man am Amtsgericht, weil die Verfahren immer umgangssprachlich ausgedrückt ein bisschen kleiner sind, mehr Termine. Und am Landgericht hat man auch mehr Termine als am Oberlandesgericht, weil natürlich von Instanz zu Instanz die Verfahren einen anderen Umfang bekommen.
Kommen, aber man hat nicht jeden Tag Termine, sondern maximal zweimal die Woche, eher einmal die Woche. Das hängt auch ein bisschen davon ab, wie man so ein Amtsgericht beziehungsweise eine Kammer am Landgericht organisiert, also ob man viele Sachen schriftlich macht, weil es auch die Möglichkeit gibt es eben auch, auch ohne mündliche Verhandlung, je nach Verfahren und wie man Hinweise erteilt, also das hängt ein bisschen auch davon ab.
Aber Aber üblicherweise ist es so im Durchschnitt, dass man so einmal pro Woche Sitzungstag hat und den Rest der Zeit verbringt man mit seinem sogenannten Dezernat und den Vorbereitungs- und Nachbereitungsarbeiten. Da sollte man auch nicht unterschätzen, diese ganzen Akten müssen eben organisiert werden.
Also als ich am Landgericht Aachen angefangen habe, hatte ich in meinem eigenen Bestand 280 laufende Verfahren. Das war schon recht ordentlich und da müssen Sie sich als Anfänger auch erstmal dran gewöhnen. Da gewöhnt man sich dran, aber so die ersten Monate sind doch schwer, weil man als Referendar ja doch immer relativ viel Zeit für so eine einzelne Akte hat, wenn man jetzt beispielsweise hier in einem Senat oder in einer Kammer zugeordnet ist im Rahmen des Referendariats und da ist schon eine andere Schlagzahl gefragt.
Mhm.
Wir wollen jetzt nicht in die Untiefen des GVG einsteigen, aber vielleicht können Sie doch mal kurz skizzieren, wie denn dann ein Verfahren zum Oberlandesgericht im Anschluss kommt.
Ja, das ist relativ einfach, wenn eine der Parteien Berufung einlegt. Also wir sind ganz überwiegend eine Rechtsmittelinstanz und zwar sowohl für das Amtsgericht als auch für das Landgericht, für das Amtsgericht in Familiensachen. Und dann muss eben Rechtsmittel eingelegt werden, entweder Berufung oder Beschwerde.
Typischerweise eben eine Berufung gegen das Zivilurteil. Und dann schlägt das Verfahren hier bei uns auf und wird in zweiter Instanz nach den prozessualen Regeln bearbeitet.
Gibt es auch Verfahren, die unmittelbar vor dem OLG landen?
Das sind wenige. Es gibt im Strafbereich die Staatsschutzsachen, es gibt so Kartellsachen, aber das wird den Studierenden jetzt nicht, glaube ich, im Einzelnen wirklich weiterhelfen. Ich denke, das Entscheidende ist, dass es relativ wenige Verfahren sind, die bei uns direkt laufen.
Und wie ist das OLG intern dann organisiert? Also wer oder was entscheidet? Klar, Geschäftsverteilungsplan haben viele schon mal gehört, aber wie läuft das genau? Also wo das Verfahren dann hinkommt und so weiter? Können Sie das nochmal ein bisschen darlegen?
Das läuft bei jedem Gericht tatsächlich gleich. Wir haben ja das Recht auf den gesetzlichen Richter aus dem Grundgesetz, das ist auch gut so. Das heißt, es muss von vornherein feststehen, wer welche Verfahren bearbeitet.
Dafür gibt es einen Geschäftsverteilungsplan, der immer fürs Jahr voraus bestimmt wird und der hat ganz klare Regeln, was wohin kommt. Und beim Oberlandesgericht in Köln ist es so, dass wir viele Spezialzuständigkeiten haben, das heißt für bestimmte Bereiche sind bestimmte Senate zuständig, die dann die spezialisiert abarbeiten, was heutzutage auch erforderlich ist.
Sie sind, wenn ich da recht informiert bin, gerade im achten Zivilsenat hier am OLG. Ist das noch korrekt?
Das ist richtig, ja.
Was machen Sie denn da jetzt dann aktuell?
Ja, ich bin zum jetzigen Zeitpunkt nur noch zu 30 Prozent in der Rechtsprechung tätig und zu 70 Prozent verwalte ich das Oberlandesgericht mit. Also jedes Gericht hat, weil es eben auch eine Behörde ist, natürlich einen Verwaltungsober- oder Unterbau, je nachdem von welcher Seite man das betrachten will.
Wir sind sozusagen die Dienstleister der Rechtsprechung und kümmern uns darum, dass die Rechtsprechung funktioniert. Und das machen eben auch Richter und die sind dann zu einem bestimmten Teil in die Verwaltung abgeordnet bzw. Nehmen Verwaltungstätigkeiten wahr.
Und das ist bei mir jetzt so 70, 30 Prozent verteilt und die restlichen 30 Prozent im Senat, im achten Zivilsenat, was der Senat der Präsidentin des Oberlandesgerichts ist, machen wir eigentlich allgemeine Zivilsachen und haben eine wesentliche Zuständigkeit, nämlich internationales Kaufrecht. Das sind aber nicht so viele Fälle, die sind allerdings sehr spannend, muss man sagen.
Da hat man dann eben so einen internationalen Bezug und die Fälle sind auch, wenn sie zu uns kommen, doch wirklich recht interessant, kann man nicht anders sagen.
Wo wir gerade von spannenden Verfahren und interessanten Rechtsfragen sprechen, könnten Sie da mal natürlich, ohne Namen zu nennen, ein, zwei Beispiele geben?
Ja, ich war, bevor ich in die Verwaltung gegangen bin, bevor ich in den 8. Zivilsenat gekommen bin, von ungefähr 2014 bis 2017 im Pressesenat des hiesigen Oberlandesgerichts. Und da könnte ich Ihnen eine Vielzahl von spannenden Fällen mit auch Namen nennen, die sehr viel, das ist wirklich eine sehr interessante Materie, das macht sehr viel Freude, das ist sehr grundrechtsrelevant, sehr viele aktuelle Fragen, weil sie dann beispielsweise auch Verfahren gegen Google haben, wenn es dann um bestimmte Löschungen geht, die ganzen Yameda-Verfahren, die Sie vielleicht kennen, Ärztebewertungsportale, wie funktioniert das? Das hatten wir alles.
Das ist sehr interessant. Und wir hatten auch die Veröffentlichung in einer Boulevardzeitung und der entsprechenden Online-Veröffentlichung über einen Wettermoderator, der... Ja, dort Unterlassungen verlangt hat. Das war ein sehr aufwendiges Verfahren, was wir im 15.
Zivilsenat bearbeitet haben und sehr spannend war und uns alle sehr in Anspruch genommen hat.
Ich würde ganz gerne nochmal auf Yameda kurz eingehen. Vielleicht können wir die Verfahren, das gab ja mehrere Urteile dann auch in dem Zusammenhang, nochmal ein bisschen darlegen, weil das doch, wenn ich recht informiert bin, im Moment auch ein bisschen die Grundlage für die Diskussion ist. Klarnamenspflicht bei Facebook, wie ist es eigentlich in diesem ganzen Zusammenhang mit Meinungsäußerungsfreiheit unter Pseudonym und Anonym zu agieren? Könnten Sie vielleicht das Yameda-Verfahren für diejenigen, oder eines der Verfahren für diejenigen, die das noch nicht gehört haben, nochmal kurz skizzieren?
Ja, es geht eigentlich im Kern immer darum, dass man Bewertungsportale hat. Angefangen hat das mit Lehrerbewertungsportalen, dem sogenannten spickmich.de und auf diesen Bewertungsportalen werden dann irgendwelche Bewertungen abgegeben, die natürlich sämtlich unter dem Schutz der Meinungsfreiheit stehen. Aber diejenigen, die bewertet werden, denen gefällt das ja häufig nicht.
Und dann ist die Frage, wie erreichen die Bewerteten, dass eine solche Bewertung gelöscht wird, beziehungsweise in Zukunft unterlassen wird, dass eine solche Bewertung abgegeben wird. Und da gibt es eben ein Spannungsverhältnis, weil diese Bewertungen anonym abgegeben werden häufig.
Und dann ist die Frage, der Betreiber der Plattform, muss der a. Offenlegen, wer das war, also wer hat diese Bewertung abgegeben und muss er das unterlassen. Und dazu gibt es vielfältige Rechtsprechungen, jetzt mittlerweile des Bundesgerichtshofs, von denen eben viel hier auch in Köln einen Anfang genommen hat, Und da wird abgewogen.
Der Kern des Ganzen ist, dass das Recht auf Anonymität im Internet sehr hoch bewertet wird und man sich dann vielerlei Prüfmechanismen überlegt hat, um gleichwohl die Bewerteten zu schützen. Also beispielsweise muss dann derjenige, der diese Plattform betreibt, darlegen, warum diese Bewertung jetzt richtig sein kann.
Der muss also ein bestimmtes Prüfprogramm durchlaufen, ohne allerdings die Identität des Bewerteten preiszugeben. Und da kann man natürlich sehr unterschiedlicher Auffassung sein. Was man aber nie vergessen darf bei dieser ganzen Diskussion, dass bei uns in Deutschland das so ein bisschen selbstverständlich erscheint, dass man sagt, warum kann derjenige nicht dazu stehen, wenn er das schreibt.
Ja, das ist natürlich wahr, aber wenn man sich jetzt beispielsweise in anderen Staaten das vorstellt, dass man seine Meinung immer mit Klarnamen äußern soll, dann kann das andere Probleme geben. Und das ist eine grundsätzliche Frage der Meinungsfreiheit, die bisher so bewertet wird, dass man sagt, jemand darf anonym bleiben.
Spannend.
Ja, das sind auch wirklich spannende Fragen. Und die sind natürlich auch sehr aktuell.
Tauchen ja immer wieder auf in verschiedenen Kontexten.
Genau. Ja, also ist ja jetzt auch gerade wieder aktuell so, wenn man sich diese Frage ansieht, dass die AfD angeregt hat, dass Lehrer bewertet werden sollen. Aber man darf eben nie vergessen, die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut.
Und wir können uns sehr froh schätzen, dass wir in einer Demokratie leben, in der die Meinungs- und Pressefreiheit so hoch gehalten wird. Und es lohnt sich, darüber nachzudenken, ob man dafür nicht bestimmte Dinge in Kauf nimmt, die vielleicht auch eine negative Seite haben.
Aber das ist jetzt nur meine ganz persönliche Meinung.
Ja, knüpfen wir an Ihre persönliche Meinung in einer etwas anderen Form an, die Sie ja auch in Arbeitsgemeinschaften weitergeben in der Juristenausbildung. Sie sind da sehr aktiv, teilweise auch als Prüfer, haben Sie eben erwähnt im Vorgespräch im ersten Examen tätig und da würde mich interessieren, wie hat sich denn die Juristenausbildung aus Ihrer Sicht in den letzten 10, 15 Jahren verändert?
Also im Grunde genommen, die Frage hatten sie mir ja auch vorher schon gegeben, habe ich darüber nachgedacht und festgestellt, dass sie sich gar nicht so groß geändert hat. Weil die Kompetenzen, die wir von Referendarinnen und Referendaren erwarten, die sind eigentlich relativ zeitlos.
Also seitdem, ich weiß nicht genau, meine 2002, 2003 die Juristenausbildung geändert worden ist, hat sich wenig verändert, außer…, Dass ich jetzt persönlich oder auch der zuständige Dezernent festgestellt hat, dass sich die Referendare so ein bisschen geändert haben in ihren Interessen. Also es gibt viel mehr Auslandsaufenthalte als früher.
Also Referendare sind sehr viel beweglicher. Und ich habe den Eindruck, da gehe ich vielleicht auch nicht konform mit anderen Kolleginnen oder Kollegen, dass wir auch, dass die sehr gut ausgebildet sind, die Referendare und sehr gute Leistungen erbringen. Das mag allerdings auch von meiner letzten Arbeitsgemeinschaft, die ich gerade hatte, sehr geprägt sein, die wirklich sehr gut war.
Aber wenn es darum geht, was sich jetzt in der Sache geändert hat, dann ist es nicht viel in den letzten zehn Jahren. Da ist es doch relativ gleich geblieben.
Befreundeter Anwalt in der Großkanzlei beschwerte sich letztens mal, dass vor 10, 15 Jahren die Arbeitsmoral eine andere gewesen sei.
Also das kann ich überhaupt nicht feststellen. Was man manchmal hat, das stellt man schon fest, ist, dass eine andere Erwartungshaltung herrscht. Also dass mehr vorgekaut, wenn ich das mal so umgangssprachlich formulieren darf, mehr vorgekaut werden soll.
Aber das unterscheidet sich auch von Gruppe zu Gruppe. Aber die Arbeitsmoral an sich, meine ich, die ist ungebrochen hoch. Es gab mal eine Zeit, in der das berufliche Umfeld schwerer war, in der man merkte, es werden so wenig Leute eingestellt, dass der Druck sehr hoch ist.
Und das hat man dann auch den Referendar-Arbeitsgemeinschaften angemerkt. Das hat aber für keine sehr positive Atmosphäre gesorgt. Aber wenn ich jetzt zum Beispiel auf meine letzte Arbeitsgemeinschaft gucke, die hatten eine sehr hohe Arbeitsmoral.
Und wenn sie die zeigen im Übrigen, das stelle ich auch fest, dann werden auch entsprechende Ergebnisse erzielt. Also diejenigen, die diese Haltung haben, jetzt muss mir erstmal was geliefert werden, bevor ich mitarbeite, das wird nichts. Aber die, die diese Arbeitsmoral zeigen, die erzielen auch entsprechende Ergebnisse.
Und die kommen im Übrigen natürlich auch im Beruf besser voran. Weil die Erwartungshaltung wird halt spätestens, wenn sie anfangen, können sie die ohnehin begraben. Ja, genau.
Referendare sind das eine Thema, viele unserer Zuhörerinnen sind noch Studierende. Wie können die sich denn die Arbeit hier mal anschauen?
Also es gibt die Möglichkeit ein Praktikum hier zu machen, ebenso wie die praktische Studienzeit, die Sie ja bei Gericht machen können. Wobei ich da immer persönlich empfehlen würde, nicht zum Oberlandesgericht zu gehen, weil wir uns eben im Wesentlichen mit Rechtsfragen befassen.
Und das Interessante bei Gericht sind ja nicht nur die Rechtsfragen, sondern eben auch die tatsächlichen Fragen, und dadurch, dass es auch mehr Verfahren sind, ist es dann in erster Instanz interessanter, soweit es dann eben auch durchmischt ist, also da haben sie auch Zivilsachen und Strafsachen und da haben das Landgericht Bonn und das Landgericht Köln, haben auch entsprechende Informationen auf ihrer Website, wie man sich dort bewerben kann, wenn man ein entsprechendes Praktikum machen will.
Ich kann das nur empfehlen, weil das auch sehr interessant ist und man da eben schon so ein bisschen den Richterberuf kennenlernt und sich auch überlegen kann, ob das für einen selbst in Betracht kommt.
Welche Tätigkeiten übernimmt man dann, wenn man Praktikant ist?
Ja, als Praktikant sind die Tätigkeiten relativ eingeschränkt. Sie dürfen beispielsweise auch nicht an einer Beratung teilnehmen. Ist klar, es gilt das Beratungsgeheimnis. Das heißt, Sie können sich im Wesentlichen das nur angucken und wenn Sie natürlich besonders qualifiziert sind, dann können sie auch gerne mal so kleine Sachen entwerfen.
Aber erstmal geht es letztlich darum, dass sie sich den ganzen Betrieb ansehen. Also, dass sie einfach kennenlernen, wie so ein Gericht funktioniert, wie eine mündliche Verhandlung abläuft, was Richterinnen und Richter so machen. Und damit kümmert man sich auch entsprechend um die Praktikantinnen und Praktikanten.
Letzte Frage, was müsste man denn mitbringen als Praktikant? Also ich sag mal an Noten und letztlich auch so ein bisschen Softskills-Umgang. Worauf achten Sie denn dort, wenn Sie hier einstellen? Oder wenn Sie zu einem Praktikanten nehmen, muss man ja sagen.
Ja, also bei Praktikanten ist es jetzt nicht so dramatisch. Im Grunde müssen sie nur Studierender sein. Dann können sie auch hier ein Praktikum machen. Da pflegen wir jetzt keine so dramatische Auswahl.
Die tatsächliche Auswahl findet dann natürlich später nach dem Referendariat statt, wenn sie in den Richterberuf wollen. Also als Praktikant können sie sich immer bewerben. Also wenn sie Studierender sind, dann weiß man ja auch noch nicht, wie ihre Leistungen letztlich in den Staatsexamina sein werden und da brauchen sie jetzt keine besonderen Voraussetzungen zu erfüllen.
Und Softskills, ja auch das ist natürlich später wichtig. Wer Richter sein will, muss mit Menschen umgehen können, weil mit denen haben sie relativ viel zu tun.
Das ist doch ein schönes Schlusswort.
Ja, gerne.
Vielen, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben. War sehr kurzweilig und interessant. Ich hoffe, wir haben vielen Studierenden den Beruf des Richters schmackhaft gemacht und danke Ihnen ganz herzlich.
Ja, sehr gerne. Ich kann auch nur noch mal am Ende meinen Schlusswort sagen. Der Beruf der Richterin und des Richters ist ein sehr schöner Beruf, aus dem man sehr viel persönliche Befriedigung ziehen kann. Ich kann den, auch wenn ich ihn jetzt schon eine ganze Weile mache, weiterhin nur empfehlen. Und ich bedanke mich recht herzlich.
Danke, tschüss.
Tschüss.