Sabine Fuhrmann, Verbandsjurist | SpiritLegal
Anwältin - Handels- und Gesellschaftsrecht - BWL für Juristen - Einarbeitung Praxis - Syndikusanwältin - Umwandlungsrecht - Kanzleigründung - Spirit Legal - Rechtsanwaltskammer Sachsen (RAK) - Anwaltliche Selbstverwaltung - Berufsrecht - Anwaltsgerichte - BEA (Besonderes elektronisches Anwaltspostfach) - Juristischer Nachwuchs - Unabhängigkeit Anwalt
Heute bei IMR: Sabine Fuhrmann, Rechtsanwältin und Präsidentin der Rechtsanwaltskammer Sachsen. Wir sprechen über ihren vielseitigen Weg, der zwar stets in der Anwaltschaft, aber vielen verschiedenen Rollen war. Warum hat sie sich für die Tätigkeit im Handels- und Gesellschaftsrecht entschieden? Welche Überlegungen führten dazu, dass sie nicht mehr in Berlin tätig ist und eine Kanzlei in Leipzig gründete? Wie kommt man eigentlich auf einen Kanzleinamen? Was trieb sie an, Präsidentin der Rechtsanwaltskammer Sachsen zu werden? Welche Aufgaben nimmt die Rechtsanwaltskammer (RAK) wahr? Gibt es typische Fehler bei der Beachtung des anwaltlichen Berufsrechts? Welche Sanktionsmöglichkeiten hat die RAK? Antworten auf diese Fragen sowie spannende Perspektiven für Deinen individuellen Karriereweg gibt's in Folge 151. Viel Spaß beim Zuhören!
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Die Sozietät ist dafür bekannt, neue digitale Geschäftsmodelle blitzschnell in rechtssichere Bahnen zu lenken und Mandate an der Schnittstelle von Technologie, Medien und Regulierung mit viel Unternehmergeist anzugehen. Neugierig geworden? Dann klick dich in unsere Podcastfolge mit SpiritLegal und hör selbst, wie die Kanzlei Recht lebendig macht!
Anwältin ist der schönste Beruf der Welt. Ich entscheide, wie ein Mandat geführt wird, habe Unabhängigkeit und Flexibilität, und jeder Fall ist anders. Wer kommuniziert, Biss hat und sich einsetzt, ist hier richtig.
KI-basiert und kann Fehler enthalten.
Herzlich willkommen zu einer neuen Episode Irgendwas mit Recht. Heute sitze ich für euch im schönen Leipzig und ich spreche mit Sabine Vormann. Hallo Sabine. Hallo Marc. Sabine, du bist in den Podcast gekommen, weil ein gemeinsamer Bekannter dich vorgeschlagen hat. Eine gemeine Frage direkt zum Anfang. Was glaubst du denn, warum er dich vorgeschlagen hat?
Das ist eine gute Frage. Grüße an dieser Stelle an Simon. Ich glaube, das darf erlaubt sein. Ja, er hat mich vielleicht vorgeschlagen, weil wir uns, wenn wir uns sehen und wenn wir mal miteinander zu tun haben, immer ganz angeregt unterhalten können.
Weil ihr euch immer sehr angeregt unterhalten könnt über Jura oder auch über sonstiges?
Über Jura auch, aber auch über das echte Leben. Wir sitzen zusammen im Aufsichtsrat einer Gemüsekooperative. Das heißt, da geht es nicht nur um juristische Themen, da geht es manchmal auch um Themen, welches Gemüse kommt in die neue Gemüsekiste.
Was ist denn eine Gemüsekooperative?
Eine Gemüsekooperative ist eine kooperative Landwirtschaftsgenossenschaft, in der wir beide Mitglied sind und sind auch Mitglied im Aufsichtsrat und die hat ihren Sitz hier vor den Toren Leipzig im Schöntauch.
Ah ja, okay. Das heißt, wir hören schon, du machst eine ganze Menge, nicht nur klassisches Jura hier im Büro, aber hast dich immerhin ja irgendwann mal dafür entschieden, Anwältin zu werden. Wie kam das?
Also die Entscheidung, Anwältin zu werden, die kam schon sehr, sehr früh, kurz nach Beginn des Jurastudiums. Ich habe nicht Jura studiert, weil ich Anwältin werden wollte. Ich habe ehrlich gesagt Jura studiert, weil ich nicht wusste, was ich studieren sollte.
Wie so viele. Wie so viele. Das habe ich auch erst hinterher festgestellt. Während der Schulzeit, auch im Abi, hat mir ganz viel Spaß gemacht. Besprachen beispielsweise fand ich immer ganz toll.
Aber irgendwie dachte ich, Sprachen spricht man, aber Sprachen studiert man nicht. Geschichte fand ich auch toll. Ich wollte aber irgendwie auch nie Lehrer werden. Blut kann ich nicht so richtig sehen, deswegen war Medizin raus.
Und da bleibt nicht mehr so wirklich viel über. Und dann habe ich gedacht, probiere mal Jura aus. Warum kein BWL? Das kam auch erst später.
Okay.
Also wenn ich mich heute nochmal fragen würde, ob ich auch nochmal Jura studieren würde, würde ich sicherlich sagen, ja, Jura auf jeden Fall. Aber noch ein paar Semester BWL dazu, die können nicht schaden.
Auf jeden Fall. Und wir greifen ein bisschen voraus, aber ich glaube, ich sehe das genauso. Ich würde es auch so machen. Ich bereue ein kleines bisschen, dass ich damals in Bonn nicht einen Studiengang gewählt habe, der Jura und BWL vereint hat.
Der wurde dann kurz nach dem ich angefangen habe eingeführt. Denn das ist doch am Ende des Tages gerade auch für das Anwaltsdasein eigentlich totales Handwerkszeug.
Marc, jetzt kommt die klassische Anwaltsantwort. Es kommt drauf an, in welchem Rechtsgebiet du später mal tätig werden möchtest. Ich bin Pfarrerwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht. Das heißt, ich habe viel mit Unternehmen zu tun.
Ich habe auch viel mit Bilanzen und und so weiter zu tun. Und es kann wirklich nicht sein, dass man zwei Staatsexamen hat und irgendwie die rechte und linke Seite der Bilanz nicht auseinanderhalten kann. Da haben wir wirklich eine große Bildungslücke und sicherlich auch Ausbildungslücke, weil sowohl im Studium als auch im Referendariat einfach viel zu kurz kommt.
Das sind dann Sachen, die lernt man vom Mandanten oder am Mandanten in der Praxis. Und da hätte ich mich gefreut, wenn ich das vielleicht schon deutlich früher in meiner Ausbildung schon genommen hätte, dann wäre mir das eine oder andere vielleicht leichter gefallen zu verstehen, nachzuvollziehen und hätte mir vielleicht auch die eine oder andere Fortbildung dann während der Arbeitszeit schon erspart.
A.G. Gut, lass uns noch ganz kurz deinen Werdegang fertig umreißen, bevor wir da so ein bisschen tiefer einsteigen, was eigentlich anwaltliche Arbeit bedeutet. Studium in?
S.
Leipzig. A. Leipzig, Referendariat?
S. Zwickau.
A. In Zwickau.
In Zwickau, ja. Damals, muss man sagen, damals TM, gab es in Zwickau noch eine Refrandarausbilderstelle. Mittlerweile ist es in Sachsen so, dass du in Leipzig, Dresden, Chemnitz und neuerdings auch Wiedervautzen Refrandariat ableisten kannst. Damals gab es es auch noch in Zwickau.
Niemand wollte nach Zwickau? Ich auch nicht, weil Leipzig Leipzig halt. Aber ich muss sagen, es ist das Beste, was mir passieren konnte. Es war eine verdammt gute Ausbildung.
Wir waren eine sehr kleine, sehr engagierte Gruppe. Ich zehre heute wirklich noch jeden Tag davon. Und ich habe zufälligerweise erst vor ein paar Wochen bei einer Veranstaltung meine damalige Ausbilderin wiedergesehen. Und das war ein sehr schönes und positives Wiedersehen.
Das ist ja mal eine ganz schöne Geschichte. sozusagen gerade auch off the record, hört man dann ja doch relativ viel Gruseliges auch von der Referendarausbildung, weil man eben ja doch so ein bisschen Glück haben muss, um an einen wirklich guten oder einen wirklich guten Ausbilder zu geraten. Haben wir in dem Bereich auch ein Defizit, dass da vielleicht das so ein bisschen im Zufall überlassen wird und dass man das eigentlich noch ein kleines bisschen systematischer, strategischer angehen müsste, diese Referendarausbildung?
Also ich denke, da hat sich schon einiges getan, allein dadurch, dass auch bei den Ausbildern sowohl auf Justitseite als auch zum Beispiel auf Anwaltseite ein Generationswechsel stattgefunden hat oder gerade auch stattfindet. Das führt meines Erachtens dazu, dass die Ausbildungsinhalte auch deutlich aktueller sind, dass sie einfach näher am Berufsleben auch stattfinden.
Und am Ende des Tages, so wie auch später in der anwaltlichen Tätigkeit, hängt es doch auch von mir selbst ab, wie ich damit umgehe. Das Lernen und das Lesen von Entscheidungen, das nimmt mir niemand ab.
Egal, wer die Arbeitsgemeinschaft dort leitet oder führt, Es bleibt bei mir selbst hängen und das ist einfach mal Teil unseres Jobs.
Gut, und dann bist du Anwältin geworden. Direkt in eigener Kanzlei oder warst du noch woanders?
Ich bin, ich habe 2005 das Staatsexamen gemacht, das zweite, und bin danach als angestellte Anwältin in der Kanzlei hier in Leipzig gelandet, in der überregionalen Kanzlei, habe dort erstmal Versicherungsrecht gemacht.
Weil da gerade jemand gesucht wurde oder weil du dafür so brandest?
Also es war eine andere Zeit als heute, das ist natürlich mal vergegenwärtig, das ist keine 20 Jahre her, aber da gab es noch die Anwaltsschwemme. Da war es durchaus eine Herausforderung, einen Job zu finden, insbesondere als Berufseinsteiger. Und ich war dann sehr Und auch da habe ich viele Sachen gelernt, von denen ich heute weiterhin noch zähre.
Ich höre das häufiger von Berufseinsteigerinnen, dass man vielleicht einen Wunsch hat, in irgendeinem Rechtsgebiet zu arbeiten und dann wird man erstmal in so ein verwandtes Rechtsgebiet gesteckt. Gerade bei einer Full-Service-Einheit, die alles machen müssen.
Man hat sich vielleicht auf A beworben, da ist dann jemand anderes genommen worden und dann wird man aber gefragt, hier willst du nicht B machen. Kannst du mal so ein kleines bisschen darauf eingehen, wie man sich denn dann im Job, wo man ja vielleicht auch Angst hat, oder was heißt Angst, aber wo man vielleicht auch in meinem Hinterkopf hat, dass man ja auch relativ zeitnah eine Antwort erstellen muss, wie man sich dann on the job einarbeitet.
Wie läuft das so ganz konkret ab? Was macht Manda.
Das Wichtigste ist erst mal ruhig bleiben. Nicht in Panik verfallen. Das fällt wahnsinnig schwer. Gerade als Anfänger, wo man so vor vielen Sachen zum allerersten Mal sitzt.
Wo man überhaupt gar nicht weiß, wo soll ich denn überhaupt anfangen, irgendwas zu machen. Und da nicht in Panik zu verfallen. Das ist schon mal die erste hohe Kunst.
Aber mit so einer gewissen Coolness. Nicht Verantwortungslosigkeit, aber doch eine gewisse Coolness, irgendwie erst mal heranzugehen. Das hilft schon mal sehr. Darum, wie früher in der Klausur auch, erstmal durchatmen, bevor man anfängt, die Lösungskizze zu erstellen und mal zu schauen, wie es ist.
Zweiter Unterschied zur Ausbildung ist, dass man häufig bei einer Akte erstmal den Sachverhalt sicher zusammensuchen muss. Du bekommst ja gerade nicht diese fünf Seiten Klausursachverhalt, da steht alles drin und jeder Nebensatz ist wichtig, sondern deine erste Aufgabe ist es ja erstmal, bevor du mit der rechtlichen Arbeit beginnen kannst, dir die tatsächlichen Grundlagen herbeizuschaffen, sei das ich lese eine Ermittlungsakte, ich lese ein Anspruchschreiben der Gegenseite, ich lese einen Vertrag, den ich prüfen soll oder ich lese Kommunikation des Mandanten, was denn in einen Vertrag fließen soll.
Also das ist schon mal der zweite wichtige Punkt, dass man mit einem sehr, sehr breiten Blick schaut, was sind die tatsächlichen Grundlagen und was ist davon wirklich wichtig für die Aufgabe, die ich halt gerade habe. Und das Dritte ist einfach halt beginnen.
Man, gerade am Anfang, wenn Rechtsgebiete auch komplett neu sind, auch das haben wir im Studium und im Referendariat gelernt, fangt erstmal mit dem Gesetz an. Wenn ich mich in ein neues Thema einarbeiten muss, gerade hier Lieferketten-Sorgfaltspflichtengesetz, ne, landet jetzt zum ersten Mal auf unserem Schreibtisch, da fange ich nicht erstmal wild anzugugeln, sondern ich nehme erst mal das Gesetz und lese mir wirklich mal das Gesetz durch.
Und dann bekommst du schon ein gewisses Gefühl davor, wo muss man dann ansetzen, Wie beginne ich? Und jeder Fall ist anders.
Ja, man hat ja auch genau das eben x-mal gemacht. Jedes Rechtsgebiet war ja vor der ersten Vorlesung oder vor dem ersten Fall dahingehend auch irgendwann mal neu.
Absolut richtig. Und das ist ja auch das Schöne an unserem Beruf, finde ich, dass man immer wieder dazulernt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen verändern sich ständig. Es gibt Rechtsgebiete, die sind wahnsinnig rechtsprechungsgeprägt.
Meine Kollegen hier im grünen Bereich beispielsweise, wenn die mal zwei Wochen nicht die aktuellen Entscheidungen verfolgen, dann sind die quasi raus. Das ist jetzt um Handels- und Gesellschaftsrecht eher etwas mit einem anderen Veränderungstempo verbunden. Aber gleichwohl am Ende des Tages arbeitet man immer mit dem Gesetz.
Und wie du siehst, bei mir steht tatsächlich auch noch der Schönfelder auf dem Schreibtisch und ist griffbereit. Aber er heißt ja jetzt nicht mehr Schönfelder, Verzeihung.
Heißt der noch Schönfelder oder hat er einen Aufkleber?
Der hat einen Aufkleber. Okay. Ja, der Habersack ist es jetzt.
Der steht übrigens tatsächlich, das ist nicht nur so gesagt, offen aufgeschlagen vor zwei Computermonitoren. Mit Klebezetteln. Und davor glaube ich eine Akte. Ja.
Ja, okay. Also so sieht juristische Arbeit dann tatsächlich auch aus, weil man ja dann doch vielerorts auch oder kann auch so aussehen, sagen wir mal so, wenn man doch vielerorts auch hört, nö, also ich habe eigentlich nie wieder in ein physisches Gesetz reingeguckt. Das läuft alles digital.
Ja, da mag jeder anders arbeiten. Der Habersack, der dort steht, der begleitet mich tatsächlich auch schon seit dem Refrain de la Yard und der ist so eingeblättert, dass ich im Dunkeln die Gesetze finden würde.
Aber du musst hoffentlich nicht mehr selber nachsortieren.
Doch. Echt? Also nicht weil ich es muss, sondern weil ich es gerne möchte. Weil das ist für mich eine ganz gute Möglichkeit um zu sehen, was hat sich denn tatsächlich geändert. Und ich habe zwei Regeln, die mich dabei sehr motivieren.
Das eine ist, ich mache es sofort, wenn es kommt. Es darf nicht liegen bleiben. Es muss direkt an dem Tag sein. Und ein Tipp für die Praxis, sucht euch einen Einsortier-Buddy.
Ich habe zum Beispiel auch einen Kollegen, Grüße an Philipp an dieser Stelle, der sortiert auch selbst einen. Und wir haben quasi eine Challenge daraus gemacht. Und sobald wir einsortiert haben, schicken wir uns dann immer ein Foto von dem aussortierten und einsortierten Stapel und dann ist mal die Frage wer schafft es denn schneller?
Das ist aber schon hardcore. A.G. Gut, nachdem wir das geklärt haben, hilft dir der in dem Fall Habersack dann ja auch in der anwaltlichen Praxis bei der Bearbeitung deiner Fälle im Handels- und Gesellschaftsrecht. Wie bist du dazu gekommen zu sagen, jo, ich mach jetzt nicht mehr Versicherungsrecht, sondern Handels- und Gesellschaftsrecht, das ist es dann vielleicht doch eher?
B. Also im Studium hat mich das ehrlich gesagt überhaupt nicht interessiert. Das lag jetzt weder an den Professoren, die es gelesen haben, noch am Thema. Irgendwie bin ich da nicht so richtig, richtig rangekommen.
Zivilrecht immer schon immer toll. Darum wusste ich halt, ich will nicht im Verwaltungsrecht landen, ich will auch nicht im Strafrecht landen, es wird halt irgendwas zivilrechtliches werden. Und übers Versicherungsrecht ging es dann erst mal zum Immobilienrecht und dann habe ich für so ungefähr anderthalb Jahre mal meine Anwaltsrobe an den Nagel gehängt und bin als Syndikan im Unternehmen gelandet und war da die einzige, die sich halt mit rechtlichen Fragestellungen beschäftigt hat.
Das heißt, ich war die Rechtsabteilung, bei der halt alles gelandet ist. Wie das so häufig ist. Wie das so häufig ist. Und ich habe so unglaublich viel gelernt in dieser Zeit.
Ich habe gelernt, wie ein Unternehmen von innen aussieht und funktioniert und wie Entscheidungsströme funktionieren. Und es war gerade eine Zeit, in der wahnsinnig viele Umstrukturierungen dort stattgefunden haben. Das heißt, wir haben das Umwandlungsrecht rauf und runter geformwechselt.
Ein kurzer Einschubumwandlungsrecht, was ist das genau?
Das ist quasi das. Lego-Pendant für Gesellschaften, nämlich Umstrukturierungsmaßnahmen, Verschmelzungen. Also aus zwei Gesellschaften machen wir eine oder gründen eine neue, in der zwei aufgehen. Oder die Abspaltung von Unternehmensteilen, der Formwechsel von der GmbH zur Aktiengesellschaft und zurück.
Das sind alles Umwandlungsmaßnahmen. Und das habe ich dort quasi so in der Praxis kennengelernt und war ja kein anderer da, der sich drum kümmern konnte. Und habe da ganz viel gelernt in dieser Zeit und dann auch so ein bisschen die Liebe dafür entdeckt.
Ich fand auch Verträge schon immer toller, als sich irgendwie vor Gericht zu streiten. Deswegen hat auch dieser handelsrechtliche Aspekt mit dabei. Und als wir dann 2011 unsere Kanzlei hier gegründet haben, bin ich einfach dabei geblieben und bin da jetzt auch zu Hause.
Was war denn der Impuls, dass du dann deine eigene Kanzlei gegründet hast?
Ich habe zwischendurch mal eineinhalb Jahre in Berlin gearbeitet und meinen Kanzlei-Mitgründer Peter ganz genauso und so schön wie Berlin ist. Aber ich zitiere jetzt mal eine Band aus Berlin, nämlich das Incredible Herrengedeck. Das hat mal einen wunderbaren Song gehabt mit dem Part Berlin stinkt, Berlin ist dreckig, Berlin ist eine Qual, Berlin ist Pleite, Berlin hat nüscht, Berlin du kannst noch mal.
Und genau so hatte sich das anderthalb Jahr lang gefühlt und ich wollte gerne wieder weg aus Berlin und zurück nach Leipzig. Und zu der Zeit habe ich aber hier keine Kanzlei finden können, in der ich mich irgendwie gesehen habe.
Weder groß noch klein. Ich war dann auch schon an einem Punkt, wo ich so das Gefühl habe, nee, jetzt irgendwie noch die nächsten fünf Jahre hinter irgendeinem Partner hinterherarbeiten, der glaubt alles besser wissen zu wissen. Das passt gerade irgendwie nicht so richtig.
Und dann hatten wir halt gemeinsam die Idee, ja, dann versuchen wir es doch halt einfach mal mit der Kanzlei.
Ich war vorhin auf dem Weg zu euch noch so ein kleines bisschen auf eurer Homepage und habe mich gefragt, wie der Name Spirit Legal entstanden ist.
Was glaubst du denn, wie er entstanden ist?
Ja, also meine These war, ihr habt irgendwo gesessen und habt euch überlegt, was ist unser Spirit eigentlich? Und dann irgendwann hat einer zum anderen gesagt, pass auf, so nennen wir einfach die Kanzlei, Spirit League.
Es war fast genau so tatsächlich. Ja, wir saßen in einem bleibsiger Café im Telegraf, was es jetzt leider auch nicht mehr gibt. Also man muss ohnehin sagen, die Kanzlei-Planung fand ausschließlich bei Mahlzeiten statt.
Wir haben uns meistens immer zum Frühstück oder zum Mittagessen getroffen und haben dann in der Zeit, was man alles so vorbereiten muss, einen Businessplan für die Bank schreiben und alles, was dazugehört. Und es war auch eine Mahlzeit.
Ich glaube, es war ein Mittagessen und kein Frühstück. Und es gibt immer noch so eine Liste mit so ganz unglaublich peinlichen Namensvorschlägen. Die haben wir irgendwann mal dann zum 10.
Kanzlei-Jubiläum rausgeholt und wirklich halbtot gelacht, was wir da so für Ideen hatten. Und tatsächlich kam mein Kollege und mein Mitgründer Peter auf die Idee und sagte, irgendwie dann so, wie wär's denn mit Legal Spirit oder Spirit Legal? Und erst fand ich so ein bisschen, hm. Aber so nach zehn Minuten dachte ich, ja, doch, das ist es.
Und wir sind bis heute sehr happy mit dem Namen.
Ein Freund von mir, liebe Grüße an der Stelle. weiß, du hörst ganz sicher zu, sagte mir neulich vor zwei, drei Wochen, ja, pass auf, ich bin gerade im Referendariat. Anwaltsjob, Anwaltsdasein gefällt mir irgendwie viel besser, als ich gedacht hätte.
Ich werde gerade nicht so super gut ausgebildet, aber das mag jetzt hier an meiner Ausbildungsstation liegen. Ich mache jetzt in der Wahlstation nochmal was anderes, aber ich habe ein Problem mit dem Rechtsgebiet, weil ich mache gerade Handels- und Gesellschaftsrecht und das hat so gar nichts mit Menschen zu tun.
Ich persönlich sehe das ein kleines bisschen anders. Er sagte, ja du, also wenn es einfach nur um Geld geht, das motiviert mich nicht. Aber das Problem ist natürlich, da verdient man ja vielleicht auch ein kleines bisschen besser als in anderen Gebieten, wo man dann Verkehrsunfälle macht oder ähnliches und halt einfach auch viel sich mit Demandanten beschäftigen muss und weniger abrechnen kann in der Zeit.
Was würdest du ihm, Ich frage jetzt einfach mal stellvertretend für ihn mit auf den Weg geben.
Also es erstaunt mich, dass er sagt, da hat man irgendwie so wenig mit Menschen zu tun, weil ich habe den ganzen Tag mit Menschen zu tun. Also ja, es ist natürlich eine Tätigkeit, die sehr B2B geprägt ist, also gerade wenn es um Vertragserstellung geht.
Aber gleichwohl habe ich ja Ansprechpartner, die Menschen sind in Unternehmen, das heißt mit Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer mit Vorstandsmitgliedern. Und es ist ein sehr kommunikatives Rechtsgebiet, weil ich auch für viele Mandanten so was wie die ausgelagerte Rechtsabteilung bin. Ich musste mir am Anfang der Corona-Zeit ein zweites Paar Kopfhörer kaufen, weil ich mit einem nicht über den Tag gekommen bin, weil der Akkulett telefoniert war.
Also ich glaube, da spricht man über den Hohen Kommunikationsgrad. Und ja, man hat mit Unternehmen zu tun, aber Unternehmen sind nun mal ohne Menschen auch nichts. Also eine Geschäftsführerin, mit der ich zu tun habe, die ist natürlich ganz rechtlich betrachtet das Organ einer GmbH.
Aber die ist ja auch mehr, die ist Führungskraft, die ist Arbeitgeberin, die ist Ansprechpartnerin für andere Abteilungsleiter, für andere Kooperationspartner, auch für mich als Berater. Also ich habe nicht das Gefühl, dass ich zu wenig menschliche Interaktion hätte.
Interessant. Hängt das vielleicht auch damit zusammen, auf welcher Ebene man sozusagen tätig ist? Du hast eben den Partner angesprochen, dem noch jemand irgendwie fünf Jahre hinterher läuft und vielleicht auch eher zuarbeitet. Und du hast dann natürlich aber auch direkt den Kontakt mit der Mandantschaft. Das macht wahrscheinlich auch nochmal einen Unterschied, oder?
Sicherlich. Das ist aber, denke ich, jetzt weniger geprägt von irgendwie der Beziehung zwischen Kanzlei und Mandant, sondern eher von der Aufstellung der Kanzlei. Also wenn ich jetzt für uns spreche, dann meine ich unser gesamtes Team.
Also unsere Philosophie ist es schon, dass jemand, der hier startet, auch wenn er Berufsreinsteiger ist, sehr, sehr früh mit Mandanten Kontakt hat, sehr früh auch Verantwortung trägt, weil am Ende ist es seine und ihre Stimme, um die es geht. Und ich sage, ich möchte auch nicht den ganzen Tag irgendwelche E-Mails frei geben, die irgendjemand anderes vorbereitet hat.
Also das macht dann wirklich keinen Spaß, weil dann hätte ich zu wenig Kontakt zu Menschen und Mandanten. Also ich denke, das ist eher eine Organisationsfrage, wie man da intern Kontakte zulässt. Also wir sind da tatsächlich sehr, sehr offen.
Und das zeichnet sich durch eine sehr schnelle Einarbeitungsphase aus. Das zeichnet sich auch durch eine sehr schnelle Weiterentwicklung aus.
Okay. Kurzer Bruch, anderes Thema. Du bist gleichzeitig Präsidentin der Rechtsanwaltskammer Sachsen. Wie kommt man denn da hin?
Man wird Präsidentin einer Rechtsanwaltskammer, indem man erstmal im Vorstand einer Rechtsanwaltskammer ist. Und jede Rechtsanwaltskammer in Deutschland hat nicht nur einen Vorstand, sondern auch ein Präsidium und aus dem Vorstand, je nach Größe, wird dann das Präsidium gebildet und innerhalb dieses Präsidiums gibt es dann halt einen Präsidenten oder eine Präsidentin.
Und was macht man in dieser Funktion?
Das ist eine gute Frage. Also vielleicht mal generell, was macht überhaupt die Rechtsanwaltskammer? Ich glaube, das ist für den einen oder anderen schon mal eine wichtige Vorabinformation. Ehrlich gesagt, weil mir das auch viele Jahre nicht klar, was eigentlich der Unterschied zwischen Anwaltverein und Anwaltskammer ist.
Die Anwaltskammern sind Teil der anwaltlichen Selbstverwaltung. Das ist ja das Besondere, was unseren Beruf als Rechtsanwältin und Rechtsanwalt auch prägt. Wir sind halt nicht ein normaler Gewerbetreibender. Sind Freiberufler und wir sind selbstständige Organe der Rechtspflege und dazu gehört halt auch, dass wir diese Selbstverwaltung im Kammerwesen haben.
Das heißt, so ähnlich wie die Ärztekammern oder Architektenkammern, die es ja auch gibt, wenn ich in Deutschland als Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt zugelassen werden möchte, dann muss ich einen Zulassungsantrag stellen und den stelle ich bei der Rechtsanwaltskammer in dem Bezirk, wo ich meine Kanzlei habe. Bei dir wäre es Köln, bei mir hier in Leipzig ist es dann die Rechtsanwaltskammer Sachsen mit dem Sitz in Dresden.
Und nicht nur die Zulassung, sondern auch alles andere, was mit dem anwaltlichen Berufsrecht zu tun hat, gehört zu den Aufgaben der Rechtsanwaltskammern. Das sind sehr positive Dinge, wie zum Beispiel die Ausbildung von Rechtsanwaltsfachangestellten. Das läuft auch nicht über die ERKs, sondern das läuft über die Rechtsanwaltskammern.
Oder wenn ich eine jetzt neuerdings Berufsausübungsgesellschaft zulassen möchte, dann muss ich mich auch an die Rechtsanwaltskammer wenden. Und dazu gehört dann auch, dass wir uns gegenseitig etwas auf die Finger schauen und bei Bedarf auch etwas auf die Finger hauen müssen, wenn man gegen Berufsrecht verstößt.
Was sind das für Regelungen? Das sind vor allen Dingen die Regelungen aus der Bundesrechtsanwaltsordnung, also aus der BRAO und aus der Berufsordnung für Rechtsanwälte, das ist die BORA. Dort findest du zum Beispiel sowas wie Verschwiegenheitsverpflichtung oder Umgehung des gegnerischen Rechtsanwalts, was untersagt ist.
Wenn sich in einer Streitigkeit eine Kollegin oder ein Kollege angezeigt hat für einen Gegner, dann darf ich ja nur noch mit dem Anwalt von Anwalt zu Anwalt kommunizieren, aber darf nicht mehr auf die Naturalpartei zugehen. Und wer sich nicht daran hält, der muss dann halt damit rechnen, dass die Rechtsanwaltskammer dort etwas genauer hinschaut und dann halt entsprechende Reaktionen dann kommen.
Das kann eine Rüge sein, das kann auch hin bis zu anwaltsgerichtlichen Verfahren gehen. Und ja, weitere Aufgabe der Rechtsanwaltskammern ist auch die Interessenvertretung. Das heißt, wir nehmen Stellungen zu Gesetzgebungsvorhaben auf Bundesebene, auf Landesebene.
Wir sind Ansprechpartner, wenn es um die Belange von Anwältinnen und Anwälten in Sachsen geht.
Das heißt, jeder und jede, der die Rechtsanwalt wird, hat natürlich bei der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft das erste Mal Kontakt mit der Rechtsanwaltskammer. Ich erinnere mich schön, damals in Köln auch dahingehend, liebe Grüße. Das zweite Mal, und bin gerade so meinen persönlichen Werdegang durchgegangen, hat man vielleicht Kontakt, wenn man jetzt nicht nur im Hauptamt, sage ich mal, als Rechtsanwalt tätig ist, sondern so wie ich bei einem Unternehmen arbeitet und nebenbei seine Zulassung behalten möchte.
Da muss nämlich geprüft werden, ob das eigentlich geht. Dann muss man so ein bisschen erläutern, was man da macht und so weiter und so fort.
Und man hat sogar noch früher Kontakt, weil die Referendarausbildung, der Anwaltskurs, das wird ja auch von den Kammern organisiert jeweils.
Richtig, stimmt. Da hat man nochmal Kontakt mit der Kammer. Ansonsten hat man vielleicht mit der BRAK, Bundesrechtsanwaltskammer, Kontakt, wenn man ein BA-Postfach einrichtet und da entsprechend Post bekommt, richtig? Das geht über die Notarien.
Also auch hier wieder kommt drauf an, wenn du zugelassen bist, bei der Rechtsanwaltskammer Köln beispielsweise oder bei der Rechtsanwaltskammer Sachsen, mit der Zulassung wird automatisch dir dein persönliches Anwaltspostfach und deine Safe ID, also deine Adresse, dort zugeteilt. Ach, das ist mittlerweile so? Das kommt automatisch, ja, weil wir haben ja eine Benutzungspflicht auch.
Das heißt, du kannst gar nicht ohne BEA-Adresse Anwalt sein und Söniko ist ja ganz genauso.
Was kann das sein, dass man das früher noch beantragen musste? Ich meine, ich hätte mal was ausgefüllt.
Das war früher noch, als es freiwillig war, es war lange vorbereitet aktiv, wie man sagte, und dann hast du die Möglichkeit gehabt, es halt aktiv zu nutzen. Aber seit dem 1.1.2022 haben wir ja die Verpflichtung, mit Gerichten rein elektronisch zu kommunizieren.
Und das heißt, sobald du zugelassen bist, gibt es automatisch halt diese BEA-Adresse Und dann die Karte, die du benötigst, um darauf zuzugreifen, die gibt es wiederum bei der Bundesnotarkammer.
Das war die Bundesnotarkammer, genau.
Das ist die Zertifizierungsstelle der Bundesnotarkammer.
Richtig, ich freue mich jedes Mal. Aber das ist ein Thema für eine eigene Podcastfolge zum Thema BEA. Müsste man sich noch mal länger auslassen. Gut, wir gehen zurück zu den schönen Dingen des Lebens, nämlich dem Rügerecht, was du gerade eben angesprochen hast.
Machen da noch mal so ein kleines bisschen weiter. Du hast schon gesagt, okay, natürlich Verschwiegenheitspflicht, Verbot, die Naturalkartei auf der Gegenseite zu kontaktieren. Und alle möglichen anderen Pflichten, die man so hat als Anwalt.
Fremdgeld, Fremdgeld, Fremdgeld, ganz wichtig, ganz wichtig.
Entsprechende Fremdgeldkonten, genau, da gibt es ziemlich viel in dem Bereich. Lass uns doch mal auf die Sanktionen zu sprechen kommen. Rügen, du hast gesagt, anwaltgerichtliche Verfahren, da gibt es nämlich auch eine eigene, entsprechende, wenn ich sagen, Branche, aber eigene Vorschriften, die diese Verfahren regeln. Was hat es damit auf sich?
Wir haben ja nicht nur eigene Vorschriften, wir haben ja eigene Gerichte. Ja, wir haben ja die Anwaltsgerichte und dann den Anwaltsgerichtshof. Und auch das ist wieder Ausprägung dieser Selbstverwaltung, denn bei den Anwaltsgerichten sind es Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die dort als Richter ernannt sind.
Das heißt, jemand, der auch eine Kanzlei hat, der auch mit Mandanten zu tun hat, der sich an dieselben Pflichten halten muss, der entscheidet dann darüber, ob das hier ein berufsrechtlicher Verstoß ist oder nicht. Und wenn man denn jetzt mal die Gegenprobe machen würde, wie wäre es denn, wenn das jetzt, keine Ahnung, ein Verwaltungsrichter wäre, der noch nie eine Anwaltskanzlei von innen gesehen hat, höchstens zuletzt mal im Griff an der Jaartwerde, der Anwaltsstation.
Ich glaube, da kann sich jeder vorstellen, dass man da anders an Entscheidungen herangeht. Und das halte ich für ganz wichtig, dass uns diese Form der Selbstkontrolle auch weiterhin erhalten bleibt. Also die Sanktionen, die du angesprochen hast, die Rüge, das ist quasi noch so diese leichteste Form, die auch von der Kammer selbst ausgesprochen wird und gar nicht vom Gericht verhängt wird.
Und das kann halt hingehen bis zum Widerruf der Zulassung. Und in ganz drastischen Fällen ist es tatsächlich auch so, dass das dann das angemessenste Mittel ist.
Was muss man dafür gemacht haben?
Ach, ganz unterschiedliche Ausprägungen. Sagen wir es mal so, der Anwaltsberuf als solcher... Ist ja jetzt auch nicht ganz risikofrei. Auch hier wieder, zum Glück sind wir keine Gehirnchirurgen, bei uns sterben zum Glück keine Menschen, sondern am Ende des Tages geht es vor allen Dingen um wirtschaftliche Fragen, es geht um finanzielle Fragen.
Es geht natürlich auch um Sachverhalte und um Situationen, die für die Mandantinnen und Mandanten und gerade vielleicht für Verbraucherinnen und Verbraucher durchaus auch existenziell sein können. Also das darf man nicht vergessen, dass man da auch im Mandat immer eine sehr hohe Verantwortung trägt.
Wenn man sich an die Spielregeln hält und damit meine ich nicht nur die berufsrechtlichen Regelungen, sondern dass ich quasi auch keine Schlechtleistung in meiner Beratungsleistung liefere, dann kann man auch ohne Haftungsfall durch das Berufsleben kommen. Es geht immer irgendwas schief, das ist so und wer sagt, ihm ist noch nie ein Fehler unterlaufen, der ist einfach nicht ehrlich oder der hat es nicht gemerkt.
Was blöd ist, wenn Fehler halt zweimal passieren. Das ist aber immer im Leben so, das ist nicht nur bei der anwaltlichen Tätigkeit so. Und gerade auch, du hattest das vorhin schon angesprochen, wie ist das denn, wenn man so als Berufseinsteiger vor einem ganz neuen Thema sitzt und weder einen noch Ausweis, sucht euch Spareings-Partner, sucht euch jemanden, den ihr anrufen könnt, wo ihr natürlich trotzdem unter Wahrung der Verschwiegenheit, aber einfach halt mal so einen juristischen Austausch haben könnt, so wie früher in der Lerngruppe.
Da saßen wir auch irgendwie zu viert am Tisch und haben uns den Kopf zerbrochen, wie ist das jetzt mit dem gutgläubigen Zweiterwerb einer Hypothek. Ich kriege bis heute nicht mehr hin, brauch ich aber zum Glück auch nicht mehr.
Aber ich wüsste, wenn ich anrufe, wenn ich wirklich auch nicht mehr mit der eigenen Kommentarische herrsche, irgendwie weiterkommen würde. Und zu den Berufsrechtsverstößen, alles, was mit Schlechtleistung als solcher zu tun hat, das führt nicht dazu, dass mir die Zulassung weggenommen wird.
Dafür habe ich die Berufshaftpflichtversicherung, die ich auch zwingend haben muss, um überhaupt die Zulassung zu bekommen. Die berufsrechtlichen Verfehlungen beschränken sich wirklich auf diese und selbst auferlegten, früher hieß das ja Standesrecht, heute sind das halt die berufsrechtlichen Regelungen. Das heißt, hier geht es wirklich um die Art und Weise, wie dieser Anwaltsberuf ausgeübt wird.
Wir sind unabhängige Berater und Unabhängigkeit heißt halt auch, ich führe das Mandat unabhängig und ich führe es in eigener Verantwortung. Und ja, ab und an, also gerade für die älteren Hasen und Häsinnen im Anwaltsspiel, ist es auch nicht verkehrt, doch nochmal in die Berufsregeln reinzuschauen.
Man findet da immer wieder Erstaunlich.
Und wie sieht es insgesamt gerade so in der Anwaltslandschaft aus? Ist es, klar Fachkräftemangel haben wir überall, aber ist es eher abnehmend, die Babyboomer gehen jetzt wahrscheinlich dann irgendwann auch in Rente, entscheidet sich die junge Generation dafür, Anwältin zu werden? Kannst du uns da mal so einen allgemeinen Abriss geben?
Ja, gern. Also ja, die Alterspyramide in der Anwaltschaft ist deutschlandweit ein paar Gedanken wert. Du hast das Stichwort Babyboomer schon gegeben. Jahr.
Das heißt, in den nächsten fünf bis zehn Jahren wird ein großer Teil an Kolleginnen und Kollegen in den wohlverdienten Ruhestand gehen. Das ist im Übrigen ein Phänomen, was wir hier in den fünf neuen Bundesländern noch viel stärker beobachten als in den alten Bundesländern.
Das liegt daran, dass hier in den neuen Bundesländern sowohl in der Anwaltschaft als auch in der Justiz Anfang der 90er sehr, sehr viele gleichzeitig ihr berufliches Leben begonnen haben. Und die gehen mehr oder weniger alle gleichzeitig jetzt halt auch in Rente.
Und das, was wir an gerüstetem Nachwuchs haben in der Anwaltschaft, das wird diese Lücken nicht füllen können. Das heißt, wir haben jetzt schon weniger Neuzulassungen, als wir freiwillige Rückgaben der Zulassung haben. Freiwillige Rückgabe halt altersbedingt.
Also jemand beendet seine Kanzlei. Häufig ist es so, dass die Zulassung gehalten wird, aber der Kanzleibetrieb auch deutlich eingeschränkt ist. Also unser ältestes Kammermitglied. Was schätzt du, wie alt ist unser ältestes Kammermitglied in Sachsen? Ich sage jetzt keinen Namen aus Datenschutzgründen, aber ich glaube die Alterszahl kann man sagen.
82.
Ach. Vierzehung.
Nein. Über 90.
Echt, da gibt es Leute, die das wirklich, die hier und da noch so ein Fällchen machen?
Ja.
Ja.
Interessant. Ist auch gerade erst in seiner Kanzlei umgezogen, also ist dann auch weiterhin natürlich in einem anderen Maße als vielleicht als 82-Jähriger. Aber das zeigt, es gibt kein Verfallsdatum für die Anwaltschaft.
Ja, interessant.
Aber natürlich nicht mehr mit einem fünf, sechs, sieben Tage die Woche ausgefüllten Alltag. Aber ich glaube, das ist ein Beispiel auch dafür. Wenn mich jemand fragt, was ich beruflich mache, dann sage ich nicht, ich arbeite als Rechtsanwältin, sondern ich bin Rechtsanwältin.
Und das bin ich dann hoffentlich auch mit 80 oder 85, wenn ich vielleicht nur noch 10 Akten im Monat mache und nicht mehr 100 oder so. Aber wir waren ja bei der Altersentwicklung und ich habe schon angedeutet, also das, was an Nachwuchs nachkommt, wird diese Lücke nicht füllen können.
Und diese Lücke wird weder in Anwaltschaft noch in Verwaltung noch in der Justiz geschlossen werden. Das heißt, wir haben einen großen Bedarf an juristischem Nachwuchs. Und der Kampf um den Nachwuchs, der jetzt aus dem Referendariat kommt, der ist natürlich umso stärker.
Wie sähe denn dein Elevator-Pitch aus, sich für die Anwärtschaft und nicht für die beispielsweise Justiz zu entscheiden?
Also Anwältin ist aus meiner Sicht der schönste Beruf der Welt. Ich habe eine Unabhängigkeit im Mandat. Das heißt, ich entscheide, wie ein Mandat geführt wird. Und nicht immer der Mandant, sondern ich führe das ja an eigener Verantwortung.
Anders als ein Richter, der an einen bestimmten Gericht abgeordnet wird, der einen Geschäftsverteilungsplan hat, habe ich auch die Freiheit zu entscheiden, welche Mandate nehme ich an, welche Mandate nehme ich nicht an. Natürlich unter gewissen Grenzen, Stichwort Pflichtverteidigung, Stichwort Beratungshilfe.
Aber im Großen und Ganzen muss ich kein schlechtes Gewissen haben, wenn ich sage, ich mache kein Mietrecht, weil ich kann das halt nicht. Und das Dritte ist, ich habe einen flexiblen Beruf, weil jeder Fall ist anders.
Und das Schöne am Anwaltsberuf ist, und Fluch und Segen zugleich, ich weiß von Montagfrüh nicht, was bis Freitagnachmittag passiert. Und wer Abwechslung liebt, wer kommuniziert, also wer sehr kommunikativ ist, wer ja auch einen gewissen Biss hat und sich gerne auch für die Interessen anderer einsetzt, der ist in der Anwaltschaft genau richtig aufgehoben.
Ich glaube, dabei belassen wir es. Vielen herzlichen Dank, dass du hier so nett und aufschlussreich redet und antwort gestanden bist.
Ja, ich danke ebenfalls.
Danke, tschüss.
Ciao!