Prof. Dr. Stefan Leupertz, Partner | Leupertz Baukonfliktmanagement
Im Interview mit Prof. Stefan Leupertz, dem wahrscheinlich bislang einzigen BGH-Richter, der seine Stelle gekündigt hat, um sich neuen Herausforderungen zu widmen: Dem Baukonfliktmanagement. Ihr hört in dieser Folge von einem individuellen Weg, der am Amtsgericht startet und über die Tätigkeit Oberlandesgericht zum Bundesgerichtshof führt. Wir sprechen darüber, warum es überall im Leben persönliche Förderer und Vorbilder braucht und warum viele Karriereschritte (auch) davon abhängen, wen man auf seinem individuellen Weg kennenlernt. Im Anschluss widmen wir uns dem Baukonfliktmanagement: Was ist der Unterschied zwischen der Arbeit als Schiedsrichter, Adjukator und Schlichter? Wie sieht werteorientierte Streitbeilegung aus? Warum kann präventive Konfliktvermeidung Millionenen sparen? Hört, was all dies mit starken Kommunikationsfähigkeiten zu tun hat und was Ihr für Euren nächsten Schritt hieraus mitnehmen könnt. Viel Spaß!
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Leupertz Baukonfliktmanagement ist eine Boutique-Kanzlei mit Sitz in Köln, in der ein schlankes, hoch spezialisiertes Team rund um den ehemaligen BGH-Richter Prof. Dr. Stefan Leupertz arbeitet. Rund ein Dutzend Juristinnen, Ingenieure und Projektmanager begleiten nationale und internationale Bauvorhaben als Schiedsrichter, Adjudikatoren oder Mediatoren und entwickeln präventive Konfliktlösungsstrategien. Besonders ist der ausgeprägte Praxis- und Richterblick des Gründers, der juristische Tiefenschärfe mit bautechnischem Verständnis und moderner Kommunikationsmethodik verbindet. Wie das in der Praxis klingt, erfahrt ihr in unserer IMR-Folge – Kopfhörer auf, Baustelle frei!
Es steht nirgendwo geschrieben, dass man ein Recht nutzen muss. Oft wird da ein grundsätzlicher Fehler gemacht, wenn man bei Bauprojekten zu sehr von den rechtlichen Möglichkeiten ausgeht, statt unternehmerisch zu denken.
KI-basiert und kann Fehler enthalten.
Herzlich willkommen zu einer neuen Episode Irgendwas mit Recht, eurem Jura-Podcast in Zusammenarbeit mit LTO und LTO Karriere. Mein Name ist Marc Ohrendorf, das hier ist bereits Episode 72 dieses Podcasts und heute freue ich mich ganz besonders über ein Thema zu sprechen, was vielen von euch noch unbekannt sein dürfte, nämlich Baukonfliktmanagement.
Und darüber spreche ich mit niemand anderem als dem ehemaligen Richter am Bundesgerichtshof, Professor Stefan Leupertz. Hallo.
Vielen Dank, freue mich hier zu sein, freue mich mit Ihnen sprechen zu dürfen über ein Thema, das sicherlich für viele von Ihnen noch ein Faszinosum darstellt. Herzlichen Dank für die Einladung.
Ja, sehr gerne und auch schön, dass Sie mich hier in Ihre schöne neue, was heißt das eigentlich, ist es eine Kanzlei jetzt, was Sie hier betreiben oder wie nennt man das?
Es ist unser Büro, also eine Kanzlei, von der ich deshalb, weil ich kein Anwalt bin und auch gar nicht in die Nähe gerückt werden möchte. Also eine Kanzlei ist es nicht.
Dann fangen wir mal vorne an. Wenn Sie schon nicht in die Nähe eines Anwalts gerückt werden möchten, dann waren Sie ja zumindest mal Richter und das in verschiedensten Positionen. Sie haben es vorhin in unserem kleinen Plausch vor der Aufnahme auch schon so ein bisschen durchscheinen lassen.
Aber fangen wir vorne an. Wo haben Sie studiert und wie sind Sie dann da hingekommen, Richter zu werden?
Ich habe studiert in Bonn und zu meiner Schande nur in Bonn. Ich bin nie weggekommen, hat das immer mal vor, hat nicht geklappt. Und mir hat Jura, das muss ich ehrlich dazu sagen, das war, als ich fertig war mit der Schule, ein Ausweichstudien.
Ich wusste nicht richtig was. Ich wollte eigentlich Philosophie und Geschichte studieren und da haben bei mir gesagt, aha Lehrer. Und da habe ich gesagt, nee, nee, das ist nicht mein Begehr. Ich habe von Anfang an Jura toll gefunden und insbesondere dann, als ich ein bisschen verstanden habe, dass das eine logische, doch logisch basierte Wissenschaft ist, hat es mir Spaß gemacht.
Ich habe schon auch gekämpft mit der Materie und mir war relativ schnell klar, dass ich Richter werden wollte. Das hatte zwei Gründe. Erstens hat mich die Rolle funktioniert, also eine gewisse Eigenständigkeit, Verantwortung, Unabhängigkeit für diese Materie.
Aber auf der anderen Seite gestehe ich ganz offen, ich wollte Amtsrichter werden und wollte dann nachmittags um zwei fertig sein und dann wollte ich Tennis spielen gehen.
Wann war denn das? So zweites Semester?
Ja, das war schon ein bisschen später, aber es hat relativ früh angefangen. Und ja, da habe ich auch drauf hingearbeitet und habe dann meine Examen gemacht, so gut ich konnte. Und wollte eigentlich in Bonn bleiben, wo ich mit meiner damaligen noch nicht Ehefrau aber schon gemeinsam lebte.
Aber dann haben sie in Bonn gesagt, nee, da haben wir bessere, große Universitätsstadt. Die Anforderungen an die Einstellung für Richter waren exorbitant hoch. Die konnte ich nicht erfüllen, also hat man mich dann weggeschickt und dann bin ich nach Düsseldorf gegangen, habe da vorgefragt oder vorgesprochen, haben gesagt, ah Kleve, ich wohne in Kleve, heute übrigens noch, da will keiner hin, also dann gehen Sie zurück, wenn Sie Richter werden wollen, gehen Sie nach Kleve.
Und so hat es mich in meine alte Heimat verschlagen, wo ich eigentlich gar nicht wieder hin wollte. Und da bin ich Amtsrichter oder beziehungsweise Richter geworden.
Von da ist es jetzt aber ja dann doch ein recht weiter Weg bis zum Bundesgerichtshof, oder?
Ja, also ich weiß nicht, wie weit die Zuhörer schon informiert sind. Also die Karrieremodalitäten und Chancen im Richterberuf sind ja überschaubar. Übrigens etwas, was man mal überdenken muss.
Also sie haben drei Jahre Probezeit und dann warten sie in aller Regel, bis sie ein, ich sag mal, ein höheres Richteramt, R1 Richter ist die Grundstufe, dann kommt R2. Das dauert mindestens sieben, acht Jahre, oft bis zu zehn Jahren.
Und da muss man schon ein bisschen Sitzfleisch haben. Und dann sind sie dann vielleicht eher mal Vorsitzender Richter oder man nennt das weiter auch Aufsichtsführer Richter beim Amtsgericht. Dazu müssen sie aber in aller Regel zur Erprobung nach Düsseldorf.
Mein Werdegang war so, ich war dann Proberichter, dann gibt es so eine Kinderlandverschickung, dann müssen sie zum Amtsgericht nach Moers und dann sind sie in Rheinberg und die Geldern und müssen überall mal so alles machen. Ja, bis auf die Fahrerei hat mir das eigentlich Spaß gemacht, ich fand das schön und dann habe ich aber keine Planstelle in Kleve gekriegt, wo ich wohnte als Amtsrichter und dann bin ich dann planmäßig geworden beim Landgericht und von da aus habe ich mich dann durch verschiedene, ich habe eigentlich alles gemacht, bis auf Insolvenz und Familienrecht habe ich eigentlich alles gemacht.
Und dann hat es mich zur Erprobung, wie ich gerade sagte, dieses so genannte dritte Staatsexamen nach Düsseldorf gespült. Da war ich acht Jahre Richter, als ich da hingegangen bin, acht oder knapp neun. Und da habe ich dann im Ehrschutzsenat neun Monate gedient und dann hat sich für mich die entscheidende berufliche Weggabelung ergeben, als eines Tages die Zimmertür aufging und ein damaliger Vorsitzender, Professor Dr.
Fiegen, trat in meinen Raum und fragte mich, ob ich nicht zu ihm in den Senat kommen wolle, also als planmäßiger Oberlandesgerichtsrichter. Ich kannte den eigentlich gar nicht nur vom Namen her. Und dann hat er mir gesagt, ja, ich würde ganz gerne in seinen Bausenat.
Habe ich auch noch nie mit zu tun gehabt. Dann bin ich nach Hause nach Kleve gefahren, habe mir der Frau erzählt. Dann sagte sie, ja, wolltest du da hin? Ich sagte, ja, war eigentlich ganz nett.
Und dann bin ich am nächsten Tag wieder hin und habe gesagt, ja, machen wir. Und dann hat der mich nach Düsseldorf geholt. Ich war total begeistert und geehrt, dass er mich gefragt hat, ob ich da hin will.
Ich habe nachher, nach Jahren festgestellt, er hatte gar keine Auswahl. Ich war der Einzige, der reif war. Also der hatte gar keine Chance, einen anderen zu nehmen. Und das war die entscheidende Weggabe.
Das war eine so beeindruckende Persönlichkeit, der mich so für die Materie fasziniert hat, für das Bauen und das Baurecht. Das hat mich niemals losgelassen. Bis heute ist die Begeisterung noch nicht geschwunden für diese Thematik.
Das hängt oft an Personen. Und es war diese Person, die auch mein Mentor war und mir viele Türen geöffnet hat.
Was war denn so besonders an ihm?
Das war eine Person, die wahnsinnig gut mit Leuten umgehen konnte. Ohne jetzt nachgiebig oder weich zu sein, habe ich denn nie erlebt, dass sie eine Person beleidigt oder desavouiert hat. Auch im Gerichtssaal nicht.
Der hat immer auf Augenhöhe mit den Leuten, mit denen er zu tun hatte, verhandelt. Hatte ein enormes Wissen, eine enorme Fachkenntnis und war ein Mensch, der immer zugänglich erschien. Und das ist bei damals vor allem, das hat sich geändert, aber damals für einen Vorsitzendenrichter im Landesgericht keine typische, ich sag mal, typische Stellenbeschreibung.
Also der war schon außergewöhnlich. Eine bezwingende Persönlichkeit halt.
Und inhaltlich, also wir reden jetzt ja hier nicht sozusagen von dem, was viele vielleicht aus dem Studium oder im Examen kennen, so mach mal hier die Baugenehmigung, sondern wir reden hier vom privaten Baurecht. Können Sie da mal eine kleine Einführung geben, worum es eigentlich geht?
Also der Beginn des Baurechts ist immer, dass man sich vorstellt, irgendwas ist schief, irgendwas wackelt am Bau oder irgendwas ist nass. Das ist so die klassische Vorstellung, damit fängt man eigentlich auch an. Und das ist eigentlich Werkvertragsrecht, also klassischer Austauschvertrag.
Das Besondere am Bauvertragsrecht ist, dass es eben unglaublich mit technischen Sachverhalten und wenn man etwas weiterkommt, wenn man sich dann über Bauabläufe Gedanken macht, über zeitliche Störungen, davon hört man alle Taten, dass die Baustellen fünf, sechs, sieben Jahre länger dauern. Manche, hatte man gedacht, werden nie fertig wie Berlin.
Dann ist es auch ein ökonomisches Thema. Das heißt, Baubetriebslehre, also wirtschaftliche Zusammenhänge spielen eine große Rolle. Und wenn man in dem Bereich ist, dem ich jetzt bin, dann geht es auch wirklich um Immobilienwirtschaftsrecht, also im weiteren Sinne.
Insofern ist die Materie unglaublich vielfältig, lebhaft. Ich weiß, das behauptet jeder, der in einer bestimmten Materie arbeitet, von diesem Rechtsgebiet. Aber hier ist es wirklich wahr. Das hat mich einfach immer fasziniert.
Ich bin übrigens technisch hoffnungslos unbegabt. Das muss man wirklich sagen. Also deshalb, ja, da habe ich mich am schwersten getan, mich da reinzufinden. Ich habe auch viele, viele Dinge mühsam lernen müssen und dann, bis man weiß, wie eine Betonsohle funktioniert, was Bewährung ist, das dauert ein bisschen.
Naja gut, aber irgendwie, bleiben wir nochmal kurz in Ihrer Rolle als Richter. Irgendwie müssen Sie sozusagen die Fälle ja in den Griff bekommen haben, den Sachverhalt verstanden haben und dann auch zu einer entsprechend guten rechtlichen Lösung führen. Wie haben Sie das denn gemacht?
Erstmal viel arbeiten. Also das heißt Akten fressen. Das ändert sich auch nie. Ich habe langsam keine Lust mehr. Ich will langsam so ein bisschen weg von dem Bereich, wo ich wirklich mir die ganze Substanz immer selbst erarbeiten muss.
Aber das ist unabdingbar. Also das ist eben halt gerade beim Bauvertragsrecht mit enormen Datenvolumen mittlerweile, also Unterlagen verbunden. Sie müssen also schon komplexe Sachverhalte sich erarbeiten können und auch Spaß daran haben, mit Details umzugehen. Das ist halt anders als beim Kaufvertrag.
Da gibt es Kaufvertragsklauseln und dann, ja, wenn man beim BGH die Akten beim Kaufvertragssenat ansieht, das sind so kleine Päckchen und dann kommen sie beim Bausenat, ohne dass das jetzt despektierlich klingen soll, die haben dafür mehr eben halt, das sind so riesige Pakete, sogenannte Gürteltiere.
Weil die Akten zusammengeschnürt sind.
Die werden mit einem Gürtel zusammengeschnürt, weil es einer reicht nicht, also ein Aktenband reicht nicht.
Und wie sind sie zum BGH dann gekommen eigentlich?
Ich habe mich dann beim OLG eigentlich sehr wohl gefühlt, habe da wie gesagt in zwei Bausenaten gearbeitet, nachher als stellvertretender Vorsitzender im fünften und dann hat mich auf einer etwas bierseligen Veranstaltung in Leipzig ein damaliger BGH-Richter, ob das ernst gemeint habe, weiß ich gar nicht mehr, angesprochen, ob ich nicht Lust hätte zum BGH zu kommen. Der hat gar nicht damit gerechnet, dass ich das ernst nehme, aber ich habe mich dann wieder bei ihm gemeldet und gesagt, ja, könnte ich mal darüber nachdenken.
Und dann habe ich das, sie werden ja gewählt, es gibt ja einen Bundesrichterwahlausschuss, das ist nicht der normale Beförderungsgang und da muss man sich eben halt auch über das Land, wird man vorgeschlagen und das ist schon ein dornenreicher Weg. Und ich bin auch im ersten Durchgang gescheitert, da ist jemand anders gewählt worden, weil jedes Land hat so ein Kontingent.
Und dann hat es aber irgendwann geklappt und dann bin ich eben halt 2008 zum BGH gegangen.
Und wie ist denn das, wenn man da ankommt?
Das ist eine andere Welt. Das ist ein anderes Gericht. Der Hintergrund ist, wenn sie in Instanzgerichten arbeiten, ist das im Vordergrund, was ich gerade geschildert habe, die Aktenarbeit, die Tatsachenarbeit, rauszufinden, was der entscheidungshäbliche Sachverhalt, die Grundlage für die Relation zu erarbeiten. Der BGH ist ein reines Rechtskontrollgericht.
Da müssen sie den Sachverhalt so nehmen, wie er ist und sie bewerten ihn rechtlich. Das ist ein Kulturschock. Ich kann mich an eine Situation erinnern. Ich kam ja vom OLG Düsseldorf und dann war ich gerade da und einer der ersten Fälle, die der Senat verhandelte, als ich Mitglied des siebten Zivilsenats war, war ein Urteil von mir vom OLG.
und dann musste ich raus, weil ich darf ja nicht mitmachen. Ich saß dann draußen auf der Couch, darf man eigentlich gar nicht erzählen, aber jetzt ist ja verjährt und dann hörte ich drinnen, wie einer brüllte, das ist doch Willkür. Mit anderen Worten, ja, da geht es um andere Dinge dann auch.
Es war für mich hochspannend. Sie sind in einem Gräbium, was natürlich von ausgeregten Individualisten besetzt ist, die alle den Werdegang bis zum BGA haben und deshalb ist das natürlich, Ich sage mal schon immer einen Reibungsprozess, den sie durchlaufen bis zu einer Entscheidungsfindung. Aber auf der anderen Seite, ich hatte das Glück mit netten Kollegen zu tun zu haben.
Das war eine tolle Zeit. Nicht ohne, sagen wir mal, gewisse Störungssachverhalten.
Und wie läuft die Arbeit da so Woche für Woche ab? Also sie sitzen ja jetzt nicht fünf Tage zusammen und beraten irgendeinen Fall, sondern das sieht ja ein bisschen anders aus.
Da macht man sich gemein in falsche Vorstellungen. Also erstmal fünf Tage ist keiner da, außer vielleicht das Vorsitzende. Die meisten kommen einmal die Woche, der Rest wird zu Hause gearbeitet, manche kommen sogar alle zwei Wochen, wenn Sitzung ist.
Aber man muss sich das vorstellen, die große, die überwiegende Anzahl der Fälle sind gar keine Fälle, wo sie sich mit der Sache beschäftigen, also mit dem Sachverhalt in der Materie, sondern es sind sogenannte Nichtzulassungsbeschwerden, die sich dagegen richten, dass das Oberlandesgericht die Revision zum Bundesgerichtshof nicht zugelassen hat. Und dann beschäftigen sich, das sind fast 70, 80 Prozent, also beschäftigen sich gar nicht mit dem Fall, sondern mit den Voraussetzungen für die Zulassung dieses Falls zum BGH.
Und das ist mir sehr schwer gefallen. Und da habe ich mich auch bis zu Ende nicht mit abfinden können, dass sie eine Entscheidung eines Oberlandesgerichts haben, die sie für falsch halten, aber sie können gar nichts machen, weil sie keinen Zulassungsgrund haben.
Was sind da die wesentlichen Gründe?
Divergenz, das heißt eine abweichende Entscheidung, also Abweichen von Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs oder anderen Oberlandesgerichten. Grundsätzliche Bedeutung, was dann eben halt für die Rechtsfindung ein wesentliches Faktor ist. Oder der Wichtigste ist eben halt ein Verstoß gegen allgemeine Verfahrensgrundsätze, insbesondere gegen die Gewährung rechtlichen Gehör.
Das sind so die wichtigsten. Es gibt da Facetten. Das war mir, deshalb bin ich, war ein Grund, warum ich dann auch gegangen bin irgendwann mal, war mir zu viel. Das war mir zu viel formal.
Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich wirklich in einer signifikanten Anzahl von Fällen mich mit der Materie beschäftigen darf, die mich wirklich interessiert.
Aber Sie wussten, Baurecht, das ist es auch weiterhin in irgendeiner Form.
Absolut. Da stand überhaupt nie ein Zweifel, zumal als ich zum BGH kam, ich auch schon relativ viel nebenher in Vorträgen und Veröffentlichungen und Gleichem gemacht habe, da war für mich klar, das Gebiet, das wechsle ich nicht mehr.
Und haben dann wann sozusagen den Sprung gemacht?
Ich habe mit ein bisschen Vorlauf zum Ende des Jahres 2012 meinen Richterdienst gekündigt. Also ich bin zum Präsidenten gegangen und habe gesagt, ich höre auf. Der fiel aus allen Wolken, weil das hat es noch nicht gegeben, dass ein BGH-Richter kündigt.
Wollte ich gerade fragen, kennen Sie jemanden?
Nee, ich kenne keinen. Also es war, ich kann keiner, weil ich habe das jetzt nicht untersucht, aber ich war jedenfalls schon ein bisschen merkwürdig. Der fragte mich auch direkt, dürfen Sie das überhaupt? Dann habe ich gesagt, ja, das habe ich geprüft, ich kann das kündigen.
Und ja, ich bin oft nach den Gründen gefragt worden, weil das hat dazu geführt, dass ich ja eben halt kein Richter mehr war, keine Pensionsberechtigung mehr hatte. Ich hatte drei Kinder in der Ausbildung und keine Rücklagen.
Und ob ich irgendwas verdiene dann nachher signifikant, war mir nicht ganz klar. Es war schon so einfach, es ist mir nicht gefallen. Zumal ich mich nicht unwohl gefühlt habe.
Aber der Grund war, und das ist vielleicht für die Zuhörer interessant, ich hatte das Gefühl, mehr als bei den Instanzgerichten, dass ich über Leichen entscheide, also am pathologischen Wurmfortsatz arbeite, weil das waren alles vollendete Sachverhalte, die lagen teilweise fünf oder sogar zehn Jahre zurück. Und wenn sie dann mal einen Fall entschieden haben, na klar, sie stellen einen Rechtssatz auf, das ist dann von Bedeutung, aber das sind erst mal wenige Fälle.
Aber die Fälle, mit denen man zu tun hat, sind eigentlich uralt und man kann ja überhaupt nichts mehr verändern. Ich entscheide nur noch über Dinge, die längst vollendet sind. Und da hat es mich nicht mehr so richtig mitgerissen, habe ich gedacht, ich bin nicht mehr richtig.
Und hinzu kam, dass sie als Richter sehr starken Reglementierung unterliegen, was sie als Nebentätigkeit machen dürfen. Und da hatte ich ehrlich gesagt auch keine Lust mehr, mehr von anderen sagen zu lassen, was ich nebenher in meiner Freizeit mache. Das war der zweite, viel weniger wichtige Grund, wo ich gesagt habe, möchte ich selbst entscheiden, was ich tue.
Naja gut, das ist natürlich ein bisschen die andere Seite der Medaille, dass man als Richter sozusagen jetzt mal aus der etwas jüngeren Perspektive vielleicht gesehen, so wenn man sich fragt, was mache ich jetzt, dann doch auch einen recht sicheren Job hat, aber eben auch Einschränkungen dahingehend.
Das ist ja auch in Ordnung, also es ist gar keine Kritik, also ich finde das muss auch so sein, zumal man erstmal verpflichtet ist, seine Dienstgeschäfte zu erledigen und nicht irgendwas anderes zu machen. Also da habe ich auch jetzt gar keine grundsätzlichen Befindlichkeiten entwickelt.
Ich hatte nur das Gefühl, dass ich meine Dienstgeschäfte erledige und ob ich dann einen Vortrag am Wochenende halte oder ob ich ein Buch schreibe, hatte ich nicht das Gefühl, dass ich da meinen Dienstherrn mitreden lassen müsste.
Und jetzt machen Sie Baukonfliktmanagement. Wenn man da mal von der Wortlautauslegung herangeht, dann lösen Sie, vermeiden Sie oder produzieren Sie eigentlich Konflikte? Ich vermute, letzteres hoffentlich nicht so häufig.
Also böse Zungen behaupten, ich produziere die Konflikte erst, aber da möchte ich natürlich aus gnarlen Gründen widersprechen. Nein, die Idee war eigentlich total simpel. Ich hatte das Gefühl, dass ich, wenn ich mich selbstständig mache, aus dem richterlichen Dienst verabschiede, dass ich eigentlich erstmal das gleiche auf privatrechtlicher Basis mache.
Dass ich also von den Parteien, die einen Streit haben, hinzugezogen höre, in welcher Art auch immer, dass ich diesen Streit löse. Ob als Schiedsrichter, was ja nichts anderes ist als ein außerstaatliches Gericht, ob als Schlichter, was wieder was ganz Besonderes ist, oder als Adjudikator, was ganz was Exotisches ist.
Als ich das auf meine Visitenkarte geschrieben habe zu Anfang, da wusste überhaupt keiner, was das ist. Das hat sich auch noch nicht so richtig geändert. Aber mir war die Idee, ich biete das einfach an und hoffe so früh wie möglich, die Gelegenheit zu kriegen, mit Streitigkeiten mich mit beschäftigen zu können und den Parteien zu helfen, das Ding nicht groß werden zu lassen.
Und die Botschaft habe ich dann mal einfach in den Markt, so weit er mir zur Verfügung stand, ausgesendet und habe dann zu Hause gesessen und gewartet, bis das Telefon klingelt.
Und das ist dann irgendwann passiert.
Das ist glücklicherweise relativ schnell passiert. Ich sage auch mal was Offenes, ein offenes Wort dazu. Ich bin durch eine glücklich fügende Schicksals-BGH-Richter gewonnen. Nicht, weil ich so besonders gut Jura kann, sondern ich bin ein ganz normaler Jurist.
Das war einfach eine glücklich fügende Schicksals. Das ist so. Wenn ich diesen BGH-Titel nicht gehabt hätte, hätte ich das nicht machen können. Weil sie die Sichtbarkeit nicht haben.
Und mein Geschäft jetzt, das ich jetzt betreibe, lebt immer noch, nicht mehr so stark wie am Anfang, von der möglicherweise unverdienten, aber einfach faktischen Reputation, dass ich dem höchsten deutschen Zivilgericht angehört habe und dass die Leute mir, ob verdient oder unverdient, sei völlig dahingestellt, vertrauen, dass ich a, das Rechtliche kann und b, absolut neutral, unparteilich und unabhängig bin.
Social proof am Ende des Tages. So ist es.
Das ist also eine reine, das ganze Geschäft geht nur über Köpfe. Da können sie eine Ausbildung haben, wie sie wollen, da können sie Mediator sein, es geht nur über Köpfe, es geht nur über Vertrauen und es geht nur über Reputation in der Branche. Das mag man bedauern, aber ist einfach ein Fakt.
Wie sieht denn so ein Verfahren aus? Natürlich Unterwahrung der Vertraulichkeit, aber so ungefähr, wie muss man sich das vorstellen? Also das Telefon klingelt. Sagen wir mal, Sie sollen Schiedsrichter werden. Da können wahrscheinlich die meisten Zuhörenden noch was mit anfangen.
Wobei mich auch mal interessieren würde, wie genau die Definition des Schlichters und des Adjukators dann am Ende des Tages aussieht. Sie sollen Schiedsrichter werden.
Wie geht es dann weiter? Also es gibt im Grunde genommen zwei Wege, auf denen Sie so einen Schiedsrichter anbekommen. Der erste Weg ist der, der ist wohl der häufigere bei mir. Da ruft eine Partei, die einer Schiedsklausel entweder im Vertrag oder nachträglich vereinbart als Schiedsvereinbarer unterliegt, die in ein Verfahren gehen will, also als Schiedsklägerin, oder die schon eine Schiedsklage bekommen hat und deshalb als Beklagte in ein Schiedsverfahren muss.
Und die brauchen Schiedsrichter. Und die gucken dann, ich will nicht sagen im Telefonbuch, aber die gucken dann nach, wen können wir denn benennen. Und das ist eigentlich der häufigste Weg, wie ich in ein Schiedsverfahren komme.
Und dann ruft mich eine Partei an und sagt, wir haben folgendes Schiedsverfahren, hätten Sie Interesse? Sehr feinfühlig die Branche, nicht nur die Branche überhaupt. Unabhängigkeit ist da ein unglaublich hohes Gut. Das heißt, sie werden anständig gecheckt, ob sie da nicht mit irgendjemandem unter der Decke stecken und die ganzen Konflikte müssen vermieden sein.
Und dann werden sie benannt von der Partei. Und der zweite Weg ist, dass die Parteien schon zwei Schiedsrichter gewählt haben, jeweils einen und bei Dreier-Schiedsgerichten, was die häufigste Form ist und die beiden müssen dann einen Vorsitzenden aussuchen und das kann sie dann auch in den Vorsitz spülen, wo sie dann eben halt die Verantwortung haben, das Verfahren leiten und lenken zu müssen.
Und zum rechtlichen Rahmen,
Das sind dann Schiedsverfahren.
Die gegebenenfalls nicht nur deutsche Parteien haben müssen, aber jedenfalls, wo deutsches materielles Recht anwendbar ist, oder?
Ich habe auch einen signifikanten Anteil an internationalen Verfahren. Da habe ich mich nicht darum gekümmert, weil ich glücklicherweise, mein Portfolio ist voll, aber ich habe auch ganz gute Kontakte in die internationale Schiedsbranche, die nochmal ganz anders tickt. Und nee, ich habe auch Verfahren, die sich erstens in englischer Sprache abspielen und zweitens nicht nach deutschem Recht gehen.
Und dann trifft man sich irgendwo, nachdem die Parteien ihre Submissions eingereicht haben und dann wird im Prinzip ganz normal in Anführungszeichen verhandelt.
Ja, es gibt ein paar Besonderheiten. Man ist als Schiedsrichter etwas mehr Dienstleister, also ex cathedra zusammen. Die Klageerwählungsfrist beträgt x, das ist etwas verpönt. Das wird man mit den Parteien in einer sogenannten Case-Management-Konferenz, wird man das mit denen absprechen.
Aber im Grunde genommen läuft das Verfahren im Wesentlichen nach den Parametern, die ich kenne aus dem staatlichen Gerichtsverfahren. Wobei, ich habe relativ viel mit Organisationen zu tun, die diese Verfahrensordnungen als vorgefertigte Verfahrensordnung bereit haben.
Die DISS zum Beispiel.
Zum Beispiel, die DISS ist die größte und wichtigste. Und die haben schon eigene Vorstellungen entwickelt, wie so ein Verfahren laufen muss. Also das ist schon in vielen Punkten abweichend von dem, was sie als staatliche Richter machen.
Das ist die schiedsrichterliche Rolle sozusagen. Was ist dahingehend jetzt der Schlichter?
Der signifikant und augenscheinlichste Unterschied ist der, dass ich als Schlichter, so verstehe ich es immer und wenn die Parteien was anderes wünschen, dann will ich das genau festlegen und konkretisieren, der Schlichter hat kein Entscheidungsbefugnis. Der Schlichter ist nur dazu da, den Parteien, ich sag mal, dazu zu verhelfen, dass sie eine gemeinsame Sichtweise entwickeln.
Der Unterschied wieder zur Mediation ist, dass ich als Schlichter beauftragt werde, weil die Parteien sich von mir erhoffen, dass ich einen konkreten Vorschlag auf der Grundlage der konkreten vertragsrechtlichen Beziehungen erarbeite. Also die wollen eine starke Guidance haben, in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht.
Während sie bei der klassischen Mediation ja gerade dazu nicht aufgerufen sind, sondern im Prinzip auf Kommunikationsbasis die Parteien zu einer eigenständig entwickelten Lösung führen. Das ist ein großer Unterschied, deshalb Mediation mache ich formal nicht.
Ich habe auch keine Ausbildung als Mediator. Ich tauge auch nicht zum Mediator, weil mein Phänotyp ist immer, dass ich eher dazu neige, den anderen an die Welt zu erklären. Bin ich nicht gut.
Also bei mir heißt das Kind Schlichter und zu meiner Überraschung, das ist mittlerweile deutlich mehr als die Hälfte der entsprechenden Verfahren, mit denen ich bearbeite.
Interessant, weil, wie kommt das?
Da sind wir jetzt eigentlich beim Thema. Außergerichtliche Streitbeilegung, Streitvermeidung. Meine Botschaft war immer, dass ich versucht habe deutlich zu machen, dass Streiten nur bis zu dem Punkt Sinn macht, wo man die Basis für eine gemeinsame Lösung findet. Also wo sich ein Korridor auftritt, in dem die Parteien sinnvolle ökonomische Lösungen wählen können.
Der Leitsatz, den ich immer sage, es steht nirgendwo geschrieben, dass man ein Recht nutzen muss. Wir haben den rechtlichen Rahmen, den müssen wir alle beachten. Das ist das Wesen einer Rechtsordnung in einem geordneten Rechtsstaat.
Aber es steht nirgendwo geschrieben, dass ich ein Recht nutzen muss. Und deshalb meine ich, wir machen einen grundsätzlichen Fehler, dass wir gerade in der Branche, die so disparat ist und so komplexe Zusammenhänge bearbeiten muss, dass wir uns bei der Abwicklung von Bauprojekten, gerade Großbauprojekten, viel zu stark von den rechtlichen Möglichkeiten leiten lassen.
Was meint das beispielsweise sowas wie, jetzt mal ins Unreine gesprochen, jemand sagt, pass auf, wir sind doch da im Recht, weil XYZ, ja, das hat die und die Partei alles irgendwie verbaselt. Wir holen uns unser Recht jetzt und stattdessen sieht man aber vielleicht nicht die Kosten, die damit ja auch einhergehen.
Und zwar nicht nur Kosten jetzt für Rechtsberatung, sondern ganz konkret auch, es geht nicht weiter auf der Baustelle, man belastet die Beziehung und so weiter.
Stellen Sie sich vor, also völlig richtig, also ich rede über Transaktionskosten, wenn Sie wollen, die ja enormes Ausmaß annehmen können. Stellen Sie sich einfach vor, Sie haben eine Vertragsstrafe im Vertrag vereinbart. Wenn Sie jetzt die Vertragsstrafe ziehen während laufender Baumaßnahmen und dem anderen einen überbraten, dann hat der keinen großen Spaß mehr daran, Ihnen die entsprechende Qualität mit all den zur Verfügung stehenden Mitteln.
Der wird nicht happy sein. Müssen Sie sich überlegen. Sie müssen ja nicht ziehen. Sie können ja sagen, okay, komm, wir finden lieber eine Lösung und dann ist gut. Das sind so Dinge, die ich meine, da muss man erstmal unternehmerisch rangehen und nicht rechtlich.
Und deshalb ist der falsche Ansatz, die Dinge immer von den rechtlichen Möglichkeiten zu denken. Und wenn man das auf das Verfahren runterbricht, dann ist die Schlichtung ein unglaublich wirkmächtiger Ansatz, genau das zu tun. Die Schlichtung ist bei mir, in vielen Fällen wird die veranlasst durch eine unterschiedliche Vorstellung der Parteien, was der Regelungsgehalt ihrer vertraglichen Absprachen ist.
Das ist im Baunehmen mal sehr kompliziert. Das ist Vertragsauslegung, 133, 157 BGB, wie verstehen wir unsere Vertragsklausel, was weiß ich, zum Bodenplatte, wie die Bodenplatte gebaut werden muss. Und wenn die über diese Auslegung uneins sind, dann werden sie auch von alleine nicht mehr dazu finden.
Wenn jetzt aber ein Dritter sagt, pass mal auf Kinder, ich verstehe das so, dann geht eine Tür auf, wo die Parteien die Möglichkeit haben zu sagen, okay, das leuchtet uns ein, das ist ein Argument, mit dem kann ich leben und dann ruckeln sich die Parteien oft ein. Und deshalb ist die Schlichtung, wirklich auch bei richtig großen Projekten, also wir reden dann über Infrastruktur, die ist unglaublich angezogen und merkwürdigerweise bei der öffentlichen Hand.
Wie kommt das?
Folgendes, ich hoffe, dass das nicht zu langatmig ist, wenn ich das erzähle und nicht zu langweilig für Ihre Zuhörer. Die öffentliche Hand lebt unter einem enormen Druck. A, ihnen ist über Jahrzehnte die Expertise erzogen worden.
Das heißt, die kommunalen und aber auch die landesweiten, vielleicht Bundesbau teilweise auch, ihre eigene Kompetenz ist nicht mehr da. Die Ingenieurkompetenz aus unterschiedlichen Gründen. Die müssen aber ständig Entscheidungen treffen.
Die müssen entscheiden, ob die Statik in Ordnung ist. Die müssen entscheiden, ob der Bauablaufplan in Ordnung ist. Und dieses System funktioniert nicht mehr richtig, weil alle Angst haben. Beispielsweise, wenn Sie jetzt eine Anordnung erteilen müssen, also eine Anordnung, die den Bauablauf umstellt, dann bedeutet das immer, dass das auch Geld kostet.
Wenn Sie einen Vergleich schließen wollen über ein bestimmtes Problem, das heißt immer, dass Sie mit Übersteuergelder verfügen. Und die Angst, kann ich gut nachvollziehen, der öffentlichen Hand, dass nachher der Rechnungshof oder irgendjemand kommt und sagt, was habt ihr denn da gemacht, 500.000 gebt ihr einfach mal weg, die ist enorm groß.
Und wenn sie eine Schlichtung durchführen, wo einer wie ich sagt, ihr dürft das und ich schreibe es ihnen auf, warum, dann nimmt das Druck aus dem Kessel und die Entscheidungsträger dürfen die Entscheidung treffen, die sie vielleicht für vernünftig halten.
Wie lange dauert das denn? Ich könnte mir vorstellen, dass ein Vorteil des Schlichtungsverfahrens gegenüber einem staatlichen Gerichtsverfahren ja wahrscheinlich auch einfach die Schnelligkeit ist, oder?
Das ist enorm. Ich habe gerade eins in Berlin, da waren wir mit Vorbereitung, also mit Standpunkten und da geht es durchaus schon um was, waren wir in knapp viereinhalb Wochen fertig. Vom Beginn bis Ende. Wenn die das vor Gericht ausgetragen hätten, reden wir über mindestens drei Jahre.
Na klar. Sie haben gerade gesagt mit Vorbereitung. Wie läuft das ab? Also Sie kriegen das irgendwie schriftlich erstmal, wo die Parteien stehen, nehme ich an, und von da an steuern Sie dann das Verfahren so ein bisschen, oder?
Ich spreche es immer mit den Parteien ab. Übrigens, manche Schlichtungsverfahren, und wie gesagt, nicht nur kleine, sondern auch größere, finden ohne Anwälte statt. Wenn die Parteien einigermaßen aufgestellt sind, dann ist das… Das ist immer so, dass ich mit den Parteien abspreche.
Und wenn ich es mir wünschen darf, sage ich immer, jeder von ihnen schickt mir einmal seinen Standpunkt schriftlich und bitte mit den Unterlagen, die relevant sind, die möchte ich gerne sehen. Und dann wird nichts weiter geschrieben und dann treffen wir uns, so schnell es geht, wenn der Terminkalender irgendwie passt, so schnell es geht zu einem Schlichtungsgespräch.
Und das muss persönlich sein.
Ja, das ist in diesen Zeiten echt ein Nachteil. Ich habe zwar auch viel videobasiert jetzt gemacht, aber es ist zweite Wahl. Und da nehmen wir unseren ganzen Tag Zeit.
Und dann muss man die Dinge austauschen und ich habe die Aufgabe, sie einzuordnen. Und wenn ich das schaffe, dann sind wir meistens nach einem Tag fertig. Kann sein, wenn man dann technische Fragen noch hat, die muss man auch klären, dass man vielleicht nur einen hinzuziehen muss, dass es zwei oder vielleicht sogar drei Termine gibt.
Aber im Grunde genommen geht es darum, dass man die Dinge bewertet und eine Risikobewertung vornimmt. Und wenn die Parteien an einer Lösung interessiert sind, dann reicht das aus.
Sie haben es vorhin Einrütteln genannt, dass es dann von da an auch wieder insgesamt besser läuft. Passiert es häufig, dass Sie merken, naja, hier ist zwar offensichtlich jetzt gerade die Bodenplatte das Thema, aber vielleicht menschelt es auch einfach ganz gewaltig?
Sehr gute Frage. Eindeutig ja. Der größte Dürrfallproduzent im Baufach, sage ich mal im weitesten Sinne, ist mangelhafte Kommunikation und fehlerhafte Strukturen. Da schreibt der eine in der Wut des erlebten Tages abends die Behinderungsanzeige.
Und da ist wieder das nicht gekommen und der hat das wieder unter. Und die schickt er per E-Mail raus. Die liest er auch nicht nochmal sorgfältig. Der macht auf Send und weg ist die.
Die kriegt der andere morgens um 37, wenn er seinen Rechner aufmacht. Dann sagt er, was ist das denn jetzt? Ärgert sich Schwarz und schreibt zurück, die Behinderungsanzeige wird zurückgewiesen. Ab dem Moment haben sie keine vernünftige Kommunikation.
Ja. Sie setzen die falschen Zeichen, also die, man nennt das neudeutsch, die Incentives sind falsch, weil sie auf Konfrontation steuern, wo sie eigentlich eine konstruktive Lösung benötigen, in die sie beide einbinden. Und wenn sie das nicht organisieren, dann läuft ihnen so eine Baumaßnahme aus dem Ruder.
Gibt es da eigentlich auch schon Ideen, Ansätze, Methoden, wie man das vielleicht vor der ersten Eskalation einfängt?
Ja, es gibt vertragsrechtliche Methoden. Das ist eine ganz neue Sau, die ins Dorf getrieben wird. Das sind die sogenannten Mehrparteienverträge. Die laufen in Deutschland unter dem Begriff integrierte Projektabwicklung.
Das ist eine ganz interessante Entwicklung, die eine sehr hohe Dynamik besitzt im Moment, wo man nicht versucht, bei einer Baumaßnahme, wo sie ja nicht selten 30, 40 Beteiligte haben bei Großland, jeweils in einem bilateralen Vertrag zu verpflichten und dann alle aufs gleiche Ziel, Sondern man versucht die wesentlichen Projektbeteiligten in einen Vertrag zu binden und sie von vornherein bei der Entwicklung, bei der Planung und dann auch bei der Ausführung gemeinsam auf dieses Ziel zu verpflichten.
Das ist zu komplex, das hier zu erklären. Aber das ist natürlich ein unglaublich wirkmächtiges Tool, weil die Botschaft lautet, du verdienst dein Geld, wenn du alles mögliche tust, damit das Projekt erfolgreich wird. Wohingegen die Botschaft in den klassischen Vertragsbeziehungen lautet, du verdienst dein Geld, wenn du deine ökonomischen Interessen bestmöglich vertrittst.
Das ist ein himmelweiter Unterschied.
Weil es nicht nur so eine Struktur von oben nach unten ist, die dann immer feingliedriger wird, sondern eher eine Netzstruktur.
Genau, es ist eine Netzstruktur und vor allem die Verpflichtung aller ist auf das gleiche Ziel gerichtet. Und ihre Verdienstmöglichkeiten sind nicht an die clevere Ausnutzung ihres Vertrages, sondern sind an die zweckentsprechende und erfolgreiche Verwirklichung des Projekts geknüpft. Mit Bonus-Malus-Regelungen, mit Risikotöpfen, an denen sie partizipieren.
Also das ist sicherlich etwas, wo man auch mal gucken muss, wo die Reise hingeht, aber die Idee ist jedenfalls faszinierend. Aber viel kleinteiliger. Ich habe gerade mit zwei Kollegen zusammen noch eine Firma gegründet, die sich nur mit diesen Themen beschäftigt.
Im Grunde geht es so, ich will es versuchen zu verdeutlichen, wenn Sie ein großes Unternehmen haben, irgendeiner, lassen wir den Namen weg, der muss bauen, weil er Produktionsstätten braucht. Da müssen Sie sich erstmal Gedanken darüber machen, welche Rolle spielt bei dir der Einkauf und welche Rolle spielt bei dir die Ausführungsebene.
Wenn der Einkauf für die Vertragsgestaltung zuständig ist und die Entscheidung trifft und der versteht nichts davon, wie es am Ende umgesetzt werden muss, Dann haben sie an der Stelle schon eine Schnittstelle, die unbearbeitet ist und die zu Problemen führt. Und das ist ein Kommunikationsstrukturproblem, kein rechtliches Problem.
Nur um das zu erkennen, müssen sie wissen, was aus diesen Fehlern am Ende wird.
Rechtliche Probleme.
So ist es.
Das ist aber doch mal ganz schön zu hören, dass beispielsweise, was heißt beispielsweise, dass in diesem konkreten Fall wirklich mal auch die Kommunikation, die ja doch ein wesentlicher Teil des juristischen Schaffens ist und fast in allen Berufen, die wir ja auch hier im Podcast beleuchten, dass die sozusagen hier das Tool ist und was dann auch zum Erfolg
führt.
Ja, und zwar, wenn ich das richtig verstehe, Ihre Frage eben, Im engeren wie im weiteren Sinne. Also Kommunikation als Element, als Grundlage für eine sinnvolle, zweckentsprechende Entscheidungsfindung. Aber auch Kommunikation, wie ich kommuniziere.
Ich glaube nicht, Juristen beherrschen das Wort. Das ist ja auch ihr Werkzeug. Aber ich wage mal die Kühne behaupten, dass es zu viele Juristen gibt, die Kommunikation nicht beherrschen.
Weil es mit dem Gegenüber zu tun hat. Genau.
Was mit Respekt zu tun hat, was mit ein bisschen auch, die Vorstellungswelt muss sein, der andere könnte ja auch recht haben. Das ist bei uns ein bisschen unterentwickelt, weil wir immer meinen, es gibt diese eine Richtigkeit und auf diese Position, dann neigen wir mal etwas dazu, wir haben es geprüft und für richtig befunden und dann ist es so.
Das ist aber in vielen Bereichen kein guter Kommunikationsberater. Und dann gibt es ja, ich weiß nicht, ob Sie das schon erlebt haben, es gibt ja diese Leute, sie unterhalten sich mit jemandem und der ist ein ganz netter Mensch. Und dann lesen sie den Schriftsatz von dem Anwalt, der strotzt vor Frechheiten, Gemeinheiten, vor Anschuldigungen, wo sie denken, was ist denn mit dem denn passiert? Das sind auch Kommunikationsverbiegungen.
Und die, finde ich, werden in der Juristenausbildung stark unteradressiert. Also das ist viel wichtiger, dass ich so etwas kann. Auch zum Beispiel Aussagepsychologie. Wie gehe ich mit einem Zeugen um? Das lernen manche, die jetzt mit Kindern zu tun haben.
Da gibt es so Schulungen. Aber allgemein, die Richter haben keine Ahnung davon.
Was könnte man denn kurzum ändern, dass das besser würde?
Also ich habe Kontakt zu einer Psychologin, die sich sehr stark mit Kommunikation beschäftigt und die könnte Ihnen schon relativ leicht erklären, wie man mit Handwerkszeug, Kommunikationshandwerkzeug, die Dinge, ich sage mal, fachlich kompetent angeht, was nicht sowieso aus dem Bauch kommt. Man darf sich auch nicht verbiegen.
Aber zum Beispiel, ich habe mal eine Veranstaltung mitgemacht, Vernehmungspsychologie. Das ist schon mehr als nur Gelaber. Das hat schon Hand und Fuß, wenn man sich damit mal beschäftigt.
Dann wäre das aus Ihrer Sicht einer der Zukunftsskills, was ja gerade auch immer überall debattiert wird. Was müssen Juristen eigentlich können und nicht nur das, was wir Ihnen bislang beibringen, der definitiv ziemlich weit oben auf der Liste stehen müsste?
Ich würde sagen, ja. Es bleibt immer noch dabei, so viel Traditionalist bin ich. Erstmal müssen sie dann die Materie beherrschen für einen guten Juristen. Aber gerade in dem Bereich, in dem ich tätig bin, ist die Kommunikation schon ein wichtiger Faktor. Und da können sie mit den klassischen Instrumentarien relativ wenig machen.
– Bevor hier irgendjemand jetzt dumm stirbt und wir das hinten runterfallen lassen, muss ich nochmal ganz kurz zurückkommen auf den Adjudikator. Was ist denn das?
Adjudikation oder das ist eingedeutscht Adjudication ist das Wort aus dem angelsächsischen und angloamerikanischen Raum, ist ein Zwischending zwischen Schlichtung und voll ausgebildetem Schiedsverfahren. Ist auch außerstaatlich, also außerhalb der staatlichen Gerichte. Und der Sinn der Adjudikation ist, eine vorläufig bindende Entscheidung herbeizuführen.
Also nicht wie bei der Schlichtung, die Sache in der Schwebe lassen, ihr müsst euch einigen, wenn die sich nicht einigen, dann gehen wir nach Hause, war erfolglos, sondern Adjudikation gibt dem Adjudikator die Möglichkeit, eine vorläufig bindende Entscheidung zu treffen. Warum ist das ein wirkmächtiges Tool, wenn Sie sich einen Bauprozess vorstellen, der ja leicht drei, vier, fünf Jahre dauern kann? Dann wollen Sie unbedingt vermeiden, dass Ihnen die Baustelle stillfällt, also der Bauablauf gestört wird und Sie wollen die Liquidität des Unternehmers sichern.
Der ist vorleistungspflichtig, der ist darauf angewiesen, dass er regelmäßig Geld bekommt, sonst geht ihm die Luft aus. Und die Adjudikation soll eben sicherstellen, dass diese beiden Dinge nicht in Schieflage geraten, weil sich die Parteien an einem Punkt verhaken, den sie sich nicht einigen können.
Völlig wertweiß jeder ist Elbphilharmonie, da hat man anderthalb Jahre über ein technisches Thema gestritten und nicht weitergebaut. Das darf nicht passieren. Und Adjudikation, da vereinbaren die Parteien, das ist ein neutraler Dritter innerhalb kürzester Zeit und die Fristen liegen bei mir in meinem Portfolio zwischen 29 und 75 Tagen, egal was es ist.
Völlig wurscht. Da wird von Antragstellung gerechnet bis zur Entscheidung. Da wird entschieden, der Streitfall, den ihr uns vorgetragen habt, der wird so oder so oder so entschieden. Und daran müssten sich die Parteien in aller Regel in den Verträgen, die ich habe, bis zum Abschluss der Baumaßnahme halten.
Sie können gegen die Adjudikationsentscheidung einen Widerspruch einlegen, sich vorbehalten, das überprüfen zu lassen, können dann nach Abschluss der Baumaßnahme zu den staatlichen Gerichten gehen. Dann geht es aber nur noch um sekundäre Ansprüche, sprich um Schadenersatz.
Was ja ein ziemlich cleveres Instrument ist, weil man sozusagen, wir hatten es eben schon mal genannt, die Transaktionskosten erstmal gering hält, es geht weiter und danach ja, wissen wir alle auch wie es ist, geht es vielleicht auch nochmal in die andere Richtung auf den Bau und am Ende ist man nur ein bisschen glücklicher, als man in der eigentlichen Situation vielleicht auch gewesen ist.
her.
Absolut. Das Problem ist, man darf das nicht unterschätzen. Das ist rough law. Es erzeugt eine Bindungswirkung und wenn man dafür nicht gerüstet ist, dann kann so ein Allokationsverfahren auch ein Bumerang werden. Also das ist anspruchsvoll.
Wenn bei mir diese Allokationen hochpoppen, das sind meistens so Stand-by-Allokationen, wo ich also für die Baumaßnahme sozusagen beigestellt werde und auf Bedarf dann, zack, muss ich dann eben mal tätig werden, dann sind sie auch wirklich rund um die Uhr mit diesem Verfahren beschäftigt und da müssen die Parteien auch darauf eingestellt sein, dass das eben doch anspruchsvoll ist.
Ist das nicht dann, und vielleicht wird es ja so jetzt ganz rund, ist das nicht dann auch befriedigend, weil man gegenüber beispielsweise einer Tätigkeit am Amtsgericht mal so richtig tief in so einem Verfahren drin ist und man so richtig jedes Detail kennen kann?
Für mich persönlich ja, wobei ich immer meine, dass die Detailtiefe und das ist der Vorteil des Alligationsverfahrens gegenüber dem Schiedsverfahren, geht manchmal zu weit. Ist übrigens eine generelle Wahrnehmung, aber die ist im Baugeschäft wahrscheinlich besonders ausgeprägt.
Wir haben den Hang und das ist im Rechtssystem begründet. Wir haben die Meinung, es gibt eine rechtlich gerechtfertigte arithmetische Genauigkeit. Ich will Ihnen ein Beispiel geben. Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Bauzeitenclaim, also einen gestörten Bauablauf mit multiplen Störungen.
Die Details der Rechtsfindung sind da sowas von kompliziert, das versteht kein Mensch mehr. Da gibt es keine Rechtsprechung zu. Ich weiß nicht, die füllt ganze Bibliotheken.
Und jetzt machen Sie das und dann hat der eine ein Gutachter, der kostet 120.000 Euro und der andere ein Gutachter, der macht einen Bauablauf, der kostet 120.000 Euro. Das Gericht holt ein drittes Gutachten ein, um herauszufinden, wie ist es wirklich.
und dann kommt am Ende raus, der Anspruch beträgt 3.735.723,73 Euro. Das ist doch völlig irre. Bei einem gestörten Bauablauf weiß niemand, wie die Zusammenhänge jetzt tatsächlich genau waren und wie sich das ausgewirkt hat.
Das ist eine volle Illusion. Und wir tun aber so, als wenn es diese eine Zahl gäbe. Und darauf verwenden wir eine enorme Energie mit wahnsinnig hohen Kosten. Es geht aber nur um einen Korridor.
Und das ist die große Wirkung der Schlichtung und auch der Art der Edukation, dass sie sich um den Korridor kümmern und nicht um arithmetische Genauigkeit.
Und falls Zuhörende das jetzt besonders spannend finden, was könnte man tun, wenn man in Ausbildung, in Referendariat, vielleicht im ersten, zweiten, dritten Berufsjahr ist und sagt, eigentlich würde ich da irgendwann auch gerne mal reinschnuppern oder da mal in die Richtung mich entwickeln?
Der Markt ist unglaublich klein. Das muss man wirklich sagen. Ich habe ja eingangs schon gesagt, dass es auch ein Markt ist, der, das mag man bedauern, ist einfach ein Fakt über Köpfe geht. Das heißt, sie können nicht ein Schild an die Tür hängen, wie sie das als Anwalt können ich bin jetzt Schiedsrichter, Aber Sie können zu mir kommen und sagen, ich würde das auch gerne machen und ja, da kann sich Bedarf ergeben und da gibt es auch andere, die vielleicht sich darauf spezialisiert haben.
Bei den großen Law Firms gibt es Litigation, Arbitration Abteilungen. Die sind aber alle auf diese Hardcore-Schiedsverfahren ausgerichtet. Die machen keine Schlichtungen. Das kann ich nur ganz einfach erklären.
Eine Schlichtung rechnet sich nicht, wenn man das so macht, wie die großen Law Firms das machen. Weil da sind sie zu schnell fertig. Also wenn sie es machen wollen, dann müssen sie entweder in die Richtung denken, Schiedsverfahren und in Law Firms, oder sie müssen halt einen Anknüpfungspunkt finden, wo sie im Fahrwasser einer im Markt etablierten Person, Persönlichkeit oder Institution, wo sie da mitschwimmen.
Ich kenne auch keinen, der sich jetzt auf die Schiedsrichterliste der SL Bau oder der DISS geschrieben hat und der dann darüber signifikant Geschäft macht. Das ist die Illusion, kann ich jedem nehmen. Aussichtslos.
Dann dennoch viel Erfolg dabei und vielen, vielen herzlichen Dank, dass Sie sich heute die Zeit genommen haben.
Es war mir eine Freude. Vielen Dank, dass ich ein paar Sachen erzählen durfte. Herzlichen Dank. Tschüss. Tschüss.
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