Julia Schubring-Giese, Unternehmensjurist | Munich Re
Munich Re - Rückversicherung - Versicherungskaufmann - Netzwerk - Auslandsstation - Casualty-Abteilung - Trainee-Programm - Wahlstation - Fakultatives Underwriting - Claims-Managerin - Corporate Underwriting - Covid-19 - LA Wildfires - Vereinbarkeit - Wirtschaftliches Interesse
Herzlich willkommen zur 307. Episode von Irgendwas mit Recht: Marc Ohrendorf spricht mit Julia Schubring-Giese von Munich Re über ihren ungewöhnlichen Weg vom Azubi zur Senior Executive in der Rückversicherung sowie über die Frage, warum sie sich trotz guter Jobchancen für das zweite Staatsexamen entschied. Was macht man als Jurist im Claims-Management und Corporate Underwriting? Wie funktioniert das Geschäftsmodell der Rückversicherung? Wie managed man eine globale Krise wie Covid-19 oder kalifornische Waldbrände in Milliardenhöhe? Warum kann ein Mathematiker im selben Büro sitzen wie eine Juristin – und beide profitieren davon? Weshalb legt Munich Re so viel Wert auf Motivation im Anschreiben und wirtschaftliches Verständnis von Juristinnen und Juristen? Neben Antworten auf diese Fragen gibt Julia Euch Einblicke in flexible Arbeitsmodelle, die Vereinbarkeit von drei Kindern und Topmanagement-Job, beschreibt Bewerbungsprozesse, Trainee-Programme und welche Fähigkeiten für juristische Karrieren in einem internationalen Konzern wichtig sind. Zudem diskutieren Marc und Julia, ob man heute noch ein Referendariat braucht, wann der richtige Zeitpunkt für Kinder ist und welche Chancen sich aus einem breiten Netzwerk ergeben. Antworten auf diese und viele weitere Fragen erhaltet Ihr in dieser Folge von IMR. Viel Spaß!
Viel Spaß 🎉 und vielen Dank für Euer Feedback! 🙏🏼
Munich Re ist eine weltweit agierende Rückversicherungsgesellschaft; sie versichert also andere Versicherungen. Mit über 40.000 Mitarbeitenden weltweit und einem Umsatz von über 60 Milliarden Euro (2024) bietet die Unternehmensgruppe spannende Karrierechancen in einem berufsübergreifenden Umfeld. Als Jurist arbeitet man bei der Munich Re mit vielseitigen Kollegen mit naturwissenschaftlichem, technischem und betriebswirtschaftlichem Hintergründen zusammen.
Die Motivation ist ein ganz entscheidendes Kriterium bei der Bewerbung, fast wichtiger als perfekte Noten oder Lebenslauf. Es muss klar sein, warum man diesen Job will und was man in der Zusammenarbeit einbringen kann.
KI-basiert und kann Fehler enthalten.
Herzlich willkommen zu einer neuen Episode Irgendwas mit Recht. Mein Name ist noch immer Marc Ohrendorf und heute spreche ich mit Julia Schubring-Giese. Hallo Julia.
Hallo Marc.
Julia, du bist bei der Munich Re tätig. Das ist eine Rückversicherung. Da gehen wir gleich mal darauf ein, was eigentlich eine Rückversicherung macht. Und du bist keine klassische Inhouse-Juristin. Kann man glaube ich auch schon direkt so vorneweg nehmen, oder?
Ja, das stimmt. Ich habe immer spannend gefunden, die vielen Möglichkeiten, die man mit diesem Studium, nach dem Studium hat. Und andersrum gesprochen, wenn man sich nicht festlegen möchte, und dazu gehörte ich, mit 21 habe ich angefangen zu studieren, fand ich das ganz gut, was studieren zu können, wo ich später entscheiden kann, was ich damit mache.
Wir sitzen hier gerade in München, kommst du hier aus der Gegend?
Ich bin hier geboren, hier um die Ecke, im Schwabinger Krankenhaus, bin aber dann öfter umgezogen, war auf mehreren Schulen, Abi habe ich in Berlin gemacht und bin nach dem Abitur nach München zurückgegangen und habe bei der Münchner Rück eine Lehre angefangen. Ich habe vor dem Studium eine Ausbildung zur Versicherungskaufrau gemacht hier.
Wie kamst du dazu?
Es war tatsächlich nicht wirklich meine Idee, sondern die meiner Eltern. Ich habe sie jetzt nicht befragt, was sie vor fast 30 Jahren dazu getrieben hat. Was ich da charmant fand, war die Aussicht, dass das nur zwei Jahre dauert, also deutlich kürzer als ein Studium und man dann irgendwie schon in Anführungszeichen was hat.
Und ich muss sagen, aus der heutigen Perspektive habe ich es gelernt von der Pike auf. Rückversicherung, also habe wirklich im Rechnungswesen damals gearbeitet, in der damaligen Länderabteilung, Fachabteilung. Das ist schon ein Asset.
Und was ich mitgenommen habe, ist ein Netzwerk. Zum einen gibt es eine ganze Menge Ex-Azubis in der Münchner Rück, die dann eben verteilt sind über den ganzen Laden. Und ich habe ein sehr nettes Lehrjahr damals gehabt.
Wir waren zu neun. Fünf von uns sind bis heute bei der Münchner Rück oder sind zurückgekommen wie ich. Und wir treffen uns bis heute einmal im Jahr und haben immer noch Kontakt. Und das ist sehr nett und einfach schön.
Cool. Das heißt, du warst zwischendurch mal woanders, habe ich daraus gehört?
Ich habe hier zwei Jahre Lehre gemacht, habe dann Jura studiert. Das war tatsächlich auch schon der Plan nach dem Abitur. Also das war kein Plan, der sich während der Lehre dann entwickelt hat, sondern das war schon irgendwie klar, dass ich das machen werde.
Ich habe zwei Jahre Lehre gemacht, habe dann angefangen zu studieren, war die ersten zwei Jahre des Studiums noch hier in München und bin dann nach Münster gegangen, habe in Münster erstes Staatsexamen gemacht.
Mit welcher Überlegung Münster?
Ich wollte eine Unistadt kennenlernen und bin dann tatsächlich mit einem Kommilitonen hier aus München, der nach Münster ging, haben wir gesagt, komm, dann machen wir das zusammen und sind da hingegangen und ich habe das auch überhaupt nicht bereut. Münster ist großartig zum Studieren, dann richtig schöne Zeit gehabt.
Gut, dein erstes Examen in Münster damals. Wusstest du dann auch schon, dass du wieder zur Munich Re zurück willst?
Zumindest habe ich über all die Jahre den Kontakt gehalten. Ich habe, während ich hier in München studiert habe, die ersten zwei Jahre war ich regelmäßig als Werkstudentin hier. Und als ich dann nach Münster gewechselt bin, war ich auch nochmal für die Munich Re tätig und zwar war ich zwei Monate in Toronto.
Wie kam das?
Das hat tatsächlich die Firma uns ermöglicht, als sie wollten auch, dass Ex-Azubis den Kontakt weiterhin halten und es bestand die Möglichkeit, sich auf so einer Auslandsstation, wenn man so möchte, zu bewerben und das habe ich gemacht und dann konnte ich da eben zur MROC, Munich Re of Canada gehen und habe da damals in der Casualty-Abteilung, in der
Haftpflichtabteilung eben acht Wochen verbracht und das war ganz, ganz toll.
Das ist ja cool. Gibt es das heute noch sowas in die Richtung?
Ich denke, dass man das machen kann. Also ich weiß, dass es für das Trainee-Programm vorgesehen ist, so eine Auslandsstation. Warum nicht für Leute, die vielleicht auch schön in Kontakt bleiben mit der Firma.
Also insofern hatte ich all die Studienjahre oder nachher eben zur Examsvorbereitung hin nicht mehr. Aber die Jahre vorher immer Kontakt zum Münchner Rück und habe das immer als ganz realistische Möglichkeit für mich gesehen, da nach dem Studium wieder einzusteigen oder nach dem Referendariat. Also es war auch klar für mich immer, dass ich das fertig mache, komplett, also das zweite Staatsexamen auch mache.
Das habe ich nie in Frage gestellt, aber ja.
Können wir da mal kurz reingehen in dieses Thema, denn die Zuschriften über die letzten Jahre mehren sich hier und auch die Frage kriege ich häufiger gestellt, sag mal es gibt jetzt so viele Optionen auch mit ersten Examen, wir sehen auch bei Konzernen immer mehr Stellenausschreibungen, wo Menschen mit einem Staatsexamen gesucht werden, wie ist da deine Perspektive drauf,
welche Vor- und Nachteile hat es noch Referendariat zu machen heutzutage?
Also tatsächlich glaube ich, für einen Job in einem Unternehmen brauchst du tatsächlich das zweite Staatsexamen nicht. Für mich persönlich, habe ich vorhin schon gesagt, war diese Flexibilität ganz entscheidend und natürlich ist die größer, wenn man ein zweites Staatsexamen hat. Also die Option als, ich wollte nicht zum Staat, das habe ich nie wirklich in Erwägung gezogen, aber die Möglichkeit in eine Kanzlei zu gehen, die habe ich tatsächlich auch in Erwägung gezogen und dafür braucht man ein zweites Staatsexamen.
Aber wie gesagt, ich glaube nicht, dass es einem zum Nachteil gereicht, wenn man kein zweites hat, gerade wenn man in den Konzern reingeht.
Ja und es ist natürlich schwierig, zumindest unter dem Gesichtspunkt, dass man sich vielleicht ja doch noch nicht sicher ist, ob man da jetzt den Rest deines Lebens bleiben möchte, da dann nachher sich eventuell manche Wege nicht eröffnet zu haben, sagen wir mal so.
Genau und wofür man natürlich das Referendariat auch gut nutzen kann und das habe ich schon auch getan. Zum einen ist das ja vorgegeben durch den Ablauf des Referendariats, dass man eben bei der Staatsanwaltschaft reinguckt, dass man bei einem Amtsgericht reinguckt, dass man in der Verwaltung nochmal ist bei einem Anwalt.
Aber auch in der Wahlstation kann man dann ja auch schon mal gucken, was könnte ich mir vorstellen, was fände ich interessant. Ich habe das damals nicht bei der Münchner Rück gemacht, sondern war bei der Bayerischen Landesbank in Shanghai damals.
Aber eben auch schon eher mit dem Blick Richtung Wirtschaft und weniger dem reinen Blick Richtung klassische juristische Wege.
Ich muss gerade schmunzeln, weil Bayerische Landesbank in Shanghai klingt wie so ein schlechter Scherz, aber natürlich hat die auch in Shanghai und wahrscheinlich mehr oder weniger auf der ganzen Welt irgendwo Niederlassung.
Genau und man muss natürlich auch sagen, wir reden über eine Zeit, also ich habe vor 18 Jahren zweites Staatsexamen gemacht, war subprime.
Also Finanzkrise.
Genau, genau. Also die Welt ist natürlich heute ein bisschen andere, als sie es damals war. Aber damals hatte die, glaube ich auch heute noch, hatte die Bayern LB eben einen Standort in Shanghai, das Risk Office saß in Hongkong und war da auch durchaus stark vertreten.
Und China war damals natürlich, ist es bis heute, ist es einfach irre spannend, irre schnell.
Wie ging es dann für dich weiter nach dem zweiten Examen?
Nach dem zweiten Examen hatte ich kurz überlegt zu promovieren.
Was hat dich das nicht machen lassen?
Dass die Münchner Rück mir praktisch die Möglichkeit bekam, hier ganz kurzfristig einzusteigen. Also ich hatte überlegt noch zu promovieren, um noch ein bisschen Zeit für mich zu haben, mich noch nicht festzulegen, noch ein bisschen freier zu sein und hatte wieder Kontakt aufgenommen zu HR. Da hat er gesagt, hier, so sieht es aus.
Ich bin jetzt fertig mit dem zweiten Examen. Ich überlege, ob ich noch promoviere. Hättet ihr Interesse an der Zusammenarbeit? Ein Thema war mir schon klar, weil wenn ich ein bisschen Druck von außen kriege, dann wird es wahrscheinlich eher was mit so einer Promotion.
Und dann waren die durchaus aufgeschlossen. Die Kollegen, mit denen ich damals gesprochen habe. Und dann haben die sich zwei, drei Tage später gemeldet und meinten, du, ja, Promotion ist das eine, aber guck mal, wir hätten hier einen Job. Möntest du dir sowas vorstellen? Und dann habe ich, glaube ich, drei Wochen später angefangen zu arbeiten.
Was hast du dann gemacht?
Fakultatives Underwriting Casualty.
Also… Jetzt musst du erklären.
Genau. Das ist die Versicherung beziehungsweise Rückversicherung von Einzelrisiken im Haftpflichtbereich. Also Risiken, die aus bestimmten Gründen nicht in große Verträge reinpassen. In großen Verträgen sammelt man immer ähnliche Risiken und dann gibt es eben Risiken, die da nicht reingehören und die werden dann fakultativ platziert.
Ich glaube, da müssen wir nochmal ganz kurz was grundsätzlich dazu sagen, was eine Rückversicherung macht. Ihr seid die Versicherer der Erstversicherungen, also zum Beispiel sowas wie Allianz, die man kennt.
Genau, das sind unsere Kunden. Und die Allianz zeichnet ein Risiko und sagt, wir wollen das aber nicht zu 100 Prozent bei uns auf dem Buch haben, sondern geben einen Teil davon in die Rückversicherung.
Warum machen die das?
Weil die dann mehr Kapazität natürlich haben und wenn gerade große Risiken auf viele Schultern verteilt sind, geht eben auch im Idealfall, wenn so ein Risiko sich realisiert, keiner pleite, weil jeder einen kleinen Teil davon trägt. Also das ist ein normaler Risikoausgleich und der ist eben gerade, wenn es um ganz große Risiken geht, also Naturkatastrophen und so weiter, umso wichtiger und eben auch global.
Also die Wahrscheinlichkeit, dass es gleichzeitig in Japan und in Kalifornien und noch irgendwo ein ganz großes Erdbeben innerhalb ganz kurzer Zeit gibt, die ist nicht sehr groß, aber dass eben in dem einen Jahr hier was passiert und in dem anderen Jahr dort und man eben Risiken über ganz viele Player weltweit verteilt hat von der Erstversicherung über die Rückversicherung und es geht ja auch hinter der Rückversicherung noch weiter, das ist die sogenannte Retrozession.
Also auch wir geben nachher nochmal oder die Rückversicherer geben Risiken auch nochmal weiter.
An wen?
An verschiedene Player. Also das kann auch wieder ein Rückversicherer sein, der in dem Spiel dann als Retro eine Retro-Deckung nimmt. Aber so werden eben große Risiken auf ganz viele Schultern verteilt und so wirtschaftlich tragbar gemacht.
Das ist eigentlich ein betriebswirtschaftlich faszinierender Mechanismus, wenn man sich überlegt, dass ja alle in diesem Prozess irgendwo auch damit was verdienen müssen und trotzdem ist es für alle viel, viel besser, wirklich wertschöpfend, wenn es so läuft, ist ja auch logisch, weil ansonsten bei einem Großereignis natürlich die ganzen regionalen oder nationalen Versicherer pleite gehen würden.
Genau, also das ist eben auch die volkswirtschaftliche Komponente, die das hat.
Spannend. Okay, dann verstehe ich, wo dein Berufseinstieg damals war. Können wir dahin zurückkehren. Wie ging es dann weiter für dich innerhalb des Unternehmens?
Es ging dann tatsächlich relativ schnell weiter. Ich habe diesen ersten Job ein gutes Jahr gemacht. Ich war damals, muss man vielleicht auch dazu sagen, mir wichtig ist, dass man vor sowas keine Angst hat. Ich bin eingestiegen auf einer befristeten Stelle, weil ich eine Kollegin ersetzt habe, die damals in Mutterschutz ging.
Und solche Stellen sind ja für die Kollegen, die in Mutterschutz geht, freigehalten werden, aber werden eben dann befristet ersetzt. Und auf so einer Stelle bin ich eingestiegen mit einem befristeten Arbeitsvertrag. Und im Jahr drauf wurde dann ein bisschen umstrukturiert.
und da gab sich für mich die Möglichkeit, innerhalb der gleichen Abteilung in den Vertragsbereich zu wechseln, Treaty nennen wir das, und da eben auf eine unbefristete Stelle zu gehen und das habe ich gemacht. Dann war ich da drei Jahre ungefähr.
Das ist eben das Underwriting für die großen Verträge. Also das war jetzt im konkreten Fall für Kunden in Griechenland, war damals meine Zuständigkeit, alle Autos, die die versichern. Die kommen eben in einen großen Vertrag rein und einen Teil dieses Vertrages übernehmen wir.
Also lauter ähnliche Risiken.
Okay, verstehe. Und ganz wichtig, damit bist du sozusagen natürlich nicht in der Rechtsabteilung unterwegs, sondern kann man sagen operativ?
Im operativen Geschäft, genau. In unserem Kerngeschäft, ja.
Und dementsprechend auch nicht notwendigerweise zusammen mit anderen Juristen im Team, sondern das dürfte gemischter aussehen.
Genau, das sind gemischte Teams, unterschiedliche Ausbildungen, also angefangen von Leuten, die wie ich hier eine Lehre gemacht haben, über Juristen, Mathematiker, Slash-Aktuare, BWLer, auch manchmal ganz andere Sachen, die mal Geologie oder Physik studiert haben oder sowas. Ich weiß nicht, ob das heute noch so gängig ist.
Damals, als ich die Lehre gemacht habe, hieß es, das sei das Haus der tausend Berufe. Es ist noch heute gemischt und ich finde das, was ich bis heute als ganz bereichernd finde, hier zu arbeiten, dass man mit Kollegen zusammen ist, die eben eine andere Ausbildung und einen anderen Hintergrund haben als man selber.
Nicht, dass ich nicht gerne mit Juristen arbeite, das tue ich natürlich auch. Aber natürlich haben wir gerade, wenn wir alle in Deutschland studiert haben, alle sehr ähnliche Ausbildungen durchlaufen und haben auch eine ähnliche Art an Probleme heranzugehen gelernt. Und gerade wenn man mit Kollegen arbeitet, die eben mit einer anderen Herangehensweise einbringen, ist das sehr bereichernd und hilft der Sache natürlich auch oft, weil die Perspektiven verschieden sind, die Lösungsvorschläge unterschiedlich sind.
Das ist was ganz, ganz Spannendes.
Ja und das gibt es auch gar nicht so häufig, wenn man sich mal so die ganze juristische Berufslandschaft anschaut, dass man zum einen als Jurist in einem Konzern nicht in der Rechtsabteilung arbeitet, das denken glaube ich alle immer zuerst dran und dass man dann auch tatsächlich multidisziplinär in einem Team in Form von Teamwork zusammenarbeitet, denn man muss ja häufig unterscheiden zwischen Teamwork und Arbeitsteilung und vieles ist halt einfach nur Arbeitsteilung und nicht wirklich Teamwork.
Das finde ich ganz spannend daran.
Vielleicht als Beispiel, ich saß eben damals in dieser Vertragsabteilung, habe ich mir das Büro geteilt mit einem Mathematiker und wenn man so möchte, die Verträge habe ich wahrscheinlich besser verstanden, einfach von der Ausbildung her, also sprich, was ist gedeckt, was ist ausgeschlossen und so weiter, aber das Pricing dieser großen Verträge, also wie viele Fahrzeuge sind da drin, was haben die für Versicherungssummen, wie viele Schäden sind in den letzten paar Jahren passiert, wie inflationieren wir das und so weiter.
Das kann natürlich ein Aktuar viel, viel besser und die Kombination macht es. Also das gute, möglichst gute Angebot aus dem, welchen Preis bezahlen wir für welche Deckung, kommt eben aus dieser interdisziplinären Zusammenarbeit. Das war eine sehr schöne Zeit.
Cool. Kann man sich, glaube ich, lebhaft was darunter vorstellen. Und dann? Wie ging es weiter?
Dann habe ich in den Schadenbereich, also nach Claims gewechselt und war dort Claims-Managerin und habe mich mit, in der Regel mit Einzelschäden, die eben aus den Ländern, für die ich damals zuständig war, haben. Also wieder Haftpflicht, wieder Casualty, schwere Personenschäden, also häufig Verkehrsunfälle, aber auch Arzthaftungsfälle.
Aber immer in Form Rückversicherung, das heißt euer Anspruchssteller war der Erstversicherer.
Genau, also es ist so, unser Zident, unser Kunde hat eben das Krankenhaus zum Beispiel versichert und dann ist in dem Krankenhaus was leider schief gegangen bei einer Operation und dann hat der Geschädigte, geht dann an den Versicherer heran oder eben an den versicherten Arzt und stellt diesen Anspruch und der Zident gibt eben unseren Anteil an diesem Anspruch
an uns weiter.
Richtig schöne, in dem Fall, Vier-Personen-Konstellation.
Genau, also in der Regel ist es so in der klassischen Rückversicherung, wir haben eben einen Erstversicherer, der prüft den Anspruch, da sitzen auch Schadenjuristen, gucken sich das an und so weiter. Aber natürlich mal so gesprochen für einen Erstversicherer in einem bestimmten Land, die haben dann zwei, drei ganz große Fälle.
Bei uns laufen alle großen Fälle, die in diesem Land dann sind, wo wir eben Kunden haben, dann bei uns zusammen. Also ich sag mal, der Blick auf die wirklich schwierigen, teuren Schäden, Da haben wir als Rückversicherer in der Regel einen besseren Blick drauf, weil unser Portfolio, also unser Bestand da einfach größer ist.
Kannst du mal so ein Beispiel nennen, was es da mal so Spektakuläres gab, jetzt ohne natürlich zu spezifisch zu werden, aber wenn du so dran zurückdenkst, worum ging es da mal, dass man sich vielleicht nochmal so ein bisschen handfester unter diesen Fällen was vorstellen kann?
Lass mal überlegen in dieser ersten Zeit. Also was ist eben zum Beispiel, was so ein Ausreißer ist, wenn du sagst, in einem Land ist ein Verkehrsunfall, auch wenn er schlimm endet. Schlimm bedeutet in der Regel, dass jemand eben schwerst verletzt überlebt.
Was teurer ist als tot, so makaber wie es klingt?
Kommt ein bisschen auf das Land drauf an. Also in vielen Ländern sind die schwer verletzte Überlebenden teurer als die Toten, aber es gibt auch Länder, wo es andersrum ist. Und das ist eben auch wichtig, dass man sich in der Rechtsordnung oder in der Rechtsprechung auskennt, wie so die Entschädigungspraxis ist.
Aber wenn du jetzt sagst, du hast ein Land, was vielleicht damals noch nicht besonders weit entwickelt war, eben Zentralosteuropa, dann haben die einen katastrophalen Verkehrsunfall, wo ein junger, gut ausgebildeter Mann schwer verletzt überlebt, eine normale Lebenserwartung hat und das ist dann eben der eine Schaden, der zehnmal so teuer ist, wie der Standardfall in dem Land ist. Und dann ist was, wo sich ja auch unsere Expertise als Rückversicherer, die wir eben häufiger diese Spitzen sehen, ins Spiel kommt.
Wo man halt sagt, wie rechnet man das? Von wie viel Pflegeaufwand geht man aus? Und so weiter. Also das würde ich sagen, war jetzt so aus dieser ersten Zeit mit das, was ich da am meisten gemacht habe.
Gut, das hast du wie lange gemacht?
Lange? Das habe ich sicher sieben Jahre oder sowas gemacht, ja.
Fast forward, sieben Jahre?
Genau, ich habe in der Zeit zwei Kinder bekommen. Also ich war jeweils ein Jahr zu Hause, habe Mutterschutz- bzw. Elternzeit genommen und bin dann jeweils nach einem Jahr wieder eingestiegen, eben immer in diesen Job, den ich auch vorher gemacht habe.
Okay, okay.
Genau.
Dann lass uns mal kurz hier ein Zwischenthema einschieben. Die Kinder sind doch heute noch da, logischerweise.
Ja, die gibt es. Es ist sogar noch einer mehr geworden im Laufe der Zeit.
Also es sind mittlerweile drei. Wie klappt das?
Mal problemlos, mal gar nicht. Also es klappt natürlich easy, wenn alle gesund sind und alle Kindergärten und Schulen offen haben und alles easy ist und hier das auch so ein bisschen business as usual ist. Natürlich ist das nicht immer so und es gibt Wochen, die wild sind, keine Frage.
Aber im Großen und Ganzen komme ich ganz gut durch.
Aber das ist ein interessanter Punkt. Also man ist ziemlich abhängig von der externen Infrastruktur.
Absolut. Man ist abhängig von der externen Infrastruktur und, und das muss man was sagen, was ich sehr schätze, je flexibler man seine Arbeit gestalten kann. Und auch das klappt natürlich nicht immer. Es gibt Meetings, da muss man rein, es passiert plötzlich irgendwo ein Schaden und dann gibt es ganz viele Calls, weil man ganz schnell werden muss.
Also man kann da auch nicht immer alles steuern, aber die Möglichkeit von zu Hause aus zu arbeiten, die Möglichkeit zu sagen, ich komme vormittags ins Büro für gewisse Termine, aber kann nachmittags einen Arzttermin wahrnehmen und arbeite dann eben abends nochmal und so weiter. Das ist bei uns sehr, sehr gut geregelt und gibt mir eben die Möglichkeit, das miteinander zu verbinden.
Mhm.
Würdest du sagen, dass wir da jetzt sozusagen, weil wir auch die Debatte gerade immer mal wieder sehen, so Stichwort Homeoffice, du hast es gerade schon so ein bisschen angesprochen. Wir haben ja zum Beispiel Amazon mit AWS, die irgendwie die Leute fünf Tage die Woche zurück ins Büro befördern, habe ich gerade so eine Schlagzeile noch im Kopf von letzter Woche.
Meine persönliche Ansicht war, dass sich das Thema eigentlich erledigt hat und alle über Covid gelernt haben, dass so ein hybrides Modell ganz gut funktioniert. Fünf Tage alle, nur remote ist es wahrscheinlich auch nicht. Ist da noch viel in Bewegung aus deiner Sicht oder hat sich das eingespielt?
Ich glaube, das hat sich bei uns im Großen und Ganzen gut eingespielt. Es ist, wie du sagst, eben kein remotes Unternehmen, aber wir sind eben auch nicht mehr in dieser Präsenzkultur, in der wir vor Covid, denke ich, doch waren oder wo das so Standard war. Da ist das hier eben ausgesprochen flexibel und ich glaube, dass sich das im Großen und Ganzen auch wirklich gut eingeruckelt hat.
Ich persönlich schätze diese Flexibilität, dass ich entscheiden kann, ich arbeite heute von zu Hause aus oder muss jetzt schnell nach Hause, weil ich was erledigen muss und mache dann von zu Hause aus weiter. Aber ich gehe auch wahnsinnig gerne ins Büro.
Und ich glaube, dieses Miteinander, sich treffen... Auf dem Flur sich sehen, zusammen Kaffee trinken, all diese informellen Berührungspunkte, die man eben im Homeoffice nicht hat, die sind vielleicht nicht messbar, aber die machen wahnsinnig viel aus, was Zugehörigkeitsgefühl, was auch Informationsaustausch, kurze Informationswege und so heißt. Also ich glaube, es ist wirklich die Mischung macht0027s.
Dann lass uns nochmal bei diesem Vereinbarkeitsthema, was wir sozusagen hier nur am Rande streifen, aber was ich auch aus persönlichem Interesse ganz interessant finde, weil wir letztes Jahr Eltern geworden sind bei mir zu Hause, nochmal auf eine Sache kurz fokussieren in diesem Kontext. Das würde mich deine Einschätzung interessieren.
Ich persönlich, Jurastudium, relativ irgendwie alt, wenn du in den Beruf startest, im Verhältnis zu jemandem, der jetzt eine Lehre gemacht hat und dann mit Anfang, Mitte 20 fertig ist und dann irgendwie ein paar Jahre vielleicht noch gearbeitet, hab jetzt relativ spät mein erstes Kind bekommen. Andere Leute sagen, eigentlich war das total genial, im Referendariat haben wir irgendwie ein Kind bekommen und dann das zweite irgendwie im ersten Berufsjahr und dann war das Thema im Prinzip nachher schon durch.
Lass uns mal gemeinsam vielleicht eine Minute das Für und Wider abwägen, wenn man gerade so da steht und sich fragt, oh Mann, ist jetzt eigentlich der richtige Zeitpunkt? Meine persönliche Ansicht ist, eigentlich ist nie der richtige Zeitpunkt und eigentlich ist auch irgendwie gleichzeitig immer der richtige Zeitpunkt.
Würde ich so ähnlich beantworten. Also erstmal ist es ja auch so, dass man im Idealfall jemanden hat, mit dem zusammen an das Projekt Familie startet und das kann man ja auch nicht immer so steuern, ob man diese Person dann im Studium, im Referenariat oder wann auch immer, also früher oder später im Leben kennenlernt und es spricht auch immer was dagegen, es spricht auch immer viel dafür.
Am Ende ist das….
Ergibt sich das, oder?
Ja.
Ich glaube auch, diese Fragen kann man nämlich kaum beantworten.
Und es hat gewisse Dinge und Vorteile, Nachteile. Aber es gibt immer Lösungen, es geht immer weiter und es ist was Wunderbares, wenn man da eben, wie gesagt, auch vom Arbeitgeber eine Menge Unterstützung bekommt, um so einen Weg zu gehen.
Gut, dann sozusagen zurück in deinen Karriereweg. Sieben Jahre in dieser Station mit zwei Unterbrechungen von je einem Jahr bei zwei Kids und dann irgendwann?
Und dann lockte es mich nach CU, Corporate Underwriting. Das ist eine Zentralfunktion, wo eben für das Underwriting hausweit, Guidelines gemacht werden, Reviews gemacht werden, große Verträge geprüft werden und so weiter. Themen, Trend Detection nenne ich es jetzt mal, wo wir sagen, das sind Themen, die sind wichtig, die müssen wir auf der Agenda haben, da müssen wir irgendwie strukturiert uns das angucken, was das für uns bedeutet, solche Themen.
Also ein bisschen Strategy-Work?
Auch, ja, absolut. Und eben wieder praktisch zurück ins Underwriting, wenn man so möchte, wenn auch nicht in der operativen, sondern in der Zentralfunktion und da bin ich von Claims aus damals eben hingegangen. Die suchten jemanden, der Casualty abdecken kann und das brachte ich ja mit aus vielen Jahren Schaden und auch einigen Jahren Underwriting-Erfahrung.
Und da bin ich 2018 hingewechselt, bin dann 19 nochmal ausgestiegen, weil ich eben nochmal ein Kind bekommen habe. Und just mit meiner Rückkehr vor genau fünf Jahren auf diese Stelle wieder in CU sind wir den ersten Lockdown gestartet, kam Covid.
Und das war sicher mit das Spannendste, was ich in meiner beruflichen Laufbahn bisher gemacht habe.
Das hast du im März 2020 sicherlich nur teilweise so gesehen.
Das überreißt man natürlich erst in der Rückschau. Das war, wie wahrscheinlich für so ganz, ganz viele, fast disruptiv, diese Zeit. Also natürlich zu Hause, mit allen Kindern zu Hause und damals mit der Aufgabe in dieser zentralen Underwriting-Funktion zusammen mit einem sehr netten Kollegen von mir, der Casualty-Community der Münchner Rück nahezubringen, wo oder sich erstmal selber klar darüber zu werden, wo uns dieses Covid-Thema überall treffen kann, in welchen Lines of Business, wo, welche Risiken liegen, was das bedeuten kann, also wie sich das praktisch in unser Buch übersetzt.
Und das dann auch mit der Community zu teilen. Und wir haben damals so erste große Sessions gemacht, eben für alle Casualty Underwriter weltweit. Und das war damals noch per Skype und man konnte die Kameras nicht anstellen und niemand, also man saß vor so einem schwarzen Bildschirm, sprach in ein schwarzes Nichts und es hörten aber irgendwie 280 Leute zu.
Also da haben wir praktisch das gelernt, auch wie man so große virtuelle Meetings macht, waren so die ersten Schritte und es war wirklich wahnsinnig spannend. Die Zeit arbeitsreich, sehr intensiv, weil ja auch die private Seite für uns alle herausfordernd war, aber total spannend.
Aber das muss doch auch ein großes Risiko gewesen sein, was man erstmal umreißen muss, wenn man sagt, naja ein Rückversicherer hat eigentlich den Vorteil, dass er eben global agiert und die Kunden des Rückversicherers, also die entsprechenden Erstversicherer, regional oder national oder auch multinational, aber nie komplett global oder seltener komplett global agieren, dann war Covid ja offensichtlich, das wusste man glaube ich relativ von Anfang an, Wir haben es eben, glaube ich, auch schon mal angerissen, ein globales Ereignis.
Das heißt, ihr müsst euch ja auch gefragt haben, oh, was rollt denn jetzt genau auf uns zu?
Klar, ein Kumul. Absolut.
Und wie nähert man sich da? Also was habt ihr gemacht? Das ist ganz praktisch.
Wir haben eben erstmal versucht, das intellektuell zu durchdringen, soweit wir das konnten. Was uns wo wie treffen kann, also wenn man so möchte, ein theoretischer Ansatz. Und dann ging es natürlich auch darum, dass die Kollegen, jeder einzelne dann eine Bottom-Abschätzung macht.
Also, dass sie sagen, wir haben den Vertrag, da könnte das und das passieren, da haben wir solche Limits draußen liegen, wenn, keine Ahnung, die zum Teil oder ganz gerissen werden, bedeutet das Betrag X und das macht dann jeder und dann wird das so von unten nach oben durchgeführt. Bottom-up durchgerechnet.
Aber das ist was, was wir relativ häufig machen, dass wir uns Dinge so, es geht eben aus zwei Richtungen angucken. Also einmal Top-down und einmal Bottom-up. Man irgendwie sich dem letztlich Betrag von unterschiedlichen Seiten nähert.
Also ganz abstrakt gesprochen, Ziel ist am Ende braucht ihr einen Betrag. Ihr müsst irgendwie wissen, was ist das Risiko in Millionen oder Milliarden, das ist das Ziel der ganzen Übung. Dann haben wir einen gewissen Lebenssachverhalt, in dem Fall Covid mit all seinen Facetten und dieser wirklich hohen Komplexität, weil sich das ja überall irgendwie niederschlagen konnte, das Thema.
Und da kann man sagen, Jura ist in dem Zusammenhang und eure Verträge und die juristische Einschätzung ist so eine Art Filter. Was hiervon realisiert sich jetzt? Wo wären wir potenziell in der Haftung und wo vielleicht aber auch nicht?
Genau das. Also letztlich hilft es einem, wenn man das studiert hat, dass man eben einen Lebenssachverhalt unter einen Vertrag subsumieren kann. Und zum anderen war es ja auch gerade bei Covid ganz vieles mit großer Unsicherheit behaftet.
Also ein Fall jetzt wie Covid war ja nie so gedacht worden und dementsprechend nie in der Polizei so verankert, dass klar ist, wenn jetzt eine Betriebsschließung aufgrund einer Pandemie passiert, dann zieht das hier oder zieht eben nicht. Wie das jetzt zum Beispiel bei einem Autounfall, bei einer Autopolize, die jeder von uns hat, der ein Auto hat, da ist total klar, was passieren kann.
Und so spiegelt sich das eben genau in diesen Versicherungsbedingungen, also in dem Vertragswerk wieder. Und das war ja mit Covid nun tatsächlich nicht so. Und zum einen ist es eben, dass man versucht, den Vertrag mit dem Lebenssachverhalt zusammenzubringen und dann natürlich auch zu sagen, okay, da ist eine ganz große Unsicherheit.
Wie kann man das juristisch bewerten? Wie könnte ein Gericht irgendwann entscheiden? Und wie wahrscheinlich halten wir diese Entscheidung oder eben eine andere? Also letztlich eine Näherung.
Ja, anders geht es nicht.
Genau.
Klar. Du hast mit dem Vorgespräch gesagt, naja und jetzt nochmal ganz hands-on, was haben wir die letzten Monate gemacht, was hat uns bewegt, um nochmal so ein anderes Beispiel neben Covid zu bringen. LA Wildfires waren natürlich gerade ein Ding, wir haben es mitbekommen, im Januar, Februar diesen Jahres sind große Teile einzelner Stadtviertel abgebrannt.
Also du kriegst jetzt irgendwie mit, im Zweifel durch die Nachrichten oder kurz vorher irgendwo vielleicht schon, hey, da ist ein echt heftiger Waldbrand in Kalifornien. Waldbrand in Kalifornien hat man schon mal gehört, aber was passiert dann bei euch, ganz hands-on?
Bei uns passiert, dass wir als Management-Team in Claims uns regelmäßig treffen. So, dann passiert sowas und dann wird eben durchgegangen, wir sind ein globales Claims-Team. Das heißt, wir haben Kollegen in den USA sitzen, wir haben Kollegen in Australien sitzen und so weiter.
Dann tragen wir zusammen, wer wie betroffen sein könnte und das muss eben relativ schnell gehen. Das muss sorgfältig gemacht werden, also nicht überhastet, aber trotzdem eben zügig, dass man eben sagt, so in Kalifornien in diesem Bereich hat der Versicherer XY so und so viele Policen oder so einen großen Marktanteil.
Wir sind an dem beteiligt mit, keine Ahnung, proportional oder auf XS, das sind unterschiedliche Vertragskonstruktionen, also dass man eben möglichst schnell unsere Exponierung kennt und dann eben auch sagen kann, okay, wir gehen davon aus, dass das ein Totalschaden ist oder dass das zu 50 Prozent getroffen wird oder wie auch immer. Und das dauert natürlich ein bisschen und muss genau gemacht werden und das tragen wir eben von allen Seiten zusammen, um dann nachher mit eben einem Betrag, da kristallisiert sich am Ende eben ein Betrag heraus, wir sagen, okay, das halten wir für realistisch und das ist dann auch der Betrag, der Eingang in unsere Bilanz findet.
Das habt ihr gerade auf eurer Bilanzpressekonferenz verkündet. Dann sieht man mal wieder, wie das nach außen wirkt, was man dann jetzt vielleicht irgendwo in einer Ticker-Meldung lesen kann oder ähnliches. Da seid ihr gerade auf stolze 1,2 Milliarden Euro gekommen, mit denen ihr da potenziell, also mit denen ihr erstmal rechnet, so muss man ja glaube ich sagen.
Am Ende ist es ein Satz. Am Ende sind viele Tage oder Wochen Arbeit und Überlegungen und Diskussionen und Zusammentragen sind dann nachher ein Satz.
Genau.
Aber so läuft das ja. Und was man sagen muss, was ich eben bis heute ganz faszinierend finde, ich bin ja jetzt schon eine ganze Weile dabei in unterschiedlichen Funktionen, was draußen in dieser Welt passiert, jetzt eben Covid, LA Wildfires und so weiter, Klimaveränderungen spielen da sicher auch eine Rolle, der Klimawandel, das hat Auswirkungen auf uns.
Also das, was praktisch die Welt bewegt, was in den Zeitungen steht, das ist auch das, womit wir uns hier beschäftigen. Nicht in jeder Minute und an jedem Tag. Wir beschäftigen uns natürlich auch mal mit irgendwelchen nicht ganz so spannenden Sachen, aber doch mit den großen Themen dieser Zeit, die spielen eine Rolle für unser Unternehmen und das ist was, was ich bis heute wahnsinnig spannend finde.
Gut, dann lass uns mal ein kleines bisschen zum Abschluss darüber sprechen, wie sozusagen dein Team aufgebaut ist, was dir wichtig ist, wenn du Juristinnen und Juristen einstellst, was man vielleicht insgesamt bei euch im Unternehmen als Juristinnen und Jurist alles so machen kann, um so ein bisschen nochmal so die Bewerbungstipps-Sektion hier aufzumachen. Also erst nochmal kurz zu deinem Team.
Muss man vielleicht nochmal in der Deutlichkeit dazu sagen. Du bist in der zweiten Ebene unterm Vorstand tätig, das heißt du bist im Top-Management dieses großen Konzerns hier tätig, dass man erstmal weiß sozusagen von wo gerade die Einschätzung kommt.
Ja, also genau Senior Executive nennt sich das.
Okay und du hast drei Teams unter dir und ein paar Direct Reports.
Genau.
Was machen diese drei Teams?
Ich habe ein Team, was nennt sich Business Run-Off. Das sind Kollegen, die Verträge ablösen, die schon ein bisschen älter sind, wo wir noch Reserven stehen haben, wo noch ein bisschen Bewegung sind in älteren Schäden und wo man dann natürlich auch einen administrativen Aufwand hat. Da gibt es ganz unterschiedliche Gründe, warum man das macht, dass man dann sich sowas mal anguckt und sagt, hier, wir bieten unserem damaligen Kunden oder damaligen Vertragspartner an, dass wir einen Betrag X bezahlen Und dafür alle weiteren Ansprüche aus diesen noch bestehenden Vertragsverhältnissen beenden.
Und das ist dann eben Runoff. Also dann wird dieses Buch zugemacht gegen die Bezahlung. Und genau, das ist ein Team, was in meiner Abteilung ist. Da gibt es auch jemanden, der juristisch arbeitet, weil sich da natürlich auch Verträge anguckt werden, aber da gibt es auch Kollegen, die Mathematiker sind, weil diese Dinge eben berechnet werden.
Abwicklungspattern, über wie viele Jahre sich die Schäden noch wie entwickeln und so weiter. Also das ist genau auch wieder ein Punkt, wo interdisziplinär gearbeitet werden muss, um das richtige und gute Ergebnis zu bekommen. Dann habe ich bei mir in der Abteilung ein Team, das ist das Large Loss Team.
Da laufen eben die Zahlen für diese ganz großen Schäden von uns zusammen, kümmern sich die Kollegen drum. Und ein drittes Team, das nennt sich das Claims Governance Team. Da machen wir eben für den Schadenbereich der Münchner Rück die Guidelines, Work Instructions.
Wir machen die Qualitätssicherung, also wir machen Claims Interne Reviews, gucken uns eben an, ob die Kollegen das Guideline-konform bearbeiten. Die Systeme entsprechend pflegen und so weiter. Das ist letztlich eine Compliance-Rolle.
Und da sind eine Handvoll Juristen tätig?
Da sind, genau, in dem Large Loss Team sind keine Juristen, aber in dem Governance Team natürlich, da sind im Moment drei Juristen tätig. Also es ist ein kleines Team, davon ist eben ungefähr die Hälfte Juristen.
Allerdings unterschiedlicher Nationalität. Also es ist eine Kollegin, die auch ein deutsches Staatsexamen hat, aber zwei andere, die eben neuseeländische bzw. französische Examina haben. Also es ist vielleicht auch ganz interessant zu wissen, wie da eben das Haus der tausend Berufe, aber eben auch für die Juristerei.
Also es gibt Juristen aus unterschiedlichen Rechtsordnungen. Wir haben US-amerikanische, UK-Juristen, dann eben natürlich eine ganze Menge Deutsche und so weiter. Also es ist eine bunte Mischung und die braucht man auch, wenn man ein globales Unternehmen ist.
Also nicht alles kann ein deutscher Jurist wunderbar beantworten. Manchmal ist das gut, wenn man jemanden mit einem Common Law Hintergrund hat oder der eben gerade im US-amerikanischen Rechtssystem sich auch gut auskennt.
Gut, wenn man sich jetzt bei euch mal umschauen wollen würde und sich vielleicht bewerben will, dann schickt man seine Bewerbung an die HR-Abteilung und wenn man das jetzt bei einer Kanzlei machen würde, würde man irgendwann relativ schnell wahrscheinlich mit dem Partner oder deinem Äquivalent, der Partnerin, dann zusammensitzen und sich mal so unterhalten. Aber bei euch würde ich vermuten, läuft der Bewerbungsprozess ein bisschen anders ab, weil ihr halt ein großer Konzern seid.
Wie muss ich mir das vorstellen? Was erwartet einen dort?
Also es ist natürlich so, dass das erstmal über HR läuft und man dann, also jetzt ganz praktisch gesprochen, ich habe vergangenen Jahr eben eine Stelle ausgeschrieben gehabt, wo wir auch ein juristisches Profil gesucht haben, jetzt auch zum Glück besetzen konnten und dann wird so eine Stelle intern ausgeschrieben. Und dann gegebenenfalls auch extern ausgeschrieben.
Dann kommen Bewerbungen und dann schaut sich HR das an und dann gibt es einen Termin zwischen HR und eben dem Business oder dann mir oder einem meiner Kollegen. Und dann geht man das praktisch nochmal gemeinsam durch, was da am Bewerbern ist und entscheidet dann gemeinsam, mit wem man schon mal sich unterhält.
So läuft das.
Nehmen wir mal an, ihr kriegt, das ist wahrscheinlich dann ganz gut gelaufen, 15 Bewerbungen und HR, keine Ahnung, sortiert mal fünf aus, weil irgendwie falscher Adressat und irgendwie schlechtes Copy-Paste hört man ja öfter. Ja, zehn bleiben übrig. Dann geht es wie weiter. Wie viele würdest du dir denn ungefähr angucken?
Das kommt so ein bisschen drauf an, wie gut die Bewerbungen sind. Ich mache es tatsächlich so, dass ich mir alle angucke, auch im Detail, also die Lebensläufe mir angucke, die Anschreiben mir angucke und dann mit den Leuten, die ich spannend finde, ein erstes kurzes Gespräch führe. Also noch nicht irgendwie eine Riesengeschichte, sondern einfach bewahrheitet sich der erste gute Eindruck.
Ja und jetzt wollen natürlich alle wissen, wann findest du dich jemanden spannend?
Also wenn, erstmal was ich ganz wichtig finde ist, dass mir klar wird, warum der Mensch sich auf diese Stelle bewirbt. Und dieses Motivationsthema ist ein ganz entscheidendes. Und wenn da was Gutes drinsteht, warum man das spannend findet, ist das immer ein Riesenplus.
Vielleicht sogar fast wichtiger als die perfekte Note oder der perfekte Lebenslauf. Aber ich finde, wenn nicht klar wird, gilt übrigens auch nachher im Leben, wenn man seinen Karriereweg durch so einen Laden geht wie hier, wenn dem Gegenüber nicht klar wird, warum man diesen Job haben will, wird es schwierig.
Das gilt für die erste Bewerbung, die von extern reinkommt, aber das gilt auch für jede weitere Bewerbung, die man hier drin im Laufe seiner Karriere losschickt.
Ganz wichtiger Punkt, glaube ich, den manche noch nicht so unbedingt sehen, dass man sich ja auch während einer Karriere immer wieder bewerben muss sozusagen. Klar, geht halt auch nicht von selbst. Okay, also die Motivation ganz entscheidend, das erübrigt auch die Frage nach einem Motivationsschreiben, das ist dann durchaus sinnvoll.
Ja, jetzt wäre auch gerade in der Debatte so, lass einfach weg, schick nur noch deine Rahmendaten hin. Würde ich mal kurz einfügen, ja, wenn wir uns von Noten lösen wollen, dann ist das genau kontraproduktiv, aber okay, sei es drum. Also Motivation ist das eine.
Gibt es sonstige Punkte, wo du sagst im Lebenslauf, auch das gefällt dir gut?
Ich finde persönlich, also erstmal muss ein Lebenslauf nicht irgendwie ganz stringent linear sonst wie sein und was ich auch gut finde, wenn ich mir juristische Profile für Jobs jetzt in meinem Bereich angucke, wenn klar ist, dass auch jenseits von so einer klassischen juristischen Tätigkeit Interesse besteht. Also man muss betriebswirtschaftlich interessiert sein.
Jetzt zum Beispiel in meinem Job, das ist keine klassisch-juristische Tätigkeit, die hilft. Das ist auch eine Stelle, wo häufiger Juristen sitzen. Diese Ausbildung ist sicher von Vorteil, aber man muss ein wirtschaftliches Interesse haben.
Letztlich geht es um Zahlen, letztlich geht es um Bilanzen und so weiter. Und wenn man das aus so einem Lebenslauf auch ein bisschen rauslesen kann, finde ich das auch immer ausgesprochen spannend. Ansonsten möchte ich jetzt gar nicht sagen, das ist super und das ist nicht.
Wie gesagt, es muss nicht der Freischuss sein und dann nachher das Doppelprädikat und total stringent und jemand ist 23,5 und spricht sechs Fremdsprachen und so. Die Wege sind verschieden.
Verstehe, okay. Dann findest du die Person spannend und dann gibt es erstmal so ein kurzes kleines Kennenlernen.
Genau. Und wenn das auch positiv ist, dann würden wir jemanden einladen zu einem Vorstellungsgespräch, was dann in der Regel auch in Person stattfindet. Und da sitzt dann in der Regel jemand von HR dabei und eben zwei Leute aus dem Business, dass man eben da nicht… Dass man da auch ein bisschen unterschiedliche Meinungen hat, dass unterschiedliche Leute mit dabei sind.
Und dann gibt es ein längeres Gespräch.
Was fragst du da so in so einem Gespräch?
Ich versuche mir ein Bild von der Person machen zu können. Also da kommt natürlich nochmal das Motivationsthema. Auch ein bisschen, wofür steht der Mensch? Wo möchte er hin? Was ist die Vorstellung? Was sind Sachen, die jemandem leicht fallen? Was sind vielleicht auch Sachen, wo man sich ein bisschen schwerer tut? Also schon auch das Thema, wie blickt die Person auf sich selbst? Wie reflektiert ist jemand? Ja.
Okay, ja, gute Punkte.
Das finde ich sind wichtige Themen, denn man darf ja nicht vergessen, man sitzt hier in der Regel nicht alleine in einem Stübchen und arbeitet nur für sich. So Jobs mag es schon auch vereinzelt geben oder es gibt mal Phasen, wo man das macht, aber wir sind ein großer Konzern, das heißt wir arbeiten miteinander innerhalb der Teams, innerhalb der Abteilungen, übergreifend zwischen Abteilungen, zwischen Geschäftsbereichen.
Und das ist wichtig, dass man für das kooperative Arbeiten auch in der Lage ist, sich selber zu reflektieren und wie man mit anderen ist. Dann ist es so, es gibt ja unterschiedliche Möglichkeiten hier einzusteigen.
Mein Beispiel ist ein sogenannter Direkteinstieg damals gewesen. Ich bin eben nach dem zweiten Staatsexamen kommt direkt auf den Job gegangen. Hatte sicher auch was damit zu tun, dass ich die Lehre vorher gemacht hatte.
Es gibt die Möglichkeit eines Trainee-Programmes. Genaue Dauer weiß ich nicht, ich glaube 18 oder 24 Monate. Und das ist auch in mehrere Stationen gestaffelt. Das ist sehr spannend, ohne es selber gemacht zu haben, weiß ich, dass das eine sehr spannende Zeit ist.
Wo man eine Menge kennenlernt, wo man die Möglichkeit hat, ins Ausland zu gehen. Das ist da fest vorgesehen innerhalb dieser Zeit.
Was man auch mit dem abgeschlossenen Studium, Ausbildung und so weiter macht. Also nicht im Sinne einer Ausbildung, Trainee-Programm, sondern… Nee, nee.
Das sind Uni-Absolventen, die da reinkommen. Und wo man eben in relativ kurzer Zeit viel kennenlernt, sich, glaube ich, gut ein Bild machen kann von dem, was es hier für Möglichkeiten gibt, für das spezielle Profil, um sich dann eben auch nachher für einen Weg innerhalb der Firma oder einen Startpunkt erstmal zu entscheiden. Und was glaube ich auch sehr schön ist, ein sehr schöner Nebeneffekt dieses Trainee-Programms ist, dass man auch ein Netzwerk sich aufbaut.
Also Ex-Trainees sind ähnlich wie wir Ex-Azubis eben auch so eines der unsichtbaren Netzwerke in so einem großen Konzern. Und es gibt, ich überlege gerade, ich habe bei mir im Bereich eine ehemalige Trainee, auf jeden Fall, die eben vor ganz vielen Jahren hier auch dieses Trainee-Programm gemacht hat und da auch bis heute von schwärmt.
Ich würde sagen, dann haben wir doch eigentlich ein ganz rundes Bild einer Nische, innerhalb der Nische würde ich das fast hier nennen. Und das ist das Tolle am Podcast, dass dieser Podcast in jede Nische reinkommt und authentische Einblicke liefert, die hoffentlich ein paar Leute neugierig darauf gemacht haben, wie das Ganze im Alltag dann so aussehen könnte.
Ich danke dir ganz herzlich, Julia, für deine Zeit und Mühe.
Danke dir.
Tschüss.
Ciao.