Dr. Leslie Manthey, Associate | Redeker Sellner Dahs
Vorstellung Leslie - Einstieg ins Europarecht - Studium in Cambridge - EU-Beihilferecht - Fall vor dem EuGH - Kartellschadensersatzrecht - Mitarbeit bei Redeker in Brüssel
Heute zu Gast bei IMR: Leslie. Wir sprechen über Europarecht und ihren Werdegang, insbesondere Studium in Cambridge und ihre Arbeit in Brüssel. Viel Spaß!
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Redeker Sellner Dahs ist eine unabhängige, mittelständische Sozietät mit Wurzeln in Bonn und heute rund 150 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten an fünf Standorten in Deutschland und Brüssel.
Mandanten vertrauen der Kanzlei vor allem in komplexen Fragen des öffentlichen Rechts, des Bau- und Vergaberechts sowie in prozessintensiven Auseinandersetzungen bis vor den Bundesgerichtshof oder den EuGH. Besonders schätzen sie die Mischung aus wissenschaftlicher Exzellenz, frühem Verantwortungsbewusstsein für Nachwuchsjuristinnen und einer Kultur, in der man sich gegenseitig den Rücken stärkt.
Klingt spannend? Dann klick gleich in unsere IMR-Folgen mit Redeker-Profis rein und hör nach, wie sich Arbeiten zwischen Baustelle, Brüssel und Bundesverfassungsgericht anfühlt!
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Herzlich willkommen zu einer neuen Episode Irgendwas mit Recht. Wenn diese Podcast-Folgen beginnen, dann frage ich die Gäste meistens, bist du bereit, bist du ready? Und gerade bei dir kam das sehr, sehr überzeugend. Insofern freue ich mich, dich hier heute begrüßen zu dürfen.
Hallo Leslie Mantai. Hallo Leslie. Leslie, du bist Anwältin bei Redeka. Und Redeka ist eine Kanzlei unter anderem in Deutschland, in Berlin und in Bonn. Ursprünglich sozusagen aus Bonn stammend.
Ein bisschen vom Juridikum die Straße runter. Ich habe hier früher in der Nähe studiert und da kannte man das. Aber du arbeitest in eurem Brüsseler Büro. Bevor wir darauf eingehen, wie das eigentlich alles aussieht, so für eine deutsche Kanzlei in Brüssel, was man dann auch inhaltlich macht, fangen wir wie immer ganz vorne an.
Irgendwann hast du mal Jura studiert. Wann und wo?
Ich habe Jura studiert in Hannover, Beginn 2004, hatte vorher noch ein fremdstaatreichliches Studium mit Französisch gemacht oder begonnen und habe dann festgestellt, dass ich irgendwie was Greifbares machen möchte. Bin dann sehr schnell bei Jura gelandet, war dann im Anschluss ans erste Staatsexamen lange wissenschaftliche Mitarbeiterin an einem europarechtlichen Lehrstuhl, habe ein LLM in Großbritannien gemacht und mein Referendariat ja dann in Hamburg angeschlossen.
Insofern war ich so ein bisschen rumgekommen und hatte auch immer schon diesen europarechtlichen Einschlag.
Wie kam es dazu? Was hast du am Europarecht spannend gefunden? Also wenn ich sozusagen an meine Examensvorbereitung zurückdenke, fand ich Europarecht immer gesellschaftlich ganz toll und auch die europäischen Werte und Institutionen. Aber Europarecht fand ich immer noch so ein bisschen on top, wo man doch eh schon genug Stoff hatte. Aber das ging dir wahrscheinlich anders.
Ja, in der Tat. Also zum einen hatte ich einen sehr charismatischen und tollen Prof in Hannover, den Ulrich Haltern, bei dem ich dann auch später gearbeitet habe, der einfach eine grandiose Art hatte, einem Recht eben aus einer etwas anderen Perspektive beizubringen und ein bisschen auch den Blick zu weiten auf die wirtschaftlichen Zusammenhänge, auf die gesellschaftlichen Zusammenhänge zu gucken, auch zu gucken, wie sich die Dogmatik durch die Rechtsprechung von zum Beispiel so einem, sage ich mal, sehr wirkmächtig gewordenen Gericht für die Gesellschaft.
Dem EuGH entwickelt, was man sich da sozusagen über die Dogmatik hinaus auch angucken kann. Das fand ich sehr spannend.
Also das heißt sozusagen, diese zusätzliche Ebene über die deutschen Gerichte hinaus war schon so ein Aspekt, der dich da besonders gereizt hat.
Ja.
Ja, okay, verstehe. Und ein guter Lehrer, wie so häufig.
Genau.
Dann hast du promoviert und LLM gemacht. In welcher Reihenfolge?
Ja, so ein bisschen parallel. Also viele machen das ja so, dass sie mit dem LLM beginnen und dann aus dem, was man da so macht, eine Promotion entwickeln. Ich war mit der Promotion schon recht weit und habe das dann so gegen Ende angeschlossen.
Nach dem ersten Examen?
Genau.
Hast du jemals überlegt, eine der beiden Dinge nicht zu tun oder sie nach dem zweiten zu machen?
Nee, habe ich tatsächlich nicht. Also da hatte ich mir vorher Gedanken drüber gemacht und habe gedacht, das Referendariat ist so eine tolle Gelegenheit, da irgendwie Kontakte zu knüpfen und zu schauen, wo man mal später jobmäßig hin möchte, dass ich dann wahrscheinlich sozusagen den Absprung dann da nicht mehr mache und dann nochmal diesen Schlenker drehe.
Und ich wollte das beides unbedingt machen. Und dementsprechend habe ich gedacht, das muss ich vor dem Referendariat machen. Oder das möchte ich vor dem Referendariat machen.
Das war einfach logisch.
Ja.
Ja, das ist interessant, weil wir kriegen hier natürlich viel solche Fragen, so Strategie und taktische Überlegungen, wann, was und braucht man das alles überhaupt noch? Aber dir war das dann einfach so klar. Du hast gerade gesagt, mir war klar, ich will das machen.
Wo kam das her? Wolltest du einfach sozusagen die volle Kriegsbemalung oder was war da deine Motivation?
Ja, ich wollte unbedingt im Ausland studieren. Das habe ich während des Studiums nicht gemacht, auch aus der Überlegung hinaus, dass wenn man sozusagen ein halbes Jahr ins Ausland geht, dann ist so ein Semester natürlich nicht verloren, weil man da wahnsinnig viel mitnimmt. Aber LLM dauert auch nur ein Jahr und man hat halt eben die Möglichkeit, da direkt noch einen Abschluss mitzubekommen.
Und dann eben auch das alles inhaltlich ein bisschen zu vertiefen. Und die Promotion, die hat sich daraus ergeben, dass ich tatsächlich auch wirklich gerne wissenschaftlich arbeite oder gearbeitet habe.
War das auch im Europarecht dann?
Das war ein völkerrechtliches Thema, was ich bearbeitet habe, aber es war im europarechtlichen Lehrstuhl, wo ich sozusagen angedockt war.
Dann lass uns doch mal ein bisschen, damit man auch so deinen Blick auf die Welt noch etwas besser nachvollziehen kann, auf den LLM eingehen. Du warst in England?
Genau, wo? In Cambridge.
In Cambridge. Das war keine schlechte Adresse. Dann sprechen wir mal ein kleines bisschen darüber, wie das da so abläuft. Ich glaube, das ist auch ganz cool. Also sowohl sozusagen zu hören, wie es konkret in Cambridge ist, als auch zu erfahren, wie anders man auch Jura lernen kann.
Das läuft ja doch dort ein bisschen anders ab, so als an der typischen deutschen Fakultät, oder?
Ja, auf jeden Fall. Also es ist gar nicht zu vergleichen. Es ist schon vom Grundansatz viel wissenschaftlicher als das Jurastudium in Deutschland, wo man immer so konkret von Anfang an auf eine Falllösung blickt, sondern es gab dann eben viel kleinere Seminare. Vor dem Termin hat man eine große oder für das ganze Semester hat man einfach eine große Leseliste bekommen, wo auch drauf stand, für welchen Termin was vorzubereiten ist oder was man sich durchlesen kann, die war in der Regel so ausgestaltet, dass man das unmöglich alles schaffen und lesen konnte, aber die Idee war eben, dass man damit umzugehen lernt und diese Texte eben nicht so detailliert durcharbeitet, wie man das jetzt im deutschen Studium vielleicht machen würde, um jede dogmatische Feinheit da mitzunehmen, sondern dass man eben so die Kernthesen aus vielem schnell erfasst und schnell auch behalten kann und sozusagen vergleichen kann mit anderen Texten.
Führt das dann dazu, dass man hauptsächlich dann diskutiert in den Classes?
Genau, ja.
Und umgekehrt haben doch dann wahrscheinlich deine Kommilitoninnen und Kommilitonen auch andere Takeaways aus den Texten teilweise rausgezogen. Ist ja nicht notwendigerweise so, dass jeder das selbst gleich interpretiert, ne?
Genau, ja. Ja.
Das heißt, du lernst vom Prof, aber auch von deinen Kolleginnen und Kollegen.
Genau, ja.
Das ist ein anderes Konzept als bei uns. Das hat man bei uns eigentlich, wenn dann nur mal im Schwerpunktbereich, vielleicht in einer kleineren Vorlesung mit einer Praktikerin oder einem Praktiker, würde ich sagen. Was hast du lieber gemacht?
Das ist wirklich schwierig zu sagen. Ich glaube, für das, was ich sozusagen heute als Anwältin mache, hat mir beides viel gebracht. Also diese Fähigkeit eben auch mal schnell Kernpunkte aus irgendwas erfassen zu können, wenn man wirklich unter Zeitdruck steht und das irgendwie gut zusammenzubringen.
Auf der anderen Seite war eben die Ausbildung, die man hier im deutschen Studium bekommen hat, auch wirklich viel wert. Also ich glaube, ich kann mich da gar nicht entscheiden.
Gut, dann warst du irgendwann fertig. Anwältin war immer klar. Oder hast du auch mal mit etwas anderem gespielt zu werden? Keine Ahnung, Inhouse zu gehen oder Richterin zu werden?
Ich habe überlegt, ob ich wissenschaftlich weiter was mache oder eben in die Justiz gehe. Aber Anwältin war auch immer dabei und wirklich rauskristallisiert hat sich das im Referendariat tatsächlich.
Okay, wenn das so offen war, dann lass uns noch mal ein bisschen darauf eingehen. Was war denn der entscheidende Faktor, dass du gesagt hast, ich würde den Weg als Anwältin einschlagen?
Ich fand es sehr, sehr spannend, wie viel Gestaltungskraft man als Anwalt oder Anwältin hat. Gerade wenn man jetzt in einer großen Wirtschaftskanzlei arbeitet, sind das ja normalerweise keine so ganz alltäglichen Fragestellungen, die man bekommt, die schon irgendwie vorstrukturiert sind oder wo man ganz genau weiß, wie man den Fall löst.
Und da hat man dann natürlich einen gewissen Spielraum sozusagen für den Mandanten das Beste rauszuholen und in eine bestimmte Partei zu ergreifen im positiven Sinn und kreativ zu sein, nochmal aus einer anderen Perspektive zu gucken, aber immer mit einem konkreten Ziel, eben dem Interesse des Mandanten im Auge und das fand ich sehr, sehr spannend.
Wo hast du deine Station im Referendariat gemacht?
Jetzt alle Stationen oder die Anwaltsstation? Ich war in der mittelständischen Kanzlei in Hamburg in der Anwaltsstation und dann im Brüsseler Büro von Redeker in der Wahlstation.
Ja und darüber dann jedenfalls, bist du dort auch eingestiegen?
Genau.
Ah ja, okay. Dann lass uns mal darauf eingehen. Was machst du in Brüssel dort eigentlich?
Ich mache da überwiegend EU-Recht natürlich mit einem sehr, sehr großen Schwerpunkt im EU-Beifahrrecht. Das macht so, würde ich sagen, 80, 90 Prozent meiner Tätigkeit aus und mache daneben auch, sage ich mal, so allgemeinere EU-rechtliche Themen. Also zum Beispiel Prozessführung vor den Unionsgerichten oder so Warenverkehrs-Dienstleistungsfreiheitsfragen, die man vielleicht aus dem Studium noch am ehesten kennt und zum Teil eben auch so ein bisschen Kartellschadensersatzrecht, also auch EU-Wettbewerbsrecht im weiteren Sinne.
Was ist das Beihilferecht?
Das Beihilferecht, also manche der Hörer kennen das vielleicht über den Artikel 108 AEUV, also eine Vorschrift, die vorsieht oder die verbietet, dass die EU-Mitgliedstaaten ihren nationalen Unternehmen oder generell Unternehmen staatliche Mittel zuführen und dadurch den Wettbewerb verzerren. Also es ist verboten grundsätzlich nach EU-Recht und davon gibt es natürlich eine ganze Reihe von Ausnahmen.
Man kann sich das zum Beispiel von der EU-Kommission genehmigen lassen, weil es natürlich auch jede Menge legitime Ziele gibt, sozusagen Unternehmen zu fördern. Und es gibt bestimmte Freistellungstatbestände, wo dann die Mitgliedstaaten unabhängig von der EU-Kommission entscheiden können, wenn sie unter diese Tatbestände fallen, dass sie eine Beihilfe gewähren dürfen.
Das ist sozusagen im Mehrebenensystem geregelt.
Was sind so typische Fälle, wo ein Staat sagt, hier wollen wir Beihilfen gewähren?
Also aktuell beschäftigen wir uns viel mit Klimaförderung oder Förderung von Klimaprojekten, Generalumweltziele. Aber ein klassisches Beispiel wäre zum Beispiel auch die Pandemie. Wirtschaftseinbußen sozusagen aufzufangen, die sich durch Beschränkungen ergeben zum Beispiel.
Und tricky wird es wahrscheinlich immer dann, wenn etwas nicht unbedingt direkt als Beihilfe sozusagen deklariert ist, sondern irgendwie der Staat tätig wird, vielleicht auch was kauft von einem privatwirtschaftlichen Unternehmen und dann kann das eine verdeckte Beihilfe sein. Das hat man schon mal gehört.
Genau, also der Beihilfebegriff ist weiter als der Begriff der Subvention zum Beispiel, den man ja aus dem Verwaltungsrecht kennt und häufig ist es oder ich würde sagen, es nimmt jetzt mittlerweile ab, aber es ist tatsächlich häufig so, dass manchmal gar nicht klar ist, dass da eine Beihilfe gewährt wird, zum Beispiel wenn eine kommunale Gebietskörperschaft ein Grundstück unter
Marktwert vermietet zum Beispiel oder verpachtet.
Wann werdet ihr im Prozess eingeschaltet?
Ganz unterschiedlich. Also wir machen das manchmal so im Vorfeld. Also sagen wir mal, ein Landesministerium möchte eine Förderrichtlinie für die Förderung von einem Klimaprojekt aufsetzen. Und die wissen, das wird eine Beihilfe sein.
Und die fragen sich, wie sie das beihilferechtskonform gestalten können. Und dann haben die vielleicht schon einen Entwurf dieser Förderrichtlinie. Richtlinie und dann treten sie an uns heran und sagen, wir haben uns schon mal Gedanken gemacht.
Das könnte beilferechtlich zum Beispiel unter verschiedene Freistellungstatbestände fallen oder es könnte unter den und den EU-Leitlinien genehmigungsfähig sein von der EU-Kommission. Schaut euch doch das mal an und dann prüfen wir das und dann. Wird sozusagen im Zusammenspiel erarbeitet, wie man da weiter vorgeht, ob die tatsächlich freigestellt ist, diese Förderrichtlinie oder ob man an die Kommission herantritt, sich das genehmigen lässt, das sozusagen im Vorfeld.
Nachgang kann es zum Beispiel sein, dass ein Wettbewerber irgendwie davon Wind bekommt, dass sein Konkurrent eine Beihilfe bekommen hat. Es gibt auch zum Beispiel eine Transparenzdatenbank, in der bestimmte Beihilfen veröffentlicht werden müssen und der Wettbewerber sieht zum Beispiel den Freistellungstatbestand nicht oder hält das jedenfalls für Unrecht und klagt dann gegen die Beihilfegewährung, dann können wir zum Beispiel entweder diesen Wettbewerber vertreten oder die fördernde Institution bei der Verteidigung dieser Beihilfe.
Oder man ist sozusagen vielleicht auch beigeladener für denjenigen, der die Förderung erhalten hat und der natürlich nicht möchte, dass das jetzt aufgehoben wird.
Okay, das heißt man hat ganz verschiedene Anknüpfungspunkte und man kann sozusagen im Vorfeld, aber auch im Nachgang da dann anwaltlich tätig werden.
Genau.
Okay, dann lass uns ein kleines bisschen nochmal ein, zwei andere Beispiele anschauen. Du hast mir im Vorfeld von einem Fall erzählt, was eigentlich dein erster Fall als Anwältin war und da ging es dann gleich auch zum EuGH.
Genau, ja, wir hatten ja schon drüber gesprochen. Ich war auch als Referendarin in unserem Brüsseler Büro und da hatten wir einen Fall, der aus dem Bereich gewerblicher Rechtsschutz eigentlich stammte. Da ging es um den Parallelimport von Arzneimitteln und die Regelung, die sozusagen festlegte, ob man das machen dürfte oder nicht, das war eine sehr spezielle Regelung aus einem Zusatzprotokoll, glaube ich, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, zu den Unionsverträgen.
Also primärrechtliche Ebene, sehr hoch angesiedelt und es ging halt um die Frage der Auslegung dieser Vorschrift und das Nationale Gericht, was mit der Sache befasst war, hat das dann im EuGH vorgelegt. Diese Vorlage haben wir sozusagen angeregt, während ich als Referendaran da in der Station tätig war und da habe ich so ein bisschen unterstützt.
Und als ich dann als Anwältin angefangen hatte bei Redeker, war der Fall eben zum EuGH gelangt durch diese Vorlage und dann habe ich da sozusagen direkt weitergemacht und ja, mit dem spannenden Nebeneffekt, dass mein erster Anwaltstermin, also als fertige Anwältin bei Gericht tatsächlich beim EuGH war.
Okay, dann erzähl mal, wie läuft es da so ab? Also die deutschen nationalen Gerichte kennt man ja vielleicht noch, wobei man da beim Verfassungsgericht und beim BGH wahrscheinlich auch eher selten normal dabei gewesen sein wird, wenn man so eine normale Ausbildung durchlaufen hat. Was läuft da beim EuGH genauso? Was läuft da anders?
Also aus meiner Sicht eher ungewöhnlich war, dass man sich tatsächlich als Anwälte vorher einmal mit der Kammer trifft. Also die bitten einen irgendwie dann einmal rein ins Hinterzimmer, bevor es losgeht. Da werden dann eigentlich nur so die Daten nochmal alle aufgenommen.
Also wer ist jetzt hier, wer vertritt hier wen? Und dann stand eben der Partner, mit dem ich damals den Fall da gebetreut habe und ich da und genau die Anwälte der Gegenseite und die Kammer.
Am selben Tag der Verhandlung.
Unmittelbar vor der Verhandlung, ja.
Okay, gut, das ist so eine Art Protokoll, macht man halt ein bisschen anders. Ja, okay. Und dann geht man rüber in den Sitzungssaal?
Genau.
Wie läuft das dann ab?
Naja, ungewöhnlich ist natürlich auch die Übersetzung. Also je nachdem, was die Verfahrenssprache ist, wird halt auf Deutsch, auf Englisch, auf Französisch verhandelt und das aber eben parallel auch übersetzt.
Wie war das bei euch?
Ich meine, das war auf Deutsch, das muss auf Deutsch gewesen sein, weil es von einem deutschen Gericht vorgelegt worden ist. Das heißt, wobei da bin ich mir gar nicht mehr sicher, es kann auch sein, dass wir auf Französisch verhandelt haben.
Also man sieht schon.
Wir haben auf jeden Fall, glaube ich, auf Deutsch plädiert und es ist dann übersetzt worden.
Ah ja, okay, interessant. Aber das heißt, das funktioniert auch so gut, dass es daran nicht scheitert am Ende des Tages, wenn du dich schon gar nicht mehr so hundertprozentig erinnern kannst.
Ja, man muss halt auch die Plädoyers, die man hält, vorher übermitteln. Das heißt, damit sich die Übersetzer schon so ein bisschen drauf einstellen können. Also man kann natürlich, es geht immer das gesprochene Wort und man kann auch dann davon abweichen, wenn man in der Nacht vor der Verhandlung noch daran gefaltet hat und so.
Aber dass sozusagen zumindest mal so die Grobstruktur und vielleicht irgendwelche ganz unbekannten Vokabeln und so bekannt sind. Ja.
Okay, interessant. Und dann, wie geht es dann da so weiter? Also zähl doch mal so ein bisschen, dann sitzt man da, man plädiert, das wird übersetzt und dann?
Dann werden Fragen gestellt, also ganz klassisch. Mitunter, also in dem Fall jetzt war es tatsächlich so, dass der anderen Partei, das war in dem Fall die Europäische Kommission, Dass die Brust der Fragen gestellt bekommen haben und dann haben wir Fragen gestellt bekommen, dann beantwortet man diese Fragen und dann ist die Verhandlung irgendwann zu Ende.
Dann gibt es mitunter oder viele Wochen später die Schlussanträge des Generalanwalts. Das ist ja auch sozusagen wahrscheinlich eher bekannte Besonderheit der EuGH-Verfahren. Da kann man dann schon so ein bisschen erahnen, wo die Reise in dem Fall wahrscheinlich hingeht.
Für diejenigen, denen das vielleicht nicht bekannt ist, können Sie das nochmal ganz kurz ausführen?
Es gibt beim EuGH einen oder viele sogenannte Generalanwälte, die bereiten das Verfahren letztlich ebenfalls vor. Es gibt natürlich auch beim EuGH einen Berichterstatter auf der Richterbank, aber es gibt eben auch den Generalanwalt, der Schlussanträge heißt das, hält und in denen er sozusagen darlegt, wie aus seiner Sicht der Fall gelöst werden sollte.
Also der Generalanwalt ist Teil des Gerichtshofs, aber er bereitet die, ja, er macht sozusagen Vorschlag für die Entscheidung. Und es ist tatsächlich so, dass in der Regel der Großteil der Fälle so entschieden wird, wie die Schlussanträge des Generalanwaltes empfehlen.
Der aber dann sozusagen natürlich auch beeinflussbar ist durch das eigene Plädoyer, weil das kriegt er ja mit.
Ja, der ist auch, ja genau, der ist auch in der Verhandlung dabei.
Das ist wirklich eine interessante Besonderheit, die man, glaube ich, einfach kennen muss. Wie hast du dich auf diesen Termin vorbereitet? Das fliegt einem ja jetzt auch nicht von heute auf morgen alles zu, gerade so dieser Ablauf, aber auch das materielle Recht. Wurdest du da in der Kanzlei rangeführt? Warst du schon vorher ein paar Mal am EuGH, dass du wusstest, wie das alles so läuft? Wie muss man sich das vorstellen?
Ich war auch in meiner Referendarstation nach meines Erachtens einmal mit. Da hatten wir auch einen EuGH-Termin oder einen EuG-Termin. Und ja, natürlich macht man das in Zusammenarbeit mit den erfahreneren Anwälten, die sozusagen auch in diesem Fall involviert sind.
Und dann haben wir ein Plädoyer entworfen und uns Gedanken darüber gemacht, welche Fragen gestellt werden könnten, was man dazu dann sagen muss. Man guckt sich, man sozusagen erarbeitet sich aus den Schriftsätzen nochmal, was so die Kernstreitpunkte und Themen waren.
Ja.
Ja, ich glaube, das muss man nochmal herausarbeiten, weil man da ja auch einen Großteil eurer Arbeitszeit nicht unbedingt sieht. Es gibt ja Fälle, da gibt es sogar Terminsvertreter jetzt bei ganz kleinen Verfahren irgendwo am Amtsgericht und dann kriegt jemand die Akte, dann guckt er da rein und fragt sich, worum geht es hier eigentlich und dann geht man da rein und plädiert und dann stellt man irgendeinen Antrag und dann ist es vorbei.
Aber ihr bereitet euch natürlich substanziell und auch vom Zeitinvest her schon auf sowas vor.
Ja, natürlich.
Ja, wie lange dauert das ungefähr? Also ist das ein Nachmittag? Ist das eine ganze Woche? Wie muss man sich das vorstellen?
Und das kommt auch auf das Verfahren an. Also wenn es jetzt, wie in diesem Fall sozusagen eine abgrenzbare Vorlagefrage betrifft, das sind auch schon mehrere Tage, würde ich sagen. Wenn es jetzt irgendwelche Großverfahren sind, dann kann das auch mitunter so sein.
Also eine Kollegin von mir hat sich jetzt glaube ich auf einen Termin beim EUG neulich mehr als zwei Wochen vorbereitet. Also das hängt halt auch von dem Verfahrensumfang ab, aber es ist in der Regel würde ich schon sagen auf jeden Fall mehrere Tage.
Cool, ich glaube, damit hat man einen ganz guten Einblick und sieht auch nochmal, was sozusagen nicht unbedingt öffentlich in Erscheinung tritt und woran ihr so arbeitet. Lass uns noch ein Wort verlieren zum Thema Kartellschadensersatzrecht und Kartellschadensersatzklagen, Verfahren, alles, was damit zusammenhängt. Kartellrecht ist allen irgendwie klar. Was ist Kartellschadensersatzrecht?
Das Kartellschadensersatzrecht ist sozusagen das, was zum Zuge kommt, wenn die Geschädigten von einem Kartell sich ihren finanziellen Schaden ersetzen lassen möchten. Und das ist ein Rechtsgebiet, was dadurch an Fahrt gewonnen hat, dass mittlerweile eben auch unionsrechtlich vorgegeben geregelt ist, dass man das können muss und dass es unter Umständen oder dass die Entscheidungen der Kartellbehörden, also des Bundeskartellamts oder der EU-Kommission, da auch eine gewisse Bindungswirkung haben.
Das heißt, man muss, wenn es ein Kartellbußgeld zum Beispiel gibt gegen einen Kartellanten, dann muss man vor den Zivilgerechten diesen ganzen Tatbestand, da gab es ein Kartell, die haben das und das abgesprochen und so, das muss man nicht mehr beweisen, sondern das geht dann halt als feststehen. Das heißt, man muss dann im Wesentlichen noch seinen Schaden darlegen.
Was aber wahrscheinlich auch nicht ganz so leicht ist.
In der Tat, ja.
Also wir machen es mal konkret. Ich denke mir mal einen Fall aus, ich glaube der war auch mal so ähnlich in der Presse und das hat nichts damit zu tun, was du tatsächlich berätst, aber wir machen es mal ein bisschen visibler. Aber wir nehmen mal an, Schuhhersteller für Spezialbekleidung für Postboten bilden ein Kartell.
Wie gesagt, ich denke mir was aus. Mit so einer Stahlkappe vorne in den Schuhen. Da gibt es drei mittelständische Unternehmen in Deutschland, die verabreden sich jetzt. Wir können uns jetzt entweder hier im Preis die ganze Zeit unterbieten und verkaufen so ein paar Schuhe dann irgendwie für Dumpingpreise oder wir sagen jetzt, ich mache es mal ganz einfach so plump, findet es natürlich selten statt.
Mindestpreis sind irgendwie 55 Euro pro Paar Schuhe und ansonsten hätte sich der Preis wahrscheinlich irgendwo eingependelt zwischen, ja das ist eben schon die Frage, aber sagen wir mal zwischen 30 und 40 Euro. Und jetzt kaufen ganz viele Unternehmen, FedEx, Deutsche Post, UPS und so weiter bei diesen Unternehmen ein für sagen wir 55 Euro.
Aber jetzt ist ja eben genau die Frage, wo hätte sich der Preis denn dann eingependelt, weil das ist eine alternative Realität, die wir so nicht kennen können. Wie geht man dann vor?
Also man kann den Schaden natürlich schätzen lassen zum Beispiel. Es gibt ökonomische Gutachter, die sich auf dieses Feld auch spezialisiert haben und die erstellen dann ein ökonomisches Gutachten. Die schauen sich zum Beispiel an, wie war der Markt, bevor es dieses Kartell gab, wenn man sozusagen Anfangszeitpunkt definieren kann.
Wie war der Preis da oder wie hat sich der Preis, sagen wir mal zwei, drei Jahre, nachdem das Kartell beendet wurde durch eine Abstellungsverfügung zum Beispiel, wie hat er sich entwickelt? Und aus diesen Daten errechnen die dann einem einen vielleicht prozentualen Aufschlag, den das Kartell vermutlich verursacht hat.
Das klingt nach einem Rechtsgebiet, wo relativ viel außergerichtlich sich geeinigt wird, oder?
Ja, es gibt auch große Vergleiche, aber es gibt zurzeit auch große Streite darüber, wie man diesen Kartellschadensersatz tatsächlich oder den Schaden beziffern kann, wie die Gerichte mit diesen Gutachten den ökonomischen umzugehen haben, was sie vielleicht auch selber schätzen oder vermuten dürfen. Also es ist sehr spannend.
Das heißt, als Anwältin übersetzt du da sozusagen die ökonomische Einschätzung in das, was dann da rechtlich mitgemacht werden darf. Ist wahrscheinlich auch ein relativ technisches Rechtsgebiet, oder? Also im Sinne von juristisch-technisch, wenn du sagst, naja, manche Sachen dürfen dann von den Gerichten nur so bewertet werden, andere anders.
Was sind da so die Stellschrauben, anders gefragt, an denen du da als Anwältin drehst?
Schwierig zu sagen.
Also verstehst du, wo ich herkomme? Man könnte ja sagen, naja gut, ist es jetzt aufgrund der entsprechenden Kartellverfahren festgestellt, da gab es ein Kartell, das ist unstrittig für den Zivilprozess. Dann gibt es ein Gutachten der Ökonomen, die sich wahrscheinlich streiten werden, weil die andere Seite wird ein anderes Gutachten vorlegen und dann gibt es ein gewisses Delta.
Und sozusagen, was ist dann die anwaltliche Hauptaufgabe in diesem Verfahren? Was macht man dort? Geht es darum, dass es dann in der Einkleidung ist bei Gericht? Und deswegen hatte ich eben Richtung Verhandlungsmanagement gefragt, dass man da dann entsprechend auch seine Interessen wieder durchsetzt, weil es natürlich auch eine Gegenposition gibt. Was sind so die typischen Fragestellungen?
Man muss sich natürlich schon auch mit diesen Gutachten inhaltlich auseinandersetzen. Man hat natürlich auch einen gewissen Einfluss, also nicht auf den gerichtlichen Gutachter, aber man kann natürlich auch private Schadensgutachten sozusagen schon im Vorfeld erstellen lassen oder eben erstellen lassen, um die privaten Schadensgutachten der Gegenseite widerlegen zu lassen. Man arbeitet eben sehr eng auch mit diesen Gutachtern zusammen.
Also auch ein strategisches Element.
Genau, ja. Oder die Frage, wie man die Daten überhaupt erhebt und aufbereitet, die in diese Gutachten einfließen. Da muss man dann sozusagen mit den Gutachtern, mit den Mandanten und den Anwälten sehr eng zusammenarbeiten. Da fließt auch sehr, sehr viel Zeit rein in diese Fragen, in diese Punkte.
Dann gibt es natürlich auch noch so eher klassisch-rechtliche Fragen, die sich anschließen, die auch so klassisch-wettbewerbsrechtlich sind. Zum Beispiel, wenn es jetzt nicht der Schuhhersteller ist, sondern Produkt betrifft, das zum Beispiel im Einzelhandel verkauft wird, dann kann man natürlich sagen, die große Supermarktkette, die jetzt den Schadensersatz einklagt.
Also da wird die Gegenseite sehr schnell argumentieren, ihr habt das doch sozusagen in den Preis kalkuliert, einkalkuliert, was ihr bezahlt habt und habt den Schaden sozusagen an den Verbraucher weitergereicht. Dementsprechend ist der bei euch gar nicht vorhanden.
Das wäre so ein klassischer Move an der Stelle, das hört man öfter. Okay, cool. Also wer sozusagen auch wirtschaftlich großes Interesse hat, der schaut sich vielleicht mal das Kartell-Schadensersatzrecht ein bisschen näher an. Abschließende Frage noch, das haben wir jetzt sozusagen einfach unterstellt. Warum ist das in Brüssel aufgehangen?
Weil die EU-Kommission eben eine der Wettbewerbsbehörden ist sozusagen.
Ja, okay, das macht Sinn. Und im Übrigen dann mit Redeker in Bonn und Kartellamt fast nebenan ist dann ja auch da der Weg nicht ganz so weit.
Genau.
Okay, dann lass uns ein bisschen über die Kanzlei nochmal sprechen. Wir hatten hier schon mal Kolleginnen und Kollegen von dir im Interview, aber natürlich ist jeder Blick nochmal ein anderer und erst recht der aus dem Brüsseler Büro und aus deinem Team. Was würdest du sagen, fangen wir mal dort an, ist so der Hauptunterschied zwischen der Arbeit in Brüssel und der Arbeit in einer deutschen Kanzlei oder auch in einem eurer deutschen Büros vielleicht, je nachdem wie du es auffassen möchtest?
Das ist schwierig zu sagen, also wir beraten tatsächlich zum ganz großen Teil deutsche Mandanten. Das heißt, wir arbeiten auch überwiegend auf Deutsch. Aber ich würde sagen, die internationalen Bezüge sind schon deutlich stärker als in unseren deutschen Büros vielleicht.
Und wir arbeiten, weil wir eben in Brüssel mit einem, sag ich mal, vergleichsweise für eine deutsche Kanzlei in Brüssel sozusagen schon recht großen Team vor Ort sind, aber damit natürlich trotzdem deutlich kleiner sind als unsere Borner und Berliner Standorte. Wir arbeiten sehr, sehr viel standortübergreifend zusammen mit den Kollegen, also das, ich sag mal, wettbewerbsrechtliche Team, also Kartell und Beihilfenrecht, in dem ich sozusagen, in dem ich arbeite, wir sind eigentlich auf drei Standorte verteilt, also auf Brüssel, Bonn und Berlin.
Mit wie vielen Menschen sitzt ihr in Brüssel?
Wir sitzen permanent mit sechs Anwälten dort.
Okay, also tatsächlich, da kennt man noch alle.
Genau, ja, das ist, ja, in der Tat.
Habt ihr regelmäßig Referendarien und Referendare?
Ja, also wir bilden in der Regel gleichzeitig zwei Referendare aus, was eben im Schnitt zu den Anwälten glaube ich ein ganz gutes, ja eine recht hohe Quote ist. Eben auch, weil wir sehr interessante Bewerber meistens haben, denn sozusagen so eine Station überlegen sich ja auch eher diejenigen, die Interesse zum Beispiel an den Rechtsgebieten haben, die wir machen oder eben an der EU, die nochmal ins Ausland möchten.
Insofern ist das immer sehr spannend, diese Referendare auch kennenzulernen und in der Regel versuchen wir das, es hängt natürlich so ein bisschen von der Bewerberlage ab, aber dann so zu strukturieren, dass ein Referendar sich mit zweien überschneidet. Also einer ist schon da, der nächste kommt zwei Monate nachdem die Station des anderen begonnen hat und wenn der dann sozusagen der erste geht, kommt sozusagen der nächste.
Das heißt, man überschneidet sich immer so ein bisschen auch die Referendare und kann sich so ein bisschen austauschen.
Das ist ein ganz gutes System. Die Überlegung habe ich so auch noch nirgendwo gehört, dass man sagt, wir wollen auch ganz bewusst, dass die Referendare untereinander ein bisschen sich austauschen können. Was ist dir wichtig, wenn du jemanden einstellst oder wenn du ein Vorstellungsgespräch führst? Worauf achtest du?
Wir schauen uns die Bewerbung erstmal sozusagen ganz unvoreingenommen an und schauen natürlich, das ist nun mal sozusagen das Leid des deutschen Juristen, alle auch immer so ein bisschen auf die Noten. Aber da sind wir tatsächlich nicht so ganz festgefahren, weil wir immer wieder festgestellt haben, dass Bewerber, die zum Beispiel ein Vorkenntnis oder ein großes Interesse an den Rechtsgebieten mitbringen, in denen wir arbeiten, dass wir mit denen immer sehr gut zusammenarbeiten können.
Dann abschließende Frage. Du hast mir im Vorgespräch erzählt, dass du auch mehrere Kinder hast. Stichwort so Vereinbarkeit, Arbeitszeiten. Offensichtlich klappt das ja irgendwie. Was gibt es dazu zu sagen? Wie nimmst du das wahr?
Also für mich klappt das sehr gut. Ich arbeite mittlerweile oder seit ich Kinder habe in Teilzeit, erst 80 Prozent, aktuell mit 70 Prozent. Habe aber natürlich, als ich bei Redeka eingestiegen bin, auch mal in Vorzeit gearbeitet und habe so den Eindruck, dass dieser Übergang auch einfach sehr reibungslos und gut geklappt hat, weil mir da von den Kollegen, von dem Team ein großes Vertrauen auch entgegengebracht worden ist.
Ich meine, man muss sich natürlich organisieren, aber das gehört sozusagen natürlich dazu. Ja, aber wir machen ja nun einen freien Beruf, auch wenn man in einer großen Kanzlei in viele Strukturen eingebunden ist und jetzt nicht so wie der Einzelkämpferanwalt völlig frei in seiner Zeitgestaltung ist. Aber mir wurde da einfach immer das Vertrauen entgegengebracht, dass ich die Aufgaben, die ich übernehme, in dem Zeitrahmen mit den Absprachen, die man im Team hat, die man auch den Mandanten gegenüber oder mit den Fristen einhalten muss, dass ich das hinbekomme.
Und ja, für mich war immer klar, ich will diesen Job weitermachen. Ich will mich da auch mit meiner vollen Gestaltungskraft für jedes Mandat weiter so einbringen, wie ich das früher auch getan habe. Und ich mache dann jetzt halt einfach einige Mandate weniger.
Aber die, die ich sozusagen mache, die mache ich mit vollem Einsatz und dann eben mit einer gewissen Flexibilität, wenn es nicht freitags, nachmittags um 17 Uhr ist, sondern dafür irgendwie man sich am Sonntag nochmal hinsetzt oder Montagabend spät oder das ist ja letztlich fast jedem irgendwie egal. Hauptsache man kriegt das halt organisiert und getan.
Und das finde ich, also mir macht das große Freude, dass man diese Freiheit hat und dass man das so machen kann und damit vieles unter einen Hut bekommt. Klingt vielleicht so ein bisschen abgedroschen, weil ich kann mich durchaus aus dem LLM noch an so Kanzleibesuche erinnern, wo dann die Anwälte auch irgendwie so Fragen bekommen haben zu Vereinbarkeit und Familie.
Und dann haben die gesagt, naja, wenn ich halt nicht bis 21 Uhr im Büro sitze, weil ich meine Kinder noch zum Abendessen sehen will, dann setze ich mich halt später nochmal ran. Und ich habe gedacht, also was ist das denn jetzt für eine Freiheit oder so.
Aber ja.
Geht schon.
Ja.
Ja, man hört irgendwie einfach raus, finde ich, geht schon.
Und ja, also klar, es muss aber halt für alle im Team natürlich auch passen. Weil da hatte ich auch das Glück, dass eigentlich alle, mit denen ich zusammenarbeite, auch Familie haben und ja, wissen, wie das ist.
Ich finde, dass es immer wissen, wie es ist, genau. Und das ist am Ende des Tages, glaube ich, auch das, wo wir eigentlich in diesem Thema hinmüssten, wenn du mir zum Abschluss diese private Bemerkung erlaubst. Viele haben lange von New Normal geredet und ich finde, an deiner Antwort gerade sieht man, dass das vielleicht auch einfach New Normal ist.
Das ist doch ganz schön.
Ja, also ich spreche da natürlich dann vielleicht auch so ein bisschen aus der Blickwinkel von jemandem, der jetzt in Brüssel lebt, wo so einfach die Selbstverständlichkeit von sowas auch viel größer ist. Also dass auch beide Elternteile, ich sag mal, vollwertig arbeiten und ja, da ist das einfach gar keine Frage.
Gar keine Frage, das wird halt auch nicht hinterfragt oder man bekommt auch, sage ich mal, in so Kinderbetreuungseinrichtungen wird man nicht blöd angeguckt, wenn man sein Kind erst abends abholt oder so. Das ist viel wert.
Es muss einfach selbstverständlicher sein oder selbstverständlich sein oder wieder werden.
Vielen herzlichen Dank, Lassi. Das waren ganz schöne Einblicke und ich finde, wir haben wunderbar hier ganz viele verschiedene Perspektiven verwoben. Danke, tschüss.
Vielen Dank.