IMR15221. Feb 23
IMR152: Anwaltsnotariat, Drittes Staatsexamen, Auswärtiges Amt in Beirut

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IMR152: Anwaltsnotariat, Drittes Staatsexamen, Auswärtiges Amt in Beirut

Azamat Karimov, Associate | Alter & Knoch

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Über diese Episode

Folge 152 Deines Jurapodcasts zu allen Karriere- und Examensthemen

Anwaltsnotariat - Nur-Notariat - Notarielle Fachprüfung - Drittes Examen - Grundlagenfächer - Rechtstheorie - Auswärtiger Dienst - Botschaft Beirut - Aufenthaltsrecht - § 36a Aufenthaltsgesetz - Notarielle Tätigkeit - Mandantenkontakt - Umgang mit Menschen - Konfliktlösung - Examsvorbereitung ohne Repetitor

IMR152 widmet sich dem Anwaltsnotariat: Azamat Karimov ist als Rechtsanwalt in einem solchen in Frankfurt tätig. Hört, was es damit genau auf sich hat und erfahrt u.a. wie sich das Anwaltsnotariat von dem sogenannte Nur-Notariat unterscheidet. Warum hat sich Azamat für den Anwaltsberuf entschieden? Was hat seinen Schwerpunktbereich - Grundlagenfächer so spannend gemacht? Wie absolviert man das 1. Staatsexamen ohne Repetitor? Was hat ihn in den auswärtigen Dienst an die Botschaft in Beirut geführt und wie sah seine Tätigkeit dort aus? Auf diese und viele weitere interessante Fragen gibt euch Azamat anhand seines spannenden Lebenslaufs Antworten. Jetzt reinhören und inspirieren lassen!

Kapitel:

  • 00:00 - Intro
  • 00:00:09 - Einleitung
  • 00:01:38 - Grundlagenfächer
  • 00:08:09 - Vorbereitung ohne Repetitor
  • 00:12:57 - Auswärtiges Amt und Botschaft Beirut
  • 00:18:49 - Weg zum Anwaltsberuf
  • 00:27:20 - 3. Examen

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Azamat Karimov

Azamat Karimov

Kapitel

  • 00:00:00.000Intro
  • 00:00:09.892Einleitung
  • 00:01:38.252Grundlagenfächer
  • 00:08:09.806Vorbereitung ohne Repetitor
  • 00:12:57.464Auswärtiges Amt und Botschaft Beirut
  • 00:18:49.821Weg zum Anwaltsberuf
  • 00:27:20.2223. Examen

Über Alter & Knoch

Alter & Knoch ist eine kleinere, partnerschaftlich geführte Kanzlei mit Wurzeln in Frankfurt am Main, die sich ganz dem unternehmerischen Beratungsbedarf ihrer meist mittelständischen Mandanten verschrieben hat. Gut 15 Anwältinnen und Anwälte arbeiten hier interdisziplinär zusammen und decken neben klassischem Gesellschafts-, Handels- und Immobilienrecht vor allem die notariellen Dienstleistungen eines Anwaltsnotariats ab, wodurch Mandate aus einer Hand begleitet werden. Besonders kennzeichnet Alter & Knoch der persönliche, partnernahe Beratungsstil und die Möglichkeit, komplexe Transaktionen in deutscher und englischer Sprache unmittelbar im eigenen Notariat zu beurkunden. Neugierig geworden? Dann klick gleich auf Play und lausche der IMR-Folge, um tiefer einzutauchen!

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Im Berufsalltag sind Kommunikation, Verhandlungsgeschick und Psychologie oft wichtiger als juristisches Wissen. Recht ist der letzte Schritt, Konflikte sollten zuvor auf emotionaler Ebene gelöst werden – das spart Zeit, Kosten und Nerven.

Sneak Peak – Q&A mit Azamat Karimov

Transkript

KI-basiert und kann Fehler enthalten.

0:10 Min
Marc Ohrendorf:

Herzlich willkommen zu einer neuen Episode irgendwas mit Recht. Heute aus dem schönen Frankfurt für euch und ich spreche mit Azamat Karimov. Hallo Azamat.

0:21 Min
Azamat Karimov:

Hallo Marc.

0:23 Min
Marc Ohrendorf:

Du hast mich angeschrieben und hast gesagt, hör mal Marc, komm doch gerne mal vorbei. Ich bin Rechtsanwalt in einem Notariat, aber noch, in Anführungs- in Klammern, kein Notar. Was hat es denn damit genau auf sich?

0:37 Min
Azamat Karimov:

Genau. Es gab ja bereits eine EMR-Folge mit einem Notarskollegen aus Hamburg, soweit ich mich richtig erinnere. Ich dachte, dass es interessant wäre, vielleicht für die Zuhörerinnen und Zuhörer, auch das Anwaltsnotariat kennenzulernen. In Deutschland gibt es ja zwei Modelle im Wesentlichen.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Das Nurnotariat, was unter anderem in Hamburg oder in Bayern präsent ist. Ist und das sogenannte Anwaltsnotariat, das eben auch in Hessen beispielsweise vorherrschend ist, bei dem man Anwalt und Notar gleichzeitig ist.

1:11 Min
Marc Ohrendorf:

Kann man das auch in derselben Sache sein?

1:13 Min
Azamat Karimov:

Wahrscheinlich nicht. Nee, das ist auch einer der ersten Formulierungen, die man in unseren Urkunden und auch in allen anderen Urkunden hessischer Notare oder aller anderen Notare und Notarinnen aus Bundesländern, in denen es das Anwaltsnotariat gibt, liest. Eine Vorbefassung außerhalb des Notar-Amtes als Anwalt beispielsweise muss von den Urkundspeteiligten verneint werden.

1:37 Min
Marc Ohrendorf:

A. Gut, wir gehen dann gleich noch mal ein bisschen genauer darauf ein, wie der Werdegang vom Anwalt zum Anwalt und Notar aussieht. Aber zunächst wüsste ich gerne, wo dein Werdegang begonnen hat. Wo hast du studiert?

1:51 Min
Azamat Karimov:

B. Genau. Also ich bin gebürtiger Frankfurter und bin zum Studium nach Freiburg gegangen. Und genau, habe dann dort im Wesentlichen das gesamte Studium absolviert. Ich war ein Jahr im Ausland in Napoli, Italien. Und genau.

2:09 Min
Marc Ohrendorf:

Und dann hast du einen, wie du mir im Vorgespräch gesagt hast, spannenden Schwerpunktbereich gemacht, nämlich Grundlagenfächer im Schwerpunkt.

2:18 Min
Azamat Karimov:

Genau, also mein Schwerpunkt hieß philosophische und theoretische Grundlagen des Rechts.

2:23 Min
Marc Ohrendorf:

Was macht man da?

2:25 Min
Azamat Karimov:

Was macht man da? Vielleicht fangen wir anders an. Ich hatte direkt zu Beginn meines Studiums das Glück, einen Lehrstuhljob zu bekommen bei einem Staatsrechtsprofessor, der sich sehr mit Rechtstheorie befasst hat und immer noch befasst. Und in diesem Zusammenhang bin ich eben mit, das erste Mal mit Fragen konfrontiert worden wie beispielsweise, was ist eigentlich der Staat oder was ist eine Verfassung? Und ich fand diese Fragen interessant und sie stellten für mich auch eine erfrischende Abwechslung vom dogmatischen Alltag da.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Und so habe ich eben beschlossen, diesen Schwerpunkt zu wählen. Und da geht es im Wesentlichen um Fragen wie beispielsweise, warum sollte man strafen? Was sind mit anderen Worten legitime Strafzwecke oder wie ich eingangs gesagt habe, Verfassung und Staat. Was hat es mit diesen Begriffen auf sich? Recht und Gerechtigkeit.

1:10 Min
Azamat Karimov:

In welchem Verhältnis stehen diese Begriffe zueinander? Was kann man darunter verstehen? Genau das waren die Erwägungen, die mich eben zu diesem Schwerpunkt gebracht haben.

3:36 Min
Marc Ohrendorf:

Gibt es was, was du vielleicht vor deinem Jurastudium oder in den ersten Semestern anders gesehen hast als nach diesem Schwerpunkt, wo du gesagt hast, ach ja, da habe ich jetzt mal vertieft drüber nachgedacht, da habe ich mich vertieft mit beschäftigt, das ist in Ordnung oder eigentlich machen wir das hier komplett falsch. Was ist so dein Takeaway aus diesem Schwerpunkt?

3:57 Min
Azamat Karimov:

Also mein Takeaway war tatsächlich, dass ich das erste Mal im Jurastudium den Eindruck hatte Bildung zu bekommen und nicht nur wissen. Das ist sozusagen vielleicht prägnant ausgedrückt und ich würde sagen, dass das ein sehr anspruchsvoller Schwerpunkt war auf einer ganz anderen Art und Weise.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Jeder Schwerpunkt ist anspruchsvoll, aber dort hat man eben mit ganz vielen klassischen Texten zu tun. Man liest Kant oder Hegel und ich war jetzt nicht geschult unbedingt, damit mit mit diesen Texten zu arbeiten. Und wenn man sich diese Welt erschließt, dann würde ich sagen, dass sie schon das Denken nachhaltig prägt.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Ein Beispiel, um es auch für die Zuhörerinnen und Zuhörer plastischer zu machen. Jeder kennt den Streit aus der Vorlesung Grundrechte, in dem es um den Begriff der Versammlung geht etwa. Und gibt den weiten Versammlungsbegriff, bei dem jeder Zweck sozusagen für eine Zusammenkunft mehrerer Menschen ausreicht, um von einer Versammlung zu sprechen.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Und es gibt den engen Versammlungsbegriff, in dem eben der Zweck einen Bezug zur öffentlichen Meinungsbildung haben muss. Man kann jetzt diesen Meinungsstreit auswendig lernen für die Klausur und mussten wir alle machen auch. Aber was interessant war, um sozusagen das einzuordnen, die Frage, die dahinter steckt, ist im Wesentlichen, mit was für einer Grundrechtstheorie sympathisiert man.

1:10 Min
Azamat Karimov:

und die Frage der Grundrechtstheorie, mit der man sympathisiert. Hängt eben auch mit dem jeweiligen Staatsverständnis des Interpretes der Interpretin zusammen. Wenn man eher mit einem liberalen Grundrechtsverständnis sympathisiert, dann wird man eher dazu neigend zu sagen, jeder Zweck reicht aus, um von einer Versammlung sprechen zu können.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Wenn man Grundrechte aber eher in ihrer demokratischen Dimension begreift, dann wird man eher sagen, es muss einen Bezug zur öffentlichen Meinungsbildung vorhanden sein. Und das ist eben ein Take-Away, beispielsweise jetzt nicht der konkrete Meinungsstreit, aber diese Art und Weise zu denken, einfach die Einordnung.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Auch man kann diese Fragen in alle der drei Säulen übertragen, ins öffentliche Recht, im Strafrecht, auch im zivilrechtlichen öffentliche, im Strafrecht etwa. Die Frage, warum gibt es überhaupt einen Unterschied zwischen Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründen? Und ich musste damals meine Seminararbeit unter anderem zu diesem Thema schreiben und keiner wird glauben, dass das sozusagen auf einen Meinungsstreit der zwischen Hegel und Kantbestand so zurückzuführen ist.

6:35 Min
Marc Ohrendorf:

Das heißt, du erreichst auf diese Art, weil wir hören das ja viel. Wir hören viel im Moment in der Diskussion um die Reformierung der juristischen Ausbildung. Wir müssen uns mehr auf Grundlagenfächer besinnen.

1:10 Min
Marc Ohrendorf:

Wir müssen mehr in Richtung Methodenlehre Lehre investieren und weniger in Richtung auswendig lernen. Das klang ja gerade bei dir mit Wissen versus Bildung auch schon so ein bisschen durch. Könnte man deine Worte so zusammenfassen, dass man sagt, man erreicht nochmal so einen ganz anderen Eben, so einen ganz anderen Layer, der da drunter liegt?

7:02 Min
Azamat Karimov:

Würde ich sagen. Also wenn man es bildlich ausdrücken wollte, könnte man sagen, unsere Ausbildung oder die Juristerei ist ein mehrstöckiges Gebäude und die Ausbildung setzt eigentlich erst im zweiten Stockwerk an. Und das Fundament, was eigentlich die Statik in jedem Stockwerk und in jedem Raum eben sozusagen beeinflusst, damit setzt man sich eigentlich kaum auseinander.

7:26 Min
Marc Ohrendorf:

Ist aber natürlich auch schwierig, wenn du so enge Taktung in deinem Studium hast, wie die nun mal überall vorherrscht.

7:33 Min
Azamat Karimov:

Absolut. Also definitiv. Das sage ich ja. Ist auch, finde ich, wenn man dann eben sich für so einen Schwerpunkt entscheidet, ist man ja auch für eine... Fast ein Jahr, zwei Semester oder drei Semester, ich weiß gar nicht mehr, wie lange es dauert, man ist ja mehr oder weniger komplett aus diesen dogmatischen Fächern raus.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Das ist einfach eine ganz andere Art und Weise zu denken, muss man sich, muss man sich davor überlegen. Aber ich würde sagen, dass die Halbwertzeit von diesem Wissen deutlich länger ist als die von irgendwelchen Theorien, die man für eine Klausur auswendig lernen muss.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Macht auch mehr Spaß, muss ich echt sagen.

8:10 Min
Marc Ohrendorf:

Interessant, jetzt haben wir so ein kleines bisschen die Lanze gebrochen für die Beschäftigung mit Grundlagenfächern. Das finde ich ganz gut, war auch mal ein spannender Aspekt. Wie ging es dann bei dir weiter? Du hast dann wahrscheinlich Staatsexamen gemacht.

8:22 Min
Azamat Karimov:

Genau, also ich bin aus dem Ausland zurückgekehrt, habe den Schwerpunkt beendet und habe dann mit der Examsvorbereitung begonnen. In Freiburg ist es sehr verbreitet, würde ich sagen. Mittlerweile kann man durchaus sagen, das Examen ohne Repetitor zu absolvieren bzw. sich darauf vorzubereiten und diesen Weg habe ich auch gewählt.

8:44 Min
Marc Ohrendorf:

Wie kommt das? Wir haben ja in vielen anderen Städten dann doch eine Repetitorenquote von über 50 Prozent. Ich glaube, das kann man ziemlich sicher sagen.

8:51 Min
Azamat Karimov:

Also da wird diese Quote wahrscheinlich auch so hoch sein, aber ich kannte eben sehr viele, die das auch ohne Repetitor machen wollten. Wir haben sehr gute Examsveranstaltungen gehabt für Kandidatinnen und Kandidaten. Es gab auch zahlreiche Angebote seitens der Fakultät, um eben Hilfestellungen zu leisten.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Und genau, fand ich war auf jeden Fall ein gutes Angebot, was ich gerne wahrgenommen habe. Psychisch würde ich sagen, war es nicht unbedingt leichter, weil auch da bediene mich gerne bildhafter Sprache. Wenn man sich sozusagen die Examsvorbereitung wie so ein Dschungel vorstellt, dann ist der Weg beim Repetitor bereits asfaltiert und man muss diesen anstrengenden Weg gehen.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Und bei der Examsvorbereitung ohne Repetitor hat man halt die Machete in der Hand und muss sich den Weg erst mal und ihn auch noch gehen.

9:47 Min
Marc Ohrendorf:

Ja, verstehe. Was war denn dann für dich der entscheidende Punkt, dass du gesagt hast, ich mach das ohne Repetitor?

9:51 Min
Azamat Karimov:

Es war auf jeden Fall finanzielle Gründe und auch der Anspruch einfach an mich selbst. Wie gesagt, jetzt im Nachhinein weiß ich gar nicht, was mich dazu geritten hat, aber es haben einfach einige gemacht, die ich kannte und dann dachte ich so, will ich auch machen und ich traue mir das zu.

10:11 Min
Marc Ohrendorf:

Hattest du dann eine Lerngruppe oder wie habt ihr euch organisiert?

10:14 Min
Azamat Karimov:

Wir waren zu viert, wir haben auch sehr engmaschig uns getroffen, dreimal die Woche mindestens hatten auch einen Lernplan und haben den mehr oder weniger streng befolgt. Und genau so gingen dann die anderthalb Jahre vorüber. Also ein Jahr waren wir dann eben in der Lerngruppe und das letzte halbe Jahr hat jeder für sich lernen können.

10:38 Min
Marc Ohrendorf:

Okay. Wir haben ja hier auch schon mal ein relativ langes Examsspezial gemacht mit Professorin Dauna Lieb, was sehr, sehr gut angekommen ist. Und da sagte sie, naja, passt in der Gruppe auf, dass ihr nicht nur Kaffeegrenzchen macht.

1:10 Min
Marc Ohrendorf:

Das ist offensichtlich bei dir nicht passiert, sonst würdest du wahrscheinlich hier auch heute nicht sitzen. Aber mich würde interessieren, wie genau habt ihr das gemacht? Wenn du sagst, ihr habt euch dreimal die Woche ungefähr Pi mal Daumen getroffen, habt ihr euch dann getroffen, um sozusagen das Leid des in der Bibliothek Lernens zu teilen oder habt ihr euch dann immer auch dahingehend getroffen, dass ihr über Dinge gesprochen habt, dass ihr vielleicht Fälle gelöst habt und so weiter?

11:12 Min
Azamat Karimov:

Wie habt ihr das gemacht? Also wir haben auch Kaffeekränzchen gemacht, muss man vorab sagen oder klarstellen, aber wir haben eigentlich sehr viel in dieser Zeit geteilt. Also gab immer wieder Tage, wo meine Mitstreiterinnen oder Mitstreiter mit irgendwelchen privaten Problemen auch zur Lehrgruppe gekommen sind und es gebietet, finde ich, auch die Solidarität da nicht einfach direkt zu starten mit Bereicherungsausgleich im Dreh-Personen-Verhältnis, sondern vielleicht zu versuchen, die Person aufzufangen, aufzubauen und dann eben vielleicht mit einer halben Stunde Verzögerung zu beginnen.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Aber wenn sozusagen alles glatt lief, dann war es meistens so, dass wir, wie gesagt, im Lernplan uns schon überlegt haben, was machen wir in welcher Woche, an welchem Tag und passend zu dem Thema hat jemand halt einen Fall rausgesucht, diesen vorbereitet und ihn uns zugesendet. Wir haben dann eine Lösungs-Skizze erstellt und haben mehr oder weniger eine angeleitete Falllösung besprochen.

12:17 Min
Marc Ohrendorf:

Also auch ein ganz ähnliches Vorgehen wie im Rap.

12:21 Min
Azamat Karimov:

Genau, macht auch Sinn. Genau, der große Unterschied war der, dass wir tatsächlich mit vielen Lehrbüchern auch gelernt haben. Würde ich im Nachhinein nicht wieder so machen, muss ich ehrlich sagen. Also es hat auch gedauert, bis ich für mich erkannt habe, mit welchen Lehrbüchern ich lernen kann und mit welchen eben nicht.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Aber gerade bei der Examsvorbereitung ohne Repetitorium besteht schon das hohe Risiko, sich in Details zu verlieren einfach. Und ich finde, dass viele Skripten da deutlich pragmatischer sind. Und ich glaube, das sollte man auf dem Schirm haben.

12:57 Min
Marc Ohrendorf:

Verstehe, okay. Und dann warst du beim Auswärtigen Amt nach deinem ersten Examen.

13:00 Min
Azamat Karimov:

Genau. Ich habe das erste Examen dann absolviert, war auch zufrieden. Aber die Examsvorbereitung hat mir ein bisschen den Spaß am Ganzen genommen. Und ich hatte ehrlich gesagt erstmal keine Lust weiterzumachen.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Hier in Frankfurt gearbeitet, Lehrveranstaltungen gehalten und während dieser Zeit kam dann ein ehemaliger Kommilitone auf mich zu und hat gesagt, hier Azamat, da gibt es eine Ausschreibung beim Auswärtigen Amt, ich finde die Stelle würde ganz gut zu dir passen, man muss Fremdsprachenkenntnisse mitbringen und sollte auch Erfahrungen im Migrationsrecht haben. Dachte ich so, okay, ich bewerbe mich einfach mal und hat dann geklappt.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Ich bin in den Auswärtigen Dienst eingetreten und bin dann im Abordnungswege an die deutsche Botschaft in Beirut, im Libanon gekommen und war dort in der Rechts- und Konsularabteilung tätig. Cool.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Genau.

13:55 Min
Marc Ohrendorf:

Was macht man denn da inhaltlich?

13:57 Min
Azamat Karimov:

Was macht man da inhaltlich? Also eine Botschaft hat ja mehrere, wenn man so will, Abteilungen, Referate, je nachdem, wie man es nennen möchte. Und eine große Abteilung ist eben die Rechts- und Konsularabteilung. Und die fächert sich wiederum auf in allgemeine Rechts- und Konsularangelegenheiten, beispielsweise wenn Deutsche im Ausland leben und Staatsangehörigkeitsanliegen haben oder einen Erbschein beantragen wollen.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Und sozusagen das größte Geschäft eben Visa-Angelegenheiten. Und Hintergrund war folgende. Aufgrund des Bürgerkriegs in Syrien wurde unsere Auslandsvertretung, unsere Botschaft in Damaskus geschlossen.

14:41 Min
Marc Ohrendorf:

Kurze Einordnung, von welchem Jahr sprechen wir?

14:44 Min
Azamat Karimov:

Ich glaube, die Botschaft wurde bereits 2012 geschlossen. Genau, die Botschaft wurde 2012 geschlossen und ist nach wie vor geschlossen. Wir haben offiziell keine diplomatischen Beziehungen zu Syrien, nach wie vor. Und dadurch, dass wir eben viele Menschen hier aus Syrien auch aufgenommen haben, die beispielsweise alleine gekommen sind, bestand eben eine hohe Nachfrage an Rechts und Konsulardienstleistung, vor allem im Kontext von sogenannten Familienzusammenführungen.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Und den Löwenanteil der Anträge, die in diesem Zusammenhang eben abzuarbeiten waren, entfiel auf Beirut, weil auch aufgrund der geografischen Entfernung das sehr nahe lag, einfach im wahrsten Sinne des Wortes. Und genau, also ich war da sehr viel eben eben mit aufenthaltsrechtlichen Fragen befasst.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Okay. Genau.

15:35 Min
Marc Ohrendorf:

Passiert es oft, dass Menschen nach dem ersten Staatsexamen dort landen? Ich hatte das Auswärtige Amt immer ein kleines bisschen mehr sozusagen in der Karriereleiter, im Referendariat und oder nach dem zweiten Staatsexamen verortet.

15:50 Min
Azamat Karimov:

Genau, also man kann sich auch nach dem ersten Staatsexamen dort für den höheren Dienst bewerben, wenn man sozusagen die klassische Laufbahn dort anstrebt. Bei meinem Fall war es so, dass es sich eben um eine Sonderaufgabe handelte und in der Zeit, in der ich dort begonnen habe, wurden zahlreiche Vorschriften im Aufenthaltsgesetz reformiert, unter anderem der damals berühmt berüchtigte Paragraf 36a des Aufenthaltsgesetzes.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Da ging es darum, dass subsidiär Schutzberechtigte, das sozusagen Nachzugsvisa für subsidiär Schutzberechtigte eben kontingentiert worden sind auf 1000 pro Monat. Und es handelte sich jedenfalls um viele sozusagen Detailfragen, die man, das ist jetzt Spekulation, die haben vielleicht einfach nicht genug Leute gehabt, die sich damit befassen konnten.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Und deswegen haben die eben Juristinnen und Juristen eingestellt. Also waren auch viele dabei, die schon das zweite Examen hatten damals.

16:50 Min
Marc Ohrendorf:

Also interessant. Und war das dann auf eine gewisse Zeit befristet, sodass du dann danach wieder weiter in den, ich sag mal, in Anführungszeichen regulären Weg gegangen bist oder hast du dich dann irgendwann bewusst dazu entschieden, doch nochmal Referendariat zu machen?

17:05 Min
Azamat Karimov:

Genau. Also diese Sonderaufgaben sind befristet in der Regel auf zwei Jahre und ich habe dort relativ schnell gemerkt, dass ich wieder Lust bekommen habe, weil ich durch das Auswärtige zum einen kennengelernt habe oder verstanden habe, wie Ministerialverwaltung funktioniert, wie dort die Kommunikationswege sind und was für Besonderheiten es gibt. Und das war das erste Mal, dass viele dieser theoretischen Erwägungen, mit denen man sich eben im ersten Staatsexamen auseinandersetzen musste.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Plastik geworden sind für mich verwaltungs vorschriften oder irgendwelche internen weisungen beispielsweise und mir ist einfach bewusst geworden was für einen mehrwert man für die gesellschaft eben leisten kann wenn man sich da gut ausbildet weiter und ich muss ehrlich dazu gestehen wenn man mit so vielen Leuten die aus dem krieg kommen konfrontiert wird jeden morgen auch wenn man zur botschaft kommt dann empfindet man auch wieder, finde ich, so ein Stück weit Demut und denkt sich, wow, ich kann jetzt mit meinem deutschen Diplomatenpass zurück nach Deutschland reisen und mir steht die Möglichkeit offen, 18 Monate oder 24 Monate lang kostenlos mich weiter ausbilden zu lassen.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Ich werde dafür bezahlt und kann danach alle möglichen Jobs machen. Das war, muss man dazu sagen, in dieser Zeit begannen auch viele Unruhen im Libanon. Man denkt einfach noch mal anders nach über das Leben hier, wenn man sieht, wofür die Leute dort kämpfen und auf die Straße gehen.

18:47 Min
Marc Ohrendorf:

Ja, verstehe. Dann bist du zurück nach Deutschland und hast dann ein Referendariat gemacht.

18:54 Min
Azamat Karimov:

Wann war das? Das war ja im Jahr 2020.

18:57 Min
Marc Ohrendorf:

2020, okay. Das heißt, du bist mit dem Referendariat 2022 fertig geworden?

19:03 Min
Azamat Karimov:

Okay.

19:03 Min
Marc Ohrendorf:

Okay, so ungefähr ein Time-Frame, damit man das einordnen kann. Gut. Im Referendariat, was hat dir denn da dann besonders gut gefallen?

19:11 Min
Azamat Karimov:

Ehrlich gesagt bin ich relativ richtungsoffen ins Referendariat gestartet. Also so viel vorweg. Ich habe niemals gedacht, dass ich Anwalt werde, weil ich hatte irgendwie nicht so ein gutes Bild, ehrlich gesagt, von Anwälten. Und mir widerstrebt er das irgendwie am Anfang ein bisschen.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Und deswegen hatte ich ehrlich gesagt gar kein konkretes Ziel. Mein Ziel war wieder, nimm jede Station motiviert mit, versuch ein gutes Ergebnis am Ende zu erreichen und dann wirst du sehen, was du machen kannst. Und genau, hab dann die erste Station relativ unspektakulär absolviert und dann ging es Richtung Anwaltsstation.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Und da musste ich mir das erstmal die Frage stellen, nachdem ich gesehen habe, Gericht, Staatsanwaltschaft und Behörde, das ist nicht mein Ding, ehrlich gesagt. Okay, vielleicht solltest du dir das doch anschauen. Früher war ich, wie ich eingangs erwähnt hatte, auch vielleicht aufgrund dieser Tätigkeit bei diesem Amt-Lehrstuhl und beim Auswärtigen Amt eher öffentlich-rechtlich ausgeprägt.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Dann dachte ich mir so, okay, bewirb dich bei einer öffentlich-rechtlichen Boutique-Kanzlei und versuch da dein Glück. Hattest dann auch eine Zusage und dann kam es zu einem folgenreichen Gespräch mit meiner Schwester, die nichts mit Jura zu tun hat und der ich enthusiastisch davon berichtet habe, was ich bald machen werde.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Sie schaute mich nur wirklich schockiert an und sagte, ist das dein Ernst? Hast du all die Jahre Jura studiert, um irgendwelche Autobahnen zu planen oder Flughäfen, sozusagen Flughafenprojekte zu begleiten? Darin liegt doch gar nicht deine Stärke. Du kannst zwar sozusagen das Ganze juristisch mit Sicherheit, aber deine Stärke liegt auch eigentlich im Umgang mit Leuten.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Und das fand ich interessant, weil ich hab das gar nicht auf dem Schirm gehabt. Und hab dann dort abgesagt, erstmal keine Ahnung gehabt, wo es weitergehen soll und dachte mir dann wieder, okay, dann nimm irgendwie eine Station, wo du dir vielleicht die meisten Türen noch offen hältst.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Und ich hab dann in der Zeitung zufällig ein Interview mit meiner Kollegin Orner gelesen. Und fand sie sehr sympathisch.

21:24 Min
Marc Ohrendorf:

Also hier, wo du auch heute arbeitest? Genau.

21:26 Min
Azamat Karimov:

Und mir hat... Was sie gesagt hat, hat mir sehr gefallen und ich hatte den Eindruck, ich habe dann die Kanzlei gegoogelt, ja, scheint eine Kanzlei sozusagen im klassischen Stil noch zu sein. Also die sind beide überwiegend im Notariat tätig gewesen, aber sind eben auch Anwälte und scheinen trotz ihres Schwerpunkts im Notariat anwaltlich relativ breit aufgestellt zu sein.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Probier das doch aus und selbst wenn es nichts für dich sein sollte, wirst du fürs Examen davon profitieren. Du wirst hier mit den Kernbereichen des Bürgerlichen Rechts zu tun haben. Mit Familienrecht, mit Erbrechen, mit Immobilienrecht, mit Gesellschaftsrecht, mit Handelsrecht.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Und so bin ich sozusagen, habe ich mich hier beworben und habe dann hier eine Zusage bekommen, habe dann begonnen und relativ schnell ehrlich gesagt gemerkt, dass es mein Ding ist, dass es mir gefällt. Und meine Schwester hat recht behalten tatsächlich, weil mir aufgefallen ist und es ist mir wichtig, auch den Hörern und Hörern mitzugeben.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Jeder kennt sozusagen die Situation in der Examsvorbereitung. Man denkt, dass das ganze Leben nur von dieser Note abhängen würde oder abhängt. Und das ist wichtig, definitiv. Jeder sollte sich zum Ziel nehmen, sein persönliches Maximum daraus zu holen.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Aber der Berufsalltag erfordert wirklich wesentlich mehr. Ich weiß noch, als ich hier angefangen habe, hat mein Kollege Hermann gesagt, Azamat, in deinem Werkzeugkoffer sind mehrere Instrumente drin. Kommunikation, Verhandlungsgeschick, Psychologie und wirklich der letzte Hammer oder der letzte Meißel ist wirklich das Recht.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Du solltest versuchen, viele Konflikte auf den vorgenannten Ebenen zu lösen. Und nicht andersrum. nicht andersrum. Genau, also mach emotionale Probleme nicht sofort zu juristischen Problemen.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Spart Zeit und Kosten und Nerven auch. Wir haben ja eingangs im Vorgespräch darüber gesprochen, dass es am Anfang schon an einem zerrt. Und genau, mir hat einfach gefallen, dass man hier mit einem sehr breit gefächerten Publikum zu tun hat, sozial und kulturell.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Und da ist mir das erste Mal bewusst geworden. Wow, es scheint nicht selbstverständlich zu sein, dass man mit verschiedenen Leuten umgehen kann. Und es wäre schade, wenn man diese Kapazität, diese Fähigkeit nicht einbringen könnte.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Also wenn ich jetzt einen klassischen Reihenbürojob gewählt hätte, dann könnte ich sozusagen nur meine juristischen Fähigkeiten einbringen. Und ich bin mir sicher, dass es wirklich sehr viele Leute da draußen gibt, die abgesehen von den juristischen Fähigkeiten auch viele andere tolle Fähigkeiten haben, die sehr, sehr, sehr wichtig sind im Berufsalltag.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Und es wäre schade, wenn man die nicht einbringen könnte. Sei es nun eine Fremdsprache oder sei es Empathie oder Verhandlungsgeschick oder was auch immer. Diese Sachen sind nicht selbstverständlich, auch wenn sie nicht im Examszeugnis stehen am Ende.

24:45 Min
Marc Ohrendorf:

Brauchen wir mal provokant gefragt noch so eine Sektion im Examszeugnis, besondere Bemerkungen, wo man sowas reinschreiben könnte?

24:55 Min
Azamat Karimov:

Nein, ich glaube, man bräuchte das nicht, aber das ist ja eher eine Frage, die im Bewerbungsprozess eine Rolle spielen sollte. Und ich denke, was eben auch wichtig ist, gerade in diesem Zeitraum, Referendariat oder wo man sich Gedanken darüber macht, wohin der Weg oder wohin die Reise gehen soll.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Es ist ganz wichtig, sich zu überlegen, mit welchen Leuten man später zu tun haben möchte.

25:21 Min
Marc Ohrendorf:

Und sowohl wahrscheinlich intern im eigenen Team als auch auf mananden Seiten. Ganz genau. Das macht ja auch einen riesen Unterschied, ob ich jetzt mit einer Rechtsabteilung in einem Großkonzern zusammenarbeite, weil ich denen zuarbeite oder weil ich vielleicht eine, oder wenn ich vielleicht eine sehr bunt gemischte Truppe im Sinne von allen möglichen Menschen, die in deinem Fall notarielle Dienstleistungen in Anspruch nehmen, vor mir habe.

1:10 Min
Marc Ohrendorf:

Genau. Das ist was, denken glaube ich nicht so viele Absolventinnen drüber nach, weil man sagt, naja, mir gefällt erstmal das Rechtsgebiet, das ist oft der Ausgangspunkt und dann wächst man ja auch in den Mandantenkontakt oft im Laufe der Karriere erst rein, dass man immer mehr Mandantenkontakt eben bekommt, sodass man da vielleicht dann einfach auch rein stolpert und gar nicht so sehr reflektiert auswählt, dass man eine bestimmte Tätigkeit macht, weil man eben mit einer bestimmten Art von Mandanten auf der Gegenseite zu tun hat.

1:10 Min
Marc Ohrendorf:

Manchen gefällt es ja auch, eben immer mit Juristen zusammenzuarbeiten und fachlich zu diskutieren und weniger zu erklären dann am Ende des Tages auch.

26:26 Min
Azamat Karimov:

Genau. Ich glaube die Bottom Line, sozusagen dessen, was du gesagt hast, ist, am Ende des Tages, es gibt nicht den Juristen, die Juristin, es gibt nicht den Anwalt, die Anwältin. Ein Familienrechtler tickt ganz anders als eine Strafrechtlerin, die wiederum tickt ganz anders als ein Gesellschaftsrechtler.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Und ja, also es gibt auf jeden Fall für jeden eine Nische, einen Platz. Und ich bin mir oder ich würde mir wünschen, wenn, wenn der ein oder die andere sozusagen vielleicht in sich gehen würde und sich daraus Kraft schöpfen könnte, wenn sie oder er sich vor Augen hält.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Ja, ich kann Fremdsprachen oder ich bin besonders gut im Umgang mit Menschen. Ich sollte vielleicht einen, weil das kann eben nicht jeder, ich sollte vielleicht einen Beruf wählen, wo ich diese Eigenschaften einbringen kann.

27:20 Min
Marc Ohrendorf:

Das führt uns zum eigentlichen Thema dieser Folge, aber ich finde unsere Schleifen, die wir gedreht haben, sehr, sehr interessant. Insofern werden wir die auch ganz bestimmt nicht rauscutten. Das eigentliche Thema ist die Frage, was wir nochmal kurz zumindest dann auch beleuchten sollten tatsächlich.

1:10 Min
Marc Ohrendorf:

Du bist jetzt Anwalt, du hast eine normale Anwaltszulassung und du arbeitest in einem Anwaltsnotariat. Kannst also als Anwalt und Notar tätig sein, aber wir haben schon ganz zum Beginn gesagt, nicht in derselben Sache logischerweise. Wie kommst du denn jetzt von deiner anwaltlichen Tätigkeit dahin, auch notariell tätig sein zu dürfen?

27:53 Min
Azamat Karimov:

Genau. Also in den Bundesländern eben, in denen es das Anwaltsnotariat gibt, ist es so, dass man eine sogenannte notarielle Fachprüfung ablegen muss. Sogenanntes drittes Examen. Sogenanntes drittes Examen, genau.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Anders als in den Bundesländern, in denen es das nur Notariat gibt, da hat man ja so eine Art Referendariat, die Notarassessorenzeit, die sich an das normale Referendariat anschließt. Ist es eben hier unter anderem so, dass man dieses dritte Examen machen muss.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Dies dritte Examen kann man frühestens nach drei Jahren machen und man muss mindestens fünf Jahre als Anwalt. Nicht nur zugelassen, sondern auch tätig gewesen sein, um zum Notar bestellt werden zu können. Genau, das habe ich vor mir.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Also vor allem diese notarielle Fachprüfung, die kommt auf mich zu irgendwann.

28:45 Min
Marc Ohrendorf:

Und die Anzahl der Plätze ist anders als beim Nono-Notariat dann auch nicht begrenzt?

28:49 Min
Azamat Karimov:

Die ist auch begrenzt. Ich glaube, am einfachsten ausgedrückt ist, sollte man sich so vorstellen, dass es am Ende des Tages auch wieder eine Kapazitätenfrage, also die Plätze sind begrenzt und die werden nach dem Prinzip der besten Auslese vergeben. In den Ländern des Nullnotariats ist es eben so, dass nur die Besten zu diesem Assessorendienst zugelassen werden und in den Ländern des Anwaltsnotariats ist es eben so, dass die besten Auslese anhand des Durchschnitts, wenn man so möchte, die notarielle Fachprüfung zählt ein bisschen mehr, aber im Wesentlichen aus dem Durchschnitt des Ergebnisses des zweiten Exams und der notariellen Fachprüfung vergeben werden.

29:31 Min
Marc Ohrendorf:

Ah, das heißt, es kann dir rein theoretisch passieren, also ich wünsche es dir nicht, oder jemandem kann es allgemein passieren, dass man diese notarielle Fachprüfung macht und dann aber gar nicht zum Notar bestellt wird, rein theoretisch?

29:43 Min
Azamat Karimov:

Genau, ja, das kommt durchaus vor. Also, kommt durchaus vor, kann viele Gründe haben, also Kapazität ist sozusagen der Hauptgrund natürlich. Kann aber auch sein, dass die Ergebnisse beispielsweise nicht so dolle waren. Also vor allem in der notariellen Fachprüfung.

30:00 Min
Marc Ohrendorf:

Ja, okay, interessant. Dann dafür schon mal viel Erfolg. Danke sehr. Du wirst aber ja jetzt auch anders, vermute ich, arbeiten als ein klassischer Nur-Anwalt, nenne ich ihn mal, weil du ja mit diesen notariellen Themen auch zu tun hast. Genau. Wie sieht denn dein Arbeitsalltag dahingehend aus?

30:18 Min
Azamat Karimov:

Genau, viele Anwältinnen und Anwälte, die jünger sind und noch nicht diese fünf Jahre hinter sich gebracht haben und vielleicht auch noch für die notarielle Fachprüfung lernen. Selbst wenn sie die absolviert haben, die sind oft die Vertreter, die amtlich bestellten Vertreter der Notarinnen und Notarien, mit denen die zusammenarbeiten.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Das ist sozusagen ein großes Aufgabenfeld. Falls jemand mal verreist oder im Urlaub sein sollte, dann führt man eben Beurkundungen durch und nimmt eben die Amtsbefugnisse wahr. Ansonsten ist es eben so, dass man ganz normal sehr viele Verträge entwirft, Urkunden gestaltet, Vorbesprechungen durchführt, um mit den Leuten zu klären, was sie genau wollen, ob sie das wirklich wollen und ob sie dieses und jenes bedacht haben dabei.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Dann folgt die Beurkundung, die meistens meine Kollegin oder mein Kollege macht, und dann folgt die Abwicklung. Dass es sozusagen das notarielle Aufgabenfeld als Anwalt, bin ich ebenfalls tätig und da ist es eben oft so, dass Menschen, die zuvor Mandantinnen und Mandanten bei uns hier im Notariat gewesen sind, sich mit irgendwelchen Folgen anliegen, dann an uns wenden.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Jemand kauft eine Immobilie und hat dann beispielsweise mietrechtlichen Beratungsbedarf oder jemand gründet eine Gesellschaft oder ein Unternehmen oder möchte selbstständig tätig werden hat dann gewerberechtliche Fragen. Also das ist sozusagen das Aufgaben oder dieses Spannungsverhältnis, sage ich mal.

31:54 Min
Marc Ohrendorf:

Gibt es irgendwas, wo du sagst, das macht dir aus der dann zukünftig notariellen Brille besonders viel Spaß?

32:02 Min
Azamat Karimov:

Der Umgang mit Leuten tatsächlich. Also ich finde es wirklich schön, mit vielen Leuten zu tun zu haben. Und ich finde es auch schön zu sehen, dass man vielen Leuten helfen kann. Man begleitet sie in sehr, sehr wichtigen Angelegenheiten ihres Lebens, sei es nun der erste Kauf einer Immobilie.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Viele Leute, wenn überhaupt, kaufen sich einmal in ihrem Leben nur eine Immobilie. Und das ist ein besonderer Moment. Die verschulden sich für viele Jahre, wenn Leute heiraten. Klar, Eheverträge immer ein heikles Thema, aber das ist auch sehr, sehr persönlich.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Die Leute kommen oft davor her und fragen, wie soll ich das am besten kommunizieren? Wie soll ich das am besten vermitteln? Gesellschaftsrechtlich genauso. Man hat ja irgendwo auch Anteil daran, wie Leute sich unternehmerisch entwickeln. Das finde ich auch schön.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Bei Erbe, beim Erbe genauso im Erbrecht.

32:57 Min
Marc Ohrendorf:

Und gibt es dann da materiell gesehen auch Fälle, wo du sagst, ah, da ist schon interessanter? Also jetzt mal einen einfachen Fall, das ging gerade durch die Presse. 2022 wurde was bei der Schenkungssteuer geändert, deswegen haben viele Omas noch ihre Wohnung übertragen und Opas. Das ist ja wahrscheinlich eher Standardkost, würde ich mal vermuten.

33:16 Min
Azamat Karimov:

Also wir waren tatsächlich November und Dezember komplett mit solchen Fällen ausgelastet hier.

33:20 Min
Marc Ohrendorf:

Erschau, ja. Und dann gibt es aber doch bestimmt auch andere Fälle, die strukturell ein bisschen interessanter sind, weil da vielleicht ein bisschen mehr verhandelt wird, weil du mir erklären musst.

33:27 Min
Azamat Karimov:

Oder stelle ich mir das falsch vor? Nee, nee, es ist tatsächlich so. Also es gibt auch hier ganz klassische Unternehmenskäufe. Wie gesagt, zu einer Großkanzlei geht man ja ab einer gewissen Schwelle erst.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Und wenn die Leute eben erfolgreiche Unternehmen haben, aber eben noch nicht so groß sind, dass sie eben einer der großen Kanzleien beauftragen, so dann kommen die hier her. Und so einen Fall habe ich auch gerade.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Also da geht es um die Übernahme eines hochpreisigen Restaurants. Und das Interessante ist, der Käufer kann kein Deutsch und der Verkäufer kann nicht so gut Englisch. Aber der Käufer kann eine Sprache, die ich auch spreche.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Und deswegen ist es eigentlich eine ganz witzige Konstellation. Man ist im wahrsten Sinne des Wortes Bote des Anderen. Genau das finde ich schon interessant, weil klar, man muss viele rechtliche Sachen auf dem Schirm haben, aber es ist einfach schön zu sehen, wenn man die Brücke bauen kann zwischen Leuten, die vielleicht sich noch nicht so gut kennen und deswegen misstrauen.

1:10 Min
Azamat Karimov:

Das sind schon gute Momente auf jeden Fall.

34:42 Min
Marc Ohrendorf:

Das klingt sehr bunt nach einem sehr, sehr schönen Beruf und ich danke dir sehr herzlich, dass du deinen Werdegang und auch deine Tätigkeit hier heute den Zuhörern bei irgendwas mit Recht präsentiert hast.

34:52 Min
Azamat Karimov:

Danke dir, Marc, und danke auch für euren Content. Ich hatte Marc zu Beginn bereits gesagt, dass ich als Referendar wirklich viele Folgen gehört habe und mir das wirklich Spaß bereitet hat und deswegen fand ich es wichtig, etwas zurückzugeben auch.

35:07 Min
Marc Ohrendorf:

Das freut mich sehr.

35:08 Min
Azamat Karimov:

Vielen herzlichen Dank.

35:09 Min
Marc Ohrendorf:

Danke dir.

35:09 Min
Azamat Karimov:

Tschüss.

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