IMR544. Aug 20
IMR054: Jurastudium, Anwaltsberuf und faire Honorare | Interview Rechtsanwalt

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IMR054: Jurastudium, Anwaltsberuf und faire Honorare | Interview Rechtsanwalt

Prof. Dr. Clemens Engelhardt, Partner | Trustberg LLP

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Über diese Episode

Folge 54 Deines Jurapodcasts zu allen Karriere- und Examensthemen

Vergütung anwaltlicher Leistung - Preistransparenz - Deutscher Vergütungsrat - Honorarkodex - RVG - Stundensatzmodelle - Fixed Pricing - Family Office - Großkanzlei - Unternehmensrechtsabteilung - Gesellschaftsrecht - M&A - Berufswahl Jura - Klausuren schreiben Übung - Vertrauen Mandatsbeziehung - Legal Tech

Kapitel:

  • 00:19 - Vorstellung
  • 03:59 - Arbeit an der Frankfurter Börse
  • 05:12 - Richterjob
  • 07:30 - Staatsexamen & Noten
  • 12:05 - Family Office
  • 17:16 - Anwaltliche Bezahlung
  • 24:22 - Festpreisliste
  • 30:24 - Mandatsakquise
  • 35:49 - Reaktionen auf Festpreisliste
  • 39:58 - Etablierung des Vergütungsrats

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Clemens Engelhardt

Clemens Engelhardt

Kapitel

  • 00:00:19.000Vorstellung
  • 00:03:59.000Arbeit an der Frankfurter Börse
  • 00:05:12.000Richterjob
  • 00:07:30.000Staatsexamen & Noten
  • 00:12:05.000Family Office
  • 00:17:16.000Anwaltliche Bezahlung
  • 00:24:22.000Festpreisliste
  • 00:30:24.000Mandatsakquise
  • 00:35:49.000Reaktionen auf Festpreisliste
  • 00:39:58.000Etablierung des Vergütungsrats

Über Trustberg LLP

Trustberg LLP ist eine kleinere, partnergeführte Wirtschaftskanzlei mit Hauptsitz in Berlin und weiteren Teams in München, Frankfurt am Main und Hamburg. Rund 60 Berufsträgerinnen und Berufsträger beraten hier vor allem in den Bereichen Corporate/M&A, Commercial Litigation und Compliance und treten häufig als eingespieltes, standortübergreifendes Team auf.

Mandanten schätzen die Boutique für ihre schlanken Entscheidungswege, den engen Partnerkontakt und ihre besondere Prozess- und Verhandlungserfahrung. Lust auf mehr Einblicke? Dann schnapp dir die Kopfhörer und hör in unsere Trustberg-Folge von Irgendwas mit Recht hinein – juristische Inspiration garantiert!

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Vertrauen kann man nicht verkaufen. Vertrauen muss sich bilden. Es entsteht nur, wenn man sich zuhört und merkt, dass der Anwalt mit Integrität und Ehrlichkeit Rat gibt und die richtigen Fragen stellt.

Sneak Peak – Q&A mit Clemens Engelhardt

Transkript

KI-basiert und kann Fehler enthalten.

Music:

0:11 Min
Marc Ohrendorf:

Herzlich willkommen zu einer weiteren Episode Irgendwas mit Recht. Mein Name ist immer noch Marc Ohrendorf und heute spreche ich mit Professor Clemens Engelhardt. Hallo Herr Engelhardt, ich grüße Sie.

0:23 Min
Clemens Engelhardt:

Hallo, grüße Sie Herr Ohrendorf.

0:25 Min
Marc Ohrendorf:

Engelhardt, Sie sind in letzter Zeit auf LinkedIn sehr aufgefallen. Sie haben nämlich eine Festpreisliste für Ihre anwaltlichen Tätigkeiten herausgebracht und im Folge dessen auch den Vergütungsrat gegründet, beziehungsweise einen entsprechenden Kodex für Anwältinnen und Anwälte entworfen. Können Sie mal ganz kurz zu Beginn unseres Gesprächs umreißen, was ist das? Was hat es damit auf sich?

0:53 Min
Clemens Engelhardt:

Ganz initial geht es um die Vergütung von anwaltlicher Leistung. Da gibt es ja ganz unterschiedliche Modelle, da können wir dann später im Detail sicher darauf eingehen. Es gibt die gesetzliche Vergütung, es gibt Stundensatzmodelle Und wir haben gemerkt, dass der Markt, also die Mandanten, die Kundenseite, da ein ganz veritables Interesse an mehr Preistransparenz hat.

NaN
Clemens Engelhardt:

Uns geht es also um Transparenz, Nachhaltigkeit und Fairness im Thema Kosten für anwaltliche Beratung.

1:24 Min
Marc Ohrendorf:

Okay, dann lassen Sie uns ein kleines bisschen weiter ausholen. Wir haben hier ja eine sehr bunte Hörerschaft in dem Podcast vom Studierenden im zweiten, dritten Semester bis hin zum seniorigen Juristen oder auch Nicht-Juristen in Unternehmen. Fangen wir vielleicht ganz vorne an, erstmal zu Ihrer Person.

NaN
Marc Ohrendorf:

So die Standardfragen, Sie kennen das ja als Hörer dieses Formats. Wo haben Sie studiert? Wie kam es dazu, dass Sie das tun, was Sie heute machen?

1:51 Min
Clemens Engelhardt:

Ich habe ganz kurz, bevor ich Jura studiert habe, mal Musikwissenschaften in München studiert an der LMU. Bin dann nach Heidelberg gegangen, habe dort ganz klassisch das Jurastudium begonnen, die ersten Semester. Und habe dann Examen, Promotion und Referendariat in Frankfurt am Main gemacht.

NaN
Clemens Engelhardt:

Vor dem Hintergrund, dass Frankfurt als Börsen- und Bankenplatz mich einigermaßen angezogen hat, weil ich sehr schnell in die Praxis eintauchen wollte. Über ein paar Ausflüge unter anderem nach London bin ich dann in meine alte Heimat nach München zurückgekommen.

NaN
Clemens Engelhardt:

Habe einige Jahre Großkanzlei-Erfahrung gemacht, war dann in einem Unternehmen, einem Family Office, einem privat geführten Unternehmen, zu dem unter anderem die Paulaner Brauerei gehört, einige Jahre tätig und habe dann mit einem Partner zusammen die Kanzlei Trasberg gegründet und nebenher dann den Ruf als Professor für Wirtschaftsrecht hier in München an der FOM bekommen. Und beschäftige mich dort im Wesentlichen mit Unternehmenskauf, Unternehmensgründungen, Investments und solchen Themen.

NaN
Clemens Engelhardt:

Und in der Kanzlei sind wir ganz klassisch anwaltlich tätig, das heißt im Fokus auf Investments, auf Gesellschaftsrecht, auf Unternehmenskäufe, Unternehmensverkäufe, solche Dinge. Also das, was ich im Prinzip in der Kanzlei mache, versuche ich meinen Studierenden eben auch aus der Praxisseite beizubringen.

NaN
Clemens Engelhardt:

Vielleicht als kleine Ergänzung, ich hatte im Studium ein, zwei Professoren, die sehr praxisnah gelehrt haben in Seminaren und möchte auch den jungen Studenten nahe legen, Studierenden nahe legen, unbedingt Seminare zu besuchen, weil das den großen Hörsaal verlässt und weil man da in die Tiefe gehen kann und auch mal versteht, was man mit Jura alles machen kann. Mhm.

3:32 Min
Marc Ohrendorf:

Lassen Sie uns das mal ein kleines bisschen auseinandernehmen. Das war ja eine ganze Menge und das klingt ja eigentlich nach mehr als einer juristischen Karriere, diese vielen verschiedenen Stationen. Da würde ich ganz gerne ein, zwei davon ein bisschen näher beleuchten.

NaN
Marc Ohrendorf:

Sie haben gerade gesagt, denn das ist ja auch eine Entscheidung, vor der viele Hörerinnen und Hörer stehen, Sie haben gerade gesagt, Beim Referendariat war eigentlich klar, ich will nach Frankfurt, da ist Börsenplatz, ich will in die Praxis. Ich nehme an, dann war Ihnen relativ schnell auch bewusst, dass Sie so Richtung M&A und eventuell Kapitalmarktrecht unterwegs sind, oder?

4:07 Min
Clemens Engelhardt:

Ja, ich hatte tatsächlich auch meinen ersten Nebenjob, Büro-Nebenjob, wir alle haben mal gekellnert oder viele davon, aber meinen ersten Büro-Nebenjob hatte ich bei der Deutschen Börse. Das war ein Zufall, weil ich einen Kommilitonen hatte, der da arbeitet und der sagte, wir suchen da jemanden, nichts Hochtrabendes, einmal die Woche so ein bisschen Papierkram erledigen, aber eben eintauchen in die Praxis.

NaN
Clemens Engelhardt:

Und dafür ist Frankfurt zu meiner Zeit ein ganz, ganz spannender Platz gewesen. Sicherlich andere Städte auch. Aber mir ging es eben darum, mal rauszufinden, was kann man mit diesem unendlich breiten Studium denn eigentlich alles anstellen.

NaN
Clemens Engelhardt:

Man muss Pflichtpraktika machen, man wird aber ansonsten erst im Referendariat wirklich verpflichtet, Stationen zu machen. Sicherlich sind junge Leute heutzutage aktiver noch, als wir es waren, in der Suche nach Praktika, aber uns war schon klar, man muss bitte frühzeitig sich fragen, was man damit macht.

NaN
Clemens Engelhardt:

Also diese Ausrichtung auf das Richteramt des Studiums, die es ja heute noch hat, die ist wunderbar, die ist von der Ausbildung her auch meines Erachtens von der Breite her genau richtig, aber sie hilft einem bei der Berufswahl so herzlich wenig.

5:11 Min
Marc Ohrendorf:

Zumindest wenn man nicht Richter werden will, was aber tatsächlich ja auch nur ein eher geringer Prozentsatz derjenigen, die das zweite Staatsexamen schaffen, dann auch wirklich wird.

5:20 Min
Clemens Engelhardt:

Ja, und ich kann Ihnen sagen, ich habe im zweiten Semester auch geglaubt, dass ich mal Richter werde. Bis ich mal so ein Gerichtssaal von innen gesehen habe und zwar von der Richterbank aus und gesehen habe, das möchte ich vielleicht doch nicht machen.

5:30 Min
Marc Ohrendorf:

Ja, ich wollte gerade fragen, wie kam denn der Sinneswandel? Also das ist ja was, wo auch viele Studierende starten und sagen, also Richter ist ein toller Job. Warum haben Sie das anders gesehen?

5:39 Min
Clemens Engelhardt:

Ich hatte das vielleicht verklärt gesehen. Ich sah dieses Ausgewogene, das Rechtschaffen, das, was vielleicht irgendwie dann beim Oberlandesgericht oder beim BGH passiert. Ich habe dann gesehen, wie Verkehrsrecht gemacht wird. Ich habe gesehen, wie Versicherungsrecht und Baurecht gemacht wird und habe festgestellt, dass der Richter zwar laut Verfassung frei ist, aber nicht unbedingt in seiner Karriereplanung und nicht unbedingt in den Fachgebieten.

NaN
Clemens Engelhardt:

Und ich habe für mich auch festgestellt, dass das freie Unternehmertum, was den Anwalt auch ausmacht, besser zu meiner Persönlichkeit passt. Ich wollte mich bewegen können, ich wollte entscheiden, wo ich arbeite. Das ist für einen Richter sehr, sehr schwierig.

NaN
Clemens Engelhardt:

Also nicht Homeoffice oder da im Dienstzimmer, sondern tatsächlich auch in welcher Stadt, in welchem Bundesland, möglicherweise sogar in welchem Land. Also ein deutscher Richter wird wahrscheinlich nicht nach Italien gehen beruflich. So ist es, ja.

NaN
Clemens Engelhardt:

Sehr selten.

6:27 Min
Marc Ohrendorf:

Sehr selten, ja. Ja, außer man wird vielleicht noch an ein europäisches Gericht mal abgeordnet, aber da muss man auch schon natürlich zu den Spitzenrichtern gehören sozusagen.

6:35 Min
Clemens Engelhardt:

Das ist ein gutes Stichwort, Spitze. Ich habe für mich sehr früh entschieden, vielleicht weil ich familiär vorgeprägt bin, aber ich habe für mich sehr früh entschieden, weil unser System so examensnoten getrieben ist, muss ich versuchen, die Examina so hinzubekommen, dass ich hinterher entscheiden kann, welchen Beruf ich ausüben möchte und nicht umgekehrt. Das hört sich hochtrabend an, ist aber die Motivation, die dann auch durch die Examsvorbereitung trägt, durch das Referendariat trägt, weil man einfach versuchen sollte, da sich nicht etwas schon zu verbauen, sondern sich alle Möglichkeiten offen zu halten.

NaN
Clemens Engelhardt:

Auch Richtung Promotion. Bei mir dann in der Ausbaustufe, die zufällig kam mit der Professur. Das ist ja nichts, was man plant. Oder zumindest ich habe es nicht geplant.

NaN
Clemens Engelhardt:

Aber das war mir immer ganz wichtig. Ich möchte nicht, dass mir andere sagen, du darfst hier nicht mitspielen, weil du diese oder jene Note nicht bekommen hast. Hm.

7:30 Min
Marc Ohrendorf:

Vielleicht gehen wir da mal kurz drauf ein. Jetzt ist es ja so, dass in der juristischen Ausbildung die Noten immer noch relativ vergeben werden. Also wenn viele Klausurschreiberinnen die Klausur besonders gut schreiben, dann wird halt ein bisschen angezogen, sodass am Ende des Tages wieder Gauss schon Normalverteilung dabei rumkommt.

NaN
Marc Ohrendorf:

Wir haben so Pi mal Daumen 18 bis 22 Prozent im Prädikatsbereich und ungefähr dieselbe Anzahl der Schreiber fällt durch und der Rest, der verteilt sich so auf die vier bis acht beziehungsweise dann knapp halt neun Punkte. Ist das nicht eventuell frustrierend?

8:06 Min
Clemens Engelhardt:

Wenn es so ist, ist es sicherlich eventuell frustrierend. Ich weiß aber gar nicht, ob das wirklich so ist. Ich habe mich mit einem Ausbilder unterhalten, Vorsitzender Richter im Landgericht in Frankfurt. Der hat unsere Refundarausbildung gemacht und auch korrigiert und auch Klausurenkurs für uns gegeben.

NaN
Clemens Engelhardt:

Ein hochmotivierter Mann. Und der sagte, ich korrigiere hier seit 30 Jahren Examensklausuren und ich habe seit 30 Jahren denselben Durchschnitt auf meinem Schreibtisch, ohne anzuziehen, ohne zu schrauben. Es ist einfach so, es kommt das und das raus.

NaN
Clemens Engelhardt:

In Frankfurt war es immer ein bisschen so, dass da ein Hotspot für sehr hochmotivierte Menschen im zweiten Examen existierte. Ich kann sagen, von meiner Referendargruppe, da waren wir zwölf Kollegen, zwölf Referendare in der Arbeitsgemeinschaft, davon waren zehn zu Beginn des Referendariats schon promoviert oder hatten einen LLM oder beides.

NaN
Clemens Engelhardt:

Das fand ich ganz überraschend. Das ist sicherlich an anderen OLG-Bezirken und anderen Landgerichten anders. das. Aber der sagte, er hat über die Zeit immer denselben Schnitt und der liegt im Durchschnitt bei einer Note, die man glaube ich kaum sagen möchte.

NaN
Clemens Engelhardt:

Ich glaube, da stand eine 4 vorm Komma. Die tatsächliche Durchschnittsnote 4,76 oder sei es mal ausgerechnet über 30 Jahre, der war recht zahlenverliebt. Ich kann es Ihnen aber auch sagen, bei meinen Studierenden, ich ziehe weder an noch bremsig, weil ich auch bei meinen Studierenden mit großen Gruppen teilweise, immer repräsentative Ergebnisse habe.

NaN
Clemens Engelhardt:

Da gibt es Klausuren, die sind perfekt. Und da gibt es Klausuren, die fragt, ja, ich meine, man kann niemandem verbieten, eine Klausur abzugeben. Ich würde sogar jedem raten, gib bitte einfach ab, wer weiß, vielleicht klappt's ja.

NaN
Clemens Engelhardt:

Schaden kann's nicht. Dann gibt es Klausuren, die Entschuldigungstexte enthalten. Lieber Herr Professor, ich konnte leider nicht fertig schreiben, dann denke ich mir immer, ja, hätte man die Zeit für diesen Satz nicht verwendet, dann wäre die Frage beantwortet worden. Das gibt es alles.

NaN
Clemens Engelhardt:

Man kann sich da vieles gar nicht vorstellen, wenn man es dann tatsächlich sieht. Aber wenn man da sein Bestes gibt, dann kommt man auch auch dahin, wo man hingehört.

10:01 Min
Marc Ohrendorf:

Haben Sie da noch einen Tipp für Studierende, wo Sie sehen, das läuft in der Vorbereitung auf eine Klausur einfach falsch?

10:08 Min
Clemens Engelhardt:

Es wird zu wenig geübt.

10:10 Min
Marc Ohrendorf:

Sie meinen praktisch geübt? Also Klausuren geschrieben auch? Ja.

10:16 Min
Clemens Engelhardt:

Ich habe festgestellt, weil ich es auch selber falsch gemacht habe, ich habe in den ersten ein, zwei, drei Semestern die Freiheit des Jurastudiums genossen, auch gerade in Heidelberg, und habe gar nicht so richtig eingesehen, warum soll ich in ein Propädeutikum gehen, warum soll ich in eine Übung gehen. Bis ich schmerzlich verstanden habe, dass man mir dort beigebracht hätte, wie man mit dem Wissen, das ich hatte, auch eine gute Note schreibt.

NaN
Clemens Engelhardt:

Und das lernt man eben dort. Und das kam irgendwie bei mir nicht an. Ich nehme das mal auf meine Kappe und nicht auf die Kappe der Uni Heidelberg, dass sie mir das nicht gesagt haben. Wahrscheinlich haben sie es mir gesagt, denn andere meiner Kommilitonen wussten das.

NaN
Clemens Engelhardt:

Und immer wenn es einer weiß, dann kommt es daher, dass es einem die Organisation auch gesagt hat, muss man fairerweise sagen. Es wird zu wenig geübt. Die meisten Kommilitonen haben immer unendliches Wissen angesammelt.

NaN
Clemens Engelhardt:

Die Hausarbeiten, die wir geschrieben haben, die waren gespickt mit tollsten Fußnoten, aber textlich teilweise unverwertbar. Und das tut einem dann leid. Ich habe mal aus Spaß meine alten Hausarbeiten rausgekramt und habe festgestellt, um Gottes Willen, wie konnte ich teilweise in einer fachlichen hochtrabenden Hybris so falsch liegen? Und wie viele Füllwörter und wie viel Blödsinn habe ich da abgeliefert, der überhaupt nichts mit Jura zu tun hat.

NaN
Clemens Engelhardt:

Das ist auch eine Krankheit, die man häufig sieht. Das gibt sich alles über die Übung. Und zum Glück ist es ja so, dass Examensklausurenkurse sowohl von den Unis angeboten werden, als auch von den privaten Repetitorienanbietern.

NaN
Clemens Engelhardt:

Ich habe mal gesagt, für jedes Examen sollte man 100 Klausuren geschrieben haben. Wenn man das versucht, kommen wahrscheinlich 50 bis 80 raus. Dann ist man auf der sicheren Seite.

11:54 Min
Marc Ohrendorf:

Ja, das hören wir ja auch immer wieder. Kann ich auch aus der eigenen Erfahrung bestätigen. Also das, was am meisten wehtut, ist nun mal auch in der Vorbereitung das Klausuren schreiben und dann weiß man meistens aber auch, das bringt am meisten.

NaN
Marc Ohrendorf:

Das stimmt. Genau. Wenn man dann gute Klausuren geschrieben hat, dann kann man irgendwann auch in einem Family Office arbeiten. Wir haben schon viele andere Tätigkeiten hier abgebildet im Podcast, aber erklären Sie mal, was hat es damit auf sich? Was macht man denn da und was ist das überhaupt?

12:17 Min
Clemens Engelhardt:

Ein Family Office, es gibt zwei Arten von Family Office, die Multi-Family Offices und die Single-Family Offices. Ein Multi-Family Office ist nichts anderes als ein Vermögensverwalter für mehrere, möglicherweise sehr viele reiche Familien. Das nennt man neudeutsch Asset Management, Vermögensverwaltung, Vermögensberatung.

NaN
Clemens Engelhardt:

Das, was man klassisch unter Family Office versteht, ist eigentlich eine Gruppe von festangestellten Menschen, die nur für eine Familie arbeiten, weil das Vermögen dieser einen einzigen Familie so komplex und so groß ist und so strukturiert und auch so diversifiziert, dass man dafür mehrere Leute braucht, die das organisieren. Wenn ich mir das Vermögen ansehe oder die Familie, für die ich damals tätig war, dann reden wir von Unternehmensbeteiligungen in Summe von 7.000 Mitarbeitern.

NaN
Clemens Engelhardt:

Und das ist nicht mehr Mittelstand, wenn man so will. Davon 2.000 bis 3.000 Mitarbeiter im Ausland bis runter nach Chile. Eine Unternehmensgruppe, zu der Hotels gehören, zu der ein großer Immobilienbauträger gehört, zu der eine große Brauereikette gehört, Die wiederum einen Joint Venture mit der internationalen Brauerei Heineken darstellt.

NaN
Clemens Engelhardt:

Also man sieht, wie da so ein Ast aufgeht in jede Richtung. Und wenn es dann eine Person oder eine Familie gibt, der das alles gehört, dann braucht diese Familie Menschen, die das mitstrukturieren. Da reicht es eben nicht, das Unternehmen als Inhaber zu haben.

NaN
Clemens Engelhardt:

Gehört es einem und dann kriegt man viel Geld aufs Konto jedes Jahr. Sondern es braucht Menschen, die in der Vermögensplanung, in der Nachfolgeplanung, in der Erbplanung mitmachen, die helfen, diesen Flohzirkus ein bisschen beisammenzuhalten, humoristisch ausgedrückt. Und was macht man da? Man macht Gesellschaftsrecht.

NaN
Clemens Engelhardt:

Da werden viele Gesellschaftsformen fällig. Wir haben dort tatsächlich alles von der Gesellschaft Bürgerlichen Rechts bis zur Sozietas Europäer alles gehabt. Im Wesentlichen sind das natürlich GmbHs, GmbH und CoKG und solche Dinge. Man kauft Beteiligungen, man verkauft Beteiligungen, man hat Finanzierungsgespräche mit großen Banken.

NaN
Clemens Engelhardt:

Wir haben damals auch für ein Großprojekt, den Neubau einer Brauerei, haben wir eine Anleihe aufgelegt. Also ganz, ganz spannende Dinge, die der eine oder andere textlich verarbeiten kann, die eine oder der andere vielleicht noch nicht im Studium. Das ist auch völlig normal, dass man mit den Begriffen nur bedingt was anfangen kann.

NaN
Clemens Engelhardt:

Aber ein so strukturiertes Vermögen, wie es so die 150 reichsten Deutschen, die so in irgendwelchen Listen auftauchen, eben haben, das bietet sehr, sehr viel Arbeit und das war für mich sehr spannend, mal nicht als Anwalt nur von außen für ein Thema zu kommen oder für zwei oder drei, sondern mal von oben den Blick auf das Ganze zu werfen und zu sagen, da sind wir nicht genug investiert oder das passt eigentlich nicht mehr zu uns.

NaN
Clemens Engelhardt:

Da möchten wir mehr, da möchten wir weniger. Und warum gibt es eigentlich drei Gesellschaften für die Kunstsammlung? Und was ist mit der Oldtimer-Sammlung?

15:13 Min
Marc Ohrendorf:

Wie grenzt sich das dann von einem Finanzberater ab, könnte man ja mal ganz profan fragen.

15:20 Min
Clemens Engelhardt:

Naja, also der Jurist in so einer Rolle in einem Family Office ist für die rechtliche Strukturierung zuständig und für die Umsetzung, ganz platt gesagt. Wobei die Umsetzung die Strukturen so bauen sollte, dass sie in die Zukunft gehen.

NaN
Clemens Engelhardt:

Das ist das Schöne am Vertragsrecht und das Allerschönste am Gesellschaftsrecht. Man baut Strukturen, die am besten über Jahrzehnte halten können. Der Finanzberater steuert die Finanzströme dabei. Es ist also tatsächlich eng verzahnt und um jetzt die Studierenden und die Hörer endgültig zu verschrecken, es hat auch viel mit Steuern zu tun.

15:53 Min
Marc Ohrendorf:

Das ist relativ offensichtlich. Wer schon mal in der einen oder anderen Wirtschaftskanzlei tätig war, der wird mitkriegen, dass dann doch in allerlei Transaktionen am Ende des Tages der Steuerrechtler oftmals noch ein mehr oder weniger entscheidendes Wort hat.

16:07 Min
Clemens Engelhardt:

Absolut. Ich bekomme Schläge von den Gesellschaftsrechtlern, wenn ich sage, Gesellschaftsrecht selbst hat kaum einen eigenen Anwendungsbereich oder Lebenszweck. Wofür brauche ich denn eigentlich eine Gesellschaft? Ich möchte einen bestimmten Steuereffekt erzielen, ich möchte mich vor Haftung schützen, ich möchte mich mit anderen zusammentun.

NaN
Clemens Engelhardt:

Wenn ich alleine bin, brauche ich keine Gesellschaft, es sei denn, ich möchte meine Verbindlichkeiten, also meine Schulden bei der Gesellschaft lassen. Ich möchte im Insolvenzfall nicht, dass mein Privatvermögen weg ist oder ich möchte eine bestimmte steuerliche Folge damit auslösen.

NaN
Clemens Engelhardt:

Wobei gesagt sei, dass das nicht im Vordergrund stehen darf, sonst hat Vater Staat dazu ja auch eine Meinung zur Steuergestaltung. Aber ganz häufig ist es so, wenn wir gesellschaftsrechtlich gefragt werden, sollen wir dieses oder jenes tun, sollen wir den Weg nach rechts, nach links oder in der Mitte gehen, ist unsere Antwort immer, was sagt denn der Steuerberater, was der intelligenteste Weg ist? Wir bauen das dann rechtlich drumherum.

NaN
Clemens Engelhardt:

Und das heißt ein bisschen, dass wir uns da als die Hilfswissenschaftler der Steuerrechtler verstehen. Das hören die Steuerrechtler gerne, die Gesellschaftsrechtler nicht so gerne, aber so ehrlich darf man sein.

17:15 Min
Marc Ohrendorf:

Und für diese ganzen Tätigkeiten will man dann am Ende des Tages natürlich auch bezahlt werden. Lassen Sie uns da mal ein kleines bisschen darüber sprechen, wie man als Rechtsanwalt eigentlich bezahlt wird. Grundsätzlich gibt es zwei Modelle.

NaN
Marc Ohrendorf:

Man kann nach RVG, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz oder entsprechend einer individuellen Vereinbarung mit dem Mandanten auf meistens Stundensatzbasis mit verschiedensten Abwandlungen bezahlt werden. Können Sie das nochmal so ein kleines bisschen skizzieren, wer zu welchem Modell wahrscheinlich greifen wird und wie das in der Praxis so abläuft? Vielleicht auch unter Bezug auf die Rechtsgebiete, die wir gerade schon angesprochen haben und ihre bisherigen Tätigkeiten.

17:54 Min
Clemens Engelhardt:

Sie haben es schon sehr, sehr schön strukturiert. Es gibt die gesetzliche Vergütung des RVG, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Da steht drin, wie der Gesetzgeber sich das vorstellt. Der Gesetzgeber hat dort im Wesentlichen den Verbraucherschutz im Blick.

NaN
Clemens Engelhardt:

Das heißt, in dem Moment, in dem ein Verbraucher rechtsratsuchend zum Anwalt geht, soll er wissen, was die gesetzliche Vergütung ist und soll das auch im Vorhinein taxieren können. Ob er das anhand des Gesetzes kann, lassen wir mal dahingestellt.

NaN
Clemens Engelhardt:

Ich glaube, da muss noch viel getan werden, um dem Verbraucher zu ermöglichen, das wirklich dann zu sehen. Es gibt so ein, zwei Vergütungsrechner im Internet, aber so richtig transparent ist es eben noch nicht. Das zweite ist, dass der Mandant und der Anwalt, meistens natürlich getrieben vom Anwalt, sich auf eine Stundensatzvereinbarung, eine Art Festpreisvereinbarung, Paketvereinbarung oder sowas einigen.

NaN
Clemens Engelhardt:

Ich kann Ihnen sagen, es wird keine Überraschung sein, dass ich in den letzten zehn Jahren, ich glaube, nur ein oder zwei Mandate nach gesetzlicher Vergütung gemacht habe, weil die in der Regel deutlich unter dem liegt, was wir auch an Aufwand in die Mandate reinstecken müssen. Gerade im Bereich Gesellschaftsrecht, gerade im Bereich Mergers and Acquisitions kann es sein, dass entweder die gesetzliche Vergütung zu gering ist oder viel zu hoch.

NaN
Clemens Engelhardt:

Weil die gesetzliche Vergütung sich am Wert der Sache, also am Streitwert, am Gegenstandswert orientiert. Das kann natürlich bei einem Unternehmenskaufvertrag, der einen Wert von einer Milliarde hat, kann das sehr, sehr viel sein, abgesehen davon, dass es Vergütungsdeckel gibt. Umgekehrt kann ich eine sehr komplexe Transaktion, einen sehr komplexen Vertrag haben, bei dem es aber nur um 10.000 Euro geht.

NaN
Clemens Engelhardt:

Da wäre meine Vergütung auf die Stunden runtergebrochen, die ich da arbeiten muss. Deutlich unter dem, was es auch dem Mandanten wert ist. Deswegen haben sich in Deutschland Stundensätze etabliert, getrieben natürlich vom US-amerikanischen Markt, der mit der sogenannten Billable Hour schon viele, viele Jahrzehnte arbeitet.

NaN
Clemens Engelhardt:

Und die Fortentwicklung dessen ist die Kombination aus beiden Welten, in der man sagt, der Wert der Sache hat für den Mandanten durchaus auch einen Budgetpunkt. Punkt. Also wir haben das jetzt vor nicht allzu langer Zeit erlebt, da war eine deutsche Großkanzlei beteiligt an einer Venture Capital Investition und die haben eine Rechnung gestellt, die über 10% des Investments betragen hat.

NaN
Clemens Engelhardt:

Das ist für den Mandanten ein echtes Problem, weil er sagt, es kann nicht sein, dass meine Transaktionskosten dann auch noch mit da und so weiter auf einmal 15, vielleicht sogar 20% meines Investments betragen, das steht nicht im Verhältnis. Ist.

NaN
Clemens Engelhardt:

Sodass wir uns mal überlegt hatten bei uns in der Kanzlei, eine Preisliste zu bauen, die nicht nur Stundensätze als Modell bietet, sondern eben auch Fixpreise für fixe Pakete.

20:41 Min
Marc Ohrendorf:

Lassen Sie mich da nochmal ganz kurz einhaken, bevor wir das RVG verlassen, denn wir kommen ja jetzt in den Bereich der individuell vereinbarten Honorare. Sie haben eben gesagt, das RVG kann auch schon mal zu teuer sein, gerade wenn man so einen Fall hat, der rechtlich nicht so mega komplex ist, aber vielleicht einen extrem hohen Streit- beziehungsweise also Transaktionswert hat, der dann eben auf Basis ist für diese Kalkulation nach RVG.

NaN
Marc Ohrendorf:

Das RVG darf aber ja auch nicht unterschritten werden, wenn ich recht informiert bin. Was macht man denn dann?

21:11 Min
Clemens Engelhardt:

Naja, das gilt ja erstmal für Gerichtsverfahren. Das RVG darf in streitigen Verfahren nicht unterschritten werden und außerhalb von Gerichtsverfahren sieht die Welt ja schon ganz anders aus. Und dann geht es nur um die Vermeidung von Dumpingpreisen.

NaN
Clemens Engelhardt:

Dumpingpreisbesorgnis ist letzten Endes kartellrechtliche, wettbewerbsrechtliche Besorgnis und Wiederverbraucherschutz. Es besteht in Deutschland nicht die Sorge, dass bei Milliarden Transaktionen die Anwälte mit Dumpingpreisen agieren. Auch wenn dann vielleicht ein Anwaltshonorar von ein, zwei Millionen vielleicht nicht im Verhältnis zu der Milliarde steht, muss man aber wissen, dass um diese zwei Millionen zu verdienen, die Kanzlei dann mit 40 Leuten acht Wochen Vollzeit arbeitet.

NaN
Clemens Engelhardt:

Also man kann sich das in der Regel praxismäßig ja nicht so vorstellen, dass eine einzelne Anwältin oder ein einzelner Anwalt da zwei Stunden was macht und hinterher eine Rechnung über zwei Millionen schreibt. Das funktioniert nicht und das ist, glaube ich, auch gut so.

22:06 Min
Marc Ohrendorf:

Ja, wir haben an der Stelle natürlich auch eine gewisse Divergenz zwischen dem Einzelanwalt oder der Einzelanwältin, den so der Gesetzgeber vielleicht auch irgendwann mal vor Augen mit hatte jedenfalls und den heutzutage streng organisierten und strukturierten Wirtschaftskanzleien und den entsprechend auch komplexen Transaktionen, die dort beraten werden. Das sind natürlich zwei recht verschiedene Welten auch einfach.

22:28 Min
Clemens Engelhardt:

Richtig, richtig. Ich habe einen Freund, der sehr, sehr erfolgreich als Einzelanwalt tätig ist, allerdings mit einem Team von Rechtsanwälten und Hafergehilfen. Er macht ausschließlich Verkehrsrecht, aber hat eine unglaublich hohe Zahl von Einzelfällen. Seine Tätigkeit pro Einzelfall ist, wenn man das genau anschaut, in Zeit sehr gering.

NaN
Clemens Engelhardt:

Es ist alles standardisiert, die Informationen werden von seinem Team eingeholt, jeder, der einen Verkehrsunfall mal dokumentieren musste, weiß, da muss man so eine Zeichnung machen, dann muss mit der Versicherung korrespondiert werden. Das ist ja alles, ich hatte mal einen Ausbilder, der hätte dazu gesagt, das kann ein gut trainierter Affe.

NaN
Clemens Engelhardt:

Das ist also nicht Rocket Science, das kann man einigermaßen sogar automatisieren und da gibt es ja schon Unternehmen, die im Bereich Legal Tech versuchen sowas zu automatisieren. Und der verdient extrem gut und hat ein extrem gutes Leben, weil er sich sehr gut organisiert hat.

NaN
Clemens Engelhardt:

Er sagt immer, er macht das wie ein Arzt. Er muss schauen, dass die persönliche Zeit, die er mit dem jeweiligen Mandanten verbringt, möglichst kurz ist. Ob das die Art ist, in der man arbeiten möchte, das ist jedem selbst überlassen.

NaN
Clemens Engelhardt:

Ich möchte nicht praktischer Arzt sein, niedergelassen auf dem Land, der vier Behandlungszimmer hat und von einem Zimmer ins nächste rennt. Also meine Tätigkeit erfüllt mich deswegen mit Freude. Und wenn es dann zum Erfolg führt, auch mit einem gewissen gemeinsamen Stolz, wenn so eine Transaktion zum Abschluss kommt, weil ich involviert bin und auch weil wir nach Rat gefragt werden und weil wir unseren Rat dann auch nicht nur fachlich anbringen können, indem wir Dokumente erstellen, sondern weil wir an den Verhandlungen mitwirken, weil wir vielleicht den einen oder anderen wirtschaftlichen Punkt auch mit einstreuen können und weil wir dann als Team mit unserem Mandanten partnerschaftlich gearbeitet haben.

NaN
Clemens Engelhardt:

Das ist aber was ganz anderes als der skizzierte Anwalt, der in der Regel wie ein Steuerberater so Einzelfälle wahnsinnig viele verwaltet. Es geht beides. Das ist das Schöne an unserem Beruf.

24:22 Min
Marc Ohrendorf:

Und da haben Sie irgendwann gesagt, wir brauchen mehr Preistransparenz. Wir machen jetzt eine Preisliste und die stellen wir auf LinkedIn und die kriegt dann 150.000 Klicks. Letzteres haben Sie wahrscheinlich nicht geplant, nehme ich an.

24:36 Min
Clemens Engelhardt:

Nein. Wenn Sie sich überlegen, ich bin jetzt gerade knapp über 40, jetzt werden also die jungen Leute sagen, weiß der überhaupt, was Internet ist? Ja, ich weiß es. Ich weiß aber auch, was Reichweite ist und ich weiß auch ein bisschen, wie Social Media funktioniert.

NaN
Clemens Engelhardt:

Tatsächlich wollten wir unsere Kontakte informieren, dass wir jetzt eine Preisliste gemacht haben. Das ist deswegen so etwas in Anführungszeichen skandalös gewesen, weil keine Kanzlei, von der ich weiß, sowas jemals gemacht hat. Ich weiß, es gibt einige Kanzleien, die die Preislisten intern haben und dem Mandanten auch auf Nachfrage wohl zur Verfügung stellen.

NaN
Clemens Engelhardt:

Aber diesen sehr direkten Weg, das einfach mal ins Internet zu stellen und zu sagen, hier, das ist übrigens das, was wir tun und das hat den und den Preis, Das hat, soweit ich weiß, noch niemand gemacht, weil es uns eben darum ging, unseren Mandanten zu sagen, what you see is what you get. Das tun wir in den Preisverhandlungen mit den Mandanten sowieso, also warum nicht öffentlich drüber sprechen.

NaN
Clemens Engelhardt:

Und wir haben gemerkt, diese 150.000 Klicks, die das hatte und diese enorme Resonanz, die kamen daher, weil auf Mandantenseite ein großer, großer Bedarf, ein echter Need da war für Preistransparenz. Es wird beim Branchendienstleister, Juwe, wird zum Beispiel überschlägig gesagt, was die Stundensätze deutschlandweit ungefähr so seien.

NaN
Clemens Engelhardt:

Das wird so ermittelt. Jeder weiß ungefähr, was ein Partner einer Großkanzlei in irgendeiner Großstadt in Deutschland ungefähr kostet. Bei uns haben wir einfach gesagt, das und das ist der Stundensatz. Punkt.

NaN
Clemens Engelhardt:

Bei uns kostet ein Unternehmenskauf das, bei uns kostet ein virtuelles Mitarbeiterbeteiligungsprogramm, ein ESOP, kostet jenes. Warum können wir das machen? Eigentlich kann es jede Kanzlei machen. Es geht nicht darum, fixe Dumping-Prizes zu machen, sondern wir sehen ja, wir haben das preislich auch nach Größen, nach Komplexität bestrukturiert, wir wissen ja, wie viel Arbeit da drin steckt.

NaN
Clemens Engelhardt:

Ich mache das seit über zehn Jahren. Ich weiß, was passiert. Jeder erfahrene Anwalt weiß, wie sich ein Mandat ungefähr im Zeitablauf verhalten wird. Es gibt sicherlich Varianzen, gar keine Frage.

NaN
Clemens Engelhardt:

Aber wir wissen, was kommt. Ich muss ja auch meine Kapazität planen. Ich kann ja nicht einfach ein Mandat annehmen und sagen, in Ordnung, und wenn das dann ein bisschen mehr wird, dann lade ich einfach mehr Arbeit auf den Schreibtischen um mich herum ab.

NaN
Clemens Engelhardt:

Am besten am Freitagabend. Ich weiß, dass das zur guten alten Großkanzlei Logik früher gehörte, ich war ja selbst lang genug in diesem Spielfeld unterwegs, aber auch das hat sich geändert, weil auch die, junge Generation sich da geändert hat, was die Anforderungen an Work-Life-Balance und diese Dinge angeht und das ist auch richtig so Wir. Gehen stark den Weg zu sagen, es geht nach Arbeitspaketen, es geht nicht nach wieviel Stunden hast du den Mandanten in Rechnung gestellt sondern war das Projekt rechtzeitig fertig? Hat der oder die Mitarbeiterin oder die Kollegin die Punkte beachtet, die wichtig waren? Wir glauben auch, dass nicht kalkulierbare Projekte für den Kunden einfach schwierig sind.

NaN
Clemens Engelhardt:

Also ich habe selber, als ich Mandant war im Family Office, haben wir ein sehr großes Projekt gehabt, da ging es von vornherein um mehrere hunderttausend Euro Honorar, von denen wir wussten, dass wir die ausgeben werden und wir haben die Angebotsseite gezwungen, sehr klar zu strukturieren, nach Milestones, nach Zeitpunkten, was werdet ihr wann tun, weil dann auch klar ist, was was kostet.

NaN
Clemens Engelhardt:

Das nimmt auch diesen Vertrauenspunkt nach oben. Wenn man offen über einen Preis spricht, der vorher kommuniziert ist, dann kann man über diesen Preis kommunizieren und das ist überhaupt nicht schlimm. Dass der Preis hoch ist, ist auch überhaupt nicht schlimm.

NaN
Clemens Engelhardt:

Wenn Sie ins Geschäft gehen und da ist eine Schweizer Uhr und da ist ein Preisschild dran, dann können Sie vielleicht aktuell in der Krise versuchen, die Uhr ein bisschen günstiger zu bekommen, aber sie kostet eben Ihren Preis. Niemand hat da ein schlechtes Gefühl.

NaN
Clemens Engelhardt:

Der Anwaltsmarkt ist wahrscheinlich einer der letzten Märkte, oder überhaupt der Beratermarkt, ich habe das von Agenturen auch mitbekommen, der mit den Preisen immer sehr intransparent umgeht. Was wissenschaftlich betrachtet interessanterweise ein Fehler ist.

NaN
Clemens Engelhardt:

Es gibt inzwischen wissenschaftliche Erkenntnisse, die sagen, dass Preistransparenz und Fixed Pricing zu höherer Profitabilität führt.

28:52 Min
Marc Ohrendorf:

Lassen Sie mich nach einem Punkt vorher einsteigen. Würden Sie sagen, dass der Markt härter geworden ist und dass der ein oder andere Stundensatz vielleicht auch so nicht mehr haltbar ist über die letzten Jahre hinweg oder geht das eigentlich immer noch ganz gut?

29:07 Min
Clemens Engelhardt:

Ich kann nicht für den Markt sprechen. Wir haben tatsächlich über die Boomzeit überhaupt keine Probleme gehabt Und wir haben interessanterweise jetzt in der Nicht-mehr-Boom-Zeit auch keine Probleme. Ganz interessant ist aber tatsächlich folgender Effekt.

NaN
Clemens Engelhardt:

Seitdem ich in Mandatsanbahnungsgesprächen auf unsere Preisliste verweise, wird die einfach akzeptiert. Das ist ein psychologischer Mechanismus, der ganz spannend ist. Mein Stundensatz kostet 380 Euro plus Umsatzsteuer und das steht in der Preisliste.

NaN
Clemens Engelhardt:

Punkt. Da wird nicht mehr diskutiert. Noch vor einem halben Jahr gab es dann, ja, aber diese und jene Kanzlei würde aber weniger nehmen oder mehr oder was auch immer. Das ist dann einfach neutralisiert, das Thema.

NaN
Clemens Engelhardt:

Sicherlich bei Großprojekten gibt es auch Abweichungen, da sind wir in die eine oder andere Richtung auch flexibel, aber ich glaube nicht, dass der Markt insofern so hart geworden ist, dass man über die Stundensätze wirklich diskutiert. Ich glaube, es geht um was anderes.

NaN
Clemens Engelhardt:

Gerade wenn man Unternehmenskäufer M&A anschaut, gibt es momentan wenig zu tun. Das ist einfach so. Das ist konjunkturbedingt. Und da geht es, glaube ich, weniger nur um die reinen Kosten, als um die Frage, wer das Projekt überhaupt bekommt.

NaN
Clemens Engelhardt:

Und auch da ist natürlich ein Punkt, wer spielt transparent, wer spielt offen, wer spielt mit offenen Karten. Das macht einen riesen Unterschied.

30:24 Min
Marc Ohrendorf:

Wie läuft das denn regelmäßig ab? Also Sie haben eine Kanzlei, der Mandant klingelt ja jetzt nicht einfach, der ruft wahrscheinlich eher mal an oder Sie kennen jemanden, der jemanden kennt und dann gibt es noch zwei, drei Wettbewerber nehme ich an und dann gibt es ein gewisses Verfahren. Ist das strukturiert, ist das unstrukturiert? Skizzieren Sie das doch mal, wie man zu einem Mandant kommt.

30:46 Min
Clemens Engelhardt:

Die ganz Großen haben auch ganz große Probleme. Denn die ganz Großen sind bei allen DAX-Unternehmen in sogenannten Panels schon gelistet. Und wenn es schlecht läuft für die ganz Großen, dann werden sie bei einem Projekt alle gebeten, ein Angebot abzugeben.

NaN
Clemens Engelhardt:

Ein sogenannter Beauty-Contest wird gemacht. Wie man das von den Werbeagenturen auch kennt. Sie sollen wahrscheinlich sogar kostenlos das Problem schon mal lösen, schon mal strukturieren, wie sie sich das vorstellen, sehr viel Arbeit reinstecken. Das kennen wir von den Werbeagenturen, die erstmal Entwürfe machen oder auch von den Architekten.

NaN
Clemens Engelhardt:

In unserem etwas kleineren Bereich, wir sind eine Kanzlei mit drei Standorten in Deutschland, als Boutique-Law-Firm, deutlich kleiner, ist es tatsächlich so, dass wir angesprochen werden, der Mandant kommt zu uns, weil wir einen gewissen Bekanntheitsgrad haben, natürlich Mund-zu-Mund-Propaganda, Mandanten, die glücklich bei uns waren, empfehlen uns weiter. Oder wir bekommen irgendwie sonst über Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder ähnliche über die Banken die Information, da gibt es ein sich anbahnendes Projekt.

NaN
Clemens Engelhardt:

Wir würden euch die Möglichkeit geben, euch da mal vorzustellen. So und dann geht man in ein erstes Gespräch und dann passiert was ganz Spannendes. Wie kommt der Anwalt zum Mandanten? Also wenn der mal der Kontakt irgendwie hergestellt ist, dann muss man sich am besten physisch treffen.

NaN
Clemens Engelhardt:

Das ist ganz wichtig. Zoom ist alles fein, Corona alles toll, aber physisches Treffen ist ganz wichtig, weil da immer noch diese Energie zwischen Menschen entstehen muss. Denn, und jetzt sage ich was ganz, ganz Wichtiges, als Anwalt verkaufen wir keine Dienstleistung.

NaN
Clemens Engelhardt:

Wir verkaufen etwas, das man nicht verkaufen kann. Wir verkaufen Vertrauen. Genau, Sie sagen es. Wir verkaufen Vertrauen. Vertrauen kann man nicht verkaufen.

NaN
Clemens Engelhardt:

Vertrauen muss sich bilden. Vertrauen kann sich nur bilden, wenn man sich gegenseitig zuhört und wenn man merkt, dass einem der Mensch auf der jeweiligen Gegenseite und insbesondere die Rolle der Anwälte ist, Rat zu geben. Wenn sich da die Integrität der Person, die Persönlichkeit zeigt, ist zum Beispiel auch einer der Grundsätze bei uns in der Kanzlei, dass wir in der Regel nie am selben Tag nach einem Erstgespräch auch die Vertragsbeziehungen zum Mandanten eingehen.

NaN
Clemens Engelhardt:

Also wir schieben dann nicht gleich irgendwie die Vollmacht in den Fee-Letter über den Tisch, am besten noch mit einem Füller, hier bitte mal rechts unten unterschreiben. Das ist nicht unser Stil. Ich sage jedem meiner Mandanten, er möge bitte am nächsten Tag oder wann auch immer sich melden, weil die Projekte, die wir haben, in der Regel langfristige Projekte sind.

NaN
Clemens Engelhardt:

Das ist eine Sache, wenn wir kurz einen Vertrag machen. Da ist das nicht so ganz entscheidend. Aber wenn es darum geht, eine Gesellschaft zu gründen, wenn es darum geht, streitige Gesellschafter wieder zu versöhnen oder auseinanderzubringen, dann muss ich sehr eng mit meinem Mandanten arbeiten.

NaN
Clemens Engelhardt:

Ich muss verstehen, was dieser Mensch an Agenda hat. Ich muss ein Gefühl dafür entwickeln, ob es eine Hidden Agenda gibt, also ob es dahinter noch Themen gibt, die wichtig sein könnten, damit ich nicht auf der. Informationsbasis, die ich eigentlich habe, arbeite und möglicherweise, weil ich die wesentlichen Fragen nicht gestellt habe, am ganzen Thema vorbeiarbeite.

NaN
Clemens Engelhardt:

So, und das heißt, auch ich muss die Chance haben, bei meinen Mandanten, denen in die Augen zu sehen und sagen, okay, das kann ich mir vorstellen, das funktioniert, da bin ich die richtige Person. Und es ist auch schon vorgekommen, dass ich selbst jetzt mal gesagt habe, ich bin nicht die Richtige.

NaN
Clemens Engelhardt:

Natürlich versuchen wir das Mandat dann in der Kanzlei zu halten, alles andere wäre auch unlogisch. Aber es gab auch Fälle, in denen wir gesagt haben, da sind wir als Kanzlei auch die Falschen. Wir haben eine Idee, zu wem sie gehen können, aber das sind nicht wir.

NaN
Clemens Engelhardt:

Wir sind sehr arrogant mit dem, was wir können. Klassische Juristen, wir können das, was wir können, sehr gut. Aber wir sind auch sehr offen mit dem, was wir alles nicht können. Jura ist ein sehr weites Feld.

NaN
Clemens Engelhardt:

Ich habe wenig Ahnung von der Klagebefugnis von einem Froschteich im Umweltrecht. Ich weiß es nicht, ob ein Froschteich klagen kann. Ich glaube, da gab es mal eine Entscheidung.

NaN
Clemens Engelhardt:

Aber das Umweltrecht zum Beispiel ist nicht mein Thema. Ich weiß, dass es Umweltrecht im Unternehmenskauf gibt. Ja. Wenn man eine Tankstelle kauft, dann möchte man wissen, ob da Öl im Boden ist.

NaN
Clemens Engelhardt:

Da gibt es dann möglicherweise öffentlich-rechtliche Pflichten hinterher. Da geht wieder die ganze Welt auf. Aber ich bin nicht derjenige, der das Umweltrecht dann macht. Da muss ich dann eben jemanden haben.

NaN
Clemens Engelhardt:

Also man muss sich selbst insofern beschränken können auf das, was man kann. Das, was man kann, sollte man aber auch dem Mandanten vertrauensvoll sagen können, dass man das auch wirklich kann. Das ist ganz entscheidend.

NaN
Clemens Engelhardt:

Ich möchte von jedem Berater, der um mich herum in meinem Leben irgendwie mit mir zu tun hat, sei es zum Beispiel mein Arzt oder mein Pfarrer, ich möchte von meinem Arzt das Gefühl vermittelt bekommen, dass das medizinische Problem, das ich habe, dass er das auch lösen kann. Natürlich muss ich selber entscheiden, ob ich mit einem Herzinfarkt zu meinem Zahnarzt gehe.

NaN
Clemens Engelhardt:

Das ist jetzt ganz plakativ. Aber ich hatte mal die Situation, dass ich nach einem Skiunfall von drei Ärzten nacheinander nicht behandelt wurde. Und ich bin jedem dieser drei Ärzte sehr dankbar, dass sie es nicht versucht haben, sondern an den vierten verwiesen haben, der es dann sehr gut gemacht hat.

NaN
Clemens Engelhardt:

Und das gilt, das kann jeder nachvollziehen, das kann auch jeder Student, jeder Studierende kann das nachvollziehen. Und so muss der Anwalt auch übergehen. Das hat was von Mindset, das hat was von Integrität und das hat auch was von Ehrlichkeit.

NaN
Clemens Engelhardt:

Und dann fühlt man sich in dem Beruf auch wohl.

35:50 Min
Marc Ohrendorf:

Und ist ihr Mindset dann gewissermaßen mit anderen Mindsets geclashed, als diese Preisliste online kam? Ich habe nur gesehen, die Reaktionen waren ja sehr vielseitig. Was lief denn so ab dann anschließend? Ich meine, 150.000 Views auf LinkedIn, da wird ja wahrscheinlich einiges zusammengekommen sein.

36:09 Min
Clemens Engelhardt:

Tatsächlich hatten wir Applaus von allen Seiten, von vielen Seiten, die mich etwas überrascht hatten. Wir hatten Partner von fast allen großen Wirtschaftsprüferkanzleien, Partner von vielen, vielen erstklassigen Großkanzleien, internationalen Großkanzleien, die sich positiv geäußert haben und sei es auch nur durch ein Like, ein Weiterleiten.

NaN
Clemens Engelhardt:

Wir hatten auch Gegenwind, gar keine Frage, darauf zieht die Frage ja ab. Der Gegenwind ist deswegen spannend, weil wir durch diese Preisliste nichts anderes versucht haben, als Transparenz in den Markt zu bringen. Und es ist gar nicht so einfach, etwas gegen Transparenz zu sagen, ohne sich selber in den Schatten zu stellen.

NaN
Clemens Engelhardt:

Wäre ich gefordert, einen Text zu schreiben, der versucht, sowas negativ zu bewerten, müsste ich gleichzeitig als Autor versuchen, nicht als der Bad Guy frei da zu stehen und das ist einfach schwierig. Zumal jede öffentliche Äußerung, das ist auch für die junge Generation sehr wichtig, den immer mal wieder zu sagen, jede öffentliche Äußerung bleibt.

NaN
Clemens Engelhardt:

Das Internet vergisst ja nichts. Und wenn sich, was geschehen ist, Menschen negativ über Preistransparenz öffentlich äußern, dann sagen die das ja nicht nur mir, was mir noch einigermaßen recht ist, warum nicht? Meinungsfreiheit, alles okay. Aber dann sagen die das auch ihren eigenen Kontakten und darunter sind ihre eigenen Mandanten.

NaN
Clemens Engelhardt:

Das ist das Interessante dabei. Uns ist wenig Gegenwind entgegengeschlagen und viel Applaus. Und am Ende wundert es auch nicht wirklich. Alle Kanzleipartner, die ich kenne, mit denen ich studiert habe, die eben den klassischen Großkanzleiweg gegangen sind, die mich teilweise angerufen haben und gesagt haben, was macht ihr denn da? Seid ihr verrückt geworden? Das kannst du nicht machen.

NaN
Clemens Engelhardt:

Ihr stellt euch ins Off. Und da habe ich zwei Dinge gesagt, die das Mindset dieser Menschen und unser Mindset zeigen. Erstens, was eine andere Kanzlei über uns denkt, hat nichts mit dem Verhältnis zwischen uns und unserem Mandanten zu tun.

NaN
Clemens Engelhardt:

Also ich finde das toll, wenn Kanzleien wie Freshfields, CMS, Hasche, Siegle und so uns mögen, aber es ändert für uns ja nichts. Also der Blick auf den Wettbewerber ist nicht unwichtig, man sollte gucken, was die anderen tun.

NaN
Clemens Engelhardt:

Auch wenn Freshfields jetzt vielleicht nicht unser direkter Wettbewerber ist, aber es ist eigentlich egal. Das zweite ist, warum schaut ihr denn so auf uns? Habt ihr Angst, dass das, was wir da getan haben, tatsächlich bei euch was auslöst? Und so war es. Ich bin mehrfach gefragt worden, was ich mir denn erlauben würde, denn die Reaktion des Marktes sei doch vorhersehbar.

NaN
Clemens Engelhardt:

Alle würden jetzt zu ihren Anwälten rennen und fragen, warum es das da nicht auch gibt. Und da habe ich dann darauf geantwortet, dann ist es vielleicht richtig so. Wenn der Markt das haben will, ich meine nochmal, wenn sie ins Geschäft gehen, steht da ein Preis.

NaN
Clemens Engelhardt:

Die Packung Nudeln, um es mal im studentischen Rahmen zu lassen und die Flasche mit der Tomatensauce, da steht ein Preis. Das hat was mit BGB-AT zu tun. Das hat natürlich was mit BGB-AT-Schuldrecht-AT zu tun.

NaN
Clemens Engelhardt:

Und dementsprechend, dieser sogenannte Skandal, den wir da hatten, war eigentlich ein Nicht-Skandal. Wir haben ein nicht bestehendes Tabu gebrochen. Wahrscheinlich eines der letzten weißen Flecken der Landkarte bereinigt.

NaN
Clemens Engelhardt:

Klar, also wir haben uns vorher natürlich abgesichert, ist das wettbewerbsrechtlich safe, was wir tun? Ist das standesrechtlich in Ordnung? Dürfen wir das? Es gab auch Kollegen, die das durch Anwaltskammern haben prüfen lassen. Mindestens von einer Anwaltskammer aus Rhein-Main weiß ich, dass die Antwort sehr schnell kam.

NaN
Clemens Engelhardt:

Erstens, das ist keine Werbung, das ist eine sachliche Information. Zweitens, die Preise sind keine Dumpingpreise, dementsprechend alles zulässig und wir wissen gar nicht, was ihr wollt. Macht's halt.

39:58 Min
Marc Ohrendorf:

Und das haben Sie jetzt mit dem Vergütungsrat noch ein kleines bisschen, könnte man sagen, institutionalisiert, oder?

40:04 Min
Clemens Engelhardt:

Genau. Also wir hatten natürlich viel Resonanz aus den großen Unternehmensrechtsabteilungen, weil die gesagt haben, und ich habe natürlich auch aus meiner Historie heraus Kontakt zu Unternehmensrechtsabteilungen bis hoch in den Bereich DAX-Unternehmen, die haben gesagt, wir sprechen miteinander ohnehin über Best Practice, wir haben Zirkel, in denen wir uns austauschen, wie strukturiert man eine Rechtsabteilung, wie führt man die ab? Aber auch, wie gehen wir mit Anwaltskosten um? Anwaltskosten ist der wesentliche Kostenblock einer Unternehmensrechtsabteilung, wenn wir Personal mal weglassen.

NaN
Clemens Engelhardt:

Und dabei habe ich in diesen Gesprächen, die unmittelbar nach unserer Preisliste dann Ende Mai so auf uns zukamen, gemerkt, da wird viel Best Practice versucht, es wird viel Marktstandard versucht, aber niemand institutionalisiert das. Niemand gibt dem Ganzen ein Forum.

NaN
Clemens Engelhardt:

Wir haben gesagt, dann machen wir das jetzt. Bieten wir einfach mal einen Raum, in dem sowohl Anwälte als auch Unternehmensjuristen, als auch Investoren, als auch Geschäftsführer, also alles die ganze Mandantenseite mit, aber auch der gesamten Kanzleiseite und hoffentlich bald mal dann auch mit Beteiligung von Berufsverbänden, Kammern und so weiter, alle miteinander sprechen können und sich ausdenken können, was sind denn intelligente Vergütungssysteme für welche Situation? Was sind transparente Vergütungssysteme? Muss möglicherweise am RVG etwas gemacht werden? Mein Wunsch wäre, dass eine RVG-Rechnung, für die Jüngeren, die nicht wissen, wie sowas aussieht, das ist einfach eine Tabelle.

NaN
Clemens Engelhardt:

Die sich eben nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz irgendwie da einen Preis auswirft, aber da steht auf der Rechnung nicht drauf, wie die Tabelle funktioniert, also die Formel dahinter. Die ist ganz simpel, weil da hat man einen Streitwert und dann hat man einen Gebührensatz und dann hat man eine Gebührentabelle und das Ganze gibt dann halt eine Formel.

NaN
Clemens Engelhardt:

Aber dieser Satz steht nie auf einer Anwaltsrechnung drauf. Das steht da nicht. Also kann der Kunde das genauso wie bei einer privaten Arztrechnung gar nicht nachvollziehen, nur dass bei einer privaten Arztrechnung meistens dafür irgendeine Versicherung aufkommt. Deswegen ist es den Leuten egal.

NaN
Clemens Engelhardt:

Wir wollten eine Plattform bilden. Die Plattform ist der Deutsche Vergütungsrat. Der Deutsche Vergütungsrat wird einen Honorarkodex finalisieren, entwerfen, bearbeiten. Den Entwurf haben wir mal vorgelegt, wobei wir als Kanzlei, und das ist ganz wichtig, mit dem Vergütungsrat gar nicht in Verbindung sind.

NaN
Clemens Engelhardt:

Das kommt zwar ursprünglich als Initiative von uns, aber wir haben damit nichts zu tun. Das ist keine Kanzlei-Werbung. Wir haben einen Rahmen geschaffen. Wir sind die NFL, aber das Basketballspiel findet auf dem Platz statt.

NaN
Clemens Engelhardt:

Ich hatte als junger Assistent während der Promotion die Chance, in der Regierungskommission oder für einen Regierungskommissionsmitglied für den Corporate Governance Codex mitzuschreiben. Und anhand dieser Logik ist das aufgebaut. Also der Markt findet sich selbst und sagt, was er eigentlich möchte.

NaN
Clemens Engelhardt:

Beide Seiten. Oder alle Seiten, wenn man so will. Also auch der Regulator soll dabei sein, der Gesetzgeber oder zumindest die Kammern und Anwaltsverbände. Und dann sollen die einfach mal machen.

NaN
Clemens Engelhardt:

Interessant ist eben daran, das gibt es noch nicht Es gibt ein paar Modelle Wir sind zum Beispiel auch teilweise für sehr große Unternehmen tätig in der Kanzlei und das war so ein Erfahrungspunkt, da hat uns der, Mandant eine Bulletpoint-Liste geschickt, was bei uns in der Honorarvereinbarung nicht auftauchen darf, oder was wir sogar anerkennen müssen, was wir nicht tun werden.

NaN
Clemens Engelhardt:

Ich sag jetzt mal was da so drin stand, da stand drin es dürfen keine Anwaltsstunden in Rechnung gestellt werden von Anwälten, die der Mandant nicht kennt Jetzt fragt man sich, warum solche Anwaltsstunden in Rechnung gestellt werden sollten. Naja, ich saß auch schon mal in Telefonkonferenzen als Großkanzlei-Astosiat, kannte den Mandanten nicht und habe mich gewundert, warum wir zu fünft da ins Telefon reinhören.

NaN
Clemens Engelhardt:

Dann fällt aber die Stunde fünfmal an. Das kann man natürlich entsprechend ausweiten. Und all das soll der Markt mal mit sich selbst besprechen und dafür haben wir die Plattform gebaut. Und die Plattform ist der Deutsche Vergütungsrat.

NaN
Clemens Engelhardt:

Wir werden, wenn es gut anläuft, vielleicht das sogar als europäisches Modell auslösen, weil wir in allen anderen Ländern in Europa oder vielen anderen Ländern ganz ähnliche Situationen haben. Und da tun wir was für die Kanzleien.

NaN
Clemens Engelhardt:

Die Kanzleien sollen dadurch Verhandlungssicherheit bekommen, Preisstabilität. Eine Kanzlei, die auf ein Projekt ein Angebot abgibt, weiß nie, ob sie wesentlich zu teuer ist oder wesentlich zu billig oder zufälligerweise ungefähr richtig liegt. Jeder, der einen Beratungspreis aufwerfen soll, fragt sich immer, wie soll ich es bepreisen, damit ich noch mitspielen darf.

NaN
Clemens Engelhardt:

Da wollen wir helfen. Wir wollen den Mandanten helfen, dass Vergütungsmodelle entworfen werden, die angemessen sind, aber nachvollziehbar, transparent. Wir wollen, dass der ganze Themenkomplex Legal Tech, moderne Beratungsmodelle damit einfließt. Und das ist uns ganz wichtig, das Ganze wird wissenschaftlich begleitet.

NaN
Clemens Engelhardt:

Also der deutsche Vergütungsrat hat sowohl die Bucerius Law School durch den Senatspräsidenten Professor Prütting mit dabei, als auch den Professor Smets von Oxford University, der im Bereich Professional Service Firms und Pricing forscht. So dass das Ganze auch wissenschaftlich fundiert ist, denn ohne zu viel zu verraten, es gibt schon wissenschaftliche Erkenntnisse, dass intelligente Pricing-Systeme zu mehr Profitabilität führen.

NaN
Clemens Engelhardt:

Und ich kann Ihnen sagen, aus unserer Kanzlei-Erfahrung, das ist so zwei, drei Jahre her, haben wir festgestellt, wir haben ein bisschen mal die Kunden gefragt, die sagten, naja, wenn du vom Stundensatz weggehst für das Projekt und auf einen Fixpreis gehst, sind wir bereit, bis zu 20 oder 30 Prozent mehr zu bezahlen, wenn es das dann aber ist. Da war ich ganz überrascht, ehrlich gesagt.

NaN
Clemens Engelhardt:

Wirklich überrascht. Ich habe immer gedacht, Fixpreise führen dazu, dass man weniger verdient oder zufälligerweise das verdient, was man verdienen möchte. Nein, der Kunde sagt, wenn ich wirklich weiß, was ich bezahlen muss, dann kann ich das in mein Budget einstellen.

NaN
Clemens Engelhardt:

Und dafür bin ich bereit, deutlich mehr zu bezahlen. Das ist der Background. Deutscher Vergütungsrat ist jetzt ja auch aktuell in der Presse. Wir werden mal sehen.

NaN
Clemens Engelhardt:

Vielleicht können wir diese Pflanze ein bisschen gedeihen lassen. Mich würde es sehr freuen. Und ich werde da ab und zu als Initiator vielleicht von der Seite anschieben. Ansonsten, das Spiel findet auf dem Platz statt.

46:17 Min
Marc Ohrendorf:

Ja, vielen herzlichen Dank, Professor Engelhardt, für das Gespräch.

46:20 Min
Clemens Engelhardt:

Ihnen vielen Dank. Bis bald.

46:22 Min
Marc Ohrendorf:

Bis bald. Tschüss. Jo, wenn euch diese Folge von Irgendwas mit Recht super gefallen hat, dann schreibt uns doch gerne, mit wem ihr als nächstes sprechen möchtet. Denn diejenigen Gäste, die aufgrund eurer Wünsche zusammenkommen, sind meistens die besten Gäste, so auch in diesem Fall.

NaN
Marc Ohrendorf:

und ansonsten, ja, Social Media überall, ihr könnt uns auf LinkedIn finden, Twitter, Instagram und so weiter. Gebt uns gerne auch 5 Sterne bei iTunes. Vielen Dank fürs Zuhören, bis dann.

NaN
Marc Ohrendorf:

Tschüss!

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