IMR5718. Aug 20
IMR057: Notariat in Hamburg | Interview Notar

IMR - Original

IMR057: Notariat in Hamburg | Interview Notar

Dr. Jens Jeep, Notar | Notare am Rathausmarkt

0:00
0:00

Über diese Episode

Folge 057 deines Jura-Podcasts zu Job, Karriere und Examensthemen.

Nach Jurastudium und Staatsexamen noch ein drittes Examen absolvieren? Nicht unbedingt: Erfahrt im Gespräch von Dr. Jens Jeep, was es wirklich braucht, um Notar zu werden, wie aus seiner Sicht ein gutes Jurastudium aussieht und welche Auswirkungen die Digitalisierung auf seinen Beruf haben wird. Dr. Jeep ist Notar in Hamburg, war in die Gründung der Bucerius Law School involviert und beschäftigt sich neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit mit der Frage, wie die juristische Ausbildung verbessert werden kann.

Inhalt:

  • 00:09 Vorstellung
  • 02:15 Auslandsstudium
  • 07:52 Berufseinstieg
  • 11:50 Hochschulgründung
  • 15:59 Überblick Notariat
  • 23:35 Anknüpfungspunkte zum Studium
  • 35:12 Notariat & Digitalisierung
  • 41:24 Mitmachen bei Dr. Jeep
  • 42:53 Praxistipp

Links zur Episode:

Verwandte Episoden

Feedback & Hintergründe zur Folge:

Apps & IMR auf Social Media:

Happy Listening 🎉 und vielen Dank für Euer Feedback! 🙏🏼

Zu Gast

Jens Jeep

Jens Jeep

Kapitel

  • 00:00:09.000Vorstellung
  • 00:02:15.000Auslandsstudium
  • 00:07:52.000Berufseinstieg
  • 00:11:50.000Hochschulgründung
  • 00:15:59.000Überblick Notariat
  • 00:23:35.000Anknüpfungspunkte zum Studium
  • 00:35:12.000Notariat & Digitalisierung
  • 00:41:24.000Mitmachen bei Dr. Jeep
  • 00:42:53.000Praxistipp

Über Notare am Rathausmarkt

Notare am Rathausmarkt ist ein alteingesessenes Hamburger Notariat, das direkt am Rathausmarkt seinen Sitz hat und mit einem Team von rund zehn bis fünfzehn Berufsträgern und Mitarbeitenden beurkundet, berät und gestaltet. Die Kanzlei deckt das gesamte notarielle Spektrum von Immobilien- und Gesellschaftsrecht bis hin zu Nachfolge- und Familienangelegenheiten ab und ist zugleich für ihre wissenschaftliche und ausbildungsbezogene Vernetzung bekannt.

Dr. Jens Jeep, einer der Köpfe des Hauses, engagierte sich schon bei der Gründung der Bucerius Law School und treibt heute Fragen der Modernisierung der Juristenausbildung sowie der Digitalisierung notarieller Abläufe voran – ein Profil, das in der Hansestadt auffällt. Lust auf noch mehr Einblicke? Dann klickt auf Play und hört in unsere Irgendwas mit Recht-Folgen rein, um das Notariat und die Ideen dahinter persönlich kennenzulernen!

Weitere Episoden von
Notare am Rathausmarkt

"
Der Notar ist nicht der Anwalt einer Partei, sondern der Notar von beiden Parteien mit der Aufgabe, Streit bereits vor Vertragsabschluss zu verhindern.

Sneak Peak – Q&A mit Jens Jeep

Transkript

KI-basiert und kann Fehler enthalten.

Music:

0:10 Min
Marc Ohrendorf:

Herzlich willkommen zu einer weiteren Episode Irgendwas mit Recht. Mein Name ist Marc Ohrendorf und heute bin ich in Hamburg für euch und ich spreche mit Dr. Jens Jeb. Guten Tag.

0:22 Min
Jens Jeep:

Ja, hallo.

0:24 Min
Marc Ohrendorf:

Jeb, Sie sagten gerade im Vorgespräch schon, ab und zu spricht man Sie auch Jeep aus, aber es ist dann immer noch das deutsche Jeb und Sie sind Notar hier in Hamburg.

0:32 Min
Jens Jeep:

Ich bin Notar in Hamburg, genau, obwohl Jeb jetzt kein Hamburger Name ist und ich auch nicht ursprünglich aus Hamburg komme.

0:38 Min
Marc Ohrendorf:

Wo kommen Sie denn her?

0:38 Min
Jens Jeep:

Ich komme aus Hannover, da ist allerdings auch kein entsprechender Name und Hannover und Hamburg ähneln sich ja, weil der Fußballverein jeweils HSV abgekürzt wird und beide spielen mittel.

0:50 Min
Marc Ohrendorf:

Ja, das ist eine Verbindung, die hätte ich jetzt nicht so direkt gesehen, aber wenn Sie das sagen, dann soll das so sein. Und sagen Sie, außer mit der Bahn, um einen ganz schlechten Kalauer zu bringen, wie kommt man denn von Hannover nach Hamburg und dann auch noch als Notar?

1:08 Min
Jens Jeep:

Auf jeden Fall über Umwege. Ich habe tatsächlich studiert im Süden, also gar nicht im Norden. Ich bin aus Hannover weggegangen, bin dann nach Passau gegangen, um dort zu studieren. Das war auch eine der, würde ich sagen, besten Entscheidungen in meinem Leben, weil das einfach so eine wunderbar kleine Stadt ist.

NaN
Jens Jeep:

Und studieren in einer kleinen Stadt kann ich immer nur empfehlen. Ich würde immer jedem sagen, der mich fragt, große oder kleine Stadt studieren, lieber in der kleinen Stadt. Das darf ich natürlich in Hamburg eigentlich nicht sagen, aber ich sage das trotzdem.

NaN
Jens Jeep:

Und da habe ich zwei Jahre Jura studiert, das war toll, muss ich sagen, weil wir auch so einen verrückten Prof hatten, Herrn Mante, der war eigentlich verrückt, der war eigentlich ganz trocken im Zivilrecht, aber es war der einzige, von dem ich bisher weiß, der sich die Mühe gemacht hat, bei diesem Haifischfleischfall herauszufinden, wie man dieses Heschküringsköth wirklich ausspricht.

NaN
Jens Jeep:

Und ich habe es noch im Ohr, als er gesagt hat, Heschküringsköth würde man es nennen. Und da sieht man wieder, solche Sachen merkt man sich dann.

2:03 Min
Marc Ohrendorf:

Ja, man muss manchmal Jura auch einfach nur bildhaft machen.

2:05 Min
Jens Jeep:

Ich bin ein ganz großer Freund von Bildhaftigkeit und da sind wir Juristen ja eigentlich nicht so groß drin.

2:11 Min
Marc Ohrendorf:

Ja, das stimmt. Naja, es wird besser vielleicht, könnte man sagen. Okay, zwei Jahre im Süden studiert und dann?

2:19 Min
Jens Jeep:

Dann ging es nach London, um dort im Rahmen eines Austauschprogramms, was die Uni Passau mit dem King's College in London hatte, eben ein Jahr zu studieren. Und da habe ich ein Diploma in Legal Studies abgelegt, also einfach genau das mitgemacht, was die Engländer gemacht haben.

NaN
Jens Jeep:

Und dann bin ich wieder zurück nach Deutschland und da war eben die Frage, geht es zurück an deine alte Uni oder doch woanders hin? Und ich dachte mir, nee, die, die ich kannte, sind entweder weg oder ein Jahr weiter. Das ist mir zu frustrierend.

NaN
Jens Jeep:

Und dann bin ich nach Freiburg gewechselt, also in die andere Ecke Deutschlands und habe dort fertig studiert, habe dort auch promoviert, habe beim Lehrstuhl gearbeitet, habe noch ein Buch geschrieben, was parallel zur Dissertation nichts mit Jura zu tun hatte, zweite Staatsexamen gemacht. Dann war die große Frage, was jetzt?

3:03 Min
Marc Ohrendorf:

Lassen Sie uns bei diesem Schweinsgalopp durch Ihre Ausbildungszeit mal einen kleinen Halt einbauen. Zum einen würde mich interessieren, dieses Diploma in London. Das war ja kein LLM, das haben Sie ja schon zu Studienzeiten gemacht, nehme ich an.

NaN
Marc Ohrendorf:

Das heißt, Sie sind vor dem Staatsexamen, wo eigentlich viele Studierende sagen, ich muss ja bald für das Staatsexamen lernen, erst nochmal rausgegangen. Warum?

3:28 Min
Jens Jeep:

Weil das eben ging. Also Passau hatte diesen Austausch und das war eben dieses Austauschprogramm Erasmus und nach zwei Jahren konnte man das machen. Und ich habe es gemacht, weil ich mir immer gesagt hatte, du willst auch nochmal woanders hin und ins Ausland idealerweise und dann habe ich es getan.

NaN
Jens Jeep:

Würde ich es nochmal tun? Nein. Also, muss man natürlich sagen, klassische Juristenantwort, jein. Also ich würde nicht nochmal nach zwei Jahren ins Ausland gehen für ein Jahr, aber ich würde stattdessen einen Master von LLM im Ausland machen. Ich halte das für sinnvoller, als während des Studiums ins Ausland zu gehen.

NaN
Jens Jeep:

Einfach, weil man am Ende des Tages natürlich sagen muss, das erste Staatsexamen, wie es ist, ist deutsches Recht und so schön das auch ist, dass man im Ausland Erfahrungen gesammelt hat, das bringt einem jetzt nicht so wahnsinnig viel. Ich könnte sogar fast sagen, die eine oder andere Erkenntnis bringt einem weniger, weil man nämlich zu schlau wird in bestimmten Bereichen.

NaN
Jens Jeep:

Das ist ja auch nicht so gut im Staatsexamen. Und dann dann finde ich den Master im Ausland nochmal ein bisschen kompakter und als Titel ist natürlich auch prima. Also wenn man hier jetzt Empfehlungen sucht für Studenten, würde ich sagen, oder Studentinnen, vielleicht doch lieber hinterher den Master.

4:35 Min
Marc Ohrendorf:

Ist das mehr als nur ein großer Sprachschein, wie manche ja manchmal sagen?

4:39 Min
Jens Jeep:

Was? Der Master? Das kommt darauf an, wo man ist. Also ich glaube, in England, muss ich sagen, also mein Abschluss, die waren ja knallhart. Also wenn ich dann denke, dass zum Beispiel die französischen Austauschstudenten in Passau in meinen Kursen.

NaN
Jens Jeep:

Wenn die was gefragt wurden, dann haben die gerne mal die Hand gehoben. Wir sind Franzosen. Und dann haben alle ein bisschen geschmunzelt und dann ging es mit der Frage woanders weiter.

NaN
Jens Jeep:

Und bei uns, die haben null Rücksicht drauf genommen. Die haben uns behandelt wie jeden anderen auch und auch in der Prüfung. Und ich weiß noch, die haben ja sogar in der Prüfung, das war so ein Open-Book-Examen, wo man also seine Bücher nutzen durfte.

NaN
Jens Jeep:

Und ich hatte in irgendeinem Buch halt, ich weiß es nicht, ein paar Sachen gelb angehighlighted. Also jetzt nicht wegen der Prüfung, sondern vorher. So arbeite ich mit Büchern.

NaN
Jens Jeep:

Die haben ja knallhart in der Prüfung das Buch weggenommen. Da war es halt kein Open-Book-Examen für mich. Ne, also ich glaube in Amerika ist das manchmal ein bisschen anders und das hängt sicherlich auch davon ab, wie viel Geld man zahlt dafür und ob so ein Masterprogramm im Wesentlichen auch ein Programm ist, mit dem die Unis sich dann refinanzieren und da kriegt man sicherlich immer diesen Abschluss.

NaN
Jens Jeep:

Bei uns war es, also ich, die Note haben wir uns verdient, muss ich sagen.

5:45 Min
Marc Ohrendorf:

Kann ich auch bestätigen. Also ich war vor einigen Jahren in London, habe da mein LLM gemacht und das waren dann auch 16 Klausuren. Das war dann jetzt nicht so mal gerade ein, zwei Scheine schreiben.

NaN
Marc Ohrendorf:

Das kommt wahrscheinlich ein bisschen darauf an, wo man hingeht, aber generell kann ich es auch nur empfehlen. Also natürlich ist es wie immer, das materielle Recht braucht man nur teilweise in der beruflichen Praxis, aber es hat sich schon bewährt. Ja, auch einfach mal einen anderen Blick auf die Dinge zu bekommen.

NaN
Marc Ohrendorf:

Das wird bei Ihnen ja wahrscheinlich auch so gewesen sein. Wenn man dann zurückkehrt, dann hinterfragt man natürlich auch das System ein kleines bisschen mit diesem neuen Blick und sagt, ach, guck mal, das machen wir so, das macht vielleicht doch sehr viel Sinn, was ich vorher noch nicht so erkannt habe.

6:23 Min
Jens Jeep:

Ich finde das absolut wichtig, denn man kommt auch mal von dieser Arroganz des deutschen Juristen weg. Man wächst ja quasi auf oder in der Juristenausbildung, man denkt, es ist so, wie es ist und so muss es sein. Und das ist quasi Gott gegeben, dass das deutsche Zivilrecht so ist und der deutsche Anspruchsaufbau, wie er ist und alles andere ist eigentlich kaum denkbar.

NaN
Jens Jeep:

Und dann stellt man eben fest, Mensch, andere Länder haben erstens, Überraschung, die gleichen Probleme. Das sind natürlich immer reale Probleme, die gelöst werden, aber die haben andere Wege und die Wege sind halt nicht immer schlechter, die sind manchmal vielleicht auch besser. Und das finde ich wahnsinnig spannend.

6:57 Min
Marc Ohrendorf:

Gut, dann waren Sie zurück, erst Sex haben mit Erfolg gemacht, Referendariat, wo war das?

7:02 Min
Jens Jeep:

Das Referendariat habe ich dann auch in Freiburg gemacht. Ich habe tatsächlich erst angefangen zu promovieren. Also, oder parallel an dem Lehrstuhl auch gearbeitet, wo mein Doktorvater war. Das war einerseits eine nette Zeit, andererseits eigentlich nicht schlau, weil richtig gut betreut wurden eigentlich die, die nicht dort gearbeitet haben.

NaN
Jens Jeep:

Die, die da waren, waren ja da. Also die Betreuung war eher nicht so, war sehr überschaubar. Und dann habe ich das Referendariat eben auch in Freiburg angefangen. Ich hatte kurz noch überlegt, ob ich da nach Berlin zugehe, aber bin dann doch in Freiburg geblieben, auch aus persönlichen Gründen.

7:39 Min
Marc Ohrendorf:

Wann war das?

7:40 Min
Jens Jeep:

Das war 1900, also im letzten.

7:49 Min
Marc Ohrendorf:

Okay, dass man das so ein bisschen einordnen kann. Gut, dann Referendariat vorbei. Warum kein Staatsanwalt? Mal so ins Blaue gefragt.

7:59 Min
Jens Jeep:

Ja, das ist ja der eine Vorteil, den das Referendariat wirklich hat, dass einem so ein paar Illusionen genommen werden und dass man eben doch einen Einblick bekommt in den einen oder anderen Beruf. Und ich muss sagen, die Staatsanwaltsstation fand ich wahnsinnig wichtig und das ist für mich auch bei meinem, ich habe so ein eigenes Konzept gemacht zur Juristenausbildung, wie man das vielleicht besser machen kann.

NaN
Jens Jeep:

Ich finde die Sitzungsvertretung wahnsinnig wichtig. Die Arbeit selbst fand ich einigermaßen frustrierend und fand auch nicht, dass viele von denen, die ich da gesehen habe, jetzt so ein Role Model waren, wo ich das Gefühl hatte, das macht Spaß. Und es war halt schon sehr, sehr überlastet.

NaN
Jens Jeep:

Sehr viel Arbeit, sehr viel Akten. Ich hatte das Gefühl, die sind auch zum Teil ein bisschen alleingelassen. Das fand ich nicht gut und das ist auch generell so. Das würde ich auch mal sagen.

NaN
Jens Jeep:

Ich finde, die Justiz wird nicht gut genug behandelt von uns Bürgern, Schrägstrich vertreten eben durch den Staat. Da müsste vieles eigentlich viel besser laufen. Das gilt ja nicht für mich, ich bin ja anders organisiert, aber das gilt eben für Richter und Staatsanwälte.

NaN
Jens Jeep:

Und bei den Richtern war es ein bisschen ähnlich. Ich erinnere mich noch, wie wir mal Schlange standen und dann in einer Pause vom Referendariat und beim Kaffee und dann kam so ein Richter vorbeigeschlüpft, ich bin Richter und ging an uns allen vorbei, um sich dann vorne den Kaffee als erstes zu holen.

NaN
Jens Jeep:

Das war auch super. Der hatte aber dann auch noch die Klamotten an, die offenbar die gleichen waren, wie er an dem Tag, als er angefangen hat, seinen Job auszuüben. Das heißt nicht, dass alle Richter schlecht sind, um Gottes Willen sind sie ja nicht.

NaN
Jens Jeep:

Aber das war eben auch so, dass ich dachte, nee, das ist mir zu, auch zu einsam, zu wenig im Team gearbeitet, zu wenig Dialog.

9:31 Min
Marc Ohrendorf:

Kann ich absolut verstehen. Also ich persönlich hatte genau dieselbe Überlegung, dass ich im Referendariat eigentlich erstmal festgestellt habe, an vielen Punkten, es kommt sehr auf die Kammer drauf an, es kommt sehr auf das Umfeld drauf an, in dem man natürlich arbeitet, an vielen Punkten ist Jura ein verdammt einsamer Job, je nachdem, was man ausübt.

NaN
Marc Ohrendorf:

Und dann kamen Sie irgendwie zum Notariat. Wie ging das?

9:53 Min
Jens Jeep:

Da kam ich überhaupt noch nicht zum Notariat. Also erstmal muss man sagen, ich habe beide Staatsexamen gemacht und die haben halt beide, ich habe das neulich mal wieder gefunden. Also ich bin ein bisschen nerdig da.

NaN
Jens Jeep:

Ich habe mir immer aufgeschrieben nach jeder Klausur, wie ich denke, dass die gelaufen ist. Also so Mindestnote, die ich mir geben würde, wenn es richtig mau war und die Bestnote. Und daraus habe ich mir dann Schnitt errechnet und schlechtester Schnitt und bester.

NaN
Jens Jeep:

Und ich habe halt das Riesenglück gehabt, muss ich sagen, dass ich offenbar ein Prüfungstyp bin und ich habe es in beiden Fällen quasi geschafft, immer meine persönliche Bestmarke sogar, glaube ich, beim einen habe ich sie fast genau getroffen, beim anderen habe ich sie noch ein bisschen gerissen, ist noch ein bisschen besser gewesen. Und dann hatte ich halt wirklich ziemlich gute Noten, mit denen ich so vorher nicht gerechnet hatte und dann wusste ich nicht, was ich tun sollte, denn ich hatte ja nichts gelernt, also ich habe ja Jura-Ausbildung gelernt.

NaN
Jens Jeep:

Das konnte ich. Und dann habe ich gedacht, und jetzt? Was ich aber damals schon hatte, war eine ganz gute Vorstellung, wie Jura-Ausbildung eigentlich anders laufen sollte. Und dann ergab sich durch Zufall, weil ich in der Studienschriftung war und da jemand kannte, und der kannte jemanden, die Frage, dass in Hamburg eine private Jura-Ausbildung beginnen sollte, nämlich die Bucerius Law School.

NaN
Jens Jeep:

Und ob ich nicht Lust hätte, weil ich ja doch immer so viele Ideen hätte, mich da mal auf zwei Stunden mit den Verantwortlichen zu treffen und zu sagen, was ich denn so aus Sicht von jemandem, der das System gerade durchlaufen hat, anders machen würde. Dann bin ich nach Hamburg gefahren und haben wir uns da zwei Stunden getroffen und dann habe ich halt gesagt, was ich alles schrecklich fand und warum ich Jura toll finde, aber nicht so, wie es gemacht wird und wie ich es anders machen würde.

NaN
Jens Jeep:

Dann haben wir uns verabschiedet und dann bin ich wieder nach Freiburg gefahren und war weiterhin vor der Frage, was mache ich eigentlich. Und dann habe ich am nächsten Tag den Anruf von dem Geschäftsführer dieser neuen Hochschule bekommen, Jürgen Bühring, der mich im Wesentlichen fragte, wollen Sie nicht nach Hamburg kommen, mit uns zusammenarbeiten, irgendwann mal Nachfolger werden.

NaN
Jens Jeep:

Dann bauen wir das zusammen auf. Ja, das habe ich dann auch gemacht. Und damit war ich plötzlich in Hamburg.

11:50 Min
Marc Ohrendorf:

Das war doch bestimmt spannend, mal so from scratch. Das meiste aufgrund der Juristenausbildungsgesetze, wahrscheinlich ja nicht alles, aber doch vieles mal ein bisschen anders organisieren zu können.

12:00 Min
Jens Jeep:

Das wäre spannend gewesen, wenn man das meiste einfach hätte anders organisieren können. Es ist ja wie so häufig so und das ist ja eine Erfahrung, die vielleicht auch jeder andere mit Bewerbungsgesprächen so macht, dass merkwürdigerweise manchmal die Eigenschaften, die besonders geschätzt werden in Bewerbungsgesprächen als Mitarbeiter gar nicht so zwingend geschätzt werden.

NaN
Jens Jeep:

Also viele Ideen, Dinge anders machen, innovativ sein, ist ja dann doch auch wahrscheinlich auch anstrengend. Und ich habe dann halt festgestellt, dass man so viel Mut auch gar nicht hatte, wie ich gehofft hatte. Und ich bin dann auch durchaus mit unserem Präsidenten Hein Kötz, der ein ganz, ganz fantastischer Wissenschaftler ist, ein ganz toller Buchschreiber.

NaN
Jens Jeep:

Aus meiner Sicht vielleicht nicht die Idealbesetzung für eine reformierende Hochschule. Und da bin ich auch ganz gehörig aneinandergegangen, weil wir da ganz andere Auffassungen hatten. Und insofern war das einerseits eine wahnsinnig spannende Zeit, ich habe da ganz viel Tolles erlebt, habe da auch Einführungskurse konzipiert, auf die ich heute noch so ein bisschen stolz bin mit einigen anderen, wo man uns Jüngere herangelassen hat, aber ich habe nicht alles von dem oder sehr viel von dem, was ich gerne wirklich anders gemacht hätte, dann umsetzen können.

NaN
Jens Jeep:

Und insofern ist das eine ganz tolle Hochschule, die die Leute auch ganz toll ausbildet. Es ist nur eben nicht die Hochschule, die ich gerne so aufgebaut hätte und wo ich es gerne mal anders probiert hätte. Und ich hätte mir eigentlich gewünscht, dass wir nach 20 Jahren, jetzt ist ja nach 20 Jahren, wir sind im Jahr 2020, ich habe 2000 angefangen, dass man dann zurückblickt und sagt, so die Juristenausbildung hat sich massiv verändert, die ist viel besser geworden.

NaN
Jens Jeep:

Und Grund ist, dass die Bucerius Law School gezeigt hat, wie es geht. Und was die machen ist ganz tolle Juristenausbildungen, aber das andere ist halt nicht passiert. Und deswegen war ich dann und jetzt sind wir dann auch langsam, nee wir sind noch nicht beim Notariat, stimmt gar nicht.

NaN
Jens Jeep:

Dann wusste ich immer noch nicht, was ich jetzt wieder machen sollte. Es war eigentlich viel besser geworden. Und dann hatte ich aber eine Anfrage aus Baden-Württemberg. Und dort hatte der Justizminister, damals Herr Goll von der FDP, gedacht, Mensch, was Sie in Hamburg können, können wir Baden-Württemberger auch.

NaN
Jens Jeep:

Und was er am tollsten fand, war, es kostet den Staat nichts. Das hatte in Hamburg natürlich seinen Grund. Das war eine Stiftung, die hatte das Geld. Die hat von vornherein gesagt, wir wollen nichts haben.

NaN
Jens Jeep:

Wir wollen das als eigene Sache aufbauen. Das hat Herr Goll zwar nicht gehabt. Da gab es die Stiftung nicht, aber er war sich auch sicher, Geld vom Staat gibt es nicht. Und die Anwälte organisieren es, haben so eine Kanzlei Gleis Lutz genutzt und gesagt, ihr macht das.

NaN
Jens Jeep:

Und die haben dann zu mir gesagt, wollen Sie es nicht machen. Da hatte ich halt ein super Angebot, das hieß, kommen Sie zu uns, machen Sie die Hochschule, wenn das läuft, ist toll. Wenn Sie sagen, das macht so keinen Sinn, sind Sie bei uns Anwalt, Sie sind flexibel.

NaN
Jens Jeep:

Und dann bin ich da runter und es gab, als ich runterging, die Frage, wird diese Hochschule aufgebaut in Karlsruhe oder in Heilbronn? Und Karlsruhe konnte ich mir wahnsinnig gut vorstellen als Story, als Idee mit den ganzen Bundesrichtern dabei. Das hätte fantastisch gepasst.

NaN
Jens Jeep:

Und meine erste Nachricht am ersten Tag war, ach, Karlsruhe ist übrigens raus. Es wird Heilbronn. So und dann, ja gut, gar nicht zu sehr ins Detail gehen, wir haben dann festgestellt, das macht so eigentlich keinen Sinn an der Stelle mit dem Programm, mit der Finanzierung, wir können zwar inhaltlich was vielleicht viel besseres nochmal machen als Hamburg, aber wir kommen gegen Hamburg als Standort nicht an und ich habe immer gesagt, man muss auch einen Standort haben, der passt, das muss insgesamt sein, das muss auch was studentisches sein.

NaN
Jens Jeep:

Tja und ich hatte aber vorher, bevor ich dann sozusagen runterging, hatte ich mit einem Hamburger Notar, den ich kannte, zusammengesessen, haben wir Bier getrunken und ich habe mein Leid geklagt über meine berufliche Situation. Ich wusste nicht, was ich tue und dann hat er gesagt, was haben Sie denn für Noten? Und ich dachte, ja dies und das weiter.

NaN
Jens Jeep:

Oh Moment, Sie müssen Notar werden. Noch zwei Bier bitte. Ja, dann hat er ein Bier bestellt, hat mir erzählt, dass ich Notar werden muss und daraufhin habe ich mich einfach mal initiativ beworben und hatte das fast schon vergessen. Und während ich dann da unten war und diese Hochschule begraben hatte und eigentlich mich gerade ganz wohl fühlte als Anwalt, kam dann die Einladung zur Auswahl nach Hamburg.

NaN
Jens Jeep:

Und das habe ich gemacht, dann haben sie mich genommen und plötzlich war ich Notarassessor in Hamburg.

15:58 Min
Marc Ohrendorf:

Dann lassen Sie uns das doch mal ein kleines bisschen näher beleuchten. Sie haben schon gesagt, Auswahl und Bewerbungsprozess. Das heißt, man muss man ja ganz vorne anfangen. Man braucht zwei Staatsexamina, die müssen entsprechend auch ganz ordentlich sein, vielleicht sogar ein bisschen mehr als nur ordentlich.

NaN
Marc Ohrendorf:

Wie läuft denn dann dieses Auswahlverfahren ab? Wonach wird da geschaut? Wie muss man sich das Ganze vorstellen? Es gibt ja auch zwei verschiedene Arten des Notariats. Vielleicht können Sie da mal so einen kleinen Abriss bilden.

16:27 Min
Jens Jeep:

Man wird Notar-Assessor, dann wird man für drei Jahre bei der Kammer angestellt und je nachdem, in welchem Bundesland ist, wird man dann entweder, wenn es ein Flächenbundesland ist, meistens zu zwei Notaren, Schrägstrich Notarinnen zur Ausbildung zugewiesen und ist dann da immer anderthalb Jahre. Das liegt natürlich daran, dass das dann irgendwo auch auf dem Land ist und man da hin muss und vielleicht auch da wohnen.

NaN
Jens Jeep:

Und in einem Stadtstaat wie Hamburg sind es viel mehr Stationen, die aber kürzer sind, denn es ist ja alles Hamburg. Man muss ja hier nicht so weit fahren. Und dann macht man sicherlich so sechs verschiedene Stationen bei verschiedenen Notaren oder sieben.

NaN
Jens Jeep:

Ist dort zur Ausbildung, das hängt dann immer sehr vom Einzelnen ab, wie weit man da ausgebildet wird oder wie viele von den ärgerlichen Akten, die keiner bearbeiten mag, man in der Zeit dann doch mal endlich löst.

17:12 Min
Marc Ohrendorf:

Mhm. Und... Da ist man dann aber weiterhin beim Land angestellt oder bei den einzelnen Notaren?

17:22 Min
Jens Jeep:

Man ist bei der Kammer angestellt, aber quasi so in einem, ganz genau weiß ich es nicht, schon öffentlich-rechtlichen Anstellungsverhältnis. Man muss also vorher auch wie, als würde man Beamter werden, so eine Gesundheitsprüfung machen. Und man wird von der Kammer bezahlt aus dem Geld, das alle Notare wiederum aus ihrer Tätigkeit an die Kammer abführen.

NaN
Jens Jeep:

Und da wird man im Grunde bezahlt wie ein angehender Richter. Das ist erstmal gleich.

17:47 Min
Marc Ohrendorf:

Man könnte ja mal die Frage stellen, warum gibt es eigentlich Notare? Was machen die eigentlich?

17:52 Min
Jens Jeep:

Tja, also die Notare gibt es, wenn man es mal in einem Satz zusammenfasst, weil die Welt sonst viel komplizierter wäre und viel rechtsunsicherer.

18:02 Min
Marc Ohrendorf:

Das sieht aus Sicht der Studierenden ganz bestimmt anders aus. Die würden sagen, wenn es die Notare nicht gäbe, dann wäre mein Studium so viel leichter.

18:10 Min
Jens Jeep:

Ja, ich glaube, man hat so viel als Student ja mit den notariellen Dingen gar nicht zu tun. Ich kann für mich nur sagen, das meine ich auch ehrlich, dass ich von dem, was ich heute weiß und tue, wahrscheinlich 90 Prozent an echtem Wissen, nicht an Systemverständnis, das ist was anderes, aber an Wissen, habe ich alles erst danach gelernt.

NaN
Jens Jeep:

Das habe ich nicht im Studium gelernt. Und das meiste davon ist eigentlich das, was man am Anfang im Studium lernt. Also wirklich BGB, AT, Knallhart, System. Das taucht plötzlich hier richtig auf und zwar so, dass es dann auch mit Leben gefüllt ist.

NaN
Jens Jeep:

Was macht der Notar? Also ganz ursprünglich muss man ja sagen, der Notar, das waren ja die, die schreiben konnten. Die Welt war voller Leute, die nicht schreiben konnten und der Notar war der, der schreiben konnte und der hat halt aufgeschrieben, was die Leute wollten.

NaN
Jens Jeep:

Das war der Notarius, der Schreiber. Das hat sich dann irgendwann ein bisschen überholt, weil andere auch schreiben konnten. Aktuell weiß ich nicht, ob sich das nicht wieder in die andere Richtung entwickelt. Rechtschreiben klappt jedenfalls immer schlechter, wenn ich die Mails meiner Mandanten mir angucke.

NaN
Jens Jeep:

Und irgendwann wurde der Notar der, der eben auch dann Verträge aufgeschrieben hat, der die Verträge aufgesetzt hat, der dafür gesorgt hat, dass sie eben richtig sind, dass sie verständlich sind und dass beide Parteien wissen, was da gemacht wird. Und das ist eben genau mein Job heute.

19:30 Min
Marc Ohrendorf:

Aber das ist doch erstmal Band. Sie haben gerade gesagt, dass beide Parteien wissen, was gemacht wird. Also muss man sie erstmal ganz klar abgrenzen vom typischen Parteivertreter.

19:39 Min
Jens Jeep:

Ganz extrem. Es ist genau das Gegenteil und da kommen wir vielleicht nochmal zu, wenn wir gleich nochmal über das Anwaltsnotariat reden als Konzept. Aber der Notar ist eben nicht der Notar der einen oder der anderen Partei, sondern er ist immer der Notar von beiden Parteien.

NaN
Jens Jeep:

Und das ist eben insbesondere auch dann der Fall, wenn ich zum Beispiel einen Bauträger bei mir habe, der also bei mir das gesamte Objekt von mir begleiten lässt. Der kauft das Grundstück an, dann plant er den Bau, dann errichtet er eine Teilungserklärung, dann werden daraus Wohnungen, Wohnungseigentum, dann werden die einzelnen Wohnungen, die ja noch gar nicht gebaut sind, aber rechtlich schon bestehen.

NaN
Jens Jeep:

Wir können das ja als Juristen, wir können Dinge verkaufen, die es noch gar nicht gibt und die haben schon ein eigenes Grundbuch. Die werden dann verkauft mit einzelnen Abverkäufen. Das läuft dann alles bei mir.

NaN
Jens Jeep:

Und trotzdem, zum Leidwesen auch des Bauträgers, bin ich eben auch der Notar von jedem einzelnen Erwerber und ich sorge dafür, dass quasi der Vertrag, den der als allererstes bekommt, das ist eigentlich schon das Ergebnis, was es gäbe, wenn es den Notar nicht gäbe und der Verkäufer wäre mit einem guten Anwalt bewaffnet und der Käufer wäre auch mit einem guten Anwalt bewaffnet und die würden nach langer Verhandlung zu einem Ergebnis kommen.

NaN
Jens Jeep:

Das sollte eigentlich das sein, was als allererster Aufschlag schon von mir kommt. Und das ist übrigens auch der Grund, warum mir das so viel Spaß macht. Ich habe ganz kurz überlegt, bevor ich Notar wurde, und ich war ja Anwalt in der Wirtschaftskanzlei, und da habe ich natürlich auch Verträge verhandelt.

NaN
Jens Jeep:

Und ich habe ganz kurz mich gefragt, als ich mal wieder an so einem Vertrag im 27. Markup war und die Haare mir raufte, bist du eigentlich wahnsinnig, dass du das, was dir hier wirklich keinen Spaß macht, dass du das jetzt lebenslang machen willst? Und ich kann sagen, doch, ich bin heilfroh, aber es ist eben anders.

NaN
Jens Jeep:

Ich mache den Vertrag. Und danach gucken wir nur nochmal, was an inhaltlichen Dingen quasi noch fehlt. Aber es ist eben nicht so, dass ein unmöglicher einseitiger Entwurf gegen einen am besten noch anderen unmöglichen einseitigen Entwurf gestellt wird und dann kommt es noch darauf an, wer den besseren Anwalt hat, ob es dann wirklich was ordentliches ist oder nicht.

21:36 Min
Marc Ohrendorf:

Es ist ja gewissermaßen mit einem Wirtschaftsmediator zumindest in der vermittelnden Rolle vergleichbar, kann man das so sagen?

21:44 Min
Jens Jeep:

Kann man sagen, wobei wir eben sozusagen in der Situation sind, der Streit ist ja noch gar nicht da.

21:48 Min
Marc Ohrendorf:

Genau, darauf wollte ich hinaus, dass man sagt, also sozusagen durch dieses ja auch staatliche Monopol und die entsprechende Gestaltungsmacht, die sie dann haben, lässt sich eben auch Streit einfach verhindern. Genau.

22:01 Min
Jens Jeep:

Und das ist auch ein guter Punkt. Also wir haben natürlich das Monopol. Also nicht jeder kann Notar werden. Und es gibt auch nur eine beschränkte Anzahl von Notaren.

NaN
Jens Jeep:

Das muss man erst mal sagen, ist natürlich ein wahnsinniger Luxus, den wir da vom Staat haben. Dem geht aber erstens einher auch umgekehrt die Verpflichtung, alles zu machen. Ich darf nicht einen Mandanten abweisen.

NaN
Jens Jeep:

Ich darf nicht sagen, wenn da hier eine sehr anstrengende ältere Dame kommt, die ihr Testament machen will und auf die Frage, wie groß sind ihr Vermögen, sagt sie, nee, ich habe aber nichts, außer ein bisschen Schmuck. Dann kann ich nicht sagen, dann tun wir furchtbar leid, es kostet aber jetzt so und so viel die Stunde und wenn Ihnen das zu teuer ist, müssen wir wieder gehen.

NaN
Jens Jeep:

Und natürlich mache ich das und das gehört dazu. Es wird eben querfinanziert durch andere Fälle, wo eben deutlich mehr Geld anfällt, aber das gehört auch dazu. Und es bedeutet, dass ich, da ich es ja beurkunde und in dem Moment, wo ich es beurkunde, übernehme ich eine Verantwortung für die rechtliche Richtigkeit.

NaN
Jens Jeep:

Dass wenn ich sage, das mache ich nicht, dann wird das auch nicht gemacht. Also da bin ich sozusagen wie der Richter, nur dass ich jetzt eben wieder vor dem Streit bin. Aber bei Eheverträgen hat man das manchmal, es gibt halt manchmal Eheleute, die wollen unwirksame Eheverträge haben, und die kriegen es ja halt nicht ja, dann sag mal, es ist mir auch egal, ob sie das hier ausschließen wollen oder nicht, den Unterhalt als Ehefrau ausschließen wollen, egal ob sie Kinder kriegen oder nicht und es ist jetzt schon absehbar, dass sie dann diejenige sind, die in die Röhre gucken, aber sie wollen es trotzdem ausschließen, es wird halt nicht ausgeschlossen, so und das ist eigentlich sehr, sehr schön, es gibt einem eine große Freiheit, dass man so agieren kann und in dem Wissen, es dann richtig zu machen.

23:36 Min
Marc Ohrendorf:

Sie haben gerade schon Eheverträge angesprochen. Lassen Sie uns vielleicht nochmal ganz kurz umreißen, welche Rechtsgebiete die Studierende und Referendare kennen. Also 311b Absatz 1, glaube ich, Formnichtigkeit bei Grundstückskaufverträgen, wenn nicht notariell beurkundet.

NaN
Marc Ohrendorf:

Ist das das eine, was die meisten kennen würden? Eheverträge sind das zweite. Ich würde sagen, Testamente sind auch noch bekannt. Ja. Gibt es noch was, wo Sie sagen, das ist eigentlich was, das kommt hier häufig vor in Ihrer Praxis, das könnte man kennen?

24:06 Min
Jens Jeep:

Die Gesellschaftsgründung, die Gründung der Aktiengesellschaft, aber eben natürlich viel wichtiger die Gründung der GmbH oder dann auch der OG als Unterfall der GmbH, das ist natürlich ein ganz ganz wesentlicher Bestandteil im Gesellschaftsrecht und daran anknüpfend alles was mit Registern zu tun hat. Wir sind ja ein Registerland und zwar bin ich, das klingt so trocken, aber wenn man in der Praxis arbeitet, ist man heilfroh, dass es diese Register gibt, denn wir haben wirklich es wahnsinnig leicht gemacht zu wissen, ist der, der da jetzt auftritt für die GmbH, jemand, der die GmbH vertreten kann.

NaN
Jens Jeep:

Ja, ich gucke ins Register, ich weiß es. Und wir müssen ja häufig mit ausländischen Gesellschaften agieren und brauchen dann Vertretungsnachweise und Existenznachweise ausländischer Gesellschaften. Es ist eine Pest zum Teil.

NaN
Jens Jeep:

Und deswegen stimmt es eben auch nicht zu sagen, Gott, Deutschland ist so wahnsinnig bürokratisch. Wir sind in vielen Fällen sicherlich nicht perfekt und manches ist auch nicht gut. Aber gerade dieser Kernbereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit, unsere Register, die sind schon echt gut.

NaN
Jens Jeep:

Und die sind eben auch richtig. Und das ist eben das Zusammenspiel zwischen den Notaren auf der einen Seite und auch dann den Rechtspflegern und den Richtern bei den Registergerichten auf der anderen Seite. Und das ist super.

NaN
Jens Jeep:

Und dann gibt es eben auch dieses Vier-Augen-Prinzip und auch wenn wir wahrscheinlich gegenseitig manchmal mit den Augen rollen, weil die uns zu anstrengend oder wir die zu streng finden, im Großen und Ganzen ist das toll, weil das Ergebnis einfach Rechtssicherheit ist.

25:27 Min
Marc Ohrendorf:

Ja, und da muss man vielleicht auch nochmal die Brücke schlagen. Also viele kennen das 15 HGB, wenn ich mich recht entsinne, dann sind Dinge eingetragen und andere nicht. Und man baut sich so eine schöne Klausur daraus im Handels- und Gesellschaftsrecht und kommt dann irgendwo bei Rosinentheorie raus.

NaN
Marc Ohrendorf:

Das kennt ihr wahrscheinlich alle, ja. Aber in der Praxis gibt es eben tatsächlich Gesellschaften, da treten Menschen auf und man muss halt erstmal wissen, ist der das überhaupt, der da jetzt auftreten darf. Also das ist eben wirklich hands-on ganz praktisch relevant.

NaN
Marc Ohrendorf:

Relevant, ne?

25:59 Min
Jens Jeep:

Absolut. Das ist vielleicht ja auch ein Problem der Juristenausbildung, dass man eine Ausbildung hat, in der man ständig mit dem Problemfall befasst ist. Und die Erfahrung habe ich eben auch schon gemacht, Leute werden ja schon fast paranoid, weil sie immer das Problem suchen.

NaN
Jens Jeep:

Das mag ja die Hämmermethode sein, aber das trifft halt auf die Examsklausur zu, weil man dort absichtlich viele Probleme reingebaut hat. Die Realität ist ja anders. Die Realität ist, dass es, ich sag mal, Ein Grundstückskaufvertrag ist zu 90% Handwerk und normal und vielleicht zu 10% Problem.

NaN
Jens Jeep:

Und eben nicht umgekehrt. Das Problem in der Praxis ist bei uns, die 10% sind nicht immer die gleichen 10%. Also man muss schon genau gucken. Also die Probleme stecken mal hier, mal da.

NaN
Jens Jeep:

Aber sie stecken nicht überall. Und ganz häufig ist es einfach so, da kommt eine GmbH, man möchte wissen, wer ist Geschäftsführer. weil das finden wir raus, wir wissen, er ist es und dann machen wir einen Haken hinter und das ist das, was wir tun.

NaN
Jens Jeep:

Und dieses Handwerk zu erlernen und dann auch zu nutzen, das ist einfach wichtig. Und die Erfahrung ist schon, die wir gemacht haben, wenn wir zum Beispiel manchmal auch Leute haben im Notariat, die Jura studiert haben, aber vielleicht dann im Staatsexamen hängen geblieben sind, weil sie auch kein Examentyp waren und die dann hier anfangen, dass man die erstmal wieder runterholen muss von dieser Problemsicht.

NaN
Jens Jeep:

Und erstmal sagen muss, bevor jetzt der komplexe Sonderfall geregelt wird, bitte erstmal ganz banal gucken, der Name muss richtig geschrieben sein und das, was im Grundbuch steht, muss ja auch wirklich auftauchen und zwar richtig auftauchen. Und es muss die richtige Behörde angeschrieben werden, das ist ja vielleicht langweilig, aber das ist erstmal das, worauf es ankommt.

NaN
Jens Jeep:

Und man muss verstehen, was eine Bewilligung ist und was ein Antrag ist und auch ganz präzise sein bei den Begrifflichkeiten und nicht so luschig. Und wenn man präzise ist bei den Begrifflichkeiten, dann ist vieles auch klar, weil wir eben, das ist das Schöne in vielen Bereichen, die ich habe, haben wir eben auch altes Recht und altes Recht zeichnet sich häufig dadurch aus, dass man nachgedacht hat, als man es gemacht hat, dass es durchdacht ist und schlüssig ist.

28:07 Min
Marc Ohrendorf:

Sagen Sie, wie sieht denn dieses, ich sag mal in Anführungszeichen, dritte Staatsexamen eigentlich aus, also die Prüfung am Ende dieser fünf Jahre?

28:15 Min
Jens Jeep:

Ja, das ist ja was anderes. Also wir waren, ich bin ja hauptberuflicher Notar, das heißt, ich habe dieses Assessorzeit gemacht und bei uns gibt es kein weiteres Examen.

28:23 Min
Marc Ohrendorf:

Ah, das wusste ich nicht.

28:24 Min
Jens Jeep:

Also wer hauptberuflicher Notar wird, der fängt ja meist auch relativ zeitnah nach seinem zweiten Staatsexamen an. Und da kommt es eben auf die Noten aus dem ersten und zweiten Staatsexamen an. Und dann ist man Assessor und in der Assessorzeit macht man zwar keine Prüfung mehr, muss sich aber natürlich bewähren.

NaN
Jens Jeep:

Und da muss man aber einfach sagen, dadurch, dass im hauptberuflichen Notariat die Anzahl der Stellen so gering ist, weil die ja Notarier ja den ganzen Tag nichts anderes machen als Notar sein, und die Bewerberzahl jedenfalls in so Metropolen natürlich vergleichsweise hoch und zwar auch hoch von dem Niveau ist, es gibt ja keine schlechten Juristen. Die gibt es da einfach gar nicht.

NaN
Jens Jeep:

Die sind alle gut, sehr gut. Ob es immer alle deswegen auch ein sehr guter Notar sind, ist vielleicht eine andere Frage. Aber das hat jedenfalls nichts mit dem juristischen Intellekt zu tun.

NaN
Jens Jeep:

Und deswegen glaube ich, brauchen wir auch keine Prüfung dahinter. Ich würde nochmal weitergehen. Also ich hätte das jetzt nicht gemacht, wenn ich nach drei Jahren noch eine Prüfung hätte machen müssen. Also irgendwann ist auch mal gut.

NaN
Jens Jeep:

Wir haben zwei Staatsexamen gemacht und wenn man die gut gemacht hat, dann wird man nicht plötzlich zum Deppen. Also das... Ein bisschen anders bei den Anwaltsnotaren, aber das liegt natürlich im System.

NaN
Jens Jeep:

Um Anwaltsnotar zu werden, muss man halt erstmal Anwalt sein, man muss fünf Jahre Anwalt gewesen sein, man wird Notar im Nebenberuf und man hat eben nicht diese drei Jahre Assessorzeit. Das heißt, man ist eben nicht drei Jahre ununterbrochen zur Ausbildung bei Notaren.

29:44 Min
Marc Ohrendorf:

Und da gibt es eine eine Prüfung.

29:45 Min
Jens Jeep:

Und die haben die Prüfung. Und die ist relativ neu. Früher gab es Fortbildungen, die man machen musste und dafür hat man Punkte bekommen und dann wurde nach Punkten geguckt, ob man die Stelle bekam. Aber dann hatten alle die Höchstpunktzahl, weil natürlich alle bei irgendwelchen Fortbildungen saßen.

NaN
Jens Jeep:

Aber wir wissen ja alle, was es bedeutet, bei Fortbildungen zu sitzen. Und dann hat man dieses Art dritte Staatsexamen eingeführt, wo man jetzt vier Klausuren, fünf Stunden schreiben muss nochmal und dann noch eine mündliche Prüfung. Da habe ich aber natürlich nur begrenzt Einblick weil ich damit natürlich gar nicht so viel zu tun habe als hauptberuflicher Notar.

30:19 Min
Marc Ohrendorf:

Sagen Sie, ich könnte mir vorstellen, der eine oder andere Student findet das jetzt ein kleines bisschen nerdig, aber Sie machen mir ja den Eindruck, als würden Sie Ihren Beruf sehr, sehr gerne ausüben. Können Sie mir vielleicht deswegen mal so einen Fall schildern, wo Sie sagen, das war so richtig was Besonderes, das hat so richtig Spaß gemacht?

30:39 Min
Jens Jeep:

Also erstmal muss man ja sagen, der Beruf macht insgesamt Spaß, weil man ganz, ganz viel mit Menschen zu tun hat. Ist ja irgendwas mit Menschen, nicht nur irgendwas mit Recht. Ich habe ja ständig ganz normale Menschen hier und zwar von bis.

NaN
Jens Jeep:

Ist. Also ich habe von der kleinen oder von der alten Dame, die ihr Testament macht, bis zu dem Gärtner, der mit Jura noch nie was zu tun hatte, aber jetzt trotzdem ein kleines Grundstück kauft, bis zu dem Vorstand einer Aktiengesellschaft, die alle bei mir vonbissen. Und das ist einfach nett, weil man mit den Leuten Kontakt hat.

NaN
Jens Jeep:

Und es ist, So, dass man mit ihnen ja jedes Mal so eine Art Mini-Vorlesung macht. Und zwar Vorlesung nicht im Sinne, ich lese schnell den Vertrag vor, sondern ich erkläre den Vertrag ja. Also zur notariellen Tätigkeit gehört ja als zentraler Punkt, aber nicht als einziges, dass der Vertrag vorgelesen wird und dann unterschrieben wird.

NaN
Jens Jeep:

Und dabei erkläre ich den. Und da muss ich natürlich Begriffe erklären. Also zum Beispiel, wer eine Grundschuld bestellt für seine Bank, um ein Darlehen zu bekommen, gibt der Bank also eine Sicherheit. Die Grundschuld, die wird im Grundbuch eingetragen und die Bank kann im Extremfalle, wenn man sein Darlehen nicht zurückzahlt, irgendwann die Wohnung oder die Immobilie einfach versteigern.

NaN
Jens Jeep:

Und damit sie das kann, ohne denjenigen nochmal verklagen zu müssen, braucht sie eine versteckbare Ausfertigung und um die zu kriegen, muss man sich der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwerfen. Man kann sich ungefähr vorstellen, welche Wirkung der Begriff, sind sie bereit, sich der sofortigen Zwangsverstreckung zu unterwerfen, auf einen normalen Bürger hat.

NaN
Jens Jeep:

Der guckt einen ganz entsetzt an. Und das macht aber auch Spaß, weil man es natürlich auch weiß und kann es dann entsprechend erläutern. Und das ist einfach schön zu sehen, wenn Leute kommen und denken, sie müssen zum Notar und das wird langweilig und sie gehen nach einer Stunde und man hat das Gefühl, es hat ihnen auch Spaß gemacht und sie gehen fröhlich raus und sagen, sie haben wirklich was begriffen.

NaN
Jens Jeep:

Und das ist einfach das, was ist ja auch eine Performance, die man dann letztlich abliefert. Das kulminiert sich eben in der Buchurkundung. Das macht Spaß.

NaN
Jens Jeep:

Und man hat natürlich auch kuriose Dinge. Also was soll man sagen? Ich bin mal gerufen worden für General- und Vorsorgevollmachten, die wir ja auch viel machen, zu einer alten Dame. Die war aber schon in einem Heim.

NaN
Jens Jeep:

Und damals habe ich dann eben die Angehörigen gefragt. Ich habe gesagt, ist Ihre Mutter denn auch noch im Kopf? Sehr klar. Ja, ja, alles gut. Und dann bin ich da hingefahren.

NaN
Jens Jeep:

Und kam in das Zimmer und war in einem ganz blöden Moment da, denn in dem Moment, wo ich reinkam, wurde diese alte Dame gerade von drei Pflegern aus dem Bett in ihren Rollstuhl gehoben und dann sah sie mich und zeigte auf mich und sagte, den da, den kenne ich nicht. Dann dachte ich, das ist schon mal ein gutes Zeichen, weil die kennt mich ja auch nicht.

NaN
Jens Jeep:

Dann bin ich also sofort wieder raus, habe also ein, zwei Minuten gewartet. Und als ich wieder reinging, saß die Dame auch im Stuhl. Dann sah sie mich, zeigte auf mich, aber den da, den kenne ich.

NaN
Jens Jeep:

Dann dachte ich, okay, das ist zwar formal insofern richtig, sie hat mich ja vor zwei Minuten gesehen. Das ist jetzt aber kein gutes Zeichen für den Einstieg in eine Beurkundung mit jemandem, der noch geschäftsfähig ist. Dann haben wir uns hingesetzt und habe gesagt, Frau Müller, hieß natürlich nicht so.

NaN
Jens Jeep:

Soll denn Ihr Sohn jetzt für Sie alles unternehmen, sich um alles kümmern? Wollen Sie dem eine Vollmacht geben? Am Sonntag beurkunde ich nicht. Ich so, das ist völlig gut. Aber wir haben Gott sei Dank auch Donnerstag.

NaN
Jens Jeep:

Insofern, das ist nicht unser Hindernis. Am Sonntag beurkunde ich nicht. Okay. Und dann guckte sie aus dem Fenster und sagte, ach Mensch, die Kühe da. Und dann guckten wir auch aus dem Fenster und da war halt ein Parkdeck mit Autos, aber keine Kuh.

NaN
Jens Jeep:

Und ja, das war es dann. Dann bin ich halt wieder gegangen und die Dame war sehr nett und fröhlich, aber erlebte mittlerweile leider schon eine andere Welt und das war eben so ein Fall, wo man denkt, ja, also Spaß in Anführungsstrichen, das war eine gute Geschichte, aber dann ist es eben zu spät.

NaN
Jens Jeep:

Ich hatte auch mal einen, also normalerweise bei Generalvorsorgevollmachten sagen die Leute, ja, ich möchte, wenn ich krank bin, nicht am Leben gehalten werden, ich kann mich nicht mehr rühren, ich kann nichts mehr sagen, ich kriege nichts mehr mit, bitte dann irgendwann auch Instrumente abschalten, das ist ganz häufig in unseren Vollmachten drin, das nennt sich Patientenverfügung. Die Vollmacht ist noch viel mehr.

NaN
Jens Jeep:

Und einmal hatte ich aber einen, der wollte, dass da drin steht, er möchte bis zum, wie sage ich, irgendein Datum, 31.12.2022 muss er am Leben gehalten werden. Danach abschalten. Was ist das denn? Ja, da hätte so eine Versicherung laufen.

NaN
Jens Jeep:

Die würde dann nicht. Ja, also. Es macht Spaß, man muss aber Spaß an Menschen haben. Wenn man jemand ist, der einfach nur Spaß daran hat, in seinem Zimmer allein zu sitzen und Fälle rumzuknobeln, und das soll ja Leute geben, die sehr gute Examsnoten schreiben und insbesondere daran Spaß haben, dann bitte nicht Notar werden.

NaN
Jens Jeep:

Das ist der falsche Beruf.

35:14 Min
Marc Ohrendorf:

Dann lassen Sie uns vielleicht mal einen kleinen Blick in die Zukunft werfen, nämlich die Frage, wann AI, Blockchain, Legal Tech und Konsorten uns alle hier inklusive der Notare überflüssig machen. So viel sei verraten, das dauert wahrscheinlich noch länger, als Sie und ich unsere Füße auf diesen Boden setzen.

NaN
Marc Ohrendorf:

Aber Sie haben dazu mal was recht Spannendes geschrieben unter dem Titel Notary Disrupted Legal Tech und der Rechtsstaat. Letztes Jahr haben Sie einen Artikel veröffentlicht. Was ist denn Ihre Einschätzung dahingehend? So ganz wird sich ja wahrscheinlich auch das Notariat den Trends, die durch die Digitalisierung entstehen und den entsprechenden Geschehnissen nicht entziehen können, oder?

35:57 Min
Jens Jeep:

Ja, also erstmal muss man ja sagen, auf die Idee zu kommen, dass wir ersetzt werden könnten von der Technik einfach so, kann man überhaupt nur, wenn man nicht im Ansatz verstanden hat, was der Notar macht.

36:09 Min
Marc Ohrendorf:

Ich bin komplett bei Ihnen.

36:10 Min
Jens Jeep:

Ja, also wenn man keine Ahnung hat, was der Notar macht und meint, alles was der Notar macht ist eigentlich etwas vorzulesen, was immer dasselbe ist. Offensichtlich ist es nicht so, weil dann wäre es ja wirklich Quatsch.

NaN
Jens Jeep:

Und eine Unterschrift entgegenzunehmen und Punkt, mehr ist es nicht. Ja, dann mag man denken, dass so etwas wie eine Blockchain vielleicht in irgendeiner Form den Notar ersetzt. Ich weiß zwar immer noch nicht dran.

NaN
Jens Jeep:

Also wenn überhaupt ersetzt die Blockchain in Anführungsstrichen das Grundbuch, weil sie sozusagen eine Sicherheit der Eintragung, einen Schutz gegen Manipulation hergibt. Also klar, könnte man in einer Blockchain hinschreiben, wer Eigentümer des Grundstücks XY ist. Nur da müsste man immer noch wissen, wie ich das Grundstück benenne.

NaN
Jens Jeep:

Also das ist ja das, was wir heute auch machen. Und dann hätten wir gerade mal abgebildet, Grundbuch Bestandsverzeichnis plus Abteilung 1 Eigentümer. Und wir hätten die Frage, ja wie ist der denn als Eigentümer drin, zum Miteigentum, als gesellschaftlichen Rechts in Erbengemeinschaft, das ist ja überhaupt nicht gelöst dadurch oder auch nicht beantwortet.

NaN
Jens Jeep:

Sondern wir wüssten einfach nur zwei Datensätze, die unveränderlich miteinander verknüpft sind, ja Grundstück und Eigentümer. Das ist ja nicht das, was wir machen, das ist ja viel mehr. Also, da sehe ich, ja nicht nur kurzfristig, da sehe ich überhaupt absehbar gar nichts und ich habe dazu auch ein paar Vorträge gehalten und bei den Vorträgen habe ich einfach mein Telefon genommen und habe Siri dann eine Frage gestellt und die Antwort war, wie zu erwarten, war ziemlicher Unsinn.

NaN
Jens Jeep:

Dann habe ich einem Google-Telefon die Frage gestellt. Die Antwort war besser, weil man immerhin Wikipedia vorgelesen hat. Aber Google hat dann aus dem Wikipedia so eine Melange gemacht aus dem ersten Teil eines Absatzes und dem letzten.

NaN
Jens Jeep:

Und das Ergebnis war halt grotesk falsch. Das war auch nicht besser. Und das ist der aktuelle Stand, sage ich mal, von AI in der breiten Masse. Natürlich kann man in bestimmten Bereichen mit sehr, sehr viel Aufwand, könnte man Dinge anders machen und könnte man eine technische Unterstützung herstellen von vielen.

NaN
Jens Jeep:

Die würde ich mir häufig auch wünschen, aber von artificial intelligence, der Begriff klingt ja so schillernd, aber das ist ja alles das, was der Mensch vorher gemacht hat. Und wir haben ja, da haben Sie ja auch darüber berichtet, natürlich immer so als Beispiel einmal für Legal Tech, Flight Right, also ganz formatierte Fälle, die Massenverfahren sind, wo ganz klare Daten wichtig sind, die wiederum irgendwo aus Datenbanken abgerufen werden, dann kann ein Abgleich erfolgen.

NaN
Jens Jeep:

Das ist ja nicht juristische Tätigkeit, das ist ja wirklich letztlich eine relativ simple Datenbankarbeit, wenn man sie gut umsetzt und ich finde es wichtig, also ich finde es total wichtig in all diesen Bereichen, wenn da Technik die Durchsetzung von Recht leichter macht und die nimmt auch nicht wirklich qualifizierten Leuten Arbeiten weg, sondern die führt eher dazu, dass wirklich Recht durchgesetzt werden kann.

NaN
Jens Jeep:

Insofern finde ich das ganz wunderbar. Aber das, was wir hier tun, ich muss so viele Fragen am Tag inhaltlich beantworten, die so komplex sind, obwohl man sich ja manchmal fragt, das BGB ist von 1900, wir sind im Jahr 2020, warum muss ich diese Frage jetzt eigentlich beantworten? Und man stellt immer noch fest, ja, die ist aber nicht beantwortet.

NaN
Jens Jeep:

Das Problem ist trotzdem irgendwie neu. Also das sehe ich überhaupt nicht. Was ja nicht heißt, dass wir nicht auch als Notare voranschreiten sollten. Und ich habe einen Vorschlag gemacht in meinem Aufsatz, und da dachte ich, jetzt kommt irgendwie der Aufschrei der Kollegen und jetzt werde ich beschimpft.

NaN
Jens Jeep:

Aber ich glaube, man muss einfach realistisch mittlerweile sehen, Aufsätze werden geschrieben, aber nicht gelesen. Und man kann da schreiben, was man will. Ja, das stimmt.

NaN
Jens Jeep:

Es gibt doch keine Aufruhr. Ich habe nämlich vorgeschlagen, dass wir vielleicht doch dazu übergehen, die Unterschriftsbeglaubigung. Also das ist etwas, wo ich als Notar einfach nur sage, Herr Müller war da und hat vor mir unterschrieben. Genauer gesagt schreibe ich eigentlich nur noch, er hat vor mir seine Unterschrift anerkannt.

NaN
Jens Jeep:

Und ich weiß, dieser Mensch hat gesagt, er hat da unterschrieben. Das ist ganz wichtig für jedes Register, brauchen wir mindestens die Unterschussbeglaubigung, damit wir da Sicherheit haben. Da sage ich, wenn ich die Person kenne, also wir hätten uns jetzt hier heute zu diesem Podcast getroffen und da würde ich auch sagen, da bleiben mir Leute auch dann in Erinnerung.

NaN
Jens Jeep:

Und jetzt in einer Woche hätten sie eine Grundbuchbewilligung und würden mir die zuschicken, unterschrieben. Und da würde ich einen Skype-Call oder einen Zoom-Call machen. Wir sehen uns nicht, ich würde sagen, Herr Ohrendorff, hier Löschungsbewilligung, Grundschuld, unterschrieben von Ihnen und sagen, ja klar, habe ich gemacht.

NaN
Jens Jeep:

Dann finde ich, dass das okay sein muss, wenn ich das beglaubige. Ich finde es auch aus ökologischen Gründen einigermaßen abwegig, dass in diesen Fällen, wogemerkt in diesen Fällen, jemand zum Notar fahren muss oder der Notar zu dem hin. Da finde ich, können wir moderner werden und zwar ohne Einbuß an Rechtssicherheit.

40:43 Min
Marc Ohrendorf:

Wo Sie das gerade sagen, richtet sich dann die Zuständigkeit des Notars nach der Belegenheit des Grundstücks?

40:48 Min
Jens Jeep:

Nein, gar nicht. Es ist so, wir haben eine örtliche Beschränkung, aber die beschränkt uns als Notare physisch. Ich darf die Stadt Hamburg nicht verlassen im Rahmen meiner notariellen Tätigkeit. Das heißt, wenn ich die Stadtgrenze überschreite, bin ich eigentlich kein Notar mehr.

NaN
Jens Jeep:

Ja, dann begehe ich jedenfalls Amtspflichtverletzungen, wenn ich noch beurkunde. Manchmal aus Schutz des Rechtsverkehrs sind die Urkunden zwar noch wirksam, aber ich kriege richtig eins auf den Deckel. Aber wenn jemand, also wenn ganz München meint, und das wäre ja nachvollziehbar, zur Beurkundung von Kaufverträgen in München sollte man eigentlich nach Hamburg fahren, wäre das völlig okay.

NaN
Jens Jeep:

Okay. Gut, das geht.

41:25 Min
Marc Ohrendorf:

Schön. Dann zum Abschluss die üblichen zwei Fragen. Zum einen, wenn ich jetzt in Hamburg Studierende bin und bin total angefixt vom Notariat, kann man sich das bei Ihnen mal aus der Nähe anschauen? Besteht da Möglichkeit?

41:39 Min
Jens Jeep:

Ja, also ich würde mal Folgendes sagen. Ich finde, dass jemand, der kommt und der irgendwie eine nette Bewerbung schreiben würde oder mir einen netten Brief schreiben würde und erklären würde, warum er das spannend findet, den würde ich einfach mal einladen, für einen Tag vorbeizukommen. Und sich dann einfach mit reinzusetzen und sich das anzugucken.

NaN
Jens Jeep:

Länger, glaube ich, braucht man gar nicht, weil man da einen sehr guten Einblick von dem Job bekommt. Ich bin auch kein Fan von drei Wochen Praktikum im Studium. Das halte ich für zu viel, weil man muss doch sagen, es ist schon sehr speziell, was wir machen.

NaN
Jens Jeep:

Und es macht ja auch keinen Spaß, wenn man dann ja letztlich doch nur ein bisschen döselige Sachen macht und nicht wirklich inhaltlich arbeitet. Aber wie gesagt, also jemand, der sozusagen auch von seinen Noten und von seinem Grundinteresse, für den das in Frage käme, der soll sich doch gerne einfach melden und dann einfach mal einen Tag mit reinschauen.

NaN
Jens Jeep:

Ich nehme dann auch mit in die Beurkundung. Da müssen natürlich die Parteien einverstanden sein, aber meistens sind sie das. Jetzt ist im Moment Corona natürlich ein bisschen schwierig, aber das wird hoffentlich auch nochmal wieder entspannter.

NaN
Jens Jeep:

Und dann kriegt man doch ein ganz gutes Gefühl, wobei man auch immer sagen muss, jeder Notar ist anders, also ist ja auch klar, aber das hängt ja auch an einem selbst, wie man den Beruf dann später ausübt in der tatsächlichen Performance, in der Ausführung.

42:52 Min
Marc Ohrendorf:

Und zum Abschluss, wenn Sie einmal den Studierenden noch einen Tipp losgelöst vom Notariat fürs Studium geben könnten, welcher wäre das?

43:04 Min
Jens Jeep:

Der wichtigste Tipp für mich ist, es gibt ganz grob für mich zwei Arten, wie man Jura studieren kann. Ich kann ganz, ganz viel lernen, ganz, ganz viel auswendig lernen und versuche so viel aktives, faktisches Wissen in meinen Kopf reinzuprügeln, wie es geht, in der Hoffnung, damit dann auch die Fälle zu erwischen, die drankommen.

NaN
Jens Jeep:

Oder ich versuche, Jura zu verstehen. Und natürlich gibt es Mischformen, ist klar. Klar, aber Systemverständnis ist für mich das A und O. Wenn ich nicht in der Lage bin, die Frage zu stellen, bei einem Gesetz, warum gibt es das Gesetz? Welche Probleme soll das Gesetz lösen? Dann werde ich nie dieses Gesetz ordentlich verstehen.

NaN
Jens Jeep:

Ich kann das nicht abstrakt mir in den Kopf reinhauen. Und vor allen Dingen, wenn ich das abstrakt mir in den Kopf reinhaue, dann habe ich, wenn es richtig gut klappt, und das klappt ja bei einigen, und die schreiben dann sogar auch gute Noten. Also gut jetzt nicht im guten Sinn, Aber vielleicht auf jeden Fall Vollbefriedigung sitzt dann auch drin.

NaN
Jens Jeep:

Das suggeriert ja, dass man ein guter Jurist sei. Und ich bin der festen Überzeugung, man ist kein guter Jurist. Denn man ist ein guter Jurist für einen bestimmten Moment der Zeit.

NaN
Jens Jeep:

Und Jura verändert sich aber. Und ständig tauchen neue Fragen auf. Und was mir wahnsinnig hilft, ist, dass ich, wenn Fragen kommen, die neu sind, dann kann ich zu 98%iger Sicherheit mittlerweile sagen, was im Gesetz steht, ohne das Gesetz zu kennen. Denn, weil es nach dem Gesamtsystem so sein muss, weil alles andere absurd wäre.

NaN
Jens Jeep:

Und das hilft. Und wenn ich immer nur blindlings das nehme, was da geschrieben steht und auch bei Urteilen ganz, ganz vorsichtig sein, Rechtsprechung fürs Leben jedenfalls nicht nach den Leitsätzen beurteilen, sondern immer den Sachverhalten mit angucken. Das ist, wenn man ein späterer in der Praxis ein Jurist ist, der sich an Leitsätze entlanghangelt und einen Fall auflöst in fünf Einzelfragen und jede Einzelfrage nach einem Leitsatz beantwortet und sich das Ergebnis nicht mehr anguckt, dann ist das mit Sicherheit kein gutes Ergebnis.

NaN
Jens Jeep:

Und vielleicht abschließend der wichtigste Satz, den ich im Studium gelernt habe, das weiß ich auch noch, das war in einer Veranstaltung im ersten Semester in Passau, da war nämlich Herr Köpp, Herr Köpp ist ein Verwaltungsrechtler gewesen, der, glaube ich, den ersten VWVFG und VWGO-Kommentar alleine geschrieben hat. Und Kopp, nicht Köpp, Kopp hieß er, Kopp.

NaN
Jens Jeep:

Und der Kopp sollte bei uns die Veranstaltung machen, Einführung in die Rechtswissenschaft. Und die war auch ein bisschen absurd, einmal die Woche. Also während wir andere Sachen lernten, lernten wir die Einführung in die Rechtswissenschaft.

NaN
Jens Jeep:

Habe ich auch nicht verstanden, aber okay. Und dann die erste Veranstaltung fiel auch gleich aus, denn es kam der Hausmeister rein mit so einer Jute-Tasche, um uns zu sagen, dass der Professor krank ist und die Veranstaltung ausfällt, stellt sich aber heraus, war gar nicht der Hausmeister, war Professor Kopp. Und Professor Kopp sagte dann so in so einem Bayerisch, ja, wissen Sie, da müssen Sie doch nicht hier sein, da können Sie doch gehen, da gibt es ja Bücher, da hat der Jura leicht gemacht, das ist ja nett und so.

NaN
Jens Jeep:

Aber ihr könnt bleiben, könnt doch kommen, mir ist ja egal. Und der hat dann aber was gesagt, das ist mir echt im Kopf geblieben und das halte ich für richtig. Der hat gesagt, wissen Sie, der Jura ist ja ganz einfach.

NaN
Jens Jeep:

Da gucken Sie sich das Ergebnis an und wenn es ungerecht ist, ist es auch falsch. Und da ist was dran. Und natürlich muss man wissen, was ist gerecht und ungerecht.

NaN
Jens Jeep:

Das ist natürlich jetzt nicht Bauchgefühl, aber wenn man ein Rechtsverständnis hat, ein Systemverständnis und das Ergebnis kommt einem komisch vor, dann ist es im Zweifel falsch.

46:28 Min
Marc Ohrendorf:

Super, vielen Dank.

46:29 Min
Jens Jeep:

Sehr gerne, vielen Dank, dass ich dabei sein durfte.

Das könnte Dich auch interessieren

featured

IMR310: Wirtschaftsinformatik im Nebenstudium, Legal Tech im Beratungsumfeld, KI-gestützte Vertragsprüfung

featured

IME029: Erfolgsqualifizierte Delikte, Gefahrverwirklichungszusammenhang, Letalitätstheorie vs BGH, Eigenverantwortliche Selbstgefährdung, Erfolgsqualifizierter Versuch vs Versuch der Erfolgsqualifikation mit Richter am BVerfG

featured

IMR308: Karrieretechnisch der Neugierde folgen, Full Service im Kanzleialltag, für Mandanten Synnergien heben, Buy & Build-Strategie im Unternehmenskauf

featured

IMR307: Eine globale Krise wie COVID juristisch managen, Waldbrände in Kalifornien, Haus der 1000 juristischen Berufe, Vielfalt der Tätigkeiten in einem Konzern

Nichts verpassen mit dem Abo

Abonniere den Podcast, um automatisch über neue Folgen und Karrieremöglichkeiten informiert zu werden.

QR Code for Apple Podcasts
Zu Apple Podcasts