Martina Hannak, ÖD | Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien
Bundesprüfstelle (BPjM) - Jugendmedienschutz - Jugendgefährdung - Indizierung - Alterskennzeichen - USK - FSK - Gremium - Jugendschutzgesetz - sozial-ethische Werteordnung - Digitalisierung - Medienkompetenz - Medienerziehung - Zensurverbot - Kommunikationsrisiken
Frau Hannak ist Vorsitzende der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien und erläutert in diesem Podcast-Interview die Arbeit der Behörde. Wonach wird entschieden, wie ein Medium eingestuft wird? Gibt es tatsächlich Juristen, die den ganzen Tag Computer spielen? Wie reagiert die BPjM auf moderne Entwicklungen? Wie sieht der "richtige" Medienkonsum für Kinder und Jugendliche aus?
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Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) ist eine Bundesbehörde im Geschäftsbereich des Familienministeriums und damit klassischer Vertreter der öffentlichen Verwaltung. In ihrem Bonner Hauptsitz arbeiten rund 50 Expertinnen und Experten – darunter viele Volljuristinnen und Volljuristen – daran, Medieninhalte auf ihr Gefährdungspotenzial für Minderjährige zu prüfen und gegebenenfalls zu indizieren.
Ob Videospiel, Manga oder Social-Media-Clip: Die Prüfstelle zeichnet sich durch die einzigartige Verbindung von jugendschutzrechtlicher Expertise und tiefem popkulturellen Know-how aus. Lauscht in die Episode hinein und erfahrt, wie man als Jurist oder Juristin täglich zwischen Digitaltrends und Gesetzestexten vermittelt – Kopfhörer auf und ab ins Gespräch!
„Der gesetzliche Auftrag zielt darauf ab, Kinder zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu schützen und dabei auch gesellschaftliche Werte zu reflektieren und weiterzuentwickeln.“
KI-basiert und kann Fehler enthalten.
Herzlich willkommen zu einer weiteren Episode Irgendwas mit Recht. Heute aus Bonn und ich spreche mit Martina Hanack. Guten Tag, Frau Hanack.
Hallo, guten Tag.
Warum sprechen wir miteinander? Was machen Sie hier im schönen Bonn?
Wir sprechen miteinander, weil ich einer überaus interessanten Arbeit nachgehe. Ich bin die Vorsitzende der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, die ihren Sitz in Bonn hat.
Mögen Sie uns vielleicht kurz und den Zuhörerinnen und Zuhörern erklären, wie Sie hingekommen sind? Also ich nehme an, Jura studiert und warum haben Sie sich dann für diesen Weg entschieden?
Genau, ich habe Jura studiert, hatte dann im Referendariat zwei Kinder im Grundschulalter und ich war doch relativ erschüttert über den Medienkonsum der Mitschülerinnen und Mitschüler und habe dann beschlossen, im Referendariat die Wahlstation bei einer Institution zu verbringen, die sich eben mit dem Jugendmedienschutz beschäftigt. Und der damalige Ausbilder hat gesagt, wenn sie im Jugendmedienschutz beruflich auch tätig werden wollen, kommen sie an der Bundesprüfstelle nicht vorbei.
Daraufhin habe ich dann eine Initiativbewerbung an die Bundesprüfstelle gesendet und war dann vier Monate später hier als juristische Referentin. Das war dann meine erste Stelle. Hier war ich fünf Jahre.
Danach bin ich ins Ministerium gewechselt, weil ich dort einfach die gesellschaftspolitischen Aufgaben auch sehr wichtig finde Und spannend fand, nach wie vor finde. Und ja, dann bin ich nach der Zeit, nach diesen siebeneinhalb Jahren dann als Vorsitzende wieder zurückgekommen zur Bundesprüfstelle.
Die Bundesprüfstelle kennt wahrscheinlich noch viele, wenn sie sich so 15, 20 Jahre zurückerinnern, der ein oder andere Hörer vielleicht auch ein paar Jahre weniger, vermeintlich mit diesen kleinen Aufklebern auf Computerspielen und Filmen. Da müssen wir aber wahrscheinlich gleich ein bisschen Licht ins Dunkel bringen, damit haben sie nämlich so direkt gar nicht so viel zu tun, stimmt's?
Ganz genau. Das System des jungen Medienschutzes sieht hier sehr wohl eine Verzahnung vor. In der Tat sind aber die Alterskennzeichen der USK ein gängiges Missverständnis. Das wird nicht selten auch uns zugeschrieben.
Deswegen sind wir auch immer sehr engagiert auf der Gamescom, auch in diesem Jahr, wo wir dann eben zur Aufklärung beitragen. Die Alterskennzeichen, die treffen eine Aussage über eine Entwicklungsbeeinträchtigung und erfolgt in der Zuständigkeit der Länder. Die USK ist involviert in diese Verfahren, letztendlich handelt es sich aber auch dann um einen Verwaltungsakt bei diesen Kennzeichen.
Die Aufgabe und Zuständigkeit der Bundesprüfstelle betrifft die Jugendgefährdung, das ist eine Abgrenzung. Und ich habe es eben schon gesagt, die beiden Systeme sind insofern miteinander verzahnt. Wenn die USK ein Alterskennzeichen vergeben möchte auf Antrag der Anbieter, dann muss sie in ihrem Verfahren auch eine Junggefährdung ausschließen.
Also Medien, die potenziell die Voraussetzungen erfüllen, in die Liste der jugendgefährdenden Medien aufgenommen zu werden, die dürfen kein Kennzeichen erhalten. Das heißt im Umkehrschluss, wenn die USK ein Kennzeichen vergibt, gleiches gilt im Übrigen auch für die FSK bei Filmen, dann stellt es einen sogenannten Indizierungsschutz dar.
Okay, um das mal zusammenzufassen, wenn ich es richtig verstanden habe, gibt es die USK und die FSK. Genau. Das steht jeweils für?
Alterskennzeichen von 0 bis 18.
Und wenn ein Film oder ein Spiel oder Software, was auch immer es ist, erst ab 18 Jahren freigegeben ist, ist es dann gleichzeitig auch schon in Ihrem Zuständigkeitsbereich oder gibt es darüber noch eine Schwelle?
Genau, diese beiden Bereiche kann und muss man voneinander abgrenzen. Das entsprechende Alterskennzeichen heißt keine Jugendfreigabe. Das heißt, das Medium darf nicht an Minderjährige abgegeben werden. Es darf aber beworben werden und es darf beispielsweise im Einzelhandel im Regal stehen.
Die Stufe, die qualitativ noch oben drauf kommt, ist die Jugendgefährdung. Das führt dann zu einer Indizierung. Bedeutet im Ergebnis auch, dass das Medium nicht Kindern und Jugendlichen zugänglich gemacht werden darf, kommt aber zu den Vertriebsbeschränkungen auch noch ein Werbeverbot dazu.
Das heißt, es wäre dann in der früheren Videothek der typische 18er-Bereich gewesen, das heißt, die Trägermedien sind unter der Ladentheke verschwunden und das ist dann einfach die Abgrenzung. Das ist in der Tat eine Gratwanderung und das muss man in jedem Einzelfall entscheiden, ist das jetzt eben beeinträchtigend oder schon gefährdend.
Und wie wird das geprüft?
Die Bundesprüfstelle, die prüft in Gremien. Das Regelverfahren ist das sogenannte Zwölfergremium. Das sind zwölf Personen. Davon sind acht bestimmten Gruppen zugewiesen, beispielsweise Buchhandel, Verlegerschaft, Lehrerschaft, Kirchen- und Religionsgemeinschaften, Träger der Freien Jugendhilfe.
Damit wird kein Querschnitt aus der Gesellschaft abgebildet, sondern das sind pluralistisch besetzte Gremien, die in einer besonderen Art, wie beispielsweise auch die Gruppe Kunst, eine Expertise mitbringen, die erforderlich ist, um wirklich über die Indizierung zu entscheiden, die eine unheimlich hohe Tragweite hat. Also ganz wichtig ist in dem Zusammenhang eben auch, dass die zum Beispiel Künstler, die von einer Indizierung betroffen sind, ja auch in ihren Grundrechten beeinträchtigt sind und daher die besondere Expertise dieser Gremien.
Und dort wird entschieden, ob eine Jugendgefährdung vorliegt anhand von Tatbeständen, die im Jugendschutzgesetz geregelt sind. Wenn das bejaht wird, steht aber noch nicht fest, dass wirklich auch eine Aufnahme in die Liste erfolgt, sondern dann kommt erst eben noch in jedem Einzelfall und sehr umfangreich die Abwägung mit den Grundrechten, Herstellung der praktischen Konkordanz, was den Juristen dann ein Begriff ist.
Für alle Grundrechtsklausuren-Schreiber.
Ganz genau.
Spielt man dann den ganzen Tag Computerspiele, mal so freigefragt?
Nein, das tun wir nicht. Bei Computerspielen ist es auch nochmal die Besonderheit, dass wir hier spielende Sichtende haben, die die Spiele durchspielen tatsächlich. Deswegen muss man da auch schon eine hohe Qualifikation mitbringen, um da wirklich auch ins letzte Level zu kommen.
Und in den Sitzungen werden die Computerspiele dann präsentiert, aus allen Richtungen. Also sowohl jetzt mögliche jugendgefährdende Aspekte, aber auch entlastende Momente, also möglichst umfänglich. Und alle anderen Medien, die werden dann vorgesichtet und in den Gremiensitzungen dann auch gesichtet.
Und die Tätigkeit hier der Juristinnen und Juristen ist also sehr abwechslungsreich. Wir achten auch darauf, weil man muss ja schon sich dessen auch bewusst sein, dass die Inhalte durchaus belastend sein können. Und um hier einer übermäßigen Belastung entgegenzuwirken, beschäftigen sich die Kolleginnen und Kollegen jetzt auch nicht nur beispielsweise mit einem Thema, also nur Pornografie oder nur Gewalt, sondern es kommt schon auch immer auf die Mischung inhaltlich an.
Und dann gibt es ganz unterschiedliche Tätigkeiten auch, also von Artikel für die Website schreiben, auf Vorträge gehen, Messestände betreuen und ähnliches. Also das muss man auch quasi aus Fürsorgegesichtspunkten für die Beschäftigten sicherstellen, dass hier keine einseitige Belastung stattfindet und man kann nicht den ganzen Tag fünfmal die Woche Medien sichten.
Ja.
Zoomen wir nochmal so ein bisschen raus. Sie haben es gerade schon angesprochen, dass zur Arbeit als Juristin oder Jurist hier bei Ihnen im Haus einiges mehr als jetzt die reine Sichtung der Medien gehört. Das Ganze verfolgt ja bestimmte Zwecke in Form des Jugendschutzes.
Könnte man das nochmal ein bisschen ausdifferenzieren? Was genau sind denn diese Zwecke, wenn man das benennen müsste? Ja.
Also der gesetzliche Auftrag der Bundesprüfstelle zielt darauf ab, Kinder oder die Entwicklung oder Erziehung von Kindern und Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu schützen. Das ist mal das oberste Ziel und das erfolgt über die Indizierung.
Die hat dann eine Abschirmfunktion oder soll sie haben und ein weiterer Zweck oder ein weiteres Ziel jetzt heute im 21. Jahrhundert in Zeiten der Digitalisierung ist letztendlich die Erkenntnisse aus jeder Einzelentscheidung zusammenzuführen zu führen und zu bündeln und einen Rahmen aufzuzeigen, innerhalb dessen Kinder und Jugendliche sich entwickeln können.
Geschützt entwickeln können. Und der Ansatzpunkt für die Frage an der Jugendgefährdung ist auch, ist der Inhalt sozial, ethisch desorientierend? Und daraus folgt schon, dass wir auch natürlich unter Berücksichtigung der Tatbestände die Frage stellen, der sozial -ethischen Desorientierung und dem zugrunde liegt die sozial-ethische Werteordnung, die in unserer Gesellschaft herrscht. Und das ist ein ganz wichtiger Zweck oder ein Ziel heute, das auch aufzuzeigen und in Gesellschaft zurückzuspiegeln und zu sagen, gut, hier muss man vielleicht bestehende Werte nochmal hinterfragen, dann möglicherweise bestätigen oder auch weiterentwickeln.
Also ein gutes Beispiel war die Debatte, die gesellschaftliche Debatte um die Verleihung des Musikpreises Echo an Kollegen Farid Bang. Und hier wurde die Frage an die Bundesprüfstelle gerichtet, was darf Kunst? Und da habe ich zurückgefragt, liebe Gesellschaft, was soll Kunst dürfen? Und damit letztendlich dann in Diskussionen auch eine Auseinandersetzung mit den Werten angestoßen, die dann natürlich wieder in unsere Spruchpraxis einfließen.
Und das ist, glaube ich, so ein ganz wichtiger, ein wichtiges Ziel heute, diesen Rahmen der sozial-ethisch-Orientierung gibt, im Rahmen des Aufwachsens mit Medien aufzuzeigen.
Ist es schwerer geworden, diesen Rahmen abzustecken, gerade auch unter dem Gesichtspunkt, dass man ja durchs Internet in jeder Hosentasche heutzutage Inhalte auch von überall einfach abrufen kann?
Es ist anders geworden, sicherlich. Sie sprechen es an oder wir hatten es eben ja auch schon die Frage, wie kann ich die Rechtsfolgen einer Indizierung bei Trägermedien durchsetzen? Sie kommen aus dem Handel letztendlich und bei Telemedien, also sprich Internetangeboten, ist es tatsächlich so, dass Kinder und Jugendliche einfach immer online sind und den Zugang zur Online-Welt in ihrer Hustentasche haben über Smartphone.
Das macht es schwieriger, weil die Initierung, wie gesagt, eine Abschirmfunktion haben soll. Das heißt, ich habe auf der anderen Seite ein Konfrontationsrisiko, was sich auf Inhalte bezieht. Durch die Digitalisierung oder die Nutzung der sozialen Medien insbesondere sind ganz neue Risikodimensionen dazugekommen.
Wir haben Kommunikations- und Interaktionsrisiken. Beispielsweise kann man Computerspiel kennzeichnen auf der Grundlage des Inhalts des Spiels. Jetzt hat aber das Spiel auch noch eine Chatfunktion und da kann es zu Grooming kommen und möglicherweise sogar zu Übergriffen dann in der Realität.
Das heißt, das Spektrum der möglichen Risiken und Gefährdungen hat sich schon stark erweitert. Für den Jugendmedienschutz heißt das, dass auch das Maßnahmenportfolio entsprechend erweitert werden muss und das hat auch dann wiederum Auswirkungen auf unsere Arbeit. Wie verstehen wir unseren Auftrag, Kinder und Jugendliche vor Gefährdungen zu schützen und diese Gefährdungen, die sind einfach neu zu definieren und das ist eine große Herausforderung, keine Frage.
Das kann auch nicht die Bundesprüfstelle alleine, sondern das ist wirklich dann einfach auch eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Und das wiederum haben wir als Ansatz genommen, hier eine koordinierende Rolle einzunehmen. Wir haben die sogenannte Zukunftswerkstatt etabliert, die sich genau all diesen Herausforderungen annimmt.
Wo kann man Synergien schaffen? Wie können wir da rangehen? Und einfach mal auch die neuen, einigermaßen neuen Gefahren unter die Lupe zu nehmen und zu überlegen, wie kann man dem am besten begegnen.
Eine tragende Rolle spielen wahrscheinlich auch die Eltern, nehme ich an.
Auf jeden Fall, natürlich.
Und deren Medienkompetenz. Ja. Wie ist es darum heutzutage gestellt?
Das würde ich differenziert betrachten. Einerseits ist es glaube ich so, dass man eine Kompetenzlücke feststellen kann, dass die Kinder letztendlich dann den Eltern, die Medien erklären, das schon. Andererseits kann man auch wieder sagen, die, die jetzt langsam Eltern werden oder schon kleinere Kinder haben, wo die Kinder jetzt langsam in den Medienkonsum reinwachsen, sind ja selber auch schon digital aufgewachsen.
Also da haben wir dann auch irgendwie nachwachsende Kompetenzen. Also so diese beiden Positionen muss man da glaube ich mitdenken. Gleichwohl sind die Eltern natürlich auch ganz wichtig in der Frage der Medienerziehung, Zugang zu Medien und deswegen ist es auch mit ein Baustein dieses Maßnahmenportfolios, was ich eben angesprochen habe, Öffentlichkeitsarbeit zu machen und auch Eltern eben Orientierung zu geben.
Und darüber auch deren Informations- und Medienkompetenz zu stärken, ganz klar.
Ich hatte letztlich einen Fall, da hat mir jemand von seinem Cousin erzählt und der ist 13 und spielt hier und da irgendwie Computerspiele, schaut Netflix, was die Kids so machen. Und da hatte ich ein Problem dahingehend zu raten, weil er mich als Freund fragte, wie viele Stunden am Tag sind denn eigentlich okay? Können Sie dahingehend eine Aussage treffen? Was ist denn okay als, sagen wir mal, 13-Jähriger?
Also ich denke, dass ihnen das zu Recht schwer gefallen ist und genauso würde es mir schwer fallen, eine Richtschnur vorzugeben, weil unser Ansatz, auch der neue Ansatz für die neuen Herausforderungen ist, vom Kind aus zu denken. Und das kann man ja auch auf diesen Einzelfall runterbrechen, dass man sagt, das kommt wirklich auch auf das Kind an.
Also es gibt Kinder, die kommen mit einer Stunde zurecht, dann gibt es Kinder, da darf es auch mehr sein. Dann ist ja auch so eben die Frage, was machen Kinder mit Medien? Also die Funktion von Medien heute, also es gibt sehr verschiedene Funktionen für Kinder und Jugendliche, wie sie mit Medien umgehen und man muss, glaube ich, auch einfach davon ausgehen, dass es eine Differenzierung zwischen offline und online bei Kindern und Jugendlichen heute gar nicht mehr gibt.
Ja, und wollen sie jetzt die Zeit dazurechnen, wenn das Kind im Internet für die Hausaufgaben recherchiert? Also es ist ein Stück weit einfach auch Alltag und ganz normal. Und deswegen würde ich immer vom Kind aus denkend dann insbesondere natürlich aus Elternsicht schauen, was tut dem Kind gut? Auch also welche Inhalte und das dann einfach individuell entscheiden und im besten Fall mit dem Kind aushandeln und ja, zu einer akzeptablen Lösung kommen, weil die dann auch am meisten Erfolg hat quasi in der Durchsetzung.
Zum Abschluss habe ich noch eine Frage, die mich auf der Fahrt hierhin umgetrieben hat und zwar erinnere ich mich daran dass in den 90ern eines der ersten indizierten Computerspiele ein verpixelter Shooter war der Wellen geschlagen hat und ich fragte mich, naja, würde das heute noch indiziert? Ich vermute, nein da haben wir uns ja auch als Gesellschaft fortentwickelt Erste Frage, was heißt fortentwickelt? Vielleicht sind wir roher geworden, wer weiß Scheiß.
Ist das so? Ist vielleicht mal die erste Frage an der Stelle.
Also, es ist so, dass wir dieses Computerspiel aus den 90ern heute vermutlich nicht mehr indizieren würden, dass sich Gesellschaft hier weiterentwickelt. Auch natürlich die sozialethischen Werte, von denen wir eben gesprochen haben, die Medienkompetenz der Kinder und Jugendlichen, die Technik, wie werden beispielsweise jetzt Computerspiele umgesetzt.
Na klar, die Bundesprüfstelle ist in diesem Jahr 65 geworden. Das erste Objekt, was indiziert wurde, war ein Comic, der kleine Sheriff verwegene Jagd. Das würden wir heute natürlich anders sehen.
Daran sieht man, dass natürlich das etwas sehr Dynamisches ist. Ja, und deswegen gelten die Rechtsfolgen einer Indizierung qua Gesetz 25 Jahre. Das hat so den Ansatz, dass jede Generation selbst entscheiden soll, was jugendgefährdend ist, was sozialethisch desorientierend ist.
Es gibt dann trotzdem die Möglichkeit einer Folgeindizierung, weil es gibt Inhalte, da ändert sich an der Einschätzung nach 25 Jahren nichts oder davon ist auszugehen, beispielsweise bei der Frage einer Verherrlichung des Nationalsozialismus im Bereich Sexualität und Gewalt sieht es da schon anders aus. Deswegen nach 25 Jahren wäre eben die Frage, aus der Liste zu streichen oder Folge zu indizieren.
Anbieter haben auch die Möglichkeit, vorher einen Antrag auf Listenstreichung zu stellen. Das ist dann gerade bei Computerspielen, wo, glaube ich, die Entwicklung schon sehr schnell ist in der Ausführung dann der Darstellung der Inhalte, schon früher möglich auch nach zehn Jahren oder auch noch früher dann eine Listenstreichung vorzunehmen, wenn eben nicht mehr zu befürchten ist, dass das eine jugendgefährdende Wirkung hat.
Folgefrage. Kommt es vor, dass einem Anbieter von irgendeinem Medium, Filmspiel, was auch immer es ist, signalisiert wird, dass bestimmte Teile des Spiels beispielsweise so hier wahrscheinlich nicht akzeptiert werden könnten und dann werden die Inhalte angepasst, sodass es verschiedene Fassungen gibt, damit man nicht diesem ja doch wirtschaftlich recht weitlaufenden Verbot unterliegt?
Also eine Kommunikation zwischen Anbietern und der Bundesprüfstelle vor dem Erscheinen auf dem Markt gibt es nicht. Also es ist auch so, dass eine formale Voraussetzung für ein Indizierungsverfahren tatsächlich ist, dass das Medium auf dem Markt erschienen sein muss. Das ist dem Zensurverbot geschuldet, also dass hier wirklich auch nicht mal der Anschein erweckt wird, dass hier eine staatliche Vorabprüfung erfolgt.
Deswegen betreiben wir selbst auch keine Marktbeobachtung, sondern dürfen auch nur auf Antrag oder Anregung von Dritten tätig werden, die auch im Jugendschutzgesetz eben benannt sind. Insofern auch eine Art Beratung, das könnte vielleicht dann indiziert werden, die gibt es definitiv nicht.
Es gab und gibt immer wieder schon auch gerade im Bereich Computerspiele unterschiedliche Versionen für unterschiedliche Märkte. Also wir beobachten schon auch und da haben sie auch die Kostengründe eben angesprochen, dass versucht wird, das Niveau des deutschen Jugendschutzes einzuhalten, um dann eher auch einheitliche Versionen auf den Markt zu bringen.
Aber das gibt es durchaus, dass dann auch eine amerikanische Version beispielsweise in der Liste eingetragen ist, die dann der Zoll aufgetan hat im Rahmen einer Einfuhr und die deutsche Version hat eben ein Kennzeichen. Das gibt es durchaus.
Klingt ja ein bisschen, jedenfalls was den europäischen Markt angeht, dann auch wie eine Vorreiterrolle ähnlich bei der DSGVO.
Genau, wenn man das positiv ausdrückt, kann man das so sehen.
Gut, zum Abschluss, wie immer die Frage, wenn das den Zuhörerinnen und Zuhörern Lust auf mehr gemacht hat und sich die Arbeit hier gerne mal aus der Nähe anschauen würden, welche Möglichkeiten bestehen denn da eingeben?
Also wir haben grundsätzlich die Möglichkeit, im Rahmen des Studiums ein Praktikum auch hier als Verwaltungsbehörde eben oder in der Verwaltungsbehörde zu absolvieren. Wir haben auch immer wieder Referendarinnen und Referendare, also eigentlich sogar kontinuierlich, diese Möglichkeiten bestehen und ansonsten gerne Kontakt aufnehmen.
Wir können Termine für Gespräche, Rückfragen vereinbaren. Da sind wir also wirklich, soweit es möglich ist, im Arbeitsalltag ganz offen für Besuche oder Gespräche.
Muss man irgendwas Besonderes mitbringen? Außer Interesse am Thema natürlich?
Das ist wichtig, das Interesse am Thema. Ganz toll ist es natürlich, wenn auch eine gewisse Affinität einfach zu den verschiedenen Medien und so ein Gefühl dann im Kontext Jugendschutz da ist. Aber ein wirkliches Interesse an dem Thema, das ist schon die halbe Miete.
Super, vielen herzlichen Dank fürs Gespräch.
Sehr gerne.