Max Lieb, Referendar
Examensvorbereitung - Individuelle Vorbereitung - Schwerpunktbereich - Examenskurs Uni Köln - Kommerzielles Repetitorium - Systemverständnis - Öffentliches Recht - Zivilrecht - Strafrecht - Mündliche Prüfung - Prüfer mündliche Prüfung - Bewertungssystem - Objektivität Prüfungssystem - Reform Examenssystem - #notmyJAG
Im Interview mit Max Lieb zur Frage, wie man ein buchstäblich "gutes" erstes juristisches Staatsexamen schaffen kann. Wir diskutieren über den Sinn von Lernroutinen, warum jeder seinen individuellen Weg in der Examensvorbereitung finden muss und welche strategischen Überlegungen Sinn machen können. Warum könnte es sich bei dem öffentlichen Recht für viele Prüflinge um eine Art "Lebensversicherung" handeln? Macht es Sinn, das Strafrecht tatsächlich in der Examensvorbereitung etwas zu vernachlässigen? Anschließend erörtern wir Schwächen des aktuellen Prüfungssystems und argumentieren für eine doppelte Blindkorrektur aller Klausuren. Schließlich gehen wir auf die #notmyJAG-Kampagne ein, wozu Ihr vertiefende Hinweise und Gutachten in den Shownotes findet. Viel Spaß!
Viel Spaß 🎉 und vielen Dank für Euer Feedback! 🙏🏼
Glück ist ein erheblicher Anteil am Examen, aber planbar ist es schwer. Wichtig ist, sich auf eigene Stärken zu konzentrieren, Fähigkeiten zu entwickeln und nicht nur Wissen auswendig zu lernen.
KI-basiert und kann Fehler enthalten.
Herzlich willkommen zu einer neuen Episode Irgendwas mit Recht in Zusammenarbeit mit LTO und LTO Karriere. Mein Name ist noch immer Marc Ohrendorf und ich bin Jurist im Rheinland. Ich freue mich heute in dieser Episode mit Max Lieb über seine ganz individuelle Examensvorbereitung zu sprechen. Hallo Max.
Hi Marc.
Dann lass uns doch darüber mal ein kleines bisschen näher sprechen, nämlich die Frage, was macht eigentlich gute Examensvorbereitung aus? So viel sei schon vor die Klammer gezogen. Man kann das nicht pauschal sagen.
Das ist uns ganz wichtig, das erstmal klarzustellen. Schaltet ab, wenn ihr jetzt fünf Tipps erwartet, wie ihr ein Bombenexamen bekommt. Was wir euch liefern können, ist aber eine Geschichte, nämlich deine Geschichte, wie du es zu einem, im wahrsten Sinne des Wortes, guten Examen geschafft hast.
Und deswegen dachte ich, sprechen wir heute einfach mal ein bisschen miteinander, auch im Hinblick, ja, was da gerade wieder so diskutiert wird an Reformvorhaben hinsichtlich des Staatsexamens. Weniger Schwerpunktbereich, mehr Hausarbeiten eventuell und so weiter.
Aber fangen wir anders an, Max. Stell dich dir vielleicht mal kurz vor, wo hast du studiert und so der ganz normale Studienwerdegang.
Ja, gerne. Wie gesagt, Max Lieb mein Name. Ich habe in Münster und in Köln studiert, habe jetzt vor einem knappen Jahr mein schriftliches Examen abgelegt, inzwischen auch das mündliche. Bin inzwischen als Vorstandsassistent in einem mittelständischen Automobilzuliefererunternehmen tätig und promoviere nebenher, nebenher ist, ja, nett gesagt, an der Uni Köln.
Wie man das so macht, berufsbegleitend, nehme ich an.
Ja, wie man das so macht. Mal wäre ich aber weniger erfolgreich. Ich stehe noch relativ am Anfang des Vorhabens, aber hoffe auf das Beste.
Aber sag mal, bevor wir über das eigentliche Thema sprechen, so ganz nonchalant, Executive Assistant, kannst du mal ganz kurz umreißen, was man in der Rolle so macht als Jurist? Weil das ist ja jetzt auch was, was nicht unbedingt alle auf dem Schirm haben nach dem Studium.
Ja, Vorstandsassistent, also grundsätzlich man ist keine Bürokraft, wie man das dem Namen nach vielleicht vermuten würde, sondern ist letztlich zuständig für bestimmte Ressorts, die einem zugewiesen sind und in denen man beratend und organisatorisch tätig ist. Ich bin ursprünglich mal eingestellt worden, um ein Vertragsmanagementsystem für unser Unternehmen zu konzeptionieren und zu etablieren.
Mein Aufgabenbereich hat sich aber relativ schnell geweitet, sodass ich inzwischen im weitesten Sinne beratend und organisatorisch für alle möglichen rechtlichen Themen des operativen Tagesgeschäfts zuständig bin. Natürlich nicht alleine, aber eben in Unterstützung des Vorstands.
Und um da hinzukommen, brauchtest du unter anderem ein möglichst gutes Examen. Lass uns vielleicht mal... Am Anfang beginnen, jetzt nicht am Anfang des Studiums, da müssen wir glaube ich gar nicht so viel drauf eingehen, aber am Anfang deiner Examensvorbereitung. Wie sah denn deine Examensvorbereitung so in etwa aus?
– Ich muss vielleicht im Einstieg ein paar Sätze zu meinem juristischen Werdegang sagen, weil das Ganze sonst im Kontext sich nicht erschließt. Ich habe eine relativ lange Studienzeit hinter mir, habe schon 2011 angefangen, Jura zu studieren, war am Anfang so motiviert, wie man das als Studienanfänger eben ist, habe Praktika gemacht, habe nebenher gearbeitet in Kanzleien, aber auch selbstständig im IT-Bereich und habe aber irgendwann die Lust an Jura verloren, wenn man das so formulieren kann.
Ich habe dann aus persönlichen Gründen einen etwas längeren Auslandsaufenthalt gemacht, der allerdings nichts mit Study Abroad oder sowas zu tun hatte, sondern rein persönlicher Natur war und hatte danach gewisse familiäre Rückschläge, die dazu geführt haben, dass, wenn man es ehrlich betrachtet, ich zwei, eher zweieinhalb Jahre eigentlich nahezu nicht studiert habe. Und ich sah mich dann circa Ende 2017 mit der Situation konfrontiert, dass ich schon ziemlich lange Jura studiert habe, auch scheinfrei war, alles weitestgehend hinter mich gebracht hatte, allerdings noch keinen Schwerpunkt hatte und das Staatsexamen immer noch ausstand.
Ja, und mich aber, wie gesagt, zwei, zweieinhalb Jahre mit Jura nicht mehr großartig beschäftigt hatte und habe mir überlegt, gut, Bock hast du ehrlich gesagt nicht drauf, aber abbrechen möchtest du das jetzt auch nicht nach der langen Zeit, bring es jetzt irgendwie hinter dich und habe dann angefangen.
Das ist ja gar nicht so ungewöhnlich, also dass man vielleicht auch während des Hauptstudiums, je nachdem wann man dann den Schwerpunktbereich macht, aber dass man da mal so eine Durststrecke hat vor der eigentlichen Examensvorbereitung, das hört man ja dann doch öfter an.
Ja, klar, Durststrecken sind glaube ich gerade in unserem Studium völlig normal. Ich glaube, was eher unüblich ist, ist, dass man so vollkommen pausiert, aber ansonsten, du hast schon recht, also es ist nicht unüblich, dass man da mal eine Weile was anderes macht und auch nicht so motiviert ist.
Ich bin dann hingegangen und habe mir überlegt, gut, lerne dich selber kennen oder sei dir bewusst, zu was du fähig bist und habe mir eingestanden, dass ich im Grundsatz ein relativ fauler Mensch bin. Hab mir also überlegt, wie kann ich jetzt dieses Examen schnellstmöglich, gleichzeitig bestmöglich hinter mich bringen, ohne vollständig die Motivation zu verlieren und möglicherweise das Ganze nochmal zu unterbrechen oder gar abzubrechen.
Und bin dann relativ schnell zu dem Schluss gekommen, dass ich aus motivatorischen Gesichtspunkten jetzt den Schwerpunkt vorziehen sollte und zunächst meinen Schwerpunkt hinter mich bringen sollte, bevor ich mich unmittelbar aufs Examen vorbereite und hab damit dann begonnen.
Interessant, denn gerade in Nordrhein-Westfalen, wo das ja noch geht, machen viele Studierende den Schwerpunkt ja gerne nachher, oft mit dem Argument, naja, dann muss ich aber sozusagen mir kein Wissen aufschaufeln, was dann im Examen ohnehin nicht direkt geprüft wird. Auch im Hinterkopf natürlich immer, man will den Freischuss noch schaffen.
Aber du hast dann eher gesagt, nee, du brauchst sozusagen die Motivation, wenn ich dich richtig verstehe, des Schwerpunktes, um den Rest zu schaffen oder was war die Überlegung?
Naja, die Ausgangsüberlegung war natürlich, mein Freischuss war nicht mehr realistisch wahrnehmbar. Wissen, dass ich hätte verlieren können aus Grundstudium beziehungsweise Hauptstudium war noch, naja, sagen wir mal in begrenztem Maße vorhanden. Und dann habe ich mir gedacht, naja, also den Schwerpunkt abzuleisten macht sicherlich mehr Spaß, als jetzt sofort in die Examenvorbereitung einzusteigen.
Und wenn du nichts zu verlieren hast, wieso denn nicht? Zeitlich macht es für dich keinen großen Unterschied.
Womit hast du dich dann beschäftigt im Schwerpunkt?
Ich habe einen Schwerpunkt im Unternehmensrecht gemacht mit, ja, ganz maßgeblich auf Kapitalmarkt und Aktienrecht.
War cool?
Ja, doch. Also ich habe überwiegend großen Spaß am Schwerpunkt gehabt, insbesondere am Kapitalmarktrecht und an der Anfertigung der Seminararbeit im relativ technisch anmutenden, aber in Einzelfragen sehr interessanten Aktienrecht. Das hat mir, muss ich zugeben, aus meinem gesamten Studium am meisten Spaß bereitet, ja.
Ich vermute, so ging es mir jedenfalls damals auch, weil du es dir selber aussuchen konntest, oder?
Ja, das war mit Sicherheit ein Teil dessen. Ich würde aber sagen, ein größerer Faktor war eigentlich, dass ich dazu in der Lage war, mich so tiefgehend, wie ich wollte, mit Einzelfragen zu beschäftigen. Ich hatte während des gesamten Studiums immer das Gefühl, dass wenn denn mal ein Problem auftaucht, das ich wirklich interessant finde und das ich gerne tiefgreifend verstehen würde, ganz oft ich das nicht kann, weil die Notwendigkeit besteht, die Stoffhülle in breiter Form abzudecken und ich einfach ein Zeitproblem habe.
Und das war im Schwerpunkt nicht mehr so und ich konnte mich endlich in Tiefe mit Dingen beschäftigen, die mich dann, wie du es schon gesagt hast, interessiert haben.
Hm, gut. Und dann kam irgendwann Tag X, noch nicht des Examens, aber jedenfalls der Entscheidung, jetzt fange ich an, mich aufs Examen vorzubereiten. Wie hast du das gemacht?
Ich habe mir tatsächlich natürlich, wie glaube ich jeder, erstmal überlegt, ich brauche einen Lernplan, ich brauche einen Zeitplan, ich brauche einen Ablaufplan und ich brauche Materialien. Und ich weise nochmal darauf hin, weil das doch durchaus ein relevanter Charakterzug ist.
Ich bin faul oder wenn man es netter ausdrücken will, ich bin effizient. Ich mag es nicht, Zeit zu verschwenden. Ich hatte keine große Lust, mir selbst einen Lernplan zu erstellen und muss auch ehrlicherweise sagen, aus meiner persönlichen Perspektive ist es nicht für jeden notwendig, einen individuellen Lernplan zu erstellen.
Hab mir also überlegt, woran kann ich mich orientieren und wie einige Hörer vielleicht wissen, bietet die Uni Köln einen Examenskurs an, der breitflächig alle notwendigen Kenntnisse fürs Examen abdeckt und den Studierenden näher bringt und ich habe mich an diesem Examenskurs orientiert. Hab mir also vorgenommen, ich werde diesen Examenskurs in Gänze besuchen.
Das ist ein Jahreskurs, der sich mit den drei Teilbereichen nahezu gleich in gleichen Maßen beschäftigt. Und ja, hab gesagt, ich orientiere mich in meiner Vorbereitung an diesem Kurs. Hab mir auch exakt ein Jahr Zeit genommen vom Beginn meiner Vorbereitung bis zum Examenstermin, zum Schriftwischen.
Für diejenigen Hörerinnen und Hörer hier, die jetzt auch vielleicht nicht aus Köln kommen, haben wir mittlerweile auch eine ganze Menge. Dieser Examenskurs, ist das vergleichbar mit einem Rep? Also hat man da sozusagen Anwesenheitsteile, wo man auch nochmal die Theorie bekommt oder schreibt man da nur Klausuren oder ist das gemischt?
Der Examenskurs ist zweigeteilt. Es gibt einen dem REP-ähnlichen, aber in ganz wesentlichen Punkten, das möchte ich gern betonen, unterschiedlicherweise darstellenden theoretischen Teil. Das sind drei Tage die Woche, drei Halbtage, von Dienstag bis Donnerstag, meine ich, müsste es immer noch sein, morgens um neun bis mittags um 13 Uhr längstens, glaube ich.
Und der zweite Teil ist der, ich nenne es mal praktische Teil, das ist der Klausurenkurs, der am Wochenende stattfindet. Es werden jeweils Freitag und Samstag eine Klausur zum Ausschreiben, das sind originale Examensklausuren, angeboten, die dann auch korrigiert werden.
Was ist denn der Punkt, den du betonen wolltest, der anders ist als bei einem normalen, in großen Anführungszeichen normal, mittlerweile leider schon normal, könnte man auch sagen, als bei einem kommerziellen Repetitorium?
Ich habe nun kommerzielle Repetitorien nur kurz besucht, weil mir das gar nicht gefallen hat. Dazu vielleicht später noch ein paar Worte. Aus meiner Perspektive legen kommerzielle Repetitoren enormen Wert auf Detailkenntnisse und die Vermittlung von Spezialwissen.
Der Examenskurs der Uni Köln ist, ich nenne es mal, wissenschaftlicher angehaucht. Da wird Verständnis, Systemverständnis vermittelt. Da wird zu großen Teilen weniger das Detailproblem erläutert, als die Fähigkeit, Probleme zu erkennen und damit umzugehen, vermittelt.
Es wird deutlich weniger Druck im Hinblick auf die Anforderungen des Examens aufgebaut. Ja, es lässt sich vielleicht zusammenfassend sagen, das Ganze ist wissenschaftlich orientierter. Es ist mehr Vorlesung als Repetitorium.
Das mag manchen Menschen mehr liegen als anderen. In meinen Augen vermittelt das Fähigkeiten, die für das Examen wichtig sind.
Damit einher geht dann aber ja auch, wenn man mal sozusagen mitgeht und sagt, das ist wissenschaftlicher, dass man wahrscheinlich etwas mehr Eigenverantwortung mitbringen muss in der Zeit, wo man für sich lernt, oder?
Da hast du völlig recht. Also im Gegensatz zum kommerziellen Repetitor wird dir kein Lernplan vorgegeben, dir wird kein Programm vorgegeben, wann du was tun musst, was wiederholen musst, du wirst nicht abgefragt. Also letztlich, wenn du dich nicht selbstständig neben diesem Kurs vorbereitest und entsprechend lernst, dann wird das niemand merken und es ist dein Problem.
leben. Der Examenskurs kann nicht bieten oder will auch vor allem, glaube ich, nicht bieten, was der Repetitor bietet, nämlich dich dazu zwingen, dich selbst zu disziplinieren.
Wie sah denn dann deine Tagesroutine aus? Ich meine, es gibt ja heutzutage auch viele Instagrammer, die sozusagen dich teilhaben lassen, wenn du das möchtest, an jedem einzelnen Schritt der Examensvorbereitung. Aber für jeden dieser Instagrammer gibt es natürlich auch tausende Leute, die das einfach irgendwie so machen, wie sie selber es gut finden.
Was mich interessieren würde, ist, wie sah es bei dir aus? Was fandest du gut? Was hat für dich funktioniert? Funktioniert.
Wiederum einleitend, ich persönlich bin jemand, der Strukturen nur bis zu einem bestimmten Grad schätzt. Ich mag das nicht, durch Strukturen gefangen zu sein und habe mir deswegen nie einen Lernplan gemacht oder eine Lernroutine etabliert, die so detailliert war, dass ich gewusst hätte, morgen um neun muss ich das hier machen.
Das waren die groben Punkte, die ich eben angesprochen habe, des Examenskurses und des Klausurenkurses. Aber daneben hatte ich keine detaillierte Routine. Ich habe regelmäßig nach Besuch des Examenskurses die Themen des jeweiligen Tages nachgearbeitet in unterschiedlicher Tiefe.
Ich habe Freitag und Samstag die Klausuren geschrieben, daneben aber auch nichts gemacht. Und ich habe Montag und Freitag, also an den examenskursfreien Tagen, ganz bewusst meinen Schwerpunkt aufs öffentliche Recht gelegt. Und habe nahezu ausschließlich, es war nicht immer so, aber ganz überwiegend, nahezu ausschließlich mich im Bereich des öffentlichen Rechts aufs Examen vorbereitet, wiederum anhand der Unterlagen des Examenskurses.
Wie kam dieser Fokus aufs F-Recht?
Ja, das ist eine strategische Entscheidung, die ich anhand meiner persönlichen Vorlieben getroffen habe. Ich wusste, ich bin vergleichsweise stark im Zivilrecht, das war mein liebstes Fach. Ich war auch noch aus meinem Grundstudium, meinem Hauptstudium, da am ehesten up to date.
Im öffentlichen Recht war ich tatsächlich eher schwach und das Strafrecht mochte ich einfach nicht. Dann habe ich mir überlegt, gut, du kannst dich im Strafrecht irrsinnig viel vorbereiten, aber es ist nur eine Klausur und empirisch oder zumindest meiner subjektiven Einschätzung nach sind die Ergebnisse selbst bei Leuten, die sich sehr, sehr ausgiebig aufs strafrechtliche Examen vorbereitet haben, selten planbar gut.
Gut, das ist im öffentlichen Recht anders meiner Einschätzung nach. Ich bin relativ schnell zu der Einschätzung gekommen, dass man im öffentlichen Recht planbar ziemlich gute Ergebnisse erreichen kann und habe mir gedacht, naja, das ist deine Lebensversicherung. Wenn es im öffentlichen Recht gut läuft, dann wird das schon passen, weil ich mir von Anfang an sicher war, dass ich im Zivilrecht zumindest nicht vollkommen auf die Nase fallen werde und habe mir dann gedacht, gut, das Strafrecht ignoriere ich jetzt mal weitestgehend.
Muss aber dazu sagen, dass ich ursprünglich eigentlich mal angepeilt hatte, ein befriedigendes Examen machen zu wollen. Habe gesagt, wenn es gut läuft, mache ich ein VB. Aber dass es so gut läuft, wie es jetzt im Ergebnis gelaufen ist, das war weder geplant noch planbar aus meiner Perspektive.
Ich würde da mitgehen, was das öffentliche Recht angeht. Also ich finde auch während der Examina und gerade auch so damals in meinen Lerngruppen, da hat man schon immer ganz gut gesehen in den Öffrechtsklausuren, dass man mit Handwerkszeug oftmals auch und mit einer guten Struktur und mit einem guten, in Anführungszeichen, Ausschlachten des Sachverhalts tatsächlich auf ganz okaye Ergebnisse kommt.
Ja, da hat man tatsächlich so eine gute Baseline. Für besonders gute Leistungen muss man natürlich auch dann noch besonders viel bringen, so ist es nicht. Aber dieses Stichwort Lebensversicherung trifft es, glaube ich, ganz gut.
Ja, ich muss da tatsächlich auch mal dazu sagen, dass der diesen Bereich des Examenskurses leitende Professor, Professor Mucke aus Köln, unfassbar gute Arbeit leistet. Der stellt nämlich neben dieser Veranstaltung noch einen Skript zur Verfügung, dass alle Themen des Examens im öffentlichen Recht ausführlich, aber auch ausreichend abdeckt.
Ich habe mich, zum Material kommen wir vielleicht später noch kurz, aber ich habe mich im öffentlichen Recht nahezu ausschließlich mit diesem Skript vorbereitet und bin dem Skript gefolgt. Und ja, Professor Mucke hat immer gesagt, das müsst ihr können und den Bereich solltet ihr bis zu diesem Punkt kommen, wenn ihr sicher eine gute Note erreichen wollt.
Er hat aber auch immer betont, welche Dinge dann eben das i-Tüpfelchen sind und dementsprechend habe ich mich vorbereitet.
Gibt es sonst noch Tipps hinsichtlich der Materialien, wo du es gerade ansprichst?
Ja, mein Grundsatz wäre, weniger ist mehr. Es wird immer unglaublich viel darüber diskutiert, dass gute Kandidaten sich ausführlich mit Lehrbüchern vorbereiten müssten, weil nur da das Wissen in der erforderlichen Tiefe vermittelt werden würde. Daran glaube ich ehrlich gesagt nicht.
Ich habe mich vorbereitet mit im öffentlichen Recht, mit dem Skript von Professor Mucke, fächerübergreifend immer mit den gängigen Kommentaren, im Zivilrecht im Münchner Kommentar, fächerübergreifend dem Back-Online-Kommentar, auch wenn der bei echten Wissenschaftlern nicht allzu beliebt ist. Ja, im öffentlichen Recht und im Strafrecht eben das, was gerade verfügbar war, aber ich habe eigentlich immer, wenn ich ein Einzelproblem erkannt habe, mich erstmal im Kommentar belesen.
Ich habe daneben, wenn ich mir einen Überblick über Themenschwerpunkte verschaffen wollte, auf die Skripten von Jura Kompakt zurückgegriffen, mit denen ich persönlich sehr gut klargekommen bin. Ich denke, das kann man aber nach eigener Vorliebe beliebig austauschen.
Und habe ansonsten im Strafrecht den Rengier verwendet in seinen drei Bänden, der zumindest meiner Einschätzung nach auch das Examswissen ziemlich ganzheitlich und verständlich abbildet. Ich habe aber nie ganze Lehrbücher gelesen in meiner Examsverbreitung. Dafür hätte mir schlicht die Zeit gefehlt und dazu habe ich auch ehrlicherweise keine Lust gehabt.
Dazu muss man gegebenenfalls nochmal sagen, dass das natürlich, wir betonen es nochmal, hier kein Patentrezept ist. Das ist der Weg, den du gegangen bist, der hat für dich sehr gut funktioniert. Schaut euch das an, dass ihr sozusagen auch wirklich selber die Entscheidung treffen könnt, was für euch funktioniert.
Und dann muss man auch sagen, das sagen immer alle, schaut es euch an, aber dann zieht es auch durch. Weil nichts ist schlimmer, als zwischendurch dann mal wieder irgendwie die Strategie zu wechseln. und dann hat man so ein bisschen hier und ein bisschen da und nachher hat man so einen leeren Flickenteppich, wenn man so möchte.
Absolut. Ich glaube, es ist auch wichtig, dass man sich als Examenskandidat vorher seine eigenen Stärken und Schwächen bewusst macht. Mir ist relativ schnell klar geworden, dass ich in Maßen gut darin bin, Detailkenntnisse zu erwerben. Ich habe ein mäßig gutes Detailgedächtnis.
Ich hätte mir nie, wie das andere tun, hunderte Einzelprobleme mit den entsprechenden Argumenten merken können, selbst wenn ich gewollt hätte. Deswegen habe ich es gar nicht erst versucht. Dem gegenüber bin ich, glaube ich, nach eigener Einschätzung relativ argumentationsstark und habe ein gutes Systemverständnis und habe deswegen meinen Fokus darauf gelegt, eben genau diese Stärken zu etablieren und für das Examen weiterzuentwickeln.
Habe also an meiner Argumentationsfähigkeit gearbeitet, habe viele Klausuren geschrieben, um eben über das Üben der Klausuren schreiben zu wissen, wie arbeite ich eigentlich so, wie es von mir erwartet wird und habe daneben auf Systemverständnis gelernt, deswegen auch immer der Blick in die Kommentare, denn wo kriegt man schneller einen systemischen Überblick als in einem Kommentar für Praktika.
Verstehe. Gut, dann lass uns bevor wir gleich nochmal so ein bisschen zu den aktuellen Änderungen im JAG kommen, nochmal ganz kurz über die mündliche Prüfung sprechen, denn die ist ja nochmal so ein besonderer Teil im Staatsexamen und da würde mich interessieren, wie du das erlebt hast und wie du dich auch darauf zum Beispiel vorbereitet hast.
Also ich muss sagen, ich habe immer zur mündlichen Prüfung hingeschaut und zwar sehr positiv, weil ich dachte, das wird der beste Teil meines Exams. Es ist im Ergebnis auch so gekommen, deswegen wiederum kenne deine eigenen Stärken und Schwächen.
Ich befand mich anfangs in der, naja, was heißt luxuriösen Position, aber auch das sind Vorteile, wenn man den Schwerpunkt vorzieht. Ich wusste dank eines relativ gut abgeleisteten Schwerpunkts, dass mein Examen insgesamt, wenn ich nicht völlig daneben liege, nicht unter einem bestimmten Schnitt fällt.
Das heißt, ich wusste, wenn ich ein Mindestmaß, ich habe mir eigentlich im Schnitt sieben Punkte in den schriftlichen Klausuren vorgenommen, wenn ich die erreiche, kann ich mit der mündlichen ein Verrechnungsvorbild kriegen. Und das war immer das Ziel, was ich vor Augen hatte.
Dass die schriftlichen dann besser gelaufen sind als erwartet, war für mich nicht planbar. Ich war natürlich glücklich drüber. Ich habe mir während der Vorbereitung auf meine schriftlichen Klausuren keine Gedanken über die mündliche gemacht.
Darüber hinausgehen, dass das wiederum eine Art, ja, ich verwende den Begriff nochmal, Lebensversicherung ist. Ich dachte mir immer, darüber kannst du es reißen. Und du musst nur das Mindestmaß im Schriftlichen schaffen, um eine gute Basis zu schaffen.
Und habe dann, nachdem ich meine Klausuren geschrieben hatte, jetzt glaube ich, jeder macht erst mal zwei Monate praktisch nichts gemacht. Ich meine, wir waren jetzt in der Sondersituation Corona. Ich glaube, ich wäre ganz gerne mal in Urlaub gefahren, da hätte irgendwie was Aktives gemacht.
Das ging nun nicht. Ich habe angefangen, mich auf die mündliche Prüfung vorzubereiten, zwei Monate vor dem anvisierten Termin. Habe das aber relativ locker gesehen und habe zunächst mal einfach breit wiederholt, was es da so gab. Habe mir ein bisschen Hintergrundwissen angelesen, die Geschichte des Grundgesetzes, aktuelle Fälle zu Corona, alles das, was ich dachte, das wäre ja mal nett, vielleicht abweichend von der schriftlichen, was man so wissen könnte.
Bin da auch meinen Interessen gefolgt und dachte, naja, es ist bestimmt gut, einfach mal ein paar Sätze mehr über ein Thema erzählen zu können, wenn man denn ins Reden kommt. Und habe mich da wenig spezifisch vorbereitet.
Als ich dann aber meine Ladung mit der entsprechenden Kommission bekommen habe, Oschreck im Strafrecht, meinem unliebsten Fach, Vortrag im Strafrecht, habe ich mich sehr spezifisch vorbereitet. Und zwar habe ich mir bis ins Detail meine Prüfe angeguckt.
Ich möchte jetzt aus naheliegenden Gründen nicht einzeln benennen, aber ich habe relativ viel Arbeit in eine Hintergrundrecherche zu den einzelnen Personen, deren persönlichen Tätigkeitsschwerpunkten, deren Werdegang gesteckt und natürlich auch die Protokolle gelesen, wobei ich aus den Protokollen weniger entnehmen konnte als tatsächlich aus Lebensläufen und Tätigkeitsschwerpunkten. Und habe dann angefangen, mich anhand dieser Tätigkeitsschwerpunkte der Personen sehr spezifisch vorzubereiten.
Ja, wo du gerade sagst, aus den Protokollen konntest du etwas weniger entnehmen. Ich persönlich sah da vor einigen Wochen jemanden, der vorgeschlagen hat, alle Protokolle doch einfach durch eine Analyse-Software laufen zu lassen, die schlicht die Worte zählt, wie oft welches Wort vorkommt, und dann zu sagen, okay, jetzt kommt hier beispielsweise Analogie häufig vor, dann muss ich mich jetzt wohl fragen, wo kann man in diesem Rechtsgebiet Analogien bilden.
Naja, also das mag dahingehend eine gute Idee sein, wenn jetzt ein Prüfer absolut protokollfest ist, aber auch dann würde ich davor warnen, weil viele Studierende, die nachher dann aus dieser Extremsituation mündliches Examen rauskommen, so ein Protokoll anfertigen, doch sehr unterschiedliche Auffassungen darüber haben, erfahrungsgemäß, was jetzt wirklich geprüft und gefragt wurde. Das sieht man, wenn man mal vier, fünf Protokolle inhaltlich nebeneinander legt.
Und dann stellt man fest, die müssen dieselbe Prüfung gehabt haben, aber es klingt doch relativ unterschiedlich. Insofern halte ich diesen Fokus auf die Person des Prüfers für einen sehr guten, denn den kann man auch recht zuverlässig immer machen, wenn man weiß, mit wem man es zu tun hat.
Ich meine, wir sprechen alle über Protokollfestigkeit. Man kann sicherlich Informationen aus den Protokollen entnehmen. Bei mir war es nun so, dass ich drei angeblich protokollfeste Prüfer habe, die sich alle drei dann zum ersten Mal seit, ich glaube es waren immer Zeiträume von roundabout fünf Jahren, nicht mehr an das gehalten haben, was in den Protokollen drin schon was völlig anderes gemacht haben.
Wäre also ziemlich böse damit auf die Nase gefallen, wenn ich mich darauf verlassen hätte. Und zudem sind Protokolle natürlich immer eine sehr subjektive Einschätzung der geprüften Personen. Bei mir war zum Beispiel einer der drei Prüfer in den Protokollen als sehr unfreundlich und als sehr abwertend eingestuft, zumindest in vielen Aspekten, den habe ich nicht so empfunden.
Ich hatte vielmehr den Eindruck, dass der eigentlich durchaus freundlich ist, aber dass der wenig Geduld damit hatte, wenn man denn den Fokus verloren hat. Also der wollte letztlich klare, kurze Antworten und der wollte, dass Leute nachdenken.
Der hatte aber keine Lust, dass man ein auswendig gelerntes Schema an einer Stelle abspult, an der er es nicht hören will. Und das haben viele der zuvor geprüften Kandidaten, glaube ich, so empfunden, als würde er sie abwerten.
Das ist sowieso ein Aspekt. Ich glaube, es kommt in der mündlichen Prüfung sehr stark darauf an, dass man sich auf sein Gegenüber einlässt und dass man nicht versucht, sein Wissen abzuspulen. Das ist...
Zumindest nehme ich das so wahr, viel weniger eine Show, als das oft wahrgenommen wird. Man muss nicht zeigen, wer man selbst ist, sondern man muss ins Gespräch mit einer anderen Person kommen und dabei spielen natürlich Dinge wie Sympathie immer eine Rolle.
Das haben wir ja auch schon in den vergangenen Folgen hier öfters mal besprochen. Das schlägt ja so ziemlich in dieselbe Kerbe, dass man auch sagt, naja, der Prüfer ist gegebenenfalls ja auch daran interessiert oder die Prüferin natürlich zu sehen, ich habe es da mit einer Person zu tun, die ich jetzt bald dann auch auf den nächsten Schritt sozusagen loslassen kann.
Also sei es jetzt das Referendariat nach dem ersten Examen oder die Praxis nach dem zweiten. Man hört ja auch öfters mal den Satz, naja, könnte ich mir vorstellen, ihn oder sie als Kollegin zu haben in der Prüfung. Also es ist wirklich auch so eine relativ menschliche Komponente, die immer auch beachtet werden sollte, dass man dann da wahrscheinlich auch möglichst, ja wie du sagst, ins Gespräch kommt und den Dialog auch echt führt sozusagen.
Ja, und ich glaube im Gegensatz zu den schriftlichen Examensprüfungen, es geht sehr viel weniger, als man glaubt, um reines Wissen. Ich habe meine Prüfung zumindest so erlebt, dass die Prüfer eine lebensnahe Argumentation sehr geschätzt haben. Ich meine, eine Prüfungsfrage, das kann ich so offen sagen, war zum Beispiel oder bezog sich auf die Auswirkungen von Corona auf den Strafprozess.
Ich habe mich in meiner Vorbereitung mit der SDPO sehr wenig beschäftigt und habe da nie einen Fokus drauf gelegt. Aber mir kam relativ schnell die Idee, naja gut, Corona, Kontaktbeschränkung, was ist das denn? Ich glaube irgendwo gehört zu haben, dass Verhandlungen aktuell nicht öffentlich geführt werden und habe dann einfach mal in den Raum geschmissen, dass das ja problematischer im Hinblick auf den Öffentlichkeitsgrundsatz gewesen sein könnte oder ist.
Und das hat meinen Prüfer erfreut. Also der wollte von mir keine tiefgreifenden Ausführungen theoretischer Natur zum Öffentlichkeitsgrundsatz hören, sondern der wollte einfach, dass jemand sagt, ja, das könnte doch sein aus den und den Gründen und das Ganze auf die reale Situation aktuell bezieht. Und ich bin mit diesem Ansatz zu argumentieren und nachzudenken, statt Dinge auswendig zu lernen in meinem eigenen Examen, das ist glaube ich die Bottomline, relativ weit gekommen und mag nicht behaupten, dass das immer reproduzierbar ist, glaube aber, dass übergreifend in der Examsvorbereitung zu wenig Wert darauf gelegt wird.
Und fairerweise muss man sagen, das betone ich immer auch gerne bei diesem Thema, man braucht doch immer das Quäntchen Glück. Das macht euch nichts vor. Es ist am Ende des Tages auch über die Klausuren hinweg und vielleicht doch gerade am Tag der mündlichen Prüfung, weil es doch so eine relativ fokussierte Momentaufnahme ist, so, dass man auch mal zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein muss oder zur richtigen Zeit man die richtige Idee braucht.
Du hast völlig recht. Ich hätte das nicht besser ausdrücken können. Ich glaube sogar, dass es nicht nur ein Quäntchen Glück ist, sondern dass es ein ganz erheblicher Anteil Glück im Examen ist. Ich kann über mich selber sagen, ich glaube, dass ich genauso gut da auch mit im Schnitt sieben Punkten im staatlichen Teil hätte rausgehen können.
Wenn das anders gelaufen wäre, ich habe das Glück gehabt, bei mir ist es so nicht gewesen, aber das objektivierbar darzustellen ist, glaube ich, kaum möglich, beziehungsweise im aktuellen System nicht möglich, aber da sprechen wir vielleicht gleich noch drüber. Glück ist erforderlich, man kann sich bestmöglich vorbereiten, aber tatsächlich planbar eine bestimmte Note zu erreichen, ist schwierig im besten Fall.
Ja, sprechen wir da doch drüber. Was läuft denn falsch aus deiner Sicht, wenn wir schon gerade dabei sind, hier uns darüber zu unterhalten, dass dann doch Glück einer der entscheidenden Faktoren ist? Ist es nicht objektiv genug?
Man darf nicht vergessen, dass wir uns hier… In einem Fachbereich bewegen, in dem es dann doch auf persönliche Präferenzen und auf Überzeugungskraft ankommt und eben auch auf subjektive Einschätzungen hinsichtlich dieser Überzeugungskraft, sodass Objektivierbarkeit immer nur bis zu einem bestimmten Maße erreichbar ist. Trotzdem weist das aktuelle Prüfungsmodell im juristischen Bereich, besonders beim Staatsexamen, Schwächen auf.
Fängt an mit der Vergleichbarkeit. Ich finde, dass die Ergebnisse sehr schwer vergleichbar sind. Das wird dem Schwerpunkt immer vorgeworfen. Das ist im Examen aber nicht besser.
Ähm, ich meine, wie lässt sich denn jemand, der sich spezifisch vorbereitet hat und der dann Klausuren bekommen hat, die seiner Vorbereitung perfekt entsprochen haben, vergleichen mit jemandem, der sich genauso spezifisch vorbereitet hat, meinetwegen hat er sogar genau dieselbe Examenvorbereitung durchlaufen, und der kriegt aber einfach andere Klausuren, die in Randbereichen liegen, die so vielleicht gar nicht hätten gestellt werden sollen.
Und der hat dann plötzlich drei Punkte weniger im Schnitt. Man wird dem kaum vorwerfen können, dass er weniger für ein gutes Examen getan hätte.
Gut, eine gewisse Variation braucht man jetzt natürlich, aber auch in den Klausuren. Da wird man ja wahrscheinlich nicht ganz drum herum kommen. Oder wie würde das aus deiner Sicht idealerweise dann aussehen?
Ja, das ist natürlich richtig, aber die Bandbreite ist aktuell zu groß. Vor allem die Bandbreite in struktureller Hinsicht. Es gibt Klausuren, davon habe ich, Eine ganze Menge bekommen, was für mich sehr gut war, die ganz stark darauf ausgelegt sind, die Argumentationsfähigkeit der Prüflinge zu überprüfen und die Systemverständnis und Umgang mit Normen aus unbekannten Rechtsgebieten erfordert.
Dann gibt es aber auch Klausuren, das sind so gerne aus dem Bereich des Deliktsrechts, Produkthaftungsgesetz und solche Späßchen, wo es schlicht und einfach darum geht, altbekannte Probleme, die zum Teil seit 20 Jahren bestehen und die daran geknüpften Argumentationsketten auswendig abzuspulen und vielleicht, wenn es gut läuft, noch aus dem Sachverhalt drei Argumente drunter zu schreiben. Das ist einfach ein völlig anderes Skillset, das da abgefragt wird und das hat für meine Begriffe nichts mehr mit erforderlicher Bandbreite zu tun.
Ja und dann gibt es dann noch ein zusätzliches Problem und zwar, dass auch innerhalb dieser Bandbreite dann je nach Kampagne, in der man gerade landet, total Schwerpunkte gelegt werden, sodass dann die Bandbreite auch nicht ausgeschöpft wird. Also ich denke beispielsweise an einen Fall, kam mir letztens zu Ohren, im zweiten Examen in einem Bundesland, egal wo, da war dann dreimal in drei zivilrechtlichen Klausuren Sachenrecht eines der Hauptthemen.
Und nun denkt man schon so nach der ersten Klausur, ja Sachenrecht kommt ja jetzt vielleicht nicht nochmal und wenn dann nur noch einmal und dann kam es auch noch ein drittes Mal. Wo man sich auch fragt.
Hä?
Also ist nicht auch Zweck des Ganzen vielleicht so ein bisschen so ein Standardkanon abzufragen und jetzt nicht zu schauen, ob bestimmte Personen gerade in einem Rechtsgebiet besonders fit sind? Natürlich ist das dann immer unterschiedlich eingekleidet, im zweiten Examen vor allem dann natürlich über den Einstieg aus der ZPO kommend häufig, aber dennoch geht es ja am Ende des
Tages so ein bisschen um dasselbe Rechtsgebiet, um auch eine recht ähnliche Denkweise, die dann abgeprüft wird.
Absolut, kann ich dir nur beipflichten. Ich sage mal so, ich glaube, es würde der ganzen Problematik wenig Abhilfe schaffen, wenn man jetzt aus jedem Rechtsgebiet eine bestimmte oder eine Klausur aus jedem Rechtsgebiet schreiben würde. Denn letztlich geht dann dieser Unsicherheitsfaktor, der glaube ich schon ein wesentlicher Teil unserer Prüfungsform ist und den ich persönlich auch notwendig finde, weil man sich sonst nicht angemessen vorbereitet, der würde ganz verloren gehen.
Aber du hast natürlich völlig recht, ein Prüfungsamt sollte in der Lage sein, einen Durchgang an Examensklausuren zu stellen, der mehr abfragt als Sachenrecht im Bereich des Zivilrechts. Vor allem, weil das Zivilrecht so eine Bandbreite bietet.
Gut, ich meine, das ist nun, glaube ich, ein absoluter Spezialfall. Das kommt hoffentlich nicht öfter vor, aber kommen wir mal auf ein anderes Thema, das aus meiner Perspektive noch wichtiger ist. Objektive Bewertungsmaßstäbe.
Es ist uns allen, manchen Examenskandidaten vielleicht nicht, auch weil sie es nicht hören wollen, aber es sollte uns allen bekannt sein, dass zum Teil Klausuren mit eklatanten Unterschieden bewertet werden. Es gibt Klausuren, die vom einen Prüfer beziehungsweise vom einen Korrektor mit zehn Punkten plus bewertet werden, die der andere dann zwischen vier und sechs Punkten sieht.
Das darf einfach nicht sein. Das darf nicht sein, vor allem nicht in einem Studiengang wie unserem, bei dem die Abschlussnote einen so erheblichen Einfluss auf die weitere Berufslaufbahn hat.
Und wo ja auch hergegangen wird, und das ist jetzt mal eine steile These und ich freue mich auf viele Zuschriften dazu, aber können wir gerne nochmal auch vertieft dann an weiterer Stelle oder individuell diskutieren, wo ja hergegangen wird und wo dieses Problem, dass es unterschiedlich bewertet werden könnte und zwar in einer Range von fünf bis sieben Punkten, vermeintlich dadurch gelöst wird, dass man dem Zweitkorrektor einfach die Bewertung des Erstkorrektors mitgibt.
Und dann in der Hoffnung, er wird ja schon nicht so viel davon abweichen. Das ist doch, wie gesagt, steile These, können wir gerne diskutieren, aber das ist doch aus meiner Sicht nicht besonders objektiv, sagen wir mal so.
Also, auf keinen Fall. In einem aus meiner Perspektive idealen oder so ideal wie möglichen Bewertungssystem müsste es einen Erst- und einen Zweitkorrektor geben, die jeweils blind korrigieren. Und falls Abweichungen bestehen, müsste ein dritter unabhängiger, bei ganz eklatanten Abweichungen vielleicht sogar ein vierter unabhängiger Korrektor einen Mittelwert herstellen oder entscheiden darüber, wie diese Abweichungen denn nun zu bewerten sind.
Was aber nicht sein kann, ist, dass dem Zweitgutachter das erste Gutachten mitgeteilt wird. Und regelmäßig sind die Korrektoren, das muss man sich einfach so vor Augen führen, Kollegen, die Leute kennen sich untereinander und das führt dazu, dass Abweichungen, naja, politische Stilmittel sind, wenn ich es mal so dreist formulieren darf.
Ja, von so Fällen habe ich tatsächlich auch schon gehört, wo dann, was weiß ich, der Richter dem Staatsanwalt oder der Staatsanwalt dem Professor irgendwie zwischen die Beine grätscht und man sich auch nur wundert, wie kann es so gehäuft vorkommen, dass solche Abweichungen in der Bewertung auftauchen, wenn man dann auch noch den Namen des Erstkorrektors kennt. Das sind natürlich absolut alles Einzelfälle, keine Frage, aber es wäre doch schön, wenn man sich mit dieser Häufung an Einzelfällen nicht beschäftigen müsste, weil es schon strukturell anders angelegt ist und ein kleines bisschen verobjektiviert wurde.
Ja, das widerspricht, das steht nun zu einem anderen Kriterienpunkt am Examen zumindest von mir. Ich glaube, dass eigentlich der Fokus zu sehr auf dem Abfragen von Wissen und zu wenig auf der Überprüfung von Fähigkeiten liegt. Letztlich, wir sollen die Befähigung zu einem bestimmten Berufsfeld erwerben mit diesem Studium.
Und ich glaube nicht, dass das zumindest heutzutage allein durch den Erwerb von Wissen möglich ist. Und Examensklausuren, die schlicht und einfach überprüfen, ob jemand 15 Einzelprobleme auswendig kann, sind deswegen, glaube ich, nicht zeitgemäß. Wenn aber, was ich für notwendig halte, der Fokus mehr auf die Vermittlung und die Überprüfung von Fähigkeiten gelegt wird, ist das natürlich schwierig, objektivierte Bewertungsmaßstäbe anzulegen, weil wir uns dann wieder in einem Bereich bewegen, wo Objektivierung per se schwierig ist.
Trotzdem gebe ich dir natürlich recht, irgendwo muss dann Ausgleich gefunden werden und was definitiv nicht geht, ist sich auf dem Status Quo auszuruhen, wie man es aktuell ja weitestgehend tut.
Ich glaube, das ist ein ganz schönes Schlusswort. Vielen Dank, Max, dass du dir mal die Zeit genommen hast, hier heute Rede und Antwort zu stehen, sowohl zu deiner sehr individuellen Examensvorbereitung. Ich weiß, das ist nicht immer ganz einfach, darüber natürlich auch öffentlich zu sprechen und dann auch noch ein bisschen zu diskutieren, was anders laufen könnte.
Und der Hinweis sei noch erlaubt, es gab vor einigen Wochen oder gibt es auch aktuell noch eine Kampagne NotMyJAG, so das Hashtag, unter dem das diskutiert wird. Wenn ihr da mal reinschauen möchtet, dann schaut doch mal auf Social Media, was da so unter diesem Hashtag alles diskutiert wird momentan.
Es gibt dazu natürlich auch diverse Artikel bei den gängigen Online-Medien und es gibt auch von den entsprechenden Ministerien im Land neue Vorschläge, gerade auch im Moment in NRW, wie es mit dem Examen anders laufen könnte. Die werden wir uns zu gegebener Zeit nochmal ein kleines bisschen näher anschauen, wenn das denn konkret genug ist.
Und ja, Examsvorbereitung wird auch hier bei Irgendwas mit Recht natürlich eines der Hauptthemen im kommenden Jahr, gerade auch aufgrund dieser politischen Ereignisse sein. Max, vielen herzlichen Dank.
Vielen Dank für die Einladung.
Tschüss. Ciao. Ja, und wenn euch diese Folge von Irgendwas mit Recht gefallen hat, dann folgt doch mal der LTO bzw. LTO Karriere auf Social Media oder auch gerne Irgendwas mit Recht. Es gibt da mehrere Social Media Profile, findet ihr alles in den Shownotes und entsprechend auch auf unseren Homepages. Vielen Dank fürs Zuhören und bis zum nächsten Mal.
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