Paul Schrader, Sonstiges | thankpaul
Pilotentest - Journalist - Uni Hamburg - Freiburg - Max-Planck-Institut - Kartellrecht - Rechtsanwaltsstation Ausland - Italien-Torpedo - Kanzleialltag - Baurecht - Litigation - Verhandlungsgeschick - Strukturierte Denkweise - Kunstmarkt - Ausstellung - Galerie - Sabbatical - Freiheit - Art. 102 AEUV - VWVFG - VWGO
Paul Schrader berichtet, warum er Jura studierte, er während des Staatsexamens nur selten zum Malen kam und wie es sich anfühlt, wenn das erste Bild verkauft wird. Warum er bei einer Modenschau von Dior dachte, verwechselt zu werden? Wie es dazu kam, dass er buchstäblich sein Hobby zum Beruf machte? Hört selbst, wie er die Krawatte bei Osborne Clarke irgendwann an den Nagel hing, um seiner Leidenschaft für Kunst und Malen nachzugehen.
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thankpaul ist ein junges, inhabergeführtes Kunstlabel mit Hauptsitz in Köln. Gegründet vom früheren Osborne-Clarke-Anwalt Paul Schrader, arbeitet heute ein kleines Team von unter zehn Kreativen an Leinwand, Prints und Projekten, die farbstarke Pop-Art in Wohnzimmer, Büros und Galerien bringen.
Inhaltlich verbindet thankpaul juristische Präzision mit künstlerischer Freiheit und überzeugt Kundinnen und Sammler mit handgemalten Unikaten, klaren Linien und pointierten Claims. Wie es sich anfühlt, die Robe gegen den Pinsel zu tauschen, erfährst du in unserer Podcast-Folge – klick auf Play und lass dich inspirieren!
Das Jurastudium hat mir Leichtigkeit gegeben, weil ich nie malen musste, um etwas zu verkaufen, sondern es aus innerem Drang gemacht habe.
KI-basiert und kann Fehler enthalten.
Herzlich willkommen zu Episode 53 von Irgendwas mit Recht. Mein Name ist noch immer Marc Ohrendorf und Ziel dieses Podcasts ist es ja, dass wir die Vielseitigkeit juristischer Berufe und vor allem auch das, was man anschließend so machen kann, darstellen. Und vor allem zu Letzterem, aber wir werden Ersteres natürlich auch mal streifen, spreche ich mit meinem heutigen Gast Paul Schrader.
Hallo Paul.
Hallo Marc, grüß dich.
Vielen Dank, dass du uns hier zu dir nach Hamburg eingeladen hast, in eine, so viel darf man glaube ich verraten, kleine Oase mitten in der Stadt. Dein Atelier, wenn ich das richtig sehe, oder?
Genau, das ist das Atelier und es ist ganz viel Glück, dass alles so unter einem Dach ist und ein bisschen die Bilder hängen können und oben Atelier, wo die Werke entstehen.
Du hast nicht Jura studiert, um Künstler zu werden, wenngleich du heute Künstler, Maler und auch viele weitere, glaube ich, können wir gleich nochmal drüber sprechen, bist. Aber fangen wir vielleicht mal vorne an. Also ursprünglich hast du eben vorgespricht und erzählt, Jura, ne?
Genau.
Warum eigentlich?
Also eigentlich wollte ich Pilot werden. Und da macht man bei der Lufthansa den Test beim DLR, beim Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum. Zwei Tage so ein Assessment Center. Da fallen schon mal 90 Prozent, glaube ich, durch.
Und irgendwie habe ich mich da durchgemogelt und habe das geschafft. Dann musst du aber bei der Lufthansa dein Führungszeugnis, so was gibt es, doch, polizeiliches Führungszeugnis, genau, einreichen. Das ging auch noch und dann den Auszug aus Flensburg und da durftest du damals fünf Punkte haben und ich hatte 13.
Du bist wegen Punkt beim Autofahren nicht Pilot, konntest du nicht Pilot werden?
Beziehungsweise sie haben gesagt.
Oder war es Verrat? Oder beides?
Nee, nee, die haben gesagt, du musst, kannst ja warten, vier Jahre, dann verfallen die in der Probezeit, so war das damals. Und dann kannst du dich ja nochmal melden. Und dann habe ich gedacht, das ist doch scheiße, das mache ich nicht.
Ist ja Knaller.
Das war echt doof. Und dann wollte ich Journalist werden und ein Freund von mir, der Vater, war bei der Zeit und sagte, mach doch irgendwie Geschichte oder Jura, aber nicht Journalismus, weil er sagte, schreiben kannst du oder kannst du nicht, hast irgendwie was auf der sicheren Seite.
Das deckt sich übrigens mit den Folgen zum juristischen Journalismus, die wir hier in der Vergangenheit hatten. Das sagen dir auch alle Journalisten von anderen Medienhäusern. Mach was Vernünftiges, aber auf keinen Fall Journalismus.
Und dann wirst du Journalist. Hatte ja recht. Und na gut, dann habe ich mich angemeldet bei der Uni Hamburg und wurde da genommen. Oder was, das war ja damals gar nicht schwer.
Und habe in Hamburg jedenfalls angefangen, Jura zu studieren und das hat aber nicht so gut geklappt, weil ich hier aufgewachsen bin und dann waren wir zu viel feiern. Also das ging nicht.
Dann habe ich gesagt, wenn ich das jetzt machen möchte, dann muss ich nach Freiburg gehen und habe da eine ruhige Studentenstadt und bin da konzentriert. Und das hat wunderbar geklappt. Das würde ich nicht nochmal machen, aber ich fand es schön, dass ich es gemacht habe.
Also ich bereue es nicht. Aber es war schon eine harte Zeit. Also da... Wurde echt viel gelernt. Die waren fleißiger als die Hamburger, hatte ich das Gefühl.
In welchem Semester bist du da runtergegangen?
Nach dem zweiten. Also ins dritte rein. Okay. Das ging alles.
Freiburg hat ja so einen sehr guten Ruf für öffentliches Recht.
Ja, Schoch hieß er. Der war wirklich hervorragend. Und Andreas Voskuhle war auch Professor und der war dann ja Präsident des Bundesverwaltungsgerichts bis jetzt gerade.
Verfassungsgericht, richtig. Ich dachte auch gerade, warte mal, Verfassungsgericht? Ja genau, bis jetzt hier vor ein paar Wochen. Und dann Freiburg, wie ging es dann weiter für dich?
Freiburg war dann bis zum achten Semester dann ganz normal Examen geschrieben und dann hat es noch ein bisschen gedauert mit der mündlichen Prüfung und dann wollte ich aber schon wieder zurück. Also in Freiburg bleibt glaube ich keiner, der nach Freiburg kommt, weil da gibt es, also wunderschön im Süden super viele Sonnentage, du kannst gut mal eine Vorlesung skippen und ins Freiburg gehen.
Das ist super schön. Aber ich bin dann zurück nach Hamburg und habe am Max-Planck-Institut im Kartellrecht promoviert und das war ein Thema, was ich sehr geliebt habe über Artikel 102, also Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung. Das war so eine Vergleichsarbeit.
In Amerika ist es relativ ähnlich geregelt, aber da haben sie das Case-Law, das wurde so verglichen, mit dem europäischen Recht und dann wie man sozusagen aus geistigem Eigentum möglicherweise marktbeherrschende Stellungen kreieren kann und wie die auch durch das Kriterium dann mit Zwangslizenzen aufgebrochen werden können. Das war total spannend, das hat anderthalb Jahre etwa gedauert, die, die Arbeit da und dann bin ich danach hier ins Referendariat in Hamburg gegangen.
Lassen wir gerade noch ganz kurz auf das Kartellrecht eingehen. Wie bist du denn dazu gekommen? Weil letztlich ich persönlich bin auch eher Kartellrechtler von Haus aus und bei mir war das ein guter Professor in Bonn damals, den ich spannend fand. Was war es bei dir?
Bei uns war das auch ein guter Professor, der Bornkam, der war auch am BGH, der hat in Freiburg unterrichtet. Der hat das unfassbar gut gemacht und wir hatten auch die Möglichkeit, so Fälle, die beim BGH in der Pipeline waren, Als Studenten schon mal selber in den Semesterferien vorzubereiten und dann unsere Lösungen mit den Ergebnissen zu vergleichen, der hat das unfassbar gut transportiert.
Und aber der ausschlaggebende Grund war eine Freundin von mir, die sagte, nimm doch als Wahlschwerpunkt Kartellrecht, das ist so schön abgeschlossen, da lernt man einmal und das ist nicht so ausufernd. Und da waren wir eben auch im Schwimmbad, als sie das sagte.
Und dann habe ich gesagt, okay, komm. Die war immer so ein bisschen in the lead und dann haben wir das gemacht. Also schöne Grüße an Caro Fleick.
Ja, aber so kann es gehen. Ich meine, das ist ja im Jurastudium auch oft so. Du brauchst Leute, die was wissen, die wen kennen. Viele sagen, komm, Studium ist ja selbst organisiert, du musst dich selber drum kümmern. Aber am Ende des Tages ist dieser Flurfunk dann doch oft einmal entscheidend.
Total. Also das, ohne den geht's gar nicht. Gerade an so einer Uni, wo alles so frei ist und wirklich alles so schwebt, da hilft es schon ganz gut, wenn man sich an ein paar Leute andockt. Und das finde ich aber funktioniert auch ganz gut an der Uni.
Also das ist ja so. Ich habe mich am ersten Tag neben die Tochter von meiner Schulleiterin gesetzt. Also das war auch ein Zufall. In Freiburg.
Und die Schulleiterin war natürlich in Hamburg. Also das, so klein ist die Welt dann manchmal. Und dann entsteht das ja.
Ja, insofern, wenn ihr jetzt gerade diesen Podcast hört und noch immer im Homeoffice beziehungsweise nicht im Hörsaal sitzt, weil ja im Moment noch immer wieder keiner im Hörsaal darf, dann vielleicht an der Stelle mal der Tipp, sucht euch eure Kommilitonen, bleibt in Kontakt, quatscht mit denen, weil man wird ansonsten auch ein kleines bisschen zum Eigenbrötler.
Ja, genau. Und Jura ist ja viel Lernen und ich habe gerne auch zu Hause gelernt, also viel auch in der Uni, aber auch gerne für mich alleine, wenn ich mich irgendwie so sehr konzentrieren musste. Aber da ist es umso wichtiger, dass man im Kontakt mit den anderen bleibt.
Und ich glaube, du kommst auch durchs Jurastudium ganz gut, ohne einmal zu reden, bis zur mündlichen Prüfung.
Das ist ja auch einfach nur erstaunlich, oder? Also du musst einen Vortrag im Schwerpunkt halten und dann in der mündlichen Prüfung im ersten Examen zum ersten Mal die Zähne auseinander kriegen, streng genommen.
Ja, also würde gehen.
Aber du hast schon immer mehr geredet und gerne geredet, nehme ich an.
Mir war es immer unfassbar unangenehm, wenn man vor so einem großen Auditorium irgendwie vom Professor aufgerufen wurde. Also da hat es mir einfach den Hals auch so zugeschnürt, dass ich, selbst wenn ich die Antwort wusste, nichts mehr rausgekriegt habe. Und das weiß ich noch, da stand der Voskuhl einmal vor mir und sagte, das ist hier aber das falsche Gesetz.
VWVFG und VWGO so der Klassiker, und das war auch einfach nur unangenehm das geht ja auch bei Jura ganz gut sich da so irgendwie so ein bisschen die Introvertierten können sich da so ein bisschen raushalten ne aber, genau und dann bin ich zu meinem Doktorvater gekommen, weil ich für diesen Schwerpunkt irgendwie ein Seminar hier in Hamburg gemacht hab und der hatte das angeboten und, Dann habe ich das einfach freiwillig gemacht und das waren, glaube ich, 13 oder 14 Punkte und der hat dann mich gefragt, ob ich da Lust hätte, weiterzumachen und mir das angeboten, diese Doktorarbeit zu machen.
Und dann kommt, ja, so wie du es gerade sagst, oft so ein Flow zustande, dass irgendwie von der einen Seite und dann passiert irgendwie was anderes.
Ja, so rutschen, glaube ich, die meisten Leute in ihre Promotionen, zumindest diejenigen, die es nicht von Anfang an vorhaben, eine Promotion zu schreiben. Gut, und dann hast du das geschafft und dann war deine nächste Station das Reif, wie bei so vielen.
Genau, genau. Und dann dachte ich, in Hamburg war der NC oder dieser Einstieg relativ hoch. Das war, glaube ich, bei 13,4 Punkten oder so. Und ich dachte, oh Gott, das werden dann ja lustige Leute sein.
Das war aber total entspannt also zehn leute die heute alle noch also wir sind alle noch in kontakt total cool waren alle super nett also ich weiß noch bei der vereidigung am anfang ist so eine angst dass das irgendwie schrecklich wird und dann hat sich da auch wieder eine ganz tolle gruppe eigentlich gefunden war mit das mit die beste zeit und.
Wo hast du reif gemacht also klar Klar, in Hamburg als ausbildende Station, aber bei welchen Behörden beziehungsweise Anwälten und so weiter, wo warst du dann da?
Ich glaube, die erste Station war die Strafstation, da war ich bei einer kleinen Strafkammer, also das war so Berufungssachen. Das war relativ langweilig, weil man da gar nichts selber machen konnte, man saß da mit den Chefen zusammen und dem Richter.
Es waren auch sehr lange Prozesse, sodass man gar nicht so viele Einblicke bekommen hat, aber man hat schon mal gesehen, was passiert und was für Abgründe sich da auftun. Und das war mir irgendwie so das, also ich glaube, ich hätte Strafrichter nicht werden können, weil mir das zu nah ging.
Also das kann man irgendwie nicht so abschalten, fand ich, am Abend, wenn man da rausgeht. Dann war ich in der Rechtsanwaltsstation in Rom bei McDermott, Will & Emery, die amerikanische Kanzlei. Das war cool.
Er hat mir ein Riesenverfahren. Da haben die in Neapel einen Tunnelbohrer gehabt. Der war von einer Bank geleast und der hatte vorne so urangehärtete Bohrköpfe dran. Und der war dann irgendwann in die Jahre gekommen und wurde eingeschmolzen und die haben den da nicht auseinandergenommen und separiert, sondern die haben eben in Neapel in die Schmelze da auch dieses Uran reingeworfen und damit war dann alles kontaminiert und die Bank war ja noch Eigentümer dieses Bohrers.
Das war so der Trick da dran, weil die eben Leasinggeber war und wurde da in die Haftung genommen, weil die anderen waren natürlich über alle Berge und wollte irgendwie dieser Haftung entgehen.
Warst du so lange dabei, bis es da eine Entscheidung oder ein Settlement gab?
Nee, das waren 3000 Seiten Schriftsätze, das weiß ich noch. Uiuiui. Also und rechtsvergleichend, weil es in Deutschland da irgendwie so Spezialgesetze gab, die das ganz gut abbilden und in Italien nicht und das war schon krass. Habe ich aber den Begriff Italien-Torpedo, kennst du den? Gelernt.
Aber wenn ich raten müsste, ist das Klage vor einem italienischen Gericht, aber das kommt nicht mit der Geschwindigkeit hin, weil ich kenne so ein paar Begriffe für wir verklagen dich in Italien, dann gibt das eh alles nie was.
Genau, wenn du irgendwo verklagt wirst, dann machst du einfach eine Wiederklage, wenn das geht in Italien.
Wiederklage in Italien, so war das, genau. Dann hast du erstmal
Acht Jahre Ruhe in der ersten Instanz und da passiert gar nichts.
Ach, und das heißt aber Torpedo, obwohl die Geschwindigkeit eines Torpidos ja eigentlich höher sein müsste als bei Gericht in Italien.
Ja, du schießt damit halt den anderen einfach ab.
Stimmt, jaja, jetzt dämmert es so langsam wieder. Also merken, besser Tip for Life in Italien klagen, da passiert eh nichts.
Genau.
Okay, das nehmen wir mit aus deiner Ref-Station in Italien. Und wie ging's dann weiter? weiter.
Dann haben wir hier, Lerngruppe war relativ viel, man taucht ja so ein bisschen. Ich habe in einer deutschen Kanzlei hier in Hamburg, also so eine mittelständische Kanzlei, noch ein bisschen gearbeitet nebenbei immer. Und dann dieser, man kann sich jetzt zum Glück gar nicht mehr daran erinnern, aber dieser Examenstress, also das, das, war gefühlt schon einfach eine permanente Überforderung, glaube ich.
Und ich habe, um nochmal zurückzuspringen, immer gerne gemalt, aber in diesen Jahren des Jurastudiums ist, glaube ich, ein Bild zustande gekommen. Kommen, weil man ja auch, selbst wenn man diesen Sonntag freinimmt, doch immer noch diese Anspannung hat, man könnte mehr tun und man hat vielleicht noch nicht genug getan und man schaltet ja nie so ab, dass man sagt, ach, jetzt ist aber mal gut.
Also so war das bei mir irgendwie so ein Sinn.
Ich glaube, das ist bei den meisten so, oder? Also am Ende des Tages, gerade auch im Ref, ich erinnere mich auch, da hast du ja doch eine zwei- bis dreifach je nachdem, ob du da noch was machen musst in der Station, vielleicht hast du aber auch einen Nebenjob, von dem du noch leben musst. Und dann diese Büffelei fürs Examen, plus Repetitor gegebenenfalls, da ist Sonntag.
Ich erinnere mich noch, ich hatte eine Freundin zu der Zeit, die das, die haben es auch schwer dann, so Lebenspartner, die da nicht mit drin sind und denen du immer erzählst, das ist wahnsinnig schwer und viel und, die das dann nicht so nachvollziehen können manchmal oder an ihre Grenzen stoßen auch und Und man macht sich da ja auch selber verrückt.
Das ist ja einfach, ja.
Ja, ich glaube, das ist ein ganz guter Punkt. Da können wir eigentlich mal gerade einen kleinen Ausschweifer hinmachen. Also wenn so eine Partnerin oder ein Partner das ganze Examen supportet und sei es jetzt mental, sei es mit praktischen Dingen, wie ab und zu einfach mal in der Hochphase Essen besorgen.
Ja, ja, total.
So Dinge, dann hast du auch so ein kleines Examen gemacht als Partner. Das ist keine Frage. Also die nehmen ja auch total viel mit von dem ganzen Stoff, weil man redet ja auch über nichts anderes mehr.
Das stimmt, das stimmt. Stimmt. Ja, also ich erinnere mich noch, Fußnoten machen, das war gerade die Zeit von zu Gutenberg und da wollte man die Fußnoten ja nochmal, ganz genau überarbeiten und das waren wirklich so Nachtschichten, wo sie dann auch wirklich ganz, ganz süß in die Uni gekommen ist und irgendwie was zu essen gebracht hat. Ja.
Also, das war cool. Ja, also vergesst die nicht, wenn ihr gerade mal wieder, ja, kann man an der Stelle nur sagen.
Und ich glaube, was auch hilft, das hat mir schon beim Führerschein geholfen, dieser Gedanke, Das haben auch schon andere geschafft, da muss man sich nicht verrückt machen und am Ende diese paar Pünktchen, ob es drei oder vier sind, ist wichtig oder vielleicht über neun rüberkommen, ist auch wichtig, aber ansonsten, der Job nachher sieht doch ganz anders aus. Ja, so ist es.
Ja, und ihr seht ja auch hier, wie der Job aussehen kann. Also 99 Prozent der Jura-Skills braucht man, man darf sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber einen Großteil der juristischen Skills braucht man dann oftmals in der Praxis gar nicht mehr.
Ich glaube, man muss gut Jura können und dann kommt es aber auf was anderes an. Das ist mal das Basic-Werkzeug und das kann man aber auch, das wiederholt sich ja und das hört auf mit dieser permanenten Überforderung. Forderungen.
Man hat im Job ja manchmal auch ein bisschen mehr Zeit, kurz nachzudenken, auch wenn das Postfach dann eigentlich das Stressige wird. Also E-Mails aus dem Postfach raus, bearbeiten, gucken, dass man da über Wasser bleibt. Das ist dann eigentlich der größere Limbo.
Ja, das stimmt. Und gerade auch die Fähigkeiten, die jetzt nicht materielles Recht sind, also Also wieder Kommunikationsfähigkeit, Verhandlungsfähigkeit mit Leuten irgendwie, den Mandanten managen in späteren Berufsjahren. Total. Und dann hast du angefangen bei einer Wirtschaftskanzlei.
Genau, bei, darf man den Namen nennen?
Ja, klar.
Bei Osborn Clark habe ich angefangen, das war ganz witzig. Ich hatte fast in München angefangen und dann war das Vorstellungsgespräch bei Osborn Clark relativ spät in diesem Bewerbungsprozess. Und die haben aber gerade einen Standort in Hamburg aufgemacht, ganz neu, waren vier Partner und zwei Associates und, da bin ich dann sozusagen als dritter Associate in das Startteam gekommen und klar war, dass das relativ schnell wächst, aber dass das so das Kernteam ist, was so den Aufbau organisiert und das fand ich unfassbar spannend und das ging dann relativ schnell hoch auf, ich schätze jetzt mal also 30 Anwälte und plus Staff und so weiter und so fort.
Reeperbahn 1, beste Adresse.
Reeperbahn 1, genau. Die Münchner, dem muss man das immer erklären, aber ganz anders. In Hamburg sonst ja gern an der Erlster und in der Innenstadt und wir waren auf dem Kiez in den Tanzenden Türmen, im 20. Stock, also ganz schön super Blick, auch über die Elbe und das Problem da ist, es gibt nicht so richtig gut was zum Mittagessen, weil das ist ja, Reeperbahn lebt eher so in die Nacht hinein.
Aber es entwickelt sich.
Dann kannst du dir, wenn ein Dom ist, das ist für die Nicht-Hamburger das Kirmes, im Rheinland jedenfalls, dann kannst du dir da ja wenigstens ein paar gebrannte Mandeln holen.
Ja, genau.
Weil sonst ist da nichts, das stimmt. Gut, und sag mal, wie sah denn dann die Kanzleiarbeit aus? Du hast gesagt, du hast so ein bisschen den Standort mit aufgebaut, so von ganz Anfang an mit dabei gewesen. Und was hast du denn gemacht die ganzen Jahre über? Also in welchem Rechtsgebiet warst du tätig? Was gehörte sonst noch so dazu?
Wir haben erst im Commercial gearbeitet und das war alles so bunt rum um Vertrieb, also Vertriebssysteme und auch wieder so ein bisschen Vertriebskartellrecht. Zum Beispiel haben wir Autohändler und Autohändlerverbände vertreten. Das war ganz witzig, weil die immer doch an der ziemlich kurzen Leine von den Herstellern gehalten werden.
Und da sich total viele vertriebskartellrechtliche Fragen stellen, was darf man den Händlern eigentlich aufdrücken und was nicht. Und dann bin ich...
Das sind so selektive Vertriebssysteme.
Genau.
Dass dann der eine Händler auch meistens nur das Gebiet bespielen darf, der andere das.
Und was für Leistungen müssen die erbringen in den Werkstätten und wie muss das eigentlich aussehen und darf man eigentlich so viel branden. oder all sowas.
Cool.
Und dann bin ich gewechselt relativ schnell nach anderthalb Jahren, weil ich gemerkt habe, dass mir das Gerichtliche unfassbar viel Spaß macht, also Litigation, bin ich gewechselt ins Baurecht. Und da hatten wir eine Partnerin, die unfassbar viel privates Baurecht, Architektenrecht, eben vor Gericht gemacht hat.
Und die kam zu uns, hatte keinen Associate. Und dann hat sie relativ schnell den ersten Associate dazugeholt und ich bin dann als zweiter in ihr Team gekommen, weil die dann immer ein bisschen Unterstützung brauchte und, hab unfassbar gern Gerichtsverfahren gemacht, weil ich gemerkt hab, dass ich ganz gut verhandeln konnte. Natürlich ist man Vertreter der Partei, aber guckt doch nochmal mit einem objektiveren Blick da drauf und viele Rechtsstreitigkeiten fangen mit so einem ganz kleinen Missverständnis an, was sich dann so so hochschaukelt.
Das sieht man immer, wenn man diese E-Mails in den Akten hat und am Anfang ist das noch ganz freundlich und dann schwingt irgendwann oder dann dreht sich irgendwann dieser Ton und dann wird das nur noch ein, Ja, gegenseitiges Rechte haben, bis ich hole meinen Anwalt und oft sind das Sachen, die man eigentlich mit ganz klarem Menschenverstand und wenn man zwei Parteien an einen Tisch holt, wieder lösen kann.
Gerade im Baurecht, wo so viele Akteure zusammen sind, vielleicht auch einfach mal unterschiedliche Vorstellungen geherrscht haben von einem Projekt. Ja, total.
Und wo es auch so offensichtlich ist, warum da was schief geht, wenn die Gewerke ineinander greifen und der eine ist dann, also wenn du die Baugrube halt zu spät anfängst, dann kann der Dachdecker eben auch erst später einsteigen und er hat dann natürlich aber seine Mannschaft da stehen und das ist so geplant und funktioniert nicht, dass sie da stehen, bevor nicht irgendwie die Wände stehen.
Und also eigentlich ganz simple Sachen, wo man aber trotzdem immer diese Ketten und vor allem auch die Befindlichkeiten dann der einzelnen Akteure in so eine Abwägung einbeziehen kann oder muss und dann auch ganz taktisch eigentlich schöne Ergebnisse kriegen kann.
Und dann irgendwann hast du die Schnauze voll gehabt, hast von heute auf morgen hingeschmissen, hast gesagt, jetzt mache ich was anderes oder war das vielleicht ein bisschen anders?
Das war ein bisschen anders. Das war eigentlich komplett anders. Und zwar, ich habe diesen Lernstraß ja vorhin mal beschrieben, dass du auch am Sonntag nicht abschalten kannst. Und das war mit dem ersten Tag in der Kanzlei komplett anders.
Ich bin aus dem Büro gekommen, habe den Computer ausgemacht. Und jedenfalls ich konnte das einfach total abschalten. Und ich bin dann so um 19 Uhr, halb acht irgendwie raus. Dann bist du um acht zu Hause und dann denkst du, ja, jetzt hast du noch den Tag.
Und auf jeden Fall hast du auch das Wochenende. Und wir haben nicht so wahnsinnig oft am Wochenende gearbeitet. Das kam mal vor, aber das war schon eigentlich ganz cool. Und dann hatte ich auf einmal so eine Freizeit wieder und hab dann gedacht hab immer schon gerne gemalt und hab dann gedacht, ich kaufe mir jetzt mal wieder eine Leinwand und fang mal wieder an und da war gar nichts geplant, dann kam ein Freund und wollte gerne ein Bild kaufen und das hat mich total verwundert und dann bin ich irgendwie wie in den nächsten Monaten in meine Galeristin reingerannt auf eine Ausstellung, die ein Freund besucht hatte und der kannte die Galeristin zufällig und sagte, hier, ich stelle dir mal Paul vor, der malt auch und guck dir das auch mal an.
Und dann stand sie am nächsten Tag hier bei mir zu Hause und hat die Bilder sich angeschaut und gesagt, wie schnell kannst du eine Ausstellung vorbereiten, ich habe Lust, das mit dir zu machen. Und dann war für einen total unbekannten, ich kann gar nicht sagen Künstler, aber für einen unbekannten Rechtsanwalt, der malt, war dann auf einmal eine Ausstellung ausverkauft nach vier Tagen mit einem richtig guten Umsatz und das war total erstaunlich.
Und dann ging das so ab dem Zeitpunkt immer so ein bisschen parallel.
Wann war das denn zeitlich?
So 2013, 2014 fing das an.
Also relativ schnell nach deinem Einstieg in der Kanzlei.
Genau, genau. Also das ging eigentlich ziemlich parallel. Aber ich habe da nie dran gedacht oder das geglaubt oder forciert oder irgendwie so, sondern ich habe einfach gemacht, was ich gerne gemacht habe. Und dann wurde das aber, also es ging jedes Jahr besser und dann wurde das auf einmal so viel, dass ich so im fünften, sechsten Jahr wirklich an meine Belastungsgrenzen gekommen bin.
Also da habe ich vorher, vor der Kanzlei Termine gehabt, in der Mittagspause habe ich mich meistens mit irgendwelchen Leuten getroffen und abends auch und ich habe Urlaub genommen, um zu arbeiten noch und zu malen. Und dann ist es, dann kriegst du es nicht mehr hin.
Und dann habe ich reduziert auf 80 Prozent, dass ich am Freitag aus der Kanzlei rausgegangen bin und hatte dann Freitag, Samstag, Sonntag Zeit. Aber dann merkst du auch irgendwann, wenn das parallel geht, so zwei, drei Jahre, dass du dich irgendwie entscheiden musst, weil das sind zwei Fulltime-Jobs gewesen.
Lesen und dann ging das mit der Kunst schon so gut, dass ich davon eigentlich schon hätte leben können, aber trotzdem hat man ja diese Idee, ich habe dafür so lange studiert, es macht mir Spaß, ich bin eigentlich in der Kanzlei auch ganz gut auf dem Track, bin Senior Associate, mal gucken, wie es so in die Partnerschaft geht, da muss man auch dann nochmal einen Schlag drauflegen und eigentlich gerade abends diese Veranstaltungen und Smalltalk, Get Together und Vorträge halten und so weiter.
Und diese extra Energie, wenn du die schon woanders reinsteckst, kriegst du die da halt nicht mehr rein. Und ich hätte das auch jetzt noch so weiterlaufen lassen können, also in der Kanzlei habe ich das dann irgendwann mal gesagt, weil es mir auch zu doof war, dass immer, ich wollte es nie an die große Glocke hängen, aber ich wollte das auch nicht, dass es irgendjemand rausfindet und es dann irgendwie komisch ist.
Und meine Partnerin für dich gearbeitet hat, war ganz süß in ihrer Reaktion, die hatte angefangen so ein bisschen. Nicht zu weinen, aber die war so ganz gerührt, ganz emotional und sagte, das ist so schön, was du machst und hat das total unterstützt, das war richtig cool.
Aber ich habe mir dann, ein Jahr ist dieser Gedanke immer weiter gekreist bei mir, bis ich mich entschlossen habe zu kündigen und zu sagen, du hast jetzt einmal im Leben diese Chance und dann mach das richtig. Und ich glaube aber, ohne das Jurastudium, ohne den Beruf, ohne die Berufserfahrung, wäre das auch nicht das gewesen.
Also ich hatte schon auch nach dem Abitur überlegt, Kunst zu studieren, aber ich glaube, das hat mir so eine Leichtigkeit gegeben, weil ich nie malen musste, um irgendwas zu verkaufen, sondern immer das nur gemacht habe, weil ich es wollte, weil es von innen war, einfach ein Drang.
Also du bist definitiv der erste Mensch, den ich den Satz sagen höre, das Jurastudium hat mir Leichtigkeit gegeben. Ich weiß, wie du es meinst. Wir werden dich hier auch nicht falsch zitieren an der Stelle.
Nee, schon klar. Also sozusagen, du hast aus einer Position der Stärke heraus, der wirtschaftlichen Stärke zumindest, das verfolgen können und dann das eben erst als zweites Standbein und dann als einen Hauptberuf aufbauen können.
Genau. Was auch nicht schadet, glaube ich, ist einfach dieses strukturierte Denken. Das war am Anfang, ich weiß noch, wenn im Strafrecht A schießt auf B und trifft den C und was ist dann? Da hatte ich ja schon fast aufgehört. Also es war nicht meine Stärke von Haus aus, sondern, ich glaube es gibt strukturiert denkende Menschen, die Jura studieren und dann gibt es diese Kreativen, die da sich irgendwie auch durchwurschteln und das auch noch irgendwie hinkriegen und ich war glaube ich eher Zweiterer und, Aber trotzdem hilft das, so geprägt zu werden, über so viele Jahre mit diesem Stoff schematisch zu denken, auch für andere Sachen.
Ja, und das heißt ja auch nicht nur Prüfungsschemata auswendig lernen, sondern wirklich auch so eine Denkweise im Leben wahrscheinlich, wenn ich dich richtig verstehe, zu kriegen.
Total, also du kriegst so ein Handwerkszeug eigentlich, finde ich, mit wie wägt man ab, kann man auch gerade im Beruf, wenn man mal den Kläger als Mieter vertritt und mal den Vermieter, also das sind, du kannst ja eigentlich Fähnchen im Wind spielen und das liebe ich eigentlich so, dass man von beiden Seiten, also nicht, dass das austauschbar
wäre, aber dass man von beiden Seiten Dinge beleuchten kann und auch geistig sozusagen hinterfragen kann.
Und wenn du eine Tätigkeit oder eine Fähigkeit nennen müsstest, die dir heute noch echt was bringt aus dem Jurastudium, was würdest du nehmen?
Da gibt es ganz, ganz viele. Also was ich unfassbar beeindruckend fand, waren immer diese Akquise-Trainings, wo man als, also ich bin eine sehr introvertierte Person und bin eigentlich immer froh, wenn alles vorbei ist. Aber wo es eigentlich hieß, alle Leute sind hier für Business, geht auf die Leute zu, sprecht die an, klingt euch in Gespräch ein, das tut nicht weh, wenn es nichts ist, könnt ihr auch sagen, ich hole mir einen Drink, geht wieder raus.
Also ganz offen sein, keine Angst haben. Das fand ich unfassbar wichtig. Und dann einfach die Tatsache, dass nie so heiß gekocht wird, weil jetzt habe ich den runden Faden verloren.
Heiß gegessen wie gekocht.
Wie gekocht, genau. Und dass in jeden Verhandlungen, so groß die auch sind, du es immer runterbrechen kannst, eigentlich auch relativ simple Sachverhalte. Also das fand ich immer gut, dass die Kanzlei auch in der Partnerschaft gesagt hat, Komplexe Sachverhalte wollen wir für den Mandanten einfach runterbrechen, schön schreiben, kurz schreiben, nicht juristisch lang und verkopft, sondern wirklich simpel, dass der Mandant ein Memo kriegt, wo er eine Antwort hat, die er versteht.
Und das hat auch wahnsinnig viel gebracht, glaube ich, in diesem Training.
Wenn ich das richtig verstehe, also auf der einen Seite Business Development Themen, die Frage, wie ziehe ich Käufer oder eben natürlich auch Mandanten ran und zum anderen so die Frage, adressatenorientierte Kommunikation, wie muss ich eigentlich was verpacken, dass das auch beim Gegenüber ankommt.
Genau, das sind so die beiden Dinge. Und natürlich lernt man auch in Verhandlungen, wenn da Geschäftsführer oder Vorstände von großen Unternehmen sitzen, die Scheu da zu nehmen, weil du ja derjenige bist als Berater, der diesen Wissensvorsprung hat. Was unfassbar angenehm ist als Situation, dass jemand zu dir kommt und sich beraten lassen möchte und auf diesen Rat angewiesen ist, mehr oder weniger.
Man ist ja austauschbar, aber trotzdem ist das eine ganz schöne Position. Das lernt man leider alles im Studium nicht. Das kommt dann alles erst in der Kanzlei. Aber das macht dann den Job so interessant.
Manchmal ist es schade, dass man keinen Bild-Podcast hat. Ich spoiler jetzt mal an der Stelle gerade was. Wir haben ja noch jemanden mit uns sitzen, der uns gerade zuschaut und der ist Jurastudent.
Und im Moment, als Paul gerade sagte, leider lernt man das im Studium nicht, da hat er sich aber sowas von die Hand vor den Vorderkopf geschlagen und die Augen zugekniffen. Also, wenn es euch ähnlich geht, dann, wir verstehen das.
Ja, und jeder muss da leider, ja, muss man sagen, jeder muss da durch, weil es gibt keinen anderen Weg, um da hinzukommen, wenn man Anwältin oder Anwalt oder Richter, Richterin werden will oder auch alle anderen schönen Berufe. Aber ja, es ist manchmal einfach scheiße.
Manchmal ist es scheiße und ich war im Secondment in England und das war ganz interessant, dieser Vergleich zu diesen beiden Systemen, also zu diesen beiden Ausbildungssystemen, weil wir lernen das öffentliche Recht hoch und runter, das Strafrecht hoch und runter und das Zivilrecht hoch und runter. Und in England studieren die drei Jahre Kunst und dann machen sie noch ein Jahr Law School und dann haben sie aber nur eine Nische.
Also im Baurecht war das zum Beispiel Anwälte machen nur Construction, also privates Baurecht. Und, also ganz davon abgesehen, dass die niemals Litigation machen würden oder wenn sie Litigation machen, dann sind sie halt Solicitors und die Barrister treten vor Gericht auf. Also, da finde ich das deutsche System...
Ist super lang, aber man braucht natürlich auch nur einen Bruchteil nachher im Job, aber es ist gar nicht so schlecht, das mal gesehen zu haben. Also die Ausbildung ist doch sehr, sehr gut, wenn man eben nicht mittendrin steckt im Nachhinein.
Aber vielleicht dann noch ganz kurz dazu, was würdest du denn ändern an dem System jetzt mit so einem kompletten, mittlerweile darf man es ja wahrscheinlich sagen, kompletten Blick von draußen?
Also vielleicht könnte man es ein bisschen verkürzen. Also dieses englische System ganz leicht adaptieren, dass man sagt, man dampft das so ein bisschen ein. Ich weiß nicht, vielleicht wäre es auch ganz nett, einfach für die Studierenden so diesen Erwartungshorizont nicht zu überspannen, dass man das Gefühl hat, man kann gar nichts, weil das Feld so groß ist.
Also man könnte das ja auch einlampfen. Ich glaube, diese juristischen Werkzeuge, subsummieren, Texte verstehen und abwägen, kann man ja auch mit einem begrenzten Stoff vielleicht erlernen. Und dann hast du ja im Job sowieso andere Gesetze, auf die es dann ankommt, jetzt im Baurecht irgendwelche Bauverordnungen, von denen hat man ja auch noch nie gehört.
Und das ist ja eigentlich der Skill, den man hat, dass man sich eben sehr schnell lernt und sehr schnell in andere Dinge einarbeiten kann, weil die Technik ist ja immer dieselbe. Und diese permanente Überforderung finde ich eigentlich nicht so witzig.
Dann lass uns mal mit diesen Worten den juristischen Teil unseres Gesprächs beenden und jetzt mal zu dem etwas leichteren Teil kommen Erzähl mir mal, wie sieht denn dein Leben heute aus?
Das kann man gar nicht so sagen Ich weiß es gar nicht, Es sind auf jeden Fall keine Wochentage mehr Es ist eher so projektbasiert, Der Kern ist das Malen Darum geht dann alles, aber dann sind die Ausstellungen, dann sind Verkäufe, dann sind Marketing-Sachen wie Interviews und Sammler-Essen und Reisen zu Galerien oder privat relativ selten tatsächlich. Jetzt bin ich gerade von einer wiedergekommen.
Aber das ist so das Große und Ganze. Was witzig ist, dass es sich gar nicht so sehr unterscheidet von der Arbeit als Rechtsanwalt. Wenn man das mal abstrahiert.
Die. E-Mails beantworten funktioniert genauso, Akquise funktioniert genauso, nur natürlich in einer anderen Ebene, also mit anderen Leuten. Das Produkt ist ein komplett anderes. Also der Schriftsatz in der Kanzlei und das Bild im Atelier, aber das Drumherum ist sehr, sehr ähnlich.
Ähnlich. Also auf dem Weg zur Partnerschaft guckt man ja auch, dass man Veröffentlichungen macht und abends Get-Together hat, wie eigentlich bei einer Ausstellung oder einer Vernissage und jetzt bin ich sozusagen meine eigene Kanzlei, wenn man das will, oder meine eigene Einheit und plan Ausstellungen, mach meine steuerlichen Sachen. Also es sind so ganz viele Departments eigentlich, die man selber bespielt und wo man sich dann aber auch immer Unterstützung holen kann und Sachen outsourced, die andere einfach besser können.
Wo man am Ende des Tages dann ja auch sieht, dass jede Kanzlei erstmal in Anführungszeichen auch nur ein Unternehmen ist.
Total, ja. Das merkt man ja relativ schnell, wenn man die Stundenvorgaben kriegt und sieht, was man da machen muss.
Und wie sieht der Kunstmarkt aus? Also jetzt mal so für mich als Laien. Ich kenne dich natürlich auch aus der Presse und ich kenne so ein paar andere Menschen, aber kannst du mal darstellen, wie jetzt so ein Werk von dir, nachdem es entstanden ist, fangen wir vielleicht mal da an, nachdem es entstanden ist, irgendwo landet und Geld auf deinem Konto landet.
Wie funktioniert dieser Prozess?
Ich habe keine Ahnung. Keine Ahnung. Das weiß ich wirklich nicht. Was ich immer wieder interessant finde, woher die Leute kommen, also die Anfragen. Weil ich so unbedarft eigentlich angefangen habe und das nie planerisch gemacht habe, sondern das wurde einfach immer größer und größer, ohne dass ich da groß eine Taktik hinter hatte oder eine Strategie festgelegt habe vorher, die ich gemacht habe.
Ich mache eigentlich das, worauf ich Lust habe. Also wenn es eine Anfrage gibt vom Podcast, der sich spannend anhört, dann sage ich ja. Und wenn es eine Anfrage gibt für eine Ausstellung, auf die ich nicht so Lust habe, dann sage ich nein.
Und was so schön war, war diese finanzielle Unabhängigkeit durch eben den Job in der Kanzlei, dass man sagen konnte, was möchte man machen. Ich hatte, als ich in London war, irgendwie das Glück, dass eine Freundin von mir in einer großen Galerie gearbeitet hat und wir oft auf Vernissagen waren und das war immer sehr steif.
Also man kommt rein, kriegt ein Champagner, da hat die Stimme sehr gedämpft und steht da eigentlich ein bisschen stocksteif rum und hat das Gefühl, oh Gott, das kann man sich eh nicht leisten und hoffentlich mache ich nichts kaputt. Und so ein bisschen kennst du das, wenn du irgendwie in so einen Hernausstatter reingehst.
Prada oder sonst wie was, da hast du eigentlich das Geld für einen Anzug und würdest dir auch gerne einen kaufen, aber da kommen schon drei Verkäufer auf dich zu und du denkst, lass mich doch mal kurz in Ruhe, ich will mal ein bisschen gucken. Ähm, Und das Gefühl, ich wollte irgendwie Kunst mehr zugänglich machen.
Und dann kam ein Freund von mir, der aus Berlin gerade zurückkam, hatte da einen Club und sagte, lass uns doch mal eine Party machen. Und dann meinte ich, ja, das ist eigentlich, eigentlich, das passt nicht.
Und dann sind wir aber zusammen auf die Idee gekommen, uns einen White Cube zu mieten für eine Ausstellung. Und mittags anzufangen, ganz ruhig Kunst zu sehen und zu zeigen. Und abends haben wir dann eine Bar aufgemacht, dann hat ein DJ aufgelegt und dann hatten wir eine Party bis vier Uhr nachts.
Und das hat es so zugänglich gemacht, weil einfach ganz viele junge Leute da waren. Ich würde sagen 80 Prozent junge Leute, die Lust auf Kunst hatten, aber sich das überhaupt nicht leisten konnten. Lust auf Drinks und gute Stimmung.
Und dann waren vielleicht 20 Prozent da, die am Ende die Bilder gekauft haben und die haben sich da wohl gefühlt, weil sie gar nicht so im Fokus standen und das hat irgendwie so die Magie ausgemacht. Also ich sage immer, wenn man ein Bild hat, dann rahmt man es ein und dann gibt man dem eigentlich wieder weiter einen Rahmen.
Also wo hängt es? Kommt da Musik dazu? Kommt da keine Musik dazu? Was für Leute sind das, die eingeladen sind oder die generell kommen? Und das war eigentlich so ein ganz, ganz schöner Mix und das hat so eine Stimmung kreiert, die irgendwie, glaube ich, so sichtbar wurde. Und dann war Instagram ein ganz gutes Schaufenster dafür, wenn man keine Galerie hat, weil ich da nie so dran gearbeitet habe und das eher so für mich gemacht habe und das dann gezeigt habe.
Und dadurch entstand so eine Reichweite, die so funktioniert, dass glaube ich Leute das das erste Mal sehen und dann auf eine Ausstellung kommen oder ins Studio und dann sagen, Mir gefällt es, ich bin irgendwie interessiert an dem Bild und kaufe das dann. Aber wo die am Ende herkommen, das weiß ich immer nicht.
Aber das ist auch schon mal eine ganz interessante Erkenntnis, dass erst mal sozusagen du in Vorleistung treten musst und dann nachher es so ein Markt ist, der auf dich zukommt.
Genau.
Gab es einen Moment, wo du gesagt hast, wie krass ist das, dass ich das jetzt hier gerade erleben durfte oder dass ich dem jetzt ein Bild verkauft habe, du musst jetzt keine Namen nennen natürlich, aber wo du sagst, boah, das hat dich so richtig geflasht?
Ja, fast jeden Tag. Also, das ist schon, also wenn man sich überlegt, jetzt die letzte Ausstellung war bei Johann König, das ist so der bekannteste oder einer der bekanntesten Galeristen in Deutschland, in Berlin war die Messe in St. Agnes und da waren zwei Bilder in der Messe und das war schon eine superschöne Ehre einfach da so ein Anerkennnis zu kriegen von Johann.
Wir hatten uns nach der OMR kennengelernt mit dem Podcast von Philipp und das war glaube ich 2019 im, Sommer, Frühjahr, irgendwie so. Oder auch der erste Artikel in der Welt am Sonntag, das, wenn du dann selber in der Zeitung über dich liest, das ist schon ganz surreal eigentlich.
Weil am Ende macht man ja nur das, was man gerne macht und gar nichts groß Besonderes. Das heben dann ja andere Leute auf so eine Stufe, die aber dir ja völlig fremd ist. Erstmal.
Ja, wobei ich sagen würde, dass viele Menschen das vielleicht ja auch nicht tun, obwohl sie es gerne tun würden, das zu tun, was man gerne macht. Also das ist auch schon eine gewisse richtige Richtung, weil da meistens ja was Schönes dann auch bei rumkommt, wenn man das kann und wenn man das auch macht.
Ja, also das, genau, das ist eigentlich dieser Mut zu sagen, ich traue mich jetzt mal auszubrechen und mal was anderes zu machen. Ähm, ich hatte das gemerkt, dass mir in der Kanzlei, weil man ja immer auf sowas hinarbeitet, also erst aufs Examen natürlich oder erst auf die großen Scheine, erst auf die kleinen, dann auf die großen, dann aufs Examen, dann die Doktorarbeit und dann irgendwie das zweite Examen.
Und dann ist man in der Kanzlei und das ist ja das größte Ziel, wo man hin will und selbst wenn man da nicht hin will, will man es ja mal ausprobieren. Und dann fehlte mir so ein Ziel.
Ich wusste relativ schnell, dass ich kein Partner werden wollte, weil das waren alles unfassbar nette Partner. Aber ich fand immer, wenn man nicht mal drei Wochen Urlaub fahren kann, ohne eigentlich in diesem Stresslevel zu bleiben, weil man ja die Mandanten doch noch bestibieren muss, dann fehlt einem irgendwie so die Perspektive, wo soll das eigentlich enden, wo soll das hin? Nein, weil das hört sich auch so doof an, aber das Geld macht einen ja irgendwann nicht mehr glücklich.
Ab so einem gewissen Level, ich habe mal gelesen, 60.000 oder 80.000 Euro, wenn man so diese Grundbedürfnisse, also einmal in Urlaub fahren oder im Restaurant was bestellen und nicht unbedingt auf die Preise gucken müssen. Also wenn das abgehakt ist, dann habe ich mich in der Kanzlei manchmal erwischt, wenn es so Zwischenzeiten gibt, wo so ein bisschen frei ist, dass man irgendwie Online-Shopping macht und so eher in so eine konsumige Richtung geht, die aber ja nur was kaschiert.
Und dann hatten wir nach fünf Jahren einen Monat Sabbatical und da war ich komplett raus und in Spanien eigentlich mit zwei T-Shirts, einer Badehose und so ein paar Latschen. Ich habe gemerkt, dass man eigentlich gar nicht mehr braucht und das war total schön.
Und diese Freiheit, also das so einmal kurz zu riechen, das ist schon ganz cool.
Was zu meiner fast letzten Frage führt, was ist denn dein Ziel jetzt? Auch wenn alles sich so spontan ergibt, aber so ein bisschen rauskitzeln würde ich ja schon noch ganz gerne was aus dir, wo du sagst, das wäre mal noch richtig cool.
Also was richtig cool wäre, wäre natürlich irgendwann, wenn ein Bild im Museum hängt. Also das wäre richtig cool. Ich freue mich auch auf die nächste Dior-Show, wenn die wieder live sind und jetzt war gerade eine online, aber die laden mich immer ein und das macht immer einen heiden Spaß.
Da kannst du noch ganz kurz die Geschichte erzählen, die du uns eben im Vorgespräch hier zum Besten gegeben hast.
Da war ich in Miami eingeladen bei der Dior-Show, die zur Art Basel war. Also Art Basel Miami Beach ist immer im Dezember. Und dann war ich ganz verwundert, dass ich in der ersten Reihe saß und dachte, naja gut, die haben mich verwechselt mit Paul Schrader, dem Regisseur, der tausend Nicolas Cage-Filme gemacht hat und Taxi Driver mit Robert De Niro und so.
So und halt ein weltberühmter Regisseur ist und fragte dann ganz kleinlaut, war das hier so richtig? Und er sagte, doch, doch. Das war ganz witzig. Aber, ja.
Das ist jetzt nochmal passiert übrigens. Der ist nämlich 1947 geboren, irgendwo in den USA und das war in der letzten Galerie auf dem Schildchen. Paul Schrader, born von 1974.
Hat jemand nicht so gut recherchiert.
Genau. Und das war einfach Google und Copy-Paste wahrscheinlich. Aber es war ganz witzig.
Gut, abschließend, so schließt sich der Kreis in diesem sehr kurzweiligen Gespräch. Was ist dein Tipp für Jurastudierende? Was sollte man sich zu Herzen nehmen?
Ich glaube, man muss sich noch mal überlegen oder daran denken jedenfalls, dass man doch sehr breit ausgebildet wird und wahnsinnig viel lernt. Und selbst wenn man es vermeintlich jetzt nicht benutzen kann, es unfassbar gut ist für später.
Es gibt immer irgendwo eine Situation, wo man das gebrauchen kann. Das strategische Denken hat mir unfassbar viel geholfen. und sonst wäre auch diese Künstlerkarriere ohne Jura nicht denkbar gewesen, ohne dieses Wissen.
Und selbst wenn man sagt, ich brauche das doch nicht, ich muss im Strafrecht nicht die achte Theorie von irgendwem auswendig können, das habe ich auch alles wieder vergessen. Aber man kann es schnell wieder lernen und das ist, glaube ich, wichtig.
Vielen Dank, Paul. Hat Spaß gemacht.
Sehr gerne.