Severin Haneke, Partner | MHBK Müller-Heydenreich Bierbach & Kollegen
Insolvenzrecht - Insolvenzverfahren - Insolvenzverwalter - Insolvenzgericht - Gläubiger - Schuldner - Insolvenzantrag - Insolvenzgrund - mangels Masse - vorläufiger Insolvenzverwalter - Insolvenzgeld - Insolvenztabelle - Sanierung - Insolvenzplan - Restschuldbefreiungsphase - Prozessabteilung - Zwangsvollstreckung - Massekredit - § 1 InsO - § 394 FAMFG - GmbHG - HGB
In der heutigen Folge spricht Severin Haneke, Partner bei MHBK Müller-Heydenreich Bierbach & Kollegen, über das Insolvenzrecht. Zunächst erörtern wir die Funktionen des Insovenzrechts sowie den typischen Ablauf eines Insolvenzverfahrens. Er beleuchtet die nichtjuristischen Aspekte seiner Tätigkeit und erläutert, warum es als Jurist im Gebiet des Insolvenzrechts viel Sinn macht, sich auch vertiefte BWL-Kenntnisse anzueignen. Wie unterscheidet sich ein Insolvenzverwalter vom Juristen? Was zeichnet die Arbeit in der „Rechtsabteilung“ des Insolvenzverwalters aus? Gibt es mehr Insolvenzen durch Corona? Wie kommt man aus der Insolvenz wieder raus? Neben Antworten auf diese Fragen berichtet Severin von einigen spannenden Fällen, die ihm in den letzten Jahren untergekommen sind.Abschließend klären wir natürlich, welche Voraussetzungen es gibt, um sich selbst – bei Severin oder in einer anderen im Insolvenzrecht tätigen Kanzlei – zu bewerben. Viel Spaß!
Viel Spaß 🎉 und vielen Dank für Euer Feedback! 🙏🏼
MHBK Müller-Heydenreich Bierbach & Kollegen ist eine auf Insolvenzverwaltung, Sanierung und Restrukturierung spezialisierte Boutique mit Stammsitz in München. Rund 120 Mitarbeitende, darunter ein gutes Dutzend Insolvenzverwalter und zahlreiche Juristinnen und Juristen, bearbeiten Verfahren in ganz Bayern; weitere Büros in Nürnberg, Augsburg, Regensburg, Kempten, Bayreuth und am Flughafen München sichern die örtliche Nähe zu Gerichten und Mandanten.
Die Kanzlei steht für pragmatische Sanierungslösungen, interdisziplinäre Teamarbeit und die Chance, schon früh Verantwortung in spannenden Krisenmandaten zu übernehmen. Wie sich Recht, Wirtschaft und Hands-on-Management hier verbinden, hört ihr in unserer Podcast-Folge mit Partner Severin Haneke – also Kopfhörer auf und reinklicken!
Als Insolvenzverwalter muss man neben juristischem Know-how auch viel betriebswirtschaftliches Verständnis mitbringen, um Liquiditäts- und Rentabilitätsplanungen sicher durchzuführen und den Betrieb bestmöglich zu sanieren.
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Die heutige Episode wird gesponsert von KPMG. KPMG gehört zu den führenden Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen und ist an 26 Standorten in Deutschland vertreten, bestimmt auch in deiner Nähe. Darüber hinaus arbeiten bei KPMG aktuell rund 227.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weltweit und gestalten gemeinsam in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung und Consulting die Wirtschaftswelt von morgen.
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Schaut mal auf kpmg.de slash Karriere vorbei oder am Arbeitgeberprofil auf LTO Karriere. Die entsprechenden Links findet ihr auch in den Shownotes. Vielen Dank an KPMG für die Präsentation der heutigen Folge.
Und nun viel Spaß mit dem Podcast.
Herzlich willkommen zu einer neuen Episode Irgendwas mit Recht. Mein Name ist Marc Ohrendorf und ihr hört wie immer den Karriere-Podcast von LTO und LTO Karriere. Heute darf ich mit Severin Haneke sprechen. Hallo Severin.
Hallo Marc.
Severin, du hast mir geschrieben vor einiger Zeit und gesagt, du Marc, Insolvenzrecht ist so schön und du hast das noch gar nicht richtig besprochen. Das sollten wir mal ändern. Und ich muss sagen, deine Begeisterung für das Insolvenzrecht, die hat man in dem Vorgespräch, was wir hier in den Episoden ja immer führen, schon rausgehört.
Und ich hoffe, dass die auch heute durchscheinen wird. Aber ich bin ganz optimistisch. Wo kommt denn die her?
Ja, gute Frage. Wie du ja mir auch im Vorgespräch schon sagtest und wie wahrscheinlich auch die meisten der Hörer, ist das Insolvenzrecht ja in der Ausbildung im Prinzip nicht vorhanden oder findet eigentlich nicht statt. Und genau so war es bei mir auch.
Ich habe in Passau studiert, vielleicht ganz kurz zum Hintergrund. Ich war auch ganz langweilig die ganze Zeit einfach nur in Passau. Ich habe kein Auslandssemester gemacht. Passau ist super, kam aber auch in dem Podcast hier ja schon mal vor.
Und habe eigentlich während des Studiums meinen Schwerpunkt so ein bisschen gelegt eher aufs Steuerrecht und aufs Europarecht und war. Dann nach meinem ersten Examen in Passau eigentlich auch so total auf diesem Steuerrechtstrip. Finde ich auch nach wie vor spannend.
Und dann kamen aber, wie es oft so spielt, ein paar Zufälle dazwischen. Ich bin dann nach dem Studium nach München zurück, wo ich eigentlich auch herkomme, habe hier mein Referendariat gemacht und brauchte natürlich einen Nebenjob. Habe dann mich ein bisschen umgeguckt, auch natürlich, ob es irgendwas im Steuerrecht gibt.
Und dann sagte mir eine Bekannte, du, an der Uni ist so ein Aushang von einer Kanzlei, Insolvenzrechter sucht einer der Anwälte einen wissenschaftlichen Mitarbeiter für ein Buchprojekt. Schau dir das doch mal an.
Und dann habe ich gesagt, ja, gut, ruf da mal an. Und dann kam ich auch zum Vorstellungsgespräch und es hat dann alles funktioniert. Und da dachte ich mir, da lasse ich mich mal drauf ein.
Und habe dann hier mit einem der Partner eben dieses Buchprojekt, einige Monate gemacht und bin so dann eben zum Insolvenzrecht gekommen und habe eben dann die ersten Kenntnisse mir da dann erworben und habe gemerkt, das ist eigentlich echt spannend. Und dann kam eins zum anderen, da habe ich gefragt, könnte ich vielleicht meine Anwaltsstation hier noch machen oder könnte ich auch einfach ein bisschen nebenbei, neben dem Referendariat bei euch arbeiten.
Auch das war dann alles kein Problem. Und dann kam es schlussendlich dazu, dass ich nach dem Referendariat hier angefangen habe. Also im Endeffekt so ein bisschen wie die Jungfrau zum Kind.
Dann lass uns mal einen groben Einstieg in das Insolvenzrecht wagen. Ich persönlich habe eine Horror-Erfahrung mit dem Insolvenzrecht in meinem Referendariat gehabt. Da ging es aber so ein bisschen mehr in der Strafrechtsstation um Insolvenzverschleppung.
Und da sagte der mich ausbildende Staatsanwalt so, lieber Junge, so nach dem Motto, hier hast du mal vier dicke Aktenordner mit zig Bilanzen und Zahlungsströmen. Jetzt guck mal, ob die da eventuell zu spät ihre entsprechende Insolvenz angemeldet haben.
Und dann habe ich gesagt, das ist ja ganz spannend. Und dann habe ich meinen Dienst nach Vorschrift gemacht und dann war das Insolvenzrecht für mich beendet. Sozusagen der Mini-Ausflug.
Aber du machst ja in deiner täglichen Praxis was anderes. Wozu dient denn eigentlich das Insolvenzverfahren und was muss man da als Anwalt machen?
Das Ziel des Insolvenzverfahrens gibt uns eigentlich erstmal die Insolvenzordnung vor. Es gibt ja ein eigenes Gesetz für die insolvenzrechtlichen Verfahren, die Insolvenzordnung. Und dort ist in Paragraf 1 ganz klar festgelegt, also zwei Ziele, mal hauptsächlich in der Insolvenz, vor allem die Befriedigung der Gläubiger bestmöglich zu erwirken und zweitens eine Entschuldung des Insolvenzschuldners zu erreichen.
Das zieht natürlich jetzt auf natürliche Personen, wenn man aber das Ganze überträgt auch auf Unternehmen, dann ist natürlich auch der Sanierungsgedanke ein ganz wichtiger in einem Insolvenzverfahren.
Weil sozusagen die Insolvenz, wenn ich das richtig verstehe, ja nicht notwendigerweise auf Liquidation beispielsweise einer GmbH gerichtet ist, sondern gegebenenfalls auch auf Sanierung.
Ganz genau. Also wir sind da in unseren Instrumenten relativ vielfältig. Es gibt natürlich viele Fälle, wo einfach nichts anderes mehr in Betracht kommt, als es einfach zu liquidieren und aus den Erlösen die Gläubiger bestmöglich zu befriedigen. Aber unser Ansatz ist natürlich immer zu versuchen, das Unternehmen, nicht notwendigerweise den Rechtsträger, aber das Unternehmen in irgendeiner Form zu erhalten.
Hängt natürlich auch damit zusammen, dass wir dann damit Arbeitsplätze retten können, dass wir damit vielleicht auch ein eigentlich funktionierendes Geschäftsmodell, das nur wegen... Bestimmter, widriger Umstände in die Insolvenz geraten ist, vielleicht wieder auf die Beine stellen können.
Also das ist grundsätzlich immer eigentlich Leitgedanke. In manchen Fällen funktioniert es eben leider nicht.
Und wer sind dann so die typischen Player im Rahmen eines solchen Insolvenzverfahrens?
Wichtigster Player ist zunächst mal natürlich das Insolvenzgericht. Wir haben bei den Amtsgerichten eingerichtet, nicht bei allen Amtsgerichten, aber bei vielen Amtsgerichten eingerichtet, eigene Insolvenzgerichte oder Abteilung für Insolvenzsachen. Und diese Stellen sind mit dem ganzen Fall immer mal zuallererst befasst.
Dort geht der Insolvenzantrag ein, den entweder der Schuldner selber stellt, weil er selber merkt, es geht nicht weiter, oder den ein Gläubiger stellt. Also zum Beispiel auch Finanzämter oder Sozialversicherungsträger sind da häufig Antragsteller, die einfach lange nicht mehr bezahlt worden sind und dann irgendwann auch Zwangsvorsteigungsmaßnahmen vielleicht nicht mehr fruchten und die dann eben die Reißleine ziehen und sagen, jetzt muss ich einen Insolvenzantrag stellen.
Also das Insolvenzrecht ermöglicht ja eben auch Fremdanträge.
Interessant, das wusste ich nicht. Ist ja spannend. Und das heißt, man darf nicht zu lang mit der Steuerbehörde hin und her machen, denn dann droht einem womöglich irgendwann sogar das.
Genau, genau. Also das auf jeden Fall. Und vielleicht jetzt auch dann nochmal den Bogen schlagen zu deiner Erfahrung mit dem Insolvenzrecht. Man sollte natürlich generell nicht zu lange warten, weil einem dann vor allem als Geschäftsführer auch wirklich ungemacht drohen kann.
Da kommen wir vielleicht später auch nochmal im Detail ein bisschen drauf zu sprechen. Aber das kann wehtun. Ja. Oder wenn der Schuldner diesen Insolvenzantrag bei Gericht eingereicht hat, dann kommt als nächster Player ins Spiel eben der zukünftige Insolvenzverwalter, also Kollegen bei uns aus dem Haus zum Beispiel.
Die dann von dem Gericht ausgesucht werden. Das ist auch ein ganz spannendes Thema oder vielleicht auch dem Außenstehenden nicht so ganz klar, wie das funktioniert eigentlich. Es gibt bei den Insolvenzgerichten sogenannte Vorauswahllisten.
Da kann man sich als Interessierter, sage ich mal, draufsetzen lassen und kommt dann grundsätzlich als Insolvenzverwalter mal in Betracht. Das ist dann bei dem Insolvenzgericht auf dem Schirm. Also so ganz ohne weiteres kommt man natürlich auf diese Listen auch nicht drauf.
Also kann sich jetzt auch nicht jeder eintragen lassen. Da muss natürlich das Gericht sich irgendwie davon überzeugen, dass man gewisse Kenntnisse im Insolvenzrecht hat und dass einem das grundsätzlich zuzutrauen ist, solche Verfahren zu bearbeiten.
Was braucht man da? Muss man Anwalt sein?
Nein, also in Deutschland muss man nicht Anwalt sein, um Insolvenzverwalter zu werden. Man muss noch nicht mal Jura studiert haben. Es ist tatsächlich so, dass in Deutschland die allerallermeisten Insolvenzverwalter Anwälte oder Juristen sind.
Auch da gibt es prominente Ausnahmen durchaus. Also Betriebswirtschaftler zum Beispiel, Steuerberater können sowas grundsätzlich auch machen. Also da gibt es mal keine Beschränkung. So, wenn man es dann eben auf diese Vorauswahllisten geschafft hat, was natürlich am einfachsten geht, wenn man vielleicht schon auch in einer Kanzlei ist, die einen gewissen Namen hat und wo das Insolvenzgericht einfach weiß, Dort werden Insolvenzverfahren gut bearbeitet.
Dann trifft einen eben irgendwann die Lotterie sozusagen. Und das Insolvenzgericht wählt einen für ein bestimmtes Verfahren aus. Lotterie ist jetzt vielleicht aber auch ein bisschen zu hart. Also da wird natürlich, oder das Insolvenzgericht achtet da schon auch auf gewisse Kenntnisse und Fähigkeiten.
Ich weiß noch zum Beispiel, wir hatten mal eine Phase vor drei oder vier Jahren, da hatten wir in kurzer Folge hintereinander mehrere Druckereien bekommen, weil einfach dann bei den Insolvenzgerichten oder bei dem Insolvenzgericht schon bekannt war, dass wir die Materie kennen, dass wir auch das Geschäftsumfeld kennen und sowas eben gut abwickeln können. Sowas spielt dann natürlich auch eine Rolle.
Das Insolvenzgericht sucht sich dann eben irgendeine Person von dieser Vorauswahlliste aus. Und je nachdem, wie groß und wie dringend die Insolvenz ist, kommt dann vielleicht auch vorher noch ein Anruf vom Richter. Habt ihr Zeit? Habt ihr Kapazitäten? Habt ihr vielleicht irgendeinen Konflikt in dieser Sache? Und dann kommt als allererstes mal ein Gutachtensauftrag von Gericht.
Denn das Gericht darf auf einen Insolvenzantrag hin, auch auf einen Eigeninsolvenzantrag das Verfahren nicht einfach blind eröffnen, sondern muss erst feststellen, ob ein Insolvenzgrund vorliegt zum einen und zum anderen auch, ob das Unternehmen noch über ausreichend Vermögen verfügt, um die Kosten des Insolvenzverfahrens überhaupt zu tragen. Also das Gericht erhebt natürlich Gerichtsgebühren für ein Insolvenzverfahren und auch der Verwalter muss natürlich eine Vergütung bekommen.
Im schlimmsten Fall kann es auch dazu kommen, dass ein Insolvenzverfahren mangels Masse nicht eröffnet wird. Dann findet kein Insolvenzverfahren statt. Was passiert dann? Die Gesellschaft, also wenn wir über eine Gesellschaft reden, die Gesellschaft gilt dann als aufgelöst nach dem Gesellschaftsrecht, also GmbH-Gesetz.
Die Gesellschaft wird durch den Beschluss eröffnet. Dass mangels Masse kein Verfahren eröffnet wird, aufgelöst, bleibt dann aber irgendwo im Nirwana natürlich schweben. In vielen Fällen kommt es dann zu einer amtswegigen Löschung nach 394 FAMFG wegen Vermögenslosigkeit.
Auch das ist aber nicht unbedingt gesagt. Es kann ja sein, dass noch Vermögen da ist, das Vermögen aber nur nicht ausreicht, um die Kosten des Verfahrens zu trappen.
Und noch eine Rückfrage. Ist es immer so, dass das Amtsgericht, dass das Insolvenzgericht den Insolvenzverwalter bestellt Oder gibt es da theoretisch auch einen anderen Weg, dass eine Partei sagt, ich kenne einen Anwalt, der berät mich zwar jetzt nicht, der ist aber zum Beispiel auch als Insolvenzverwalter tätig, können wir nicht darauf hinwirken, dass der das macht? Ginge das theoretisch auch?
Also das geht in der Theorie und wird von den Insolvenzgerichten aber auch unterschiedlich gehandhabt. Also was schon vorkommt, ist, dass Schuldner, die meistens ja auch anwaltlich beraten sind oder im Idealfall anwaltlich beraten sind, in ihren Insolvenzantrag auch Vorschläge aufnehmen von bestimmten Insolvenzverwaltern. Insolvenzverwaltern meistens werden dann auch mehrere Namen genannt, was oft damit zusammenhängt, dass man eben auch vielleicht von dem einen oder anderen Insolvenzverwalter glaubt, dass er eine besondere Expertise auf einem Gebiet hat.
Und gebunden ist aber das Insolvenzgericht daran überhaupt nicht. Und das ist auch ganz unterschiedlich zwischen den Insolvenzgerichten. Manche Insolvenzgerichte, da kann man den Eindruck gewinnen, wenn man vorgeschlagen wird, dann wird man es ganz sicher nicht.
Bei manchen Insolvenzgerichten ist es vielleicht doch ein bisschen anders. Dass die solchen Vorschlägen dann unter Umständen mal folgen.
Verstehe. Okay, und dann ist sozusagen, du wurdest bestellt und dann schreibst du dieses erste Gutachten, um herauszufinden, ob noch genug Masse für die Durchführung eines Insolvenzverfahrens vorhanden ist.
Genau, also von der Bestellung sprechen wir meistens noch nicht, weil es ist, wie gesagt, ein Gutachtensauftrag. Also das Gericht hat eigentlich die Aufgabe, diese beiden Punkte, die wir angesprochen hatten, zu prüfen und bedient sich dazu aber eben, wie er in vielen Fällen gerichtet ist, auch tun, eines Sachverständigen und das sind dann eben unsere Insolvenzverwalter, die diese beiden Fragen prüfen und dann ein sogenanntes Insolvenzgutachten schreiben, um diese beiden Punkte eben abzuklopfen.
Was dann oft noch passiert oder in einigen Fällen noch passiert ist, dass parallel oder kurz nach diesem Gutachtensauftrag noch vorläufige Maßnahmen angeordnet werden. Man spricht dann meistens von einem vorläufigen Insolvenzverfahren oder von einem vorläufigen Insolvenzverwalter, hat vielleicht der eine oder andere auch schon mal gehört.
Das ist so ein Zwischenstadium, in dem der Insolvenzverwalter noch nicht die vollen Durchgriffsbefugnisse hat, die er später noch bekommen wird, aber wo er schon gewisse Kontrollinstrumente an die Hand bekommt. Das macht man vor allem dann zum Beispiel, wenn es einen laufenden Geschäftsbetrieb gibt, weil man dann eben besonders darauf achten muss, dass in dieser Gutachtensphase sich die Vermögensverhältnisse nicht mehr rapide weiter verschlechtern.
Will man natürlich verhindern. Also das heißt, dann wird der vorläufige Insolvenzverwalter damit betraut, eben so ein bisschen mit drüber zu gucken, die Ausgaben zu kontrollieren. Unter Umständen gibt es einen sogenannten Zustimmungsvorbehalt, also der Schuldner darf nur noch gewisse Dinge tun, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter zustimmt.
Und eine vorläufige Insolvenzverwaltung kann auch mal in Betracht kommen, wenn man den Verdacht haben muss, dass Vermögenswerte vielleicht noch verschwinden. Auch sowas kommt vor, leider. Dann hat man diese Zwischenphase des vorläufigen Insolvenzverwaltungs.
Das kann auch durchaus bis zu drei Monate dauern. Das ist gar nicht so selten. Diese drei Monate sind oft so eine gern genommene Frist, weil es für diese Zeit dieses sogenannte Insolvenzgeld gibt. vielleicht auch schon mal gehört, ist in Deutschland ein.
Ganz tolles Instrument, das uns in solchen vorläufigen Verfahren durchaus Handlungsspielräume eröffnet, die es in anderen Ländern so nicht gibt. Nämlich so, dass für diese drei Monate die Agentur für Arbeit einen Großteil der Löhne übernimmt und dann quasi als Gläubiger an die Stelle der Arbeitnehmer tritt.
Sodass man auch, wenn man eigentlich schon nicht mehr genug Geld hätte, um eigentlich einen Geschäftsbetrieb fortzuführen, da die Möglichkeit hat, auch noch eben eine Sanierungslösung zu versuchen und aufrechtzuerhalten.
Interessant, okay. Und wie geht es dann weiter?
Ja, dann ist irgendwann dieses Insolvenzgutachten fertig und dann kommt da meinetwegen raus, ja, es liegt ein Insolvenzgrund vor, Also die schuldnerische Unternehmen ist zahlungsunfähig oder überschuldet. Das sind unsere Insolvenzgründe. Zweitens, ja, wir haben ein ausreichendes Vermögen, um die Kosten des Verfahrens und auch die Gerichtsgebühren zu tragen.
Und dann wird das Gericht nach Lektüre dieses Gutachtens daraufhin den Eröffnungsbeschluss erlassen. Und mit diesem Eröffnungsbeschluss wird dann der vorläufige Insolvenzverwalter oder Gutachter, je nachdem in welcher Rolle er vorher war, zum endgültigen Insolvenzverwalter bestellt und dann treten die wirklichen durchgreifenden Folgen des Insolvenzverfahrens ein. Das heißt also, der Schuldner verliert die Verfügungsbefugnis über sein Vermögen, er kann also nicht mehr eigenständig handeln oder er kann gar nicht mehr handeln.
Allein handlungsbefugt ist dann der Insolvenzverwalter und der Insolvenzverwalter beginnt dann eben meistens mit der eigentlichen Arbeit, von der aber manches auch schon im vorläufigen Verfahren abspielt und vor allem vorbereitet wird im vorläufigen Verfahren.
Und diese Arbeit ist dann zum Teil auch dadurch geprägt, dass du mit den entsprechenden Gläubigern in Kontakt treten musst und da wahrscheinlich verhandelst, oder?
Die Gläubiger werden in dem Eröffnungsbeschluss, über den wir gerade gesprochen haben, aufgefordert, ihre Forderungen zur sogenannten Insolvenztabelle anzumelden. Das heißt, der Insolvenzverwalter führt dann bei sich eine Tabelle über die verschiedenen Gläubiger. Diese Forderungen werden dann schriftlich hier angemeldet, werden von uns geprüft, auch auf Plausibilität.
Also wir schauen uns natürlich die einzelnen Forderungsanmeldungen an. Sind da Rechnungsbelege dabei? Sind Auftragsbestätigungen dabei? Und fragen da natürlich auch beim Schuldner selber nach, also beim Geschäftsführer. Kann das sein? Stimmt das vielleicht mit eurer Finanzbuchhaltung überein? Und je nachdem, welches Ergebnis diese Prüfung hat, wird dann die Forderung des Gläubigers zur Insolvenztabelle festgestellt.
Das heißt, er wird am Schluss seine Quote bekommen, also ein Teil des Erlöses wird an ihn verteilt. Oder seine Forderung wird möglicherweise auch bestritten, weil wir sagen, das können wir nicht nachvollziehen. Oder es wird auch vom Schuldner selbst in Abrede gestellt, dass es diese Forderung gibt.
So, das ist der Part, der hauptsächlich mit den Gläubigern stattfindet. Ansonsten ist die Tätigkeit relativ bunt gefächert. Es ist so, dass der Insolvenzverwalter im Prinzip manchmal schon in Teilen während der vorläufigen Verwaltung, aber dann vor allem im endgültigen Verfahren ja alle Aufgaben übernimmt, die der Schuldner vorher selbst erledigt hat.
Der Insolvenzverwalter hat zum Beispiel Arbeitgeberaufgaben. Also er muss, ich weiß nicht, die Lohnabrechnungen erstellen, solche Dinge. Der Insolvenzverwalter wird natürlich versuchen, den Geschäftsbetrieb vielleicht nach Möglichkeit zu verwerten. Stichwort M&A-Prozess.
Wir versuchen vielleicht im vorläufigen Verfahren schon Interessenten anzusprechen und den Geschäftsbetrieb dann eben irgendwie auch gegen natürlich einen Erlös, der den Gläubigern zugutekommt, zu veräußern. Wir ermitteln das Aktivvermögen der Schuldnerin. Also wir gucken natürlich am einfachsten, was ist bei den Banken noch vorhanden? Gibt es Grundvermögen? Gibt es Forderungen, die wir einziehen müssen? Solche Dinge.
Wir schauen uns dann natürlich auch Sicherungsrechte an, die auch immer eine große Rolle spielen im Insolvenzverfahren. Vornehmlich natürlich Banken, aber auch so Sicherungsrechte wie Vermieterpfandrechte, die HGB-Pfandrechte, also Laristenpfandrecht, kommt auch immer wieder vor. Solche Dinge müssen natürlich abgearbeitet werden und eben die Sicherungsrechte, wenn sie denn wirksam und insolvenzfest sind, auch befriedigt werden.
Genau, und dann wird eben möglicherweise auch der Geschäftsbetrieb ja eben noch eine Zeit lang fortgeführt.
Das heißt, du brauchst wahrscheinlich auch so rein praktisch ziemlich viele nicht-juristische Fähigkeiten im Sinne von so ein bisschen Management, Unternehmensführung, BWL, ne?
Ja, definitiv. Also als Insolvenzverwalter sollte man sowas durchaus mitbringen. Man kann es natürlich auch erlernen. Es ist ja so, dass wir als Juristen da manchmal in der Ausbildung etwas kurz kommen, sage ich mal.
Vielleicht noch ganz kurz nochmal zurück. Ich habe zum Beispiel in meiner Zeit in Passau mal so ein paar Sitzscheine gemacht im BWL. Aber auch das bringt einen jetzt noch nicht so wahnsinnig weiter, weil es natürlich viel komplexer wird, wenn man als Insolvenzverwalter arbeitet.
Also als Insolvenzverwalter definitiv muss man betriebswirtschaftliches Verständnis und betriebswirtschaftliche Kenntnisse haben. Ohne die geht es nicht. Wir müssen ständig Liquiditätsplanungen machen, Ertragsplanungen, Rentabilitätsplanungen und so weiter. Da muss man die Zahlen schon auch verstehen.
Und wie packt man sich das dann drauf? Also macht man das als Fortbildung? Wächst man da einfach rein über die Jahre? Was gibt es denn da für Möglichkeiten?
Also im Idealfall bringt man natürlich ein gewisses Grundverständnis mit, aber es ist natürlich so, dass man da über die Jahre auch reinwächst. Man fängt ja jetzt nicht unmittelbar nach dem Referendariat als Insolvenzverwalter an, so ist es nicht, sondern man wächst in diese Rolle rein.
Wenn man sich für das Insolvenzrecht entscheidet und in eine insolvenzrechtlich ausgerichtete Kanzlei geht, dann wird man zunächst als sogenannter Sachbearbeiter meist tätig. Das heißt, man ist Anwalt, aber man arbeitet dem Insolvenzverwalter zu. Der kann natürlich auch in zig Verfahren, die er bearbeitet, nicht immer jedes Anspruchsschreiben selber unterschreiben oder rausschicken oder auch entwerfen und braucht dafür natürlich Kollegen.
Und so wächst man in diese Rollen dann rein. Verstehe. Man bekommt das einfach tagtäglich mit, man wird aktiv eingebunden in die Verfahren und hat dann irgendwann... Einfach ein Wissen sich erarbeitet, das einen befähigt dazu, auch selber Verwalter zu werden.
Aber ich sage mal, grobe Schätzung, es kann schon mal zehn Jahre dauern, bis man dann wirklich die Chance hat, sich selbst auch als Insolvenzverwalter bei den Gerichten zu bewerben.
Okay, das hat dann zwar kein drittes Examen, aber ist ja dennoch eine ganze Menge Learning on the Job sozusagen.
Ist es auf jeden Fall. Vielleicht nochmal ganz kurz zu meiner Rolle. Ich selbst zum Beispiel bin gar nicht auf diesem Insolvenzverwalter-Ast so sehr unterwegs. Also mein Ziel ist es auch nicht, irgendwann Insolvenzverwalter zu werden, sondern was ich bei uns abdecke, ist, ich bin Teil unserer sogenannten Prozessabteilung.
Das heißt also, ich selber übernehme keine Verwalterämter und ich habe auch hier einige Kollegen, die das eben nicht machen und die es auch nicht anstreben, sondern wir sind so ein bisschen das Backoffice des Insolvenzverwalters in rechtlichen Belangen. Manchmal werden diese Abteilungen, in denen wir sind, auch sogar als Rechtsabteilung bezeichnet, was natürlich in einer Anwaltskanzlei irgendwie ein bisschen seltsam ist, was aber das Tätigkeitsfeld, glaube ich, ganz gut beschreibt.
Es ist einfach, die Insolvenzverwalter sind natürlich vor allem in der Anfangsphase von so einem Insolvenzverfahren mit ganz anderen Dingen befasst. Die müssen sich um operative Themen kümmern, die müssen Liquiditätsplanungen machen, hatte ich schon gesagt. Die müssen Verhandlungen mit Lieferanten führen, die müssen Verhandlungen mit potenziellen Interessenten führen und können dann natürlich nicht in jeder Rechtsfrage, die sich vielleicht stellt, noch den fünften Kommentar aufschlagen Und sind dann eben einfach auf Zuarbeit von uns als Prozessabteilung angewiesen, die dann zum Beispiel kurze Gutachten zu einzelnen Fragen macht, die vertiefte rechtliche Prüfung vornehmen, aber auch forensische Tätigkeiten im weitesten Sinne.
Also Ermittlungen zu fragen, was haben wir für Indizien für eine Zahlungsunfähigkeit vielleicht. Solche Dinge, die wir dann übernehmen, neben dem, was man von einer Prozessabteilung vielleicht erwartet im weitesten Sinne, ist nämlich Prozesse führen, außergerichtlich die Forderungen geltend machen. Das macht natürlich auch einen Großteil unserer Arbeit aus.
Mhm.
Und sag mal, in den letzten Jahren, also jetzt sozusagen hoffentlich Ende von Corona, wo wir das hier gerade aufnehmen, gab es da eigentlich die große Insolvenzwelle oder ist die ausgeblieben? Was ist dein Eindruck? Ich finde, man hat medial relativ Unterschiedliches wahrgenommen an Aussagen.
Die große Insolvenzwelle ist definitiv nicht gekommen. Im Gegenteil. Was man medial ja viel wahrgenommen hat oder immer noch wahrnimmt, sind Prognosen. Bald kommt sie.
Diese Prognosen haben sich jetzt im letzten Jahr alle als unzutreffend herausgestellt. Also wir haben, wenn man auch offiziell Zahlen sich anschaut vom Bundesamt für Statistik, wir haben... Bis heute, seit Beginn der Pandemie sinkende Insolvenzzahlen, was wir im Übrigen aber auch nicht erst seit Beginn der Pandemie haben, sondern die Insolvenzzahlen sinken meines Wissens stetig seit ungefähr zehn Jahren.
Wir verlinken die Zahlen auch nochmal in den Shownotes. Natürlich könnt ihr auch gerne selber nochmal nachlesen. Interessant. Okay. Und das hat Corona sozusagen nicht durchbrochen.
Das hat Corona nicht durchbrochen. Was dabei sicher eine Rolle spielt, ist, dass ja zum einen, was man der Presse auch entnommen hat, eine ganze Zeit lang die sogenannten Insolvenzantragspflichten ausgesetzt waren. Da herrschte auch viel Verwirrung, weil es in der Presse leider oft etwas zu vereinfacht transportiert wurde.
Da hieß es eben immer relativ pauschal, die Insolvenzantragspflicht ist ausgesetzt, was so pauschal aber leider eben nicht zutrifft. Was ist ein weiterer Faktor? Höchstwahrscheinlich oder ganz sicher die Corona-Hilfen, die durch die Bundesregierung aufgelegt wurde. Ich habe mir im Vorfeld unseres Gesprächs nochmal versucht, einen Überblick zu verschaffen.
Es ist mir leider nicht gelungen, deswegen kann ich keine Details geben. Es ist, wenn man es googelt, es ist nicht mehr zu überblicken. Also man bekommt dann im Internet teilweise irgendwelche PDFs präsentiert mit verschiedensten Hilfen, Überbrückungshilfe 1, 2, 3.
Es ist nicht mehr zu überblicken. Und diese Hilfen haben natürlich bestimmt auch ihre Wirkung gezeigt. Und die wurden jetzt erst auch noch bis Ende Oktober beziehungsweise Ende 2021 verlängert. Wir haben eine Bundestagswahl, aber ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Wie die Zukunft aussieht, kann man einfach nicht seriös vorhersagen. Ich habe ja schon gesagt, alle Prognosen, die in den letzten Jahren oder im letzten Jahr angestellt wurden, haben sich alle irgendwie als unzutreffend erwiesen. Mit einer Welle rechnen die wenigsten, mit einer echten Welle.
Es wird sicherlich wieder einen Anstieg geben, da kann man sich doch relativ sicher sein. Nein, Gründe können sein, Lieferengpässe, die man ja auch jetzt schon in der Öffentlichkeit mitbekommt. Sicherlich auch das ein oder andere Unternehmen wird Liquiditätsschwierigkeiten kommen, wenn der Geschäftsbetrieb wieder voll anläuft nach Corona.
Ja, man hat ja jetzt relativ viel, also in der Gastronomie zum Beispiel, relativ viel runtergefahren. Jetzt muss man natürlich wieder Waren einkaufen, man muss wieder Mitarbeiter bezahlen. Wenn da die Liquiditätsdecke nicht mehr so ganz dick ist, dann kann es da natürlich auch schnell zu Problemen kommen.
Also Anstieg wahrscheinlich ja, Welle wahrscheinlich eher nicht.
Und wir waren jetzt gerade eben so ein kleines bisschen davon abgekommen, wie sozusagen so ein Insolvenzverfahren chronologisch abläuft. Womit wird das denn dann beendet eigentlich? Also wie kommt man sozusagen auch aus diesem Prozess wieder raus als Privatperson oder auch dann wirtschaftlich gesehen als GmbH beispielsweise?
Da gibt es mal grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten. Also das Regelinsolvenzverfahren, das normale Insolvenzverfahren, dauert sicherlich einige Jahre. Also man kann hier nicht von Monaten ausgehen, sondern muss eher in Jahren wohl rechnen. Endet dann irgendwann damit, dass der Insolvenzverwalter einen abschließenden Bericht über seine Tätigkeit macht, einen Vergütungsantrag stellt und dann auf Basis seines abschließenden Berichts eine Verteilung an die Gläubiger vornimmt.
Im Idealfall. Also das heißt, er nimmt das vorhandene Vermögen und die Verwertungserlöse, die er erzielen konnte, und verteilt sie brutal an die Gläubiger. Vorher hat er dann sicherlich schon Sicherungsgläubiger zum Beispiel bevorzugt befriedigt, ist klar.
Und nach dieser Schlussverteilung wird das Verfahren dann irgendwann wieder durch förmlichen Beschluss aufgehoben. Also was im Fall eines Unternehmens dann oder einer juristischen Person dann bedeutet, dass die juristische Person dann vollbeendet ist. Im Fall einer natürlichen Person ist es noch ein bisschen anders.
Da hatte ich ja ganz zu Beginn schon gesagt, dass eines der Ziele im Insolvenzverfahren auch ist, einen Neustart zu ermöglichen, also eine Entschuldung herbeizuführen. Und deswegen schließt sich für natürliche Personen dann eben an das Regelinsolvenzverfahren noch die sogenannte Restschuldbefreiungsphase an.
Hat man ja auch schon gehört, früher hat man dann immer von sieben Jahren gesprochen, die diese Restschuldbefreiung in der Regel dauert. Da gibt es jetzt auch schon wieder Verkürzungsmöglichkeiten, also kann sich auch auf drei Jahre beschränken. Und das bedeutet im Prinzip, dass das Insolvenzverfahren zwar eigentlich förmlich aufgehoben ist, aber für eine gewisse Zeit nach dem Verfahren eben der Schuldner noch auch den fändbaren Teil seiner Erwerbseinkünfte zum Beispiel an den Insolvenzverwalter oder an den ehemaligen Insolvenzverwalter, der dann Treuhänder heißt, abführen muss und der wiederum diese weiteren Erlöse dann auch noch an die Gläubiger nachverteilt.
Das ist eben dieses Regelverfahren, von dem ich sprach. Es gibt aber auch andere Möglichkeiten, so ein Verfahren zu beenden. Eins davon ist der Insolvenzplan.
Was ist das?
Der Insolvenzplan ist eine Möglichkeit, aus diesem etwas starren Korsett, das uns die Insolvenzordnung für das Verfahren eigentlich vorgibt, in gewisser Weise auszubrechen. Der Insolvenzplan ist wie so eine Art Gesamtvergleich vielleicht im weitesten Sinne. Das heißt, es ist eigentlich eine konsensuale Lösung, die man mit den Gläubigern versucht zu erzielen.
Man hat dort die Möglichkeit, dann auch Gläubiger und Gläubigergruppen möglicherweise zu überstimmen und gegen ihren Willen in einen solchen Plan zu zwingen. Aber im Wesentlichen ist es ein konsensuales Verfahren, in dem eben. Vor allem in Sanierungsfällen versucht wird, nicht nur das Unternehmen als solche zu erhalten, sondern auch den Rechtsträger als solches zu erhalten.
Es kann manchmal ganz wichtig sein, wenn man zum Beispiel einen Rechtsträger hat, der bestimmte öffentlich-rechtliche Erlaubnisse hat zum Beispiel, die man gar nicht so einfach bekommt. Dann wäre es eine Katastrophe, einfach nur die Assets oder das Vermögen auf einen neuen Rechtsträger zu übertragen, weil man dann diesen ganzen Genehmigungsprozess von vorne durchlaufen muss.
und dann besteht eben ein vitales Interesse, den ganzen Rechtssträger als solchen zu erhalten. Und da macht man eben diese Insolvenzpläne, wo man dann sich mit den Gläubigern einigt. Es kommt dann zum Beispiel ein Investor dazu, der sagt, ich kann Betrag XY nachschießen.
Aus diesem Betrag XY werden die Gläubiger dann befriedigt. Der Anreiz für die Gläubiger dabei ist, dass sie in diesem Verfahren dann meistens eine bessere Quote bekommen, als sie es in einem Regelverfahren bekommen würden. Und so kann man dann eben den Rechtsträger zum Beispiel erhalten.
Und da würde dann einfach dieses Insolvenzverfahren eben auch enden durch die Feststellung dieses Insolvenzplans. Und dann anschließend der Aufhebung des Insolvenzverfahrens führt dann aber eben nicht zu einer Vollbeendigung des Rechtsträgers, sondern der Rechtsträger bleibt tatsächlich erhalten und bleibt weiter am Markt tätig. Mhm.
Kannst du den Zuhörenden vielleicht nochmal so ein Beispiel für ein, ja wenn es sowas gibt, spektakuläres Insolvenzverfahren oder ein spektakuläres Verfahren, wo sozusagen etwas an das Insolvenzverfahren Angehangene passiert ist, das vielleicht irgendwie kurios war, schildern?
Sehr gerne. Also ich habe Gedanken dazu gemacht und habe eigentlich so ein bisschen aus meinen zwei Themenfeldern vielleicht was Interessantes. Und zwar ist das eine, das Themenfeld dieser klassischen Insolvenzverwaltung. Wie läuft sowas ab? Oder wie kann ein spannender Fall dort aussehen? Und daneben aber auch aus meiner prozessualen Tätigkeit, wo, glaube ich, auch die Vielfältigkeit dieses Rechtsgebiets ganz toll zur Geltung kommt.
Also klassisches Insolvenzverfahren. Ich erinnere mich, letztes Jahr kam ein Verfahren zu uns, Da handelt es sich um einen Online-Versandhändler für Bekleidung. Und sowas läuft dann eben ab. Man bekommt dann einen Anruf vom Insolvenzgericht und nimmt dann natürlich, man bekommt dann vom Insolvenzgericht erste Informationen.
Also hier ist ein laufender Geschäftsbetrieb, Online-Händler und weiß dann natürlich schon, es muss schnell gehen. Wir können jetzt nicht warten. Da wird in der Regel sofort Kontakt aufgenommen mit dem Schuldner, kurze Vorbesprechungen gemacht und dann wird noch eigentlich am gleichen Tag oder allerspätestens am nächsten Tag fährt dann auch der Insolvenzverwalter mit einem Team dann raus zum Schuldner.
Und wir richten uns dort dann tatsächlich auch so ein bisschen häuslich ein. Also wir kriegen dann im Idealfall irgendwie ein Büro oder ein Konferenzzimmer, in dem wir dann unsere Laptops aufbauen und so ein bisschen die Schaltzentrale. Und dann ist es eben, und insbesondere in diesem Fall, so, dass man sich erstmal einen Überblick verschaffen muss.
Es ist eine komplette Blackbox, Wenn man dort durch die Tür geht, man weiß eigentlich nichts, außer vielleicht ein paar Dinge, die man aus dem Internet erfahren hat, die man sich vielleicht aus dem Handelsregister gezogen hat und die vielleicht in dem Insolvenzantrag stehen. Und dann erarbeitet man sich erstmal die Grundlagen.
Was habe ich hier für ein Unternehmen? Wie ist die Lage hier überhaupt? Kann ich einen Geschäftsbetrieb aufrechterhalten? Was habe ich für liquide Mittel, um diesen Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten? Und in diesem Fall, den ich jetzt ansprach, war es eben ganz spannend oder allgemein bei diesen Online-Retailern ist es immer eine große Schwierigkeit, Dichwort Brauchsgüterkauf und Widerrufsrecht. Wir haben dann eine Situation meistens, in der man nicht so richtig weiß, woran man liquiditätsmäßig ist, weil man dann vielleicht bei diversen bekannten Zahlungsdienstleistern Guthaben hat und weiß, okay, jetzt haben Kunden hier für den und den Wert eingekauft.
Diese Zahlungsdienstleister sind aber dann eben nicht gewillt, sowas auch sofort auszukehren, weil ja diese Retouren zum Beispiel drohen. Und dann wird es eine echte Herausforderung, Rentabilitätsplanung zu machen, auch Liquiditätsplanung zu machen, weil man dann Prognosen treffen muss. Wie viel von diesen Verkäufen an die Kunden bleiben denn jetzt auch beim Kunden? Was haben wir für eine Retourenquote? So eine Retourenquote steigt dann natürlich unter Umständen auch nochmal, wenn die Kunden aus dem Internet oder aus der Presse erfahren, es gibt da ein Insolvenzverfahren.
Wir hatten dann in diesem speziellen Verfahren auch noch das Sonderproblem, dass wir eine sehr unklare Sicherheitssituation bankenseitig hatten. Wir hatten viel Geld auf den Konten und wussten aber nicht so richtig, was wir tun können. Ob die Banken daran wirksame Pfandrechte hatten.
Und das weiß ich auch noch, da haben wir dann auch spätabends noch versucht, irgendwie rauszufinden, ganz simple Sachen, ob die Pfandrechtsanzeige denn bei den Banken ordnungsgemäß vorgenommen wurde. Und ganz, ganz spannende Dinge.
Dann kam in diesem Verfahren hinzu, dass sich dann herausgestellt hat, okay, wir haben leider doch nicht so viel Liquidität und dann musste Liquidität irgendwie beschafft werden. Wer gibt einem Unternehmen in so einer Situation Kredit? Natürlich eigentlich keiner, außer vielleicht einige bestimmte Stakeholder, bei denen man dann einen sogenannten Massekredit aufnimmt.
Also das heißt, man nimmt dann ein Darlehen auf im Insolvenzverfahren, was man dann ganz speziell besichert, um überhaupt mal die Grundlagen zu schaffen, da auch einen Geschäftsbetrieb am Laufen zu halten. Was natürlich ganz wichtig ist, wenn man sich auch Sanierungsoptionen offenhalten will.
Also sei es durch eine Sanierung des Rechtsträgers selbst oder aber eben auch im Rahmen von einer übertragenen Sanierung auf einen neuen Rechtsträger, weil mit einem Online-Retail-Geschäft, das nicht mehr funktioniert, kann niemand was anfangen. Also insofern spielte da relativ viel in den ersten Tagen so eine Rolle.
Der zweite Aspekt meiner Arbeit, eben diese prozessuale Tätigkeit, da hatten wir auch letztes Jahr einen ganz spannenden Fall, der mir ganz stark in Erinnerung geblieben ist. Wir hatten dort gegen einen Anspruchsgegner einen hohen Titel erwirkt, vom landgerichtlichen Urteil, haben dann begonnen zu vollstrecken.
Das hat nicht so richtig Wirkung gezeigt. Es sind dann aber in der Zwangsvollstreckung auch mit ins Grundbuch gegangen. Also haben wir eine Zwangssicherungshypothek ins Grundbuch gekommen, waren da aber natürlich schon die Fünften oder Sechsten, wenn es reicht.
Es hat dann einer der vorherigen Gläubiger die Zwangsvollstreckung betrieben in dieses Grundstück. Und es kam dann so im Zuge dieser ganzen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu einer Vermögensübertragung. Unser Anspruchsgegner hat einfach relativ geschickt gewisse Dinge noch an seine Frau übertragen.
Wie man das schon mal so hört.
Wie man das schon mal so hört. Und dann war es eben unsere Aufgabe hier als Prozessabteilung, Es stand dann wirklich spitz auf Knopf, weil es war so, wir wussten noch nicht so wirklich, also es ging da um bestimmte Forderungen, die er an seine Frau abgetreten hatte. Und wir wussten noch nicht, ob diese Forderungen schon bezahlt wurden, also ob die schon auf dem Konto sind oder ob die noch bei dem Forderungsschuldner sind und mussten dann sehr, sehr schnell handeln.
Und haben dann tatsächlich auch im einstweiligen Rechtsschutz, auch sowas kommt bei uns ganz oft vor und ist für mich persönlich immer ein Highlight, ich mache sowas gerne, im einstweiligen Rechtsschutz hier innerhalb von einem halben Tag auch Schriftsätze zusammenzimmern müssen. Die trägt man dann selber zu Gericht und schaut, dass sie wirklich sofort beim Richter auf den Tisch landen, weil es ja wirklich um Stunden gehen kann.
Und haben dann tatsächlich es geschafft, diese Vermögenswerte noch zu sichern für die Insolvenzmasse und für die Gläubiger. Und das ist natürlich dann das Sahnehäubchen, wenn sowas auch wirklich funktioniert und wenn man dann einen Erfolg hat mit sowas.
Wenn ich jetzt nicht nur Akten zu Gericht tragen möchte, sondern vielleicht auch mal inhaltlich bei euch reinschnuppern möchte, sei es als Praktikant, Referendarin oder vielleicht sogar, wenn ihr mal gerade eine Stellenausschreibung offen habt, als mehr. Habe ich dann die Möglichkeit dazu? Ihr seid so mittelmäßig groß, oder? Aber wahrscheinlich habt ihr regelmäßig dann doch irgendwie Praktikanten und oder zumindest Referendare.
Ja, haben wir definitiv. Referendare haben wir auch immer wieder. Ich habe ja schon gesagt, ich selber habe ja auch als Referendar angefangen hier bei uns. Also vielleicht sogar auch der erste Stein in einer Karriere dann.
Es ist so, dass wir mit Referendaren und Praktikanten momentan ganz gut ausgelastet sind und wir haben einfach den Anspruch an uns selbst, dass wir Referendare und Praktikanten dann nehmen, wenn wir ihnen noch was bieten können. Das ist mir persönlich auch ganz wichtig, dass dann auch wirklich was zu sehen ist und es ist ja momentan, sprachst es an, es ist etwas ruhig oder es ist etwas wenig los momentan und wir sind ganz gut ausgelastet, aber sonst auf jeden Fall gerne sich melden, auch sonst um Tipps, sehr gerne.
Gerne.
Den Link findet ihr natürlich auch in den Shownotes. Lieber Severin, das hat mir sehr viel Spaß gemacht und ich habe wirklich viel Neues gelernt. Ich danke dir und ich bin mir sicher, dass es unseren Zuhörenden auch so ging. Alles Gute.
Danke dir, hat mich sehr gefreut.
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