Tanja Eichner, ÖD | Hessisches Ministerium der Justiz
Justizstaatssekretärin - Hessisches Ministerium der Justiz - Richterdienst - Arbeitsrecht - Tarifverhandlungen - Beamtenverhältnis - Bewerbungsverfahren Richter - Assessorbrücke Hessen - Besoldung R1 - Digitalisierung Justiz - Elektronische Akte - Fachkräftemangel Justiz - Richterwahlausschuss - Künstliche Intelligenz Justiz - Homeoffice Justiz
In dieser spannenden Folge von "Irgendwas mit Recht" dürfen wir Justizstaatssekretärin Tanja Eichner begrüßen. Erfahrt mehr über ihren Werdegang und wie sie den Weg zur Justizstaatssekretärin meisterte - inklusive ihrem Start bei einem Arbeitgeberverband sowie ihrer anschließenden Tätigkeit als Richterin. Taucht ein in die Welt der Tarifverhandlungen und lauscht unserer Diskussion zur juristischen Ausbildung. Welche Voraussetzungen muss man für den Richterdienst in Hessen in 2023 mitbringen? Wie sieht das Bewerbungsverfahren konkret aus? Was hat es mit der einzigartigen Assessor-Brücke auf sich? Fragen auf diese und viele weitere Fragen erhaltet Ihr in IMR Folge 156 – inklusive wertvoller Insights zur E-Akte und Digitalisierung in der Richterschaft. Viel Spaß beim Zuhören!
Viel Spaß 🎉 und vielen Dank für Euer Feedback! 🙏🏼
Das Hessische Ministerium der Justiz ist das zentrale Organ der Landesverwaltung, das von Wiesbaden aus alle Gerichte, Staatsanwaltschaften und Justizvollzugsanstalten in Hessen steuert. Rund 450 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten im Ministerium selbst, während landesweit mehr als 13.000 Beschäftigte in der hessischen Justizfamilie wirken.
Neben klassischer Rechts- und Personalpolitik treibt das Haus Themen wie die Digitalisierung der E-Akte, Nachwuchsgewinnung und die vielbeachtete „Assessor-Brücke“ voran, die Juristinnen und Juristen einen nahtlosen Weg in den Richterdienst eröffnet. Warum genau das für Berufseinsteiger wie erfahrene Praktiker spannend ist, erfahrt ihr in unserer aktuellen Folge – also Kopfhörer auf und direkt in den Podcast reinhören!
Die juristische Ausbildung ist eine sehr gute Basis, doch das, was heute zählt, ist auch Familie, Freizeit und die passende Work-Life-Balance – das ist wichtiger geworden als früher.
KI-basiert und kann Fehler enthalten.
Herzlich willkommen zu einer neuen Episode Irgendwas mit Recht. Mein Name ist noch immer Marc Ohrendorf und heute sitze ich für euch in Wiesbaden und spreche mit Tanja Eichner. Hallo Frau Eichner.
Ja hallo, grüße Sie Herr Ohrendorf.
Grüße Sie auch. Sie sind Justizstaatssekretärin. Was ist denn das?
Ja, also Justizstaatssekretärin ist quasi die zweite Kraft hinter dem Minister und in dem Fall die Amtschefin, also das Haus des hessischen Justizministeriums. Und das hessische Justizministerium. Wir haben rund 12.500 Beschäftigte, also in der gesamten hessischen Justiz. Und letztlich bin ich mit dem Minister zusammen, sind wir die Vorgesetzten dieser Bediensteten.
Okay, zum einen haben Sie gerade angesprochen, sind Sie sozusagen dann Führungskraft. Welche Aufgaben gehen denn ansonsten noch mit dieser Rolle einher?
Ja, das ist natürlich eine ganz große Vielfalt, eine ganz große Bandbreite der Aufgaben, gerade bei diesen vielen Beschäftigten, die wir haben. Natürlich die Richter sind unabhängig, das muss man auch immer bedenken. Also die Bediensteten sind mir nicht alle weisungsgebunden, stehen mir nicht alle weisungsgebunden gegenüber.
Aber die Bandbreite ist natürlich enorm. Also allein das Haus hier. Viel, viel Personal natürlich. Als Amtschefin bin ich vor allen Dingen fürs Personal zuständig. Jeder Richter, der eingestellt wird, geht bei mir über den Schreibtisch und nicht nur über den Schreibtisch.
Er hat ein Vorstellungsgespräch bei mir. Per Webex führen wir das durch. Ich sehe jede Beurteilung eines Richters im Lande Hessen. Auch die geht über meinen Schreibtisch.
Organisatorische Fragen wie das Homeoffice. Im ganzen Land Hessen?
Also bis in jedes Amtsgericht rein?
Ja, die Beurteilungen werden hier eingereicht, zur Personalakte gegeben und ich sehe sie auch vorher. Aus- und Fortbildung ist ein großes Thema. Jede Beförderungsentscheidung eines Richters oder Staatsanwalts geht über meinen Schreibtisch.
Dann haben wir die ganze Bandbreite des Zivilrechts und Strafrechts, Gesetzesinitiativen. Auch das läuft hier im Haus, auch das läuft über meinen Schreibtisch, letztlich zusammen mit dem Minister. Wir haben das Justizprüfungsamt.
Auch das ist ein heikles Thema für viele Zuhörer. Wir haben natürlich die ganzen Justizvollzugsanstalten, für die am Ende auch die verantwortlichen Entscheidungen vom Minister und von mir getroffen werden müssen. Also von daher auch das ein großes, großes Feld mit rund 3000 Bediensteten und ja, also von daher eine ganz, ganz große Bandbreite.
Wie lange sind Sie jetzt in dieser Rolle?
Ich bin in dieser Rolle seit zehn Monaten, seit genau 31. Mai 2022. Da war die Wahl von Boris Rhein zum neuen Ministerpräsidenten und da bin ich ins Amt eingeführt worden.
Wir gehen gleich noch mal ein bisschen näher auf diese Tätigkeit ein, machen jetzt aber mal erst einen kleinen Schlenker, was Ihren Lebenslauf angeht. Mich würde aber, weil ich Sie da doch nicht so einfach davon kommen lassen möchte, ganz kurz interessieren, Wie war das vor zehn Monaten, als Sie, ich vermute, den Anruf bekommen haben und gefragt wurden, sagen Sie, haben Sie nicht Lust auf die Position?
Ja, der Anruf kam natürlich ein bisschen vor den zehn Monaten, weil da habe ich ja direkt gestartet. Also von daher, ja, ein bisschen früher, aber vielmehr war es auch nicht. Ja, als der Anruf kam, es war überraschend.
Ich war so mitten in meiner Tätigkeit, damals noch im hessischen Innenministerium, stellvertretende Abteilungsleiterin und Referatsleiterin Arbeits- und Tarifrecht, mitten in meinen Tarifthemen drin. Wir hatten noch die Tarifrunde ausgewertet und dann kam dieser Anruf mit der Frage, wollen Sie nicht zurück zur Justiz? Denn da waren ja auch mal meine Wurzeln.
Wissen Sie noch, wann das war? War das vormittags oder abendtags?
Das war an einem späten Vormittag. Naja, okay.
Ja, kurz vor Lunch sozusagen.
Ja, an einem späten Vormittag und dann die Frage, ob ich mal zum Gespräch mich einfinden wolle, zu einem persönlichen Gespräch und das habe ich dann auch getan.
Okay, so trivial aber doch selten kann es dann einfach schon mal passieren.
Ja, genau.
Okay, Sie haben gerade schon angedeutet, Ihre Wurzeln waren ja auch mal in der Justiz. Wir gehen noch ein bisschen tiefer, um sozusagen im Bild zu bleiben. Warum haben Sie überhaupt mal Jura studiert?
Warum habe ich mal Jura studiert? Ja, weil mich eigentlich in der Schule sehr die Politik interessiert hat und auch ein bisschen so das menschliche und gesellschaftliche Zusammenleben. Und das muss ich sagen, war so der Anknüpfungspunkt für mich tatsächlich Jura zu studieren.
Ich hatte auch einen Onkel, der Jurist war, in der Bayerischen Staatsverwaltung tätig war. Und mit dem hatte ich immer einen sehr, sehr guten Austausch und das hat mich inspiriert und dann habe ich mich letztlich für das Jura Studium entschieden, obwohl ich eigentlich aus einer Ärztefamilie komme.
Meine Schwester auch Ärztin wurde, mein Vater Arzt war, aber insofern, ich hab eher an meinen Onkel angeknüpft und bin dann Juristin geworden.
Wo haben Sie studiert?
Ich hab in Mainz studiert und noch ein Auslandsjahr in Lausanne und Genf gemacht.
Ah ja, okay. Gut, Mainz, kommen Sie hier aus der Gegend?
Ja, ich komme aus der Gegend, genau aus Groß-Gerau eigentlich.
Okay, also das hat sich angeboten, Mainz, Wiesbaden, okay, verstehe.
Ja, meine Mutter ist gebürtige Mainzerin.
Ah, ja, ja, ja, okay. Wir gehen jetzt auf keinerlei Fäden irgendwo ein, wir beschäftigen uns mit anderen Themen. Okay, gut. Referendariat dann wo?
Referendariat habe ich auch in Rheinland-Pfalz gemacht, Landau, Landgericht Landau in der Pfalz. War eine tolle Zeit. Ich habe auch dort zum Teil gewohnt, wunderschön in einer Weingegend. Also abends neben mir war ein Weingut. Ja, ja, ja. Hat man sich auch immer mal zur Weinprobe eingefunden. Also sehr, sehr nett und dörflich mit der Nachbarschaft vor Ort.
Schön. Und dann haben Sie sich überlegt, Anwaltschaft ist es vielleicht nicht ganz so für Sie persönlich. Sie wollten was anderes machen, stimmt's?
Ja, ich wollte im Prinzip, ich hatte im Referendariat kennengelernt, das Arbeitsgericht in Mainz. Da hatte ich auch eine Station gemacht und muss sagen, es hat mir sehr gefallen, diese neutrale Tätigkeit, dieses Sprechen von Recht im Namen des Volkes und nicht diese parteiliche Tätigkeit. Und insofern habe ich da gemerkt, das würde mir gut liegen und wollte Richterin werden.
Warum im Arbeitsrecht?
Ja, Arbeitsrecht habe ich im Studium, muss ich sagen, entdeckt, relativ spät auch. Im ersten Examen hatte ich Wahlfach Internationales Privatrecht. Hat mir nicht so ganz gefallen.
Und dann bin ich im zweiten Examen gewechselt aufs Arbeitsrecht. Und das hat mir sehr, sehr gut gefallen. Und muss sagen, hab dann den Fachanwaltslehrgang Arbeitsrecht gemacht, die Wahlstation beim Arbeitsgericht in Mainz und auch noch bei einem großen Unternehmen in der Arbeitsrechtsabteilung.
Das hat mir sehr, sehr gut gefallen. Und dann bin ich dann geblieben.
Das wurde dann aber erst mal zumindest nichts mit der Richtertätigkeit.
Nein, leider nicht. Also ich hatte jetzt mein zweites Staatsexamen, hätte auch die erforderlichen Noten gehabt, habe dann hier angerufen im hessischen Justizministerium und damals war die Aussage, ja liebe Frau Aichner, im Moment leider keine Plätze frei in der hessischen Arbeitsgerichtsbarkeit, wo ich ja unbedingt hin wollte. Ich wollte Arbeitsrecht machen und sagte ich, das ist aber jetzt sehr schade und ich bekam dann die Empfehlung, naja gehen sie doch mal in die Praxis, machen sie noch was anderes und wenn wieder was freies melden wir uns.
Naja, gesagt getan.
Ist das eigentlich auch heute noch so? Kann das schon mal passieren oder gibt es einfach so viele Stellen, jetzt ja gerade auch, weil die Generation so ein bisschen in den Ruhestand wechselt, dass dieser Fall seltener vorkommt?
Ja, im Moment haben wir eigentlich viele Stellen frei, aber doch nicht in jeder Gerichtsbarkeit. Also heute wäre wieder das Arbeitsrecht ein Problem. Also wenn sich heute Menschen bewerben, dann fragen wir, ob die nicht auch bereit sind, woanders anzufangen. Zum Beispiel in der Zivilgerichtsbarkeit, in der ordentlichen Gerichtsbarkeit.
Und die werden dann sozusagen ein bisschen vorgemerkt in Anführungszeichen.
Ja, gedanklich kann man mal vormerken, wenn was frei wird, aber erstmal im Moment ist auch da nichts möglich.
Ja, ja, ok.
Also eine ähnliche Situation wie bei mir damals.
Okay, und dann sind sie wohin gegangen?
Dann habe ich gesagt, okay, dann machst du doch das, was dir empfohlen wird und guckst mal, was daraus wird. Und ich habe mich dann beworben bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Hatte da eine Empfehlung auch schon aus dem Referendariat, habe gesagt, okay, dann nutzt du die mal.
Habe mich dort beworben und wurde auch genommen. Das ist so eine Art, ja, Geschäftsführer-Nachwuchsprogramm hieß das und war so eine Art Trainee-Programm, so würde ich es vielleicht jetzt einfach nennen wollen. Ja, und über dieses Trainingsprogramm habe ich dann verschiedene Stationen absolviert.
Die erste war in Frankfurt bei einem Arbeitgeberverband, die nächste in Berlin und die dritte in Hannover, sodass ich in der Summe knapp zwei Jahre dort tätig war.
Was haben Sie da dann gemacht?
Ja, da war ich in der Rechtsabteilung der jeweiligen Verbände vor Ort und habe dort Unternehmen, oft auch sehr große Unternehmen im Arbeitsrecht beraten und Prozesse geführt.
Interessant.
Arbeitsgerichtliche Prozesse geführt, Schriftsätze abgefasst, verfertigt.
Also doch erstmal anwaltliche Arbeit.
Ja, so gesehen ja.
Ja, okay. Gut, Sie haben gerade gesagt, Sie waren zwei Jahre da. Dann ging es für Sie aber doch zur Justiz.
Ja, dann kam der Anruf der Erbsehnte und tatsächlich, dann rief man an und sagt, so liebe Frau Aichner, jetzt ist eine Stelle auch in der Arbeitsgerichtsbarkeit frei und haben Sie noch Interesse. Dann habe ich mich sehr gefreut, weil das wollte ich eigentlich die ganze Zeit.
Ich habe tatsächlich in dem Verband, war auch nachher sehr enttäuscht, immer in einer Verbandswohnung gewohnt, wo man sagte, das hat noch nie ein Jurist so lange gemacht. Zwei Jahre in einer ganz kleinen Einzimmerwohnung direkt gegenüber vom Verband liegend, weil ich immer wartete auf diesen Anruf.
Also ich habe da schon sehr drauf gewartet und habe dann dort gekündigt. Bin zuletzt dann eben von Hannover dann gewechselt nach Darmstadt. Das war meine erste Station zum Arbeitsgericht und bin dort ein Jahr geblieben und war dann noch drei Jahre in Frankfurt, bevor ich auf Lebenszeit zur Arbeitsrichterin ernannt wurde.
Das haben hier sicherlich die einen oder anderen auch schon mal gehört, aber ganz kurz. Also man ist erst mal Richter auf Probe und dann irgendwann wird man zur Richterin oder zum Richter auf Lebenszeit ernannt. Nach drei Jahren regelmäßig?
Dreieinhalb Jahren.
Dreieinhalb Jahren. Okay. Ja und dann haben Sie das einfach 25 Jahre lang gemacht? Nee, nicht ganz.
Nein, nicht ganz. Nein, nein. Ich hatte also die vier Jahre jetzt, war Richterin auf Lebenszeit, bis dann im Prinzip eine Kollegin, eine ehemalige Studienkollegin mich anrief, die hier in der hessischen Landesverwaltung angefangen hatte, im Innenministerium tätig war und sagte, du bist doch so interessiert am Arbeitsrecht. Ja, ja, und jetzt bist du auch Lebenszeitrichterin geworden.
Ja, willst du denn nicht mal zu uns kommen? Wir suchen jemanden im Arbeits- und Tarifrecht.
Verstehe.
Ja, dann habe ich gesagt, naja stimmt, ich bin jetzt Lebenszeitrichterin, eine Abordnung kann man ja auch machen als Richterin. Ist ja völlig unverbindlich, mit einer Art Rückfahrt-Ticket und habe mich dort beworben und habe die Stelle bekommen.
Und mal so ganz praktisch, wie läuft das dann? Also das war jetzt erstmal im Rahmen einer Abordnung, das heißt da hätten sie einfach wieder zurückgehen können.
Genau.
Aber irgendwann mussten sie sich wahrscheinlich dann entscheiden? Oder wie muss man sich das vorstellen?
Genau. Ich habe dann eine Abordnung gemacht und dort auch Tarifverhandlungen dann begleitet. Naja und irgendwann war halt die Frage, was machst du jetzt? Man sitzt ja irgendwo zwischen den Stühlen. Man ist irgendwie beim Gericht ist man weg, wird aber dort noch geführt, Personalakten mäßig.
Ja im Innenministerium, wo ich ja eigentlich gearbeitet habe, war ich aber irgendwie nie richtig da formal. Also man sitzt irgendwo zwischen den Stühlen. Und dann irgendwann kam halt die Frage, was willst du überhaupt jetzt mal machen? Wo willst du jetzt in den nächsten Jahren einfach sein? Naja und dann hat man mir angeboten, mich zu übernehmen auf einer Beamtenstelle im Innenministerium, verbunden mit einer Referatsleitung.
Und ja, dann habe ich doch nach einer gewissen Bedenkzeit zugesagt und bin dann vom Richterverhältnis ins Beamtenverhältnis gewechselt.
Was man finde ich betonen muss, was geht. Man sagt ja häufig, naja okay, schau mal, dann bist du halt Richterin und so ist es dann. Aber auch in dem Zusammenhang, ich nehme mal an, auch ohne Abzüge, irgendwie was die Altersvorsorge angeht und so weiter, da gibt es sozusagen eine gewisse Durchlässigkeit. Jedenfalls von der Richterschaft ins Beamtenverhältnis.
Ja, da gibt es, also da gibt es dann, ja da gibt es, also es ist nicht hundert Prozent identisch, sondern sie werden dann, wird geschaut, was haben sie als Richter verdient und dann sucht man die äquivalente Besoldung und dann werden sie dorthin überführt.
Okay, also relativ.
So dass sie ohne Verluste das im Prinzip machen können.
Okay, interessant, weil ich finde das ist ein Punkt, der war mir vorher zumindest auch noch gar nicht unbedingt so klar. Das ist eigentlich auch ein Vorteil der Richterschaft natürlich, dass man immer noch die Möglichkeit hat, selbst nach ein paar Jahren dann wieder, wenn man andere Herausforderungen sucht, was anderes zu machen.
Was war denn für Sie ausschlaggebend, wenn Sie immer sozusagen diesen Wunsch hatten Richterin zu werden, was hat sich denn verändert in den vier Jahren, dass Sie dann gesagt haben, ich gehe glaube ich doch nochmal zum Innenministerium?
Ja, also ich hatte jetzt die Richtertätigkeit gemacht, das ist natürlich im Prinzip eine objektive Tätigkeit. Was mir so ein bisschen gefehlt hatte war so das Gestalten können. Also gestalten können bevor eigentlich ein Sachverhalt abgeschlossen ist.
Das ist ja das, was ich als Richter getan habe. Es war ein fertiger Sachverhalt da, der wurde mir vorgetragen und ich habe über diesen Sachverhalt entschieden. Was mir so ein bisschen gefehlt hatte, war das Gestalten können und das habe ich da in den Tarifverhandlungen natürlich gehabt.
Ich war natürlich sehr parteiisch wieder tätig, das schon, das Objektive fehlt dann. parteiisch auf Arbeitgeberseite. Mein Gegenüber waren die Gewerkschaften, Sie haben gerade Verdi erwähnt, ja genau, auch das, die saßen mir gegenüber, das ist mein Gegenüber, aber ich konnte gestalten.
Wussten Sie, als Sie sich für die Rolle entschieden haben, schon das Tarifverhandlung, was ich ein sehr, sehr spannendes Thema finde, wo wir vielleicht gleich nochmal ganz kurz rein einsteigen sollten, dass das dann wesentlicher Bestandteil Ihrer Tätigkeit sein wird? Ja. Ja, okay.
Ja.
Okay. Das heißt, da waren Sie sozusagen auch die Frau unter anderem für die Tarifverhandlungen. Wie muss man sich das eigentlich vorstellen? Wir haben ja heutzutage wieder irgendwo öffentlichen Arbeitskampf, die Medien sind involviert, wir sehen es gerade bei der Deutschen Post. Auf dem Weg hierhin bin ich an der Verdi-Demonstration vorbeigekommen.
Wie läuft das so ab hinter den Kulissen? Auch wenn es eine sehr allgemeine Frage ist. Vielleicht können Sie eine etwas konkretere Antwort geben.
Ja, also sehr ritualisiert. Sehr ritualisiert? Sehr ritualisiert. Also wenn man meint, es ist spontan, wenig ist da spontan, es ist sehr ritualisiert. Ja, das fängt schon damit an, dass man weiß, ein Tarifvertrag wird gekündigt zu einem gewissen Termin.
Also kann man sich schon darauf einstellen, das weiß man in der Regel, wenn man schon abschließt, wird eine Kündigungsfrist vereinbart, für insbesondere in zwei Jahren laufen die Entgelttabellen aus, Da kann man sicher davon ausgehen, dass die Gewerkschaftsseite kündigen wird. Also kann ich mich schon zwei Jahre vorher darauf vorbereiten.
Also es ist nicht wirklich spontan. Naja, dann weiß ich, es wird eine Forderung kommen. Die Forderungen sind auch immer in ähnlicher Höhe. Auch das kann man relativ ritualisiert vorhersehen.
Natürlich so, dass immer noch Verhandlungspotenzial drin ist, sprich sie sind deutlich höher als der Abschluss später sein wird.
Brauchen sie ja auch, weil ansonsten würden sie sich ja eine Verhandlungsreputation aufbauen, jetzt auch von der Gegenseit, wenn sie das sofort akzeptieren würden, dass es damals durchgegangen ist, dann wird es ja über diese verschiedenen Runden hinweg immer höher werden. Also so muss es sich ja gegenseitig auch sozusagen austarieren.
Ganz genau, man muss ja auch letztlich seine Mitglieder mobilisieren, insofern das gehört dazu und man braucht ja auch Verhandlungspotenzial. Wenn ich natürlich jetzt schon zu klein anfange als Gewerkschaft, ja dann gibt es ja auch nichts mehr zu verhandeln.
Klar.
Also von daher, klar muss eine ordentliche Forderung auf den Tisch gelegt werden, das wird es in der Regel auch, auch das kann man vorhersehen. Und meistens lauft es halt ein Jahr, aber eine ordentliche Prozentszahl dahinter und so fängt man an.
So und dann beginnt das mit einem Auftakttermin. In einem Fall war dann immer der hessische Innenminister dabei, hat dann diese Verhandlung eröffnet mit den Spitzen, Verdi-Spitzen und DBB-Spitzen aus Berlin, die sind dann gekommen und dann hat man zunächst mal dort kurz verhandelt. Das war dann immer so eine Stunde, zwei Stunden, sehr ritualisiert.
Man hat sich die Forderungen oder das, was man bereit ist zu geben, mal kurz an den Kopf geworfen. So und dann ging es in die Fachgespräche.
Was heißt das, dann ging es in die Fachgespräche?
Das war dann die Aufgabe von mir und meinem Team. Ich habe da ein tolles Team gehabt. Von mir und meinem Team. Und wir haben dann die Gespräche geführt und versucht genauer auszuloten, was wollen die haben, was wollen die neben dieser prozentualen Erhöhung wirklich haben und was ist denen wirklich wichtig und was können wir auch geben.
Also typisches Verhandlungsmanagement, kategorisieren, was sind absolute Must-Haves, wo gibt es vielleicht auch wertschöpfende Optionen, dass man was findet, was die haben wollen, was man vielleicht auch relativ einfach hergeben kann und so dann am Ende den Weg ebnen in ein für alle akzeptables Ergebnis.
So ist das, genau.
Abschließende Frage zu diesem Komplex. Ist es eigentlich ein guter Vergleich, sind ja am Ende des Tages auch Vergleiche, wenn man so möchte, wenn alle zufrieden sind oder wenn alle ein kleines bisschen unzufrieden damit sind?
Alle müssten an ihre Schmerzgrenze gegangen sein. Das sind wir in aller Regel und ich glaube auch in vielen Fällen die Gewerkschaften. Aber es muss so sein, dass am Ende des Tages alle damit leben können.
Der Erfolg wurde auch immer von allen gefeiert, weil wenn man unterschrieben hat, dann war es ja ein Erfolg. Auch wenn es natürlich irgendwo jede Abstriche machen musste, aber das ist wie gesagt Verhandlungen immanent und war natürlich auch den Forderungen schon immanent.
Wo jeder weiß, sie sind natürlich höher als der Abschluss sein wird.
Gut. Wie lange haben Sie das gemacht? Die ganzen 15 Jahre? Wahrscheinlich kamen dann noch ein paar andere Aufgaben dazu, oder?
Ja, aber das war schon eine Hauptaufgabe in meinen 15 Jahren im Innenministerium. Natürlich, was noch da anfiel, war die ganzen Grundsatzfragen im Arbeitnehmerbereich. Man muss wissen, das Land Hessen hat rund 50.000 Beschäftigte und auch für diese 50.000 Beschäftigten haben wir die Tarifverhandlungen geführt.
Wir haben auch neben diesen Tarifverhandlungen, Ver.di und Beamtenbund, haben wir noch Ärzte an den beiden Universitätskliniken. Auch dort haben wir die Tarifverhandlungen geführt. Also insofern ein buntes Spektrum.
Ja klar und wenn das dann immer für einige Jahre gilt, fängt das ja sozusagen auch immer wieder von vorne an.
Ja und zwischendrin sind halt arbeitsrechtliche Grundsatzfragen zu entscheiden gewesen, also sprich Fragen, die im Prinzip große Gruppen von Beschäftigten betreffen oder auch, und da hatte ich immer wieder einen Anknüpfungspunkt zur Justiz, natürlich Grundsatzrechtsstreite. Also Rechtsstreite mit Auswirkungen in Millionenhöhe, die sind tatsächlich dann über das Innenministerium auch gelaufen, arbeitsrechtlicher Natur und wurden dort eng begleitet und zum Teil habe ich auch die Schriftsätze selbst geschrieben.
Gut, dann... Kat, soviel zu ihrem sehr interessanten Lebensweg. Jetzt würde mich ihr Blick als Justizstaatssekretärin auf die aktuelle Situation sehr interessieren. Natürlich auch hinsichtlich des juristischen Nachwuchses und Sie haben ja eben schon gesagt, Sie sind entsprechend auch sehr involviert bei der Einstellung vieler Richterinnen und Richter.
Fangen wir mal vorne an. Wie blicken Sie denn gerade auf die juristische Ausbildung und so generell vielleicht auf die Generation der nachwachsenden Juristinnen und Juristen?
Ja, ich denke die juristische Ausbildung ist nach wie vor sehr gut. Man hat ja auch ein bisschen was geändert zu der Zeit, zu mir schon ein bisschen was entschlackt. Aber ich denke, das ist tatsächlich immer noch eine sehr, sehr gute Basis für eine juristische Tätigkeit.
Klar ist natürlich auch, das fachliche Wissen, das wird erworben im ersten Staatsexamen, auch im zweiten Staatsexamen, im Referendariat kommt ja schon so die praktische Tätigkeit hinzu. Trotzdem, vieles muss man natürlich sich selber nachher noch anereignen.
Und inwiefern unterscheiden sich, also man liest ja im Moment überall Generation Z und keiner will mehr arbeiten, was ich für absolut falsch halte. Aber vielleicht ändert sich ja doch gewissermaßen ein Mindset in der Generation. Stellen Sie da Änderungen fest über die letzten Jahre oder ist das mehr ein Stuhl mit einem Wasserglas?
Ja, also die Qualifikationen sind nach wie vor gut. Wir haben tolle Leute, richtig motivierte Leute, aber der Aspekt Familie hat einen deutlich höheren Stellenwert als das vielleicht vor 20, 30 Jahren noch der Fall war. Familie, auch der Aspekt der Freizeit und Freihaben spielt eine deutlich größere Rolle als vielleicht wie gesagt vor 20 Jahren, wo der Beruf über vielem stand.
Ist das nicht auch ein Thema, das man vielleicht auch vor ein paar Jahren schon ähnlich gedacht hat, aber es vielleicht auch einfach nicht so sehr geäußert hat, weil man sich da heute ein bisschen mehr traut und ein bisschen transparenter zu sein?
Ja, ich glaube das liegt auch ein bisschen daran, dass vor 20 Jahren, also ich musste lange warten auf meine Stelle und das ging ja auch vielen anderen so. Das war einfach ein Markt, wo natürlich der Arbeitgeber konnte sich aussuchen, die Bewerber.
Heute sprechen wir von Fachkräftemangel in allen Bereichen. Auch die Justiz sucht viel gutes Personal und das ist eine andere Situation. Also im Prinzip, die Arbeitgeber bewerben sich um die Bewerber. Die Lage ist genau umgedreht.
Und ich glaube, da kann man auch viel eher mal Bedürfnisse oder das, was man gerne hätte, kann man viel einfacher und besser äußern, als das vielleicht in der anderen Situation der Fall war.
Ja, was muss man denn mitbringen, um heute in Hessen Richter oder Richterin werden zu können? Zumindest mal was die Noten angeht. Es spielen natürlich auch andere Faktoren eine Rolle, nehme ich an.
Ja, die Noten. Also man muss mitbringen 15 Punkte in dem ersten und beiden Staatsexamen zusammengerechnet. Kombiniert. Ja, alles andere wäre dann doch etwas viel verlangt. 15 Punkte zusammengerechnet. Im zweiten Staatsexamen mindestens 7,5 Punkte. Ausnahmsweise geht auch sieben Punkte in besonderen Situationen, wenn ich zum Beispiel schon besondere Vorerfahrungen habe.
Was wäre das zum Beispiel?
Ja, ich habe in dem Gebiet vielleicht schon mal eine gewisse Zeit lang gearbeitet. Oder, das machen wir auch durchaus, ich habe wirklich vielleicht mehrere Empfehlungen auch aus dem Referendariat heraus, auch das kann mal eine Ausnahme rechtfertigen.
Okay, gut. Also sieben Punkte mit mindestens, 15 Punkte mit mindestens 7,5 in Ausnahmefällen, sieben im zweiten. Ist das der einzige Faktor, der entscheidet bei der Einstellung? Ich vermute ja nicht.
Nein, das ist erstmal die fachliche Seite. Die ist für mich und für uns belegt mit den beiden Staatsexamina. Also wenn wir dann Bewerbergespräche machen, wird das auch nicht mehr abgefragt, sondern das wird als gegeben vorausgesetzt und ist ja hinreichend dokumentiert durch die beiden Examina.
Das finde ich gut und wichtig, denn... Wenn Menschen so lange studiert haben, dann in ein Fachgespräch, gerade im ersten Gespräch einzusteigen, finde ich persönlich schwierig. Ich finde das genau so schön und behandle das auch mit unseren Einstellungen so, dass man dann ja auch den Menschen kennenlernen möchte, der jetzt eben in den letzten x Jahren diese Hürden ja eben schon nachweislich übersprungen hat.
Ja genau, darum wird es gehen und darum geht es auch. Also wenn dann die Noten da sind und das Bewerbungsverfahren, das geht bei uns auch sehr sehr schnell, also wenn die Unterlagen da sind. Was man einreichen muss ergibt sich aus dem Internet, das ist besondere Lebenslauf, es ist mal die Staatsexamina in Kopie, auch ein Formular muss man noch ausfüllen.
So wenn man das alles gemacht hat und dann eingeladen wird, das geht innerhalb von wenigen Tagen, hat man ein Gespräch in der Personalabteilung hier im Haus, ein persönliches Gespräch.
Wenige Tage. Ich will es nur nochmal betonen, wir reden hier über den Staat und da gibt es ja viele Verurteile, aber Sie kriegen das in wenigen Tagen hin, da eine Rückmeldung zu geben.
Wenige Tage. In wenigen Tagen gibt es nicht nur eine Rückmeldung, in der aller Regel auch das Gespräch.
Okay, wow.
Ja, die Leute sind also dann da, geht sehr schnell und dann findet ein Gespräch statt mit in der Regel einem Mitarbeiter, einer Mitarbeiterin hier in der Personalabteilung und da wird die Person nochmal ins Gespräch genommen und besprochen, was für die Motivation war für das natürlich Richter-Dasein, so die persönlichen Eigenschaften ein bisschen abgeklopft. So und wenn das Gespräch dann gut gelaufen ist, dann geht es in dem nächsten Schritt zu einem Bewerbergespräch bei mir.
In Hessen ist das traditionell beim Staatssekretär in der zweiten Ebene verortet. Ich mache das immer noch aus der Corona-Zeit heraus. Mein Vorgänger hat das hier so gemacht im Amt per Webex.
Ist für die Bewerber auch angenehmer. Die müssen nicht nochmal anreisen, macht da ein Webex-Gespräch und schaut mir auch nochmal die Bewerber an. So und wenn das erfolgreich ist, gebe ich grünes Licht und dann geht es in den Richterwahlausschuss.
Was fragen Sie denn dann in so einem Gespräch?
Ja, mir geht es wie gesagt um die Eigenschaften. Ist jemand kritikfähig? Was sind so die Stärken und Schwächen? Kann jemand Stress aushalten? Weil natürlich der Richterberuf gerade am Anfang bedeutet schon Stress. Es sind viele Akten und im Vergleich dazu nicht so viel Zeit.
Schafft das jemand? Was sind die Konzepte? Also das sind so durchaus gängige Fragen von mir.
Und dann gibt es einen Richterwahlausschuss.
Dann gibt es den Richterwahlausschuss. Der Richterwahlausschuss, der tagt dann auch nochmal. Da sitzen dann Landtagsabgeordnete, noch Vertreter der Gerichtsbarkeit und der Präsident einer der beiden Rechtsanwaltskammern in Hessen. Und die müssen auch noch grünes Licht geben.
Ist das nicht ab und zu so ein Timing-Problem, weil der Richterwahlausschuss ja nur periodisch, ich weiß nicht genau wie oft, tagt, viermal im Jahr?
Ja, in der Regel viermal im Jahr.
Also dass wenn man aus dem Referendariat vielleicht gerade rauskommt, man da eine relativ lange Wartezeit dann hätte. Da haben Sie sich aber was überlegt, stimmt's?
Ja, da habe ich mir was überlegt und das haben wir auch tatsächlich jetzt schon mal gestartet.
Was denn?
Das Modell heißt Assessorbrücke.
Mhm.
Assessorbrücke einfach deshalb, ich habe das Assessorexamen, das zweite Examen und Ich brauche jetzt eine Brücke. Bis zur Einstellung in den Richterdienst. Also Assessorbrücke, Wallbrücke bis zur Einstellung in den Richterdienst.
Und ja, das ist ein befristetes Arbeitsverhältnis beim Land Hessen. Während des Bewerbungsverfahrens, also wenn dann nach dem Bewerbungsgespräch im Justizministerium eine Pflicht gegeben wurde, kann der oder diejenige sagen, okay, ich möchte gerne schon mal eingesetzt werden in der Justiz. Und dann wird versucht tatsächlich zu schauen, dass dort wohl derjenige auch hinkommen wird.
Dass er dort bereits anfangen kann auf Basis eines befristeten Arbeitsvertrages, Bezahlung aber so wie ein Jurist im Landesdienst. Und dann, wenn die Zusage kommt, Richterwahlausschuss erfolgreich war, die Einstellung erfolgt, in dem Moment endet der befristete Arbeitsvertrag und derjenige wird Richter oder Staatsanwalt.
Und löst ein ganz praktisches Problem, dass man vielleicht auch einfach in der Zwischenzeit Geld verdienen muss.
Ja, einmal das Geld verdienen, haben mir jetzt auch einige gesagt. Wir hatten jetzt fünf Personen hatte ich gerade vorletzte Woche eingeladen. Das waren die ersten fünf. Das Ganze haben wir seit 1.1.23 am Laufen.
Und die ersten fünf hatte ich eingeladen, wollte mal hören, wie es denn so gewesen ist. Die sind jetzt eingestellt worden in den Richterdienst. Wie war es denn? Und das eine war, ja Geld verdienen.
Wir wären sonst irgendwo anders hingegangen, hätten halt wieder kündigen müssen, aber so richtig erfüllend wäre es halt auch nicht gewesen, so als Zwischenlösung. Und vielfach war aber auch die Motivation, ich will schon mal gucken, wo fange ich denn eigentlich an?
Ja, nicht schlecht.
Da wurde mir auch berichtet, ja man hat die Akten teilweise schon gelesen, die man dann ab der Einstellung auf dem Tisch haben wird. Man hat sich schon mal befassen können mit der elektronischen Akte vor Ort.
Man hat einfach schon mal geschaut, wo sind die Kollegen, wo ist im Gebäude was. Einfach sich schon mal einfinden. Also alle haben durchgängig geschildert, es war äußerst positiv.
Die Dienststellen wiederum, die ich auch befragt hatte, haben genau das gleiche zurückgespiegelt. Also wir werden das Ganze jetzt auf jeden Fall fortführen, weil so die ersten Rückmeldungen sind sehr, sehr positiv.
Gut, sprechen wir noch ein kleines bisschen über Geld. Sie haben auch, diese Folge erscheint im April 23, zum 1.4. Die Besoldung etwas angehoben für Richterinnen und Richter. Also die R1 Besoldung, stimmt's?
Ja, die haben wir jetzt nochmal angehoben und zwar deutlich angehoben. Wir haben die ersten beiden Stufen in der R-Besoldung einfach gestrichen. Also ich fange jetzt heute nicht in der R1 Stufe 1 an.
Sondern sie fangen in der R1 Stufe 3 an. Es wird so getan, als ob sie schon eine gewisse Berufserfahrung hätten, obwohl sie die als Neuling gar nicht haben.
Was macht das aus monetär ungefähr?
Ja, also in der Summe, sie kriegen jetzt rund 4.900, Euro zuzüglich noch Familienzuschlag fürs Verheiratetsein oder Kinderzuschlägen, wenn sie Kinder haben. Und insgesamt, das ist eben das Schöne, ist Hessen jetzt bundesweit auf Platz 2 im Ländervergleich mit dieser Bezahlung für Berufseinsteiger hinter Bayern.
Und das muss man auch immer dazu sagen, man kann jetzt nicht, sagen wir mal rund 5000 Euro mal 12 rechnen und das beim Brutto-Netto-Rechner irgendwo online eingeben und schauen was hängen bleibt, weil eben aufgrund dieses nicht Beamtenverhältnisses, aber Richterverhältnisse, was dann ja relativ ähnlich in den Sozialabgaben funktioniert, einfach ein anderes Netto vom Brutto hängen bleibt auf gut
Deutsch.
Ja, da bleibt viel mehr hängen, weil die Sozialversicherungsabgaben, die haben sie ja nicht, die sie im normalen Arbeitnehmerverhältnis haben, gerade die Rentenversicherung schlägt nicht zu Buche, sondern sie haben ja nachher die Beamtenversorgung, die aber on top kommt.
Und andere Ansprüche, was irgendwo Rente bzw. Ruhestand im Allgemeinen, je nachdem wie es dann auch immer heißt, angeht, die dann ja auch kaum vergleichbar sind mit dem, was man zumindest in der staatlichen Rente irgendwie erwirtschaften könnte.
Ja, das ist richtig. Also die beamtenrechtliche und richterrechtliche Versorgung ist natürlich schon was anderes.
Ja, das muss man, finde ich, fairerweise immer dazu sagen. Umgekehrt werden dann ja natürlich auch woanders ganz andere Gehälter irgendwie erstmal groß außen dran geschrieben. Aber wenn man diese Rechnung macht, muss man, finde ich, auch alles entsprechend mit einbeziehen.
Sie haben gerade eben die elektronische Akte angesprochen und damit würde ich ganz gern auf die Zielgerade unseres Gesprächs einbiegen. Wie sieht es denn aus mit der, und wir machen irgendwann nochmal was zum Thema Justizprüfungsamt sehr sehr gerne, weil ich weiß wir werden Nachfragen dazu kriegen, aber das lassen wir heute außen vor.
Wie sieht es denn aus mit der Digitalisierung? Der Richterschaft. Wird viel darüber gesprochen, aber wie ist denn die Innensicht? Was findet denn tatsächlich statt?
Ja, also im Moment findet da richtig viel statt. Als ich hier angefangen habe am 31. Mai war eine der ganz großen Aufgaben, und da bin ich auch mitten hineingeworfen worden, ein laufendes Projekt zur elektronischen Akte.
Sämtliche Gerichte in Deutschland müssen bis 31.12.2025, die elektronische Aktenführung haben. Und das ist wirklich eine Zeitenwende. Man muss sich vorstellen, die Gerichte arbeiten ja schon immer mit Papier. Gerichtsakten sind Papierakten, die schickt man hin und her.
Nein, das wird ein Ende haben, sondern man wird ausschließlich digital arbeiten. Es wird keine Papierakten mehr geben. So ist das gesetzlich vorgegeben und das gilt es natürlich jetzt umzusetzen. Gut, da sind wir mitten dabei.
Die ersten Gerichte arbeiten bereits so, mit neuen Verfahren und das wird jetzt zunehmend werden alle Gerichte im Land Hessen umgestellt, ist in anderen Bundesländern genauso. Die Richter bekommen alle Tablets, die Tablets nehmen sie mit nach Hause, die Tablets haben sie an ihrem Richterdienstarbeitsplatz und die Tablets nehmen sie zukünftig auch mit in den Gerichtssaal.
Die machen sie in ihre Dockingstation rein, an den Wänden hängen Monitore und so wird die Gerichtsverhandlung geführt.
Das klingt erstmal so, als würde es beispielsweise Homeoffice auch deutlich einfacher machen.
Das ist auch der Fall. Bei den Richtern war ja schon immer die aufgrund der richterlichen Unabhängigkeit die Möglichkeit gegeben, aber es macht insgesamt leichter. Also nicht nur für den Richter, auch für die Serviceeinheiten.
Auch die können jetzt deutlich besser und einfacher im Homeoffice arbeiten, wenn die elektronische Akte da ist, aber letztlich auch für den Richter. Denn wenn der Richter die Akte zu Hause hatte oder hat... Ja, dann ist die Serviceeinheit im Gericht, kann daran nicht weiterarbeiten.
Das wird zukünftig gehen. Der Richter hat die Akte zu Hause, also elektronisch, digital. Parallel dazu kann sie von der Serviceeinheit im Gericht aufgerufen werden. Oder auch der Kammerkollege, der vielleicht mit dran arbeitet, kann sie auch aufrufen.
Also insofern, und der Rechtsanwalt kann parallel noch die Akteneinsicht vornehmen. Also die Akte ist für alle gleichzeitig verfügbar, was natürlich gerade was das Thema Homeoffice angeht, ganz andere Möglichkeiten bieten wird, gerade auch im nichtrichterlichen Bereich.
Das könnte man jetzt in den Bereich Legal Tech fassen. Ich wäre da vorsichtig. Ich will ein bisschen weitergehen, aber in diesen Bereichen noch eine abschließende Frage stellen. Vor kurzem ist mit ChatGTP natürlich so eine künstliche Intelligenz auf den Markt geströmt, wo man gerade von vielen emsigen Kolleginnen und Kollegen auf LinkedIn lesen kann, wie das die Anwaltschaft und wahrscheinlich auch die Justiz verändern wird.
Da gibt es noch sehr unterschiedliche Meinungen. Ich glaube, man muss sich noch finden, was es tatsächlich tun wird und was vielleicht auch nicht so schnell stattfindet. Aber es ist eine spannende Diskussion.
Wie ist denn Ihr Blick auf diese Thematik? Am Ende des Tages wird ja wahrscheinlich weiterhin ein Mensch entscheiden müssen. Aber gibt es Möglichkeiten, wie dann tatsächlich auch solche in ganz großen Anführungszeichen künstliche Intelligenz, also Intelligenz in Anführungszeichen, unterstützen kann?
Ja, da sind wir tatsächlich auch dran. Also unterstützende Funktion, ja, das sehe ich auch so. Das suchen wir auch und werden wir auch pilotieren. Wir haben aber auch ein tolles System schon.
Frauke beim Amtsgericht in Frankfurt für Flughaftrechteverfahren sind quasi so ein Demonstrator, der ermöglicht ihnen zu strukturieren. Entscheidungsvorschläge werden auch ausgeworfen. Da gibt es auch noch andere Anbieter, die da wirklich gute Möglichkeiten anbieten.
Gerade im Massenverfahren ist es eine Riesenhilfe. Anwälte reichen ihre Klagen ein, auch häufig per künstlicher Intelligenz. Der Richter wird geflutet mit dicken Schriftsätzen, die sich in Nuancen nur unterscheiden. Und um das rauszufinden, ist natürlich so eine Art künstliche Intelligenz, also Strukturierungswerkzeuge, Identifizierungswerkzeuge eine große Hilfe.
Und die werden wir pilotieren. Frauke gibt es schon, den Rest werden wir noch pilotieren, weil wir einfach sehen, die Praxis braucht das und die Anwälte nutzen es und dann sollten es auch die Justiz insgesamt nutzen können. Aber am Ende des Tages ist klar, der Richter muss entscheiden und nicht Legal Tech kann entscheiden, es kann nicht der Computer entscheiden, sondern Rechtsprechung ist immer aus Menschenhand.
Das ist ein schönes Schlusswort. Vielen herzlichen Dank, Frau Aichner.
Ja, vielen Dank. Tschüss. Tschüss!