"Das schöne an meinem Beruf ist, dass man mit wirklich vielseitigen Menschen in Kontakt ist und Impact hat."

Vergaberecht | Interdisziplinäre Zusammenarbeit | Baurecht

Dieser Podcast ist Teil der IMR x Breaking.Through-Kooperation. Ein schriftliches Interview mit unserem Gast findet Ihr auf der Webseite von Breaking.Through

Heute ist Regina Fock, die bei der Stadt Köln als Vergaberechtlerin und Städtische Oberrechtsrätin arbeitet, bei IMR zu Gast. Wir sprechen über Reginas leicht außergewöhnlichen Weg, der sie von einer führenden Kanzlei im Vergaberecht zur Stadt Köln führte. Warum hat sie sich für diesen Schritt entschieden? Was schätzt sie an ihrer neuen Tätigkeit? Wie wird man als Juristin im Vergabrecht im Rahmen des Neubaus eines neuen Stadtteil tätig? Antworten auf diese und viele weitere Fragen sowie gute Tipps zum Thema Teamwork und interdisziplinäres Arbeiten erhaltet Ihr von Regina in dieser Folge von Irgendwas mit Recht. Viel Spaß!

Inhalt:

  • 00:09 Vorstellung Dr. Christine Straub / Regina Fock
  • 00:47 Werdegang einschließlich Referendariat
  • 02:08 Was ist das Vergaberecht? / Entscheidungskriterien
  • 07:28 Werdegang nach dem Referendariat – Kanzlei
  • 08:26 Beratungsbedarf aus Kanzleisicht – die rechtlichen Probleme im Vergaberecht
  • 11:05 Rechtsfolge eine nicht ordnungsgemäßen Ausschreibung
  • 14:19 Werdegang – Wechsel zur öffentlichen Hand
  • 17:35 Wechselgründe
  • 20:02 Schulbau in Köln
  • 23:41 Projekt neuer Stadtteil Kreuzfeld
  • 26:03 Tipps zum Referendariat / zur Berufswahl
  • 30:33 Arbeitsumfeld bei der Stadt & das Vergaberecht
  • 35:18 Inspiration unter Juristen

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Transkript


Regina Fock 0:03:09
Nee also man hat natürlich also grundsätzlich ist das vergaberecht ja einmal vom europarecht geprägt also von europäischen richtlinien die haben tatsächlich im fokus wettbewerb und gleichbehandlung und transparenz und da spielt der preis dann zwar auch eine rolle aber anders eigentlich als im deutschen Haushaltsrecht, wo ich ja grundsätzlich erst mal als Kommune immer sparsam und wirtschaftlich agieren muss. Also ist das Vergaberecht einerseits Haushaltsrecht und andererseits eben auch Wettbewerbsrecht. Das ist letztlich so, dass es bestimmte Wertgrenzen gibt, die sogenannten EU-Schwellenwerte. Wenn ich die erreiche, bin ich tatsächlich im europäischen Wettbewerbsrecht und wenn ich da drunter bin, bin ich nur im Haushaltsrecht. Man versucht schon seit Jahren, immer relativ gut anzugleichen. Also, wenn man es europarechtlich richtig macht, macht man es eigentlich auch haushaltsrechtlich vernünftig. Tatsächlich ist aber gerade im Baubereich so, dass man sehr lange immer den Bieter mit dem niedrigsten Preis gesucht hat. Der musste dann aber zwangsläufig nicht unbedingt der Beste sein, also nicht qualitativ. Da hat man immer gesagt, okay, dann ist es vielleicht nur der billige Jakob und man hätte vielleicht einen finden der etwas teurer gewesen wäre, dann aber auch besser gearbeitet hätte, sodass wir tatsächlich, so ist es jetzt auch bei der Stadt, aber auch generell, dass das Europarecht eben vom wirtschaftlichsten Angebot spricht. Preis als eine Komponente, aber eben Qualität als eine, oder jetzt auch Nachhaltigkeitskriterien kann man mittlerweile unterbringen, dann auch sowas wie faire Arbeitsbedingungen. Also wirklich faire Kriterien kann man letztlich ansetzen. Was wir halt häufig machen, ist auch wenn es Leistungen sind, die stark personengetrieben sind, auch die persönliche Erfahrung irgendwie noch unterzubringen. Also letztlich guckt man aufs Projekt und schaut, was macht denn da den besten Vertragspartner aus? Und da kann es tatsächlich sein, dass der Preis eine untergeordnete Rolle spielt. Der darf nicht komplett wegfallen. Das kann man auch dann wieder mit dem Haushaltsgrundsatz eben nicht verantworten. Aber so eine Kombination ist aus meiner Sicht eigentlich ganz charmant und führt zu wesentlich besseren Ergebnissen. Also dann wird es nicht der sogenannte billige Jakob, sondern jemand, der einfach Preis und Leistung in ein vernünftiges Verhältnis setzt. Also man muss schon, da kommt dann der Transparenzgrundsatz aus dem Europarecht ja dann wieder rein, also der Bieter oder der Markt, also derjenige, der sich auf die Ausschreibung bewirbt, muss dann schon erkennen können, was wir jetzt zum Beispiel als Stadt Köln, also woran wir jetzt Nachhaltigkeit zum Beispiel festmachen, das ist tatsächlich auch gerade in aller Munde, weil wie mache ich Nachhaltigkeit messbar? Also man kann es bei Gebäuden am CO2-Ausstoß, also kann man bestimmte wirklich harte Kriterien ansetzen, dann würde ich auch grundsätzlich dazu raten, dass man das machen kann. Aber man darf halt nicht das so gummimäßig irgendwie formulieren und keiner erkennt, was er machen muss, um diese Kriterien dann besonders gut zu erfüllen. Also du musst einmal sagen, wie viel Gewicht du dem Preis beimisst, also was weiß ich, 40 Prozent und dann sagst du, 60 Prozent sind Qualität so als Oberbegriff und dann musst du aber noch unterdifferenzieren, an was du Qualität quasi festmachst und das dann tatsächlich auch beschreiben. Insofern. Kommen da tatsächlich, das meinen da sich die Vergabejuristen auch immer ins Spiel, weil das ist einerseits technisch, weil wie mache ich jetzt die Nachhaltigkeit eines Gebäudes irgendwie messbar? Andererseits aber auch rechtlich, weil also wenn man in NRW ist, ist das OLG Düsseldorf dann für Vergaben die oberste Instanz und die können tatsächlich so eine Wertungsmatrix, die man dann aufsetzt, um zu sagen, nach welchen Kriterien man sich den Vertragspartner aussetzt, auch überprüfen. Und da ist die Rechtsprechung, wie so immer, ganz facettenreich, also deswegen ist das Vergaberecht auch so spannend, weil man immer gucken muss, wie da gerade auch die Gerichte tatsächlich so ein bisschen wie in England so Case Law irgendwie das entwickelt haben. Weil das Gesetz ist relativ dünn und vieles wird ausgefüllt durch die Gerichte. Das sollte dir ja Spaß machen. Genau, also nach dem zweiten Examen habe ich dann geguckt, was man denn so machen kann im Bereich Vergaberecht und bin dann erst in Düsseldorf gelandet bei Heuking. Und dann habe ich aber irgendwie gedacht, ach Köln wäre eigentlich auch ganz nett und habe mich dann in Köln beworben, war dann mehrere Jahre in der mittelständischen Kanzlei in Köln im Vergaberecht bei CBH und bin dann... 2010, ja tatsächlich 2010 zu D. L. Piper gegangen und habe da dann tatsächlich, also die ganzen Jahre in allen Kanzleien immer Vergaberecht gemacht, zum Teil mit einem bisschen anderen Fokus, weil man beim Vergaberecht immer so guckt, berät man eher die öffentliche Hand oder berät man eher die Privatwirtschaft und genau da habe ich sozusagen dann eigentlich durch die drei Kanzleien in allen Bereichen Erfahrung gesammelt, weil die jeweils unterschiedlich da ansetzen.
Regina Fock 0:08:50
Also wenn man jetzt zum Beispiel auf die Bieterberatung guckt, also wenn man die Privatwirtschaft berät, dann ist es tatsächlich so, dass man oft als Kanzlei eingebunden wird, um das Unternehmen zu unterstützen, ein Angebot einzureichen, was im Wettbewerb auch standhält. Also das Vergaberecht ist halt immer noch sehr formalisiert. Also man kann tatsächlich relativ viele Fehler machen, wenn man an einem großen Ausschreibungsverfahren teilnimmt. Also ich habe zum Beispiel viel im Autobahnbau gemacht und da war es dann wirklich so, dass wir mit den Bauunternehmen, Also ich zum Teil auch eine Woche vor Ort war, um zu gucken, haben die immer das Kreuz an der richtigen Stelle gesetzt. Jetzt ist man mittlerweile bei Textform, aber wurde richtig unterschrieben. Und also quasi wirklich tatsächlich alle formalen Hürden des Verfahrens zu nehmen, Weil das tatsächlich, wenn jetzt ein Ingenieur-Angebot macht, der guckt da technisch drauf. Und ich habe dann rechtlich drauf geguckt. Aber was weiß ich, bei einer Autobahn, das ist wirklich ja verrückt, die großen A-Modelle, die ausgeschrieben wurden, das war ja immer Bau, Betrieb und Finanzierung. Und was ich dann total spannend fand, war, wenn man dann so diese Betriebskonzepte zum Beispiel, wie wird 30 Jahre eine Autobahn betrieben? Also die müssen dann ja tatsächlich auch sicherstellen, dass diese Autobahn frei von irgendwelchen Hubbeln ist, dass im Winter der Winterdienst funktioniert. Und ja, das war ganz interessant, weil ich dann als Juristin auch diese Betriebskonzepte zum Beispiel gelesen habe. Und dann musste man aber gucken, decken die alles ab, was die Autobahndirektion, die die Ausschreibung gemacht hat, auch lesen wollte. Also, die mussten tatsächlich bestimmte Anforderungen in so einem Konzept erfüllen. Und das war dann tatsächlich was, dass man sogar als Juristin so ein bisschen zwar fachfremd, aber Juristen sind irgendwie, finde ich, schon grundsätzlich ja von der Ausbildung breit aufgestellt. Irgendwie auch unser Handwerk und dann war das so ganz oft so, dass ich deren Konzepte gelesen habe. Klar, ich habe mal Tippfehler korrigiert, aber habe aber auch gesagt, hier so, das versteht keiner oder ihr habt Inhalt XY vergessen, also das ist ein Beratungsteil, also dass man den Bieter unterstützt, ein Angebot abzugeben, was wertbar ist. Sonst haben die viel Geld investiert und fliegen vielleicht aufgrund eines formalen Fehlers raus.
Regina Fock 0:11:17
Ja, das ist tatsächlich so. Das Vergaberecht hört eigentlich auf, wenn der Vertrag geschlossen ist. Das ist halt das Schöne. Das Vergaberecht ist so, ich sage immer, ist der Weg zum Vertrag. Also das Wie, die Spielregeln, wie komme ich zu einem Vertragsschluss, wenn dann der Vertrag geschlossen ist, können wir Vergaberechtler uns eigentlich zurücklehnen. Das ist so ganz charmant. Es gibt Sonderkonstellationen, wo man Verträge vielleicht nachträglich noch mal ändert. Da kann es auch eine vergaberechtliche Relevanz kriegen, aber an sich ist es so, wenn der Vertrag da ist, ist er eben da. Wo wir aber zum Beispiel gucken würden, das habe ich dann bei diesen Unternehmen auch gemacht, wenn es zum Beispiel Fehler in den Ausschreibungsunterlagen stecken, also wenn der öffentliche Auftraggeber seine Hausaufgaben nicht gemacht hat. Und eine Wertungsmatrix, dieses Thema, was ich vorhin erläutert hatte mit Preis und Leistung und Qualität, wenn die bestimmten Anforderungen nicht genügt oder ich sage, wie soll mein Mandant denn erkennen, ob der da jetzt 100 Punkte oder nur 50 bekommt. Dann hat man das sogenannte Institut der Rüge. Dann kann man diese Ausschreibung rügen und den öffentlichen Auftraggeber dazu veranlassen, die Unterlagen zu korrigieren. Weil man sagt halt immer, man soll eigentlich möglichst früh korrigierend eingreifen, damit nicht eine Ausschreibung, wie du dir jetzt vielleicht vorstellst, dann ganz am Ende gekippt wird. Und dann haben alle schon total viel Geld investiert, wollen nur noch den Vertrag schließen. Und dann hebt einer den Finger und sagt, die ganze Vergabe war aber hier irgendwie nicht in Ordnung. Deswegen wurde diese Rüge vom EU-Recht quasi aufgenommen. Und die soll eigentlich eine Selbstkontrolle der öffentlichen Hand über das gesamte Verfahren quasi ermöglichen. Und im Worst Case, also wenn wirklich die Matrix total schlecht ist oder die machen irgendeinen anderen Fehler, muss die Ausschreibung aufgehoben werden. Genau, so ein bisschen kann man, so kann man das auf jeden Fall vergleichen. Also tatsächlich, wenn richtig dicker Bock drinsteckt, dann kannst du auch nicht einfach nur irgendwas ändern, sondern dann musst du wirklich, gehen Sie zurück auf los und dann fängst du halt quasi nochmal von ganz vorne an. Die starten ja immer mit einer sogenannten EU-Veröffentlichung, diese Vergaben. Da wird quasi im EU-Amtsblatt gesagt, die Stadt Köln oder wer auch immer möchte jetzt folgendes Beschaffungsvorhaben umsetzen. Und dann gibt es ganz bestimmte Informationen, die immer in diese EU-Bekanntmachung rein müssen, Zum Beispiel. Eignungskriterien, damit man erstmal weiß, als Marktteilnehmer ist es überhaupt eine Ausschreibung, auf die es sinnvoll ist, sich zu bewerben oder sehe ich schon, die Erfahrung, die die da haben wollen, ist so hoch, dass ich es gar nicht mache. Und da kann man tatsächlich schon als öffentlicher Auftraggeber relativ viel falsch machen und deswegen ist so diese EU-Bekanntmachung so das Schlüsseldokument. Also da würde ich auch immer sagen, auch zu einem Anwalt, wenn du die öffentliche Hand berätst, du musst einmal diese Bekanntmachung lesen. Und auch wenn ich einen Bieter berate, habe ich immer gesagt, gib mir bitte mal als erstes dieses Startdokument, weil dann weiß man schon mal, läuft da viel richtig oder läuft da doch einiges falsch.
Regina Fock 0:14:27
Ja, ich habe ja schon immer, also auch schon bei Heuking damals, viel für die öffentliche Hand gemacht, bei CBH dann auch noch, bei DLA dann eben weniger und habe aber gemerkt, dass ich so die Sprache der öffentlichen Hand spreche. Also ich habe immer gemerkt, wenn ich zu dem Kunden, Stadt oder Stadtwerke, Gesellschaft oder irgendwas gehe, dass ich der richtige Typ war, um denen irgendwie diese trockene Materie zu vermitteln. Ich glaube, weil ich so ein bisschen Hands-on, so ein bisschen pragmatischen Ansatz habe, gar nicht, dass eine Großkanzlei das nicht hat, aber vielleicht dann manchmal zu viele theoretische Probleme irgendwie gesehen hat oder zu viel das Rechtliche und dann habe ich gemerkt, eigentlich liegt mir das total, so ein bisschen diese Dolmetscherleistung dann zu erbringen, weil der Kunde will ja nur wissen, wie mache ich diese Vergabe jetzt vernünftig, ob da Paragraf XYZ dahinter steht oder nicht, ist dem ja prinzipiell erst mal wurscht. Also insofern hatte ich immer so ein bisschen Fable für die öffentliche Hand, habe tatsächlich für die Stadt Köln auch immer mal wieder was gemacht, als ich noch Anwältin war, so über die Jahre und... Ich habe dann auch immer Kontakt gehabt zu Kollegen von der Stadt, zu dem damaligen Stadtdirektor Stefan Keller, der jetzt OB in Düsseldorf ist, und auch zu dem Leiter des Rechtsamtes hier, Lothar Becker. Und war immer so mit denen im Austausch, wie man es ja auch so macht als gute Anwältin, ein bisschen gebaggert, akquise. Und die haben dann irgendwann mal so einen Witz gesagt, ja, wieso kommst du denn nicht einfach zu uns? Da habe ich gesagt, ja gut, da muss ja erstmal eine Stelle frei sein, dass man überhaupt. Und öffentlicher Dienst, hab dann schon so ein bisschen irgendwie gehadert und überlegt. Und dann haben die mir das aber schon auch so ein bisschen schmackhaft gemacht, wie die Stadt Köln mittlerweile aufgestellt ist rechtlich. Also, dass das Rechtsamt im Endeffekt auch die Idee hat, wie eine mittelständische oder eine große mittelständische Kanzlei zu agieren. Also, dass man tatsächlich wie ein Anwalt arbeitet, indem man eben die einzelnen Dienststellen der Stadt Köln berät. Und das habe ich für mich dann einfach erst mal so sacken lassen. Und dann habe ich irgendwie mich so ein bisschen in mich gegangen. Dann war ich tatsächlich fünf Wochen in Neuseeland. Das hatte ich mir irgendwie ausgedrungen, dass ich nochmal vor meine erste Tochter zur Schule geht, nochmal so eine kleine Reise auf die andere Seite der Welt machen will. Also das war jetzt nicht so, dass das bei mir dann so den Grundsatz, die Kanzleienfrage gestellt hat, aber ich mir so ein bisschen die Frage gestellt habe, ja, was kann ich denn eigentlich mit dem, was ich kann machen, was vielleicht irgendwie mir nochmal so einen ganz anderen Drive irgendwie gibt. Ja, dann habe ich gedacht, ich höre mir das doch mal ein bisschen genauer an. Und dann war es tatsächlich so, dass es auch eine Stelle gab, auf die habe ich mich dann einfach spaßeshalber mal beworben. Und genau, die war eigentlich für Baurecht. Dann habe ich ja mal gesagt, ja, Bauen ist doch auch total nah mit Vergabe. Und dann, also irgendwie hat es dann funktioniert, dass ich die von mir überzeugen konnte. Ja, und dann habe ich gedacht, ja, gut, das Geld in der Kanzlei. Und ich habe mich auch da immer wohl gefühlt, ist ja schon nett, aber vielleicht ist es auch cool zu sagen, in der eigenen Stadt irgendwie was zu bewegen. Also wenn du jetzt mich fragst, wie die mich dazu bringen konnten, quasi aus der Kanzlei in den öffentlichen Dienst zu gehen, dann war tatsächlich die Verbeamtung ein Thema, was mich gelockt hat, weil das natürlich gerade so in den jetzigen Zeiten ist die Verbeamtung natürlich so ein ganz sicherer Hafen. Also das war für mich vorher irgendwie nie so ein Thema, aber als mir das dann so ein bisschen dargestellt wurde, was das eigentlich auch für Vorteile bietet, fand ich das tatsächlich ganz ganz charmant. Mehr war aber wirklich der Inhalt, also weil sie auch gesagt haben, wir können und mit sowas kriegt man mich. Also irgendwie wir brauchen jemanden wie dich, der die Leute so ein bisschen da antreibt und mal einen anderen Blick aufs Vergaberecht irgendwie auch bringt. Also nicht, dass die das nicht vorher jetzt auch schon die ganze Zeit vergaberecht gemacht haben, aber tatsächlich glaube ich mit so ein bisschen anderen Fokus einfach, weil das Vergabeamt war auch ein eigenes Amt. Jetzt ist das Vergabeamt ins Rechtsamt fusioniert und soll eben auch Projekte beraten. Und die haben dann gesagt, es käme jetzt das große zweite Maßnahmenpaket Schulbau. Und da habe ich dann gedacht, boah, Schulen in Köln bauen, in der Stadt, wo auch meine Kinder jetzt zur Schule gehen sollen, ist schon reizvoll. Und das hat mich dann so in Summe und auch so die Entwicklungsmöglichkeiten, dass man vielleicht auch mal über den Tellerrand raus nicht mehr so viel rein rechtliche Arbeit macht, sondern irgendwie auch organisatorisch in so eine Prozessverwaltung eingebunden wird, fand ich ganz reizvoll, weil in der Kanzlei ist natürlich der Weg so ein bisschen vorgezeichnet. Entweder sagt man, man legt noch eine Schippe drauf und wird Partnerin, wäre ich, glaube ich, auch geworden. Also ich war auch in so einem Assessment-Center irgendwie unterwegs und habe dann aber wirklich gedacht, ist es das, was ich... Ich will immer nur dem Kunden oder dem Mandanten den besten Weg zu seinem Projekt aufzuzeigen, der in ganz Deutschland und der ganzen Welt quasi sitzt. Oder es ist irgendwie vielleicht auch reizvoll, so vor Ort wirklich Projekte voranzutreiben. Dann habe ich gedacht, ich versuche es einfach mal. Ich denke mir auch, der Weg zurück ist jetzt auch nicht ausgeschlossen.
Regina Fock 0:20:06
Genau. Also wir haben tatsächlich schon vor einigen Jahren, als dann auch der Wechsel von G8 wieder auf G9 kam, wurde halt bei der Stadt auch festgestellt, dass wir tatsächlich zu wenig Schulplätze haben. Ich meine, das ist auch was, was man immer wieder, wenn man den Stadtanzeiger liest, verfolgt. Wieder irgendwie ein Grundschüler, kein Platz oder er muss durch ganz Köln reisen, um dann irgendwie zu seiner Schule zu kommen. Ja, und deswegen gibt es schon, es gab schon ein erstes Maßnahmenpaket Schulbau. Die Schulen sind schon fertig und jetzt gibt es ein zweites Maßnahmenpaket Schulbau, wo wir also, ich glaube, 50 Schulen, ich kann mich nicht auf die Zahl festnageln, aber wirklich eine immense Anzahl an Schulen in kürzester Zeit versuchen werden zu realisieren. Und das, wir haben ein sogenanntes Kompetenz-Team Schulbau. Da bin ich mit einer Kollegin aus dem Baurecht zusammen drin, also weil Bau und Vergabe hat tatsächlich von der rechtlichen Seite erstmal die größte Relevanz, weil ich brauche als Vergaberechtler die Baurechtler, um den Vertrag zu kriegen, weil der Vergaberechtler ja, wie ich vorhin sagte, mehr so den Weg zum Vertrag ebnet und dann ist eigentlich ganz nett, dass wir so rechtsgebietübergreifend besetzte Teams haben, ähnlich wie die Kanzleien ja auch, dass man irgendwie für Sektoren bestimmte Kollegen so zusammenführt. Genau, dann haben wir das sogenannte Kompetenzteam Schulbau und versuchen mit dem eben alles, was im Bereich Schulen zu tun ist, umzusetzen. Eine Schule haben wir jetzt gerade schon vergeben, Anfang des Jahres, eine große Gesamtschule. Da hatte ich mit der Kollegin das Vergabeverfahren auch komplett. Rechtlich betreut. Ja, und das ist dann schon schön zu sehen, wenn man sagt, okay, jetzt gab es den Zuschlag, also der Vertrag ist geschlossen, ich bin jetzt quasi raus und man kann jetzt sehen, dass da gebaggert wird und da ist dann irgendwann hoffentlich eine schöne Schule, wo man sagt, okay, da hat man ja sein Teil zu beigetragen. Also wenn man jetzt mal die Ausschreibungen nimmt, was dann eine EU-Ausschreibung jedenfalls sein muss, weil ab fünf Millionen müssen Bauvergaben quasi europaweit ausgeschrieben werden, kann man für so ein Verhandlungsverfahren tatsächlich schon so sechs bis neun Monate ansetzen, also rein für das Verfahren, bis dann der Vertrag geschlossen ist. Was eben darauf zurückzuführen ist, dass du beim Verhandlungsverfahren dich auch zwischendurch mit den Bietern an einen Tisch setzt und über die Vertragsbestimmungen redest, über die Leistungsbeschreibung, weil wir sagen ja als Stadt, die Schule braucht so und so viele Klassenräume, in jeden Klassenraum müssen mindestens so und so viele Schüler reinpassen. Wir wollen eine Aula, wir wollen eine Mensa, wir wollen eine Sporthalle, die muss wieder gewissen Anforderungen genügen. Dann gibt es ein Brandschutzkonzept, also es muss ja klar sein, dass die Schüler im Brandfall auch tatsächlich schnell genug aus der Schule rauskommen. Die verkehrliche Erschließung ist immer ein Thema und deswegen gibt es halt relativ viele technische Vorgaben Und die verhandelt man dann im Endeffekt auch mit den Bietern. Deswegen ist dieser Prozess schon relativ langwierig. Und wie lang dann der Schulbau dauert, hängt tatsächlich auch sehr von der Art der Schule ab und von der Größe. Mittlerweile gibt es ja, Stichwort Modulbauten, gibt es ja tatsächlich, das sind jetzt nicht so einfache Container, aber es gibt so eine modulare Bauweise, wo du wirklich ein bisschen wie in so einem Tetris-System Schulen relativ schnell errichten kannst. Also die Schule, die wir jetzt im Januar vergeben haben, soll zum Schuljahr 25, 26 an den Start gehen. Also schon dann relativ zügig.
Regina Fock 0:24:44
Ist es glaube ich auch. Also das fand ich auch spannend, dass man sagt, man guckt auf das Stadtgebiet Köln und sagt, wo haben wir denn jetzt noch Platz für neue Wohnungen. Also primär stehen da tatsächlich auch Wohnungen, aber Wohnungen ziehen natürlich mal auch Schulbedarf in Nachsicht. Und andere Infrastruktur. Andere Infrastruktur, genau. Also auch verkehrliche Themen sind dann natürlich, wie wird dieser neue Stadtteil auch mit dem ÖPNV erschlossen, Wie kommt man von da zur Autobahn? Was für Bildungsbauten brauche ich da noch im Übrigen? Genau, und da haben die eine sogenannte Gartenstadt entwickelt. Also der neue Stadtteil, der da entstehen soll, wurde jetzt von einem Planungsbüro entwickelt. Und die haben jetzt tatsächlich gesagt, liebe Stadt Köln, für so und so viele Wohnungen bietet sich dieses Konzept irgendwie an. Und das ist jetzt, glaube ich, noch ein sehr langer Prozess, bis da wirklich ein Stadtteil entsteht. Da sind derzeit auch relativ viele Bürgeranhörungen. Also die Bürger in den umliegenden Stadtteilen können sich da eben auch einbringen und so ein bisschen mitreden, was dieser Stadtteil dann am Ende auch können soll. Also das ist glaube ich was, was sich noch über ein paar Jahre hinziehen wird. Aber ja, das fand ich eben sehr spannend, dass man sagt, okay, man guckt auf die grüne Wiese und wo kann denn hier jetzt eigentlich noch neuer Wohnraum geschaffen werden? Also ich würde jedem immer erstmal raten, das Referendariat wirklich als solches zu nutzen, was es ist, nämlich sich möglichst viel anzugucken. Also da ist ja mittlerweile tatsächlich die Anwaltsstage sehr lang. Ich weiß, dass viele Kanzleien auch im Referendariat schon sehr viel zahlen, sodass die Leute natürlich häufig in einer Kanzlei kleben bleiben, weil es ja ganz attraktiv ist. Es kann ja auch ein super Sprungbrett sein, um auch in der Kanzlei zu bleiben, aber man hätte ja in der Wahlstation zum Beispiel auch die Möglichkeit, sich mal noch ergänzend zur Verwaltungsstation zum Beispiel den öffentlichen Dienst anzugucken oder sich auch mal eine Boutique-Kanzlei im Vergleich zu einer Großkanzlei anzugucken. Also ich glaube tatsächlich, da würde ich jedem jeder raten, das Referendariat schon wirklich für das zu nutzen, was es ist, sich ein breit gefächertes Bild irgendwie zu machen, auch nicht nur zu tauchen, was ja auch geht, um sich aufs Examen vorzubereiten, sondern tatsächlich die Zeit zu nutzen und dann wirklich so ein bisschen, auch wenn man jetzt das Examen vernünftig war und man, sage ich mal, unterstellt alle Möglichkeiten hat, schon sich mal zu fragen, was einen denn auch neben dem Geld, was für viele, glaube ich, immer noch ein harter Faktor ist, denn motiviert. Also auf was man so richtig Bock hat.
Regina Fock 0:27:41
Ja, das muss man schon tatsächlich auch sagen, dass es die Leute sind. Also ich wäre jetzt, glaube ich, auch nicht einfach so zur Stadt gegangen, wenn ich nicht schon gewusst hätte, da sind ein paar die ticken so wie ich. Also das würde ich auch immer sagen, also auch die Vorstellungsgespräche zu nutzen, auch nicht nur den Partner kennenzulernen, sondern zu sagen, wo sind denn die Associates, mit denen ich... Arbeiten soll. Also ich glaube tatsächlich, wir sind ja im Moment in der Situation, wo sich fast eher die Kanzleien und die Stadt oder wer auch immer als Arbeitgeber bei den Leuten bewirbt, bei den jungen Leuten. Sie sollen die Chance dann auch wirklich nutzen, ihren potenziellen Arbeitgeber irgendwie abzuklopfen. Da sind ja nicht nur Themen wie Gehalt und Urlaubstage. Was weiß ich, kann ich ein Sympathical machen? Habe ich die Möglichkeit, ein Secondment zu machen Oder jetzt hier im öffentlichen Dienst kann ich mir vielleicht auch mal jenseits des Rechtsamtes mal eine andere Dienststelle angucken. Also ich finde, das ist einfach, also der Blick über den Tellerrand ist ja total wichtig. Und vielleicht auch noch mal ein anderes Rechtsgebiet sich anzugucken. Also ich war mit meiner Entscheidung Vergaberecht jetzt nie unzufrieden gewesen. Aber ich glaube, wenn man merkt, ich bin im, was weiß ich, Aktienrecht gelandet, das macht mir keinen Spaß. Dann mache ich nach zwei Jahren halt nochmal was anderes. Dafür ist der Job oder arbeitet man zu lang, um zu sagen, man bleibt dann an irgendwas hängen, was einem vielleicht nicht so viel Freude bereitet.
Regina Fock 0:30:42
Also das fand ich auch ganz interessant. Vor mir hatten schon tatsächlich zwei Kollegen aus Kanzleien gewechselt. Unter anderem, der ist jetzt hier Leiter der Rechtsabteilung, der Christian Lesmeister, Da war vorher auch eine Kanzlei, dann hatten wir einen, der in einem großen Bauunternehmen vorher war. Ja, wir haben jetzt tatsächlich so von allen Senioritäten irgendwie so einen Junior-Associate, der von der mittelständischen Kanzlei kam, weil er auf einmal gesagt hat, ach, ich würde mir so gern mal Stadt angucken und auch eine Salary-Partnerin, die gesagt hat, ich muss auch irgendwie einfach nochmal gucken, ob ich meine Erfüllung in irgendwie was anderem finde. Ja, deswegen ist es eigentlich so eine ganz gemischte Truppe hier. Wir haben dann tatsächlich Leute, die haben schon ihr Traineeship hier gemacht. Die sind wirklich tatsächlich direkt nach dem Examen, haben verschiedene Stationen durchlaufen und sind dann irgendwann im Rechtsamt gelandet. Die sind halt einfach schon immer bei der Stadt und auch bei den Fachdienststellen ist es so. Also bei unseren Mandanten, da gibt es welche, die feiern hier bald 30-jähriges Dienstjubiläum und haben schon immer dasselbe gemacht. Dann sind welche, die sind schon durch alle Ämter gehüpft. Und dann gibt es welche, die tatsächlich jetzt auch, was weiß ich, Architekten, die quer eingestiegen sind oder so. Und das finde ich so ganz schön. Ich meine, wir haben, glaube ich, fast 22.000 Mitarbeiter. Ja, also das muss man schon sagen. Die Stadt Köln ist ein Riesen-Arbeitgeber. Und die Gebäudewirtschaft, das sind die sozusagen, die sind kein richtiges Amt mehr, die sind eine eigenbetriebsähnliche Einrichtung. Die sind von der baulichen Seite für die Schulen zum Beispiel zuständig. Ich glaube, das sind 800 Leute. Also das muss man sich irgendwie halt auch mal auf der Zunge zergehen lassen. Und die sind natürlich nicht nur für Schulen, die sind für alle Gebäude der Stadt Köln verantwortlich. Also und das finde ich so reizvoll, dass man beim Vergaberecht tatsächlich also einmal natürlich viel mitbauen, aber genauso liefern und Dienst leisten. Zum Beispiel wenn wir für die Ost-West-Achse, das ist ja hier die neue Verbindung quasi von Behensberg dann wieder nach Weiden. Werden die Bahnsteige jetzt vergrößert, weil wir tatsächlich größere Züge brauchen. Also die Bahn macht natürlich dann die KVB, aber wir sind für die Hardware sozusagen. Also wir müssen die Haltestellen erweitern, damit diese längeren Züge da dran passen. Und da ist ja immer noch die Diskussion, gehen wir unterirdisch bis zum Aachener Weiher, also unter der Stadt quasi durch oder gehen wir über die Erde? Und da wird es einen politischen Variantenentscheid 2024 geben. Da merkt man auch mal, wie viel die Politik in die Verwaltung noch reinspielt. Also da haben wir zum Beispiel eine Ausschreibung gemacht zur Öffentlichkeitsarbeit. Um eben dann auch ein Büro zu finden, was als Dienstleister uns als Stadt dann unterstützt, auch diesen Variantenentscheid irgendwie zu begleiten, weil wir müssen natürlich neutral sein. Also die Politik muss am Ende entscheiden, gehen wir unter die Erde oder eben nicht. Und das war auch ganz spannend, da so ein Büro zu finden, die tatsächlich so ein Projekt auch begleiten können. Und da habe ich dann auch gemerkt, wie wichtig diese EU-Bekanntmachung ist. Die ist ja das erste Dokument, was die Menschen lesen, wenn so ein Projekt an den Markt geht. Dann habe ich auch festgestellt, dass der Stadtanzeiger das auch ganz gerne liest, weil da war ein Wort drin, das dem Stadtanzeiger nicht gefiel. Und das hätte ich zum Beispiel, ich habe das Wort auch gelesen, ich habe dem aber nicht so eine Bedeutung beigemessen. Und da habe ich wirklich nochmal gemerkt, wie Vergabe, wie sensibel das von allen Seiten irgendwie angeguckt wird. Also wir wollten eigentlich nur so beschreiben, dass dieser, der die Öffentlichkeitsarbeit macht, dieses Projekt in sichere Bahnen lenkt, auch die Kommunikation und dann hatten wir formuliert, man soll möglichst Störfeuer vermeiden und an diesem Wort Störfeuer entspannt sich dann eine Diskussion. Und seit ich das... Habe, lese ich jede Bekanntmachung wirklich durch, weil ich sage, ich möchte nicht, dass die Presse diese Vergabe schon angreift, bevor die eigentlich wirklich gestartet ist. Also Vergaben sind schon in einer großen Kommune wie Köln immer in aller Munde und deswegen macht es mir halt eigentlich auch so Spaß, weil man denkt, das ist so wichtig. Die Stadt Köln kann ohne Vergaberecht halt nicht agieren, aber dann müssen wir das Vergaberecht doch so anwenden, dass am Ende auch zu einem vernünftigen Vertragsabschluss führt. Das ist wirklich eine schwierige Frage, aber ich muss tatsächlich sagen, auch wenn es irgendwie abgedroschen ist, aber wirklich die Frau Dr. Jasper von Heuking, bei der ich meinen ersten Job hatte. Die hat selber vier Kinder und hat das irgendwie trotzdem, also das Vergaberecht wirklich so aus meiner Sicht in Deutschland mit aufgebaut. Also ich weiß gar nicht, wer alt sie jetzt ist, aber ich würde sagen, die ist grundsätzlich auf der Zielgeraden und ist trotzdem, also wird glaube ich immer mit dem Vergaberecht in Verbindung gebracht. Und ja, also die finde ich schon, vielleicht nicht immer positiv inspirierend, aber ich habe von der total viel mitgenommen und würde sagen, die wäre definitiv jemand, den man mal interviewen könnte. Klasse.
Marc Ohrendorf 0:36:31
Tschüss.

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Regina Fock Städtische Oberrechtsrätin, Stadt Köln

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