Dr. Philipp Steinrück, Associate | Latham & Watkins LLP
Litigation - Arbitration - Kanzleiwahl - Team - Bauchgefühl - Sachverhaltsaufarbeitung - Post-M&A-Streitigkeiten - Vergleich - Settlement - Schiedsverfahren - Staatliche Gerichte - Externe Experten - Motivation - Verantwortungsbereitschaft - Englischkenntnisse
In IMR-Episode 312 spricht Marc mit Philipp Steinrück von Latham & Watkins in München über den Weg vom internationalen Wirtschaftsrecht in Erlangen zur Spezialisierung auf Litigation und Arbitration. Welche Bedeutung hat das richtige Bauchgefühls bei der Kanzleiwahl? Warum haben u.a. Post-M&A-Streitigkeiten, in denen Sachverhaltsaufarbeitung, Zusammenarbeit mit externen Experten und Verhandlungsgeschick entscheidend sind, Philipp gut gefallen? Er erläutert, wie er in seiner täglichen Arbeit Risiken quantifiziert, warum etwa die Hälfte aller Großverfahren am Ende verglichen wird, welche Rolle gerichtliche Vergleichshinweise spielen und weshalb er in Schiedsverfahren bis zu zwei Jahre an komplexen Schriftsätzen sitzt. Warum sind Motivation und Verantwortungsbereitschaft neben Examensnoten ausschlaggebend? Wie schafft man es, in internationalen Teams frühzeitig Mandantenkontakt zu übernehmen? Woran erkennt man das passende Team, und welche Fähigkeiten braucht ein Litigator, um Millionenverfahren strategisch zu steuern und zugleich Vergleiche zu verhandeln? Antworten auf diese und viele weitere Fragen erhaltet Ihr in dieser Folge von IMR. Viel Spaß!
Viel Spaß 🎉 und vielen Dank für Euer Feedback! 🙏🏼
Latham & Watkins LLP gehört als US-amerikanische Großkanzlei zur Weltspitze und ist seit vielen Jahren fest im deutschen Markt verankert. Mit Büros in Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg und München berät die Sozietät Mandanten in allen Bereichen des Wirtschafts- und Kapitalmarktrechts.
Rund 300 Anwältinnen und Anwälte – darunter zahlreiche Dual-Qualifieds – arbeiten hierzulande in grenzüberschreitenden Teams an komplexen Transaktionen, Finanzierungen, Streitigkeiten und regulatorischen Projekten. Internationales Mindset, flache Hierarchien und ein ausgefeiltes Ausbildungsprogramm machen Latham besonders attraktiv – hör gleich in unsere IMR-Folgen rein und erlebe die Kanzlei aus erster Hand!
Litigation ist viel mehr als streiten am Gericht. Es geht darum, den wahren Sachverhalt zu erforschen, Mandanten bestmöglich zu beraten und Verantwortung zu übernehmen. Nur wer motiviert ist und den Mandanten ernst nimmt, passt ins Team.
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Herzlich willkommen zu einer neuen Episode Irgendwas mit Recht. Heute sitze ich für euch mal wieder in München bei Leithman Watkins und ich spreche mit Philipp Steinrück. Hallo Philipp.
Hi Marc, freut mich, dass ich hier heute dabei sein darf.
Sehr schön, dass du dabei bist. Du machst nämlich ein Rechtsgebiet, was wir hier schon ganz viel beleuchtet haben, in einem Special rund um Folge 100. Wir verlinken euch das auch nochmal in den Shownotes, nämlich Arbitration und Litigation.
Und da wollen wir heute ein kleines bisschen mehr hören, wie eigentlich so dieses klassische anwaltliche Feld, ich glaube Streiten gehört eigentlich zur Anwaltschaft dazu, wie kaum etwas anderes, wie das so konkret aussieht. Aber wir fangen ganz vorne an.
Wie immer, die erste Frage hier im Podcast, kennt jeder, der hier regelmäßig zuhört. Wie bist du zu Jura gekommen?
Das ist eine sehr gute Frage. Also ich war, glaube ich, einer von denen, die typischerweise nach dem Abitur überhaupt keine Ahnung hatten, was sie machen sollten. Habe mich dann für alle möglichen Studiengänge beworben von Medizin, Politikwissenschaften, Geschichte, fand ich immer super spannend.
Und habe mich dann entschlossen, so einen Mischstudiengang anzufangen, Internationales Wirtschaftsrecht in Erlangen war das. Und das war damals noch ein Diplom-Studiengang und dachte mir, das ist eine gute Mischung, da kann ich einfach mal schauen, was mir gefällt und habe dann nach ungefähr drei, vier Semestern festgestellt, dass ich Jura tatsächlich ganz spannend finde und habe dann gewechselt von dem Mischstudiengang zu Jura Pur und ja, so bin ich dann beim Jurastudium gelandet.
Was fandst du denn gut daran?
Ja, schwierig zu sagen. mir hat es irgendwie getaugt, dass ich ein ganz gutes Gespür dafür hatte, wie man an so Probleme rangehen muss, dass man da so ein bisschen systematisch arbeiten kann und es waren dann eher so wahrscheinlich die kleinen Erfolgserlebnisse, die mir gezeigt haben, ah irgendwie, es läuft einigermaßen gut und dann ist ja oft so, dass die Dinge, die einem ganz gut liegen und wo man kleine Erfolgserlebnisse hat, dass die einem dann auch Spaß machen und so liefen die ersten Klausuren ganz okay und dann habe ich irgendwie man da sich ein bisschen reinhängt.
Kann man gute Ergebnisse erzielen. Und ja, dann, was ich auch immer spannend schon fand, ist einfach diskutieren. Also unterschiedliche Argumente austauschen und gerade auch Positionen vertreten, die nicht besonders populär oder leicht zu vertreten sind. Irgendwie einfach dem Argumentieren willens zu argumentieren, hat mir schon immer Spaß gemacht.
Okay, cool. Wusstest du denn auch schon, dass du Anwalt werden willst oder war es auch mal eine Option für dich, Richter oder Verwaltungsbeamter zu werden?
Ich bin da, glaube ich, sehr naiv reingegangen, da in meiner Familie keiner Jurist ist, außer mein Onkel, der aber keinen Tag als Jurist gearbeitet hat, sondern direkt Musiker geworden ist nach seiner Jura-Ausbildung. Eine ganz lustige Geschichte.
Hatte ich keine Ahnung, was es eigentlich für Berufsfelder gibt, wenn man mal Jura macht. Und irgendwann im fünften, sechsten Semester habe ich dann über ein Wochenendseminar, was die Uni angeboten hat, dieses Konzept Großkanzlei kennengelernt und fand es dann super spannend und dachte mir, schaue mir das dann alles mal an im Referendariat, was es für unterschiedliche Möglichkeiten gibt.
Und habe mir das eigentlich sehr lange offen gehalten, was ich dann tatsächlich mal machen möchte beruflich.
Und was hat denn den Ausschlag gegeben?
Tatsächlich, dass mir die Praktika und meine Arbeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei einer Großkanzlei und dann auch die Anwalts- und Wahlstationen super viel Spaß gemacht haben. Und dass mir umgekehrt die Station bei Gericht keinen Spaß gemacht hat, was sicherlich eher am Ausbilder lag als an der Tätigkeit selber.
Da hatte ich einfach kein Glück, dem Ausbilder. Und öffentliches Recht war einfach schon immer ein bisschen meine Schwachstelle. Da hatte ich keinen Zugangspunkt zu und deswegen war öffentliches Recht irgendwie keine Möglichkeit. Und Strafrecht, muss ich auch zugeben, wäre auch nichts für mich gewesen.
Und dann war klar, Zivilrecht soll es sein und da fand ich dann irgendwie Anwaltschaft spannender als Richtertätigkeit.
Hast du dann auch schon gewusst, dass du Litigation und Arbitration ganz gut findest?
Ja, also mein erstes Praktikum habe ich gemacht im Litigation Arbitration und weil man ja einfach für seinen Mandanten alle möglichen Argumente vortragen muss, egal wie aussichtslos sie sind. Also klar, was komplett Aussichtsloses sollte man nicht vortragen, weil man sich dann ja auch ein bisschen lächerlich macht, aber alles, wo man was rausholen kann, sollte man probieren zu argumentieren und da mir sowas schon immer irgendwie Spaß gemacht hat, fand ich das dann sehr spannend im Praktikum und habe dann in meiner Anwalts- und Wahlstation mir was anderes angeschaut und bei einer anderen Großkanzlei Private Equity M&A gemacht.
Und so dann dadurch festgestellt, dass mir das nicht so sehr Spaß macht, hat mich das noch mehr darin bestätigt, dass Litigation und Arbitration das Richtige ist.
Und dann gehen wir mal auf diesen Punkt ein sozusagen. Da sind auch viele unserer Zuhörenden, glaube ich gerade, so Mitte, Ende Referendariat, so ein bisschen Erfahrung schon gemacht für die eine oder andere Kanzlei oder mit der einen oder anderen Kanzlei und, Aber so richtig hundertprozentig klar, wenn man nicht da bleibt, wo man gerade ist, ist vielleicht noch nicht, wo man hingeht.
Was waren dann deine Überlegungen? Was waren für dich Faktoren, die wichtig waren für dich bei der Kanzleiauswahl?
Ja, das ist eine gute Frage. Also klar, die erste Wahl, die man treffen muss oder die ich für mich getroffen habe mit meiner damaligen Freundin, jetzigen Frau, war, in welche Stadt wollen wir gehen? Und das ist dann auf München gefallen und ich hatte meine Station bei den unterschiedlichen Kanzleien davor in Alicante in Spanien gemacht und in Stuttgart und in Frankfurt und New York, sodass ich in München einfach keine Kanzlei kannte.
Und ich habe mir schon immer gedacht, das Wichtigste ist, dass man sich mit dem jeweiligen Team wohlfühlt. Sozusagen ob dann die Kanzlei ABC oder DEF heißt, ist auch wichtig, aber wichtig ist, dass das Team zu einem passt. Und deswegen habe ich mich nochmal ganz bunt bei unterschiedlichen Kanzleien beworben.
Und was war mir dann wichtig? Eigentlich, dass ich das Gefühl hatte, dass ich mit denen im Vorstellungsgespräch mich gut verstehe. Das war für mich das Wichtigste. Und ob es dann eine Magic Circle, eine britische, eine amerikanische oder eine deutsche Kanzlei ist, war für mich eigentlich eher zweitrangig.
Sondern es war wirklich so, bei welcher Kanzlei habe ich das beste Bauchgefühl? Und das ist dann am Ende wirklich eindeutig Latham gewesen. und bin froh, dass ich mich für hier entschieden habe.
Woran lag das?
Wirklich ganz eindeutig am Bauchgefühl. Ich hatte mit zwei Equity-Partnern die Vorstellungsrunde hier, habe mich dann super wohl gefühlt und danach ein Gespräch mit zwei Associates, mit denen ich dann auch Mittagessen gegangen bin. Und die haben von der Arbeit schon ein bisschen was erzählt, aber gar nicht so viel, weil ich wusste schon, was man als Detigator in der Großkanzlei macht.
Das kannte ich über meine Praktika und meine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Und ich wusste auch, dass die Deutschen, die Magic Circle kann es sein und die S kann es sein, schon ungefähr das Gleiche machen. Das ist jetzt nicht komplett was anderes.
Ja und dann war es einfach das Gefühl beim Mittagessen. Christoph, der auch immer noch bei uns ist, der hatte ein halbes Jahr vor mir angefangen und die haben mir einfach ein gutes Gefühl gegeben und ich dachte mir so, das passt. Und dann, oftmals mache ich mir dann nicht so viele Gedanken, sondern versuche so ein bisschen nach dem Bauchgefühl zu entscheiden.
Also es waren auch mehr die Menschen.
Ja, auf jeden Fall.
Ja, weil manchmal sagt man ja, okay, wir haben da irgendwie so Übersichten mit 16 bis 25 Benefits und das ist ja auch alles gut und richtig, aber es gibt halt wenig Leute, die sagen, also hier in der Kanzlei gibt es halt die bessere Espressomaschine oder sowas.
Ja, genau. Und man hat ja den Luxus, dass man fast überall ein Einzelbüro hat, man hat überall Topmandanten, Topmandate, spannende Tätigkeiten, die Gehälter sind alle ungefähr vergleichbar und, Und alle sind in Top-Lagen, die Kanzleien haben einen super Namen und dann war es ganz eindeutig die Menschen, die das ausschlaggebende Kriterium waren.
Das freut mich gewissermaßen, dass du das sagst, weil ich hier im Podcast natürlich immer versuche, die Teams in den Vordergrund zu stellen, die natürlich alle bei einer Kanzlei arbeiten und es gibt auch eine gewisse Kanzleimentalität, aber wir sehen jetzt gerade auch hier, wenn man öfters mal, kann man sich übrigens auf irgendwas mit recht.de anschauen, falls ihr das jetzt hier gerade hört und die Funktion noch nicht kennt, findet ihr Übersichten von allen Folgen einer Kanzlei.
Wenn man da mal vergleicht, findet man auch schon mal ganz lustig so Gemeinsamkeiten zwischen den Gästen und dann aber auch wie Teams komplett unterschiedlich ticken können. Also es ist einfach ein Teamsport, kann man glaube ich sagen.
Ja, auf jeden Fall.
Gerade dadurch, dass es ja auch einfach wahnsinnig unterschiedliche Bereiche sind und ein Arbeitsrechtsteam in einer Kanzlei vielleicht ein bisschen anders tickt als das Litigation-Team, kann es einfach innerhalb einer Kanzlei auch echt eine große Spannbreite an Menschen geben, wo man dann eben entscheiden muss, ob das für einen passt oder eben nicht. Und hier, was mir sehr gut bei Latham auch gefallen hat, das ist der Vorteil, dass wir in Deutschland nicht ganz so groß sind.
Wir haben ja, glaube ich, so knapp 200 Berufsträger und hier am Münchner Standort so um die 50, dass wir alle auf einem Stockwerk verteilt sind und dass man nicht in so Grüppchen sitzt. Also hier ist das Litigation-Team, da ist das Corporate-Team, da ist das Arbeitsrecht, da ist das Steuerrecht-Team, sondern das ist alles verteilt und man hat so sehr schnell Zugang zu allen Departments und kommt auch super mit den anderen Departments ins Gespräch, was dann auch wahnsinnig hilfreich bei der Mandatsarbeit ist, weil wir als Latham sehr viel versuchen, außer auch Cross-Department-mäßig zu arbeiten.
Und so fühlt man sich hier an dem Standort wirklich als ein großes Team auch, und da ist wirklich durch die Bank, es sind eigentlich nur nette Leute hier.
Wunderbar, dann lass uns mal darauf eingehen, was eigentlich Litigation und Arbitration in der Praxis bedeuten. Vielleicht kannst du erst mal so einen Überblick geben, welche Art von Verfahren ihr oder Art von Fällen ihr so habt und wo die dann auch materiell entsprechend spielen.
Ja, also ganz grob angefangen ist Litigation Arbitration ist natürlich, kommt dann zum Tragen, wenn das Kind sozusagen in den Brunnen gefallen ist und wenn die Parteien sich so sehr streiten, dass man außergerichtlich sich nicht mehr richtig einigen kann. Wir kommen natürlich oftmals auch frühzeitig ans Board, damit wenn der Rechtsstreit losgeht, man schon versucht den außergerichtlich zu einigen, weil das ist wirtschaftlich fast einfach immer die sinnvollste Lösung für unsere Mandanten, deswegen werden wir da oft sehr frühzeitig ins Board geholt und beraten am Anfang wirklich beratend eher oder sind am Anfang eher beratend tätig, um einfach eine Strategie zu entwickeln, wie kann man den Rechtsstreit am besten vermeiden und die wirtschaftlich sinnvollste Lösung hinkriegen.
Das würde ich sagen, macht so von meiner täglichen Arbeit, 20 Prozent aus, 10 bis 20 Prozent, wo wir wirklich frühzeitig eben dabei sind und versuchen, dass es gar nicht zu einem Rechtsstreit kommt.
Was sind dann so Überlegungen, die du dir da stellst? Also ich denke mir mal irgendeinen Fall aus, jetzt gerade, das hat nichts mit eurer täglichen Praxis zu tun. Der A verklagt den B, geht um 100 Millionen, eure Streitwerte sind ja immer relativ hoch, es ist uns mal völlig egal, worum es geht und der hängt von vier Rechtsfragen ab.
Also die erste Frage ist, ist dieses Gericht überhaupt zuständig? Die zweite ist vielleicht, haben die überhaupt den Vertrag zu den behaupteten Konditionen geschlossen? Die dritte ist, lagen Sachmangel oder lagen mehrere Sachmängel wie behauptet vor? Und das vierte ist, ist das Ding vielleicht sogar verjährt? Also vier Fragen, wo jede, sage ich mal, den Fall killt. Ich will so ein bisschen auf ökonomische Analyse des Rechts hinaus.
Aber genau, was sind dann deine Überlegungen aus der Praxis?
Ja, das ist ein sehr guter Punkt, dass du so fragst, auch mit den, was sind die vier relevanten Rechtsfragen. Das sind natürlich wahnsinnig interessante Punkte für unsere Tätigkeit, die sind aber meistens relativ schnell geklärt, weil es gibt ja selten irgendwie mal einen Fall, den gewinnt man damit, dass man den Fall zum BGH gebracht hat und dann es geschafft hat, irgendwie auf einmal eine neue Rechtsprechung zu erzielen, mit der keiner davor gerechnet hat.
Deswegen die Rechtsfragen sind natürlich auch immer spannend und super wichtig, aber 80 bis 90 Prozent unserer Arbeit spielt sich in der Sachverhaltsaufarbeitung. Weil, wenn der Mandant zu uns kommt und sagt, er hat hier einen Streit mit entweder einem Zulieferer oder mit einem Joint-Venture-Partner oder mit einem anderen Gesellschafter, dann ist es erstmal so, dass wir ja gar nicht wissen, worüber streiten die.
Und dann müssen wir wirklich den Sachverhalt tief verstehen, um dann beurteilen zu können, was ist das Exposure, was unser Mandant hat, also was ist das finanzielle Risiko und was sind die, sozusagen der Worst Case ist, man verliert zu 100 Prozent, das sind 100 Millionen und dann hat man seine vier Argumente und kann natürlich so eine Art Milchmädchen- oder Milchbubenrechnung machen und sagen, das Argument gewinnen wir zu 25 Prozent, das Argument gewinnen wir auch zu 25 Prozent.
Wenn ich jetzt vier Argumente habe mit 25 Prozent, dann habe ich eigentlich zu 100 Prozent gewonnen und wir haben Risk von null. Aber so läuft es natürlich nicht. So statistisch kann man die Jura-Probleme ja zum Glück oder leider nicht lösen.
Und so müssen wir dann für unseren Mandanten im Endeffekt eine Aufstellung machen, was ist denn das Worst-Case-Risiko, was eintreten kann und wie schätzen wir die Chancen, dass wir mit diesen vier Argumenten insgesamt am Ende durchdringen werden. Und ganz vereinfacht gesagt, wenn wir die Chance auf 20 Prozent schätzen, dass wir gewinnen, dann ist es natürlich sehr vereinfacht, kann man den Mandanten empfehlen, du könntest 20 Millionen von 100 Millionen als Vergleich jetzt zahlen, weil das würde am Ende, statistisch gesehen, ist das die sinnvollste Entscheidung, die du machen kannst.
Kosten außen vor gelassen, die natürlich das noch unattraktiver machen würden und so weiter, aber die spielen bei denen auch gar nicht so die Riesenrolle.
Ja, und dann hast du Mandanten, die sind da super offen für und die sind dann auch bereits sehr frühzeitig so ein Rechtsstreit. Weg zu bekommen. Und dann hast du andere Mandanten, das hängt dann natürlich auch von der Art des Rechtsstreits ab, dass sie sind so emotional befangen, ist dann schwierig, noch mit sachlichen und rationalen Argumenten zu kommen.
Dann wird dann oft einfach gestritten, weil man möchte dieses Urteil bekommen, wo steht, ich habe Recht. Auch wenn dann die Prozesskosten teilweise so hoch auflaufen, dass man sich denkt, hätte man vielleicht auch lieber früher verglichen.
Selbst sozusagen, wenn das, also ihr beratet ja jetzt nicht, ich sag mal hier, die Friseursalonkette. Nebenan, sondern große Unternehmen, die man kennt, dann kann man wahrscheinlich irgendwie Dartscheibe auf den DAX werfen und man hat eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die irgendwas bei euch schon mal gemacht haben.
Selbst dort, ja, also da sind die auch immer noch, manchmal geht es auch einfach darum, dass man mal zeigen will, dass man Recht hat.
Ja, also ich sage mal, es ist jetzt nicht so, dass man einfach zeigen will, dass man Recht hat. Da stecken dann wirklich oft jahrelange Vertragsbeziehungen, da ist man enttäuscht von der Gegenseite, man fühlt sich verraten. Das ist also jetzt nicht so dieses, ich streite mich mit meinem Nachbarn, sondern das ist dann auch einfach sehr komplex und nicht einfach, das ist einfach das größte Problem, dass die Sachen immer so komplex sind, dass sie nicht wirklich in schwarz und weiß zu fassen sind.
Ja. Wie viel würdest du sagen, wird dann gesettelt? Weil das sind natürlich Fälle, auch wenn man erstmal, ich sag mal, man braucht dann ja auch ab und zu ein paar Schleifen, damit beide Parteien merken, dass es grau ist und auch ein bisschen Für und Wiedersehen und dann doch vielleicht offener für ein Settlement werden in so einem länger laufenden Prozess.
Wie viel Prozent wird gesettelt am Ende irgendwie von dem, was du so siehst?
Also was ich jetzt in meinen sechs Jahren ungefähr, würde ich sagen, dass die Hälfte ungefähr gesettelt wird. Und oftmals braucht es aber einen Hinweis vom Gericht nach der mündlichen Verhandlung, nach dem ersten Termin, wo das Gericht sagt, die zwei, drei Argumente sehe ich überhaupt nicht und hier…, Besteht auch dieses Risiko und die guten Richter machen es natürlich immer so, dass sie sagen, ja, also der Kläger hat da schon sehr gute Argumente, aber der Beklagte hat auch das ein oder andere starke Argument, also ich weiß wirklich nicht, wie das hier ausgeht, wäre es nicht sinnvoller, gerade auch wenn man jetzt vom staatlichen Gericht ist, Sie müssen ja bedenken, haben Sie noch eine Berufungsinstanz, haben wir auch eine ungeklärte Rechtsfrage, geht am Ende zum BGH, wollen Sie nicht lieber jetzt das Geld haben als in sieben Jahren? Und das ist oftmals der Trigger, der dann auch den Mandanten sagt, okay, das sind nicht nur die Anwälte, die uns empfehlen, einen Vergleich zu machen, sondern auch der Richter sagt es und dann hilft es oftmals, wenn es eine externe dritte Partei noch sagt.
Und dann gibt es natürlich auch ein richtig guter Richter, den Parteien auch noch ein bisschen Guidance, der sagt nicht, vergleicht euch 70-30, aber der sagt es denen so ein bisschen durch die Blume. Und weil dann weiß der Mandant auch selber, okay, es ist jetzt gerechtfertigt, dass ich mich auf 30 Prozent der Klageforderung irgendwie beschränke, weil am Ende wird auch nicht viel mehr rauskommen.
Ja, du brauchst im Prinzip dieses Damoklesschwert der Entscheidung durch den Dritten, damit du selber motiviert wirst, eine Entscheidung zu fällen. Das macht schon Sinn.
Absolut.
Ist das im Schiedsverfahren ähnlich? Weil ich meine, da hast du ja zumindest, was so den Instanzenzug angeht, nicht ganz so viel, was da noch droht.
Ja, es ist im Schiedsverfahren schon ähnlich, aber ich habe das Gefühl, aber es kann jetzt auch rein mein Gefühl auf meiner sozusagen empirischen Erfahrung sein, dass Schiedsrichter ein bisschen zurückhaltender damit sind mit Vergleichsvorschlägen. Kann daran liegen, dass die Richter bei staatlichen Gerichten natürlich auch ein bisschen freier sind, weil die nicht dieses Risiko haben.
Also ein Schiedsrichter möchte ja bei späteren Mandaten oder späteren Schiedsverfahren auch wieder gegebenenfalls als Schiedsrichter benannt werden und möchte daher nicht das Risiko eingehen, dass er jemand ist, der nur versucht, die Rechtsstreitigkeiten loszuwerden durch günstige Vergleiche. Aber es gibt es auf jeden Fall auch in Schiedsverfahren, dass Schiedsrichter sehr gut vorbereitet in die mündliche Verhandlung gehen und einfach sagen, es wäre hier sehr sinnvoll, einen Vergleich anzugehen oder dieses auch schon in der Case-Management-Conference oder so ansprechen.
Aber zumindest in meiner persönlichen Erfahrung habe ich jetzt eher das Gefühl, dass die staatlichen Gerichte das ein bisschen mehr machen. Aber das kann auch bei anderen Anwälten vielleicht die Erfahrung ein bisschen anders sein.
Gut, dann haben wir glaube ich mal so einen ganz guten allgemeinen Überblick gegeben. Dann lasst uns nochmal auf zwei konkrete Cases eingehen, damit man sich das nochmal so hands-on vorstellen kann, was ihr macht. Du hast mir im Vorgespräch erzählt, dass eines der typischen Themenfelder oder eine der typischen Fallkonstellationen, mit denen ihr euch beschäftigt, Post-M&A-Streitigkeiten sind.
Wir haben ja viel zum Thema M&A auch schon im Podcast gemacht, da hören die meisten Due Diligence und irgendwie Unternehmenskäufe, aber hier geht es ja gerade um Post-M&A-Streitigkeiten. Vielleicht erklärst du erstmal ganz kurz, was das ist.
Also eine M&A-Transaktion läuft ja so ab, dass ein Verkäufer ein Unternehmen verkauft an den Käufer und in Deutschland ist es dann so, jeder der das Sachen recht kennt, weiß, dass es gibt den Kaufvertrag, das Signing und danach gibt es noch das Closing und mit dem Closing werden die Unternehmensanteile übertragen. Und dann ist ja der Käufer erstmalig, sage ich mal, Inhaber des Unternehmens und kann sich das Unternehmen so richtig anschauen und hat uneingeschränkten Zugriff.
Und dann kann es natürlich sein, dass es eine Woche, ein Jahr oder fünf Jahre nach Closing zu irgendwelchen Problemen in diesem Unternehmen aufkommt, wo der Käufer meint, das hätte der Verkäufer mir eigentlich sagen müssen. Oder ist es ein Problem, was komplett neu aufkommt und keiner wusste davon, aber es ist ein Risiko, was laut SPA der Verkäufer finanziell noch trägt und den Käufer dafür finanziell entschädigen muss.
Und in den Fällen, wenn also die Unternehmenstransaktion vollkommen über die Bühne gelaufen ist, der Käufer ist Inhaber des verkauften Unternehmens und dann meint der Käufer, er hat Mängelansprüche, dann liegt eine klassische Post-M&A-Streitigkeit vor. Also im Endeffekt, wie wenn man sich eine Immobilie kauft und nachdem man in die Immobilie eingezogen ist, feststellt, der Keller ist undicht und dann möchte man vom Verkäufer das irgendwie ein bisschen vom Kaufpreis zurück.
Okay, ich denke mir mal einen Fall aus, komme ich gerade irgendwie so drauf, weil, keine Ahnung warum, ein großer Lebensmittelkonzern aus, sagen wir mal, den USA verkauft, was einen anderen großen Lebensmittelkonzern aus Europa und die verkaufen so ein Konglomerat von Produkten. Wir können uns jetzt hier irgendwas ausdenken.
Schokoriegel, Softdrinks, ist völlig egal. Denkt euch jetzt selber irgendwas aus, wenn ihr das hier hört. Und sagen wir mal, die haben da 30 Produkte und die sind in 50 Nationen irgendwie damit am Markt und haben festgestellt, jetzt nachdem das verkauft wurde für eine halbe Milliarde, dass irgendwo in Tschechien oder Ungarn, auch hier denkt ihr euch wieder einfach irgendwas aus, hat keine realen Bezüge, in einer Produktionsstätte ein großer Fehler seit Jahren besteht.
Und deswegen gibt es da irgendwie jetzt ein Haftungsrisiko für die in den letzten Monaten produzierten Waren von sagen wir mal 30 Millionen. Was macht ihr dann konkret?
Ja, er ist eine super realistische Konstellation und wenn man das Beispiel jetzt nimmt, also ich sag mal, wir haben den Verkäufer beraten, der hat das Unternehmen verkauft, was eben gewisse Lebensmittel herstellt in 30 unterschiedlichen Produktionsstätten in 20 unterschiedlichen Ländern und der Käufer ist jetzt Inhaber des Unternehmens und drei Jahre nach Closing, Wird der Käufer informiert von einer Lebensmittelbehörde in Tschechien, sagen wir, dass die Riegel, die Müsli-Riegel, die in Tschechien produziert werden, einfach ein gesundheitliches Risiko mit sich gebracht haben und in Tschechien gibt es jetzt ein riesen Massenverfahren, wo Kunden einfach Schadensersatz geltend machen, weil, sagen wir mal, sie hatten irgendwie Brechdurchfall, nachdem sie den Müsli-Riegel gegessen haben und möchten jetzt Schadensersatz.
Und das ist dann natürlich für dieses verkaufte Unternehmen ein riesen Risiko, weil die machen vielleicht 100 Millionen Umsatz im Jahr und haben jetzt aber ein Litigation-Risiko von einer Tochtergesellschaft in Tschechien von auch 100 Millionen. Und das würde natürlich das komplette Jahresergebnis zerschießen und dazu führen, dass der gesamte Konzern eventuell die Hälfte seines finanziellen Wertes verlieren würde.
Ja.
Und da ist dann der Käufer natürlich sauer auf den Verkäufer, weil er sagt, dieser Produktionsfehler ist ja noch in dem Zeitraum passiert, wo ihr als Verkäufer, Gesellschafter, Alleingesellschafter dieses Unternehmens wart. Wie einigen wir uns jetzt? Und dann ist natürlich die spannendste Frage erstmal, wie ist dieser Lebensmittelfehler zustande gekommen? Und das ist dann auch so ein bisschen die erste Aufgabe, die wir haben.
Als erstes schreiben wir natürlich einen Vertrag, wenn das alles verjährt ist, dann müssen wir uns nicht mit den Details beschäftigen. Aber wenn keine Verjährung eingetreten ist, dann geht es eigentlich wirklich als allererstes in die Sachverhaltsaufarbeitung. Davor macht man immer so eine grobe SPA-Analyse, schaut, welche Ansprüche gibt es, was sind die Voraussetzungen dafür, wann ist was verjährt.
Das ist aber, sage ich mal, relativ leicht und nicht besonders kompliziert, so eine Analyse zu machen. Und dann geht es in die Sachverhaltsaufarbeitung und das ist auch wirklich sehr, sehr cool und ich glaube, das wird für, und habe ich selber auch unterschätzt, man ist dann als Litigator wirklich auch sehr viel unterwegs.
Also man fliegt dann an die Produktionsstätte nach Tschechien. Spricht vor allem mit den Leuten vor Ort. Schaut sich die Produktionsvorgänge an und ist einfach wirklich erstmal daran interessiert, den wahren, tatsächlichen Sachverhalt herauszufinden. Und das finde ich super spannend, weil ich das jetzt schon in unterschiedlichsten Konstellationen gemacht habe, einfach mit dann Mitarbeitern, die natürlich komplett was anderes machen als man selber, über deren tagtägliches Geschäft spricht.
Die sind am Anfang natürlich erstmal super skeptisch, weil die denken, oh Gott, jetzt kommt da irgend so ein Anwalt von der amerikanischen Grundkanzlei nach Tschechien oder Ungarn und will mit mir sprechen, der will doch bestimmt mich am Ende nur in die Tonne hauen und mir hier vorwerfen, dass ich da schuld daran bin, dass der Müsli-Riegel nicht ordentlich hergestellt wurde.
Und dann ist es die Aufgabe oder ein guter Litigator schafft es eine Art Vertrauensverhältnis mit seinen potenziellen späteren Zeugen zu schaffen, dass die einfach offen darüber reden, was passiert ist. Und dann muss man mit der Information, und das ist auch wirklich super wichtig, dass wir als Litigator nie bereit wären, irgendwie Unwahrheiten zu erzählen.
Das ist ja immer so der Verdacht, dass man versucht da den Sachverhalt und dann, wenn er nicht passt, dann dreht man ihn einfach. Also das findet tatsächlich nicht statt. Man versucht einfach herauszufinden, was ist tatsächlich passiert und mit der Erkenntnis geht man dann zum Mandanten und sagt, jetzt haben wir den Sachverhalt verstanden, den haben wir jetzt auf das SPA angewendet und jetzt müssen wir euch leider sagen.
Ihr wusstet davon zwar alle nichts, aber das SPA ist so formuliert, dass dieses Risiko, wenn sich sowas materialisiert, dass das noch bei euch wirtschaftlich ist. Das heißt, ihr habt eine Exposure, dass ihr am Ende dafür haftet.
Oder wenn es gut läuft, können wir sagen, der Sachverhalt war so und so. Ein solches Risiko haben eure SBA-Berater gut verhandelt, so ein Risiko liegt beim Käufer. Und dann ist es natürlich so, in der optimalen Welt ist es relativ schwarz-weiß und ich kann sagen, entweder du hast ein Haftungsrisiko oder du hast keins.
Aber ganz oft ist es natürlich auch super kompliziert, den Sachverhalt wirklich aufzuarbeiten. Da fliegt man nicht einmal hin, hat ein Gespräch und hat es verstanden, sondern das zieht sich oft über zwei, drei Jahre. In solchen Fällen musst du dann oft auch mit Beratern, mit externen Experten zusammenarbeiten, was auch super viel Spaß macht und was ich auch selber nicht so gedacht hätte.
Wir arbeiten wahnsinnig viel mit Wirtschaftsprüfern, mit Quantumexperten, die uns die Schadensberechnung machen für eine Unternehmensbewertung. Oder in solchen Fällen würdest du dann mit Experten arbeiten, die im Gesundheitswesen spezialisiert sind. Was sind denn für Produkte in der MyFi-Regel erlaubt, die zu Brechdurchfall führen können oder weshalb sind solche Inhalte dann eben nicht erlaubt? Weil das ist natürlich Sachwissen, was wir als Anwälte nicht haben und uns auch nicht mit Google-Suche besorgen können, sondern da sind wir dann angewiesen, mit Experten zu arbeiten.
Und da gibt es eigentlich coolerweise auf jedem Sachgebiet gibt es Experten für irgendwas. Und mit denen sprechen wir dann, die mandatieren wir dann auch und die sind in unserem Team. Und die helfen uns dabei dann einfach den Sachverhalt zu verstehen.
Ich finde, das ist ein ziemlich gutes und lebensnahes Beispiel. Da kann man sich viel darunter vorstellen, warum Litigation eben nicht nur bei Gerichtssitzen ist und sich streiten ist, sondern viel mehr.
Ja, genau. Und wenn jetzt eine Arbitration Clause in dem SBA drin war, was in den meisten ja der Fall ist. Dann ist das ein Schiedsverfahren und dann einigt man sich am Anfang mit der Gegenseite über den Procedural Timetable, also man sagt, jede Seite hat irgendwie drei Schriftsatzrunden oder zwei Schriftsatzrunden, zwischen den beiden Schriftsatzrunden sind immer drei Monate Zeit, dann hat man Sachverständigen-Reports, die man einreichen darf, man muss Witness-Statements einreichen und dann findet die mündliche Verhandlung irgendwann in zwei Jahren statt.
Und je nachdem, wie komplex der Fall ist, kann es wirklich sein, dass man die nächsten zwei Jahre sich fast ausschließlich oder primär mit einem so einem großen Verfahren beschäftigt. Und das ist dann natürlich auch nicht ganz günstig für die Mandanten, aber wenn der Streitwert irgendwie bei 200, 250 Millionen liegt, dann ist es natürlich auch sinnvoll, sich Berater zu holen, auch wenn die teuer sind, die sich das wirklich im Detail anschauen, weil am Ende sind es immer die Details, die so einen Sachverhalt dann am Ende entscheiden.
Gut, wenn ich jetzt einer dieser Berater oder Beraterinnen natürlich werden möchte und sage, klingt irgendwie cool, ich hätte mal Lust bei dir im Team reinzuschnuppern oder sogar mitzuarbeiten, dann ist die nächste Frage, was ist euch wichtig? Also gute Noten sind wahrscheinlich das Erste.
Ja klar, also bei uns gibt es ja die Möglichkeit, das erste Mal zu schnuppern als Referendar oder als wissenschaftlicher Mitarbeiter und ja klar, also gute Noten ist immer das A und O und was mir dann persönlich.
Lass mich dazu kurz eine Nachfrage stellen und zwar, das ist auch ein Fall, den wir häufiger sehen, also gute Noten im Examen, das versteht jeder, aber wenn ich VIMI vorm ersten Examen werden möchte zum Beispiel, sind die Noten in der Uni dann auch schon super relevant?
Das bieten wir gar nicht mehr an. Bei uns kann man es wie mir erst anfangen mit dem ersten Examen.
Okay, gut, dass wir das klargestellt haben.
Und was eben neben den Noten, was so ein gewissermaßen Eingangstor ist, ist mir persönlich und ich glaube vielen hier in der Kanzlei wichtig, dass man einfach spürt, dass die Leute motiviert sind und Bock haben. Was bedeutet es? Man muss hier bei Latham einfach von Anfang an bereit sein, wirklich in die Verantwortung zu gehen.
Man ist, gerade wenn man als Associate anfängt und das muss man natürlich auch schon zeigen, diese Bereitschaft als wissenschaftlicher Mitarbeiter oder wissenschaftliche Mitarbeiterin, dass man wirklich Verantwortung übernehmen möchte, weil wir sagen immer, dass die Latham ist natürlich die Kanzlei und das sind die Mandanten von Latham, aber jeder Anwalt sollte eigentlich die Mandanten von Latham als seine eigenen Mandanten sehen.
Und auch in der Art und Weise ein Commitment haben, dass man wirklich. Eben wenn der General Counsel vom Mandanten bei einem anruft und man ist selber erst im ersten, zweiten Jahr, dass man sich denkt, ja ich bin jetzt derjenige, der zuständig ist, diesen Mandanten ordentlich zu beraten.
Dass man sich nicht irgendwie immer versteckt in, ja da gibt es ja noch ein großes Team und am Ende ist immer der Partner eigentlich verantwortlich und ich arbeite ja nur meinem Partner zu, sondern dass man wirklich Bock hat von Anfang an derjenige zu sein, der seinem Mandanten den Rechtsrat gibt. Und man hat natürlich immer das große Team hier hinter sich und man wird auch nie, das ist der Schöne, man wird auch nie alleine so eine Entscheidung treffen müssen, sondern es läuft alles immer vier oder meistens in sechs Augen Prinzip.
Aber man muss die Bereitschaft mitbringen, eben in die Verantwortung zu gehen und solche Entscheidungen zu treffen.
Wie sieht es so mit sonstigen Themen aus? Also ich sag mal irgendwie Englisch und wie viele Stunden arbeitet ihr so, um mal ganz konkret zu fragen?
Ja, also Englischkenntnisse sind natürlich super wichtig, gerade wir als amerikanische Kanzlei haben super viele amerikanische Mandanten auch und daher sind Englischkenntnisse ja auf jeden Fall einfach zwingend erforderlich. Es ist aber jetzt nicht so, dass man ein Jahr LLM gemacht haben muss und wirklich wie ein Native Speaker Englisch sprechen muss.
Man kann sich das natürlich auch on the job dann so ein bisschen aneignen und Latham bietet da auch sehr viele Englischkurse an, um die jungen Anwälte gerade noch ein bisschen zu unterstützen, um die Englischkenntnisse zu verbessern, aber man sollte jetzt jedenfalls gute Englischgrundkenntnisse haben. Und ich glaube auch so von meiner täglichen Arbeit, würde ich sagen, sind auch so 60 bis 70 Prozent tatsächlich auf Englisch.
Gerade auch in Schiedsverfahren läuft das meiste ja dann ohnehin auf Englisch ab. Wie viel arbeiten wir? Die Referendare und wissenschaftliche MitarbeiterInnen, würde ich sagen, haben ganz klar den Arbeitstag von 9 bis 19 Uhr mit einer Stunde Mittagspause. Das halten wir auch ein.
Klar gibt es mal Tage, dann arbeiten die bis 19.30 Uhr oder 19.40 Uhr, weil sie gerade was fertig machen wollen. Und auch da, finde ich, sieht man immer schon, sind das Leute, die haben jetzt wirklich Bock und die geben um 19.01 Uhr was ab, was 90 Prozent fertig ist oder die arbeiten noch eine dreiviertel Stunde mehr und dafür ist das Arbeitsprodukt dann perfekt.
Und das ist das, was ich so ein bisschen meine mit, man muss merken, dass die Leute Bock haben. Und wenn das Arbeitsprodukt natürlich nur bei 50 Prozent ist, dann soll der zu mir kommen und sagen, sorry, ich bin noch nicht so weit, ich brauche morgen noch.
Ich will nicht, dass der bis Mitternacht arbeitet. Das sollen die nicht machen, das ist meine Aufgabe, das dann fertig zu machen, wenn es fertig werden muss. Aber die sollen mir auch nichts abgeben, was besser sein könnte, wenn sie noch eine halbe Stunde mehr daran arbeiten könnten ungefähr.
Und wir als Anwälte, wir haben eine Billable-Vorgabe für 1900 Stunden und wir haben das ja vorhin mal kurz runtergerechnet, wenn man sich jetzt zum Ziel setzt, eben ungefähr 2000 Stunden zu machen, weil wir ja immer nicht nur derjenige sein, der gerade das macht, was gerade erforderlich ist, sondern ein bisschen wäre, ist ja immer gut. Also wenn man 2000 Stunden arbeitet und man seine 30 Tage Urlaub nimmt und auch alle Feiertage und die Wochenenden freimacht, dann kommt es ungefähr auf knapp über neun Billables pro Tag.
Und wenn man dann noch dazu rechnet, dass man nicht alles, was man arbeitet, auch bilden kann, ein paar Orgasachen, die man dem Mandanten nicht in Rechnung stellen kann, kommt man ungefähr auf 10,5, 11 vielleicht Stunden pro Arbeitstag. Wenn man dann noch eine Stunde Mittagspause mit seinen Kollegen oder anderen Freunden macht, dann hat man einen 12-Stunden-Tag und ist irgendwie von 9 bis 9 oder ich persönlich fange immer um halb 8 an und versuche, dass ich so um 8 rauskomme.
Das ist, glaube ich, eine, sage ich mal, durchschnittlich gesehen einigermaßen realistische Perspektive. Klar, wenn man im Corporate-M&A-Bereich auf eine Transaktion zuarbeitet oder wir, wenn unsere Schriftstatsfisten laufen, dann sind die zwei, drei Wochen davor sicherlich ein bisschen stressiger. Dafür gibt es Phasen nach einer mündlichen Verhandlung oder nachdem man den Schriftstats eingereicht hat, wo es dann auch ein bisschen entspannter ist und wo man mal um 16 Uhr einfach nach Hause gehen kann.
Vielen herzlichen Dank, Philipp. Das war ein sehr authentischer und spannender Einblick.
Cool, freut mich. Danke.
Tschüss.
Ciao.
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