Ich sehe vor allem klassische Bürger-Behörden-Konflikte: verweigerte Baugenehmigungen, Abschleppkosten­bescheide oder Ausländer- und Polizeirecht. Daneben landen auch Behördenstreitigkeiten bei uns, etwa Jugendhilfe-Kosten zwischen Kommunen. Diese Mischung hält das Verwaltungsrecht lebendig und verschafft mir täglich Einblicke in sehr unterschiedliche Lebenssachverhalte.

Das bleibt die Ausnahme. In Spitzenzeiten liegt der Anteil solcher internen Behörden­konflikte bei höchstens zehn Prozent aller Verfahren, oft sogar darunter. Der weitaus überwiegende Teil betrifft also weiterhin Bürgerinnen und Bürger, die sich gegen Verwaltungsakte wehren.

Zuerst prüfe ich, ob der Verwaltungsrechtsweg eröffnet und wir örtlich sowie sachlich zuständig sind. Die Geschäftsstelle legt eine Papierakte an, ordnet ein Aktenzeichen zu und verteilt die Sache gemäß Geschäftsverteilungsplan. Anschließend erlässt der Vorsitzende eine Eingangs­verfügung, fordert Stellungnahmen und bestimmt idealerweise schon die Berichterstatterin.

Seit dem beA kommt jede Anwaltsklage elektronisch, wir drucken sie aber noch für die führende Papierakte aus. Anschließend versenden wir Schriftsätze digital an die Behörde. De facto fungieren wir derzeit als Druck- und Scanstelle – ein Übergangsmodell, bis durchgängig elektronische Akten Realität werden.

Regelmäßig entscheiden drei Berufsrichterinnen bzw. ‑richter. Die Vorsitzende führt organisatorisch, der Berichterstatter erarbeitet Sachbericht und Entscheidungs­vorschlag, die Beisitzer diskutieren gleichberechtigt mit. Bei Urteilen kommen zwei ehrenamtliche Richter hinzu, um die demokratische Legitimation zu stärken.

Im Referendar-Aktenvortrag übt ihr exakt meine Rolle als Berichterstatter: Sachverhalt aufbereiten, Lösung skizzieren, Kolleginnen überzeugen. Die mündliche Prüfung simuliert damit praxisnah die spätere Gerichtssitzung und trainiert strukturiertes Vortragen – eine Fähigkeit, die ich täglich brauche.

Als Einzelrichter fusioniere ich Vorsitz, Berichterstattung und Entscheidung in einer Person – das gibt Gestaltungsfreiheit, vor allem in der Verhandlungs­führung. Komplexe oder grundsätzliche Fragen bleiben jedoch in der Dreier-Kammer, weil dort die juristische Debatte mit Kolleginnen einen enormen Qualitäts- und Lerngewinn bietet.

Mich begeistert der Wechsel zwischen Teamarbeit und Eigenverantwortung. In der Kammer fechte ich mit zwei Fachkollegen spannende Argumentations­duelle aus; als Einzelrichter stehe ich allein für das Verfahren und die Verhandlung. Diese Kombination aus intellektueller Tiefe und unmittelbarer Entscheidungs­wirkung macht den Alltag am Verwaltungsgericht Mainz für mich einzigartig.

Entweder beide Seiten verzichten ausdrücklich auf die Sitzung oder die Kammer erlässt einen Gerichtsbescheid. Voraussetzung dafür sind ein geklärter Sachverhalt sowie keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten – ein Instrument für schlanke, schriftliche Streitbeilegung.

Der Gerichtsbescheid ist ein schriftliches Urteil ohne mündliche Verhandlung. Ich höre die Beteiligten zuvor an, ihre Zustimmung brauche ich aber nicht. Unterlegenene können binnen zwei Wochen die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragen; dann wird die Sache ganz regulär terminiert, wobei ich im späteren Urteil auf den Bescheid verweisen darf.