Prof. Dr. Charlotte Schmitt-Leonardy, Professor | Universität Bielefeld
Das Fahrlässigkeitsdelikt - Definition von Fahrlässigkeit - Formen der Fahrlässigkeit - Aufbau des Fahrlässigkeitsdelikts - Erlaubtes Risiko - Sozialadäquanz - Sonderkenntnisse - Vertrauensgrundsatz - Pflichtwidrigkeitszusammenhang - Schutzzweck der Norm - Eigenverantwortliche Selbstgefährdung - Objektive Vorhersehbarkeit - Rechtswidrigkeit - Schuldprüfung - Subjektive Sorgfaltswidrigkeit - Übernahmeverschulden - FL-Delikt: Keine Versuchsstrafbarkeit & Teilnahme!
In der 294. Episode von IMR geht es um das Fahrlässigkeitsdelikt. Wir besprechen die Definition, die verschiedenen Formen sowie den Aufbau dieses Delikts. Es werden wichtige Konzepte wie erlaubtes Risiko, Sozialadäquanz und Sonderkenntnisse erläutert. Auch der Vertrauensgrundsatz und der Pflichtwidrigkeitszusammenhang sind Thema, ebenso wie der Schutzzweck der Norm und die eigenverantwortliche Selbstgefährdung. Abschließend werden die Rechtswidrigkeit, Schuldprüfung inklusive subjektiver Sorgfaltswidrigkeit, Übernahmeverschulden und das FL-Delikt ohne Versuchsstrafbarkeit und Teilnahme beleuchtet. Viel Spaß mit dieser neuen Folge Eures Jura-Karrierepodcasts!
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Warum das auch für deine juristische Karriere spannend ist, erfährst du im Podcast – hör doch gleich in unsere IMR-Folgen mit der Uni Bielefeld rein!
Prof. Dr. Anne Sanders | Prof. Dr. Caroline Meller-Hannich | Prof. Dr. Anne-Christin Mittwoch
Prof. Dr. Charlotte Schmitt-Leonardy , Professor
Prof. Dr. Charlotte Schmitt-Leonardy , Professor
Prof. Dr. Charlotte Schmitt-Leonardy , Professor
Prof. Dr. Anne Sanders | Prof. Dr. Anne-Christin Mittwoch
Fahrlässigkeit ist kein Zufall – sie beruht darauf, dass man die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt und nicht aufpasst, obwohl man dazu in der Lage ist.
KI-basiert und kann Fehler enthalten.
Herzlich willkommen zu einer weiteren Episode Irgendwas mit Examen Strafrechts Edition. Wieder der kurze Hinweis, schickt uns gerne eure Fragen. Die werden dann von der netten Charlotte Schmidt-Leonadi beantwortet. Hallo Charlotte.
Hallo Marc.
Heute geht es um sozusagen den Gegenpart zum Vorsatzdelikt, nämlich die Fahrlässigkeitsdelikte.
Ganz genau.
Schieß mal los.
Ja, es ist im Grunde auch wirklich eine gute Brücke zu den vergangenen Folgen. In denen du, wenn ein Vorsatzdelikt aus irgendeinem Grund gescheitert ist, weil der Vorsatz entweder gar nicht aufzubauen war oder ein Irrtum dazwischen kam, hast du oft zu Recht gesagt, ja, weil die Verlässigkeit bleibt doch bestehen.
Und genau so ist es auch. Das heißt, das knüpft an das an, was wir bisher gemacht haben. Aus irgendeinem Grund geht 2.12 nicht durch, aber 2.22 ist dann der nächste gedankliche Schritt. Und insofern wichtig, tatsächlich auch dieses Verhältnis sich einmal bewusst zu machen.
In § 15 StGB, das wird Ihnen aufgefallen sein, steht, strafbar ist nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht. Und ausdrücklich heißt, sie müssen im BT den entsprechenden Straftatbestand finden, 2022 als Gegenpart zu 2012.
Und da ist das zentrale Merkmal bei diesen Fahrlässigkeitsdelikten, dass das Ergebnis, der Erfolg, so nennt man das ja, also der Tod in diesem Fall. Passiert ist wegen eines Verstoßes gegen die im Verkehr erforderlich Sorgfalt.
Also ganz anders als sonst, der Täter handelt vorsätzlich, er will das unbedingt, ist es so, dass der Täter ungeschickt handelt, nicht aufpasst, ein bisschen rücksichtslos ist, aber tatsächlich das Ergebnis nicht will. Und das wird nicht immer bestraft, wie in 15 steht, weil eigentlich das Leben uns das oft abnimmt.
Wenn wir ungeschickt sind, wenn wir nicht aufpassen, wenn wir permanent etwas fallen lassen, dann wird das teuer. Dann muss man das entweder dem Freund, dem man es kaputt gemacht hat, bezahlen oder man muss sich selbst ein neues Geschirr kaufen. Das nannte man früher, ich streue immer hier so ein bisschen die lateinischen Begriffe auch ein, die Pöna naturalis, also diese natürliche Strafe.
Wenn man ungeschickt ist, tut man sich oft weh und das eigene Eigentum geht kaputt. Das heißt, man justiert das eigene Verhalten nach und das reicht. Da brauchen wir nicht noch den Staat, der drauf schlägt.
Und wir täten auch gut daran, kleiner kritischer Einschub, uns das als Gesellschaft immer mal wieder auch bewusst zu machen. Das Strafrecht hat einen fragmentarischen Charakter. Das ist also Ultima Ratio.
Wir streuen nicht überall Strafrecht drüber. Und gerade bei den Fahrlässigkeitsdelikten hat sich das gehalten. Das heißt, wenn man jetzt eine teure Vase im Museum zertrümmert, das habe ich gerade neulich bei Instagram gesehen, eine dreieinhalbtausend Jahre alte Vase ist von einem Kind umgeworfen worden im Museum, dann ist das nicht strafbar, in Deutschland auch nicht.
Es gibt keine fahrlässige Sachbeschädigung, aber das heißt nicht, dass man nicht vielleicht Schadensersatz schuldet. Also das zum Kontext, nur dort, wo es geregelt ist, fürs Examen wird es der 222 sein, es wird mal der 229 sein. Also im Grunde relativ ausgewählte Bereiche, relativ gut beherrschbar aus meiner Sicht, wenn man sich bewusst macht, dass es eben eine zweistufige Prüfung ist, die sich um eine objektive Sorgfaltspflichtverletzung dreht.
In der Hauptsache, da werden wir ein bisschen drüber reden heute und dann manchmal auch noch ein bisschen intensiver um die Frage dreht, ob man diese Pflichtverletzung dem Täter dann auch wirklich individuell zum Vorwurf machen kann.
Kürzer Folgefrage, das ist eine richtige Definition, jedenfalls im strafrechtlichen Sinne gibt es nicht, aber wo kriegen wir die denn vielleicht her?
Ah, die Zivilrechtler, sie müssen doch zu was gut sein. Genau, der 276 Absatz 2 BGB, der hilft uns eigentlich, da steht, fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Denn du hast völlig recht, die Strafrechter haben keine Definition im Gesetz.
Wir arbeiten mit einem kleineren Gesetz. Und das ist die erforderliche Sorgfalt, der Bezug zu dem objektiven Maßstabsmenschen. Das sind Perspektiven, die wir aus dem BGB schon gut kennen.
Welche Formen der Fahrlässigkeit lassen sich denn dann unterscheiden?
Drei Formen im Wesentlichen. Auch Unterscheidungen, die wir so ein Stück weit aus dem zivilrechtlichen Denken wahrscheinlich in Erinnerung haben. Und eine Form, die wir in einer der letzten Folgen thematisiert haben, in der Abgrenzung zum Dolus Eventualis.
Also hier kommt so ein bisschen Bekanntes nochmal Ihnen hoffentlich in Erinnerung. Die erste Form der Fahrlässigkeit ist die unbewusste Fahrlässigkeit. Also dieses, oh, ich habe nicht aufgepasst, ich habe es wirklich nicht so gemeint, ich hatte es null auf dem Schirm.
Der Täter lässt die Sorgfalt außer Acht, zu der er schon nach den Umständen objektiv verpflichtet wäre. Man sollte schon ein bisschen aufpassen und dazu wäre er auch subjektiv in der Lage. Es gibt diese zwei Komponenten, aber er hat es wirklich gar nicht auf dem Schirm gehabt.
So ein Beispiel aus Eisle Heinrich. Der A schießt mit einer Pistole im Wald auf Äste und rechnet nicht damit, dass ein Spaziergänger vorbeikommen könnte. Und zu seiner absoluten Überraschung trifft ein Querschläger dann den Spaziergänger Sepp.
Das ist eine unbewusste Fahrlässigkeit in Abgrenzung zur zweiten Form der bewussten Fahrlässigkeit. Hier haben Sie mit Sicherheit nochmal in Erinnerung oder wenn nicht, gehen Sie nochmal zurück zu dieser Folge vorsätzliches Begehungsdelikt. Da haben wir die Abgrenzung zum Dodus eventualis gemacht, ein bisschen theorielastig an dieser Stelle.
Können wir leider nicht dran vorbei fürs Examen. Und diese bewusste Fahrlässigkeit, die sieht so aus, der Täter hält es für möglich, dass er den gesetzlichen Tatbestand verwirklicht. Er vertraut aber, und zwar pflichtwidrig und auch vorwerfbar in subjektiver Hinsicht, er vertraut darauf, dass der Erfolg ausbleibt.
Er vertraut darauf, dass die schlimme Folge, das schlimme Ergebnis nicht eintreten wird. Also wieder ein Beispiel aus Eisle Heinrich. Anton Weiß im vorigen Beispiel genau, dass ab und zu eben da Spaziergänger sind.
Das ist so ein Wald, der von der Gemeinde genutzt wird und ihren Anwohnern. Und er ballert aber trotzdem so im Wald rum und vertraut aber schon darauf, dass niemand zu Schaden kommt. dass es dann bewusste Fahrlässigkeit erhält, also für möglich, dass was passieren könnte, aber vertraut auf den Ausgang.
Wie gesagt, wenn Sie gar keine Assoziationen haben, gehen Sie zu der Folge mit den Abgrenzungen zum Todes Eventuales zurück. Die dritte Form der Fahrlässigkeit, das ist so die Kategorie, ich fahre mir an den Kopf und wie kann man nur, wie kann man sich nur so verhalten.
Das ist die Leichtfertigkeit, die grobe Fahrlässigkeit. Das heißt, hier lässt der Täter wirklich in krassem Maße die gebotene Sorgfalt außer Acht, besondere Gleichgültigkeit, super unachtsam. Das sind Fälle, die wir in der Folge zum erfolgsqualifizierten Delikt vertiefen werden.
Dort wird das eher mal relevant. Warum? Weil hier auch so ein kleiner Ausblick auch auf den BT, weil die Leichtfertigkeit als Voraussetzung in manchen Tatbeständen des besonderen Teils besonders als Voraussetzung ins Gesetz geschrieben ist. Da ist es eben nicht so, dass jede fahrlässige Verwirklichung der schweren Folge ausreicht, sondern dann steht im Gesetz, wenn der Täter leichtfertig die schwere Folge verwirklicht.
Also wie kann man nur so unachtsam, so gleichgültig, so sorgfaltswidrig sein? Das ist unsere dritte Kategorie.
Kürzer Folgefrage, wie baue ich das denn in einer Klausur idealerweise auf?
Ja, wichtige Folgefrage und als Disclaimer voran, vor allen Dingen bauen Sie es nicht so wie immer auf. Im Sinne von, Sie bauen es nie, nie, nie mit objektivem und subjektivem Tatbestand auf. Da fällt man manchmal rein, das ist dann so eine Gewohnheit, Tatbestandsmäßigkeit, Rechtswidrigkeit und Schuld, objektiv und subjektiv.
Denkt man vielleicht nicht dran. Aber das gehört zu den sogenannten Todsünden der Examsklausur. Ich weiß gar nicht, warum wir immer noch in diesen Todsünden-Kategorien der Religion denken. Aber das ist tatsächlich was, was man in solchen Listen immer wieder findet.
Das geht gar nicht. Also das ist wirklich ein ganz anderer Aufbau. Warum? Ja klar, weil wir auch keinen Vorsatz haben. Wir brauchen keinen subjektiven Tatbestand.
Das ist ein Aufbau, der kreist um die Sorgfaltspflichtverletzung. Der ist auch dreistufig. Wir fangen an im Tatbestand, ganz normal mit der Handlung, tun oder unterlassen, wenn es nicht problematisch ist, nicht thematisieren. Ich sage es deswegen, weil wir in einer der letzten Folgen darüber gesprochen hatten, dass zum Beispiel Naturereignisse natürlich keine Handlungen sind, die man bestrafen kann.
Das hatten wir explizit gesagt, aber das, was davor oder danach oder damit im Zusammenhang steht, zum Beispiel eine fehlende Warnung von einem Bürgermeister. Zum Beispiel ein fehlerhafter Umgang mit einer Naturkatastrophe, das sind schon Anknüpfungspunkte für eine Fahrlässigkeitsprüfung.
Jetzt gerade kürzlich gab es einen Fall beim OLG Frankfurt, da hat ein Bürgermeister einen Teich nicht angemessen abgesichert, da sind Kinder ertrunken. Das sind solche Fälle, die sich dann schon stellen. Da sind zwar die Kinder ertrunken in einem Teich, der einfach so ist, aber der Umgang damit, das müssen sie so ein Stück weit auf dem Schirm haben.
Wenn nicht problematisch, nicht thematisieren und wirklich beim Erfolg ansetzen, das ist meistens der Ausgangspunkt. Und der Erfolg sieht eben aus wie bei 212. 222 und 212, Sie haben eine Leiche rumliegen, da setzen Sie an und die Handlung wird meistens kausal gewesen sein.
Das heißt, Kondizosine-Quanon-Formel, wie wir es in der Kausalitätsfolge nochmal wiederholen werden. Es muss also für den Erfolgseintritt ursächlich sein, was der Täter gemacht hat. Und damit kommen wir zum Herz der Fahrlässigkeitsprüfung.
Was der Täter gemacht hat, muss objektiv sorgfaltswidrig gewesen sein. Das heißt, er muss die im Verkehr erforderliche Sorgfalt, Definition, die wir von unseren Freunden aus dem Zivilrecht haben, diese Sorgfalt muss er außer Acht gelassen haben. Und da sind wir bei so einem generellen Wertmaßstab.
Wir sind bei dieser Maßstabsfigur, wie wir es eben auch aus dem Zivilrecht kennen. Und wir sind vor allen Dingen in der Perspektive vor dem Erfolg. Man nennt das Ex-ante-Betrachtung, also von vorher im Unterschied zur Ex-Post-Betrachtung, also sozusagen von der Perspektive nach der Rechtsgutsverletzung.
Weil es hier nicht um Absicht, um Vorsatz, sondern eben nur um einen unvorsichtigen Täter geht, müssen wir uns in seine Lage versetzen in dem Zeitpunkt, in dem er unvorsichtig war. Das heißt, bevor dieses schlimme Ergebnis passiert ist, hat aus seiner Perspektive die Situation so ausgesehen, dass sie gefährlich war.
Und hätte dann ein besonnener und gewissenhafter Mensch, der dem Verkehrskreis des Täters angehört und in dessen Lage ist, hätte dieser Mensch auf jene oder auf eine andere Art gehandelt. Also wie er...
Wir kehren im Grunde zu dieser zivilrechtlichen Denke zurück, dass das Verhalten des Täters anhand dessen beurteilt wird, was ein durchschnittlicher, ein vernünftiger Mensch in der gleichen Situation getan hätte. So eine Art Maßstabsfigur.
Also die objektive Sorgfaltspflichtverletzung. Das ist ein ganz wichtiger Prüfungsabschnitt beim Verlässigkeitsaufbau. Und wie sieht das aus in der Klausur? Also wonach sucht man in der Klausur objektive Sorgfaltspflicht? Wo ist denn die Pflicht? Die ist manchmal geschrieben. Also wenn das ein Sachverhalt ist, der zum Beispiel im Straßenverkehr passiert, dann gucken Sie in die StVO.
Dort steht, wann man abbiegen darf, dass man bei Rot nicht fahren darf. Dort stehen diese Sorgfaltspflichten drin. Unwahrscheinlicher im Wirtschaftsstrafrecht zum Beispiel naheliegend wären solche DIN-Normen, also Maßstäbe, die man so entwickelt hat.
So muss man vorgehen in dem und dem Bereich von Produktionen. Also was Sie suchen an Sorgfaltspflichten, sind Richtlinien, die einem an die Hand gegeben werden, wie man so etwas macht, wenn es geschriebene Sorgfaltspflichten sind. Ich würde auch schätzen, dass in der Examensklausur, vielleicht jenseits der Straßenverkehrsordnung, das könnte man unterstellen, dass Sie das finden.
Aber ansonsten, wenn Sie Regelungen haben, die abgedruckt sind auf so einem Extrablatt zu Ihrer Examensklausur, da würde ich direkt schauen. Das deutet schon so ein bisschen auch auf eine Fahrlässigkeitsprüfung hin. Gehen Sie dort die einzelnen Regelungen durch, ergibt sich da irgendein Maßstab, ein Sorgfaltsmaßstab? Das ist der Anknüpfungspunkt für die objektive Sorgfaltspflichtverletzung.
Super wichtig, weil ich glaube, in dem Moment, wo so ein extra Blatt in der Klausur dabei liegt, mit irgendwas Abgedrucktem, haben manche Prüflinge auch erstmal so einen Reflex von wegen, oh, das ist was Unbekanntes, das habe ich jetzt nicht gelernt. Wenn man aber weiß, wo man das einsortieren kann, sieht man auch schon, ach guck mal, eigentlich ist das sogar ein Hinweis für die Prüfung.
Ich sollte jetzt, wenn ich hier so einen Sorgfaltspflichtmaßstab irgendwo finde, mal darüber nachdenken, ob ich nicht irgendwo auch zu einem Fahrlässigkeitsdelikt dann entsprechend komme.
Ganz genau. Ganz genau. Insofern, diese bedrohlich wirkenden Zusatzblätter sind manchmal wirklich eine Hilfestellung. Nutzen Sie sie und verarbeiten Sie sie im Sachverhalt. Wenn Sie die nicht haben, was ja oft der Fall sein kann, müssen Sie eben auf so ungeschriebene Sorgfaltsanforderungen zurückgreifen.
Aber auch da wird nicht etwas ganz, ganz Exotisches von Ihnen verlangt. Was ist das? Das sind so allgemeine Erfahrungssätze, die Verkehrssitte. Also in unserem Beispiel da im Wald, man ballert natürlich nicht im Wald rum.
Man ballert nicht mit einem Gewehr im Wald rum. Und wenn das irgendwie ein Wald ist, der ganz weit ab vom Schuss ist, no pun intended, dann ist es vielleicht eher unbewusste Fahrlässigkeit. Und wenn das ein Wald ist, der sonntags von der ganzen Gemeinde genutzt ist, dann ist es eben bewusste Fahrlässigkeit.
Aber dieses, man lässt Schusswaffen nicht rumliegen, da gibt es oft aber auch im Waffenrecht Normierungen, da werden sie im Grunde weiterkommen, wenn sie sich so ein bisschen an dem Gefühl, was würde denn, hier kehre ich nochmal zurück, was würde denn ein besonderer, ein gewissenhafter Mensch denn so machen? Auch dieses, ich werfe keine schweren Gegenstände aus der vierten Etage eines Gebäudes, das liegt im Grunde nahe.
Also insofern, das ist das, was Sie suchen, wenn Sie nach dem Sorgfaltsmaßstab. Suchen in ihrem Sachverhalt und in ihrer Klausur. Wichtig ist auch zu erinnern, obwohl das wahrscheinlich in den Examsklausuren nicht ihre größte Sorge sein wird.
Wichtig ist trotzdem zu betonen, es gibt auch erlaubtes Risiko. Also nicht jede gefährliche Handlung ist sorgfaltswidrig.
Jetzt gibt es aber doch Fälle, wo sozusagen auch nur erlaubtes Risiko eingegangen wird, oder?
Ja, super Hinweis und man kann es nicht oft genug sagen. Weniger für die Examensklausur, weil da ist viel Kontext nötig, um das zu erklären. Aber es ist natürlich so, nicht jede gefährliche Handlung ist sorgfaltswidrig.
Wir leben in einer komplexen Gesellschaft und es gibt bestimmte Risiken im Alltag, die unvermeidlich sind. Also Straßenverkehr ist so ein Beispiel, da werden wir nochmal drauf eingehen. Also insofern, es gibt sozial adäquate Risiken und entsprechende Verhaltensweisen.
Auch gefährliche Handlungen sind manchmal nicht sorgfaltswidrig. Ich glaube allerdings, dass in der Examensklausur tatsächlich die Sorgfaltspflichtverletzung in ihrem normativen Anknüpfungspunkt wohl eher das ist, was der erste problematische Punkt ist in der Fahrlässigkeitsprüfung. Der zweite potenziell problematische Punkt, der in diesem Maßstab noch mit hineinzudenken ist, sind die Sonderkenntnisse.
Sonderkenntnisse also zum Beispiel das Wissen des Arztes um bestimmte Allergien des Patienten. Oder Sonderfähigkeiten, also zum Beispiel Sonderautofähigkeiten von einem Formel-1-Rennfahrer, der am Straßenverkehr teilnimmt. Diese Sonderkenntnisse und Fähigkeiten gehören zumindest Standard in diesem objektiven Sorgfaltspflichtverletzungsprüfungspunkt.
Das kann man auch anders sehen. Das möchte ich deswegen jetzt hier kurz ausflaggen, ohne in die Tiefe zu gehen, weil das sonst verwirrt. Man kann natürlich sagen, und das sagen einige, und das sind auch keine schlechten Argumente, muss ich wirklich sagen, wer unterdurchschnittlich begabt ist.
Der begeht im Grunde schon keine objektive Sorgfaltspflichtverletzung. Also warum passen wir diesen Sorgfaltsmaßstab im Grunde nur nach oben an und sagen, oh, wenn du mehr kannst, wenn du als Arzt die Allergien kennst, dann ist das dein objektiver Sorgfaltsmaßstab. Und wer unterdurchschnittlich drauf ist von seinen Fähigkeiten her, der wird aber trotzdem an dem höheren Sorgfaltsmaßstab eines besonnenen Maßstabsmenschen gemessen, ist vielleicht so ein bisschen unfair.
Und das wird kritisiert. Es sei auch so ein bisschen inkonsequent, weil natürlich man dann, dieser unterdurchschnittlich begabte Mensch, wie das dort genannt wird, der kommt dann nur in der Schuld raus. Ich lasse das mal hier so stehen, einfach um auszuflaggen, dass es diese Gegenansicht gibt.
Es ist aber tatsächlich so, dass nur Sonderwissen und Sonderfähigkeiten in diesen objektiven Maßstab gehen. Wir passen also den Maßstab nicht nach unten an. Was wir allerdings machen, ist, wir preisen mit rein, dass wir uns aufeinander verlassen können müssen.
Das ist ein Grundsatz, der super wichtig ist im Recht. Man nennt ihn den Vertrauensgrundsatz, der viele Bereiche des Rechts prägt und hier auch irgendwie reinspielen muss. Das heißt, bei der Beurteilung der Sorgfaltspflicht, das sind oft so Konstellationen aus dem Straßenverkehr, kommt der Vertrauensgrundsatz rein.
Das heißt, man darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass sich andere Verkehrsteilnehmer regelkonform verhalten.
Gut, das heißt grundsätzlich, man kann darauf vertrauen, dass man sich auf andere Menschen in unserer Gesellschaft verlassen kann, auch sozusagen im strafrechtlichen Sinne.
Genau, der Vertrauensgrundsatz ist ein ganz, ganz wichtiger Grundsatz, der alle möglichen Bereiche des Rechts durchzieht. Und der spielt natürlich hier auch eine wichtige Rolle. Und das ist natürlich super gut, auch mit den Straßenverkehrsdelikten zu kombinieren.
Also grundsätzlich ist ein Verkehrsteilnehmer, hat Recht darauf zu vertrauen, dass sich andere Verkehrsteilnehmer regelkonform verhalten werden. Grundsatz, Ausnahme. Wenn ich Anhaltspunkte habe, dass das nicht so ist.
Das heißt, ich kann natürlich darauf vertrauen, dass sich die Leute an rote Ampeln halten und an Verkehrsschilder. Wenn ich aber auf eine Kreuzung zufahre und sehe schon, dass der andere die rote Ampel überfahren wird und in mich reinfährt, kann ich nicht in dieser oberlehrerhaften Art sagen, nein, nein, nein, ich verhalte mich richtig.
Ich darf darauf vertrauen, dass du stehen bleibst, obwohl ich erkannt habe, in welche Richtung die Situation läuft. Das ist also wichtig. Es ist kein Oberlehrer-Vertrauensgrundsatz, sondern nur berechtigtes Vertrauen.
Ähnlich auch, wenn es um Sorgfaltspflichten geht, die darauf ausgerichtet sind, dass man eben das Fehlverhalten von Dritten im Blick behält. Also typisch so Aufsichts- und Überwachungssituationen. Zum Beispiel der leitende Arzt in einem Operationsteam, dessen Funktion es ist, zu checken, ob die jüngeren Ärzte Fehler machen oder irgendwas vergessen.
Der kann natürlich nicht sagen, ja Leute, Vertrauensgrundsatz, ich darf darauf vertrauen, dass ihr keine Fehler macht. Nein, nein, nein, das ist deine Schlüsselaufgabe in dieser Konstellation. Das heißt, die Sorgfaltspflicht bezieht sich hier darauf, auch zu überwachen, zu beaufsichtigen.
Das sind also doch auch Ausnahmen des Vertrauensgrundsatzes. Eventuell prüfungsrelevant, inwieweit der Vertrauensgrundsatz wirkt, wenn sich einer der Teilnehmer durch sein Vorverhalten so ein Stück weit ins Unrecht gesetzt hat, also sich betrunken hat. Ein betrunkter Fahrer, darf der auch darauf vertrauen, dass andere sich verkehrsgerecht verhalten? Und die Antwort ist schon ja.
Es sei denn, man hat dadurch erst die Sorgfaltspflichtverletzungen begründet und eine Gefahr erhöht. Aber wenn man jetzt betrunken im Straßenverkehr gerade ausfährt, kann man sich schon darauf verlassen oder sollte man sich darauf verlassen dürfen, dass niemand einfach aus der Böschelung auf die Straße springt. Also insofern, da könnte es problematische Konstellationen geben.
Dazu werden wir Ihnen auch ein Wort sagen in aktuellen examensrelevanten Konstellationen, die wir in Spezialfolgen machen. Grundsatzvertrauen ist geschützt, es sei denn, es liegen gegenteilige Anhaltspunkte vor.
Das nächste Buzzword, was ich kennen muss, ist im Fahrlässigkeitsdelikt dann natürlich der Pflichtwidrigkeitszusammenhang. Was gibt es dazu zu sagen?
Ein super wichtiges Buzzword. Da sind Kategorien und Fallgestaltungen drin, die regelmäßig prüfungsrelevant werden. Ich gehe jetzt mal so ein bisschen die wichtigsten durch. Das erste ist das rechtmäßige Alternativverhalten.
Das kennen Sie auch aus der objektiven Zurechnungsfolge. Das ist, weil der Pflichtwidrigkeitszusammenhang eben eine spezielle Ausprägung der objektiven Zurechnung ist. Da stellt man sich im Grunde immer die Frage, wann ist denn der unterbrochen? Also wann wird sozusagen nicht zugerechnet? Und das kann der Fall sein bei rechtmäßigem Alternativverhalten.
Also ein Beispiel, Toni fährt mit seinem Auto betrunken und viel zu schnell durch die Straßen der Kleinstadt. Da torkelt plötzlich der vollkommen betrunkene O, alle sind getrunken, auf die Fahrbahn und wird von Tonis Auto erfasst und getötet. Und hier ist viel und kontrovers diskutiert worden, wie man damit umgeht, wenn einer sozusagen sehr sorgfaltswidrig betrunken und viel zu schnell fährt und jemanden umbringt, der aber tatsächlich auch seinen Teil dazu beigetragen hat und man zu der Hypothese kommt, zu der Vermutung kommt, dass das Ganze auch passiert wäre, wenn unser Täter nüchtern gewesen wäre und sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung gehalten hätte.
Was machen wir dann? Es ist ein Fahrlässigkeitsvorwurf. Er hat sich aber nur mal betrunken und er war nur mal zu schnell. Da haben früher Leute behauptet, die Auffassung nennt man die reine Kausalitätstheorie, dass der Täter Fahrlässigkeitsvorwurf trotzdem verdient hat.
Das heißt, der Täter haftet für den durch sein pflichtwidriges Verhalten verursachten Erfolg und zwar unabhängig davon, ob der auch bei einem pflichtmäßigen Verhalten eingetreten wäre. Es ist also so ein bisschen eine Erfolgshaftung. Diese Perspektive sehr hart.
Also die Strafbarkeit des Täters wird dann auch bejaht, wenn der Erfolg auch bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre. Und das ist kritisiert worden, aus meiner Sicht auch zu Recht, weil der Täter hier im Grunde sich zwar pflichtwidrig verhalten hat, aber im Grunde kein Risiko gesteigert hat, wenn wir wirklich klar und sicher haben, es wäre so oder so passiert.
Fahrlässigkeit sollte eben keine reine Zufalls- und Erfolgshaftung sein. Und deswegen haben sich zwei Auffassungen dann durchgesetzt, die beide immer noch streiten. Die Rechtsprechung vertritt die Pflichtwidrigkeits- oder die Vermeidbarkeitstheorie.
Wie immer sage ich, es kommt nicht so sehr auf die Namen an. Natürlich, das löst den Abhackreflex des Korrektors aus, aber merken Sie sich vor allen Dingen die Inhalte. Und da sagen die Vertreter dieser Auffassung, wenn der Erfolg bei pflichtgemäßen Verhalten des Täters ebenso eingetreten wäre, kann ihm der Erfolg nicht zugerechnet werden.
Und die wichtige zweite Feststellung, die sich von der dritten Theorie unterscheiden wird, also heads up hier, zum Nachweis reichen der Pflichtwidrigkeits- und Vermeidbarkeitstheorie konkrete Umstände, die es für möglich erscheinen lassen, dass der Erfolg trotzdem eingetreten wäre, also bei pflichtgemäßen Verhalten trotzdem eingetreten wäre. Und die argumentieren eben damit, dass der Erfolg gerade auf der Sorgfaltspflichtverletzung beruhen muss und dass man eben in dubio pureo eben davon ausgehen muss, dass wenn diese Alternative auch nicht zum Erfolg geführt hätte, dass wir dann den Täter freilassen sollten.
Also Straflosigkeit, wenn die Möglichkeit glaubhaft dargelegt wird, dass der Erfolg trotzdem eingetreten wäre. Dagegen wendet sich die ein bisschen strengere Risikoerhöhungslehre. Die sagen, wenn der Erfolg beim pflichtgemäßen Verhalten des Täters ebenso eingetreten wäre, dann kann ihm der Erfolg nicht zugerechnet werden.
Okay, da sind wir ähnlich. Aber zum Nachweis muss er bei einem Verhalten, das zu einer das Maß des erlaubten Risikos heblich über steigenden Gefährdung geführt hat, weisen, dass der Erfolg bei pflichtgemäßen Verhalten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht eingetreten wäre. Das heißt, denen reicht die Möglichkeit nicht aus.
Denen reicht diese bloße Vermeidbarkeitsidee nicht aus. Die sagen, wenn die Risikoerhöhung vom Täter ausgegangen ist, der betrunken und zu schnell gefahren ist, dann muss hier mehr kommen. Das heißt, die Straflosigkeit des Täters passiert hier nur, wenn er mit Sicherheit nachweist, dass der Erfolg trotzdem eingetreten wäre.
Und das ist natürlich super schwer nachzuweisen. Und das führt auch zu der berechtigten Kritik, dass hier aus Verletzungsdelikten so ein bisschen Gefährdungsdelikte gemacht werden. Und das ist problematisch.
Ist aber auch eine sehr vertretene Ansicht und deswegen hier gleichwertig neben der Ansicht der Rechtsprechung. Also das ist so eine wichtige Kategorie. Rechtmäßiges Alternativverhalten wird uns sicher nochmal begegnen.
Die zweite superwichtige Kategorie, Schutzzweck der Norm. Es geht nicht darum, das haben wir ja hier schon oft thematisiert, dass sich ein Täter schlecht, unvorsichtig oder irgendwie idiotisch verhält, sondern es geht immer auch um eine Verknüpfung. Also es geht nicht um die Lebensführung, es geht nicht um den Täter, sondern es geht immer um einen ganz konkreten Vorwurf in einer konkreten Situation.
Das heißt, wenn wir die Situation haben, dass jemand viel zu schnell durch die Stadt fährt. Aber dann an einer Schule, wo Kinder aus dem Tor heraustreten könnten und so ein bisschen schnell sind, tatsächlich abbremst, tatsächlich die angepasste Geschwindigkeit fährt und plötzlich hinter einem Busch ein Kind hervorspringt und wirklich auf die Straße springt.
Und niemand hätte es kommen sehen können. Völlig sozusagen im Lager des Kindes die Verantwortung. Dann kann man nicht sagen, ja pass auf Autofahrer, du wirst die ganze Zeit schnell gefahren. Und wärst du langsamer gefahren, wärst du später an diese Stelle gekommen.
Das Kind wäre schon lange über die Straße gegangen und es wäre nichts passiert. Das kann man nicht machen. Denn der Schutzzweck der Geschwindigkeitsbegrenzung ist nicht, dass man später an irgendwelche Stellen im Straßenverkehr kommt und dort irgendwelche unvorhersehbaren Unfälle nicht passieren.
Ich habe das immer in der Vorlesung auch mit dem Super-Extrem-Beispiel geschildert. Wenn ich im Saarland losfahre, um in Bielefeld Vorlesungen zu halten und ich überfahre im Saarland eine rote Ampel morgens um Viertel nach fünf, ich fahre immer sehr früh los und komme deswegen um elf Uhr in Bielefeld an und überfahre einen Fußgänger, der einfach mir vor das Auto springt, dann ist das eben nicht das Überfahren der roten Ampel um Viertel nach fünf morgens im Saarland.
Denn der Schutzzweck der roten Ampel ist nur dort, den Verkehr zu regeln. Das dürfen wir nicht übersehen, denn wir springen dann schnell auf die Sorgfaltswidrigkeit und sagen, die rote Ampel und da hinten ist ein totes Kind und dann bringen wir das einfach so zusammen. Das heißt, die verletzte Sorgfaltsnorm muss auch diesen konkreten Erfolg verhindern.
Darum muss es gehen. Also die rote Ampel regelt den Verkehr an dieser Stelle der roten Ampel und nicht das früher oder später Ankommen an einem anderen Ort.
Dann könnte man noch was zur eigenverantwortlichen Selbstgefährdung sagen, aber vielleicht halten wir das an der Stelle hier ein bisschen kürzer, weil wir dazu nochmal eine Spezialfolge machen.
Super, ja, es ist nämlich so ein tricky Bereich eigentlich der Fahrlässigkeit und insofern vielleicht nur im Einklang mit dem, was wir gesagt haben, Vertrauensgrundsatz, es gibt auch erlaubte Risiken. Also Fahrlässigkeit soll jetzt nicht und die Sorgfaltsanforderungen sollen jetzt nicht unser Leben plastern, mit Vorsicht, kein Risiko eingehen und jedem misstrauen.
Und so ist es natürlich auch so in der Gesellschaft, dass Leute sich eigenverantwortlich entscheiden, Physiken einzugehen und in Kenntnis der Gefahr bestimmte Aktivitäten unternehmen. Zum Beispiel Extremberglaus. So als Beispiel, wer sich daran beteiligt und irgendwie auf so einen Berg steigt, die Idee würde ich niemals kommen und die Gefahr des Absturzes oder des Erfrierens und so weiter auf sich nimmt, der kann das eigenverantwortlich machen.
Das heißt, wir... Wir würden da keine Strafbarkeit nach 2022 zum Beispiel des Tourenveranstalters annehmen, weil man eben eigenverantwortlich solche Risiken eingehen kann. Das wird für Sie in der Examsklausur aus meiner Sicht in zwei großen Problembereichen auftauchen können.
Das eine ist die vorsätzliche Selbstgefährdung des Opfers. Das andere ist das eigenverantwortliche Dazwischentreten eines Dritten. Diese vorsätzliche Selbstgefährdung des Opfers ist so ein bisschen diese Bergsteiger-Konstellation aber noch zugespitzt. Also wieder unser A, der den B ersticht in Tötungsabsicht mit einem Messer und der wird auch verletzt und er muss auch ins Krankenhaus.
Eben hatten wir den Meteoriten, der da drauf steht. Das funktioniert alles. Der kommt ins Krankenhaus mit der Messerverletzung und das Opfer, der B, lehnt aus irgendwelchen Gründen eine ganz einfache, schlichte Bluttransfusion ab. Aus irgendwelchen Gründen.
Da kommt der B mit seinem Verantwortungsbereich. Der ist jetzt dazwischengetreten. Das heißt, der A hat zwar natürlich mit dem Niederstechen eine rechtlich missbelegte Gefahr geschaffen und natürlich war das auch kausal. Aber das Ergebnis, der Tod durch die fehlende Bluttransfusion, ist relevant durch die Entscheidung des B verursacht worden und auch in seinem Verantwortungsbereich zu rechnen.
Klar, dass das dann manchmal richtig schwierig wird, zum Beispiel bei diesen schnellen Autofahrten, die Raserfälle oder bei den merkwürdigen Kausalverläufen. Was ist noch in dem Verantwortungsbereich? Was bleibt doch im Verantwortungsbereich des Täters? Das wird ein bisschen tricky werden.
Und ähnlich wird es auch sein, wenn ein Ritter eigenverantwortlich dazwischen tritt. Also zum Beispiel nochmal hier ein Beispiel aus Eisele-Ziräuse, Unser Toni, der eine umfangreiche Waffensammlung besitzt und der dabei ist, die Pistolen zu putzen. Und er klingelt das Telefon und er lässt einfach seine ganzen Waffen geladen da auf so einem Tisch liegen.
Was man halt so macht. Ja, was man halt so macht, wenn man Waffen hat. Und das wäre aber so ein Ding, da dachte ich jetzt eben an den Anfang unserer Folge, da hätten sie wahrscheinlich das Waffengesetz mit abgedruckt. Und dann würden sie wahrscheinlich ein 36-Waffengesetz sehen.
Das ist ein Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht, weil sie müssten Waffen auf eine bestimmte Art und Weise aufbewahren. Das heißt, zack, Sorgfaltspflicht, Verstoß. Die Hürde haben sie gepackt.
Sie sagen, okay, nee, das geht gar nicht. Aber der Sachverhalt geht so weiter. Die Waffen liegen da. Abends kommt eine Party zustande.
Er hat Gäste, unter anderem irgendwelche Choleriker. und A und B ziehen sich ins Arbeitszimmer zurück, um zu streiten und A nimmt eine Waffe und erschießt dann vorsätzlich den B. Da kommt einfach noch was rein.
Er war zwar unvorsichtig, sie haben diese Sorgfaltspflichtverletzung, aber wie gehen wir damit um, dass A einfach diese Waffe greift und vorsätzlich ein B erschießt? Und da gibt es so ein bisschen Streit, verschiedene Theorien. Spoiler Alert, es wird die Theorie der begrenzten Verantwortungsbereiche sein.
Also auch hier wird wieder mit Verantwortungsbereichen gearbeitet und hier ist dieses Zuordnen tricky. Wie gesagt, Spezialfolge.
Dann lass uns zur objektiven Vorhersehbarkeit noch ein paar Worte verlieren und dann nähern wir uns ja auch schon so ein bisschen, jedenfalls vielleicht der Mitte bis dem Ende zu dem, was es zum Fahrlässigkeitdelikt zu sagen gibt.
Genau, wir geben ja auch jetzt hier in den ersten Folgen eigentlich eher einen Überblick. Deswegen lass uns genau das so machen. Zum letzten Punkt der objektiven Anforderungen an den Täter kommen.
Das ist die objektive Vorhersehbarkeit, die sehr eng gepaart ist mit der objektiven Vermeidbarkeit des Erfolgs. Objektiv vorhersehbar ist ein Erfolg, wann? wenn ein umsichtig handelnder Mensch, da haben wir wieder unseren Maßstabsmenschen, aus dem Verkehrskreis des Täters unter den jeweils gegebenen Umständen aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung mit dem Eintritt des Erfolgs gerechnet hätte.
Das heißt, wir haben hier wirklich diesen objektiven Maßstab in den Schuhen des Täters vor der Rechtsgutsverletzung. Wie sah die Welt aus für einen besonderen, normalen Menschen aus dem Verkriegskreis des Täters? Und wichtig, das kennen wir aus dieser Abgrenzungsfolge zum Dodus Eventualis, es reicht, wenn dieser schlimme Erfolg eine mögliche Folge des Verhaltens war.
Also es geht hier nur darum, dass ich erkenne, ich handle auf eine bestimmte Art und Weise und möglich ist es, dass daran jemand stirbt, dass daran jemand zu Schaden kommt. Und die Vermeidbarkeit des Erfolges in objektiver Hinsicht.
Das hat ja auch alles so ein Stück weit mit einem stabilen Maßstab, an dem man den Täter dann messen muss, der ja nicht vorsätzlich handelt. Und der BGH ist da auch relativ großzügig und hat zum Beispiel Fahrlässigkeitsstrafbarkeiten abgelehnt, wenn ein Autofahrer zwar tatsächlich gegen das Überholverbot verstoßen hat, aber die tödliche Verletzung von einem Fahrradfahrer in diesem konkreten Fall absolut nicht vermeidbar, absolut nicht vorhersehbar war.
Also es muss wirklich in objektiver Hinsicht vermeidbar sein von einem Maßstabsmenschen. Wir haben wirklich diese objektiven Voraussetzungen einmal Revue passieren lassen. Der Maßstabsmensch ist es und machen ganz normal weiter.
Wie gesagt, es ist kein Vorsatz zu prüfen, kein klein b, sondern nach dieser Tatbestandsmäßigkeitsprüfung gehen wir ganz normal in die Rechtswidrigkeit. Das ist eine ganz normale Rechtswidrigkeitsprüfung. Das Einzige, was hier Ihnen vielleicht begegnen kann, ist dieser Aspekt mit dem erlaubten Risiko.
Die herrschende Meinung prüft das aber oben bei der Sorgfaltspflichtverletzung. Das würde ich Ihnen auch empfehlen. Man könnte es hier nochmal thematisieren. Was man hier thematisieren könnte, auch dazu wird es eine Sonderfolge geben, ist eine potenzielle Einwilligung des Opfers.
Das heißt, die Rechtswidrigkeit, die hat verschiedene Kategorien, die wir hier angeteasert haben, Rechtfertigungsgründe, wie die Not wäre. Aber es kann natürlich auch den Rechtfertigungsgrund der Einwilligung geben, den wir gesondert eingehen. Und da stellt sich halt die Frage, ob das Opfer auch in ein gefährliches oder, gefährdendes Verhalten einwilligen kann und nicht in einen Erfolg.
Weil das ist das, was wir bei der Verheißlichkeit haben. Wir haben halt im Grunde nur ein Risiko, eine Gefährdung, irgendwas Unvorsichtiges. Ob das geht, inwiefern das geht, darüber wird auch gestritten.
Die Rechtsprechung lässt so eine Risikoeinwilligung grundsätzlich zu. Da gehen wir nochmal in der Tiefe in einer Sondererfolge drauf ein. Die zweite wichtige prüfungsrelevante Ebene ist auf der Schuldebene, also drei Schuld. Und da haben Sie die Entschuldigungsgründe ganz normal.
Das ist das Alter des Täters und so weiter. Da weicht nichts vom Normalfall ab. Das, was Sie aber explizit prüfen müssen, ist die Unzumutbarkeit normgemäßens Verhaltens. Die müssen Sie sozusagen nochmal in Ihrem Kopf checken.
Das ist nämlich seit dem Leinenfängerfall, wo ein Kutscher die Gefahr eines Unfalls mit so einem Pferd, das so ein bisschen nervös war, zwar erkannt hat, aber sein Dienstherr wollte trotzdem los und da hatte sich der Kutscher, um eben seinen Arbeitsplatz nicht zu riskieren, gebeugt. Das heißt, das sind so Konstellationen, in denen eine Strafbarkeit damals durch das Reichsgericht verneint wurde, obwohl tatsächlich eine Sorgfaltswidrigkeit bejaht wurde.
Aber da hat man ja auf Ebene der Schuld gesagt, aber hier war ihm sorgfaltsgemäßes Verhalten unzumutbar, weil er eben sonst seinen Job verloren hätte. Das würde man heute jetzt bei gravierenden Risiken wohl nicht mehr machen.
Das hat ja jetzt das Reichsgericht in dem spezifischen Fall so gemacht. Man macht es heute in Fällen leichtester Fahrlässigkeit. Da kann sowas mal kommen. Da kann man auch mit einem Strafbedürfnis argumentieren.
Also insofern nicht super klausurrelevant, aber auf dem Schirm haben. Immer, immer, immer prüfen subjektive Sorgfaltswidrigkeit. Das heißt im Grunde das subjektive Gegenstück zur objektiven Sorgfaltswidrigkeit. Was ist das? Es ist im Grunde der individualisierte, auf den konkreten Täter mit seinem konkreten Wissen, seinen konkreten Fähigkeiten zugeschnittene Sorgfaltsmaßstab.
Das heißt, diese schlimme Folge der Erfolg, der Tod, muss für ihn individuell vorhersehbar gewesen sein und es muss für ihn individuell vermeidbar gewesen sein. Also, wir nehmen wieder so eine Unfallkonstellation, so wird Ihnen das oft begegnen.
Der A findet irgendwie einen schwer verletzten Motorradfahrer, der da jetzt irgendwie auf einer Waldstraße ziemlich einsam verunglückt ist. Erste Hilfemaßnahmen müssen durchgeführt werden. Und Anton kann das überhaupt nicht.
Der ist einfach ein Mensch, der das gar nicht kann. Aber es ist halt niemand da. Und er ist der Einzige da. Das heißt, er muss schon...
Versuchen zu helfen, das tut er auch, aber weil er total ungeschickt ist, lagert er eben den Motorradfahrer, dem er dann noch den Helm abnimmt. Sie wissen, das dürfen Sie niemals tun, kann das Knick brechen und lagert den so schlecht, dass eben der Motorradfahrer stirbt.
Wie gehen wir damit um? Da ist die Erfolgverursachung in dieser Schilderung des fiktiven Falls für Anton individuell nicht vermeidbar gewesen. Also da wird Ihnen der Sachverhalt immer helfen. Da wird Ihnen der Sachverhalt sagen, was der Täter kann, wo er total unfähig ist, wo er kein Wissen hatte, wo er körperliche Defizite hatte.
Das wird ihnen der Sachverhalt geben. Da geht es wirklich ganz anders als oben bei dem Maßstabsmenschen geht es darum, ob der Täter diesen objektiv berechtigten Anforderungen an seine Person, diesen Maßstabsanforderungen, über die wir jetzt so viel geredet haben, ob der eher persönlich das tatsächlich konnte. Also hier sind eklatante Wissenslücken, Erfahrungsdefizite, Intelligenzmängel, andere Defizite, das führt alles zu einem Ausschluss auf subjektiver Ebene, also zum Verneinen der subjektiven Sorgfaltswidrigkeit.
Ich erinnere mich da an ein Stichwort Übernahmeverschulden, wo man wahrscheinlich auch noch gerade ein bisschen was zu sagen kann, oder?
Top, super, das ist genau das richtige Stichwort. Das ist die Konstellation, in der der Täter eine Aufgabe übernimmt, obwohl er weiß, dass er nichts kann. Also hier eben eine Situation, wo diese erklärten Wissenslücken, die Erfahrungsdefizite, die normalerweise den Täter bei der subjektiven Sorgfaltswidrigkeit raushauen könnten, wo wir da sagen, ah nee, du nicht.
Das heißt zum Beispiel der Medizinstudent im ersten Studienjahr, der aber, weil er sehr selbstbewusst ist, sagt, ich übernehme diese komplizierte Augenlaser-OP. Aber er hat eben das Erfahrungswissen nicht und er hat da große Wissenslücken. Das nennt man Übernahmeverschulden.
Also wenn der Täter eine Aufgabe übernimmt, obwohl er weiß oder wissen müsste, dass er ihr nicht gewachsen ist. Das ist dann eine Sorgfaltspflichtverletzung, die mit dem Täter heimgehen kann. Also insofern kleine Ausnahme von dem, was ich gerade dargestellt habe.
Dann gibt es noch so einen Kardinalsfehler in der Klausur. Stichwort Versuchsstrafbarkeit und Fahrlässigkeitsdelikt. Hier bitte nicht falsch abbiegen.
Oh je, ja, ganz genau. Es ist eigentlich so klar. Und wenn man dann aufgeregt ist, dann ist es einem doch nicht so klar. Und ja, da gibt es so zwei, drei Sachen, die ich echt schon oft gelesen habe.
Und vielleicht ist es wirklich gut, darüber jetzt nochmal zu sprechen. Also, es gibt natürlich eine versuchte, fahrlässige Tötung. Ist ja klar. Also, 22,22,23 kann es nicht geben, weil der Versuch literally um den Vorsatz kreist.
Das ist das Einzige, was wir beim Versuch haben. Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestands unmittelbar ansetzt. Der Versuch ist der Vorsatz im Hinblick auf den Erfolg.
Bei der Fahrlässigkeit haben wir das nicht. Wir haben nur unvorsichtiges, unsorgfältiges Handeln. Das heißt, bei Fahrlässigkeitsdelikten gibt es keinen Versuch. Und wo wir gerade dabei sind, bei Fahrlässigkeitsdelikten des Haupttäters gibt es natürlich auch keine Teilnahme.
Denn, wenn Sie jetzt gar keine Assoziation haben, hören Sie nochmal zurück in die Folgen der Beteiligung, also Täterschaft und Teilnahme. Die Teilnahme setzt zwingend eine vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat voraus. Und das haben wir nicht, wenn der Haupttäter fahrlässig handelt.
Da haben wir ja keinen Vorsatz. Und umgekehrt, der Teilnehmer muss ja auch immer vorsätzlich bestimmen oder muss vorsätzlich Hilfe leisten. Das heißt, es gibt natürlich auch keine fahrlässige Anstiftung oder eine fahrlässige Beihilfe.
Es gibt auch keine fahrlässige Mittäterschaft im Sinne einer echten Mittäterschaft mit dem gemeinsamen Tatplan, weil Mittäterschaft ist bewusstes und gewolltes Zusammenwirken. Und das gibt es nicht. Was es gibt, ist die Nebentäterschaft.
Also einfach, dass zwei Täter zusammen etwas machen und jeder ist wegen Fahrlässigkeit dann zu bestrafen. Zwei Freunde werfen Steine runter und denken sich dabei nichts, so einen Abhang runter und es entsteht eine Lawine. Das ist nochmal was anderes.
Aber eben die Mittäterschaft, das bewusste, gewollte Zusammenwirken, das geht nicht in Fahrlässigkeitskonstellationen. Also die Kombis funktionieren nicht, außer, und das haben wir ja eben, glaube ich, auch schon angedeutet, sozusagen als einzige mögliche Kombi mit was Bekanntem aus dem AT, die Unterlassensstrafbarkeit. Also es gibt haarlässiges Unterlassen, weil das eben an diese Handlungsqualität anknüpft.
Also zum Beispiel Unterlassen einer Warnung, Unterlassen der Rettung. Das gibt es schon. Ansonsten Vorsicht, Vorsicht mit der Kombi. Das passiert einem so schnell und jetzt haben sie es gehört.
Jetzt kann es ihnen nicht mehr passieren.
Vielen herzlichen Dank, Charlotte, dass du dir die Zeit genommen hast, hier in diesen gut 45 Minuten so einmal einen wilden Ritt durch das Fahrlässigkeitsdelikt mit unseren Zuhörenden zu unternehmen. Ich glaube, das hilft wirklich vielen Leuten sehr bei ihrer Examensvorbereitung und ich danke dir für heute wieder ganz herzlich.
Und wieder von Herzen gern. Ciao.
Ciao.