IMR3130. Jul 19
IMR031: Juristisch Forschen und gute Lehre | Interview Akademische Rätin

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IMR031: Juristisch Forschen und gute Lehre | Interview Akademische Rätin

Dr. Ann-Marie Kaulbach, ÖD | Universität zu Köln

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Über diese Episode

Folge 31 Deines Jurapodcasts zu allen Karriere- und Examensthemen

Karriere Universität - Forschung Jura - Juristische Lehre - Professorenlaufbahn - Promotion - Habilitation - Juniorprofessur - Vertragsgestaltung - Erbrecht - Privatrecht - Rechtsdidaktik - Didaktische Methoden - Leihmutterschaft - Abstammungsrecht - § 1591 BGB

Dr. Ann-Marie Kaulbach erläutert in dieser Folge, warum die Karriere an der Universität nach deinem Studium der Rechtswissenschaften ebenfalls ein spannender Weg sein kann. Dabei geht es um mehr als eine Promotion oder weitere Ausbildung in Form des LL.M.: Was zeichnet gute Lehre aus? Wann macht eine Vorlesung dem Lehrenden und Studierenden auch im Jurastudium Spaß? Was kann in Jura besser werden?

Kapitel:

  • 01:00 - Vorstellung Dr. Kaulbach
  • 02:51 - Der Weg zur Professorin
  • 05:25 - Warum "Vertragsgestaltung"?
  • 08:35 - Zum (notwendigen) wirtschaftlichen Sachverstand
  • 09:40 - Forschungsaufenthalt in Berkeley
  • 11:17 - Was ist gute Lehre?
  • 14:09 - Vorlesungsdesign
  • 17:47 - Praktikereinbindung im juristischen Studium
  • 19:30 - Lerntypen adé
  • 20:48 - Von US-Law Schools lernen?

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Ann-Marie Kaulbach

Ann-Marie Kaulbach

Kapitel

  • 00:01:00.000Vorstellung Dr. Kaulbach
  • 00:02:51.000Der Weg zur Professorin
  • 00:05:25.000Warum "Vertragsgestaltung"?
  • 00:08:35.000Zum (notwendigen) wirtschaftlichen Sachverstand
  • 00:09:40.000Forschungsaufenthalt in Berkeley
  • 00:11:17.000Was ist gute Lehre?
  • 00:14:09.000Vorlesungsdesign
  • 00:17:47.000Praktikereinbindung im juristischen Studium
  • 00:19:30.000Lerntypen adé
  • 00:20:48.000Von US-Law Schools lernen?

Über Universität zu Köln

Die Uni Köln ist Deutschlands größte juristische Fakultät. Sie zeichnet sich durch mehrfach ausgezeichnete Lehre und juristische Forschung aus. IMR verbindet mit der Uni Köln ein besonderes Verhältnis, denn der Podcast startete hier im Jahr 2018 unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. h.c. Dauner-Lieb. Prof. Dauner-Lieb engagiert sich zudem seit Jahrem im Rahmen des Examenspodcasts Irgendwas mit Examen, der Teil von IMR ist. Dort erhaltet Ihr sowohl im Zivil- als auch im Strafrecht einen kontinuierlichen kostenfreien Examenskurs in Podcast-Form.

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Vertragsgestaltung ist eine zentrale Aufgabe von Juristen, weil sie Privatautonomie verwirklichen und dabei helfen, komplexe Rechtsverhältnisse verständlich und praktikabel zu machen.

Sneak Peak – Q&A mit Ann-Marie Kaulbach

Transkript

KI-basiert und kann Fehler enthalten.

Music:

0:10 Min
Marc Ohrendorf:

Herzlich willkommen zu Episode 31 von Irgendwas mit Recht. Heute schauen wir uns ein bisschen Forschung und juristische Lehre an, denn das ist ja auch ein Karriereweg, den man einschlagen kann, wenn man seine beiden Examina in der Tasche hat. Und dazu spreche ich mit Dr. Ann-Marie Kaulbach. Hallo Ann-Marie.

0:27 Min
Ann-Marie Kaulbach:

Hallo Marc.

0:28 Min
Marc Ohrendorf:

Ich grüße dich. Wir beide sind insofern verbandelt, als dass du beim Kompetenzzentrum für juristisches Lernen und Lehren an der Universität zu Köln, wo dieser Podcast entsteht, die Chefin bist. Kann man das so sagen?

0:43 Min
Ann-Marie Kaulbach:

Ja, das kann man nicht ganz so sagen, weil die Chefin ist natürlich Frau Professor Dauner-Lieb. Die ist unsere wissenschaftliche Sprecherin und ich bin die Geschäftsführerin, also das Mädchen für alles. Oder ich sage auch manchmal, ich bin sozusagen die Assistentin, eben nicht am Lehrstuhl, sondern im Kompetenzzentrum.

1:01 Min
Marc Ohrendorf:

Und wie bist du hier hingekommen? Was hast du vorher so gemacht, dass du dich dann irgendwann dazu entschieden hast, doch in die Wissenschaft zu gehen?

1:10 Min
Ann-Marie Kaulbach:

Ja, ich, also natürlich habe ich erstmal Jura studiert. Das hat sich für mich eigentlich ganz zwanglos ergeben, weil ich Freunde hatte, die Jura studiert haben und dann habe ich mir das mal so angeguckt und da hat mir irgendjemand mal irgendwann ein Lehrbuch für BGB AT in die Hand gedrückt. Ja und dann war ich dabei.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Und das ist eigentlich dann immer so geblieben, diese Begeisterung, also gerade im allgemeinen Teil, Willenserklärungen, Verträge, das hat mich irgendwie fasziniert und ja. Ja, und dann lief das so ganz gut, ja, also ich bin, ich habe in Bonn studiert, ich bin da ganz gut zurechtgekommen.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Es ging irgendwie schneller und besser, als ich so erwartet hatte. Und dann kam noch dazu, dass ich mit Professor Schilken, meinem späteren Doktorvater, einfach einen ganz tollen Professor getroffen habe, sozusagen, der mich auch ein bisschen unterstützt und gefördert hat. Und ja, bei dem habe ich auch Schwerpunktseminar gemacht und dann habe ich da eben promoviert.

2:16 Min
Marc Ohrendorf:

Zu welchem Thema?

2:18 Min
Ann-Marie Kaulbach:

Gestaltungsfreiheit im Erbrecht. Also immer das mit dem Gestalten, das hat mich interessiert und Erbrecht hat Professor Schilken interessiert und so sind wir dann zusammengekommen. Und eigentlich geht es aber da mehr um Gestaltungsgrenzen, also vor allem, also der Hauptteil der Arbeit beschäftigt sich eigentlich mit dem Pflichtheitsrecht.

2:37 Min
Marc Ohrendorf:

Weil das wahrscheinlich die Grenze der Gestaltungsfreiheit darstellt.

2:40 Min
Ann-Marie Kaulbach:

Ja, also das ist so die Hauptgrenze im Erbrecht. Also man kann alles Mögliche machen, aber man kann eigentlich nie um das Pflichtheitsrecht drum herum kommen. Und da habe ich mich ein bisschen gefragt, warum das eigentlich.

2:51 Min
Marc Ohrendorf:

Okay. Und das wahrscheinlich ganz erfolgreich, denn dann hast du dich danach ja entschieden, diese wissenschaftliche Laufbahn tatsächlich auch einzuschlagen.

2:59 Min
Ann-Marie Kaulbach:

Ja, währenddessen eigentlich. Also das war tatsächlich so, dass, also ich habe dann angefangen mit der Promotion Und das hat mir einfach wahnsinnig viel Spaß gemacht. Also das war einfach mein Ding, muss ich wirklich sagen.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Hat mir viel mehr Spaß gemacht als Klausuren schreiben oder so. Ich hatte da einfach Freude dran. Natürlich auch, weil ich einen tollen Betreuer hatte. Aber ja, ich hatte einfach das Gefühl, das möchte ich machen.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Und dann habe ich mich tatsächlich dazu entschieden, das auch weiter zu verfolgen.

3:29 Min
Marc Ohrendorf:

Das heißt, du hast angefangen, an deiner Habilitation zu schreiben. Vielleicht sollte man, bevor wir darauf eingehen, nochmal ganz kurz erklären, welche Wege es denn so in Deutschland gibt, die Professorenlaufbahn einzuschlagen. Kannst du dazu zwei, drei Worte sagen?

3:46 Min
Ann-Marie Kaulbach:

Ja, also eigentlich nur, ja, also es gibt mehrere und es gibt so einen Hauptweg, den verfolge ich jetzt sozusagen, nämlich die Habilitation. Also man promoviert und, ja, zweites Staatsexamen sollte man auch noch machen, habe ich auch gemacht.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Und dann… So ganz nebenbei. Ja, leider nicht. Schön wäre es. Es hat mich aber darin bestärkt, dass es an der Uni auf jeden Fall am schönsten ist. Und dann muss man also im Prinzip noch ein dickes Buch schreiben, das möglichst noch interessanter und klüger sein sollte als das erste.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Und ja, idealerweise ist man dabei an der Uni tätig, an einem Lehrstuhl als Assistentin. Da bin ich also jetzt schon ein bisschen exotisch, weil ich ja nicht am Lehrstuhl arbeite, sondern eben im Kompetenzzentrum für juristisches Lernen und Lehren. Bietet aber beides, also Lehrstuhl oder auch so ein Institut, die Möglichkeit, dass man eben auch in der Lehre Erfahrungen sammelt, in den Abläufen von solchen Instituten Erfahrungen sammelt, im Organisieren von Tagungen Erfahrungen sammelt und dann sollte man natürlich gelegentlich auch noch irgendwelche anderen wissenschaftlichen Veröffentlichungen zustande bringen.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Deswegen, ja, und also das ist sozusagen dann der Weg, um dann hoffentlich von der Fakultät habilitiert zu werden. Und die Alternative oder sozusagen noch die Juniorprofessur, das wäre vielleicht auch noch ein möglicher Weg. Da ist es aber so, dass man eigentlich immer die Empfehlung hört, dass man da auf jeden Fall auch habilitieren sollte.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Mhm.

5:26 Min
Marc Ohrendorf:

Gut, gehen wir noch mal ein bisschen auf die Inhalte dessen ein, womit du dich so beschäftigst, nämlich, wir haben es eben schon kurz erwähnt, unter anderem das Thema Vertragsgestaltung. Was genau reizt dich jetzt an diesem Thema? Kannst du das noch mal ein bisschen länger ausführen?

5:40 Min
Ann-Marie Kaulbach:

Den ganzen Tag. Ja, also ich finde schon mal erst mal Verträge per se spannend. Also viele Leute sagen da ja, wieso? Ist doch klar, Verträge braucht man halt. Das stimmt auch, die braucht man unbedingt.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Aber ich finde es trotzdem faszinierend, dass wir sie haben. Also das ist doch Wahnsinn, dass man, also man einigt sich, du und ich, wir einigen uns jetzt auf irgendwas. Und dann ist das rechtsverbindlich.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Und dann kann ich zum Gericht gehen und dann schickt das Gericht am Ende noch einen staatlichen Gerichtsvollzieher oder irgendwas, war es, um das durchzusetzen. Nur weil du mal gesagt hast, ja, finde ich gut. Also das hat mich irgendwie einfach fasziniert und dann natürlich kann man damit auch unfassbar viel machen.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Also wenn man mal überlegt, damit kann man Gesellschaften gründen, die dann als Zurechnungsendpunkt von Rechten und Pflichten unterwegs sind. Also natürlich nicht nur mit der Einigung, da machen wir dann noch ein bisschen was dazu, aber vom Grundsatz her fand ich das interessant.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Und das andere, was ich auch generell am Privatrecht liebe, ist dieses Thema Interessenausgleich. Also es geht ja immer irgendwie darum, da sind mehrere Menschen beteiligt und jeder hat da irgendwelche Ziele vielleicht, wenn er einen Vertrag abschließt, um jetzt mal dabei zu bleiben. Und das muss man irgendwie in Ausgleich bringen, dass alle am Ende einigermaßen happy sind.

6:50 Min
Marc Ohrendorf:

Die juristischen Problemstellungen, die damit einhergehen, sind ja wahrscheinlich sehr, sehr vielseitig. Kannst du mal ein, zwei typische Sachen vielleicht nennen, dass sich die Zuhörenden noch ein bisschen mehr darunter vorstellen können?

7:01 Min
Ann-Marie Kaulbach:

Ja, also ich beschäftige mich ja jetzt nicht nur mit Verträgen, die dann schon da sind, sondern mir geht es ja gerade um die Vertragsgestaltung. Das heißt, meine so ganz übergeordnete Leitfrage ist ja eigentlich, wie kann man denn jetzt gute Verträge machen? Wie kommt man da hin? Und darüber wissen wir relativ wenig.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Also das wird natürlich in der Praxis gemacht. Also Menschen können das, aber wie sie das können und warum sie das nun gerade so machen und nicht irgendwie anders, darüber wissen wir nicht so furchtbar viel. Und das finde ich spannend.

7:32 Min
Marc Ohrendorf:

Auf Basis meiner eigenen Promotion und den Interviews, die ich da gerade führe, scheint sich etwas rauszukristallisieren. Ich hoffe, nicht allzu viele zukünftige Interviewpartner hören mit und sagen mir dann bewusst was anderes, aber ich haue das trotzdem mal raus. Die Antwort ist häufig, weil wir das schon immer so gemacht haben.

7:47 Min
Ann-Marie Kaulbach:

Ja, das ist auch ein Argument. Aber ich möchte halt wissen, warum das schon immer so gemacht wurde. Und das hat unter Umständen auch noch einen eigenen Mehrwert, wenn man was schon immer so gemacht hat. Wenn das tradiert ist, kann es sich ja bewährt haben und kann ja auch dann gut sein.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Dann wissen ja auch alle, womit sie zu rechnen haben, wenn sie einen Vertrag sehen. Aber das genügt mir nicht. Also nochmal, wenn man sich das überlegt, Vertragsgestaltung, das ist eine total wichtige Aufgabe von Juristen.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Das ist Mitwirkung an der Verwirklichung von Privatautonomie und dafür brauchen Laien und auch Unternehmen oder so brauchen dafür eben auch die Hilfe von Juristen, weil das Rechtssystem komplex ist. Und das können wir nicht einfach irgendwie machen, sondern das müssen wir gut machen.

8:35 Min
Marc Ohrendorf:

Wie wichtig ist denn dabei eigentlich über das Juristische hinaus dann auch der wirtschaftliche Sachverstand, der so häufig gepriesen wird?

8:43 Min
Ann-Marie Kaulbach:

Ja, ich glaube, schon wichtig. Also es kommt natürlich darauf an, in welchem Bereich man tätig ist. Ich würde sagen, also da gibt es verschiedene Dinge, die man in den Blick nehmen muss. Das Juristische ist auf jeden Fall ganz zentral.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Also ich glaube schon, man muss wirklich viel von Jura verstehen, um gute Verträge machen zu können. Also jedenfalls von einem gewissen Bereich. Weil man muss ja irgendwie rausfinden, was überhaupt Möglichkeiten sind.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Und wenn man dann aber überlegt, was sind gute und was sind schlechte Möglichkeiten, dann kommt man natürlich auch wieder zu diesen anderen Themen. Dann kommt man natürlich zu den wirtschaftlichen Zusammenhängen. Oder wenn ich jetzt, ich mache viel Familienrecht, dann kommt man vielleicht eher auch zu persönlichen Zusammenhängen.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Also auch da braucht man, glaube ich, ein Gespür für. Also ich glaube, Praktiker, Notare und Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen und Notarinnen, die das tagtäglich machen, das sind echte Multitalente. Ich habe da hohen Respekt vor.

9:40 Min
Marc Ohrendorf:

Gehen wir noch auf einen anderen Aspekt ein. Du warst im letzten Jahr in Berkeley in San Francisco zu einem Forschungsaufenthalt. Und es ist ja auch immer ganz nett zu hören, was so jenseits des Teiches an den Universitäten stattfindet. Wie war das?

9:55 Min
Ann-Marie Kaulbach:

Ja, das war natürlich toll. Also das war wirklich toll. Ich habe lange gezögert, das zu machen und habe mich dann doch dazu durchgerungen. Und ich war nur zwei Monate dort, wo mir viele Leute gesagt haben, wie geht das denn, da kannst du ja gar nichts schaffen.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Und deswegen nutze ich jetzt einfach mal die Gelegenheit, um darauf aufmerksam zu machen, dass das schon auch gehen kann. Also auch wenn jetzt vielleicht andere Leute das in Betracht ziehen und sagen, ja, ein halbes Jahr ist aber ganz schön lang.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Ich glaube, dass ich vielleicht in zwei Monaten, weil ich ja wusste, dass ich nur zwei Monate habe, mehr geschafft habe als manche in vier oder fünf. Sechs weiß ich nicht. Es war toll, es ist eine tolle Erfahrung ich konnte mit vielen tollen Juristen dort sprechen, ich hatte natürlich Zugriff auf Literatur in etwas anderer Weise als ich das hier habe, es war natürlich auch toll so eine amerikanische Universität mal zu erleben, ist einfach nochmal eine andere Welt es war unheimlich inspirierend Inwiefern.

10:53 Min
Marc Ohrendorf:

Eine andere Welt?

10:55 Min
Ann-Marie Kaulbach:

Naja, also schon allein, dass es eine Campus-Uni ist also Berkeley hat einen Campus, einen sehr hübschen Campus Da läuft dann so ein kleiner Fluss durch. Eichhörnchen gibt es, die gibt es in Köln natürlich auch.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Insofern habe ich mich immer ein bisschen zu Hause gefühlt. Ja, und die Studierenden leben dann ja teilweise auch auf dem Campus oder in der Nähe und so. Also das ist schon von daher einfach was anderes.

11:18 Min
Marc Ohrendorf:

Kommen wir mal zu dem zweiten Steckenpferd, nämlich unserem gemeinsamen Thema ja auch gute juristische Lehre. Das Dickschiff zuerst. Was macht denn gute Lehre aus?

11:29 Min
Ann-Marie Kaulbach:

Ja, also da muss ich jetzt doch erstmal die unseriöse Antwort geben oder die scheinbar unseriöse Antwort. Also für mich ist ganz wichtig Spaß an der Sache. Und zwar also für die Lernenden und auch für die Lehrenden.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Also ich möchte mich ja auch nicht langweilen im Hörsaal. Oder ich könnte es auch ein bisschen, also um das jetzt mal etwas seriöser auszudrücken, würde ich sagen, die Beziehung, die Beziehung zum Stoff und die Beziehung der Studierenden zum Lehrenden und umgekehrt, das muss irgendwie gut sein und das muss immer wieder neu und interessant sein.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Das würde ich sagen, also das ist für mich ein ganz wichtiger Faktor. Ja. Und ich würde sagen, also wenn ich jetzt an meine eigene Lehre denke, was mir, was so mein Ziel ist eigentlich, mein Ziel ist immer, dass die Studierenden Krisen erleben.

12:16 Min
Marc Ohrendorf:

Und hoffentlich überwinden, oder?

12:17 Min
Ann-Marie Kaulbach:

Ja, natürlich. Also mein Ziel ist einfach, dass die Studierenden wirklich so eine Gerechtigkeitskrise bekommen und nicht einfach nur irgendwas rezipieren, was ich erzähle, sondern wirklich an den Punkt kommen zu sagen, ja, das weiß ich jetzt gerade gar nicht, was da richtig ist. Und dann fängt man ja eigentlich erst an, sich mit so einem Thema richtig auseinanderzusetzen und dann auch zu einer eigenen Haltung zu kommen und wirklich Argumente bewerten zu können und nicht einfach nur abzusondern.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Und das möchte ich eigentlich gerne.

12:44 Min
Marc Ohrendorf:

An wem sollte sich gute Lehre orientieren? Den Anforderungen von Top-Studierenden oder dem deutlich größeren Mittelbau?

12:50 Min
Ann-Marie Kaulbach:

Ja, gute Frage. An allen natürlich. Das ist natürlich ein Problem. Also ich würde sagen, also in einer idealen Welt oder wenn ich mir jetzt ideale Lehre vorstelle, dann würde die ja jedem im Hörsaal ein gutes Lernerlebnis bieten. Und also da ist mir ganz wichtig, dass es nicht darum geht, dass man jetzt einfach alles so leicht macht, dass da jeder irgendwie noch nachkommen kann, auch der sich nicht gekümmert hat oder was auch immer.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Das ist ja so ein Vorurteil gegenüber der Rechtsdidaktik manchmal. Sondern es geht einfach darum, dass man sich klar macht, in so einem Hörsaal hat man immer eine Gruppe von diversen Menschen. Das muss gar nicht mal furchtbar aufregend sein, aber einfach, wenn man schon überlegt, die sind alle vielleicht in einem anderen Semester, also im ersten Semester okay.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Aber selbst da, da können die ja mit unterschiedlichen Erfahrungen kommen, vielleicht haben die schon eine Ausbildung gemacht, die haben andere Familien, andere Werdegänge, andere Leistungskurse gehabt, manche im fortgeschrittenen Stadium kommen von einer anderen Uni und und und und und. 1000 Sachen.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

So, das heißt jeder von denen wird, also ich werde allen das gleiche erzählen und jeder von denen wird was anderes mit nach Hause nehmen. Und das ist eigentlich die Herausforderung, dass jeder von denen was mitnimmt, was ihn weiterbringt.

14:09 Min
Marc Ohrendorf:

Wenn du dich dann auf deine Vorlesung beispielsweise in Familien- und Erbrecht vorbereitest, inwieweit fließen denn solche Überlegungen dann konkret in das Design der Vorlesung ein?

14:19 Min
Ann-Marie Kaulbach:

Ja, also ich glaube ziemlich stark. Ich habe eigentlich schon das Gefühl, das ist auch eines der Privilegien, an diesem Kompetenzzentrum zu arbeiten, dass ich wirklich die Möglichkeit habe, viel kennenzulernen an didaktischen Methoden und Ideen und dann auch viel eben in meiner Lehre auszuprobieren. Ich kann vielleicht mal ein Beispiel bringen, das nicht ganz so auffällig ist, die Stoffauswahl.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Ich lehre ja im Schwerpunktbereich, das heißt, ich habe da relativ große Freiheit bei der Stoffauswahl und habe mich ein bisschen damit auseinandergesetzt. Ich habe dazu auch mal was geschrieben, wie man das eigentlich macht, worum es da eigentlich geht.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Und man hat natürlich als Lehrende immer ein Problem, vor allem je länger man das macht. Ich merke das auch sehr stark mittlerweile bei mir. Ich glaube, ich könnte auch zwei Semester Vertiefung Familien- und Erbrecht machen, also mit einer Gruppe, weil es gibt ja einfach unheimlich viele interessante Dinge, über die man mal sprechen könnte und die man den jungen Menschen mit auf den Weg geben möchte eigentlich.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Aber man muss ja ja eine Auswahl treffen. Und da gibt es tatsächlich so Kriterien, wie man das machen kann. Also Zugänglichkeit, Gegenwartsbedeutung, Zukunftsbedeutung, exemplarische Bedeutung und Sachstruktur. Wenn man jetzt überlegt, also zum Beispiel demnächst werde ich das Thema Leihmutterschaft besprechen in der Vorlesung.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Warum jetzt also gerade Leihmutterschaft und nichts anderes? Also Leihmutterschaft ist jedenfalls schon mal zugänglich, weil jeder sofort irgendwie was im Kopf hat dazu und mit der Idee was anfangen kann. Und dann kann man das ja auch noch ein bisschen illustrieren mit aktuellen Medienbeiträgen zum Beispiel oder so.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Und es hat auch Gegenwartsbedeutung. Es ist ein aktuelles Thema in den Medien auch. Also ich habe gerade jetzt in der Zeit ein Artikel, nicht konkret über Leihmutterschaft gelesen, aber jedenfalls also medizinisch assistierte Fortpflanzung. Das ist aktuell ein heißes Thema, würde ich sagen.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Ich würde sagen, Zukunftsbedeutung würde ich dem auch unterstellen. Ich beobachte das ja schon eine Weile. Also ich glaube, das wird jetzt nicht morgen irgendwie verschwunden sein. Also Zukunftsbedeutung heißt auch immer, ist das irgendwie nachher relevant vielleicht für die Studierenden im Examen oder in ihrem Beruf oder wie auch immer.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie man so ein Kriterium erfüllen kann. Was hatten wir noch? Exemplarische Bedeutung ist halt ein Problem des Familienrechts. Man muss irgendwie verschiedene Interessen, da haben wir das wieder, verschiedene Interessen abwägen.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Interessen der Leihmutter, Interessen der Wunscheltern, der betroffenen Kinder, gegebenenfalls noch Eizellenspender oder wer da noch beteiligt ist. Muss man sich alles mal angucken. Das hat man gerade im Familienrecht ganz oft.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Und dann muss man irgendwie gucken, wie kann man die zu einem vernünftigen Ausgleich bringen, diese Interessen. Und außerdem, also je nachdem, wie man es macht, also ist es zum Beispiel auch exemplarisch dafür, wie man eine Gerichtsentscheidung analysiert. Also jedenfalls, das werde ich so machen, dass es dazu eine Gerichtsentscheidung gibt, wie man ein Problem diskutiert.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Also auch solche methodischen Dinge sozusagen kann man dann exemplarisch durchexerzieren. Und dann bietet jetzt das Thema Leihmutterschaft auch eine ganz gute Möglichkeit, um mal die Struktur des Abstammungsrechts so deutlich zu machen. Und insgesamt hoffe ich natürlich, dass das dann so interessanter ist, als wenn ich da einfach zehn Minuten erzähle, ja Abstammungsrecht, 1591 BGB, Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat und so weiter.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Und dann bin ich nach zehn Minuten fertig und ja, niemand hat viel mitbekommen.

17:47 Min
Marc Ohrendorf:

Da sind wir von der klassischen Vorlesung in dem Sinne, dass ein cleverer Mensch ein Buch aufschlägt und daraus vorliest, ja relativ weit entfernt. Glücklicherweise. Eine weitere Neuerung, sag ich mal, für die juristische Lehre in Deutschland jedenfalls, ist ja auch die verstärkte Praktika-Einbindung, die man in den letzten Jahrzehnten immer mehr beobachten kann.

NaN
Marc Ohrendorf:

Inwieweit sollten aus deiner Sicht Praktika in die Lehre eingebunden werden?

18:16 Min
Ann-Marie Kaulbach:

Ja, relativ weit würde ich sagen. Also ich war gerade spontan versucht zu sagen, total, das wäre aber auf jeden Fall, also das stimmt eigentlich nicht. Ich finde es jetzt, also ich finde es ganz okay, wenn Praktiker Vorlesungen machen.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Ich finde das ist eine Bereicherung, aber das muss irgendwie ein ausgewogenes Bild sein. Nein, Praktika sind natürlich total wichtig. Da ist es aber auch wichtig, dass die möglichst irgendwie mit dem, was in der Uni passiert, gut vernetzt werden.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Damit haben wir uns ja im Kompetenzzentrum auch schon ein bisschen auseinandergesetzt, wie man da möglichst so eine Brücke schlagen kann, immer von der Uni ins Praktikum und wieder zurück sozusagen. Und ich persönlich mache es auch so, dass ich immer einen Praktiker oder eine Praktikerin einlade, ein oder zwei meiner Vorlesungsstunden zu übernehmen.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Aus verschiedenen Feldern, je nachdem. Das ist auch schön, weil ich da immer ganz positive Resonanz bekomme, also von den Praktikern, die das sehr gerne machen und von den Studierenden auch. Und ich finde das schon sehr wichtig, weil das eben eine andere Perspektive ist.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Also wenn jetzt ein Richter Unterhaltsrecht macht, dann macht er eine ganz andere Veranstaltung, als wenn ich Unterhaltsrecht mache. Das ist einfach so. Und das finde ich sehr, sehr wertvoll.

19:30 Min
Marc Ohrendorf:

Gut, das ist jetzt die Seite des Lehrenden. Schauen wir uns doch mal die Seite des Lernenden ein bisschen an. Es gibt ja verschiedene Lerntypen. Was kannst du den Zuhörerinnen hierzu mit auf den Weg geben?

19:40 Min
Ann-Marie Kaulbach:

Ja, das ist leider falsch.

19:43 Min
Marc Ohrendorf:

Ach, tatsächlich?

19:44 Min
Ann-Marie Kaulbach:

Ja. Also, soweit ich das verfolgt habe, ist das im Moment nicht mehr Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis, dass es diese Lerntypen gibt, sondern, also das wurde mal postuliert, scheint nicht bewiesen worden zu sein bisher.

19:59 Min
Marc Ohrendorf:

Okay, das heißt, wenn jemand sagt, ich lerne gerne, indem ich zuhöre, ist das vielleicht eine persönliche Präferenz, aber es hat nichts mit einem bestimmten Typ zu tun?

20:06 Min
Ann-Marie Kaulbach:

Ja, also das scheint so zu sein. Das heißt natürlich nicht, dass man diese Präferenzen nicht ernst nehmen sollte, Sondern das wäre in der Tat, also zum zweiten Teil deiner Frage, das wäre mein Rat. Man sollte sich auf jeden Fall da ein bisschen in sich reinhören und gucken, wie lerne ich gerne, mit welchen Methoden lerne ich gerne, an welchen Orten lerne ich gerne, zu welchen Zeiten lerne ich gerne und das möglichst umsetzen.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Weil da ist man sich relativ einig, dass also positive Gefühle zum Lernen schon der Sache förderlich sind. Ich denke, das kann auch jeder aus seiner eigenen Erfahrung bestätigen. Je weniger man sich dazu zwingen muss und je weniger unangenehm es einem ist, desto besser sind dann auch die Lernerfolge.

20:48 Min
Marc Ohrendorf:

Gut, kommen wir zum Abschluss nochmal ganz kurz auf deine Erfahrungen in Berkeley zurück. Mich würde noch interessieren, wie du die dortige Lehre an der entsprechenden US Law School von denjenigen in Deutschland abgrenzen würdest. Das ist irgendwo klar, aber wie es sich auch so unterscheidet und was wir uns vielleicht auch noch so ein kleines bisschen abschauen könnten.

21:09 Min
Ann-Marie Kaulbach:

Tja, also die Frage ist insofern schwierig für mich, als ich in Berkeley ja wirklich einen reinen Forschungsaufenthalt gemacht habe. Das heißt, ich habe da keine Vorlesung besucht oder so. Ich habe einige Vortragsveranstaltungen besucht, die auch so normal curricular waren für die Studierenden, wo ich mich halt einfach dazugesetzt habe.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Und was mich sehr beeindruckt hat, war eigentlich das Format, dass da Professoren Aufsatzprojekte vorstellen. Die dann schon relativ weit fortgeschritten sind und dann gibt es so einen Entwurf und der wird auch vorher dann online gestellt oder so und dann kann man sich das angucken und dann wird das vorgetragen und dann wird das diskutiert mit den Studierenden.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Das fand ich eigentlich toll, dass man da wirklich ein in der Entwicklung befindliches Projekt nicht einfach nur an seinem Schreibtisch so zusammenbaut, sondern dass man da wirklich mit anderen, also manchmal waren auch andere, sag ich mal, nicht studentische Gäste, dass man das wirklich mit anderen Studierenden, Lehrenden, wie auch immer, diskutiert und auch Studierende an diesem Prozess teilhaben lässt.

NaN
Ann-Marie Kaulbach:

Das hat mir gut gefallen.

22:16 Min
Marc Ohrendorf:

Ja, dann bleibt mir nur zu sagen, dass mir das Gespräch sehr gut gefallen hat. Vielen herzlichen Dank, dass du dir heute die Zeit genommen hast.

22:21 Min
Ann-Marie Kaulbach:

Ja, danke dir.

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