IMR10227. Sep 21
IMR102: Legal Design Thinking und Kollaboration | Interview Legal Designerin

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IMR102: Legal Design Thinking und Kollaboration | Interview Legal Designerin

Astrid Kohlmeier, Consultant | Astrid Kohlmeier

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Über diese Episode

Folge 102 Deines Jurapodcasts zu allen Karriere- und Examensthemen

Legal Design - Design Thinking - Nutzerzentriertheit - Access to Justice - Einfache Sprache - Digitalisierung - Vertragsgestaltung - Kollaboration - Interdisziplinarität - Innovation - Workflow - Visualisierung - Praxisbeispiele - NDAs - Methodik - BGB

In der heutigen Folge erfahrt Ihr von Astrid Kohlmeier, warum juristische Arbeit mit Legal Design Thinking besser, kundenorientierter und verständlicher wird. Wie gelingt es Jurist:innen, mithilfe von Design Thinking Methoden bessere Verträge zu gestalten? Welche Rolle spielen in diesem Zusammenhang bunte Klebezettel und gutes Teamwork? Wo könnte die juristische Lehre in diesem Zusammenhang noch besser werden? Neben diesen Fragen liefert euch Astrid einen spannenden Einblick in ihr neues Buch zum Thema Legal Design Thinking und wie diese dazu führen könnten, dass Steuerbescheide endlich für jedermann verständlich werden. Hört, wie Ihr von sich gegenseitig inspirierenden Ideen in eurem juristischen Alltag profitieren könnt und – last but not least - wie man sich als Jurist:in zum Design Thinker weiterentwickeln kann. Wir hoffen, das Gespräch macht euch genauso viel Freude wie es uns gemacht hat. Happy listening!

Kapitel:

  • 00:00:49 - Intro
  • 00:01:18 - Einführung in Legal Design Thinking
  • 00:13:31 - Design der Corona-Warnapp und Impfkampagne
  • 00:15:30 - Konkrete Anwendungen im juristischen Alltag
  • 00:19:20 - Die Magie der Klebezettel
  • 00:23:28 - Kollaborative Komponente des Design Thinkings
  • 00:25:39 - Astrids Legal Design Book

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Zu Gast

Astrid Kohlmeier

Astrid Kohlmeier

Kapitel

  • 00:00:49.657Intro
  • 00:01:18.492Einführung in Legal Design Thinking
  • 00:13:31.358Design der Corona-Warnapp und Impfkampagne
  • 00:15:30.855Konkrete Anwendungen im juristischen Alltag
  • 00:19:20.381Die Magie der Klebezettel
  • 00:23:28.590Kollaborative Komponente des Design Thinkings
  • 00:25:39.218Astrids Legal Design Book

Über Astrid Kohlmeier

Astrid Kohlmeier ist eine auf Legal Design spezialisierte Boutique-Beratung mit Sitz in München, die juristische Expertise mit Design- und Innovationsmethoden verbindet. In dem kleinen, interdisziplinären Team von rund fünf Köpfen arbeiten Juristinnen, Designer und Tech-Enthusiasten zusammen, um Rechtsabteilungen, Kanzleien und Behörden dabei zu unterstützen, Services, Verträge und Kommunikation konsequent nutzerzentriert zu gestalten.

Die Mandant:innen schätzen besonders den praxisnahen Ansatz, bei dem Prototypen, Workshops und visuelle Sprache die manchmal sperrige Rechtsmaterie verständlich und zugänglich machen. Wie genau das funktioniert und welche Rolle Post-its, Empathie und ein gutes Storytelling spielen, erfahrt Ihr in unserer Podcastfolge – klickt rein und lasst Euch inspirieren!

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Legal Design ermöglicht es Juristen, ihre Arbeit nutzerzentriert und verständlich zu gestalten, sodass der Empfänger nicht nur den Rechtsbegriff versteht, sondern der ganze Prozess und das Produkt zugänglich und transparent wird.

Sneak Peak – Q&A mit Astrid Kohlmeier

Transkript

KI-basiert und kann Fehler enthalten.

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Marc Ohrendorf:

Die heutige Episode wird gesponsert von Greenberg Traurig Germany. Bei der internationalen Wirtschaftskanzlei Greenberg Traurig herrscht eine besondere Kanzleikultur. Das Motto lautet in Balance Großes leisten und bedeutet. Hier agiert man zwischenmenschlich bei perfekter Raumtemperatur und im optimalen Gleichgewicht zwischen Humor und Respekt, Coolness und Seriosität, Team und Persönlichkeiten.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Dafür sucht die Kanzlei Spitzenanwältinnen und Spitzenanwälte ohne Allüren, die menschlich ebenso kompetent sind wie fachlich. Mehr zu den Einstiegsmöglichkeiten bei Greenberg Traurig erfahrt ihr in dem Arbeitgeberprofil auf LTO Karriere oder unter gtlaw.de slash karriere. Vielen Dank an Greenberg Traurig für die Präsentation dieser Episode von Irgendwas mit Recht.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Und nun viel Bass.

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Music:

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Herzlich Willkommen zu einer neuen Episode Irgendwas mit Recht. Euer Jura Karriere Podcast von LTO und LTO Karriere. Mein Name ist Marc Ohrendorf, wie immer, und heute spreche ich mit Astrid Kohlmeier. Hallo Astrid.

1:14 Min
Astrid Kohlmeier:

Hallo Marc. Danke für die Einladung.

1:18 Min
Marc Ohrendorf:

Danke, dass du der Einladung gefolgt bist, Astrid. Du machst etwas ganz Spannendes, wo man viel von hört und viel von liest. Und wo wir heute ein kleines bisschen aber mal vielleicht noch Licht ins Dunkel bringen möchten, weil das nicht so absoluter Teil der Standardausbildung ist, du beschäftigst dich mit Design Thinking. Was ist denn das?

1:38 Min
Astrid Kohlmeier:

Genau, also die Tätigkeit, die ich ausübe, nennt sich tatsächlich Legal Design und gründet sich auch auf die Design Thinking Theorie. Und Design Thinking ist eine Methodik, die angewendet wird und seit vielen Jahren etabliert ist in eigentlich allen Branchen, die man sich nur vorstellen kann, aller Industriezweige.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Womit man sogenannte nutzerzentrierte Produkte und oder Services herstellen kann, gestalten kann. Und Design Thinking hat zum Kern, dass im Mittelpunkt aller Überlegungen stets der Mensch steht. Deswegen spricht man auch vom sogenannten Human-Centered Design, weil der Mensch, der mit einem Produkt oder einem Service in Berührung kommt, damit umgeht, der oder diejenige ist, der quasi der bestimmende Faktor auch der Intuition ist, wie ein Produkt oder ein Service aufgebaut sein muss.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Das ist so ein bisschen die Theorie dahinter. Ursprünglich ist diese Design-Thinking-Theorie entstanden in der Produktentwicklung. Da kommt es tatsächlich auch her. Und Legal Design ist tatsächlich die Anwendung von Design-Thinking-Anteilen im Recht.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Das heißt wirklich die Übertragung dieser Denkweise auf rechtliche Auseinandersetzungen. Da kommen wir sicher später nochmal im Kern dazu, aber so nur mal als grob für den Start. Das ist tatsächlich so ein bisschen ein Kern, aber sehr wichtig bei Design Thinking oder bei Legal Design vielmehr ist auch, dass wir nicht nur Design Thinking verwenden, sondern vor allen Dingen auch wirklich alle Gebiete aus dem tatsächlich echten Design, die es gibt.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Und genauso wie wir Juristen verschiedene Fachgebiete haben, gibt es einfach im Design auch ganz verschiedene, viele Fachgebiete, die wir im Legal Design berühren, die wir nutzen und einsetzen, damit wir im Endeffekt zu nutzerzentrierten Lösungen kommen.

3:32 Min
Marc Ohrendorf:

Hm, sag mal, eigentlich müsste das doch aber schon immer so gewesen sein und dürfte gar nicht so viel Neues sein, dass wenn ich ein Produkt mache, dass ich mir auch Gedanken darüber mache, wer ist der Nutzer, wie sieht da der entsprechende Flow aus, wie angenehm ist das Produkt zu nutzen, einfach schon so relativ leicht, ja, wenn ich ein Messer designe, dann hat das einen bestimmten Griff und der muss vielleicht gut haltbar sein, wenn ich ein Service habe, dann soll der auch irgendwie bequem sein.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Wie kommt es denn, dass das jetzt trotzdem, zumindest mal in der juristischen Welt, noch nicht seit 50 Jahren mitgedacht wird, überall?

4:06 Min
Astrid Kohlmeier:

Das ist, glaube ich, unserer Tradition als Juristen und Juristinnen geschuldet und wie unsere Ausbildung aufgebaut ist. Wir haben diese Zusatzfähigkeiten, erlernen wir in der juristischen Ausbildung nicht, sondern werden ziemlich getrimmt auf das Recht und sozusagen die Rahmenbedingungen des Rechts. Wir lernen, Recht zu subsumieren, Tatbestände zu analysieren und sie in diesen Korridor des Rechts einzufügen, wenn man es vielleicht so formulieren darf.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Wir beschäftigen uns tatsächlich überhaupt nicht in der juristischen universitären Ausbildung mit unserem Empfänger und unserem Gegenüber. Das wird vielleicht mal im Referendariat eine Rolle spielen, wenn wir dann in den Praxis oder in diesen Zivilrechts- und Strafrechtssituationen sind während der Referendariatsausbildung. Aber im Studium lernen wir da noch überhaupt nichts darüber.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Ich glaube, das ist ein großer Kernpunkt, warum wir bisher im Recht diesen nutzerzentrierten Ansatz noch nicht hatten. Aber wie du sagst, es ist ja vollkommen ein bisschen lustig, dass wir uns damit jetzt erst auseinandersetzen. Meines Erachtens ist es ja auch die Grundaufgabe gerade von Anwältinnen und Anwälten, so eine Art Übersetzerrolle zu sein.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Das ist ja zumindest im Recht auch schon in der Überlegung so angelegt oder in der Profession angelegt. Es ist nur, aus welchen Gründen auch immer, passiert, dass Anwältinnen vergessen, verloren, verlernt, nicht geschult bekommen haben. Woraus tatsächlich ankommt bei der Kommunikation und woraus tatsächlich auch ankommt bei dieser Übersetzungsleistung.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Und viele Juristen neigen dazu, sich in diesem Fachjargon zu suhlen, ich kann es nicht anders sagen, und tatsächlich auch darin stecken zu bleiben, ohne auch nur zu überlegen, was bedeutet es denn eigentlich für denjenigen, für den ich einen Vertrag schreibe, für den ich ein Gutachten schreibe, Kann der überhaupt verstehen, was ich hier mache oder nicht? Das kommt einfach zu kurz.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Und da passt also vielleicht ganz kurz ein wirklich tolles, zwei tolle Zitate dazu aus meiner täglichen Praxis. Da sagt nämlich ein Jurist aus einer Kanzlei, also wirklich aktueller Vibe. Ja, ich habe keine Zeit, meine Verträge zu vereinfachen, als wir über Legal Design sprachen, denn das bezahlt mir kein Mandant.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Das ist also non-billable. Das kann ich nicht in Rechnung stellen. Deswegen kann ich nicht einfacher sein. Das war so die eine Aussage. Und auf der anderen Seite habe ich aber einen Inhouse-Juristen gehabt, der gesagt hat, wir haben jetzt sechs Monate investiert an Zeit und wahnsinnig viele Kosten, um einen Vertrag, der recht kompliziert war, an eine externe Kanzlei auszulagern.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Die hat uns den jetzt sozusagen wasserdicht gemacht. Jetzt haben wir den zurückbekommen nach sehr viel Investition. Und kein Mensch und keiner der relevanten Stakeholder kann diesen Vertrag jetzt verstehen. Was wir jetzt intern machen müssen, ist zu übersetzen und das kostet uns erneut Zeit.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Und ich finde, diese beiden Zitate bringen so ganz gut auf den Punkt, was ich gerade vorher ausgeführt habe und was vielleicht deine Frage auch beantwortet. Es ist so ein Missbalance irgendwie zwischen dem, was jemand braucht und dem, was Juristen häufig liefern.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Und da geht einfach jede Menge Zeit und Geld drauf, die meines Erachtens unnötig ist. Denn Legal Design wäre eine Möglichkeit und ist eine Möglichkeit, als neuer Skill für Juristinnen da besser zu werden.

7:41 Min
Marc Ohrendorf:

Ich glaube, das trifft vielerorts zu. Ich war gestern Abend bei einem Freund, der ist bei einem großen Konzern, ist ursprünglich Jurist, liebe Grüße, du weißt, wer gemeint ist, und macht jetzt so ein bisschen was in Richtung Governmental Affairs. Und der meinte, naja, ich saß jetzt heute wieder mit acht Juristen zusammen, ziemlich komplexer Fall, internationaler Bezug in die USA, nach Asien und irgendwann sagte er, ich bin fast verrückt geworden, die Leute sagen mir immer nur, was ich nicht darf, die geben mir keine konkrete Handlungsanweisung und wenn sie mir eine geben, ist die kaum verständlich.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Also da ist viel dran, dass dann auch wieder diese interne Übersetzungsarbeit tatsächlich, wie du gerade gesagt hast, stattfinden muss, damit einfach auch derjenige, der dann Entscheidungen trifft und der dann Prozesse vorantreibt, auch eine gute Entscheidungsgrundlage hat. Das ist ja letztlich dann auch ähnlich, Stichwort vielleicht Access to Justice an der Stelle, wenn wir mal ins Verbraucherrecht gucken, wie der Verbraucher, der auch informiert sein möchte, wie so ein Gerichtsprozess abläuft, ob das jetzt vielleicht Sinn macht zu klagen, das ist auch ein Feld, wo man ziemlich viel strukturieren, designen und durchdenken kann, oder?

8:49 Min
Astrid Kohlmeier:

Ja, absolut. Also in diesem gesamten Verwaltungsapparat kann man natürlich, wenn man sich das Stichwort, also erstmal Access to Justice, das heißt erstmal wirklich der Zugang zu den Informationen schaffen, den der Einzelne oder die Einzelne braucht, um überhaupt Recht wahrnehmen zu können. Da ist es bei uns in Deutschland zwar ziemlich gut, aber wenn man international mal guckt, ist da zum Beispiel in Afrika, also Südafrika, da kenne ich nur einen aktuellen Fall, da ist es total schwierig, allein schon an Gesetzestexte zu kommen, an Informationen zu kommen, wie kann ich mich informieren.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Da sind wir hier natürlich sehr viel besser aufgestellt und trotzdem ist natürlich die Wahrnehmung oder das Geltendmachen von Recht und damit dieser klassische Access-to-Justice-Ansatz immer auch noch schwierig, weil wir auch hier wieder vielleicht im sprachlichen Informationsbereich wirklich Pain-Points sehen, die man auflösen muss. Muss, obwohl ich schon sagen muss, dass es da eine ganze Menge Bewegung gibt, was zum Beispiel Plain Language angeht, was wirklich einfache Sprache angeht, was so die Verwaltungsausführungen angeht.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Das finde ich eigentlich schon eine ziemlich gute Entwicklung. Trotzdem haben wir natürlich sehr viel noch mehr Ausbauraum, wenn es um Access to Justice geht, sei es mehr. Bürgerzentrierten Zugang zum Recht zu schaffen oder auch, und das ist jetzt wirklich hochaktuell, Gott sei Dank immer noch mehr die Digitalisierung der Gerichte.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Wenn wir uns das sozusagen angucken, auch das ist Access to Justice at its best, aber auch in der Gesetzgebung und im Gesetzgebungsverfahren, da sehe ich einen großen Spielraum noch für Vereinfachung, für Nutzerzentriertheit und auch für die bessere Integration oder Aufbereitung der Prozesse, wie wir überhaupt zu Gesetzen kommen und wie die dann auch im Endeffekt wieder formuliert und gelebt werden, sodass wirklich der Einzelne der Recht wahrnehmen will.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Da schneller zum Ergebnis kommt. Ich glaube, es ist im Interesse aller, aber es ist noch ein Schritt dahin. Aber wie du sagst, es ist viel Spielraum.

10:44 Min
Marc Ohrendorf:

Ist das dann nicht sozusagen ein Konflikt mit der Präzision, die die juristische Arbeit manchmal voraussetzt in Gesetzestexten, dass da eben genau ein bestimmter Rechtsbegriff stehen muss oder kriegt man das irgendwie aufgelöst?

10:58 Min
Astrid Kohlmeier:

Wir haben ja nun mal ein wahnsinnig großes Glück, mit einem BGB konfrontiert zu sein, das ja wirklich ein wahnsinnig tolles Gesetz ist, wenn wir jetzt nur mal im allgemeinen Teil oder im Zivilrecht überhaupt bleiben. Und klar, das ist ja wirklich das Geniale an diesem Gesetz, dass es so toll formuliert ist und so viel letztlich auch Raum bietet, klar zu sein, dass man schon sozusagen wirklich den Hut ziehen muss vor all denjenigen, die beteiligt sind, zu so einem Gesetz überhaupt zu kommen.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Und das geht ja auch in die Ursprünge zurück. Du hast aber vollkommen recht, natürlich gibt es manchmal juristische Ausdrücke, die irgendwo so und so stehen müssen. Es geht, und da kommen wir vielleicht auch gleich zu einem interessanten Punkt, es geht im Legal Design nicht darum, die Vereinfachung von Recht derart zu gestalten, dass sämtliche juristischen Fachausdrücke, die nötig sind, gestrichen werden.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Sondern es geht eigentlich eher darum, wenn es einen Fachausdruck braucht oder einen bestimmten juristischen Begriff braucht, dass man den so erklärt zusätzlich, dass jemand, der keine juristische Ausbildung hat, ihn trotzdem verstehen kann. Also da geht es wirklich sehr viel um auch die Drumherum-Kommunikation, die da vonstatten geht.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Und da sind wir auch total schlecht im Moment immer noch. Ich meine. Da fängt es ja schon an. Das ist super interessant.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Neulich war ich hier bei, da gibt es hier in Bayern, in München, gibt es diese Initiative Denkfabrik Legal Tech. Da durfte ich einen Vortrag halten zu Legal Design noch vor der Sommerpause und da war auch der Justizminister, der Bayerische, vor Ort, der normalerweise gar nicht so lange bleibt und dann im Endeffekt lieber zwei Stunden.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Wir hatten auch eine intensive Diskussion und für ihn war das Thema auch unglaublich spannend, um auch in die ganze, in seinem Fachbereich und seinem Verantwortungsbereich vielleicht so etwas wie Legal Design einzubringen. Ich bin da natürlich größter Fan dafür und verteidige oder habe auch vorgeschlagen, wir bräuchten ein Legal Design Lab, so wie es auch in anderen Ländern schon der Fall ist.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Mal schauen, ob sich daraus irgendwas ergibt, wäre natürlich ganz toll. Aber genau in diesem Bereich der Verwaltung, da gibt es also wirklich sehr, sehr viele Möglichkeiten und Ansatzpunkte zu vereinfachen. Und die Aussage war an der Stelle eben, nicht blind zu sagen, Rechtspositionen zu beschneiden oder einfach nicht mehr Fachausdrücke zu benutzen, sondern es geht wirklich darum, wie kommuniziere ich drumherum, wie mache ich es verständlich, dass es für alle tatsächlich im wahrsten Sinne zugänglich, transparent und verständlich wird.

13:30 Min
Marc Ohrendorf:

Ich finde in diesem ganzen Bereich, korrigiere mich, wenn ich da vielleicht daneben liege, da hat die Corona-Warn-App einen ganz guten Job gemacht. Das war ja so ein digitales Produkt, was notgedrungen jedem bekannt sein sollte oder möglichst vielen Menschen bekannt sein sollte, wo auch unabhängig von Vorbildung, von irgendwie digitaler Affinität oder ähnlichem jeder einen gewissen Zugang braucht.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Und ich war am Anfang auch eher ein bisschen skeptisch, was so die User Experience anging, aber jetzt neulich gestern, da musste ich mich mal wieder ausweisen mit der Impfung und dachte mir, Mensch, das ist schon alles ganz gut durchdacht. Das ist ja auch ganz schön, dass es dann mal so zumindest manche Projekte gibt, die so leichten Rechtsbezug haben, in dem Fall natürlich mehr gesundheitlichen Bezug, wo das aber auch schon umgesetzt wird, oder?

14:15 Min
Astrid Kohlmeier:

Ja, also muss ich auch sagen an der Stelle, also es gibt vielleicht andere Bereiche, wo wir darüber diskutieren können, aber tatsächlich in diesem Bereich jetzt speziell fand ich auch gerade was User Experience angeht ziemlich gut und mir ist auch aufgefallen, zumindest in Tageszeitungen, die Werbekampagnen, gerade jetzt für die Impfkampagne zum Beispiel, die war ja größtenteils auch wirklich sehr gut und schon sehr visuell auch was quasi die, Bild, Sprache anging und die Formulierung selbst, das hat mir auch ziemlich gut gefallen und war so richtig konkret auf den Bedarf derjenigen wirklich abgestellt, die jetzt vielleicht gerade sich noch damit auseinandersetzen, lasse ich mich impfen oder nicht? Wie ist es möglich? Warum ist es vor allen Dingen auch nötig? Da fand ich auch die ganze Kampagne wirklich gut.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Also hast du vollkommen recht. Es ist nicht so, dass wir bei total Null anfangen, sondern es gibt schon viele Auswirkungen, die da ein gutes Exemplar oder ein gutes Beispiel für uns sind. In die Richtung muss und sollte es weitergehen, meiner Meinung nach.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Und Legal Design kann dazu beitragen, dass es auch in diesem rechtlichen Bereich einfach noch schneller geht und es einfach noch mehr sich in die Breite auch auswirkt und in der Breite angewendet wird.

15:30 Min
Marc Ohrendorf:

Was könnte sich denn jetzt das Finanzamt bei der Erstellung eines Steuerbescheids von der Corona-Warn-App oder sonstigen guten Ideen im Legal Design-Bereich konkret abschauen?

15:40 Min
Astrid Kohlmeier:

Naja, also erstmal, da kommen wir vielleicht zur Methodik. Wir Designer, also ich bin ja Anwältin und Designerin, ich habe zwei Studiengänge absolviert tatsächlich. Und wir Designer gehen ja an Probleme, deshalb heißt ja auch Design Thinking, doch so ein bisschen anders heran als jetzt Steuerberater oder eben klassische Juristen.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Und da kommen wir irgendwie so ein bisschen zur Methodik. Wir untersuchen eben, bevor wir uns einer, oder wenn wir uns einer Aufgabenstellung nähern, Dann untersuchen wir zunächst mal, ist das Problem, das ich formuliert habe, überhaupt das Problem, das ich lösen muss? Oder steckt da vielleicht was ganz anderes dahinter? Und wir untersuchen das eben nicht irgendwie abstrakt, sondern ganz konkret mithilfe der jeweiligen Stakeholder, die in dem Themenzusammenhang einen Bedarf haben, einen Pain haben, eine Aufgabenstellung haben.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Und da sozusagen untersuchen wir ganz konkret mit verschiedenen Research-Methoden, oftmals zum Beispiel in Interviewformen, wie eine bestimmte Situation oder Aufgabe, was das für Probleme bei den Einzelnen erzeugt. Und sozusagen eine Finanzbehörde könnte jetzt an der Stelle genau mal.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Wenn sie einen neuen Bescheid erlässt oder wenn sie eine neue Formulierung oder ein neues Dokument entwickelt, genau mit dieser Denkweise eigentlich anfangen und sich überlegen, ja, wen sozusagen habe ich denn hier alles, wen berührt denn eigentlich mein Schreiben oder meine Ausführung, die ich jetzt hier tätige und wer nutzt sie, wie, wann? Und da kommen wir vielleicht dann in den Bereich App oder irgendwie Digitalisierung.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Wie geht denn der Einzelne mit der Aufgabenstellung um? Was weiß ich, wenn es jetzt um Steuererklärung geht, mal was ganz Einfaches, dann ist es ja wirklich die große Frage, macht man das heutzutage noch händisch oder eben digital? Wir sind wahrscheinlich schon tatsächlich in dem Zeitalter, wo wir mehr digital machen. Aber meine Steuerberaterin hat immer noch die Formulare, die ich dann irgendwann unterschreiben muss.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Das ist jetzt also sozusagen oft ja immer noch hybrid. Aber eine Steuerbehörde könnte sich abschauen und sagen, wie sie prozessual vorgeht, um zur richtigen Lösung zu kommen. Das heißt wirklich sich angucken, was hat der oder diejenige, der Nutzer in dem Fall für einen Bedarf? Wie verhält er sich in der Situation, wenn er jetzt zum Beispiel Steuererklärung abgeben muss? Was muss er da für Aufgaben erfüllen? Und wie kann ich ihm an der Stelle aus Behördensicht.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Auch Dienstleister sein? Und wie kann ich ihm sozusagen etwas schaffen, was ihm weiterbringt, was in seinen Workflow passt und was mir im Endeffekt dann als Behörde auch nützt, weil ich besser und schneller zu den Informationen gelange, die ich ja brauche? Also dieser Ansatz dieses prozessualen Denkens und dieser prozessualen Untersuchungsmethode wirkt sich also auf lange Sicht, es ist am Anfang erstmal ein bisschen mehr Aufwand, das ist schon richtig, aber es wirkt sich eben mittel- und langfristig sehr positiv auf, weil es einfach die Workflows verkürzt, die Zeiten verkürzt, im Endeffekt natürlich dann auch einen finanziellen Input hat, also eine positive Auswirkung, wenn man weniger Rückfragen bekommt.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Also all das sozusagen schwingt immer mit in dieser ganzen Designarbeit, wenn wir uns dem so prozessual nähern, wie ich gerade beschrieben habe. Und was die sich abschauen können, wird recht weit ausgeholt, ist tatsächlich dieser Designprozess, wie man vorgeht.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Und das gilt eben im Übrigen für alle möglichen Aufgabenstellungen einer Finanzbehörde, um bei deinem Beispiel zu bleiben. Immer wenn es darum geht, Informationen oder Aufgaben umzusetzen, sich einfach so ein bisschen mal zu orientieren an einer anderen Denkweise. Und darum geht es im Legal Design.

19:20 Min
Marc Ohrendorf:

Böse Zungen würden an der Stelle vielleicht formulieren, das sind dann immer so Teams, die an irgendwelchen Whiteboards stehen und ganz viele bunte Zettel kleben. Ist da was dran?

19:30 Min
Astrid Kohlmeier:

Wenn es um Design Thinking geht, meinst du?

19:32 Min
Marc Ohrendorf:

Mhm.

19:33 Min
Astrid Kohlmeier:

Ja, diese lustigen Zettelklebereien haben einen ganz... Interessanten Ursprung und vor allen Dingen auch wahnsinnig viel Sinn. Das sieht zwar irgendwie so fancy aus, so wie du es gerade beschrieben hast, und böse Zungen sagen das auch, aber diese bösen Zungen waren noch nie in einem Design Thinking Workshop und haben nicht erlebt, was es tatsächlich bedeutet, mit diesen Zetteln zu arbeiten.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Das ist nämlich nicht sozusagen, weil die so schön bunt sind und deswegen so super sind, sondern die erfüllen tatsächlich einen ganz wichtigen Zweck. Wir machen das in Zeiten der Pandemie ja auch längst virtuell, auf Miro oder Mural oder wie die ganzen Whiteboard-Lösungen heißen, aber noch im physischen Raum tatsächlich mit Klebezetteln.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Und diese Klebezetteln haben diese Funktion, dass sie A, nach Farben geordnet werden können. Das heißt, du kannst Themen zuordnen, was vollkommen wichtig ist in einem Prozess, wo du ganz viele Informationen zusammenträgst und auch sozusagen eine Analysearbeit leisten musst und Schritt halten musst mit den Ergebnissen, die du bekommst.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Und zum anderen sind diese Klebezettel deswegen so wichtig, weil sie versetzt werden können physisch. Das heißt, Wir sind ja in einem prozessualen Vorgang und wenn wir mehr Input bekommen oder weiteren Input bekommen, sich die Ansicht oder die Sicht auf ein bestimmtes Problem ändert, dann haben wir mit diesen Klebezetteln eine ganz große Möglichkeit.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Die zu versetzen physisch tatsächlich und an den Ort wieder zu kleben, wo sie vielleicht eine größere Relevanz entfalten. Deswegen sind diese fancy Räume mit vielen Zetteln, derjenige, der noch nicht wirklich damit gearbeitet hat, vielleicht sieht das irgendwie lustig aus oder so ein bisschen, ja, die spielen da so ein bisschen, aber das hat einen ganz tiefen Grund, warum wir so arbeiten.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Und ja, jeder, der das schon mal erlebt hat, wird es auch bestätigen können. Diese geniale Erfindung der Klebezettel, kann ich nicht oft genug betonen, ist wirklich ein ganz großes, hilfreiches Instrument.

21:24 Min
Marc Ohrendorf:

Ich bin übrigens komplett bei dir, entschuldige. Ich bin komplett bei dir. Es lässt sich halt so schwer einfangen, sozusagen man müsste eigentlich mal so eine vorher in der Mitte und nachher Bilderserie vielleicht machen, dass man sagt, guck mal, so haben wir gestartet, das war unser initiales Brainstorming oder unser initialer Output irgendwie, ja.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Zwischendurch sah das dann mal komplett anders aus und hinten raus ist dann irgendwie das hier weggeflogen und das hier haben wir dann tatsächlich gemacht. Also dieser Prozess lässt sich leider medial so schlecht einfangen. Das heißt, auch dieser Denkprozess, weil der findet ja dann doch auch teilweise einfach in den Köpfen der Menschen statt und in der Interaktion.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Deswegen finde ich auch, tut so das ein oder andere Bild dem Ganzen ein kleines bisschen vielleicht Unrecht, wenn man einfach nur sagt, ach guck mal, jetzt habt ihr aber hier ein kleines Pixelkunstwerk an die Wand gemalt oder ähnliches.

22:09 Min
Astrid Kohlmeier:

Ja, ich verstehe, was du meinst. Tatsächlich, ja, in den Workshops oder in den Projekten, die ich mache, sieht man natürlich den Fortschritt auch und ich halte das dann auch in Fotos fest. Oftmals darf ich die dann zwar leider nicht veröffentlichen, weil es dann irgendwie, aber genauso, wie du es beschrieben hast, ist es ja dann auch im Endeffekt erst sieht es so aus in der Mitte so und am Schluss dann ganz anders.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Da vielleicht eine letzte Bemerkung dazu. Das ist im gesamten Design Thinking, Denken und Prozess auch wirklich wichtig, diese physischen Räume, das möchte ich nochmal betonen, die nämlich, wenn wir ein Projekt haben, auch für über die ganze Projektzeit bleiben. Also der physische kreative Raum ist ganz wichtig im Legal Design.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Denn wenn du dir vorstellst, keine Ahnung, zum Beispiel 30 Stakeholder interviewt zu haben, mal aus der Praxis so ganz konkret, und du hast ganz verschiedene Aussagen, weil jeder einen ganz anderen Bedarf und einen ganz anderen Pain Point sieht zu der jeweiligen Aufgabenstellung, dann ist es wirklich fantastisch, wenn du dir einen ganzen Raum mit Klebezetteln und Aussagen zusammenstellst, der da bleiben kann.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Weil im Laufe der Projektzeit verändert sich es, genauso wie du sagst, und dann kann man umkleben. Aber dieses physische Präsenthaben von Aussagen, von Insights, die man generiert im Laufe der Zeit, das ist ein ganz wichtiger Teil des Prozesses.

23:28 Min
Marc Ohrendorf:

Und das ist auch übrigens, finde ich, das sehe ich so bei unseren Mitarbeitern, die auch einen juristischen Background haben, ein ganz schöner Effekt, dass auch Teamwork und Kollaboration ein kleines bisschen größer geschrieben wird, als es vielleicht im Studium und auch danach im Referendariat den Zuhörenden hier ja sicherlich hinreichend bekannt praktiziert wird. Einfach, weil es nicht so viele Möglichkeiten dazu gibt.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Die Arbeit ist meist darauf angelegt, dass man die eher alleine vollbringt, wohingegen der Design Thinking zumindest eine sehr große kollaborative Komponente hat.

23:59 Min
Astrid Kohlmeier:

Also es ist einer der Kernaufgaben oder Kernmotiv quasi des Design Thinkings ist die interdisziplinäre Kollaboration. Die ist entscheidend tatsächlich. Und auch hier, wir sind ja hier im Legal Design und juristischen Umfeld, wir werden auch hier nochmal zurückgehen zur Ausbildung.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Auch das wird nicht trainiert, auch das wird nicht gelehrt, sozusagen der positive Aspekt des Zusammenwirkens und zusammen zu einem Ergebnis zu kommen, ist eigentlich in der juristischen, universitären Laufbahn ein, also kommt mehr oder weniger eigentlich vor, sondern wir werden doch zu Einzelkämpfern ausgebildet, die sich gegen den Rest der anderen durchsetzen. Genauso wie derjenige gewinnt, der das beste Plädoyer hält.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Also das ist schon so eine Einzelkämpfermentalität, die auch Kern des Rechts oder der Ausbildung an der Stelle auch sind. Und Kollaboration mit anderen oder Interdisziplinarität kommt da sehr selten vor. Dabei ist der Mehrwert, der aus dieser Arbeit erzielt werden kann, wenn wir uns mit anderen Disziplinen zusammenschließen, so ein unglaublich fruchtbarer Boden für neue Ideen und letztlich ein Treiber für Innovation im Recht.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Insgesamt, ohne diese interdisziplinäre Kollaboration geht da gar nichts. Denn wir müssen von anderen lernen, die müssen von uns lernen. Wir müssen gemeinsam sozusagen an Lösungen arbeiten. Anders geht es tatsächlich nicht, um erfolgreiche Produkte in die Welt zu bringen oder Services zu gestalten, wo alle Probleme, die da des Weges kommen, auch gelöst werden können.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Also diese Kollaboration ist ganz, ganz essentiell.

25:37 Min
Marc Ohrendorf:

Ja. Einer der Punkte, mit denen man dich in letzter Zeit ein bisschen auf Social Media sieht, ist dein neues Buch. Du hast nämlich ein Design Thinking Buch geschrieben und das ist, wenn man sich erstmal ganz platt nähert, das ist übrigens auch sehr hübsch.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Das macht einfach auch Spaß, da reinzuschauen. Also es lädt wirklich ein und es ist auch im Gegensatz zu so einem Lehrbuch oder ähnlichem wirklich schön gestaltet, interaktiv würde ich fast sagen, dass man auch auf verschiedene Art angesprochen wird, weil es jetzt nicht von vorne bis hinten einfach schwarzer Text auf weißem Hintergrund ist.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Aber das hat natürlich deutlich mehr als diese relativ profane Einleitung. Stell doch mal so ein kleines bisschen dar, was ihr dort dem Leser an die Hand gebt und für wen das vielleicht auch besonders geeignet ist.

26:28 Min
Astrid Kohlmeier:

Genau, wie du es schon sagtest. Ich habe es zusammengeschrieben mit Mera Klemola. Sie ist eine Legal Designerin, die ich aus der internationalen Legal Design Community kenne, schon seit vielen Jahren. Und das Buch ist tatsächlich ein Ergebnis der Pandemie.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Ich wollte schon lange ein Buch schreiben und hatte eigentlich nie die Zeit dazu. Dann Anfang letzten Jahres, als es so anfing und erst mal nicht klar war, wie es weitergeht, hatten wir alle irgendwie so einen kleinen Zeitgap, habe ich so den Eindruck. Und diesem Zeitgap habe ich mir gedacht, okay, das könnte jetzt eigentlich so die Gelegenheit sein, das Buch zu schreiben.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Aber nachdem es sicherlich besser oder noch leichter geht, wenn ich das nicht alleine mache, auch hier schon wieder Kollaborationen eigentlich. Bin ich auf die Meera zugegangen, weil ich die eben auch super finde und habe gesagt, lass uns doch zusammen eins schreiben.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Und sie war sofort Feuer und Flamme. Und dann haben wir eben gesagt, machen wir das. Und wir sind im Endeffekt auch relativ schnell gewesen. Uns selber kam es zwar langsam vor, weil wir beide sehr schnell arbeiten normalerweise.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Aber innerhalb eines Jahres ist es uns gelungen, dieses Buch jetzt zu veröffentlichen und deine Frage zu beantworten, was haben wir da alles reingepackt. Wir wollten eben genauso, wie du es schon erwähnt hast, kein klassisches akademisches Lehrbuch schreiben, denn das halte ich tatsächlich auch für die falsche Herangehensweise.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Also es gibt so ein paar akademische Bücher auch zum Bereich Legal Design. Da kann man dann tatsächlich irgendwie, hast du dann drei Zeilen Text und 50.000 Zeilen Quellen. Das nervt mich selber als Leser schon, also von wegen Nutzerzentriertheit beim Lesen.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Uns war also wichtig, dass wir dieses Nutzerzentrierte auch in das Buch übersetzen und dem Leser wirklich eine Freude machen und er Lust hat darauf, dieses Buch durchzublättern und nicht nur durchzublättern, sondern zu verinnerlichen, was da drin steht. Und da steht als allererstes, haben wir im ersten Kapitel sogenannte Legal Design Philosophien, also wirklich, wo wir uns überlegt haben, was sind so die Grundkriterien, bevor man überhaupt mit Legal Design anfängt, was für eine Haltung musst du eigentlich haben, damit es eigentlich auf einen fruchtbaren Boden fällt in deiner rechtlichen Organisation, bei dir selber.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Und deswegen haben wir da so ein paar Anregungen gegeben, zum Beispiel, das ist ja uns Juristen dann eben oft immer nennt, diese Rechthaberei, aber auch die Beurteilung anderer. Und diese Beurteilung und schnell sozusagen einordnen von Aussagen, das ist Teil unserer Profession, aber wir genau davon müssen wir uns verabschieden, wenn es um Design geht und Innovation.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Denn dann sollten wir uns besser darauf konzentrieren, nicht schon so beurteilen zu werden, sondern uns auf andere einzulassen und zuzuhören, was die eigentlich zu sagen haben. Also das ist sozusagen nur als Beispiel eine dieser Philosophien, um die es geht.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Aber dann haben wir auch erklärt, was ist denn Digital Design? Und zwar richtig ausführlich auch. Wir haben ganz sehr intensiv ausgeführt, nicht nur, was ist Design Thinking, sondern vor allen Dingen, was ist denn Design? Denn vielen ist überhaupt nicht klar, dass Design eben aus vielen verschiedenen Disziplinen und Feldern besteht, die wir auch im Legal Design berühren.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Und da wollten wir einfach mal so eine Rundumaufklärung geben, die für einen Designer immer noch natürlich eher klein gehalten ist, aber für einen Juristen, und das ist ja so unsere Hauptzielgruppe an der Stelle auch, einfach mal, um auch über diesen Tellerrand so ein bisschen rauszugucken und zu erfahren, was steckt da eigentlich alles drin. Wir haben aber genauso gut geschrieben, warum brauchen wir Legal Design? Also da gibt es einfach ein paar Gründe dafür, wie der Kostendruck im Markt, wie aber auch tatsächlich die Technologisierung und fortschreitende Digitalisierung, aber auch diese Flut an Regulierungen, die wir haben.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Also so verschiedene Gründe aufgezählt. Dann den Legal Design Prozess ganz konkret anwendbar, auch für jeden, der ein Projekt umsetzen will, wirklich Schritt für Schritt erklärt, was mache ich denn da eigentlich und wie geht es? Also das war interessant. Interessant, da hat ein Freund von mir gesagt, ja, also das ist ja schon super irgendwie, aber gibst du da nicht eigentlich total viel Preis von dem irgendwie, was quasi dein USP sozusagen ist? Da habe ich gesagt, genau darum geht es doch.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Es geht darum, das in die Welt zu bringen. Es geht darum, zu teilen. Und meine Meinung ist, und das ist auch etwas, was bei Juristen oftmals gar nicht so sehr im Vordergrund steht, dieses Teilen, dieses Teil haben lassen und Leute mitnehmen.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Genau darum geht es. Und deswegen ist meine Meinung, je mehr wir informieren an der Stelle, desto mehr kommt irgendwann auch zurück. Und wenn nicht, dann soll es halt jeder für sich selber nutzen. Aber es war uns ein Bedürfnis, das in die Welt zu bringen.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Genau. Und dann haben wir Praxisbeispiele, super interessante sechs Stück aus verschiedenen Perspektiven, um so zu zeigen, was bedeutet Legal Design in der Anwendung.

31:09 Min
Marc Ohrendorf:

Kannst du da mal eins rausgreifen und so ein bisschen beschreiben? Genau.

31:12 Min
Astrid Kohlmeier:

Ein ganz konkretes Beispiel, das wir da haben, ist zum Beispiel die Simplifizierung von Non-Disclosure Agreements für Airbus. Das ist ein Projekt, das ich mit, eben Airbus zusammen gemacht habe und da ging es darum, diesen Standard-NDA, den die haben, der oft zu Problemen geführt hat in der Zusammenarbeit mit Startup-Unternehmen, so zu vereinfachen, dass es nicht mehr so viele Rückfragen in die Rechtsabteilung gibt und dass auch diejenigen, die den unterschreiben müssen, damit nicht so viele Pain-Points haben.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Und da sind wir sozusagen genau mit so einem Ansatz auch rangegangen in dieser prozessualen Ausgestaltung, dass wir ein Research gemacht haben, rausgefunden haben, wo sind da so die Pain Points, natürlich viele Unternehmen dazu befragt haben. Und aus diesen Ergebnissen hat sich dann ergeben eine Design-Vision, wo man sozusagen gemeinsam sich hin entwickeln will, nämlich, dass man weg von diesem sehr diktatorischen sozusagen NDA hin zu einem mehr vertrauensbildenden Vertrag führt.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Der schon von Anfang an eigentlich eine Geschäftsbeziehung befördert. Denn das ist tatsächlich beim NDA ja oft der Fall. Das erste, was du unterschreiben musst, ist ein NDA. Und wenn der unsympathisch oder besonders irgendwie tricky oder unangenehm ist, dann ist das sicher kein guter Start in eine Geschäftsbeziehung.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Und genau darum ging es im Kern. Und um es kurz zu machen, haben wir dann einen Vertrag formuliert und gestaltet, also in dem Fall auch sehr visuell gestaltet, der dann auch getestet wurde mit Unternehmen und der extrem gut sozusagen angekommen ist. Wir haben den so oft iteriert, bis er eben auch die ganzen, die alle Bedarfe quasi erfüllt hat.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Und er wird jetzt bei Airbus genutzt und ist auch ziemlich viral gegangen, ist schon sehr oft zitiert worden, was ich natürlich super finde. Also es ist ein ganz konkretes Beispiel an der Stelle, was auch in dem Buch ist.

33:13 Min
Marc Ohrendorf:

Das ist ja schon ganz witzig, dass Verträge, die jetzt nicht, klassischerweise den größten Sexappeal aller Dokumente auf diesem Planeten haben, dann auch geteilt werden auf Social Media, weil sich Menschen darüber freuen.

33:26 Min
Astrid Kohlmeier:

Genau, das zeigt tatsächlich auch die Ausgangsbasis, von der wir kommen. Denn sozusagen Word, 600 Seiten, 10 Punkt und einzeiliger Abstand ist halt wirklich für alle zum Kotzen. Und das mag niemand mehr lesen und keiner hat die Zeit dafür.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Und da geht es wirklich darum, auch wieder von dem Empfängerhorizont her zu denken, was nützt denn demjenigen, was will ich denn erreichen? Ich möchte erreichen, dass er schnell versteht, dass er mit mir zu einer Einigung kommt. Wie kann ich jemandem zumuten, 600 Seiten lesen zu müssen? Das ist genauso, wenn ich in einem internen Unternehmen bin.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Als Rechtsabteilung kann ich auch nicht dem CEO zumuten, dass er, keine Ahnung, 30, 40 Seiten Text liest, sondern dann muss ich mich auch konzentrieren auf ihn und ihm vielleicht ein gut visualisiertes, kurzes Memo zur Verfügung stelle, wo die wichtigsten Punkte bestenfalls noch mit einer Infografik visualisiert, ihm ganz schnell sozusagen einen Überblick geben, wo sind die Geschäftsrisiken, was muss ich machen, alles, was halt gerade irgendwie aktuell ist.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Also du hast vollkommen recht, es ist erstaunlich, dass sowas viral geht und dass sowas noch für Aufmerksamkeit sorgt. Ich hoffe natürlich, dass wir irgendwann in eine Phase kommen, wo das Standard wird, aber da sind wir noch ein bisschen weit weg davon.

1:00 Min
Astrid Kohlmeier:

Im Moment kann man damit noch Furore machen, das stimmt.

34:49 Min
Marc Ohrendorf:

Vielen Dank, Astrid. Das war sehr interessant. Wir verlinken natürlich deine Homepage, dein Buch auf Englisch und auf Deutsch, was am 11. Oktober 2021 erscheint bzw. Erschienen ist, je nachdem, wann ihr das gerade hört, auch in den Shownotes.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Und das war ein sehr, sehr interessanter Einblick in ein Feld aus meiner Sicht, was eine große Zukunft hat und auch immer wichtiger werden wird. Und ja, danke, mach's gut.

35:13 Min
Astrid Kohlmeier:

Ja, ich danke dir auch. Ich bin jetzt total erstaunt, dass es schon vorbei ist. Aber wir haben doch gerade erst angefangen. Danke für die Einladung, Max. War super.

35:21 Min
Marc Ohrendorf:

Dann werden wir noch eine zweite Folge vielleicht irgendwann nachschieben. Was hältst du davon?

35:24 Min
Astrid Kohlmeier:

Wunderbar.

35:26 Min
Marc Ohrendorf:

Super. Danke, bis dann. Tschüss.

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