Prof. Dr. h.c. Barbara Dauner-Lieb, Professor | Universität zu Köln
Herzlich willkommen zu Folge 157 von “Irgendwas mit Recht” sowie zur zweiten Folge unserer speziellen Serie “Irgendwas mit Examen” mit Prof. Dr. Dr. h.c. Dauner-Lieb. Hast du schon einmal über suboptimale Formulierungen in deinen juristischen Arbeiten gestolpert? In dieser Episode analysieren wir gemeinsam zwei Beispiele und zeigen dir, wie du deine Ausdrucksweise im juristischen Kontext verbessern kannst. So wirst du im Handumdrehen klarer, präziser und überzeugender in deinem Schreibstil. Bist du dir unsicher über deine Ziele in den Examensklausuren? Woran sollte man sich bei der Zielsetzung orientieren? Wie kann man etwaige Prüfungsangst adressieren? Wie sieht gute Sachverhaltsarbeit aus? Worauf kommt es bei der Erstellung der Lösungsskizze an? Antworten auf diese Fragen erhältst Du in dieser Folge, bevor wir schließlich eine Grundsatzfrage diskutieren, die Dir beim Hören aller Folgen von “Irgendwas mit Examen” sowie Deiner Examensvorbereitung helfen wird: Worum geht es im Privatrecht eigentlich? Wie Verhalten sich Norman zu Rechtsprechung? Warum sollte man Urteile lesen, obwohl man Gutachten schreibt? Viel Spaß!
Happy Listening 🎉 und vielen Dank für Euer Feedback! 🙏🏼
Die Uni Köln ist Deutschlands größte juristische Fakultät. Sie zeichnet sich durch mehrfach ausgezeichnete Lehre und juristische Forschung aus. IMR verbindet mit der Uni Köln ein besonderes Verhältnis, denn der Podcast startete hier im Jahr 2018 unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. h.c. Dauner-Lieb. Prof. Dauner-Lieb engagiert sich zudem seit Jahrem im Rahmen des Examenspodcasts Irgendwas mit Examen, der Teil von IMR ist. Dort erhaltet Ihr sowohl im Zivil- als auch im Strafrecht einen kontinuierlichen kostenfreien Examenskurs in Podcast-Form.
Prof. Dr. h.c. Barbara Dauner-Lieb , Professor
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Prof. Dr. h.c. Barbara Dauner-Lieb , Professor
Prof. Dr. Matthias Kilian , Professor
Prof. Dr. h.c. Barbara Dauner-Lieb , Professor
Eine gute Examensvorbereitung muss individuell sein und darauf beruhen, dass man die eigenen Stärken und Schwächen kennt, das Wissen mit Verständnis anwendet und vor allem juristische Probleme vernünftig löst.
KI-basiert und kann Fehler enthalten.
Die heutige Episode wird präsentiert von PVC Legal. PVC Legal, das sind mehr als 250 Anwältinnen an 18 deutschen Standorten und weltweit sogar über 3500 Rechtsanwältinnen in mehr als 100 Ländern. Bei ihrer Arbeit in den verschiedensten Rechtsgebieten setzt PVC Legal bereits seit Jahren auf den Einsatz von neuesten Technologien, zum Beispiel durch Kooperationen mit Tech-Startups oder die Entwicklung von eigenen Tools und Anwendungen.
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Den Link hierzu findet ihr auch in den Shownotes. Vielen Dank für die Unterstützung der heutigen Folge von Irgendwas mit Recht an PWC Und nun viel Spaß!
Herzlich willkommen zu einer neuen Episode Irgendwas mit Recht, die gleichzeitig Episode 2 von sozusagen Irgendwas mit Examen ist, inoffiziellen Titel, wo wir hier gemeinsam mit Frau Prof. Dauner-Lieb das gesamte Zivilrecht, naja, vielleicht nicht das gesamte Zivilrecht, aber alles, was ihr so wissen müsst in der Examensvorbereitung, besprechen. Hallo Barbara.
Ja, hallo Marc, ich freue mich.
Ich auch. Barbara, bevor wir uns in der nächsten Episode mit der Rechtsgeschäftslehre auseinandersetzen, danach ein bisschen das minderjährige Recht beleuchten und Stellvertretungsthematiken, würden wir in dieser Episode nochmal ein kleines bisschen auf so den allgemeinen Blick auf die Examensvorbereitung eingehen. Ihr seht das sozusagen, wenn ihr das hier gerade hört, als ersten Kick-off, als erstes Einschwören auf eure individuelle Examensvorbereitung.
Vielleicht erstmal so ein kleines bisschen zur Einführung. Worum geht es eigentlich bei einer guten Examensvorbereitung und was geht vielleicht auch gar nicht aus deiner Sicht? Also die Examsvorbereitung.
Muss sehr individuell sein. Man muss selber wissen, wo die eigenen Stärken liegen, wo die eigenen Schwächen liegen. Ich empfehle eine Bestandsaufnahme im Wissen, im Verständnis, im Kompetenzbereich. Das ist übrigens ein Credo, das ich an den Anfang stelle.
Das sieht man schon im JAG. Es geht nur zum Teil um Wissen und die Reproduktion von Wissen, sondern es geht darum, dass man etwas verstanden hat. Sie sollen das Recht, den Stoff, mit Verständnis anwenden und anwenden heißt, sie sollen die Kompetenz haben, vernünftig juristische Probleme zu lösen.
So, wenn Sie jetzt diese Bestandsaufnahme machen, müssen Sie eigentlich überlegen, was kann ich gut, was nicht? Habe ich im Immobiliarsachenrecht was anderes gemacht? Dann sollte ich einplanen, dass ich es nachhole. Habe ich überhaupt kein Erbrecht gemacht? Dann sollte ich vielleicht überlegen, wie ich das nachhole.
Ein bisschen. Habe ich genug Klausuren schon geschrieben, dass ich sage, ich habe es schon im Prinzip verstanden, wie man Gutachten schreibt? Dann läuft das ein bisschen anders. Und habe ich schon so den Durchblick oder stehe ich eigentlich noch vor einer Wand? Es ist nicht entscheidend, dass Sie alles präsent haben.
Sondern entscheidend ist, dass Sie wirklich mal überlegen, was habe ich denn eigentlich jetzt bisher gemacht? Davon hängt es ein bisschen ab, wo man die Schwerpunkte legt. Ich bekomme im Examenskurs in Köln Studierende und Kandidaten, die sind eigentlich schon fit.
Das muss man nur noch so ein bisschen bürsten und noch ein bisschen zum Glänzen bringen. Es gibt andere, die gar nicht unklug sind im Juristischen, aber die einfach noch nicht so furchtbar viel gemacht haben oder die vielleicht auch das Falsche gemacht haben. Und das Entscheidende ist, dass Sie selber herausfinden, was muss ich eigentlich tun, mit welchem Ziel.
Ich finde das ist eine schwierige Aufgabe, denn wenn man sich so die durchschnittlichen Studienleistungen bei vielen anschaut, dann ist ja so ein normales Bild, dass man manche Klausuren richtig gut geschrieben hat, manche vielleicht auch mal gerade so Arsch über Latte bestanden hat und dann denkt man sich eventuell sogar, da war ich jetzt in dem und dem Rechtsgebiet vielleicht doch nicht so fit und umgekehrt mag man dem Trugschluss unterliegen, weil man ein, zwei richtig gute Klausuren geschrieben hat, dass man da vielleicht nicht mehr so viel tun muss.
Aber habe ich dich da richtig verstanden, dass man vielleicht eher auch sich vertrauen sollte und sich anschaut, wo man schon gearbeitet hat und wo vielleicht noch nicht so viel, statt jetzt zu viel Wert auf eine einzelne Klausur oder ein einzelnes Ergebnis zu legen?
Das ist genauso wie du es sagst. Eigentlich ist entscheidend, ob man sich mit dem Normenbestand des jeweiligen Bereichs schon beschäftigt hat. Wenn man noch nie ins Erbrecht reingeguckt hat, braucht man einen gewissen Einstieg.
Da gibt es Grundvoraussetzungen, gesetzliche Erbfolge, gewillkürte Erbfolge, was ist ein Testament, was sind die Formvorschriften, was sind so Grundprobleme in dem Bereich. Das ist alles keine Hexerei, aber wenn man das noch nie angeguckt hat, dann findet man das nicht.
Also man muss ein bisschen sagen, ich habe da drin schon gelesen. So, man muss nicht alles wissen und man sollte in der Tat sich sehr stark vertrauen. Alles war es man schon mal.
Gehabt und gemacht hat, kommt wieder. Also die brauchen nicht ein Präsenzwissen in dem Sinne, dass man sie nachts aufwecken kann und dann halten sie einen Vortrag über das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis. So funktioniert das nicht, sondern es kommt ein bisschen darauf an, dass sie sich die Normen schon mal angeguckt haben und sagen, ich hatte schon mal kapiert, wie das System so ungefähr tickt.
Das ist eine gute Grundlage. Aber ich habe oft halt Leute vor mir, die mir dann schüchtern, aber relativ ehrlich sagen, ja ich bin in die Vorlesung Mobiliar-Sachenrecht nicht gegangen. Das ist natürlich Käse, da muss man sich damit beschäftigen.
Man kriegt nicht die so und so vielte Form des gutgläubigen Erwerbs auf die Reihe, wenn man sich das nie angeguckt hat. Ja, man muss einfach so ein bisschen den Graben zuschütten, der da vielleicht noch ist. Es geht nicht darum, dass man sagt, ich war da fit, sondern ich habe mich mit dem Gebiet schon mal vernünftig auseinandergesetzt.
Und da darf man sich eigentlich sehr vertrauen. Jede Stunde, die man sich mit dem Fach befasst hat, ist in irgendeiner Weise nützlich gewesen.
Gut, dann gehen wir mal auf zwei, drei Beispiele ein, die vielleicht auch noch nicht so schön sind, die aber aus deinem Leben und deiner Erfahrung im Examenskurs stammen. Findet das, was ich jetzt vorlese, auch als Kapitelmarke in diesem Podcast.
Also, wenn ihr den Podcast in einem ordentlichen Podcastplayer hört, dann habt ihr jetzt an dieser Stelle eine Kapitelmarke. Schaut mal kurz in eurem Browser oder in euer Handy, da könnt ihr das Ganze auch mitlesen. So werden wir das in Zukunft bei wichtigen Dingen, wo man vielleicht auch mal einen Blick drauf werfen muss und die jetzt nicht nur ein Gesetzeswort laut sind, immer machen.
Ich lese mal kurz was vor. Frage 1, Doppelpunkt D, stehen die von ihr geltend gemachten Schäden in Höhe von insgesamt 6.150 Euro gegen die AGMBH zu, wenn er einen wirksamen, fälligen und durchsetzbaren Anspruch hat. Was ist daran unschön und was ist daran womöglich sogar sinnlos?
Ja, das sind Fragen, mit denen Sie sich wirklich immer wieder beschäftigen sollten. Indem sie nämlich gucken, wie würde ich das machen und überzeugt mich das. Das stammt aus einer Originalklausur und wenn sie da hingucken, der, der schon ein bisschen fortgeschritten wird, sagt, natürlich macht keiner Schäden geltend, sondern er verlangt Schadensersatz.
Jetzt werden sie sagen, es ist eine Formalie, ist aber keine. Im Grunde sagt der Leser, so ganz genau scheint der noch nicht im Schadensrecht fit zu sein, denn wenn der so formuliert, hat das nicht verstanden. Das Zweite ist eine...
Grundfrage der Klausurtechnik. Da steht drin, wenn er einen wirksamen, fälligen und durchsetzbaren Anspruch hat, was soll das? Er könnte einen Anspruch aus Paragraf 280 haben auf Ersatz der Schäden. Dass der Anspruch da sein muss, wirksame, unwirksame Ansprüche gibt es nicht.
Entweder es gibt ihn oder es gibt ihn nicht. Fällig, ja klar, aber vielleicht ist das gar kein Anspruch, wo es auf die Fälligkeit ankommt. Zum Beispiel, wenn es ein deliktischer Anspruch ist, kommt es da gar nicht drauf an im Moment.
Durchsetzbar, da will man mit abdecken, dass der nicht verjährt sein darf, bringt aber überhaupt nichts. Das ist jetzt schon eine Frage der Kompetenz, dass man überlegt, wenn ich eine Klausur schreibe, wie gewöhne ich mir Schleppsetznetze und Sprechblasen ab? Also Anspruch entstanden, untergegangen, durchsetzbar.
Schiffe gehen unter, Ansprüche gehen nicht unter. Ist so. Steht im Gesetz, dass die was anderes tun. Die werden erfüllt, aber die gehen nicht unter. Und viele von euch haben sich so, weil sie glauben, das gibt Sicherheit, so Sprechformeln und Aufbauschemata angewöhnt, von denen man sagt, die sind sinnlos.
Also im Examen, das ist schon eine Regel, alles was sinnlos ist, ist eigentlich falsch. Früher war man da sehr, sehr krass, dann hat man das angestrichen. Heute sagt man, naja, aber man merkt im Grunde, wenn eine Arbeit so losgeht, ein Könner ist das nicht.
Also ich sag mal für den ersten Satz einer Examensklausur sagt die mir schon ein Prädikatskandidat und eine Prädikatskandidatin ist das nicht. Das ist jetzt ein bisschen schroff, aber sie sehen schon, es kommt ja gar nicht so darauf an, dass sie jetzt die letzte Theorie zum Schadensersatz statt der Leistung drauf haben, sondern dass sie wie ein Jurist arbeiten und wie ein Jurist schreiben.
Writing like a lawyer. Ja, das ist entscheidend und da liegt sehr viel mehr Bedeutung drin und das ist viel wichtiger für die die Examenvorbereitung als noch ein Kapitel zu irgendeinem abgedrehten Theorienstreit.
Und wenn wir mal daran anknüpfen, was wir in unserer letzten Folge hier besprochen haben, hinsichtlich der mündlichen Prüfung, dass es da darum geht, in einem Rechtsgespräch zu zeigen, dass man sich in der Materie auskennt, dass man eben auch über ein bestimmtes Problem miteinander sprechen kann und zwar sich auch rechtlich austauschen kann, dann ist das ja letztlich auch
ein kleines bisschen der Ausfluss hier, dass es eben nicht nur eine reine Formalie ist, sondern dass man eben auch schon zeigt, recht explizit, ich hätte gesagt durch die Blume, aber das ist es ja nicht mal, es ist ja ziemlich explizit, dass man auch zeigt, ich bin jemand, der hier mit der Materie umgehen kann, allein schon anhand dieser
Formalia.
Ja, im Übrigen kommt noch eins hinzu. Dieses überflüssig ist falsch hat einen ganz realen Hintergrund. im Berufsleben nachher. Wird Zeit die entscheidende Ressource sein, immer, nicht nur bei Juristen, aber bei uns besonders.
Das heißt, wenn Sie in Gutachten, die Sie als künftiger Jurist in der Referendarzeit oder als Anwalt schreiben, als Richter, in Vorträgen, wenn Sie etwas sagen, was die Hörer nicht weiterbringt, dann sind die genervt und das zu Recht, weil sie stehlen ihre Zeit. Und ein Satz wie der Anspruch müsste entstanden, wirksam geworden und nicht untergegangen, durchsetzbar oder sonst was, was soll das? Dann sage ich schon, Junge, komm zur Sache oder Mädchen, Anspruchsgrundlage könnte hier 280 sein, das setzt ein Schuldverhältnis voraus.
Und nicht, da muss irgendwo eine Anspruchsgrundlage sein. Wir hoffen alle, dass wir wissen, dass in der zivilrechtlichen Klausur in aller Regel es mit der Anspruchsgrundlage losgeht. Nicht immer.
Manchmal wird auch gefragt, ist E. Erbin geworden oder ist der Vertrag wirksam? Aber das ist eine Ausnahme. In der Regel wissen sie das und sie sollten nie etwas hinschreiben, was eigentlich nur eine Sprechblase ist.
Gut, wir gehen noch auf ein kleines zweites Beispiel ein. Auch das findet ihr wieder in den Kapitelmarken. Erstens. Vorliegende haben sich B und F über den Abschluss eines Vertrages geeinigt. Zweitens. Fraglich ist, welchen Inhalt dieser Vertrag betrifft. Warum ist das falsch?
Ich mache es mal kurz, weil wir jetzt schon in den Bereich kommen, den wir beim nächsten Mal sehr tief bearbeiten werden. Ein Vertrag kommt zustande dadurch, dass zwei Leute sich einigen. Es gibt auch kompliziertere Verträge, aber wir gehen jetzt mal von den normalen Austauschverträgen aus.
Das Zentrale ist die Einigung. Juristisch heißt das zwei übereinstimmende Willenserklärungen. Antrag und Annahme kann man schon wieder lassen. Also zwei Personen versprechen sich gegenseitig etwas und zwar sind sie sich einig darüber, dass sie sich identisches versprechen.
Dann setzt das aber voraus! Dass sie wissen, was sie sich versprechen. Sie haben erst sich geeinigt, wenn sie sich über einen Inhalt geeinigt haben. Wenn man sagt, die haben sich geeinigt, um dann zu sagen, jetzt fragen wir mal über welchen Inhalt, ist das geradezu absurd.
Weil sie können sich, wenn sie noch nicht wissen, über was sie sich geeinigt haben, dann haben sie sich noch nicht geeinigt. Im Grunde setzt, nein nicht im Grunde, die Einigung über den Inhalt ist Voraussetzung, dass überhaupt eine Einigung im juristischen Sinne da ist.
Also deswegen ist das hier sinnlos. Paradox.
Wir haben anhand dieser zwei Beispiele mal so ein kleines bisschen einführend aufgezeigt, was typische Fehler sind, weswegen man sich da natürlich auch vertieft mit auseinandersetzen muss. Lass uns im Folgenden nochmal einen ganz kurzen Schlenker machen und ein kleines bisschen über die eigene Zielsetzung in der Examensvorbereitung sprechen.
Du hast ja gerade schon gesagt, Rechtsgeschäftslehre machen wir beim nächsten Mal ausführlich. Am Ende des Tages möchten ja viele oder vielleicht auch zwangsweise gerne das Prädikat schaffen, aber wir wissen aus der Statistik, nicht alle schaffen ein Prädikat im Staatsexamen. Macht es eigentlich Sinn, sich gegebenenfalls auch, bevor man jetzt materiell in die Examensvorbereitung einsteigt, sich ein Ziel zu setzen, das niedriger ist oder gar höher? Oder ist es so, dass man sagen sollte, nee, also eigentlich sollte ja jeder aufs Prädikat lernen, das macht schon Sinn, damit hat man gute Berufschancen.
Ja, das Prädikat ist natürlich unsere Zielmarke. Jetzt müssen wir aber realistisch sein. Jeder bringt ein bestimmtes Potenzial mit und es gibt auch sowas wie eine juristische Begabung. Das ist einfach meine Erfahrung nach 30 Jahren Juristenleben.
Es gibt Leute, die da mehr mitbringen als andere. Die anderen haben es dann etwas schwerer. Es gibt Leute, die sind einfach Naturtalente. Übrigens, es gibt auch Ingenieure, die Naturtalente sind.
Juristen arbeiten mit solchen Ingenieuren wahnsinnig gern zusammen, weil die sofort verstehen, worum es geht. Die machen ganz was anderes. Architekten, Verkäufer. aber meistens sind es die Techniker, die ganz gut verstehen.
So, also man bringt was mit oder man bringt auch nicht alles mit. Ich bezweifle, dass jeder in der Lage ist, ein oberes Gut zu schaffen. Dann kommt das Zweite, jeder bringt unterschiedlich in das Studium ein und hat auch unterschiedlich Zeit und Energie, sich damit zu befassen.
Fleiß ist auch nötig. Was ich immer sage ist, denkt doch nicht an irgendwelche Noten, sondern setzt euch ein realistisches Ziel. Und für mich ist das realistische Ziel für jemand, der überhaupt ziemlich geeignet ist. Ich will acht Punkte im Schnitt in den Klausuren.
Das ist befriedigend. Da kann ein mangelhaft dabei sein, weil man einmal auch nach oben ausreist. Acht Punkte im Schnitt im Schriftlichen heißt, ich habe jede Chance auf ein Prädikat im Mündlichen. So, wenn man sich diese Zielstellung mal setzt, dann geht sofort der Angstschweiß weg.
Warum? Weil eine Klausur zwölf Punkte schreiben, das anzustreben, ist ziemlich stresserzeugend. Zu sagen, ich schreibe in der Regel kein Mangelhaft, das sollte man immer sagen. Ich überlebe jedes Biest mit mindestens vier Punkten, ich habe mir nirgends einen Ausreißer, hole ich mir rein, ich schaffe immer ein Ausreichend und in der Regel schaffe ich ein Befriedigend.
Dann ist das Prädikat eigentlich schon ganz leicht erreichbar. Und ob man dann ins obere Vollbefriedigend rutscht oder ob man es ins Gut rutscht, ist auch ein bisschen eine Frage des Glücks. Im Übrigen ist die Berufssituation im Moment so, dass man auch mit zwei befriedigend ziemlich viel Gutes machen kann.
Im Moment ist es nicht so, dass irgendjemand auf der Straße liegen bleibt. Es ist sogar noch anders. Es wird gesucht. Ganz mit Händeringen werden Juristen gesucht.
Und auch die, die behaupten, wir nehmen nur zwei Prädikatskandidaten, sagen, naja, wenn der oder die aber englisch spricht und wenn der zeigt, eigentlich war er besser, kann ich so gut Klausuren schreiben. Also deswegen würde ich mir die Ziele realistisch setzen und nicht von vornherein...
Ein Ziel setzen, was eigentlich sehr schwer planbar ist. Also ich kenne eine ganze Reihe, die sagen, ich will Partner bei Hengeler werden irgendwann im Leben und ich muss im Examen rauskommen mit zwölf Punkten. Das wird keine lustige Examenszeit.
Wenn man eher sagt, ich werde einen interessanten, spannenden Beruf finden, ich strebe das Prädikat an und habe gute Chancen, das zu schaffen, dann wird das alles plötzlich sehr viel entspannter. Und ich glaube, dass die Entspannung ein ganz entscheidender Erfolgsfaktor ist.
Das klingt jetzt ganz, ganz, ganz schräg. Aber Verkrampfung hat ganz selten zu Topnoten geführt. Sondern den Kopf leermachen und sagen, ich gehe da mal mit ganz normalem Menschenverstand und meinem Handwerkszeug ran, gibt sehr viel mehr Chancen aufs Prädikat, als ich muss das noch lernen und ich muss das noch lernen, ich muss das noch lernen.
Das zeigt bei mir wirklich seit ich studiere, ich studiere seit ich oder ich mache Jura seit 79. Das ist nun wirklich eine verdammt lange Zeit. Und ich habe immer wieder festgestellt, je entspannter man das, was man erarbeitet hat, einsetzt, desto besser sind die Ergebnisse.
Das heißt nicht, dass man nicht arbeiten soll. Ich rede nur gegen dieses Verkrampfte irgendwo hin und Angst haben, das ist kontraproduktiv.
Haben wir ja in der Vergangenheit hier auch schon lange besprochen. Also es geht nicht darum, 10 Stunden oder 12 Stunden oder 13 Stunden vermeintlich zu lernen, weil man so lange auch effektiv gar nicht lernen kann. Es geht bei der ganzen Aussage ja auch ein kleines bisschen, wenn ich dir das so etwas in den Mund legen darf, dabei einen kühlen Kopf zu bewahren und sich auch etwas selber zu führen, dass man entsprechend dann auch die PS, die man unter der Haube hat, auf die Straße bringen kann.
Ich bringe dir ein Beispiel, wo ich heute im Examenskurs wahnsinnig gelacht habe. Da haben wir einen Paragrafen gemacht, §241a BGB von der EU vorgegeben regelt die Reaktion oder Nichtreaktion auf unbestellt zugesandte Waren. Das ist der alte Knüller, jemand kriegt drei Flaschen Wein mit dem Brief, wenn sie nicht in drei Wochen zurückschicken, ist der Vertrag geschlossen und sie bezahlen.
So, wir alle wissen, das geht nicht. Und dann meldet sich einer und sagt, ja, aber das muss man doch jetzt auch immer, weil ich gesagt habe, das ist relativ unwichtig, die Firmen machen es nicht mehr. Darauf meldet sich also ein Schlauchen und sagt, ja, aber da muss man doch immer in der GOA den 241a prüfen.
Das habe ich überhaupt nicht verstanden. Ja, wenn der Arzt dann da Mullbinden verwendet, das sind ja auch Leistungen, die nicht angefordert waren und dann muss man sich mit 241a auseinandersetzen. Also bei der GOA muss man immer auch 241a prüfen.
Also jetzt ganz ehrlich, erstens halte ich das für Schwachsinn. Alle Kommentare, die es überhaupt ansprechen, sagen auch nein im Ergebnis. Aber sowas darf man sich nicht merken, weil man dann den Kopf mit Quatsch voll packt und außerdem ja noch nicht mal erklären kann.
Er konnte mir nicht erklären, wo das Problem eigentlich liegt. Also ich habe hinterher nachgelesen, was er gemeint haben könnte. Aber wenn man sich mit sowas den Kopf verstopft, dann verliert man den Blick fürs Wesentliche.
Und das sind die Strukturen, die Methoden, der Wortlaut des Gesetzes. Also bitte, absurdistan, da muss man auch eine gewisse Disziplin entwickeln, dass man sagt mit so kleinteiligem Quatsch belaste ich mich nicht. Ich brauche meine kostbaren kleinen grauen Zellen und mein kostbares Langzeitgedächtnis für die wichtigen Dinge.
Damit einher geht ja aber auch ein bisschen das Thema Prüfungsangst. Es gibt ja auch viele, die lernen und viel auch auswendig lernen, weil sie sagen, naja gut, was ich schon mal auswendig weiß, das kann mir keiner nehmen sozusagen. Können wir vielleicht mal ein kleines bisschen darauf eingehen, wie schwer eigentlich so eine Examensklausur ist? Muss man da nochmal so viel drauflegen gegenüber einer normalen Semesterabschlussklausur oder ist das in etwa vergleichbar, dauert nur länger? Wie ist da deine Einschätzung?
Die ist festgeschrieben, meine Einschätzung deckt sich mit der des Juristenausbildungsgesetzes, nicht nur Nordrhein-Westfalen und auch der anderen. Da steht nämlich einfach gelagerte Fälle. Fachlich und tatsächlich einfach gelagerte Fälle.
Und das entspricht vollkommen meiner Wahrnehmung und meiner Erfahrung. Die Klausuren sind viel länger als in den Semesterabschlussklausuren Und die Probleme sind vernetzt über das gesamte Privatrecht. Das ist der Unterschied.
Man braucht einen längeren Atem und da sind auch mehrere Probleme drin. Rein fachlich sind die Klausuren in den Semesterabschlussklausuren schwieriger als die im Examen. Auch weil da sehr viel mehr an Details verlangt wird, ob das sinnvoll ist, ist eine ganz andere Frage.
Aber im Examen ist es eigentlich so, Sie müssen nicht mehr wissen, als sie in den Semesterabschlussklausuren wissen, wo sie müssen, wo sie sowieso eigentlich schon zu viel wissen. Sondern das, was im Examen kommt, ist tatsächlich in der Regel.
Einfacher gelagert und zwar sowohl im tatsächlichen wie im fachlichen so der das wahre Missverständnis besteht in etwas anderem die meisten Studierenden lernen ohne Ende bestimmte Theorien und bestimmte Fälle im Examen geht es aber nicht darum dass sie das gefragt werden was sie wissen sondern sie Es geht darum dass sie gefragt werden was sie nicht wissen das ganze Examen läuft auf das lösen unbekannter Fälle raus und das muss man raus haben und man muss von von vornherein trainieren, wie man überlebt, dass unbekannte Fälle gelöst werden.
Es kommt so gut wie nie vor, dass sie sagen, oh den Fall kenne ich und jetzt aus dem Gedächtnis reproduziere ich, was da kommt, sondern jeder Fall ist anders und das ist überaus realistisch. Das ist ja die Berufstätigkeit.
Kein Amtsrichter kriegt zweimal denselben Fall, sondern er muss immer wieder mit den Methoden des Rechts und natürlich mit einer gewissen Erfahrung versuchen, den neuen Fall zu lösen. Und wenn man sich das vergegenwärtigt, dann entspannt das auch wieder ungeheuer, weil man sagt, natürlich mach Ding, dass ich möglichst viele Beispiele kenne, dann habe ich auch mehr Transferwissen.
Aber im Ergebnis brauche ich nicht lernen mit dem Ziel und dann habe ich alle Fälle, die drankommen können. Es wird immer ein unbekannter Fall kommen. Das ist der Witz des ganzen Spiels.
Was ich in der Klausur habe, ist ja der Sachverhalt. Und denen gilt es aufzubereiten und entsprechend damit umzugehen und einer juristisch verwertbaren Lösung zuzuführen. Wie macht man das? Kannst du nochmal zusammenfassen, wie so ein guter Umgang mit dem Sachverhalt eigentlich aussieht?
Das erste Gebot lautet, ich nehme den Sachverhalt ernst und ändere den Sachverhalt nicht im Kopf ab. Gefragt ist eine Lösung dieses Falles und nicht eines anderes Falles, den ich gelernt habe. Mir sagte auch wieder heute eine Studierende, ja, in dem Fall, den wir da besprochen haben, der schien so einfach und dann habe ich mal angefangen, was noch eine Bedeutung, zu suchen, was noch eine Bedeutung haben könnte.
Ganz gefährlich. Die Fälle sind meistens nicht schwer und wenn sie dann anfangen, was in den Sachverhalt reinzulegen, was da nicht drin ist, ist das gefährlich. Das erste ist, man muss ihn wirklich verstanden haben, in allen Details.
Dann wird man oft feststellen, dass Sachverhalte im ersten Examen ziemlich lebensfremd sind. Es ist vollkommener Quatsch, dass ein Notar in ein Grundstücksgeschäft mit einem Vertreter beurkundet, ohne dass der genau prüft, ob der tatsächlich Vertretungsmacht hat. Das kommt nicht vor.
Also der Vertreter ohne Vertretungsmacht im Grundstücksgeschäft ist eine Konstruktion. Es gibt noch viel absurdere Klausuren. Das schönste Beispiel möchte ich hier nicht vorenthalten. Also ein 75-Jähriger hat einen Porsche, einen gelben.
Den bringt er in die Werkstatt. Dann wird er geisteskrank. Dann geht er zum Zahnarzt. Dann verkauft er auf dem Zahnarztstuhl der Zahnärztin das Auto. Die zahlt 50.000 Eier, lässt sich aber die Papiere nicht geben.
Und als sie in die Werkstatt das Auto nicht gibt, fälscht sie die Papiere und kriegt das Auto raus. Und dann lässt sie es rosa umlackieren. Ich mache jetzt keinen Spaß.
Das ist eine Examensklausur, die ich besprechen sollte. Ich habe mich natürlich geweigert, diese Examensklausur zu besprechen. Und habe gesagt, es sei denn, wir machen eine Session, wie überlebe ich den kompletten Wahnsinn? Jeder Jurist, der ein bisschen Erfahrung hat und einen eiskalten Kopf, sagt es völlig klar.
Das ist EBV. Warum? Weil wo Geisteskrankheit da, auch EBV. Natürlich hat der einen Anspruch aus 1985. Und dann stellt sich die Frage, ob sie irgendwie Ersatz für die rosa Lackierung kriegt.
Und das kriegt sie natürlich nicht. So, alles was da sonst in der Lösung stand, ist Quatsch. Aber solche Sachverhalte, da muss man einfach gucken, dass man sie überlebt. Was entscheidend ist, heute sind die Sachverhalte ja lang, meistens zwei Seiten, manchmal noch mehr, dass man wirklich alles mitkriegt.
Übrigens wichtig ist so Prüferhinweise. Wenn da drin steht 823.2 ist nicht zu prüfen, dann sollte man da darauf achten. Wenn da steht nach deutschem Recht zu prüfen, sollte man nicht darüber nachdenken, ob man das nach nepalesischem Recht prüft.
Ich rede alles von realen Beispielen. Was ich immer empfehle, was ich nach den Examen mit der Zeit angefangen habe, auch wenn ich selber große Akten bearbeite, Ich mache mir so einen kleinen Film. Ich mache die fünf Minuten tatsächlich Zeichnungen mit einem Bäumchen und einem Häuschen und einem Auto und dann steht da A und C und dann gehe ich den Sachverhalt noch vermeiden.
Vermeidet man nämlich Dinge, die wirklich ärgerlich sind. Dass man zum Beispiel die Personen vertauscht. Ganz schlecht. Dass man also wirklich was verpeilt.
Oder was ich erlebt habe, was ich großartig fand, da war ein Sachverhalt, da bringt ein Mann sein Auto in die Werkstatt und parkt das nicht richtig ein und dann gibt es Komplikationen und dann haben zwei Drittel aller Examenskandidaten das mit einer Frau geprüft. Offensichtlich konnten die sich nicht vorstellen, dass ein männliches Wesen sein Auto...
Ja, das war witzig. Also, ich... Ist das ein Herr oder ist das eine Dame? Ist das ein Hund oder ist das ein Pferd? Ist da noch eine Person dran? Und so weiter. Also, dass man wirklich genau hinguckt.
Dass man die Zahlen richtig notiert. Dass man nicht plötzlich eine falsche Summe hat und solche Dinge. Und deswegen ist der Sachverhalt das Allerwichtigste. Das ist in der Praxis übrigens auch so.
Und ich glaube, dass die Note ganz häufig davon abhängt, wie lebensnah, vernünftig und argumentativ ausführlich sie den Sachverhalt wirklich ausschöpfen. Keine Geisteskrankheiten da reinstecken, aber sich wirklich damit beschäftigen.
Aber ist das nicht auch gerade die Herausforderung, dass man auf der einen Seite sagt, okay, das sollte lebensnah sein, man sollte sich mal Gedanken darüber machen, wo kommt hier eigentlich der Konflikt her? Warum ist überhaupt ein Jurist mit dieser Sache beschäftigt? Welche Argumente sprechen für den Kläger, welche für den Beklagte? Und gleichzeitig haben wir aber eben diese Prüfungssituation, dass man halt auch irgendwie sagt, Mist, ich muss jetzt hier auch Wissen aufs Papier bringen.
Wie lässt sich dieser Konflikt auflösen? Hast du dahingehend vielleicht noch einen Tipp?
Also das Erste ist, dass man sich trennt vor der Vorstellung, dass es in jeder Klausur darum geht, Wissen aufs Papier zu bringen. Das Ziel der Klausur ist die Lösung eines praktischen Problems. Manchmal lässt sich das praktische Problem im Wesentlichen ohne wissen, nämlich indem man mit dem Gesetz arbeitet und das worum es geht eben nicht schon entschieden ist.
Wenn ein Richter einen neuen Fall kriegt, hat er sehr oft eben, muss er die Lösung entwickeln aus dem Gesetz, dann weiß der nichts. Der muss natürlich wissen, wie das Gesetz tickt, nicht dass wir uns da falsch verstehen.
Ja, also der muss das Handwerkszeug haben, mit dem Material umzugehen, aber der Fall ist eben noch nicht entschehen. Und da zeigt sich übrigens relativ schnell, ob man einen, ein Autor oder eine Autorin hat, die in den Prädikatsbereich gehören oder nicht.
Weil wenn es um Fälle geht, wo man genau weiß, es gibt keine höchstrichterliche Rechtsprechung, dann gibt es ganz flache Arbeiten, die gar nicht richtig verstehen, worum es geht. Und dann gibt es diejenigen, denen irgendwie dazu was Sinnvolles einfällt, Pro und Contra.
Das sind dann nachher die Prädikatskandidaten. Aber Wissen aufs Papier zu bringen, das sollte man sich nicht zur Zielsetzung machen, Sondern das Ziel ist, ich lege eine praktisch und handwerklich brauchbare Lösung eines mir gestellten Problems auf den Tisch. Übrigens möglicherweise eines neuen Problems.
Dann haben wir die Grundlage mit einem Zeitstrahl gelegt. Jetzt geht es daran, eine kleine Lösungsskizze zu erarbeiten in der entsprechenden Klausurlösung. Wir hatten neulich den Fall, da hat jemand nicht auf das richtige Papier geschrieben und hatte dann nur die Lösungsskizze auf dem Mantelbogen.
Und das war alles ganz grausam, hat da null Punkte bekommen. Also auch da bitte darauf achten, dass ihr das richtig macht. Aber zur Lösungsskizze an sich. Was kann man da jedenfalls in der Kürze der Zeit, die uns hier zur Verfügung steht, noch sagen, was nicht ohnehin, ich sag mal schon common sense ist.
Welchen Tipp hast du noch für eine gute Lösungsskizzen-Erarbeitung?
Ich habe zunächst mal einen Tipp für das offizielle Papier und das Papier, was Begleitpapier ist mit Lösungsskizze. Auf dem Begleitpapier kann auch ein extra Blatt sein, sollte man einen Raum haben, was einem so durch den Kopf schießt, was man aber nicht gleich unterbringen kann.
Weil das sind häufig die Ideen, die nachher die Punkte bringen. Da weiß man am Anfang aber noch gar nicht, wenn man sagt komisch. Also immer, wenn man in der Klausur so den Flash hat, komisch, dann spricht sehr viel dafür, dass da das Problem liegt.
Das sollte man nicht wegdrücken. Studierende sagen mir immer oft, ja, da habe ich dran gedacht, aber das ist so komisch, dann habe ich gedacht, das kann es nicht sein. Doch, meistens ist genau dieses Gefühl komisch der Schlüssel zum Erfolg.
So, und was die Lösungsskizze betrifft, habe ich folgenden Rat. Sie müssen, wenn Sie fünf Stunden haben, nach einer Stunde am Schreiben sein. Das heißt, Sie können niemals eine Lösungsskizze ausformulieren und das sollten Sie auch gar nicht versuchen.
Sondern eine Lösungsskizze ist eigentlich nur strukturiertes, materialisiertes Denken auf dem Papier. Aber wenn sie da anfangen zu formulieren... Im Vorhinein werden sie nicht fertig. Es ist meines Erachtens wichtig, dass sie einen Zettel haben, wo sie mal das eine oder andere ausprobieren können.
Aber zu sagen, ich habe eine komplette Lösungsskizze und jetzt bringe ich das aufs Papier, funktioniert bei ganz wenigen. Das ist genau wie bei Doktorarbeiten. Ich mache eine Gliederung ein halbes Jahr und dann schreibe ich.
Meistens fängt man nach dem halben Jahr dann mit der Gliederung an, überhaupt zu denken und nach dem Denken stellt sich raus, dass hinterher ganz was... Also das ist für einen Hund. Dieses vollständige Durcharbeiten, insbesondere wenn da mehrere Fragen sind.
Wenn da mehrere Fragen sind, rate ich auch ganz dringend, die der Reihe nach abzuarbeiten und den Kopf zu entlasten und nicht sagen, ich muss das von vorn bis hinten durchdenken. Also im letzten Monat ist eine Klausur recht unfreundlich, obwohl die eigentlich nicht schwer war, gelaufen.
Da waren zwei wirklich völlig unterschiedliche Fälle. Da war der erste Teil war Handelsrecht und der zweite Teil war Erbrecht. So, wenn man das zusammen in der Lösungsgitze macht, ist man nach anderthalb Stunden immer noch nicht weiter.
Da hätte ich knallhart gesagt, halbe Stunde erster Fall durch und nach drei Stunden muss ich dann den zweiten Fall gehen. Also, wichtige Gedanken knapp notieren, genug Stoff zum Schreiben haben, wenn man was ausprobieren will, aber lieber eher als später anfangen.
Man kann zur Not auch noch mal eine Seite austauschen.
Gut, jetzt haben wir ein kleines bisschen was zur Klausurtechnik gesagt. Jetzt lasst uns mal etwas genauer darauf eingehen oder mal anfangen über das Privatrecht zu sprechen, denn wir wollen uns ja hier mit zivilrechtlicher Examensvorbereitung beschäftigen und sicherlich braucht man auch ein bisschen Fundamentwissen, nenne ich das mal, und sollte das immer im Hinterkopf behalten, wenn man eine gute zivilrechtliche Klausur schreiben möchte, worum es im Privatrecht eigentlich geht.
Also worum geht's?
Ich mache jetzt keine Rechtsphilosophie, sondern meine Antwort ist jetzt zugeschnitten auf das, was sie brauchen. Es gibt über das Privatrecht Bibliotheken und man kann Stunden vortragen über das Privatrecht an sich. Worum es für sie geht ist eine, Ordnung, die staatlich durchsetzbar ist.
Oder anders, das Privatrecht hilft dabei, Konflikte zwischen Privaten zu lösen und zwar mit staatlicher Hilfe. Sie können privatrechtliche Ansprüche, nur dann sind es Ansprüche, mit staatlicher Hilfe durchsetzen. Also wenn man es noch mal anders formuliert, heißt das, das Privatrecht hat letztlich die die Funktion, staatlich durchsetzbare Konfliktlösung zu bieten.
Das sagt, wie ein Konflikt aufzulösen ist und das lässt sich staatlich durch die Zivilgerichte, die ordentliche Gerichtsbarkeit durchsetzen. Das ist schon mal ganz wichtig, weil Sie alle darum herum schwimmenden Konzeptionen, die auch ganz, ganz wichtig sind, damit ausschalten. Ich möchte aber gerne ein Beispiel bringen, damit Sie verstehen, was ich mit staatlich durchsetzbar war.
Im Familienrecht hatte ich eine Konstellation, die ganz häufig vorkommt, Aber hier besonders plastisch war, ich habe zusammen natürlich mit einer Familienrechtsanwältin eine Mandantin betreut, die sehr schlecht weggekommen ist und im ersten Jahr, in der wir sie betreuten, sagte sie, ich will, dass er zurückkommt. Und dann haben wir gesagt, das ist kein staatlich regelbares Ziel.
Dafür sind wir als Juristen nicht da. Er wird nicht zurückkommen, das wissen wir. Aber ganz abgesehen davon, wir sind noch nicht beim Privatrecht. So, dann gingen neun Monate durchs Land.
Wir hatten immer wieder lange Gespräche. Das ist im Familienrecht häufig so, dass man gar nicht über Recht spricht, sondern über anderes. Deswegen ist das auch sehr interessant. Die zweite Phase war, ich will Rache.
Auch ganz typisch und wiederum haben wir gesagt, Nein, Rache können wir nicht bieten. Und dann kam, er soll bluten, ich will Geld. Daraufhin waren wir gefragt.
Jetzt ging es darum, dass sie bestimmte Posten wollte und wir prüfen könnten, gibt es dafür eine Anspruchsgrundlage. Und jetzt waren wir als Juristen, als Privatrechtler im Spiel. Und so ist das eben ganz offen.
Es geht um Interessen, um Konflikte, die von staatlichen Gerichten gelöst werden, unter Privaten. Und das ist eben die Aufgabe des Privatrechts. Jetzt merken Sie aber schon, was ist daran examensrelevant? Erstens, es geht in den Examensklausuren fast immer um Konflikte, die Geld betreffen.
Es geht ganz, also ich habe noch nie eine Sorgerechtsklausur gesehen. Es geht also um Konflikte über Vermögensinteressen. Und da fängt es halt immer mit der Anspruchsgrundlage an. Sie haben übrigens dieses Problem, was ist eigentlich staatlich durchsetzbare Ordnung in einer klausurrelevanten Fragestellung, die immer vorkommt, Abgrenz- und Gefährlichkeitsverhältnis.
Wenn Sie abgrenzen, liegt hier tatsächlich nur ein Gefährlichkeitsverhältnis oder ein Schuldverhältnis vor, 280. Dann müssen Sie abgrenzen. Ist das schon in dem Bereich der staatlich durchsetzbaren Ordnung oder ist das eine reine Gefährlichkeit? Also das kommt tatsächlich auch vor.
Okay, also darum geht es immer und weil es darum geht, fangen Sie in der Klausur so gut wie immer an. Mit einer Anspruchsgrundlage. Weil es geht um die Durchsetzung eines Konflikts.
Einer will was und der andere will das nicht. Der eine will von dem einen was und das will der andere nicht haben, nicht geben und so weiter.
Auch wenn es keine Anspruchsgrundlage ist, aber gehen wir mal ein kleines bisschen vielleicht, weil das noch relativ am Anfang liegt, also als Normaufbaubeispiel auf den 138 BGB ein und da auch eventuell auf das Zusammenspiel mit der Rechtsprechung, denn am Ende des Tages wird man ja Norm und Rechtsprechung jedenfalls nicht total losgelöst voneinander betrachten können, stimmt's?
Ja, der 138 BGB, Paragraf 138, ist für viele Dinge ein wunderbares Beispiel und außerdem ist er eine Vorschrift, die erschreckend oft in Klausuren vorkommt. Deswegen macht das Sinn, sich damit zu befassen. Wir fangen mal an mit dem Normaufbau.
Die Rechtsfolge ist die Nichtigkeit. Also der Sache nach steht da drin, wenn ein Rechtsgeschäft sittenwidrig ist, ist es nichtig. So, das ist jetzt der typische Normaufbau, da ist eine Rechtsfolge, Nichtigkeit und zwei Voraussetzungen Rechtsgeschäft, da können wir jetzt mal sagen in der Regel ist das ein Vertrag, gibt natürlich auch andere Rechtsgeschäfte, aber für sie ist das in der Regel ein Vertrag.
Und wenn der gegen die guten Sitten verstößt, ist der nichtig. Erstmal, was ist Nichtigkeit? Das setzt voraus, dass sie erstmal eine Einigung geprüft haben. Sie müssen ja erstmal sagen, dass da überhaupt ein Rechtsgeschäft ist, sonst prüfen sie nicht, ob das nichtig ist.
Nichtig heißt existiert nicht. Ich habe immer in der Vorlesung ein sehr einfaches und sehr einleuchtendes Beispiel, wo ich Ihnen gleich noch ein bisschen ethisches, wissenschaftliches Ethos vorführen kann. Der Student S will seine Schwerpunktarbeit nicht selber schreiben und geht zum Assistenten A und sagt Ich zahle ihnen 5000 Euro, wenn sie mir die Schwerpunktarbeit schreiben.
So, das tut er dann auch. Er erzielt nur ein Befriedigend und der Student sagt, die 5000 Eier zahle ich nicht. Dann stellt sich die Frage, ist diese Einigung nach 138 nichtig? Vielleicht verstößt die auch gegen irgendein Gesetz, aber bleiben wir mal bei 138.
Diese Einigung könnte nichtig sein, wenn sie gegen die guten Sitten verstößt. Jetzt wird es interessant. Was sind die guten Sitten? Und da finden Sie in jedem Kommentar, das ist jetzt die Tatbestandsseite, Das Anstandsgefühl aller Billig- und Gerechtdenkenden.
Damit kann man zunächst mal gar nichts anfangen. Ich würde jetzt gerne mit Ihnen oder mit dir schon darüber diskutieren, ob man überhaupt noch in der Lage ist, den Anstand zu definieren. Das ist ja eigentlich ein ganz altmodisches Wort.
Ich mache es mal einfach. Anstandsgefühl aller Billig- und Gerechtdenkenden ist Verstößtas gegen die Wertvorstellungen breiter repräsentativer Bevölkerungsschichten. Ich bin ja jetzt mal sehr vorsichtig. So, da sind wir uns, glaube ich, einig, dass eine Vereinbarung, eine Leistung zu erschleichen, indem man jemand anders dafür bezahlt, dass das wohl gegen die guten Sitten verstößt.
Also da würde ich relativ leicht zu der Antwort kommen, ja. Man müsste aber ein bisschen argumentieren. Man könnte nicht einfach sagen, das verstößt gegen die Wertvorstellung, sondern man müsste sagen, wir sind in einem System, wo Leistung Leistung ist, wo Qualifikation nachgewiesen werden muss durch Zeugnisse, wo infolgedessen die Qualifikation von demjenigen selbst erbracht werden muss, der hinterher dann darauf seinen Beruf ausbaut und so weiter.
Und dann würde man Argumente finden, warum das gegen die Wertvorstellungen verstößt und dann würde man sagen, ja, der Assistent hat eben keinen Anspruch auf die 5000 Euro. Übrigens zu meiner Zeit, wo leider ab und zu auch Hausarbeiten noch fremdgeschrieben wurde, hätte man natürlich immer Vorkasse verlangt.
Aber das lassen wir mal weg. So, jetzt... Naja, so durf. Im Übrigen glaube ich, dass das in verschwindend geringen, es kommt meines Erachtens nicht vor, dass die ganze Plagiatsdebatte geht an diesem Punkt vorbei. Das kommt in dieser Form heute nicht mehr vor.
So, jetzt hast du etwas Wichtiges gesagt, dieses Anstandsgefühl, diese Wertvorstellungen, die in den 138 reinfließen, die gesellschaftlichen Vorstellungen, die sozusagen rechtlich bedeutsam werden. Da geht es schon wieder rüber vom außerrechtlichen Bereich in den rechtlichen. Die haben sich natürlich verändert.
Und wenn man die Fallgruppen, jetzt komme ich wieder auf ganz was Wichtiges, Fallgruppen, der Rechtsprechung anguckt, also die Konstellationen, in denen der Bundesgerichtshof eine Sittenwidrigkeit angenommen hat und sich dann immer weiterentwickelt hat, die haben sich völlig verändert. Wenn Sie anschauen, am Anfang, was stand da sehr häufig außer dem Wucher im Mittelpunkt? Sehr häufig alles rund um Sex, Geliebtentestament, Bordellkauf, Bordellpacht.
Also da ging es um Unanständigkeit im Privatleben. Wenn Sie heute gucken, sind das andere Dinge. Das sind einmal wirtschaftspolitische Grundentscheidungen. Globalzession, verlängerter Eigentumsvorbehalt.
muss man, müssen wir noch drüber sprechen, ist eine ganz wichtige Examskonstellation. Übersicherung, nachvertragliche Wettbewerbsverbote, so das ist so eine wichtige Fallgruppe. Eine zweite wichtige Fallgruppe ist Familienrecht, Familienbürgschaften.
Wenn jemand eine Bürgschaft übernimmt für einen Familienangehörigen, da guckt die Rechtsprechung viel genauer, ob das tatsächlich den Funktionsbedingungen der Privatautonomie entspricht oder ob es das nicht tut. Da gibt es eine Inhaltskontrolle.
Hat das Bundesverfassungsgericht in berühmten Entscheidungen, die Sie hoffentlich schon mal von gehört haben, gemacht. Auf derselben Linie bestimmte Eheverträge. Die sind auch nichtig, weil sie sittenwidrig sind.
Wir haben auch nichtige Testamente. Es wird zum Beispiel auch diskutiert, ob jeglicher. Pflichtteilsverzicht ohne jede Kompensation eigentlich wirksam ist. Ich gebe Ihnen ein Beispiel.
Ein Unternehmer ist zum zweiten Mal verheiratet, das ist wieder ein realer Fall, hat aus erster Ehe zwei Töchter, in der zweiten Ehe zwei Söhne, will die Töchter raus haben aus dem Unternehmen und sagt den Mädchen, da unten steht ein Porsche, wenn du den Pflichtteilsverzicht unterschreibst, dann kriegst du den Porsche. Klammer auf.
Wie blöd muss man sein? Klammer zu. Also jedenfalls, sie haben es getan. Das könnte vielleicht trotz aller Privatautonomie und trotz aller Pacta sunt servanda dann doch dem Anstandsgefühl aller Billig- und Gerechtdenkenden nicht so entsprechen. Also du siehst schon, wenn man über diesen 138 spricht, das ist eine hochinteressante Norm, weil man wirklich auf die Umstände des Einzelfalls gucken muss, weil sich die Rechtsprechung auch entwickelt.
Und weil sie natürlich typisch ist für juristische Arbeit, da muss man werten, da muss man konkretisieren und sie ist natürlich so toll, weil sie so einfach aufgebaut ist. Nichtigkeit ist die Rechtsfolge, Sittenwidrigkeit der Tatbestand.
Und dahingehend lohnt es sich dann ja auch und deswegen ist es auch ein schönes Beispiel, mal das ein oder andere Urteil auch in der Examensvorbereitung zu lesen. Viele, die das Examen hinter sich gebracht haben, die werden sagen, ja klar, hat man ab und zu gemacht, aber im Großen und Ganzen hatte man auch das Gefühl, es fehlt ein bisschen die Zeit, aber am Ende hat es sich natürlich trotzdem gelohnt.
Also das ist, glaube ich, eine ganz, ganz wichtige Botschaft hier. Nur mit, also erstmal auch nur Podcast hören reicht nicht, ist klar. Nur Skripten lesen reicht auch nicht.
Man muss dann vielleicht auch mal wirklich tiefer einsteigen und sich das, was du da gerade skizziert hast, auch mal im Original anschauen.
Da bin ich sogar noch krasser und vielleicht ein bisschen kätzerisch. Ob man Lehrbücher liest und Aufsätze oder gar Monografien, da kann man sich darüber streiten, ob dafür im Studium viel Zeit ist. Urteile lesen ist erstens nie verlorene Zeit und zwar schon aus einem Grund.
Urteile sind die Stilform, die von Ihnen im Examen erwartet wird, nur umgedreht. Das Gutachten ist ja ein umgedrehtes Urteil. Das Gutachten fragt, das Urteil antwortet. Aber die Art der Argumentation ist genau dieselbe.
Das Gutachten sagt, fraglich ist, fraglich ist, er könnte einen Anspruch aus 823 haben. Das setzt voraus, dass das Eigentum verletzt ist. Das setzt voraus, dass die Zurechnung erfolgt.
Und das Urteil sagt, er hat einen Anspruch aus 823. Das Eigentum ist verletzt, weil, weil, weil. Aber der Sache nach ist das Urteil genau die Art von Format und von Argumentationsstruktur, die von ihnen erwartet wird.
Und da im Allgemeinen die Prüfung durch Richter abgenommen wird, ist der Richter über eine Klausur umso glücklicher, je mehr das nach dem Gutachten klingt, was er von seinen Kollegen sich auch wünscht. Also je mehr das seiner eigenen juristischen Arbeit nahekommt, desto mehr wird er auch sagen, das ist positiv, das ist gut.
Das ist aber nur der vordergründige Aspekt. Der andere ist natürlich der, dass die Präjudizien, also das, was die höchstrichterliche Rechtsprechung zu Problemen allmählich entwickelt und was dann zur ständigen Rechtsprechung gerinnt, für die anwaltliche und die richterliche Arbeit viel mehr Bedeutung hat als jede akademische Theorie. Also...
Die Rechtsprechungsentwicklung konkretisiert ja und verändert langfristig das Gesetz. Also wenn man da gar nichts weiß, kann man dann auch nicht nur mit dem Gesetz arbeiten. Aber entscheidend ist einfach, dass man versteht, wie fing das Problem an? Und wenn man dann auch weiß, wie hat sich die Rechtsprechung entwickelt oder die Argumente findet, ist das gut.
Aber ich bin der Meinung, dass der Umgang mit Urteilen im Studium unterschätzt wird. Und man muss auch gar nicht alle gelesen haben, die wichtig sind, sondern wichtig ist, dass man überhaupt Urteile gelesen hat, um zu wissen, wie arbeiten Juristen tatsächlich praktisch. Das ist kein Unterschied zum wissenschaftlichen Arbeiten.
Ich glaube, es war sogar von Jering, der mal gesagt hat, ein guter Schriftsatz unterscheidet sich von einem wissenschaftlichen Aufsatz nur marginal. Es sind dieselben handwerklichen Qualitäten, die ein gutes Urteil und einen guten Schriftsatz ausmachen. Und deswegen kann man da gar nicht genug drin lesen.
Gibt natürlich gute Urteile und weniger gute Urteile, aber das machen wir jetzt nicht. Darüber unterhalten wir uns ein andermal.
Aber spannendes Takeaway finde ich an der Stelle, würde das gerne nochmal rausstellen, ist doch, dass es nicht darum geht ein Urteil zu lesen und sich irgendwelche Ergebnisse zu merken, sondern den Weg nachzuvollziehen, die Denkweise nachzuvollziehen und mit jedem Studium sozusagen ein kleines bisschen selber auch daran und da rein zu wachsen in diese Rolle und in dieses Verständnis.
Ja genau, also noch mal dieses RÜ-Lesen ist Rechtsprechungsübersicht und wo nur die Schlagworte da sind, das ist für den Praktiker nicht ganz unwichtig, damit er im Kopf speichern kann, der guckt in die NJW und sagt, boff da ist zu meinem Fachgebiet was Neues und wenn ich es brauche, gucke ich es mir an. Für Ihre Phase der Ausbildung ist das Lernen von Ergebnissen völlig fehlgeleitet, Weil wenn sie nicht verstanden haben, welches Problem der BGH mit welchem Sachverhalt er gelöst hat, dann wissen sie gar nicht, ob dieser abstrakte Satz auf den nächsten Fall überhaupt passt.
Also meine Reaktion, wenn mir irgendjemand entgegenhält, der BGH hat jetzt das und das entschieden, sage ich, ich muss erst mal ein Sachverhalt lesen. Sonst kann ich die Dimension dessen, was da passiert ist, gar nicht erfassen.
So, jetzt sagen mir viele Studierende, mit denen ich arbeite, immer, dafür haben wir keine Zeit. Das stimmt, aber sie müssen wie gesagt ja nicht 100 Urteile lesen, aber sie können exemplarisch Urteile lesen, sie können ganz neue Urteile lesen, sie können Klassiker lesen. Also wenn ich im Examen frage Hühnerpest und mich gucken die Leute ganz traurig an und sagen Hühnerpest, dann ist das einfach schlecht.
Wer nicht weiß, dass Hühnerpest ein entscheidender Schritt zur Entwicklung der deliktischen Produkthaftung war, hat eigentlich im ganzen Deliktsrecht sehr wenig verstanden. oder Herrenreiter, Entwicklung des Persönlichkeitsrechts. Ohne diese Urteile hätten wir dieses Recht nicht.
Und ich glaube, dass man die dahinterstehenden Sachverhalte mal gehört haben müsste, muss, um dann vernünftig in der eigenen Klausur arbeiten zu können.
Wir verlinken euch das entsprechend natürlich auch nochmal in den Shownotes, also keine Panik kriegen, einfach kurz reinschauen, draufklicken, nachschlagen, eventuell nachlesen, wenn ihr da noch nicht ganz so fit seid. Barbara, abschließend zu dieser Podcast-Folge würde ich gerne noch eine Sache von dir wissen.
Nachdem wir uns jetzt ein kleines bisschen typische Fehler angeschaut haben und die gemeinsam besprochen haben, ein kleines bisschen die Rolle des Privatrechts beleuchtet haben, Was sind denn so aktuelle Trends und Tendenzen im Privatrecht, die vielleicht erst in den nächsten Jahren wirklich relevant werden, die man aber schon mal im Hinterkopf haben sollte, weil natürlich auch dahingehend sich zum einen viele Berufschancen auftun werden, aber vielleicht ja auch der ein oder andere Prüfer mal auf die Idee kommt, vielleicht prüfe ich da mal was ab.
Da gibt es eine ganze Reihe von Themen, die am Horizont erscheinen und immer relevanter werden. Entscheidend ist, was du vorausgesetzt hast. Das Recht entwickelt sich.
Das Recht ist ein Prozess, der auf die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen Entwicklungen reagiert und infolgedessen in einem permanenten, dynamischen Veränderungsprozess ist. Das ist wichtig. Alles, was Sie heute lernen, wird vielleicht morgen nicht mehr gelten.
Das, was ich im Studium gelernt habe, außerhalb der Methoden und der Grundlagen, würde ich sagen, 50 Prozent ist nicht mehr so, wie ich es gelernt habe im Privatrecht. Das hat sich verändert.
So, das heißt, Sie müssen ja ohnehin immer unterwegs sein und als Examenskandidat sollten Sie in der Tat, ich nenne das immer rechtspolitische Großwetterlage, ein bisschen im Auge haben, was sich ändert. Ich würde gerne nur Schlaglichter setzen.
Das Megathema, immer schon gewesen, ist die Einschränkung der Privatautonomie. Zum Beispiel durch AGB-Kontrolle, durch zwingendes Recht, durch 138 im Fortschritt. Das wird auch weitergehen, weil die EU immer höhere Standards setzt.
So, der technische Fortschritt führt zur Veränderung des Haftungsrechts. Da ändert sich auch immer noch eine ganze Menge. Jetzt nehmen wir mal Familien- und Erbrecht weg. Das ist so, was sich im Moment massiv auswirkt, sind zwei Dinge.
Das eine ist die Digitalisierung. Sie kriegen schon so etwas unerfreuliche Klausuren zum digitalen Vertragsschluss und zum Buchen von Fluchttickets, wenn da irgendetwas schief geht. Da merken Sie das schon so am Anfang.
Sie merken auch, dass im BGB plötzlich der digitale Vertragsschluss und die Widerrufsrechte eine ganz große Rolle spielen. Was jetzt kommt, finde ich fast noch interessanter, weil es möglicherweise tatsächlich ganz grundsätzlich den Blick ändern wird, ist Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit wird nicht nur unser Gesellschaftsrecht ändern und unser Kartellrecht ändern und die Regulierung ändern und das Umweltrecht ändern, sondern hat unmittelbar Einwirkung auf die Art und Weise, wie wir Privatrecht betreiben.
Ich möchte Ihnen gerne ein Beispiel bringen. Eine Firma verkauft Pullover und sagt, diese Pullovers sind mit Kaschmir von nicht gequälten Ziegen produziert worden. Also Sie sagen was über die Herstellung dieses Kaschmir-Pullovers.
Der Kaschmir-Pullover ist total in Ordnung und der hat auch einen guten Preis. Der hat keine Fehler. Aber ist es möglicherweise ein Fehler im Sinne nach 434, wenn sich hinterher herausstellt, dass die Tierschutzstandards, die das Unternehmen unterschrieben hat, nicht erfüllt werden.
Das hat auf den ersten Blick nichts mit der Sache zu tun. Der Pullover ist okay, der wärmt, der ist aus Kaschmir, der sieht gut aus, der kann man hundertmal gewaschen werden. Also alles, was wir früher für einen Mangel vorausgesetzt haben, dass der Mangel in der Sache steckt, da ist kein Mangel.
Und trotzdem kriegen wir im Moment eine Diskussion, die die Beschaffenheit ganz weit darüber hinaus auf Dinge ausdehnt, die im Produktionsprozess, im vorliegenden Prozess sind oder bei irgendwelchen Kleidungsstücken ist Kinderarbeit vorgekommen in der Lieferkette und diese Debatte über ESG, über Klimawandel, über Tierschutz, über Menschenrechte, über Governance, die kann sich ganz massiv, ganz konkret bis in ihre Klausuren hinein etwa auf die Gewährleistungsregeln auswirken.
Diese Diskussion fängt gerade erst an, aber sie werden mit Sicherheit spätestens Ende nächsten Jahres, sage ich mal, im Examen mit solchen Dingen rechnen müssen und da verändert sich plötzlich die Anwendung des Rechts und zwar ohne dass sofort das Recht vom Gesetzgeber geändert wird, die ändert sich sozusagen von selbst. Frage zum Beispiel, wenn ich mich festklebe vor einer Firma und da kommen die LKWs drei Tage nicht rein.
Ist das vielleicht doch sittenwidrig oder ist das nicht sittenwidrig, weil es zwar nicht legal, aber legitim ist, weil der demokratische Gesetzgeber nichts tut. Also es kommen unfassbar interessante neue Gesichtspunkte, die auf unsere vorhandenen Grundlagen einwirken und vielleicht die verändern.
Man weiß das noch nicht und da kann ich Ihnen einfach nur raten, denken Sie mit, lesen Sie mit, gucken Sie, was sich da verändert und sagen Sie nicht, ja das weiß ich nicht. Das müssen Sie nicht wissen.
Sie müssen einfach gucken, definieren und dann sagen, ja und ist das, was ich früher gedacht habe, vielleicht heute nochmal neu zu denken? Und das macht auch irrsinnig viel Spaß.
Vielen herzlichen Dank. Das hat mir auch wieder ganz viel Spaß gemacht, hier heute mich mit dir zu unterhalten. Und ja, ihr hört dann alles weitere, was wir heute schon so ein bisschen angeteasert haben, in der nächsten Folge. Tschüss.
Ja, es war sehr schön mit dir. Vielen Dank.
Vielen Dank fürs Zuhören bei Irgendwas mit Examen Folge 2. Wenn ihr die anderen Episoden auch hören möchtet, dann geht mal auf irgendwasmitrecht.de. Da findet ihr auch die sonstigen Interviews, die wir bei Irgendwas mit Recht führen, sowie all unsere Social Media Profile, wo ihr dann auch immer mit einem Abo am Ball bleibt. Tschüss!
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