Myriam Baars-Schilling, Partner | Oppenhoff & Partner Rechtsanwälte Steuerberater mbB
In Folge 2 unserer Sonderreihe “IMRechtsmarkt x Bucerius CLP” beleuchten wir gemeinsam mit Frau Baars-Schilling, Managing Partnerin bei Oppenhoff, wie die Ausbildung von Associates in Zukunft aussehen muss. Wie wird sich die Rolle der Associates ändern? Was braucht es, damit sie “up to speed” kommen? Brauchen wir zukünftig noch tiefere Branchenkenntnisse? Und wie kann KI beim Fachkräftemangel helfen? Antworten auf diese Frage sowie spannende Impulse für euren individuellen Weg im KI-Zeitalter gibt’s in dieser Folge. Viel Spaß!
Happy Listening 🎉 und vielen Dank für Euer Feedback! 🙏🏼
Oppenhoff & Partner ist eine unabhängige, wirtschaftsberatende mittelständische Sozietät mit Wurzeln in Köln und einem weiteren Büro in Frankfurt. Rund 100 Anwältinnen und Anwälte sowie insgesamt etwa 150 Mitarbeitende beraten Mandanten zu allen Fragen des deutschen und internationalen Wirtschaftsrechts – von komplexen M&A-Transaktionen über High-End Litigation bis zu Steuer- und Datenschutzthemen. Die Kanzlei verbindet Boutique-Flexibilität mit Großkanzlei-Expertise, legt Wert auf frühzeitige Mandatsverantwortung, eine kollegiale Kultur und internationale Vernetzung ohne Pflichtstation im Ausland. Neugierig, wie sich das im Alltag anfühlt? Dann klickt gleich in unsere IMR-Folgen mit Oppenhoff und hört aus erster Hand, was Arbeiten dort ausmacht!
Caterina Hanke , Associate
Dr. Philipp Heinrichs , Partner
Myriam Baars-Schilling , Partner
Dr. Patric Mau , Associate
Dr. Johannes Janning , Associate
Der Associate der Zukunft muss mehr aus der Erfahrung der Partner lernen, um nicht nur Ergebnisse zu interpretieren, sondern auch Entscheidungen zu treffen und als echter Berater zu fungieren.
KI-basiert und kann Fehler enthalten.
Herzlich willkommen zu Episode 2 von Im Rechtsmarkt zusammen mit der Bucerius Law School. Heute sitze ich für euch im schönen Köln und spreche mit Miriam Barschilling. Hallo Frau Barschilling.
Hallo.
Sie sind Managing Partnerin hier bei Oppenhoff und wir sprechen heute zu der Frage, die viele auf der Bucerius Roadshow im Herbst 23 bewegt hat. Wie bildet die Kanzlei der Zukunft ihre Associates aus? Und direkt vorneweg, das ist natürlich nur ein Impuls.
Das ist wahrscheinlich nicht die allumfassende Antwort auf die Frage. Ich habe die Vermutung, dass man das in unter 15 Minuten, was wir uns hier so als Zeitmarke gesetzt haben, nicht ganz schaffen wird. Aber schauen wir mal.
Beteiligt euch auch gerne an der Diskussion. Schreibt unseren Gästen in diesem Format über LinkedIn oder schreibt uns. Wir sind gespannt auf euer Feedback. Aber fangen wir mal an.
Frau Bas Schilling, wie wird sich die Rolle der Associates aus ihrer Sicht in den nächsten fünf Jahren wandeln?
Ich prognostiziere schon einen entscheidenden Wandel in der Rolle der Associates. Und dieser Wandel wird insbesondere bedingt sein durch das, was der Markt an künstlicher Intelligenz anbietet, um Aufgaben, die bislang Associates typischerweise in Kanzleien gemacht haben, zu übernehmen. Insofern werden bestimmte Aufgaben, die eine Associates so in den allerersten Jahren wahrnimmt, für die er im Grunde genommen auch jetzt in der Vergangenheit immer gestanden hat, werden wahrscheinlich wegfallen.
Und das Aufgabenprofil der Associates wird sich wandeln. Und um ehrlich zu sein, glaube ich, es wird direkt von Anfang an viel anspruchsvoller werden.
Inwiefern?
Die Beratungsleistungen, die in der Zukunft halt nicht durch künstliche Intelligenz erbracht werden können, also für die man Anwälte braucht, die werden eine viel größere Erfahrung voraussetzen, weil letztendlich das, was standardmäßig ist, was einfach ist, sage ich jetzt mal, was weniger komplex ist, ist zu vermuten, dass das durch die künstliche Intelligenz ersetzt werden kann. Aber so dieser beratende Faktor, komplexe Sachverhalte verstehen, vielleicht halt auch politische Gegebenheiten, wirtschaftliche Gegebenheiten verstehen, das ist das, was dann den Berater oder den anwaltlichen Berater gegenüber der künstlichen Intelligenz auszeichnen wird.
Und da wird man schnell hinkommen müssen als Associate. Und das ist aus meiner Sicht eine ziemlich große Herausforderung. Ich kann ja mal so ein bisschen schildern, wie ich angefangen habe als Associate.
Ich habe von Anfang an im Bereich Merchants und Acquisitions gearbeitet. Das heißt, das erste, was ich gemacht habe, ist, ich bin wirklich im wahrsten Sinne des Wortes um die Welt gereist und bin in verschiedenen Projekten immer in diese sagenumwobenen Datenräume gesetzt worden. Und mir wird gesagt, werten wir Dokumente aus.
Physische Datenräume.
Physische Datenräume, also im Grunde genommen manchmal ein helles, manchmal ein dunkles Büro mit voller Aktenordner, wo man dann halt irgendwie mit 10, 20 Leuten sitzt und Dokumente auswertet. Meinen Sie, ich hätte eine Ahnung gehabt, was ich da auswerte? Es war halt irgendwie, man hat sehr viel diktiert, macht man ja heute auch nicht mehr und hatte immer Angst, irgendwas zu vergessen, weil wenn man diesen Raum verlassen hat, kam man nicht mehr rein.
Und hat man versucht halt einfach so viele Informationen wie möglich aufzunehmen und gesagt, ja, auswerten kann ich die später. Das hat sich dann im Laufe der Zeit natürlich gewandelt, weil dann gab es irgendwann plötzlich diese elektronischen Datenräume, auf die ich jederzeit Zugriff haben konnte, wenn ich es brauchte.
Das heißt, ich bin mal reingegangen, habe mir was angeguckt und wenn ich mich nach drei Stunden nicht mehr erinnern konnte, was da drin stand, bin ich nochmal reingegangen. Und insofern hat sich da schon die Arbeitsweise geändert, weil ich mich darauf verlassen konnte, ich muss ja jetzt nicht immer alles erfassen, sondern habe nochmal Zeit, mir das wieder anzugucken.
Und das führt halt irgendwie dann schon zu einem geänderten Mindset. Und dann irgendwann lernt man halt die ganzen Informationen, die man da aufgenommen hat, zu bewerten, auszuwerten, zu komprimieren und für den Mandanten in einer plastischen, überschaubaren Form halt darzustellen, dass er es auch versteht, was man da als Risiken identifiziert.
Und das ist halt ein Prozess.
Und wahrscheinlich entwickeln Sie ja auch so ein Gefühl dafür über die Zeit, dass Sie merken, ah, das hier muss ich mir jetzt mal besonders genau angucken, was auf den nächsten 50 Seiten kommt.
Genau. Oder umgekehrt, das kann ich weglassen. Also ich glaube, das Weglassen ist nochmal ein größeres Thema, weil in dem Moment, wenn man nicht weiß, was wirklich entscheidend ist und wichtig ist, dann neigt man ja zu, erstmal alles zu erfassen, um nichts zu vergessen. Das weglassen oder zu sagen, das ist nicht relevant, ist eine Entscheidung, die man erst mit einer gewissen Erfahrung treffen kann.
Und jetzt kommen wir vielleicht in eine neue Ära, in der das, was ich früher im Datenraum gemacht habe, mitgeschrieben, diktiert, überlegt, was ist relevant, was ist nicht relevant, was bedeutet das jetzt? Dass das nach und nach vielleicht, und darauf deutet ja alles hin, durch eine künstliche Intelligenz ersetzt werden kann. Die screent die Dokumente, die sieht die Risiken auch für den Mandanten, wenn ich entsprechende Informationen einfüttere und dann bekomme ich das Ergebnis.
Und jetzt sitze ich als Berufsanfänger dann, weil die Maschine hat ja das Ergebnis vorbereitet mit dem Ergebnis da. Ich weiß aber nicht, wie die Maschine da hingekommen ist. Ich kann das Ergebnis nur sehr schwer bewerten, weil ich letztendlich diesen ganzen Prozess, den wir gerade beschrieben haben, ja gar nicht durchgemacht habe.
Ich habe nicht irgendwie beim fünften Mal erkannt, was wichtig ist oder nicht, sondern ich stehe plötzlich vor einem Ergebnis und muss selber entscheiden, ist das jetzt wichtig oder nicht. Und das ist, glaube ich, für den Associate der Zukunft wird das eine relativ große Herausforderung sein und auch für den Arbeitgeber natürlich.
Ja, was machen wir denn als Arbeitgeber dann?
Anders ausbilden insofern, als die Kanzleien in der Zukunft, glaube ich, gerade in den ersten zwei Jahren viel mehr in ihre jungen Leute investieren müssen. Und investieren meine ich tatsächlich an der Stelle nicht mehr ausbilden, sondern wirtschaftlich investieren insofern, als der Fokus auf die Ausbildung gelegt werden muss.
Und nicht, was wir aus wirtschaftlicher Hinsicht bislang ja machen, auf möglichst viel Arbeit, die man dem Mandanten verkaufen kann. Weil alle diese Arbeit, die durch künstliche Intelligenz ersetzt werden können wird, standardisierte Arbeit, einfache Arbeit, die bezahlt der Mandant natürlich nicht mehr, wenn sie eine So-Sit macht.
Das heißt, ich werde zwangsläufig auf die künstliche Intelligenz zurückgreifen müssen, aber auf der anderen Seite muss ich natürlich auch dafür sorgen, dass meine Anwälte trotzdem gut ausgebildet werden. Das heißt, Kanzleien werden halt erstmal wirtschaftlich investieren müssen in die Leute.
Und wie bekommen sie wirklich am Ende dazu, dass sie diese Erfahrungen sammeln? Ich weiß nicht so ganz genau, wie ich es jetzt ausdrücken soll, aber der Associate der Zukunft wird jetzt bildlich gesehen wieder mehr auf dem Schoß des Partners sitzen müssen. Das heißt, letztendlich stelle ich mir das jetzt nicht so vor, dass im Grunde genommen der Associate den ganzen Tag beim Partner am Tisch sitzt, aber die Associates müssen wieder mehr aus der Erfahrung der Partner lernen.
Das heißt dabei sein. Wir achten zum Beispiel sehr stark darauf, dass unsere jungen Leute von Anfang an halt direkt auch Mandantenkontakt haben, den Partner immer begleiten, immer dabei sind, dass diskutiert wird, wie Partner Entscheidungen treffen, wie sie bestimmte Sachverhalte bewerten, wie sie mit den Ergebnissen, die halt gegebenenfalls eine Maschine bringt, umgehen. Und dann im Grunde genommen daraus aus den Erfahrungssätzen der Partner lernen.
Zu dem Berater oder dem Anwalt 2.0 zu werden. Was bedeutet für mich Anwalt 2.0 ist, Wir werden unsere Associates mehr dazu ausbilden müssen, zu verstehen, Entscheidern und Beratern zu werden. Und dieser Verstehensaspekt, der wird halt eine ganz wichtige Rolle spielen, weil im Grunde genommen ich erstmal das Ergebnis, was jemand anderes und in diesem Fall vielleicht eine Maschine mir gebracht hat, erstmal verstehen und auswerten können muss.
Und dafür muss ich halt im Grunde genommen von jemandem an der Hand geführt werden, der sein Leben lang nichts anderes gemacht hat, als zu verstehen und auszuwerten und Entscheidungen zu treffen.
Führt das dazu, dass wir enger in bestimmten Branchen beraten? Der gute Berater kennt sich auch in einer bestimmten Branche besonders gut aus. Wir sitzen jetzt hier gerade in Köln, wir gucken mal nach Leverkusen, sagen wir Chemieindustrie.
Und gerade wenn wir jetzt so viel Zuarbeit durch die KI bekommen, müssen wir ja noch eher ein branchenspezifisches Störgefühl entwickeln, dass wir auch wirklich sehen, innerhalb der Branche, okay, hier ist irgendwas falsch und dann ist eben nicht mehr Due Diligence gleich Due Diligence, sondern man muss auch diese branchenspezifischen Fachinformationen als guter externer Berater immer im Hinterkopf haben. Was führt dann dazu, vielleicht bei 24 Stunden am Tag, woran sich nichts ändern wird, dass wir in den spezifischen Branchen als Berater noch tiefer drin sein müssen?
Das ist definitiv so. Im Bereich der Wirtschaftskanzleien und das ist auch bei uns so, wir arbeiten schon lange nicht mehr nur in Fachbereichen, sondern wir haben tatsächlich wie jedes andere Unternehmen so ein bisschen wie eine Matrixstruktur. Wir arbeiten in Fachbereichen und gleichzeitig aber auch in Sektorgruppen und die Sektorgruppen sind fachbereichsübergreifend.
Das heißt, da treffen sich Kollegen mit unterschiedlichstem Background, rechtlichem Background und schauen, was denn die Branche ausmacht und was die Spezifika der Branche sind. Wenn wir irgendwie im Banken- oder Versicherungsbereich sind, die ganze Regulatorik.
Im Bereich der Digitalisierung, da muss man mal verstehen, wie Software funktioniert und letztendlich halt auch die rechtlichen Aspekte der Software und wie ist das mit Open Source Lizenzen und was bedeutet das denn und wie werden die überhaupt verbaut? Also man ist da auch dann im direkten Kontakt halt mit den technischen Abteilungen von Mandanten, zum Beispiel auch in meinen M&A-Transaktionen.
Und das wird in der Zukunft eine wesentliche Rolle spielen. Nämlich dieses Sonderverständnis für eine Branche und Probleme und Themen zu antizipieren, die vielleicht die Branche noch gar nicht kennt. Oder aus der Erfahrung heraus, man weiß, im Bereich Chemie gibt es doch immer wieder das und das Thema.
Und dann kann man das natürlich halt auch nicht duplizieren, aber zumindest replizieren für den nächsten Mandanten. Und so machen es halt auch schon viele Kanzleien, die sagen, da gibt es unterschiedliche Spielformen. Es gibt ja Kanzleien, die halt irgendwie sagen, wir beraten nur noch in zwei oder drei Sektoren überhaupt.
Weil wir können ja nicht der Spezialist für alles sein und das stimmt auch. Ich kann nicht jegliches Geschäftsmodell von Mandanten verstehen, Sondern ich muss halt tatsächlich schauen, wo ich meine Expertise habe. Ich persönlich zum Beispiel tue mich immer noch ein bisschen einfacher, in ein produzierendes Unternehmen reinzukommen und zu verstehen, was die da machen, als in ein Softwareunternehmen, das sich mit Search Engine Optimizing auseinandersetzt.
Ist weniger haptisch. Und so schauen wir dann halt auch, zumindest schon bei uns, wie die Affinitäten auch der Leute sind. Zum einen aus dem persönlichen Bereich, da gibt es halt Leute, die sehr technologieorientiert sind, die sich dann im Bereich Digitalisierung, egal ob sie jetzt Steuerrecht machen oder Datenschutzrecht oder Gesellschaftsrecht, in diesem Bereich halt sehr wohl fühlen und das Geschäftsmodell des Mandanten verstehen können.
Und das wird, glaube ich, bei den Mandanten auch in der Zukunft immer mehr erwartet, halt auch verstehen müssen, damit sie gut beraten können.
Kann man zusammenfassend sagen, Softskills werden wichtiger?
Ja, Softskills werden wichtiger und vor allen Dingen dieser Aspekt des Beraters wird immer wichtiger. Insbesondere im Bereich der Wirtschaftskanzleien sind wir ja so in den letzten Jahren immer so ein bisschen dafür bekannt gewesen, dass alles irgendwie standardisiert und jeder weiß gerade sowieso, was er macht.
Und da wird halt immer so, one size fits all, passt halt irgendwie schon auf den Mandanten. Und am Ende geht es aber irgendwie um Haftung und deshalb trifft man keine Entscheidung und der Mandant muss halt irgendwie selber die Entscheidung treffen. Und ich glaube, da werden wir weggehen.
Der Mandant muss erwarten können, dass jemand ihn berät und ihn tatsächlich halt auch an die Hand nimmt. Und solche Dinge sagt wie, ich kann die Entscheidung nicht für sie treffen, aber die haben Option A oder B und wenn ich sie wäre, würde ich B nehmen.
Und das wird den Unterschied ausmachen.
Abschließend eine Frage, so ein bisschen auch aus persönlichem Interesse. Wie kann denn Technologie beim Fachkräftemangel helfen? Also andersherum gefragt, können wir nicht vielleicht auch KI nutzen, um die Associates der Zukunft erst einmal zu finden, automatisiert weiterzubilden? Wie blicken Sie auf dieses Feld?
Das ist aus meiner Sicht ein sehr schwieriges Feld. Wenn man tatsächlich mal davon am Anfang, KI hilft insofern, glaube ich jetzt erstmal beim Recruitment der Leute, weil es ein spannendes Thema ist. Das heißt in dem Moment, wo sie als Kanzlei im Bereich KI, Legal Tech unterwegs sind, sind sie attraktiv für den Bewerber.
Was am Ende dann tatsächlich in die Arbeit des Bewerbers, wenn er dann einmal angestellt ist, halt irgendwie übergeht, das ist eine weitere Frage. Aber die, sagen wir mal, technologiegetriebenen, digitalen, fortschriftlichen Kanzleien, die sind gerade am Markt ganz groß.
Die halt eben nicht mehr das typische Bild des traditionellen Anwalts darstellen, sondern halt irgendwie sich weiter bewegen. Was die Frage angeht, ob ich tatsächlich in der Zukunft mit KI die richtigen Leute finde, tatsächlich technisch, Keine Ahnung. Da weiß ich auch gar nicht, was der Markt hergibt.
Wir sind da ehrlich gesagt momentan noch so ein bisschen traditionell unterwegs und nutzen halt irgendwie letztendlich Stellenanzeigen und Headhunter und ich fürchte fast, dass man tatsächlich ändert und dass man einen anderen Weg geht.
Wir werden es sehen. Vielen Dank. Sehr gerne.