Dr. Jens Prömse, WiMi | Universität zu Köln
reflexive Praxis - Motivation - Ziele - Ausbildung - Karriere - Berufsleben - intellektuelle Herausforderung - finanzielle Aspekte - Internationalisierung - Misserfolg - Lernen - Reflexionsbuch - digitale Lerneinheit - mündliche Prüfung - Qualität vor Quantität
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Die Uni Köln ist Deutschlands größte juristische Fakultät. Sie zeichnet sich durch mehrfach ausgezeichnete Lehre und juristische Forschung aus. IMR verbindet mit der Uni Köln ein besonderes Verhältnis, denn der Podcast startete hier im Jahr 2018 unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. h.c. Dauner-Lieb. Prof. Dauner-Lieb engagiert sich zudem seit Jahrem im Rahmen des Examenspodcasts Irgendwas mit Examen, der Teil von IMR ist. Dort erhaltet Ihr sowohl im Zivil- als auch im Strafrecht einen kontinuierlichen kostenfreien Examenskurs in Podcast-Form.
Prof. Dr. h.c. Barbara Dauner-Lieb , Professor
Prof. Dr. h.c. Barbara Dauner-Lieb , Professor
Prof. Dr. h.c. Barbara Dauner-Lieb , Professor
Prof. Dr. Matthias Kilian , Professor
Prof. Dr. h.c. Barbara Dauner-Lieb , Professor
Das Jurastudium ist nicht nur objektiv, sondern auch eine subjektive Erfahrung, bei der Reflexion über das eigene Lernen und Handeln entscheidend ist, um erfolgreich zu sein und sich auf die berufliche Praxis vorzubereiten.
KI-basiert und kann Fehler enthalten.
Schönen guten Tag und herzlich willkommen zu einer weiteren Episode Irgendwas mit Recht, heute aus Köln und ich spreche mit Jens Brömse.
Hallo Marc.
Hallo Jens, ich grüße dich. Wir möchten heute ein bisschen über die reflexive Praxis für Juristen, dein Steckenpferd und auch hier Projekt an der Universität zu Köln, letztlich auch deine Dissertation, sprechen. Aber bevor wir inhaltlich einsteigen, stelle ich da vielleicht mal selber kurz vor.
In Köln sagt man ja so ein bisschen, was hast du, was kannst du, wer bist du oder so ähnlich.
Ach du grüne Neune, was hast du, was kannst du. Also ich bin Jens Prömse, ich bin hier Mitarbeiter an der Universität zu Köln, bin ja auch dein Kollege am Kompetenzzentrum für juristisches Lernen und Lehren. Bin Volljurist, habe also die gesamte juristische Ausbildung hinter mich gebracht, einen Doktor draufgepackt, einen Master draufgepackt noch in London und habe mich dann mit dem Thema auseinandergesetzt, wie man zu einem guten Jurist bzw.
Einer guten Juristin werden kann, auch schon in der Ausbildung, muss man so zu sagen.
Und welche zwei, drei Punkte würdest du jetzt rausgreifen? Dann machen wir die Episode drei Minuten lang, die Studierenden sind alle happy.
Ja, es ist in der Tat, also zumindest nach meinem Verständnis ist es relativ simpel. Man muss anfangen, selbst darüber nachzudenken, was man da tut, warum man das macht, wie man das gut machen kann und was man tun muss, um darin gut zu werden. Ähm, das klingt relativ simpel, ist aber dann doch irgendwo schwer, weil es eine relativ hohe Hürde mit sich bringt, da einzusteigen, sich darauf einzulassen.
Also darüber reflektieren, wie man eigentlich lernt, wenn ich dich richtig verstehe.
Ja, wie du lernst, aber auch wofür du vor allem lernst, was für Ziele du damit verfolgst, also warum studiere ich überhaupt Jura und was will ich damit machen und was machen Juristen eigentlich auch und was ist ihre Aufgabe auch in der Gesellschaft? Also das ist ja immer so dieses Statement, ich mache das, weil ich anderen Leuten helfen will, was ja so romantisch verklärt klingt, was ich aber unheimlich gut finde.
Also das bringt ja auch eine gewisse Motivation mit sich, die ja dann auch diese unglaubliche Ausbildungsdauer und diese Masse an Stoffen, diesen großen Druck besser handhabbar machen, wenn man motiviert ist und weiß, wofür man es macht.
Wenn ich dich richtig verstehe, ist also das erste Ziel dieser Reflexion und letztlich dann auch der reflexiven Praxis, sich mal zu fragen, warum mache ich das ganz eigen?
Warum mache ich das und wie mache ich das? Was mache ich? Wie machen das andere? Was ist so State of the Art, wenn du so möchtest? Was ist methodisch sauberes Arbeiten? Was mache ich nachher in der Praxis? Und auch so diese Verbindung zwischen Ausbildung und Praxis. Ich glaube, durch diese Staatsexamina und die Bedeutung der Staatsexamina besteht bei den Juristen die Tendenz, dass Ausbildung und das, was man nachher im Beruf macht, irgendwie auch so gedanklich voneinander getrennt werden.
Also man möchte bewältigen, man möchte fertig werden und dann geht das Berufsleben los. Aber meiner Meinung nach, auch meiner Erfahrung nach, verschenkt man da unheimlich viel Zeit und auch Qualität, die man hätte nutzen können, um sich auf das vorzubereiten, was dann kommt. Also ein gutes Startexamen heißt ja noch lange nicht, dass ich nachher in einem Job auch gute Arbeit machen kann.
Okay, dann lass uns das doch vielleicht mal in drei Teile unterteilen. Zum einen die Frage, warum studiere ich eigentlich Jura? Warum sollte man sich die Studienmotivation genauer anschauen? Was sind verschiedene Arten von Motivation? Was treibt die Leute so um? Da hast du ja wahrscheinlich auch einige Erfahrung.
Dann die Frage, wie lerne ich richtig, beziehungsweise was läuft heute deiner Erfahrung nach falsch und dann gehen wir am Ende nochmal ein bisschen darauf ein, wie dieses Projekt eigentlich ins Leben gerufen wurde, was du da jetzt gemacht hast, denn es ist für den einen oder anderen ja wahrscheinlich auch unter der Prämisse, was man alles so abseits des normalen juristischen ausgetretenen Pfades machen kann, eventuell ganz interessant.
Absolut, ist auch wunderbar daran, an der ganzen Unternehmung Jurastudium.
Gut, also Teil 1. Welche Motivation gibt es denn deiner Erfahrung nach, Juror zu studieren?
Du meinst jetzt bei Studierenden? Also das kann ja ganz unterschiedlich sein. Entweder die, die mich interessiert, dieser Berufsstand, also mit Leuten umzugehen, Probleme und soziale Konflikte anzugehen, zu vermitteln, aber auch Recht zu sprechen, auch zu entscheiden. Also es kann durchaus auch sein, Ansehen und Macht, vielleicht ja auch das.
Es ist vielleicht auch sexy, Anwalt oder Anwältin zu sein und bringt ein gewisses, soziales, wie sagt man, einen gewissen Status mit sich. Der Richterberuf tut das sicherlich ohne Frage. Dann auch die Freude an intellektueller Herausforderung.
Das sicherlich auch. Es ist jetzt klar, es ist jetzt nicht unbedingt Raketenwissenschaft oder Neuropsychologie, aber Jura ist auch nicht leicht. Das kommt hinzu. Dann auch eine Sache, es ist ganz nah am wahren Leben dran.
Also, oder? Was willst du sagen?
Ja, auf jeden Fall. Also aus der Juristenbrille ist es natürlich irgendwo das wahre Leben, weil wir sehr viel Zeit damit verbringen und überall, das ist auch eine ganz interessante Erfahrung am Anfang des Studiums, überall steckt Jura drin. Wenn man am Anfang mal die Tagesschau guckt, so nach ein, zwei Semestern Jurastudium, dann ist auf einmal alles voll mit Jura.
Absolut, genau. Also ich glaube, das meine ich auch eher, um das zu präzisieren. Das ist eine neue Perspektive auf das wahre Leben, wenn man so möchte, die unglaublich relevant ist. Und das dann sicherlich auch finanzielle Aspekte und die Fragen nach Karriere.
Also darum geht es ja auch. Machen wir uns nichts vor. wenn man seinen Beruf wählt, dann möchte man ja auch in Zukunft für sich und vielleicht die Seiden dann auch sorgen und sich da nicht zu viele Sorgen auch ums Auskommen machen müssen und da sind natürlich die juristischen Berufe auch nicht schlecht aufgestellt, was die Verdienstmöglichkeiten und Karrieremöglichkeiten angeht.
Dann heutzutage klar auch die Internationalisierung, die spielt ja auch eine große Rolle. Ich kann, ja nehmen wir mal so einen Anwalt, Mergers and Acquisitions oder sowas, die Leute machen. Ich weiß nicht, ob du schon einen Gast hattest dementsprechend, die so im internationalen Geschäft mitspielen.
Das hat ja auch einen gewissen Reiz. Oder große Summen zu verhandeln, bedeutende Fälle. Ich muss noch nicht mal große Summen verdienen, aber vielleicht, wenn ich hier an Landgerichten Köln in der Kammer für Wirtschaftsstraßsachen tätig bin, dann entscheide ich ja auch politisch relevante und interessante Fälle.
Und das ist ja auch irgendwie toll und reizvoll. Also es ist ein ganzer Strauß, der so mitmacht. Und eine Sache, okay, die habe ich jetzt vergessen und Da gehöre ich irgendwo sehr zu.
Vielleicht weiß man einfach nicht, was man sonst machen soll. Das ist so sicherlich auch einer der Beweggründe, weil man vielleicht nicht in irgendwas so richtig gut ist, was man so aus der Schule kennt und dann ist Jura vielleicht etwas, was man in Betracht zieht, was so auch funktionieren kann für einen.
Zu wissen, dass man vielleicht auch nur aus Verlegenheit irgendwann mal angefangen hat, Jura zu studieren, ist aber ja auch schon was wert. Denn du weißt immerhin, wo du stehst und wo du dann eventuell hin willst oder auch nicht.
Beispielsweise gerade eine Freundin gehabt am Wochenende, die wollte auf gar keinen Fall erstes Examen schreiben und hat jetzt zehn Punkte gemacht, weil sie es gerade noch so hinter sich gebracht hat. Das ist natürlich auch ein Glücksfall.
Wie viel Prozent der Studierenden haben denn überhaupt deiner Ansicht nach schon mal darüber nachgedacht, warum sie das hier gerade eigentlich tun?
Also ich kann ja jetzt nicht über Prozentzahlen spekulieren, weil die Leute, mit denen ich es ja auch in den Vorlesungen zu tun habe, die sind ja nun mal da, die gehören zu einem gewissen Prozentsatz, die sich Gedanken machen. Ich glaube aber, ein Umstand, der relevant ist, ist, dass das immer mehr abnimmt, je länger du studierst.
Das heißt, am Anfang stellst du diese ganzen Fragen noch und am Anfang weißt du sogar eventuell auch, warum du das machen möchtest und hast deine Wünsche und Ideale und Vorstellungen. Aber dann passiert es leicht, dass man sich aufreibt in diesen Betrieb der juristischen Ausbildung, insbesondere auch in der Universität.
Ich meine, alles ist neu, alles ist unbekannt, alles läuft dann doch einen Ticken schneller ab als an der Schule und als man das so gewohnt war. Und da erstmal Schritt zu halten, ist ja auch nicht leicht und das bündelt ganz viele Kräfte.
Und dann entfernt man sich auch von diesem großen Ganzen, was man vielleicht am Anfang im Blick hatte. Und dann wird es eben schwer. Und da setzt eben auch die reflexive Praxis an, dass man sich das immer wieder zurück ins Bewusstsein holt.
Warum mache ich das und was war eigentlich das, was mich antreibt?
Wann ist die Motivation am geringsten?
Wann die Motivation am geringsten ist, glaube ich ganz unterschiedlich, geht aber ganz stark einher mit der Erfahrung von Misserfolg. Mit der Erfahrung von Misserfolg und der Unsicherheit, wie gut man denn selbst ist. Beziehungsweise wenn da so das Selbstbild ins Wanken gerät also jeder ordnet sich irgendwie und irgendwo ein vielleicht mal zu gut vielleicht mal zu schlecht, in Ordnung, aber wenn das wirklich ernsthaft in Fragen gestellt wird, dann wird's mies und dann braucht man genau die Frage, warum soll ich mich jetzt da rauskämpfen, warum muss ich mich jetzt überhaupt zur Disposition stellen ich meine, das ist ja auch Lernen ich muss ja selber sagen, ich kann was nicht Was muss ich dafür tun, um das zu können?
Das heißt, es geht letztlich auch um Ziele, um darum ausgerichtet zu sein auf diese Ziele und zu wissen, warum man dann doch die vielen, vielen Stunden investiert, oder? Oder?
Absolut. Und auch wie ich die vielen Stunden investiere. Weil ja studieren, da gibt es ja kein Erfolgsrezept. Es gibt ja nicht das eine Schema, was ich abarbeiten muss und dann habe ich super studiert und super gelernt, sondern es gibt ja viele Arten und Weisen, wie ich dieses juristische Studium und juristische Ausbildung nachher nutzen kann.
Und wie ich das dann auch gestalte, ist ja auch eine Frage, was ich damit bezwecke und an welchen Idealen ich mich orientiere, was ich für erstrebenswert halte und na, kommen wir zurück zum und lieben Geld. Wenn ich jetzt sage, hey, ich will der Riesengroßverdiener werden, aber was machen eigentlich die guten Riesengroßverdiener? Was macht die aus? Was bringen die mit? Oder was macht die Top-Entscheider? Was macht die aus? Was bringen die mit? Ich meine, keiner wird ja geboren zum Kartellrechtsexperten, sondern da muss man ja irgendwie hinkommen.
Und wie läuft das? Das sind so die Fragen, die einen dann auch umtreiben sollten. Und nicht nur die Frage nach, wie schreibe ich denn jetzt diese zehn Punkte? Oder wie hat deine Freundin das denn jetzt gemacht? Hat die den einen magischen Trick irgendwie raus.
Wenn ich jetzt Studierender oder Studierende hier an der Uni Köln oder auch sonst wo bin, was kann ich denn jetzt ganz konkret machen? Also ich kann mich irgendwie mal mit einem Kölsch hinsetzen und mir diese Fragen stellen, dass wir der ein oder andere wahrscheinlich schon versucht haben, aber du verfolgst da ja auch einen etwas methodischeren Ansatz, oder
nicht?
Ja, absolut. Also meine, ich weiß nicht, ob inwiefern jetzt meine Geschichte jetzt noch relevant ist heute, aber ich bin ja selbst in eine Krise gekommen mit der juristischen Ausbildung, weil eben mir zum Ende hin die ganze Orientierung abgegangen ist, weil es dann wirklich nur noch ein Lärmbetrieb war und nur noch die Frage, wie bringe ich das jetzt hinter mich? Und dann gibt es natürlich immer diese Hinweise, ja, Sie müssen sich das überlegen, Sie müssen selbst denken oder wie ich das ja jetzt auch mache, ja, fragen Sie sich, warum Sie das machen, wie Sie das am besten machen könnten.
Das ist so pauschal. Ähm, und nach meiner Erfahrung wollte ich eben meine positiven Erfahrungen, weil ich hab's ja irgendwie auch hinbekommen mit einer bestimmten Herangehensweise, wollte ich nutzbar für andere machen. Daraus ist die von dir schon angesprochene reflexive Praxis entstanden.
Und da sind tatsächlich dann auch Handlungsweisen drin, die man nutzen kann, um eben die Reflexion über derartige Fragen zu kanalisieren oder zu konzentrieren. Dass ich das eben nicht an einem Kölsch mache an der Bar, sondern wenn ich in einer Kneipe sitze oder in einer Bar und ich trinke einen Kölsch, dann soll ich mich bitte darauf konzentrieren und daran Spaß haben.
Aber über meine berufliche Zukunft, über mein juristisches Werden und Wirken nachzudenken, das sollte ich in einem anderen Rahmen tun. Und dazu biete ich dir eben dann in der reflexiven Praxis Ansätze an, womit du anfangen kannst. Beispielsweise das Reflexionsbuch, so eine Art Journal, Tagebuch, Logbuch, wo man anfängt, Ziele festzuhalten, aber auch Gedanken dazu, Entwicklungen dazu, Dinge, die einen stören, Dinge, die einen glücklich machen, Dinge, die funktionieren, Dinge, die nicht funktionieren und für sich selbst aufschreibt.
So was zum Beispiel.
Dazu sollte man vielleicht kurz sagen, dass das Ganze online verfügbar ist. Du hast so einen Webcast oder Online-Videos, wie auch immer man das Ganze jetzt nennen möchte, produziert unter reflexive-praxis-jura.de. Kann man sich das kostenfrei anhören. Und da ist eben auch beispielsweise ein Video zu diesem Reflexionsbuch vorhanden, richtig?
Ganz genau. Ich nenne es digitale Lerneinheit. Es gehört noch ein bisschen mehr dazu. Das sind nicht nur die Videos, sondern auch das Drumherum, wie man das noch auf sein Studium oder seine Examsvorbereitung beziehungsweise sein Referendariat draufsetzen kann.
Also da sind auch so Zeitplanvorschläge und so weiter sind da drin. Jetzt muss ich dazu sagen, dass diese Art und Weise zu denken und sich auf Reflexion einzulassen natürlich gerade uns Juristen etwas schwerer fällt, weil wir ja in der Ausbildung dazu angehalten werden, objektiv zu denken, was auch immer das sein mag.
Also das Subjekt rauszunehmen und Reflexion ist eigentlich nichts, was…, Zur Juristerei so dazugehört. Deshalb befasst sich auch ein Großteil dieser Lerneinheit erst einmal damit, wie ich überhaupt zu diesem reflektiven Denken kommen kann als Jurist.
Kannst du das kurz beschreiben? Ich weiß, das ist schwer jetzt deine ganze Arbeit so kurz abzukürzen, aber was sind denn wesentliche Elemente dieses Prozesses?
Also ein wesentliches Element des Prozesses ist erstmal zu erkennen, es geht bei Jura nicht nur um objektives Verfahren, dass wir ein objektives Verfahren der Problemlösung zur Anwendung bringen, sondern es ist auch eine subjektive Erfahrung des Anwenders oder der Anwenderin. Also das ist auch eine Situation, machen wir es mal noch platter, das ist eine Situation, mit der wir fertig werden müssen.
Und das Schöne an dieser Perspektive ist, dass ich mich dann fragen muss, hey Moment, wie werde ich denn mit dieser Situation fertig und wie wird man am besten mit dieser Situation fertig? Und nimm mal beispielsweise das Klausurenschreiben. Das Klausurenschreiben reduziert sich dann schon mal nicht mehr mehr nur auf Fachwissen und Gutachtenstil, sondern dann ist auch die Frage, wie werde ich überhaupt mit dieser Hochstresssituation, Examsprüfung oder Examsklausur fertig? Wie bewältige ich eigentlich fünf Stunden Stress? Wie lese ich da? Wie schreibe ich da? Wie gehe ich mit meiner Zeit um? Wann setze ich Pausen? All solche Dinge.
Also das ist ein wesentlicher Schritt der reflexiven Praxis und das dauert auch ein bisschen, bis man sich da hingedacht hat und sich darauf einlassen kann. Das ist auch der große Nachteil der ganzen Geschichte.
Das lässt sich eben nicht schnell verkaufen oder unters Volk bringen.
Aber es lohnt sich. Du sagst immer, man hat mindestens ein, zwei Punkte mehr, wenn man sich genau daran halten würde und auch viel damit beschäftigt, nicht wahr?
Ja, Schande über mein Haupt. Auch ich muss irgendwie sehen, dass ich auf das Projekt aufmerksam mache und dann es auch bewerbe, wenn man so möchte. Und natürlich ist diese blöde Examensnote ja etwas, womit man ja viele Leute eben erreicht, weil es auch ein, ich will es mal, es ist ein existenzielles Problem in dem Sinne, dass es ja deine Existenz betrifft, wenn du vor der Herausforderung Staatsexamen stehst.
Und dann ist man vielleicht mal ohr, sich das anzuhören, wenn ich echte Verbesserungen verspreche. Ich mache das eigentlich von meiner eigenen Erfahrung ausgehend, die ich gemacht habe im Staatsexamen. Also ich habe mich signifikant verbessert in Bereiche, wo ich mich auch nicht unbedingt hätte eingeordnet, also in der zweiten Staatsprüfung.
Und ich habe eben in meinen Lehrveranstaltungen auch Leute gesehen, die über diese Erfahrungen dann Reflexionen anpassen, weitermachen, wieder reflektieren, sich stark verbessert haben, beziehungsweise auch aus Krisensituationen dann rausgekommen sind oder aufgehört haben, Jura zu studieren.
Das heißt, Bibliothekszeiten sind bei weitem nicht alles.
Ja, also du hattest das eben im Vorgespräch unter der Punchline, Sitzzeiten bringen sie auch nicht nach vorne. Festgehalten und ja, das stimmt. Ich hatte einen, oder ein sehr guter Freund von mir, der auch in der Serie auftritt, in einem Special zur Lernplanung, der war ein unglaublich konzentrierter Arbeiter.
Das heißt, der hat zwei, drei Stunden gelernt, aber danach hat er auch wirklich aufgehört. Dann hat er gesagt, pass auf, das bringt dir jetzt nichts mehr, ich geh jetzt in den Biergarten und genieße die Sonne. Und das hat mir unheimlich imponiert.
Aber der hat auch ein sehr gutes Examen dann gemacht, ein sehr gutes Erstsexamen, eben mit diesem Aufwand. Und diese Gleichung, komm ich setze mich jetzt 13, 14 Stunden ins Seminar, die geht nicht auf, weil man alleine schon diese Leistungsfähigkeit gar nicht mitbringt.
Nur die wenigsten bringen sie mit, überhaupt über einen Zeitraum von sechs Stunden konzentriert zu lernen. Und warum sollte ich mich selbst belügen?
Wenn ich das mal zusammenfasse, bedeutet das also, man sollte sich, damit man sich nicht selber belügt, mehr damit auseinandersetzen, wie man wirklich gut lernt, was man vielleicht auch für ein Lerntyp ist, was einem gut tut, was einem nicht so gut tut, was Routinen sind, die man entsprechend kultivieren sollte. Das Ganze irgendwo festhalten, beispielsweise mit einem Reflexionsbuch und dann immer wieder sich das Ganze anschauen.
Wir haben jetzt bislang über einen wichtigen Aspekt der Juristenausbildung bzw. Das Ende derselbigen noch gar nicht gesprochen, nämlich die mündliche Prüfung. Bringt das einem auch dafür was?
Ja, absolut. Der Drehprozess war ja recht turbulent, will ich mal sagen. Es waren ja fast 40 Folgen und das ganze Skript, das stand so im Großen und Ganzen vor Anfang der Produktion. Also es war klar, diese Folgen würde es geben.
Und zum Ende dann der Produktion, ich glaube, es war die vorletzte Folge, die gedreht worden ist, sagte dann meine Freundin, die da zu Gast war, sagte, ja Moment mal Jens, jetzt hast du eigentlich auch was zur mündlichen Prüfung? Und dann fiel mir auf, nee, hatte ich nicht explizit. Es war so, mein Programm war immer dahingehend ausgelegt, wenn du dich in einem bestimmten Zeitraum der Vorbereitung auf die schriftliche Prüfung damit vorbereitest, dann wirst du für dich selbst herausfinden, was ist eine reflexive Praxis.
Dann kannst du diese auch ganz einfach anwenden auf die mündliche Prüfung. Nur das war ja sehr viel vorausgesetzt. Und dann haben wir zum Ende der ganzen Geschichte noch ein Special eben zur mündlichen Prüfung gedreht und auch da ist auch wieder die elementare Frage, was passiert eigentlich in so einer mündlichen Prüfung und was ist Sinn und Zweck dieser mündlichen Prüfung? Und allein wenn man sich mal vor Augen hält, wie wenig man eigentlich wirklich brechen muss im juristischen Studium.
Im Referendariat ist das schon anders, aber im Studium, also vor dem ersten Staatsexamen, wie wenig man da eigentlich wirklich sprechen muss und dann gibt es natürlich aber den Mündlichkeitsgrundsatz, der ja einer der wesentlichen Grundsätze aller Prozessordnung ist. Das ist doch irgendwo komisch.
Und dann kommt man da rein in diese Situation und wenn man das unvorbereitet, insbesondere gedanklich unvorbereitet tut, dann wird das einem sehr große Schwierigkeiten bereiten können, diese mündliche Prüfung. Weil auch da wieder diese Erfahrung, ich glaube, du weißt es ja selbst auch noch sehr, sehr gut, das ist Hochstress.
Ich halte gerade die mündliche Prüfung im ersten Staatsexamen Jura, das ist, also ich kann mir kaum noch eine Steigerung vorstellen an nervlichem Druck und das ist eine Zerreißprobe im wahrsten Sinne des Wortes.
Machen wir vielleicht mal einen kurzen Cut, verweisen erst nochmal auf dein Angebot reflexive-praxis-jura.de, um hier nochmal einen Werbeblock einzuschieben und dann würde ich ganz gerne noch auf einen finalen Aspekt eingehen und zwar, unser Podcast dient ja auch immer dazu, besondere Werdegänge von Juristen darzulegen und wir haben jetzt gerade noch ein bisschen mehr über das Inhaltliche gesprochen, ich würde gerne nochmal über ein, zwei persönliche Aspekte sprechen und zwar die Frage, wie du denn dieses Projekt jetzt hier eigentlich hast umsetzen können an der Uni Köln.
Also letztlich standest du irgendwann ja da, hast du gerade eben beschrieben, du wolltest ganz gerne über reflexive Praxis weiter forschen, was entwickeln, bist dann aber ja dann nicht gerade einfach irgendwo hingegangen, gibt ja keinen Lehrstuhl für reflexive Praxis oder ähnliches. Das heißt, du musstest erstmal ein paar Leute darüber informieren, was du gerne machen möchtest, war ein neues Projekt und kannst du das vielleicht mal beschreiben, auch um Studierenden hoffentlich ein bisschen Mut zu machen, wenn sie mal eine besonders gute Idee haben für die Zeit nach dem ersten oder zweiten Staatsexamen?
Also bei mir war das so ein Gefühl. Das war ja damals noch nicht reflexive Praxis. Ich bin ja auch nicht aus dem Staatsexamen rausgekommen und habe gesagt, ich habe jetzt hier dieses Produkt für mich entwickelt und das halte ich euch jetzt allen vor und dann wird das schon besser werden.
Sondern es war so ein Gefühl. Irgendwas fehlt in der Ausbildung oder hat mir gefehlt und wenn ich das gewusst hätte, dann wäre es wesentlich besser gelaufen. So, nur musste ich das ja erstmal artikulieren und du hast recht, ich musste jemanden finden, der sich darauf einlässt und ich hatte über das Studium schon Kontakt mit Frau Professor Dauner-Lieb gehabt, die, wie soll man sagen, deren Lehransatz schon in diese Richtung geht.
Denken Sie mal nach, fragen Sie sich, was das Ganze hier soll, lernen Sie Qualität, also Qualität vor Quantität und all sowas, was man ja auch häufiger von anderen Professoren hört, aber das ist ja unheimlich ernst. Und da habe ich von meiner Geschichte erzählt und von meinen Ideen, die ich so habe und die hat gesagt, ja los, machen Sie mal, das interessiert mich, das finde ich gut.
Und dann habe ich darüber promoviert und habe dann eben hier auch eine Lehrveranstaltung an der Uni Köln eingerichtet. Und auch das war gut, aber ich merkte, wenn man diese Idee streuen will, gerade weil die so Zeit, machen wir uns auch nichts vor, die ist total unattraktiv, diese Idee.
Denken sie mal nach, machen sie mal selbst, seien sie mutig und sowas. Das will ja keiner dann im Studium, wenn es gerade so drüber und drunter geht. Und da war wieder dieses Gefühl, es fehlt was.
Und da kam die Idee zu dieser Lerneinheit, dieser digitalen Lerneinheit zustande und auch da wieder viel Glück gehabt, die richtigen Leute ansprechen können, sei es mein Kameramann oder auch die Leute, die nachher die Website umgesetzt haben, die begeistert waren einfach von dieser Idee, es einfach mal zu machen, um anderen zu helfen oder zu unterstützen, diese neuen technischen Möglichkeiten auch zu nutzen.
Das hat auch allen Freude gemacht, ja.
Das heißt, du hattest auch externe Hilfe bei der technischen Umsetzung deines Projekts.
Klar, die einzelnen Folgen habe ich in eigener Regie produziert, aber dafür musste ich ja erstmal ein System haben, womit das überhaupt geht. Du hast es eben angesprochen mit der Technik, ich meine auch, dass wir beide heute jetzt hier sitzen und in so Mikrofone reinsprechen und das nachher bearbeitet werden kann, ist ja auch nicht selbstverständlich und so ähnlich war das mit den Videos eben auch.
Also da musste ein ganzer Rahmen geschaffen werden und da waren viele Leute auch dran mit beteiligt. Und ja, das war auch unheimlich spannend, dann mal so diese Produktionsseite zu erleben und auch so das Tempo, sag ich jetzt mal, in der Medienbranche und auch, ja, war verrückt.
Das ist doch ein schönes Schlusswort. Ich hoffe, wir haben den Studierenden viel Lust auf mehr gemacht. Wie gesagt, schaut euch die Webseite an und du stehst auch sicherlich sowohl an der Uni Köln als auch per E-Mail für Rückfragen zur Verfügung.
Absolut. Ich habe auch noch eine Sache.
Sehr gerne, sehr gerne.
Ich habe ja auch immer gefragt, warum hast du Jura studiert in meinen Folgen? Und häufig, es war so ein roter Faden, der sich durch diese ganze Geschichte gezogen hat, war, dass es häufig anders gekommen ist, als man meinte. Und dass dieses, wenn man dieses Studium hinter sich gebracht hat, dass dann sich Möglichkeiten auch ergeben.
Schöne, gute Möglichkeiten und Für viele ist es auch besser geworden, als sie gedacht haben. Und das ist auch etwas, was man sich immer mal wieder so sagen sollte. Wenn man das Ganze durchzieht, wenn man das Ganze gut hinter sich bringt, dann wird auch Gutes daraus folgen.
Also so optimistisch sollte man dann schon sein.
Schönes Schlusswort. Danke dir.
Ich danke dir, Marc.