Dr. Lucia Rüth, ÖD | Bayerische Staatskanzlei
Landtagsbeauftragte - Staatsregierung - Landtag Bayern - Staatskanzlei - Ministerialverwaltung - Finanzministerium - Sachgebietsleiter - Führungskraft - Personalführung - Beamtenrecht - öffentliches Dienstrecht - Persönliche Referentin - Vereinbarkeit Familie Beruf - Prinzenkurs - Netzwerken
In Episode 241 von Irgendwas mit Recht, welche erneut in Kooperation mit breaking.through entstand, sprechen Marc Ohrendorf und Dr. Christine Straub mit Dr. Lucia Rüth, Landtagsbeauftragte in Bayern. Lucia gibt spannende Einblicke in ihre Rolle als Bindeglied zwischen Staatsregierung und Landtag und erläutert ihre vielfältigen Aufgaben – von der Bearbeitung schriftlicher Anfragen bis zur Koordination zwischen verschiedenen Ressorts. Darüber hinaus teilt sie ihre ungewöhnliche Reise zum Jurastudium, die ursprünglich vom Interesse an Brauereiwesen inspiriert war, und erklärt, warum sie schließlich in der Ministerialverwaltung gelandet ist. Wie schafft sie es, Karriere und Familie zu vereinbaren? Was sind ihre Tipps für junge Juristen? Antworten auf diese und viele weitere Fragen erhaltet Ihr in dieser Folge von IMR. Viel Spaß!
Viel Spaß 🎉 und vielen Dank für Euer Feedback! 🙏🏼
Die Bayerische Staatskanzlei ist das koordinierende Herz der Bayerischen Staatsregierung und damit ein klassischer Arbeitgeber der öffentlichen Verwaltung. In ihrem Hauptsitz im Münchner Hofgarten steuern rund 350 Mitarbeitende Kabinettsangelegenheiten, föderale und europapolitische Themen sowie die Öffentlichkeitsarbeit des Ministerpräsidenten.
Für Juristinnen und Juristen besonders spannend ist die Bandbreite an verfassungs-, staats- und europarechtlichen Fragen, die hier mit unmittelbarer politischer Nähe und hohem Praxisbezug bearbeitet werden.
Wie sich das konkret anfühlt und welche Karrierewege offenstehen, erfahrt ihr in unserer Staatskanzlei-Episode von Irgendwas mit Recht – also Kopfhörer auf und ab in den Feed!
Mein Karrieretipp: Wenn man glaubt, dass es passt, einfach mal hier und da sagen, dass es einen interessieren würde.
KI-basiert und kann Fehler enthalten.
Herzlich willkommen zu einer neuen Episode Irgendwas mit Recht. Mein Name ist noch immer Marc Ohrendorf und heute habe ich wieder das große Vergnügen, diese Folge zusammen mit Dr. Christine Straub zu machen. Hallo Christine.
Hallo Marc.
Christine, das hier ist auf jeden Fall, so viel hast du schon sozusagen in diesem Podcast bewirkt, neben vielem anderen die späteste Episode, die wir aufzeichnen. Ich glaube, um 21.31 Uhr habe ich bislang noch nicht angefangen, aber das soll uns nicht abhalten, ein schönes Gespräch zu führen und zwar nicht nur miteinander, sondern auch mit unserem heutigen Gast.
Dr. Lucia Rüth. Hallo Lucia oder Lucy?
Lucy.
Hallo Lucy, hi.
Hallo.
Du machst etwas für mich Kurioses, aber ich bin auch kein Bayer, haben wir gerade im Vorgespräch festgestellt. Du bist nämlich Landtagsbeauftragter und diesen Job gibt es natürlich auch in anderen Bundesländern. Es gibt nur diese Bezeichnung nicht so ohne weiteres.
Fangen wir mal da ganz am Anfang, auch für diejenigen, die hier zuhören und vielleicht auch nicht aus Bayern kommen, an. Was machst du denn da in dieser Rolle?
Also wenn man es zusammenfasst, würde ich sagen, ich bin das Bindeglied zwischen der Staatsregierung und dem Landtag in Bayern. Denn der Landtag hat viele Aufgaben, die zu erledigen sind und die Staatsregierung hat viele Punkte, die sie adressieren möchte. Und auf dieser Drehscheibe der Informationen muss einer sitzen, der tätig wird. Und das bin ich.
Hast du einmal so ein Beispiel? Was müssen da für Informationen gedreht werden, um im Bild zu bleiben?
Also ganz klassischer Fall, schriftliche Anfragen. Die gibt es, glaube ich, in jedem Bundesland und auch auf Bundesebene, wie auch immer sie genau heißen. Eine Anfrage, die ein Abgeordneter stellt, an die Staatsregierung gerichtet, kann kritisch sein, kann informationssuchend sein.
Die Staatsregierung muss antworten und das muss koordiniert werden. Es gibt die verschiedenen Ressorts, wenn man nochmal eine Stufe weiter zurück geht. Es gibt in den Bundesländern, bei denen ich das beobachtet habe, immer die Staatskanzlei an der Spitze und die einzelnen Fachressorts.
Und in jedem Fachressort sitzt ein Beauftragter, in Bayern Landtagsbeauftragter, der sich um die Belange des Landtags kümmert, der praktisch diese Drehscheibe bedient der Informationen. Und die Staatskanzlei, als über den Fachressorts in Bayern stehend, hat natürlich noch die Funktion, ein bisschen zu koordinieren, die Federführungen innerhalb oder unter den Ressorts.
Okay, dann haben wir das erstmal eingeordnet. Wenn man jetzt also hier auf die Headline dieses Podcasts geklickt hat, weiß man schon mal so ungefähr, worum es geht. Jetzt lass uns mal zwei Rollen rückwärts machen und mal ganz in Ruhe, ganz am Anfang, anfangen.
Warum, in letzter Zeit haben so viele gesagt, ja eigentlich wollte ich BWL machen und dann ist es doch Jura geworden. Warum ist es Jura geworden und hast du auch mal mit BWL gespielt?
Nein. Okay.
Nein.
Also ich wollte eigentlich nie Jura machen und das war aber das größte Glück, dass ich dazu gekommen bin. Und deswegen vielleicht auch gleich als Message, man muss ja nicht aufstehen mit 15 und sagen, ich werde mal großer Jurist. Also ich wollte Brauereiwesen studieren.
Jetzt wird es interessant.
Und ich habe keinen Studienplatz bekommen in München.
In Weinstephan.
Das ist eben sehr gefragt. Und dann dachte ich mir, was mache ich denn jetzt die zwei Semester, bis ich dann im nächsten Sommersemester einsteige. Und dann habe ich gedacht, Jura Mai macht man nichts verkehrt.
Kann ich zu Hause gut verkaufen, kriege ich weiter Unterstützung vom Elternhaus, weil klingt ja gut und dann in zwei Semestern mache ich dann Brauereiwesen. Kommst du hier aus der Gegend?
Aus München. Aus München, okay. Und wenn man aus München kommt und Brauereiwesen studieren möchte, dann ist das ja ein ganz fantastisches Klischee. Das finde ich ja ganz wundervoll.
Das ist wunderbar, oder?
Ja, das ist toll.
Und dann aus Verlegenheit Jura macht, ist aber auch keine schlechte Geschichte. Aber jetzt muss ich ja mal gerade nachfragen, warum denn Brauereiwesen? Hast du da familiären Bezug oder fandest du das einfach cool?
Ich fand es einfach cool.
Okay.
Mein Opa hatte einen Hopfenhandel im Krieg, aber ich bin da weder reingewachsen noch gab es den dann zu der Zeit noch. Ich fand das einfach cool. Wie cool ist das denn? In einem total männerdominierten Bereich.
Das ist so eine Mischung aus Maschinenbau und dann tatsächlich doch ein bisschen BWL auch. Gehört ja auch das Marketing dazu. Ich fand das einfach toll.
Ich habe mir nicht die Stundenpläne angeschaut und gesagt, oh, da gefällt mir aber die vierte Vorlesung besonders gut, sondern ich fand es einfach ein super Image und hätte mich da gerne in diese Männerwelt in Weinstephan reinbegeben.
Und was hat dich dann an Jura so fasziniert, dass du hängen geblieben bist und doch nicht mehr zurückgewechselt hast?
Der Überblick, glaube ich, der mich schnell gepackt hat. Erstes Semester, Verfassungsrecht über die Grundrechte und dann merkt man mal, dass Jura einfach überall ist. Und man sitzt da und hört im öffentlichen Recht, das hat mir besonders viel Spaß gemacht im Studium, man sieht wirklich die Grundrechte und wo gibt es die, wo werden die denn eingetrampelt, wo waren wir die, wo muss man aufpassen und unsere Verfassung, wie schütze ich die? Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen hochtrabend.
Natürlich war ich da 19 Jahre alt und habe mir nicht den ganzen Tag Gedanken gemacht, wie man die Verfassung schützt. Aber ich fand es toll, dass Jura überall ist und dass man auch den Kaufvertrag abschließt, wenn ich einfach nur eine Breze kaufe bis hin zu den kompliziertesten Rechtsgeschäften.
Ich fand das sehr greifbar, überall. Man kann ja eigentlich nichts machen, ohne mit Jura in Berührung zu kommen. Das fand ich klasse.
Hat dich das dann die ganze Zeit so gepackt oder hattest du auch nochmal Zweifel im Studium oder im Referendariat, ob das das Richtige ist?
Nee, ich habe mich dann da gut arrangiert. Ich fand es toll. Die Scheine bin ich sehr schnell und gut warm geworden damit. Die gingen leicht von der Hand.
Ich hatte dann auch ziemlich schnell, schon im dritten Semester, habe ich schon am Lehrstuhl öffentliches Recht gearbeitet bei meinem späteren Doktorvater. Und ab dem Moment war ich einfach zu Hause, sage ich mal, studiumsmäßig. Und dann wollte ich auch nicht mehr wechseln.
Wie bist du an die Stelle am Lehrstuhl gekommen?
Auch das weiß ich nicht mehr genau. Ich glaube, dass ich dem Professor mit Fragen gelöchert habe nach der Veranstaltung, ständig.
Dann hat er gesagt, die brauche ich.
Ja, und ich wollte dann auch eine Hausarbeit schreiben bei ihm, die eigentlich zwei Semester später erst angestanden hätte, großen Schein im öffentlichen Recht. Und wenn ich mich recht erinnere, also habe ich ihn da wohl, ich denke, ich habe ihn genervt.
Und irgendwie dachte er dann, vielleicht hört sie auf, Fragen zu stellen, wenn ich sie einstelle. Das ist jetzt nur eine ganz freche Vermutung, weiß ich nicht.
Ach, ich ahne schon, dass in drei Monaten ein Professor hier schreibt und sich bedankt für eine Person, die er oder sie einstellen durfte, weil jetzt alle ihre Profs genervt haben. Aber macht das mal, die Jobs sind gut. Okay, und sag mal, Referendariat dann auch hier in München?
Genau, ich habe vor dem Referendariat promoviert, fand ich passend, denn wenn man dann die Möglichkeit hat zu arbeiten und dann liegt da der Arbeitsvertrag und man weiß, da kommt Geld rein.
Ist die Verlockung groß.
Genau und daher habe ich gedacht, ich mache das dann besser gleich und bin dann mit meinem damaligen Doktorvater, bei dem ich auch schon gearbeitet habe, durch einen großen Zufall an die Europa-Universität, Viadrina Europa-Uni nach Frankfurt an der Oder mitgekommen. Umgezogen.
Ah, okay. Der hat aus München dorthin gewechselt und das fand ich eine ganz tolle Uni. Das war ein Einblick, den hätte ich nie bekommen, wenn ich da nicht mutig gewesen wäre. Denn wer will, ehrlich gesagt, aus Münchner Sicht, das ist jetzt ein bisschen arrogant, nach Frankfurt an der Oder.
Und das war ganz eine tolle Zeit. Was war denn cool dort?
Ich war da noch nie an der Uni. Das sollten wir vielleicht mal ändern. Das ist so ein Blindspot hier im Podcast, so ein bisschen fällt mir gerade auf.
Also die Gesine Schwan war damals Chefin dort. Die ist natürlich auch eine faszinierende, tolle Frau gewesen. Die hat da einen guten Wind reingebracht und dass Frankfurt an der Oder einfach eine der östlichsten Städte und ja, einfach eine arme Stadt, Plattenbauten, ein Drittel der Wohnungen bewohnt und der Rest eingeschmissene Fenster und da gibt es eine Uni, die wirklich bundesweit sich einen Ruf geschaffen hat.
Das fand ich toll, wie man das schafft an so einem Ort und die haben natürlich mit tollen Sachen gelockt. Da hatte jeder Promotionsstudent, hatte dann eine eigene Glaskabine, in der man sitzen konnte, man konnte jede Zeitschrift haben, Die wurden einem hingelegt, man hat einen Laptop bekommen, wenn man nicht genug Geld hatte, ihn sich selber zu kaufen.
Es gab alle Bücher, also mehr oder weniger sofort, vielleicht mal eine Woche Wartezeit und es war menschlich. Und in München, das kennt man ja schon auch aus den eigenen Erfahrungen, dass man eine Hausarbeit schreibt zu irgendeinem Thema und dann sind die Seiten rausgerissen aus den Standardwerken, die das Thema umfassen.
Das hat mich immer gewundert, weil dadurch wird man ja auch nicht ein besserer Jurist. Und das gab es dort nicht. Und ich fand es toll.
Ich habe einfach gedacht, ich mache das jetzt mal. Es hat sich in der Zeit gut ergeben, weil ich sowieso umziehen wollte und es wurde sehr belohnt. Das fand ich im Nachhinein mutig und es wurde sehr belohnt.
Okay.
Aber fürs Referendariat bist du dann ja wieder zurück nach München. Wie kam dann für dich die Entscheidung, dass du in die Ministerialverwaltung willst? Du hast dann beim Finanzministerium auf Landesebene angefangen.
Genau.
Was war da so?
Also ich war in einer Kanzlei in der ganz gewöhnlichen Referendarstation Anwaltschaft. Die haben öffentliches Baurecht gemacht, Planfeststellungsverfahren, das wollte ich eigentlich auch machen. Und ich fand das richtig toll vom Aufgabenfeld.
Ich habe aber gemerkt, dass man nicht so frei ist, wie man sich das vorstellt. Man denkt ja als Anwalt, da kann ich kämpfen, da habe ich den Mandanten und seine Interessen und für den kämpfe ich. Ja, aber am Ende geht es dann doch auch um Geld natürlich.
Ich kann ja einen großen Mandanten nicht vor den Kopf stoßen und sage, ich würde es jetzt eher nicht machen. Sollte man vielleicht, das glaube ich, hält man einfach nicht durch als Kanzlei. Das ist aber meine vorsichtige Ansicht, ich war danach nie mehr in einer Kanzlei.
Ich fand es nicht so ehrlich.
Oh, interessant.
Ja, finde ich auch.
Das ist eine interessante Aussage. Also ich finde es gut, dass du das so sagst, weil natürlich gerade hier auch im Podcast schon ganz viele Kanzleivertreterinnen zu Wort gekommen sind und wir nehmen das nicht immer in der Reihenfolge auf, sozusagen wie die Folgen ausgestrahlt werden. Also es kann sein, dass jetzt ich morgen was aufnehme, was aber noch vor dieser Folge hier erscheint.
Im konkreten Fall ist das sogar so. Aber wenn ihr jetzt mal so in zwei, drei, vier Monaten wieder hier reinhört, ich werde mir das merken und ich werde sagen, jemand hat hier gesagt, das müssen die Leute dann selber herausfinden, wer das war, Arbeit in der Kanzlei ist nicht ganz so ehrlich.
Das diskutieren wir mal. Ja, da kann man ruhig mal challengen.
Ja, kann man mal challengen.
Ich möchte ausdrücklich sagen, dass ich da keine jahrelange Expertise hinter dieser Aussage habe. Ich will da niemanden auf die Füße treten. Aber ich habe in dem Moment, ich weiß noch genau, wie das war, ich habe mir überlegt, ich möchte nicht jemandem das verkaufen müssen.
Und ich möchte auch nicht jemandem verkaufen müssen, nur weil ein großer Case dahinter steht, dass ich das kann.
Ja gut, ich baue mal die Gegenposition minimal auf. Man könnte natürlich auch argumentieren, du bist Interessenvertreterin und hast erstmal sozusagen nicht notwendigerweise das Interesse zu hinterfragen, sondern das halt zu vertreten.
So wie, das ist ja auch die Argumentation, wenn man Strafrecht macht, man weiß, der Mandant hat Unrecht getan, aber er hat trotzdem ein Recht auf gute Verteidigung. Das verstehe ich, aber ich wollte mich da hinstellen können und sagen, das, was ich da mache, kann ich hundertprozentig.
Und ich möchte nicht mich verkaufen müssen. Ich möchte nicht Werbung für mich machen und dann sagen, nehmt mich, ich bin die Beste. Das wollte ich nicht. Und dann habe ich mir wirklich überlegt, wo kann ich hin und dachte dann, Finanzamt München, da muss ich keine Werbung für mich machen.
Die Leute kommen nicht an mir vorbei. Und dann habe ich mich beim Finanzministerium beworben, um im Finanzamt München als Sachgebietsleiterin hier ums Eck zu starten.
Also Finanzamt München. Das klingt jetzt erstmal für mich, also ich erlebe dich jetzt ja als sehr pfiffige Person. Da würde man ja jetzt vielleicht auch dem Vorurteil begegnen, Finanzamt ist schon ein bisschen langweilig, oder?
Ja, kann man denken, stimmt aber nicht. Denn man ist dort, ich war 26 oder 27 und dann fängt man dort an und ist Sachgebietsleiter. Dann hat man 20, kann ich nicht sagen, ob das immer die gleiche Personenanzahl ist, aber sagen wir mal 20, 30 Mitarbeiter.
Das ist ja eine wahnsinnige Aufgabe. Da wird man sehr gefordert. Man ist ja nicht fürs Steuerrecht per se zuständig. Natürlich hat man gewisse Zeichnungsfälle über gewissen Einkommensgrenzen, darf man das nur selber als Sachgebietsleiter, aber man ist dort Führungskraft.
Und wo ist man sonst Führungskraft? Wenn man sich informiert über die Ministeriumslandschaft in Bayern, die anderen kenne ich nicht. Kann man sagen, man wird Richter, dann ist man für seinen Fall zuständig, hat einen totalen Reiz, man ist vielleicht Staatsanwalt, ist für seine Anklage zuständig.
Wenn man aber sagt, man will gern Personalführung machen und das noch gepaart mit einem guten Anspruch, also Steuerrecht fand ich schon interessant, dann ist doch das Finanzamt ein toller Ort, um ganz viel menschlich zu lernen.
Weißt du, was spannend ist? Viele Juristen, die werden irgendwann total erfolgreich und die müssen dann Personalführung machen, haben sich aber noch nie damit beschäftigt. Insofern finde ich es ganz interessant, dass du früh gesagt hast, du hast sogar genau auf diesen Teil der Arbeit Lust.
Ich finde es spannend, dass du das gerade erzählst, weil mir war gar nicht bewusst, dass man da direkt mit so einer Personalverantwortung einsteigt. Das ist ja wirklich interessant. Und hast du dich dann auch speziell für Finanz entschieden? Weil ich meine, es gibt ja andere Ressorts, Wirtschaft, Kunst.
Das war einfach eine Entscheidung. Wenn ich in einem Ministerium arbeite und man möchte sich viel verändern, also mir wird es dann schon auch, langweilig ist das falsche Wort, aber Routine mag ich einfach nicht so gern wie spannende neue Aufgaben. Und wenn man dann sagt, ja okay, vielleicht möchte ich auch alle fünf Jahre oder zehn Jahre mal was anderes machen, dann kann man in einem Ressort wie dem Finanzressort in Bayern mit vielen Beteiligungen des Freistaats, da sind Banken, die Bayern LB hängt da dran, alle Landesämter, Landesamt für Steuern, Landesamt für Finanzen, alle Finanzämter.
Das ist doch die Lotterieverwaltung, die Schlösserverwaltung, das sind doch spannende Felder und man weiß doch noch gar nicht, was einen in zehn Jahren interessiert. Wenn man jetzt allerdings im Gesundheitsressort, das gab es damals noch gar nicht, das war Umwelt und Gesundheit, wäre, dann ist doch die Möglichkeit Mangelsunterbau in diesem Ressort nicht so groß.
Und das fand ich einfach eine tolle Möglichkeit, zu sagen, ich lege mich jetzt gar nicht fest, ich fange da mal an und ich kann am Ende vielleicht im Schloss Nymphenburg im Justiziariat der Schlösserverwaltung mitarbeiten. Hat mich nicht eingeengt und daher fand ich es spannend.
Und wie war das dann so? Dann hast du dort angefangen im Bereich Steuern und wie ging es dann weiter?
Also nach einem Jahr würde ich jetzt sozusagen im Schweinsgalopp etwas darstellen, weil ich schon, würde ich sagen, auch viel gesehen habe. Ich bin dann ins Finanzministerium geholt worden nach ungefähr einem Jahr, habe dort Personal gemacht, war im Personalreferat.
Das passte gut. Ich habe im Beamtenrecht promoviert, also Verfassungsrecht und Beamtenrecht. Das öffentliche Dienstrecht wird dort betreut und zwar für alle Angestellten und Beamten des Freistaats. Das ist ein riesiger Personalkörper und dann mit der Personalerfahrung jetzt aus dem Finanzamt, das war toll.
Von dieser Zeit bleibt mir auch noch der Kommentar Bayerisches Beamtengesetz, in dem ich mitkommentiere seit dem Tag. Also manchmal fragt man sich, wie man dazu kommt, aber auch das macht nach wie vor viel Spaß. Dort war ich ein halbes Jahr im Personal und dann gab es den Wechsel zu Finanzminister Söder.
Zuerst war Herr Fahren schon der zuständige Minister und dann kam das Team und der Finanzminister Söder aus dem Umweltministerium und das fand ich so spannend. Ich habe gleich gedacht, ich will da arbeiten. Es hat dann noch ein paar Monate gedauert.
Warum? Da war so viel los. Man hat einfach gespürt, da ist ein Druck dahinter, da ist ein Gestaltungswille dahinter, da rappelt's, da ist einfach Action. Und das fand ich ganz toll.
Ich wusste, die kommen, also als Teams, da hatte ich Lust mitzuarbeiten.
Und wie kam das dann und wie hast du dann da mitgearbeitet?
Ich war ja sehr dienstjung als Referentin, da wird man noch nicht gefragt für sowas. Und man weiß ja auch selber gar nicht, ob man das kann. Da kann man sich nicht so selbst ins Spiel bringen.
Aber ich habe es dann halt einfach vielen Leuten erzählt, dass es mich interessieren würde. Und irgendwann mal gab es dann eine Möglichkeit. Dann wurde ich gefragt, ob ich dort mitarbeiten möchte und habe das dann sofort gemacht.
Das war dann so, da war ich erst ein Dreivierteljahr im Ministerium ungefähr. Dann war ich in diesem Ministerbüro persönliche Referentin des damaligen Finanzministers. Das habe ich dann insgesamt fünf Jahre gemacht.
Und als er dann Ministerpräsident wurde, in der Zeit war ich gerade in Elternzeit mit meinem zweiten Kind. Er kam praktisch abhanden. Und damit musste ich mich dann wieder neu sortieren.
Natürlich weiß ich auch niemals, ob man mich dann in dem Moment mitgenommen hätte oder nicht, aber es gab gar nicht die Frage und das hat dann auch immer eine Chance, dass man sich dann neu sortiert. Dann bin ich in einen Führungskräfte-Lehrgang der Staatskanzlei gekommen, durfte ich als große Ehre mitmachen.
Zehn Monate freigestellt vom Dienst, nur Führungskrafttraining.
Okay, sowas gibt's?
Ja, Lehrgang für Verwaltungsführung nennt sich das in Bayern. Der Prinzenkurs.
Der Prinzenkurs. Und Prinzessinnen.
Ach, wie toll. Jetzt habe ich aber wieder was gelernt.
Das ist wirklich ein ganz tolles Instrument, das Bayern da verteidigt. Denn wo hat man zehn Monate freigestellt vom Dienst die Möglichkeit, dann doch auch sich selbst nochmal so kennenzulernen, wie man als Führungskraft wirkt oder wirken will.
Und der Deal, oder nicht der Deal, ist die falsche Ausdrucksweise, die Ratio dahinter ist, zu sagen, wir pfälgen manche ausgewählte Mitarbeiterinnen, die daran teilnehmen, vielleicht nachher nochmal für eine andere Position.
Genau, das Ressort, das einen entsendet, hat wahrscheinlich die Hoffnung, dass es dann am Ende eine Führungskraft zurückbekommt, die auch noch da ein bisschen Skills dazu hat zu den eigentlichen fachlichen Aufgaben. So stelle ich mir das vor. Jedes Ressort entsendet eine Person, die großen Ressorts zwei Personen.
Das ist ja super cool. Jetzt habe ich auf jeden Fall gelernt, was der Prinzen- und der Prinzessin-Kurs ist. Jetzt habt ihr etwas Neues hier im Podcast erlebt. Wir haben extrem viele Schnitte normalerweise in diesen Podcasts und wir wollen das alles total rund machen, dass es angenehm ist für euch zu hören, aber in diesem Fall hatte gerade Lucys Kind ein kleines Missgeschick, um das sie sich kümmern musste und wir haben uns gedacht, wir lassen das jetzt mal drin und wir unterbrechen sozusagen einfach das Gespräch hier.
Ihr habt jetzt gerade einen schönen Signalton gehört und jetzt setzen wir neu an, weil wir ja hier abends aufzeichnen und natürlich sind deine Kinder Teil deines Lebens und sind auch Teil von dir sozusagen und deiner Karriere, mittelbar jedenfalls. Deswegen die Folgefrage.
Genau, deshalb passt das jetzt wunderbar. Wie klappt es bei dir so mit Vereinbarkeit Familie und Beruf?
Also das klappt erstaunlich gut.
Haben wir gerade gesehen, das war sehr souverän. Ja.
Ja, ich glaube, das wäre was, was ich mir als Tipp geben würde, wenn ich nochmal zurückgehen würde. Man darf sich nicht so sehr darauf verlassen, was alle anderen einem sagen, sondern man muss das so machen, wie sich das richtig anfühlt. Und für mich war immer klar, dass ich Kinder haben will.
Es war aber auch immer klar, dass ich mit dem, was ich mache, mit spannenden neuen Aufgaben weiterkommen will. Und für mich gefühlt nah am Puls dessen sein kann, was mich interessiert. Und ich habe nie darüber nachgedacht, ob das geht oder nicht.
Dann hatte ich natürlich auch noch meine Mama in Kreiling, die mich voll unterstützt hat, die meine Kinder sehr natürlich auch liebevoll mit aufgefangen hat, schon sich immer, als sie klein waren, viel eingesprungen ist, aber das wusste ich alles gar nicht in dem Moment. Ich habe einfach gedacht, ich denke überhaupt nicht drüber nach.
Und das hat sich jetzt wirklich bewahrheitet. Es ist dann vereinbar, wenn man es selber einfach macht. Und wenn man sich auch traut, Hilfe zu nehmen, da habe ich jetzt auch ein bisschen gebraucht. Wir haben jetzt Unterstützung.
Ich habe die Kinder in guten Kitas gehabt. Ich habe einen sehr tollen Kindergarten und jetzt auch Hort für die beiden. Und das fühlt sich richtig an. Und wenn man es dann einfach macht, dann geht es auch.
Und selbst, also wir waren jetzt noch nicht genau da, wo ich aufgehängt bin, praktisch mit meiner Tätigkeit. Aber die Landtagsbeauftragte der Staatskanzlei ist im Leitungsstab des Ministerpräsidenten mit aufgehängt, organisatorisch. Und selbst da ist das machbar.
Und ich kann auch sagen, ich habe beide Kinder in der Zeit im Ministerbüro von Finanzminister Söder bekommen. Nach dem ersten Kind, nach meinem Sohn, bin ich auch wieder dorthin zurückgekommen und das waren die einzigen, die mir eine Teilzeitstelle geboten haben, die vereinbar war.
Ich habe, hätte gerne auch im Finanzministerium vielleicht an anderer Stelle mich eingebracht, aber dort war es einfach möglich. Und das rechne ich auch dem ganzen Stab des jetzigen Ministerpräsidenten hoch an, dass das einfach möglich gemacht wurde. Und das hat einfach geklappt.
Also würdest du sagen, Karriere, und du hast ja wirklich eine Karriere hingelegt in der Verwaltung, ist möglich mit Familie?
Auf jeden Fall. Also ganz klares Ja. Ich sage aber nicht, dass das immer leicht ist. Ich glaube, dass es leichter ist für Männer. Ich glaube, dass die sich leichter loslösen können oder dass es normaler ist.
Ich sage jetzt mal ganz platt, auf einer Geschäftsreise zu sein, da fragt normalerweise ja den männlichen Mitarbeiter niemand, was machst du eigentlich mit deinen Kindern? Das wird man als Frau alles häufig gefragt und das triggert manchmal natürlich, je kleiner die Kinder sind, schon an. Aber das schlechte Gewissen gehört halt einfach dazu.
Sonst hätte ich immer den Blick, sag ich jetzt mal, ich putze hier achtmal die Woche Fenster und mache sonst nichts, dann würde ich mir immer denken, was machen die da alles Spannendes. Dann hätte ich das als Wundenpunkt.
Also insofern hat halt jeder sein Päckchen zu tragen und ich glaube, wenn man Kinder hat, dann macht man es nie richtig, weil alle anderen wissen es ja immer besser. Also nicht so viel auf die anderen hören, sondern dann einfach machen und dann geht's auch.
Ich habe hier neulich eine Folge veröffentlicht zum Thema Vereinbarkeit als Mann. Ich würde dir voll und ganz zustimmen bei allem, was du gerade gesagt hast. Eine Sache erkenne ich jedoch wieder und zwar dieses, es geht alles, aber es ist halt nicht leicht.
Also nur weil es geht, muss es ja nicht leicht sein. Stan hat in der Folge sehr detailliert beschrieben, wie er seinen Kalender juggelt und teilweise irgendwie zwei Stunden lang aus der Kita arbeitet, weil dann geht es halt nur mit zwei Stunden dort und die haben aber so einen Raum und dann hat er sich da hingesetzt und irgendwie Mandat bearbeitet, also das war aus der Anwaltssicht.
Kannst du nochmal sowas rein organisatorisch vielleicht schildern, wie du das so machst?
Sehr gerne. Also wenn man eine typische Woche nimmt, dann gibt es einen Plenartag im Bayerischen Landtag, da ist die Vollversammlung des Plenums und das ist Open End. Das kann, je nachdem wie viel auf der Tagesordnung steht, kann das bis spät nachts gehen oder aber auch teilweise gibt es auch 18, 19 Uhr fixes Ende.
An den Tagen kann man natürlich nicht ein Kind abholen um 16 Uhr in einem Hort oder zum Sport fahren oder zum Ballett fahren. An den Tagen braucht man einfach Hilfe, um Ruhe reinzubringen. Außer ein Partner federt es ab.
Wenn ich jetzt diesen Tag mir mal exemplarisch nehme, davon gibt es zwei, zwei bis drei Tage die Woche sind so zeitintensiv und auch nicht überschaubar. Es gibt Termine, die man beispielsweise mit dem Ministerpräsidenten wahrnimmt oder auch Termine des Landtags, die man wahrnimmt.
Die Zeit muss man sich nehmen. Das gehört einfach dazu. Das ist Teil des Jobs und da gibt es auch überhaupt nichts drüber, spricht man nicht drüber. Das ist halt so.
So hat man den Job ja angenommen. Das ist ja auch das Spannende. Und dann gibt es ja dann, wenn man das einzig Positive an der Corona-Zeit mitnimmt, dann ist es ja die Flexibilisierung der Arbeitsmöglichkeiten. So würde ich das für mich beschreiben.
Dann kann man eben ins Homeoffice wechseln. Ich bin immer erreichbar, mein Diensthandy ist immer dabei, der Laptop ist immer dabei und ich bin rund um die Uhr erreichbar. Und dann würde ich sagen, wenn man das gewährleistet, gibt es kein Thema damit, die Woche mit all den Flexibilisierungsmöglichkeiten nicht auch gut zu stemmen.
Was aber nicht notwendigerweise heißt, dass du jeden Nacht nur vier Stunden schläfst, hoffe ich für dich, und hier bis zwei Uhr sitzt und um sechs Uhr die Kids wieder wach werden müssen.
Nein, also sechs Uhr ja, das machen ja die Kinder, dafür kann man ja nichts. Am Abend, je nach Projektstatus würde ich sagen, wenn es was zu tun gibt, dann arbeite ich so lange, bis es fertig ist. Aber das ist ja die absolute Ausnahme, dass es sehr lang geht.
Ich habe gehört von meiner Vorgängerin, denn diese konkrete Stelle habe ich jetzt erst seit November letzten Jahres.
Also 2023, je nachdem, wann man das hier später mal hört.
Ganz genau, Ende 2023. Und mir wurde berichtet, das kann man ja auch einsehen, es gibt ja den Livestream ins Plenum, ins Bayerische, das geht schon mal bis drei Uhr nachts. Dann ist das eben so.
Hast du aber noch nicht erlebt?
Nein, habe ich noch nicht erlebt.
Was war deine längste bisher?
Überhaupt, also kann ich gar nicht sagen. Also ich würde sagen, 20 Uhr war es noch nicht. Das liegt am Beginn der Legislatur und dass es jetzt erst wieder anläuft.
Dank dem Anruf, ja. Was mich noch interessieren würde, wenn du jetzt so ein bisschen auf deine Zeit zurückschaust, du hast ja jetzt schon verschiedene Stationen gemacht, wir haben jetzt auch welche ausgelassen, du warst persönliche Referentin von einem Minister, du bist im Leitungsstab jetzt vom Ministerpräsidenten, du hast Untersuchungsausschüsse betreut, Referatsleitung, alles mögliche, verschiedene Häuser, du warst im Corona-Stab auch noch.
Was sind so Tipps, die du vielleicht nach jetzt heute so dir deinem jüngeren Ich geben würdest?
Also ich würde sagen, dass das was, wenn man denn Lust hat auf Mitarbeit im Auge des Sturms, sag ich mal, für manche passt es ja nicht, aber wenn man merkt, dass es einen interessiert und triggert, man muss sich zeigen, man muss die eigene Arbeit verkaufen. Also es heißt nicht, dass ich jede E-Mail zelebriere und durchs Haus renne und sage, ich habe jetzt eine E-Mail geschrieben, aber wenn ich was Tolles gemacht habe, was Tolles geschrieben habe, dann brauche ich mich nicht verstecken.
Es gibt klare Hierarchien, ich kann mich nicht vordrängen vor meinen Referatsleiter oder vor meinen Abteilungsleiter, aber man kann sich ins Spiel bringen als guter Ansprechpartner für das Thema. Und dabei sein, Netzwerken, also das, was ich glaube, was Männer naturgemäß besser machen, dass sie am Abend mit einem Bier trinken gehen oder es gab im Finanzministerium damals eine Kegelrunde, klingt jetzt irgendwie ganz spießig, war aber ein ganz toller Ort, um auch Leute kennenzulernen, die einem empfehlen oder einfach die einem Tipps geben und sagen, was gibt es denn noch so Interessantes in diesem Haus, das habe ich sehr lieb gewonnen damals.
Also sich sichtbar machen, würde ich sagen, die eigene Arbeit sichtbar machen, Netzwerken in egal welcher Form. Dann auch mal sagen, eigentlich wäre ich jetzt müde, aber dann gehe ich halt trotzdem noch mit auf ein Bier ums Eck oder mit zum Essen und vor allem auch Wünsche äußern.
Also nicht erwarten, dass die Welt hell sehen kann, was man da so gerne hätte und dann enttäuscht sein, dass man nicht gefragt wird, sondern wenn es passt und nicht aufdringlich ist, dann auch sagen, dass es einen interessieren würde. Und das nicht zu bescheiden vielleicht, denn wenn man sagt, ja, also ich glaube, ich kann das jetzt nicht, aber es würde mich ja so interessieren, ja, wer würde gerne so eine Person nehmen, die von sich selbst schon sagt, ich glaube, irgendwie kann ich das gar nicht.
Da muss man auch mal mutig sein, würde ich sagen, und sich das zutrauen und sagen, das wird dann schon und sonst findet man eine andere Lösung. Das hätte ich mir von Anfang an sagen sollen.
Ich glaube aber, dass es sehr schnell geklappt hat. Dadurch, dass ich tolle Leute, einen tollen Referatsleiter dort hatte und auch tolle Referentenkollegen, die einem gezeigt haben, wie man es macht.
Ich finde, dein Weg zeigt auch, dass es ja auch vieles gar nicht so planbar ist. Ob du jetzt in einem Ressort gelandet wärst oder im anderen vielleicht ein Angebot bekommen hättest oder jenes Timing mit Elternzeit oder die muss nur ein bisschen früher oder später kommen, dann läuft es wieder anders.
Und ich finde es zum einen sehr inspirierend, weil du ja auch ausdrückst sozusagen, ja halt halt die Augen offen und dann ergeben sich häufig schon Möglichkeiten und zum anderen auch eine gute Antwort auf die Frage, dieses so blöde abgedroschene, wo sehen sie sich in fünf Jahren? Ich habe den Eindruck, das hättest du manchmal gar nicht im positivsten Sinne beantworten können.
Gar nicht. Ich konnte das weder zu Abi-Zeiten sagen, noch im Studium, noch zu Beginn. Das konnte ich gar nicht sagen und ich weiß es auch jetzt nicht, weil ich immer dorthin will, wo was los ist und wo es mich triggert und wo ich was lerne.
Also ich habe das Größte federn lassen, hatte ich, als ich erkennen musste, dass ich mit Teilzeit nicht vorankomme. Das ist jetzt wirklich keine so schöne Erfahrung gewesen, aber ich habe immer gedacht, nein, 85 Prozent, das ist jetzt ja nicht so wenig, weil ich nicht nur zwei Tage dort, aber sagen wir mal jeden Tag so bis 16 Uhr, dachte ich mir, das muss doch gehen.
Und dann habe ich erkannt, dass in der Ministerialverwaltung einfach viel abends läuft. Das ist nun mal so, das Politikgeschäft, das ruht nicht. Im Gegenteil, in der Staatskanzlei sind die Arbeitszeiten wahrscheinlich eher sogar ein bisschen später als in anderen Häusern.
Und irgendwann mal hat eine gute Freundin gesagt. Mach doch jetzt zu Corona-Zeiten, wenn es so viel ist, mach doch jetzt Vollzeit, kannst du immer noch mal runter. Und dann wurde es leichter.
Klingt jetzt paradox, aber dann war halt klar, so ist das. Ich brauche jetzt Unterstützung. Ich habe dann auch versucht, mein schlechtes Gewissen da abzulegen und ab dem Moment wurde es leichter, weil man dann für Positionen in Frage kam, bei denen man vorher ablehnen musste.
Das war klasse und dann hat mir noch eine andere Freundin damals gesagt, schau doch mal, wie sich die Männer verhalten. Das ist jetzt auch sehr abgedroschen, aber ein Mann, der adressiert in einem Gespräch von mir aus, er muss gehen, er hat irgendeinen Termin, dann hat er natürlich einen wichtigen Termin, jetzt sehr schwarz-weiß gesagt.
Man sollte nicht zu viel darüber reden und nicht zu viel erwähnen, jetzt gehe ich zu den Kindern, jetzt mache ich mit den Kindern. Das ist zwar menschlich und das ist schön und das entspricht ja auch der eigenen Wahrnehmung, dass man stolz auch ist, wie man das alles hinkriegt, aber es geht einfach niemand was an.
Ich würde sogar noch eine Schippe drauflegen. Ich bin mir gar nicht so sicher, ob das nicht beim Mann teilweise sogar wiederum so ein Schulterklopfen gibt.
Wird es auf jeden Fall positiver heutzutage in bestimmten Bereichen mit Sicherheit.
Natürlich weiß jeder, dass man Kinder hat. Das ist ja in der bayerischen Staatsverwaltung schon auch ein Dorf, sage ich mal. Es gibt ja auch Gerüchte überall. Das kann man nicht verheimlichen, wie wenn ich jetzt in eine Kanzlei, in eine neue Kanzlei wechsle.
Aber es ist weniger offizielles Thema und das alles hat sehr entlastet. Und dann gibt es eigentlich keine echten Grenzen mehr. Weil ich würde mich jetzt hinstellen und sagen, ich kann das, was ich da mache, das läuft gut.
Ich bin sehr, sehr selbstbewusst geworden, dass mein Werkzeugkoffer, den ich mir erarbeitet habe über die Zeit, dass der für jede Eventualität da irgendein Werkzeug drin hat.
Das ist ein schönes Bild, ja. Dann würde ich gerne noch unsere Abschlussfrage stellen. Gab es eine Juristin, die dich so inspiriert hat, dass du denkst, die sollten wir auch mal interviewen?
Ganz schwere Frage, da ich weiblicherseits wahnsinnig inspiriert bin von meiner Mutter und deren Umfeld. Das sind alles ganz tolle Frauen, die aber eher aus dem Sonderpädagogik-Bereich kommen. Und die waren die, die mich eigentlich gecoacht haben und unterstützt haben oder also ganz unabhängig vom Ergebnis auch versucht haben rauszukitzeln, wo kann es hingehen.
Und das waren die Wegweiser bei mir.
Wir müssen interdisziplinärer werden.
Das ist so häufig die Antwort, ja, das ist ganz spannend.
Ja, sehr schön.
Vielen herzlichen Dank, Lucy, das war sehr, sehr interessant.
Danke euch sehr und auch mit spontanen Einwürfen, das habe ich natürlich geplant, zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, dass hier sich auch mal ein Kind zwischenrein meldet.
Danke, ciao. Danke, tschüss.