Dr. Frederic Mirzha Khanian, Consultant | PWC Legal
Corporate M&A - Carve-Outs - Post-Deal-Integration - Internationale Restrukturierungen - Legal Consulting - New Law - Legal Tech - Projektmanagement - Legal Project Management - Workstreams - Dokumentenautomatisierung - Harvey AI - Technologie im Recht - Internationale Projekte - Unternehmensberatung
In Folge 197 ist ein alter Bekannter zu Gast, den viele von Euch bereits aus unserer Youtube-Serie 'Frag die Anwälte' kennen dürften: Dr. Frederic Mirza Khanian. Frederic ist Partner bei PWC Legal, Global Legal Business Solutions Leader und Experte für internationale Restrukturierungen und Carve-Outs. Wie ist es, in dutzenden Jurisdiktionen parallel Projekte zu managen? Was bedeutet es, erfolgreiches Legal Project Management zu betreiben? Inwieweit kommen ihm dabei auch die typischen Skills der Unternehmensberatung zu Gute - obwohl er natürlich weiter als Anwalt tätig ist? Antworten auf diese und viele weitere Fragen gibt's in der aktuellen Folge von Irgendwas mit Recht, Eurem Jura-Podcast. Viel Spaß!
Viel Spaß 🎉 und vielen Dank für Euer Feedback! 🙏🏼
PwC Legal ist die Rechtsberatungseinheit des Big-Four-Netzwerks PricewaterhouseCoopers und firmiert als PwC Legal AG Rechtsanwaltsgesellschaft. Von ihrem Hauptsitz in Frankfurt am Main aus und mit Büros in fast 20 deutschen Städten arbeiten über 250 Juristinnen und Juristen interdisziplinär mit Steuer-, Deal- und Consulting-Teams zusammen.
Das Team berät Unternehmen jeder Größe zu Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, M&A, Regulierung, Compliance sowie rechtlichen Fragen rund um Digitalisierung und Restrukturierung. Besonders zeichnet PwC Legal die Verbindung tiefgehender Fachkompetenz mit modernem Legal Project Management und einem weltweiten PwC-Netzwerk aus – ein spannender Mix, der in unseren Podcast-Folgen lebendig wird. Hör gleich rein, wenn du wissen willst, wie internationales Großprojekt-Feeling und juristische Präzision zusammenpassen!
Technologie wird uns nicht ersetzen, sondern uns helfen, besser zu werden. Das erlaubt uns, uns auf die komplexen Themen zu konzentrieren und neue Beratungsfelder zu erschließen.
KI-basiert und kann Fehler enthalten.
Herzlich willkommen zu einer neuen Episode Irgendwas mit Recht, sozusagen ein kleiner Deep Dive mit jemandem, den ihr vielleicht schon aus unserer Videoserie fragt, die Anwälte kennt, nämlich mit Frederik mit Sarkanyan. Hallo Frederik.
Hallo Marc.
Frederik, du bist Jurist, machst aber jetzt mehr Irgendwas mit Recht, nämlich in einem anderen Kontext. Du bist bei einer dieser großen Unternehmensberatungen, nämlich bei PwC und in dem Fall konkreter bei der PwC Legal AG, bei PwC Legal, richtig?
Also ich bin in der PwC-Familie sozusagen, verstehe mich aber als Anwalt. Ich habe auch ganz normal als Anwalt angefangen bei Freshfields. Ich war insgesamt zehn Jahre da, habe klassisch Corporate M&A gemacht und dann wurde ich angesprochen von PwC Legal, ob ich nicht bei PwC Legal weitermachen will.
Mit dem Vorteil, dass ich neben der Rechtsberatung auch all die anderen Services, die ein Mandant im Kontext dessen, was ich mache, braucht, dass ich die alles sozusagen aus einer Hand anbiete. Und das habe ich gemacht und das hat sich durchaus auch ausgezahlt.
Aber ich selber bin grundsätzlich erstmal klassischer Anwalt und die PwC Legal AG ist auch eine ganz normale Rechtsanwaltsgesellschaft.
Ich sage jetzt mal im Folgenden einfach nur, damit es einfacher von der Zunge geht, PwC, aber wir haben jetzt hiermit einmal festgestellt, dass es nicht klassisches PwC ist, sondern die PwC Legal AG in der weiteren Folge. Okay, ganz kurz sozusagen der Vollständigkeit halber, damit man dich auch einordnen kann.
Dein Titel, den musste ich mir aufschreiben im Vorfeld, ist globaler Leiter PwC Legal Business Solutions. Genau. Was hat es damit auf sich und bedeutet das? Ich frage jetzt mal ganz platt, du bist der Chef von allem?
Ja.
Nein.
Also wir als PwC haben Legal in 100 Ländern vertreten. Das heißt, in 100 Ländern bieten wir Rechtsdienstleistungen an, aber auch, ich sag jetzt mal, Legal Consulting Themen. Das, was man heutzutage im Neudeutschen unter New Law fasst.
Also die Rechtsabteilung darin beraten, wie sie sich effizienter aufstellen kann, diese ganzen Legal Tech Themen. Und ich bin zum 1.7. zum Leiter von Legal Business Solutions weltweit gewählt worden.
2023, wenn man das hier später hört.
Genau, 2023. Und als ich den Anruf von unserem Chairman bekommen habe, war ich auch sehr überrascht. Ich habe ihm auch gesagt, Moment mal, ich bin 15 Jahre jünger als mein Vorgänger. Ich bin ein mandantenorientierter Partner.
Also das heißt, ich bin wirklich Tag und Nacht für Mandanten aktiv und war bisher nicht unbedingt in repräsentativen Rollen. Und drittens bin ich aus Deutschland und normalerweise gehen diese Titel in, ich sage jetzt mal, angloamerikanische Länder. Und mein Gegenüber hat mir gesagt, aber das sind genau die Gründe, warum wir dich wollen, weil erstens du bist offen für Technologieveränderung.
Wir wollen einen jungen Leader, der bereit ist, disruptiv vorzugehen und den Markt aufzumischen. Dann Deutschland, weil ihr in den letzten Jahren mit Abstand die erfolgreichste Firma hattet für Legal. Und wir meinen die Leuchtturmprojekte, die ihr hattet für Bayer, Animal Health Carve-Out, Environmental Science Carve-Out.
Wir haben für Adidas den Reebok Carve-Out gemacht. Viele unserer Projekte haben weltweit große Beachtung gefunden. Und vor dem Hintergrund hieß es, ihr in Deutschland verdient es jetzt auch, die globale Führung zu übernehmen. Ja, und mit der Mandantenorientiertheit, wir wollen, dass sozusagen auch im Leadership-Team oder an der Spitze von PwC Legal und PwC Legal Business Solutions jemand sitzt, der da ganz genau versteht, was die Mandanten brauchen, was die Anwälte brauchen, die tagtäglich die Arbeit erledigen.
Ja, und so bin ich in diese Rolle gekommen.
Herzlichen Glückwunsch.
Vielen lieben Dank.
Fangen wir vorher an. Wenn man diese Podcast-Episoden hört, dann ist häufig unser Ziel, auch so ein bisschen Gemeinsamkeiten herauszustellen. Wo du herkommst, wenn man jetzt gerade vielleicht am Anfang des Studiums ist, so man sieht, ach guck mal, da kann ich mal irgendwo landen, wo der Frederik jetzt gerade ist.
Dann ist das, was wir hier gerne erreichen wollen. Deswegen beginnen wir sehr weit vorne. Wo bist du aufgewachsen? Warum hast du dann irgendwann mal Jura studiert?
Also meine Biografie hat durchaus viel auch mit der Entscheidung zu tun, Anwalt zu werden. Und ich selber bin dann in Teheran geboren, noch vor der Revolution, als es noch Kaiserreich Persien war. Bin dann nach Deutschland gekommen, später nach der Revolution, als es dann die Islamische Republik Iran war.
Bin dann eigentlich direkt nach Köln gekommen und bin dann hier aufgewachsen und habe auch hier in Köln studiert. Meine Entscheidung, Jura zu studieren, hatte durchaus auch sehr viel mit diesem Background zu tun, weil man eben, ich weiß nicht, ob man das nachvollziehen kann.
Ich werde oft gefragt, wann hast du von dem Völkermord erfahren? Ich wusste es so gefühlt schon immer. Damit wächst man auf. Und da als Kind hat mich das auch schon immer sehr beschäftigt.
Genauso auch die ganzen Ereignisse in Teheran und im Iran. Revolution, Islamische Republik, Diktatur, diese ganzen Themen rund um Rechtsstaat, Unrechtsstaat, Folter. Das hat mich schon sehr beschäftigt. Und als ich dann nach Deutschland kam, lernte ich sozusagen die Vorzüge der Demokratie kennen, der Rechtsstaatlichkeit, der offenen Gesellschaft, Grundrechte und das hat mich schon immer beschäftigt und deshalb war es für mich mehr oder weniger ein ganz logischer Schritt.
Auch Jura zu studieren.
In welchem Jahr war das?
Also ich bin nach Deutschland gekommen im Jahr 87, da war ich… Also da stand die Mauer auch noch, muss man dazu sagen.
Da stand die Mauer, genau. Da gab es auch den Vergleich nochmal sozusagen.
Genau, also man hätte auch von Diktatur zu Diktatur wechseln können. Nein, also wir sind dann in die Bundesrepublik, genau, da war ich zehn Jahre und habe dann Dann zehn Jahre später quasi angefangen, Jura zu studieren und ja, habe dann irgendwann promoviert, Referendariat gemacht und sehr früh schon angefangen, in großen Kanzleien zu arbeiten.
Erstens, weil ich mich selber finanzieren musste. Zweitens, weil dann auch ganz spannende Angebote kamen. War ja auch eine ziemlich neue Welt, was man sich vorher unter Jura gar nicht vorgestellt hat, diese Welt der Großkanzleien. Und habe da wirklich auch sehr, sehr nette Leute kennengelernt und sehr nette Anwälte, die mich auch sehr gefördert haben.
Und ja, und dann stand das für mich dann auch irgendwann fest, dass ich zumindest zunächst einmal diesen Weg einschlagen will. Ich gehöre nicht zu denen, die irgendwie alles voll geplant hatten, habe gedacht, ich lasse das alles auf mich zukommen und ja, aber es hat Spaß gemacht, war auch durchaus erfolgreich und ich habe immer die nächste Karrierestufe dann erreicht und ja, irgendwann Partner geworden und bin immer noch dabei.
Gut, du bist ein bescheidener Typ, deswegen lass mich da mal so ein kleines bisschen einhaken und ein bisschen die Hintergründe noch verstehen des Ganzen. Du bist jetzt, sagen wir mal, promoviert hast nach dem ersten Examen?
Genau.
Du bist jetzt also im Referendariat, hast die Promotion in der Tasche. Wenn du dich an die Zeit zurückerinnerst, was sprach denn gegen Staatsanwalt werden? Ich meine, da hättest du auch sehr viel für einen Rechtsstaat tun können, als Richter sicherlich auch. Aber warum ist es dann die anwaltliche Tätigkeit geworden?
Ja, also ich habe mich durchaus auch mit anderen Optionen beschäftigt, durchaus auch mit der Staatsanwaltschaft. Am Ende des Tages, den Ausschlag gab eigentlich dieses Ausprobieren im Referendariat und auch vorher. Also erstmal vom Typ her, auch wenn ich vielleicht hohe Ideale habe, ich habe sehr früh festgestellt, dieses Konfrontative, dieses wirklich vor Gericht streiten, streitige Verfahren führen, das ist nicht unbedingt das, was mir super gut liegt.
Ich habe festgestellt, dass ich abends im Bett liege und nicht einschlafen kann, weil mir die Dinge immer noch durch den Kopf gehen. Viele Sachen haben mich auch persönlich auch mitgenommen und im Vergleich dazu dann, sagen wir mal, die beratende Tätigkeit in einem nicht streitigen Verfahren, das fand ich deutlich angenehmer.
Aber jetzt typischerweise bei den M&A-Projekten oder bei den Sachen, die wir machen, nämlich Post-Deal-Integrationen oder Carve-Outs, da gibt es ja teilweise noch nicht mal eine Gegenseite, sondern man berät den Konzern bei der Integration eines gerade gekauften Unternehmens, beziehungsweise umgekehrt in der Carve-Out-Situation beim Abspalten eines Bereichs, eines Geschäftsbereichs. Und da muss man natürlich gucken, dass alles funktioniert.
Manchmal sind 50, 80, 100 Länder betroffen, dass in allen Ländern zum Zeitpunkt X alles tatsächlich auch bereit ist. Es ist sehr anspruchsvoll und auch sehr komplex. Und wenn man es dann irgendwann erreicht hat, dann ist das manchmal wie, als ob man gerade irgendein Turnier gewonnen hat und alle freuen sich und alle feiern.
Das lag mir von den Arbeitsprozessen her nicht. Deutlich mehr als jetzt regelmäßig vor Gericht sein, streitige Schriftsätze schreiben. Ich weiß noch, als ich manchmal das ein oder andere gelesen habe, das hat mich schon innerlich so gewurmt.
Das stimmt doch gar nicht oder warum jetzt so aggressiv und so. Und ja, also man muss für sich selber, glaube ich, entscheiden, was liegt einem, wo bin ich besonders gut und wo bin ich vielleicht nicht so gut. Ich bin davon überzeugt, dass alle ihre Stärken und Schwächen haben und wenn man sich auf die Stärken konzentriert, dann kann man in jedem Bereich erfolgreich sein.
Sag mal, jetzt müssen wir mal inhaltlich ein bisschen darauf eingehen, was du gerade alles so gesagt hast. Du hast von Post-Deal-Integrationen gesprochen, von Carve-Outs mit 50 bis 100 Ländern um dich geworfen sozusagen. Fangen wir ein bisschen einfacher an und danach würde ich gerne ins Detail gehen.
Wir befinden uns also im Groben und Ganzen gerade in der Thematik Unternehmenstransaktionen, Unternehmenskäufe und Verkäufe. Man könnte auch sagen M&A. Genau. Wie bist du erstmal dahin gekommen, damals dann ja noch bei Freshfields? Genau.
Also ich habe, wie schon gesagt, ganz normal erstmal im Corporate M&A-Bereich angefangen und habe grundsätzlich erstmal ganz normale Transaktionen gemacht, sprich der ganz normale Unternehmenskauf. Man macht den Kaufvertrag, man macht vorher die Due Diligence und nach dem Vertragsabschluss arbeitet man auf das sogenannte Closing hin, also so den Abschluss der Transaktion.
Und ja, das sind so die groben Züge. Jedoch hat sich dann, das war glaube ich so knapp. Nach einem Jahr, wo ich bei Freshfields war, eine Gelegenheit für einen großen Mandanten ergeben. Die hatten gerade eine Riesenakquisition hinter sich.
Ich glaube, Wert von 13 Milliarden, 90 Länder waren betroffen und die haben gesagt, wir haben diesen anderen Konzern gekauft. Ein Riesenkonzern, der hängt jetzt neben unserem Konzern und wir müssen natürlich gucken, dass wir diesen fremden Konzern in unsere Konzernstrukturen integrieren, damit wir tatsächlich auch die Synergien heben können, die wir durch die Transaktion erreichen wollten.
Und das klang nach einem sehr, sehr spannenden Projekt. Es war auch ein Ticken anders als das, was ich vorher kannte, nämlich vielmehr eben sich hinsetzen, Gedanken machen, wie ich so einen Prozess manage, wie bringe ich eigentlich die ganzen Bedingungen zusammen, die Voraussetzungen sind, um so eine Transaktion weltweit umzusetzen. Wie halte ich sie nach? Wie stelle ich sicher, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt x verschiedene Teams in verschiedenen Ländern bestimmte Voraussetzungen erfüllen, damit wir den Startschuss für den nächsten Schritt drücken können? Ja, und das hat mir großen Spaß gemacht und es war auch dann hinterher so, dass der Mandant sehr begeistert war von der Art und Weise, wie wir das damals gemacht haben und kam dann mit weiteren Integrationsprojekten und irgendwann kehrte sich das um, die fingen an, sich aufzuspalten.
Das heißt, wir haben die Kehrseite dann erlebt, nämlich Carve-Outs. Da geht es darum, dass man einen bestimmten Geschäftsbereich abtrennt von einem anderen Geschäftsbereich. Und ja, und ich habe festgestellt, das ist innerhalb von Corporate M&A eine eigene Disziplin.
Wir sind da ja jetzt ganz weit weg von einer Due Diligence und irgendwie zehntausende Seiten lesen und auf einer sehr viel … Auf organisatorischeren und auch strategischeren Ebene kann man sagen, oder? Genau.
Also unsere Arbeit ist sehr vielfältig, wie du schon richtigerweise gesagt hast. Strategie, Planung, aber natürlich auch juristisches Hochreck. Ich will bestimmte Assets aus dem Land X nach Y bewegen oder innerhalb des Landes.
Will ich das im Konzern verschieben? Wie mache ich das? Ein simpler Kaufvertrag, klar kann ich machen, aber möglicherweise löst das hohe Steuern aus oder aus sonstigen Gründen ist es nachteilig, dann versuche ich eine Ausschüttung, geht das überhaupt, kann ich Sachen ausschütten, kann ich Sachen einbringen, wie mache ich das, ich brauche eine Bewertung dafür, aber ist dann nicht hinterher die Gesellschaft überschuldet, wenn ich diese Assets ausschütte und so weiter.
Also komplexe rechtliche Fragen eingebettet in ein großes Projekt und am Ende des Tages muss zum Zeitpunkt X dann sozusagen alles über die Bühne sein, damit man von einem erfolgreichen Abschluss der Integration beziehungsweise des KVs sprechen kann.
Ich würde gleich gerne nochmal auf ein, zwei konkrete Fallbeispiele eingehen, dass man dieses Abstrakte jetzt noch mit ein bisschen mehr Leben füllen kann, vielleicht auch was, was man so kennt, weil man die ein oder andere beteiligte Partei kennt. Das Ganze kann man natürlich auch stundenlang besprechen und sich jetzt in der größten Tiefe mit diesen Feinheiten auseinandersetzen.
Das sparen wir uns vielleicht mal für einen anderen Tag. Aber was mich noch interessieren würde jetzt zunächst ist die Frage, wie sieht dieses ganze Legal Project Management, wie sieht das aus? Also so ganz hands on. Wie viele Leute sind in deinem Team? Sagen wir mal jetzt heutzutage bei so einer Transaktion, wir sind vielleicht bei einer kleineren Transaktion.
Wie sieht die dann typischerweise auf Mandantenseite aus und wie viele Menschen sind bei dir dann damit beschäftigt?
Ja, also unser Team nennt sich Global Transformation Team. Innerhalb von PwC sind wir in der sogenannten Praxisgruppe International Business Reorganizations, also IBR. Wir sind in Deutschland in meinem Team 20 Anwälte und weltweit gehören mehrere hundert Anwälte zu dem IBR-Netzwerk.
Die dann entsprechend vermutlich hinzugezogen werden, wenn die entsprechende Jurisdiktion betroffen ist und es da irgendwo Unterstützung braucht.
Exakt. Also wir schauen uns natürlich vorher an, welche Länder sind betroffen und holen uns dementsprechend dann auch Experten aus den einzelnen Ländern. Jetzt hatten wir allerdings auch schon Situationen, wo aus verschiedenen Gründen, das kann Kostengründe haben, das kann Kapazitätsgründe haben, das kann aber auch sonstige strategische Gründe haben, dass wir gesagt haben, wir holen zum Kernteam, was das Projekt steuert.
Weitere Anwälte hinzu aus anderen PwC-Gesellschaften, zum Beispiel in Polen haben wir ein sehr, sehr großes Team oder in anderen Ländern, in Malta, Zypern etc., weil entweder der Mandant entsprechende Befindlichkeiten hat, sprachliche Gründe kann das haben und so weiter.
Gut, dann hast du da bis zu ein paar Dutzend Anwälte, die irgendwo an dieser Neustrukturierung beispielsweise arbeiten. Wie machst du das ganz praktisch? Du kannst ja nicht mit jedem andauernd quatschen und du kannst ja auch keine Calls haben mit 30 Leuten. Wie behältst du da den Überblick?
Ja, also wir teilen das Ganze natürlich in der Regel auf in Workstreams, in Arbeitsbereiche, dass wir festlegen zunächst einmal, was sind die typischen Arbeitsbereiche. Da gibt es den Bereich die gesellschaftsrechtliche Implementierung auf Länderebene. Da gibt es den Bereich Vertragsübertragungen.
Man muss sich das so vorstellen, wenn ich einen bestimmten Teilkonzern zum Beispiel abtrennen will aus dem bestehenden Konzern, da müssen natürlich die ganzen Verträge mitgehen. Weltweit, je nach Größe des Geschäfts, sind es vielleicht 10.000, 20.000, 50.000 Verträge, die müssen alle rübergehen.
Das ist für uns immer ein eigener Workstream.
Fängt da nicht schon das erste Problem an, dass man erstmal überhaupt sicherstellen muss, dass man alle Unterlagen hat?
Klar, klar. Witzigerweise ist es auch oft so, dass auch sehr, sehr erfahrene Mandanten, die auch ein sehr, sehr ausgeklügeltes System haben für Dokumentenablage, für Vertragsmanagement, dass wir dann in so einem Prozess immer noch so ein bisschen Optimierungsbedarf feststellen oder an der einen oder anderen Stelle feststellen, dass da vielleicht Lücken da sind. Aber das ist ja auch das Gute an so einem Prozess.
Es hilft immer, sich nochmal zu verbessern. Und ja, also wie gesagt, mit den. Workstreams, der Vertragsworkstream, Contractsworkstream ist ein sehr, sehr großer, aber darüber hinaus gibt es dann noch den Bereich Real Estate, also Immobilien. Dann typischerweise setzen wir Experten auf dieses Thema, die dann schauen, dass weltweit auch tatsächlich alle immobilienrechtlichen Themen abgedeckt sind.
Dann haben wir natürlich das ganze Thema Mitarbeiter, die müssen ja von A nach B bewegt werden, haben wir einen Arbeitsrechtsworkstream und so weiter. Also Lizenzen, wenn ich einen Teilkonzern abspalten will, dann muss ich natürlich hingehen und sicherstellen, dass diese ganzen neuen Gesellschaften, die entstehen, auch tatsächlich in der Lage sind, am Tag X das Geschäft tatsächlich auch nahtlos fortzuführen.
Das heißt, die müssen dieselben Genehmigungen haben, die müssen alle öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen erfüllen, damit sie auch tatsächlich das Teilgeschäft weiter übernehmen können. Und das ist ein eigener Workstream. Ja, und dann muss man sich natürlich darauf verlassen können.
Dass die Anwälte die entsprechenden Workstreams leiten, dass sie auch ganz genau wissen, was sie tun und darauf achten, dass die Voraussetzungen, die für die erfolgreiche Umsetzung des jeweiligen Workstreams erforderlich sind, dass die auch erfüllt sind. Und die reporten typischerweise dann mir als denjenigen, der meistens das Gesamtprojekt verantwortet.
Und je nachdem, wenn sich bestimmte Probleme, Themen ergeben, dann bin ich natürlich entsprechend intensiver in einem bestimmten Workstream unterwegs oder weil es komplexer ist oder weil es Kapazitätsthemen gibt.
Was wäre denn so ein typisches Problem, wo du sagen würdest, ja, da war ich mal involviert, neulich mal wieder?
Ja, also beispielsweise ist es schon mal vorgekommen, dass ein Land, wir hatten ein neues Gesetz war verabschiedet worden und das entsprechende Land hatte uns das nicht mitgeteilt. Und dieses Gesetz, so wie es in Kraft getreten war, stand unserer Transaktion entgegen, beziehungsweise wir brauchten eine zusätzliche Genehmigung.
Jetzt hatten wir das Problem, dass der Staat in dem Falle 30 Tage Zeit hatte, über unseren Antrag zu entscheiden und das wäre zu spät gewesen.
Das wäre zu spät gewesen, sagst du, und jetzt muss man das ja einordnen, das ist jetzt ein Staat von Dutzenden, wenn nicht in einem Hundert Beteiligten.
Aber ein wichtiger Staat, der am Ende des Tages, wenn wir die Transaktion nicht erfolgreich über die Bühne gebracht hätten, hätte uns bzw. Unseren Mandanten das Ganze einen Schaden zugefügt. Und jetzt...
Musste man natürlich alles dran setzen, um dafür zu sorgen, dass idealerweise die Damen und Herren vor Ort sich das schnell anschauen und Entscheidungen treffen. Klar, und das sind so Themen, wo ich mich dann auch selber einschalte und mit den Kollegen vor Ort spreche.
Wie viel Zeit hattet ihr dann da noch? Bleiben wir mal mit einem konkreten Fall.
Ja, also wir haben es auf jeden Fall hingekriegt, auf die Dringlichkeit der Transaktion hinzuweisen und die Damen und Herren vor Ort, muss man sagen, waren auch sehr kooperativ. Bei irgendwelchen Behörden.
Genau, waren auch sehr kooperativ, haben auch verstanden, dass es eilig ist und haben relativ schnell dann die Genehmigung erteilt, weil die Genehmigung als solches, dass die erteilt werden müsste, das stand schon ziemlich fest. Das einzige Problem war das Timing und in dem konkreten Fall hat sich der Mandant auch sehr gefreut, dass wir in der Lage waren, auf eine neue Gesetzeslage so schnell zu reagieren.
Okay. Welche Tools nutzt du, also sozusagen um den Überblick zu behalten, ganz hands-on? Ist das alles in einer großen Excel-Tabelle, wo man da gerade steht oder was kommt da bei euch zum Einsatz?
Nein, wir haben sehr, sehr viele verschiedene Tools. Wir nutzen sehr viel Technologie und das zeichnet uns auch als PwC aus. Ich weiß nicht, ob du das auch gelesen hast. Jüngst hat unsere globale Führungsriege auch ganz offiziell mitgeteilt, dass wir eine Milliarde Dollar in Technologie investieren wollen.
Und das hat auch den Hintergrund, weil wir erstens bewusst anders sein wollen und bewusst tech-enabled sein wollen. Aber auch die Art und Weise, wie wir Projekte angehen und die Projekte, die wir steuern, die erfordern es einfach, dass wir technologisch auf dem neuesten Stand sind.
Und bei meinen konkreten Projekten, bei unseren Projekten, da ist das zunächst einmal so, dass wir viele wiederkehrende Transaktionstypen haben. Früher, als ich gerade erst angefangen hatte, dann saß ich als junger Anwalt spätabends und habe die finalen Steps, die finalen Transaktionen mitgeteilt bekommen von den Steuerberatern und dann durfte ich sozusagen mit Copy-Paste diese ganzen Vorlagen, die wir hatten, die Muster, die wir hatten, ausfüllen.
Hier ist ein Einbringungsvertrag, hier ist ein Kaufvertrag, hier ist ein Gesellschafterbeschluss. Diese habe ich dann alle ausgefüllt und irgendwann war es 5 Uhr morgens und dann war ich fertig. Die Gefahr war natürlich, dass man einen Copy-Paste-Fehler hat oder sonst einen Flüchtigkeitsfehler etc.
Sowas versuchen wir zu vermeiden bei unseren großen Projekten, zum Beispiel indem wir Dokumentenautomatisierung verwenden. Das basiert auf verschiedenen Technologien. Das Thema, was ich gerade erwähnt habe, nämlich Dependencies, Bedingungen, das kann man versuchen händisch nachzuhalten, aber das hat natürlich gewisse Schwächen und auch das Risiko, dass man was übersieht.
Deshalb nutzen wir selbstentwickelte Projektplanungssoftware.
Das ist ja ganz gut, da sitzt ihr ja wirklich an der Quelle, dass ihr euch sowas im Prinzip selber bauen könnt.
Genau, genau. Wir haben IT-Spezialisten, die uns in der Regel helfen. Wir haben jetzt gerade auch ganz spannend, dazu kriege ich sehr, sehr viele Anfragen, eine exklusive Kooperation mit Harvey AI. Das ist basiert auf Chat-GPT-Technologie, aber speziell trainiert und ausgefeilt für Juristen.
Das ist eigentlich ganz, ganz spannend. Da kann man Dokumente hochladen und Fragen zu dem Dokument stellen und das ist wirklich wie ein sehr professioneller Anwalt, der einem diese Fragen dann auch schnell beantworten kann. Wir nutzen auch sonst sogenannte Review-Tools, also IT-Tools.
Software, die in der Lage ist, Verträge auszulesen. Das ist zum Beispiel immer dann, wenn wir diese Contracts Workstreams haben, wo wir in Zehntausenden von Verträgen schauen müssen, gibt es eine Change of Control Klausel. Dann gibt es eine Klausel, die bestimmte Verpflichtungen auslöst, wenn ich an meiner Konzernstruktur etwas ändere oder Vertragsstrafen und so weiter.
Das kann man natürlich manuell durchschauen, dauert aber sehr, sehr lange und ist durchaus fehleranfällig. IT-basiert geht das deutlich schneller und besser und wir machen es übrigens typischerweise so einen doppelten Ansatz. Wir machen es einerseits IT-gesteuert, andererseits haben wir ein hochspezialisiertes Team in Polen sitzen, in Danzig oder Gdansk und die machen so einen Sanity-Check.
Das hat den Vorteil, das hat sich halt herausentwickelt über die Jahre, dass so diese Kombination aus menschlicher Gründlichkeit und IT-gestützter Herangehensweise, dass damit die besten Resultate rauskommen. Ja, und das, was ich jetzt gerade bei Harvey zum Beispiel sehe, das ist nochmal deutlich verbessert.
Ich kann bei Harvey eingeben, mach mir eine Zusammenfassung aller Garantien in diesem Vertrag und Harvey kann hingehen und sich die ganzen Garantien anschauen und eine Zusammenfassung schreiben und die macht auch Sinn. Also wirklich sehr spannend, was in dem Bereich passiert und ist auch sehr, sehr wichtig für unsere Projekte.
Large Language Models generell sind glaube ich die Technologie und die Rechts- und Steuerbranche sind auch die beiden Branchen, die da sicherlich mit am meisten profitieren können, die in den nächsten Jahren hier alles umkrempeln wird. Da wird sich ganz, ganz viel tun.
Ich glaube, da braucht man auch keine Angst zu haben, weder von Arbeitgeber- noch von Arbeitnehmerseite, weil von Arbeitgeberseite ist das einfach ein Tool, was dem Fachkräftemangel mithilft zu bekämpfen und überhaupt noch der ganzen Arbeit Herr zu werden. Und von Arbeitnehmerseite sind es meines Erachtens, aber vielleicht bin ich da auch eher technologieoffen, es mag anderen Menschen anders gehen, es ist auch riesige Chancen, um zum einen vielleicht etwas monotone Arbeit, Stichwort Due Diligence, nicht mehr machen zu müssen und zum anderen auch, um basierend auf diesen Technologien neue Beratungsfelder erschließen zu können und neue Arten der Beratung.
Absolut. Absolut sehe ich genauso, auch wenn ich links und rechts schaue, was meine Kollegen und Kolleginnen machen im Bereich Massenklageverfahren. Also das habe ich früher erlebt, wie da viele, viele, viele Anwälte sitzen und de facto sich die Argumente der Gegenseite angucken und dann copy-paste bereits vorformulierte Argumente in das Dokument reinpasten.
Das machen sie irgendwie 25 Mal am Tag und am Abend sind die alle schon durch. Das machen wir auch alles IT-gestützt und haben da entsprechende Tools entwickelt. Und ich glaube, immer weniger sind auch Unternehmen bereit für solche, ich sage jetzt mal automatisierbare Tätigkeiten, die ein überschaubares Maß an juristischer Exzellenz erfordern, viel Geld auszugeben.
Das heißt, das ist inzwischen…, Das wird immer mehr und mehr Voraussetzung, dass man überhaupt mandatiert wird, dass man solche Technologien nutzt. Und wie du schon richtigerweise gesagt hast, das hilft eigentlich, dass ich mich als Anwalt dann wirklich auf die komplexen Themen fokussieren kann, dass ich mehr strategisch denken kann, dass ich mir durchaus auch, wenn ich zum Beispiel irgendwelche Review-Tools und so weiter nutze, nach und nach erkenne ich ja auch die Schwächen der Technologie und fokussiere mich genau darauf.
Und kann nur unterstreichen, was du gesagt hast, Technologie wird uns nicht ersetzen, sondern uns helfen besser zu werden.
Ich glaube, da muss man irgendwann auch, das sehe ich jetzt auch bei unserer Produktentwicklung, die wir sonst so machen in den Bereichen, wo ich so tätig bin, immer unterscheiden zwischen der Arbeit im Mandat oder im täglichen Geschäft, muss ja jetzt auch nicht nur Kanzleiwelt sein, und am Mandat und am Business. Da fehlt, glaube ich, gerade so dem einen oder anderen der traditionell Denkenden der Blick für diesen Unterschied, habe ich manchmal den Eindruck, dass es eben nicht nur darum geht, wie kriege ich einen hohen Aktenstapel in etwas weniger Zeit weg, sondern auch, wie verändert sich vielleicht mal der Aktenstapel? Dass es mal nicht nur das ist, sondern andere Aufgaben.
Abschließend würde ich ganz gerne noch ein kleines Spiel mit dir machen. Ich habe mir was Neues überlegt für heute. Wir gucken mal, wie das klappt. Und zwar fünf spontane Fragen, auf die ich gerne eine ein bis zwei Satz lange Antwort hätte.
Okay.
Wenn es nicht Jura geworden wäre, wäre es geworden?
Fußball-Profi.
Oh. Nein, sorry.
Da fehlen mir die Talente. Also wahrscheinlich irgendwas Langweiliges wie BWL oder Medizin.
Wann in deiner Karriere konntest du deinen Augen nicht trauern?
Ja, dass man manchmal in einen Raum reinkommt mit Mandanten, vielen Anwälten und es sind ausschließlich Männer im Raum.
Oh, interessant. Dann stellt sich aber eine Folgefrage. Ich weiß jetzt nicht ganz das Spiel, aber ist das eine neue Erkenntnis bei dir oder ist dir das auch schon vor 15 Jahren aufgefallen?
Um ehrlich zu sein, da hat mich meine Frau sensibilisiert. Sie ist auch Juristin und war General Counsel und ist jetzt in einer großen Rechtsabteilung. Und sie hatte mir das damals erzählt, dass da einmal bei einem Pitch fünf Kanzleien sich vorgestellt hatten und ausschließlich Männerteams dahin kamen.
Nicht, dass sie generell was gegen Männer hat, aber sie sagte immer, das ist eine andere Herangehensweise, ein anderes Auftreten auch und ich hätte mich wohler gefühlt, wenn in diesen Teams wenigstens eine Frau wäre und seitdem erwähnt sie das immer wieder und dadurch ist bei mir natürlich auch eine gewisse Sensibilisierung da.
Interessant. Wann warst du mutig in deiner Karriere?
Sicherlich, als ich den Schritt zu PwC Legal gemacht habe, weil viele gesagt haben, dass es für einen traditionellen Juristen nicht die, Allererste Adresse. Im Nachhinein muss ich sagen, das war der beste Schritt meines Lebens, weil ich jetzt die Möglichkeit habe, über den eigenen Tellerrand hinaus mit vielen Experten aus verschiedenen Bereichen zusammenzuarbeiten und tolle Resultate für meine Mandanten zu erzielen.
Welche Person hat dich mal so beeindruckt, dass wenn du diese Frage jetzt hörst, an sie denkst?
Eine konkrete Person kann ich gar nicht benennen, aber ich weiß noch sehr genau eine Vorlesung im zweiten Semester. Grundrechte. Klingt für viele vielleicht banal, aber das war für mich so ein Aha-Erlebnis.
Da wurde gerade Artikel 2 behandelt, allgemeine Handlungsfreiheit. Ich glaube, der Fall war Reiten im Wald. Da gibt es jemanden, der im Wald reit will und darf eine bestimmte Strecke nicht reiten und klagt dagegen. Und das Gericht stellt fest, allgemeine Handlungsfreiheit.
Grundsätzlich darf ich alles machen, was ich will, auch wenn es total absurd ist. Es gibt tausend Wege zu reiten. Ich möchte diesen einen Weg reiten und darf das grundsätzlich auch.
Und es ist der Staat, der erklären muss, warum er mir etwas verbietet. Das hat bei mir sehr viel Eindruck gemacht, weil als jemand, der, sage ich jetzt mal, in einer Diktatur zur Welt kam, ich kannte das eigentlich immer so von vielen, dass die gesagt haben, jetzt im Falle des Iran, vorher der Schah war nett, der hat uns viel erlaubt und hinterher wurde uns viel verboten.
Eine ganz andere Denke ist es zu sagen, ich kann grundsätzlich erstmal tun und lassen, was ich will, egal wie bescheuert das sein mag, egal wie irrelevant das sein mag, egal wie verrückt das sein mag. Und du, lieber Staat, wenn du mir etwas verbieten willst, musst du mir das schon sehr genau erklären und brauchst dafür eine Rechtfertigung.
Ich glaube, dass auch wenn 99 Prozent der Menschen keine Juristen sind hier in Deutschland, aber ich glaube, dieses Grundverständnis, das hat man verinnerlicht, wenn man in einer freiheitlichen Gesellschaft groß geworden ist und sozialisiert worden ist. Und ich glaube, das ist eine tolle Sache und wir sollten auch alle sehr, sehr dankbar sein dafür, dass wir in den Genuss dieser Rechte kommen.
Last but not least, wenn du jetzt nicht deine Rolle als globaler Leiter PwC Legal Business Solutions, ein schön langer Titel, hättest, sondern ganz viel Zeit, welches Buch würdest du schreiben? Und du müsstest dein Buch schreiben, vorausgesetzt, wenn du mir jetzt sagst, naja, ich würde eigentlich auf keinen Fall ein Buch schreiben, funktioniert die Frage nicht.
Witzigerweise hatte ich schon mal damit angefangen. Ach. Ja, ja. Ich würde leicht autobiografisch die Geschichte von vier Generationen aus meiner Familie ein Stück weit erzählen. Wie gesagt, ich bin armenischstämmig.
Das heißt, meine Urgroßeltern teilweise waren vor dem Völkermord geflohen, kamen nach Persien ins ländliche Persien als christliche Minderheit. Und ich weiß noch, mein Großvater hat mir diese Geschichten erzählt, wo du eben als Christ nicht gleichberechtigt warst, musstest höhere Steuern zahlen etc.
Dann sind meine Großeltern, als der Vater des Schah an die Macht kam. Nach Teheran, weil sie sich durch ihn oder durch seine Reformen mehr Freiheiten, mehr eine offene Gesellschaft versprochen haben. Meine Eltern dann hatten in Teheran ein sehr, sehr gutes Leben sich aufgebaut, als dann die Revolution kam und dann von heute auf morgen alles aufgeben musste und dann meine eigene Geschichte als Migrant nach Deutschland kommen und sich so ein Stück weit hier zurechtfinden und durchzuschlagen.
Und ich hatte mal damit angefangen, das mal so zu schreiben, so verschiedene Generationen, die de facto immer in der Situation waren, dass sie erstens alles verloren haben und zweitens sich alles neu aufbauen mussten und mit verschiedensten Herausforderungen klarkommen mussten. Das ist für mich insofern auch so eine Herzensangelegenheit gewesen, weil ich habe in meinem Leben sehr, sehr viele Menschen erlebt, die so ein Stück weit es als selbstverständlich erachtet haben, dass sie eine bestimmte Position haben, dass sie einen bestimmten Lebensstandard haben.
Ich halte das nicht für selbstverständlich und gottgegeben, sondern ich habe selber sehr stark erlebt, dass kleinste Veränderungen in deinem Umfeld, in deinem politischen Umfeld, in deiner persönlichen Biografie dazu führen können, dass du einen ganz, ganz anderen Weg einschlägst, dass sich dein Leben von heute auf morgen komplett auf den Kopf stellt. Dass das, was du bis vor kurzem als hundertprozentige Wahrheit kanntest, dass das plötzlich nicht mehr galt.
Und ja, vielleicht schreibe ich es dir nochmal. Wäre auf jeden Fall spannend.
Vielen herzlichen Dank, Frederik. Das war sehr persönlich. Und ich danke dir für deine Offenheit und gleichzeitig aber auch inhaltlich wirklich interessant.
Vielen lieben Dank.
Tschüss.
Tschüss.
Abonniere den Podcast, um automatisch über neue Folgen und Karrieremöglichkeiten informiert zu werden.