IMR1982. Jan 24
IMR198: Faszination Strafverteidigung, Lügende Mandanten erkennen, Sich erfolgreich im Job behaupten

IMR - Original

IMR198: Faszination Strafverteidigung, Lügende Mandanten erkennen, Sich erfolgreich im Job behaupten

Pantea Farahzadi, Partner | Kanzlei Farahzadi

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Über diese Episode

Folge 198 Deines Jurapodcasts zu allen Karriere- und Examensthemen

Strafrecht - Fachanwältin für Strafrecht - Strafverteidigerin - Einzelanwältin - Selbstständigkeit - Kanzleigründung - Kachelmann-Fall - Medienrecht - Sexualstrafrecht - Hauptverhandlung - Zeugenbefragung - Mandanten - Frauen im Strafrecht - Kollegialität - Mobbing unter Juristen

In der neuesten IMR-Episode begrüßen wir die faszinierende Pantea Farahzadi, eine Strafverteidigerin aus Köln. Marc und Pantea tauchen tief in ihre unerwartete Reise von den Medienwissenschaften zum Jura-Studium ein. Pantea erzählt, wie Professor Kress mit seinen außergewöhnlichen Lehrmethoden ihre Leidenschaft fürs Strafrecht weckte und wie eine persönliche Klausurbewertung alles veränderte. Aber was brachte Pantea dazu, trotz der Herausforderungen und der anfänglichen Unsicherheit am Jura-Studium festzuhalten? Pantea teilt ihre spannenden Erlebnisse als studentische Hilfskraft im Kachelmann-Fall und verrät, warum sie sich trotz der Risiken für eine Karriere als Strafverteidigerin entschied. Wie meisterte sie die finanziellen und sozialen Herausforderungen während ihres Referendariats? Und was motivierte sie, letztendlich ihre eigene Kanzlei zu gründen? Erfahrt, wie Pantea mit Mobbing und sexistischen Kommentaren in einer männerdominierten Branche umgegangen ist und warum sie glaubt, dass Frauen gerade im Sexualstrafrecht eine strategische Rolle spielen. Seid gespannt auf Panteas authentische Einsichten, ihre ungewöhnlichsten Fälle und ihre Leidenschaft für die Wahrheit. Wie baut sie Vertrauen zu ihren Mandanten auf und wie geht sie mit den Herausforderungen der Selbstständigkeit um? Dies und vieles mehr in einer Folge, die einmal mehr zeigt, dass anwaltliche Arbeit viel mehr als nur Paragraphen sind. Viel Spaß!

Kapitel:

  • 00:00 - Intro
  • 00:10 - Vorstellung Pantea Farahzadi
  • 00:47 - Warum Jura? / Studium
  • 06:04 - Referendariat / Strafverteidigung als Frau
  • 09:58 - Kanzleigründung
  • 14:01 - Mandate aus dem Leben / Mandatsarbeit
  • 16:54 - Ablauf eines Mandats
  • 22:14 - Als Strafverteidigerin unter Strafverteidigern
  • 23:42 - Ausbildungsmöglichkeiten bei Pantea

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Zu Gast

Pantea Farahzadi

Pantea Farahzadi

Kapitel

  • 00:00:00.000Intro
  • 00:00:10.000Vorstellung Pantea Farahzadi
  • 00:00:47.000Warum Jura? / Studium
  • 00:06:04.000Referendariat / Strafverteidigung als Frau
  • 00:09:58.000Kanzleigründung
  • 00:14:01.000Mandate aus dem Leben / Mandatsarbeit
  • 00:16:54.000Ablauf eines Mandats
  • 00:22:14.000Als Strafverteidigerin unter Strafverteidigern
  • 00:23:42.000Ausbildungsmöglichkeiten bei Pantea

Über Kanzlei Farahzadi

Kanzlei Farahzadi ist eine auf Strafverteidigung spezialisierte Boutique in Köln, geführt von der engagierten Strafverteidigerin Pantea Farahzadi. Im kleinen Team von nur wenigen Mitarbeitenden entstehen kurze Entscheidungswege und eine Beratung, die Mandantinnen und Mandanten in sensiblen Sexual- und Medienverfahren besonders nah begleitet.

Besonders zeichnet die Kanzlei ihre medienaffine Prozessstrategie, der direkte Draht zu Presse und Gericht sowie der Anspruch aus, auch unter öffentlichem Druck kompromisslos an der Seite der Beschuldigten zu stehen.

Neugierig geworden? Dann hört jetzt in unsere IMR-Folge mit Pantea Farahzadi rein und erlebt Strafverteidigung jenseits des Lehrbuchs aus erster Hand.

"
Frauen sollten sich von der Konkurrenz nicht abschrecken lassen und sich nicht davon abhalten lassen, im Strafrecht erfolgreich zu sein – trotz mancher sexistischen und frauenfeindlichen Einstellungen im Kollegenkreis.

Sneak Peak – Q&A mit Pantea Farahzadi

Transkript

KI-basiert und kann Fehler enthalten.

0:09 Min
Marc Ohrendorf:

Herzlich willkommen zu einer neuen Episode Irgendwas mit Recht. Heute mit einer Einzelanwältin aus Köln. Ich spreche nämlich mit Panthea Farazadi. Hallo Panthea.

0:19 Min
Pantea Farahdzadi:

Hallo.

0:20 Min
Marc Ohrendorf:

Du bist Strafrechtlerin, Fachanwältin für Strafrecht. Ist das richtig?

0:25 Min
Pantea Farahdzadi:

Ja, das ist richtig.

0:25 Min
Marc Ohrendorf:

Und machst das hier so in einer kleineren Einheit und deswegen wollten wir heute mal miteinander sprechen, um so ein bisschen auch so mal was anderes hier im Podcast zu haben. Wir haben so Einzelanwälte beziehungsweise kleinere Kanzleien hier noch etwas unterrepräsentiert und du bist eine Empfehlung von einem anderen Podcastgast und ich freue mich ganz doll, dass wir hier heute mal miteinander quatschen können.

1:09 Min
Marc Ohrendorf:

Aber fangen wir vorne an. Wo hast du studiert und warum hast du Jura gemacht?

0:48 Min
Pantea Farahdzadi:

Ich habe in Köln studiert im Jahr 2007 und wollte eigentlich irgendwas mit Medien machen. Deswegen bin ich aus Flensburg nach Köln gekommen. Und ja, damals konnte man sich über dieses System irgendwie in zehn Studiengängen einschreiben, also bewerben.

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

Und ich habe dann in neun verschiedenen Medienbereichen mich quasi beworben und dann auf Wunsch meiner Eltern oder meinem Vater dann auch mich für Jura beworben. Ja. Aber damals war für mich klar, das werde ich auf jeden Fall nicht machen.

1:17 Min
Marc Ohrendorf:

Das ist so ein bisschen die umgekehrte Geschichte. Viele andere denken sich, ja gut, ich mache auf jeden Fall Jura und droppen dann vielleicht raus, weil sie merken, es ist doch nichts. Was hat dich denn dazu bewogen, dabei zu bleiben?

1:25 Min
Pantea Farahdzadi:

Ich wollte ja eigentlich Medienwissenschaften studieren. Das hatte damals einen sehr, sehr hohen NC. Ich meine, 1,0 war das in Köln. Ich habe mir dann gedacht, ich nutze die Wartesemester, was natürlich Quatsch ist, was ich heute weiß und habe mir die Vorlesungen angehört im ersten Semester, sehr viele.

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

Ich habe mich auch für alle Klausuren damals eingeschrieben und habe die auch alle versucht, weil ich jetzt nicht groß Angst hatte, dass es scheitert. Ich war mir nämlich sicher, ich werde sowieso wechseln. Und dann hatte ich das Glück, dass ich wirklich sehr tolle Professoren hatte.

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

Ich hatte unter anderem im Strafrecht Herrn Professor Kress, der hat eine wirklich für mich ganz besondere Vorlesung abgehalten. Es war damals so, dass er sehr viel Material ausgeteilt hat. Am Anfang hat er fünf Aktenordner uns mitgenommen, jedem.

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

Wir konnten uns die mitnehmen und dann hat er erwartet, in Anführungsstrichen, dass man sich das anguckt. Das war eine ganz schwierige Sprache und irgendwie hat mich das fasziniert, weil es so rechtstheoretisch war. Ich weiß gar nicht, warum, aber es war wirklich eine ganz tolle Vorlesung.

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

Und er hat uns ganz viel Raum gelassen, Fragen zu stellen und hat sich dann vor der Klausur, also unmittelbar am Morgen der Klausur, einige Leute ausgepickt, die anscheinend dann in der Vorlesung mitgearbeitet haben und hat sich dann diese Klausuren persönlich angeschaut, hat sie persönlich korrigiert. Ich war eine davon.

2:34 Min
Marc Ohrendorf:

Ist irgendwie ein bisschen gemein, oder?

2:35 Min
Pantea Farahdzadi:

Ja, es ist irgendwie gemein, weil man das vorher nicht weiß. Aber vielleicht war er dann auch sehr wohlwollend, das weiß ich nicht. Es war auf jeden Fall was Besonderes.

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

Und danach kriegt man nach der Klausur, also die Korrektur ist dann von ihm und dazu gibt es dann noch ein Anschreiben, was damals bei mir, ich meine, eineinhalb DIN A4 Seiten lang war und das hat mich wirklich motiviert, das durchzuziehen.

2:56 Min
Marc Ohrendorf:

Also der hat den persönlichen Brief geschrieben?

2:58 Min
Pantea Farahdzadi:

Genau. Also es ist wahrscheinlich die Klausurbewertung, aber in einer wirklich sehr tollen Schrift, handschriftlich. Und man hat gesehen, dass er sich wirklich Zeit genommen hat, das anzugucken und zu schauen, kann diese Person Strafrecht? Und bei mir war die Bewertung derart, dass ich das auf jeden Fall weitermachen soll und viele Dinge gesehen habe, die man vielleicht nicht im ersten Semester sieht und viele Fragen richtig gestellt habe.

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

Auf jeden Fall hat mich das so motiviert, dass ich dann dabei geblieben bin, ja. Ja.

3:26 Min
Marc Ohrendorf:

Und dann war auch klar, wenn Jura, dann Strafrecht?

3:29 Min
Pantea Farahdzadi:

In dem Moment noch nicht. Es hat mich auf jeden Fall am meisten interessiert. Ich hatte auch noch andere sehr gute Professoren. Ich hatte unter anderem Frau Dorner-Lieb. Das war auch sehr motivierend für uns alle.

3:37 Min
Marc Ohrendorf:

Liebe Grüße.

3:41 Min
Pantea Farahdzadi:

Es war für mich ab dem dritten Semester klar, dass ich Strafrecht mache, weil ich dann als studentische Hilfskraft bei einem sehr renommierten Strafverteidiger begonnen habe. Das war ein sehr honoriger, sehr, wie soll ich sagen, korrekter Strafverteidiger.

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

anders, als man es jetzt in Filmen kennt und auch jetzt im Berufsleben, der da sehr unterschiedliche Arbeitsweisen. Und ich hatte aber das Glück, dass ich das tatsächlich bei ihm lerne, also quasi wie man es wirklich richtig macht. Und ja, das war im dritten Semester.

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

Damals hat er unter anderem mit einem Kollegen in Köln den Fall Kachelmann gehabt. Und ich habe dann quasi die Einblicke gehabt, diese Akten. Und es war für mich wirklich sehr, sehr aufregend.

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

Und da habe ich mir gedacht, wünsche mir, dass ich jemals solche Mandate habe und jemals wirklich diese Arbeit machen kann, die er macht.

4:25 Min
Marc Ohrendorf:

Karlmann war ja ganz interessant, weil da gerade auch dieser Medienanteil riesig war. Also mit der Frage, was ist jetzt eigentlich noch erlaubte Berichterstattung und am Ende wurde er ja freigesprochen, aber er hat dann eben auch ziemlich viele Prozesse gegen verschiedene Zeitungen geführt, weil die im Vorfeld schon entsprechend schmähkritisch oder zumindest nicht im Rahmen der Verdachtsberichterstattung berichtet haben.

1:09 Min
Marc Ohrendorf:

Also da warst du ja eigentlich wieder so ein kleines bisschen auch indirekt jedenfalls bei deinem Medienthema.

4:49 Min
Pantea Farahdzadi:

Auf jeden Fall, ja.

4:50 Min
Marc Ohrendorf:

Cool. Und wie hast du es dann geschafft, ich sag mal, die Motivation aufzubringen, auch den ganzen anderen Kram im Examen abliefern zu müssen, weil das Strafrecht ist ja gerade auch im ersten Examen nur so ein relativ kleiner Teil.

5:02 Min
Pantea Farahdzadi:

Das ist wirklich ein sehr, sehr kleiner Teil und man verzettelt sich dann auch etwas, wenn man zu viel Strafrecht macht, weil man dann die anderen Sachen außer Betracht lässt. Das sage ich auch meinen Praktikanten und Referendaren, bitte macht das nicht.

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

Es ist tatsächlich immer nur ein ganz, ganz kleiner Teil. Aber für mich war das damals, also die anderen Bereiche interessieren mich auch. Auch. Also es ist jetzt nicht so, dass ich sage, ich hasse Zivilrecht oder ich mag Ö-Recht gar nicht.

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

Das war bei mir nicht der Fall. Ich mochte das Lernen, beziehungsweise ich habe es einfach durchgezogen und aber, also ich fand die Repetitoren hilfreich, dass man dann quasi ein Ziel hat und das dann einfach abarbeitet. Ich habe es einfach stupide abgearbeitet.

5:37 Min
Marc Ohrendorf:

Das heißt, du hast dann ein privates Repetitorium gemacht, höre ich daraus.

5:40 Min
Pantea Farahdzadi:

Genau.

5:41 Min
Marc Ohrendorf:

Und das hat dir dann wahrscheinlich auch einfach geholfen, dass das so ein strukturierter Plan war und ein Baller halt weg und irgendwann hast du Examen.

5:47 Min
Pantea Farahdzadi:

Ja, genau so war es. Und ich hatte es auch eilig. Ich habe immer parallel arbeiten müssen. Ich hatte zeitweise zwei Minijobs, um das quasi zu finanzieren. Ich hatte es einfach wirklich eilig, fertig zu werden.

5:57 Min
Marc Ohrendorf:

Ja, okay.

5:58 Min
Pantea Farahdzadi:

Deswegen gab es ja jetzt nicht viele große Gedanken, dass man sagt, was man nicht mag. Ich musste es einfach durchziehen.

6:03 Min
Marc Ohrendorf:

Respekt. Und dann hast du wahrscheinlich relativ schnell Referendariat gemacht. Hier in Köln auch?

6:07 Min
Pantea Farahdzadi:

Ich bin leider so gelost worden, dass ich in Aachen gelandet bin. Dann habe ich gedacht, das ist zu viel Aufwand. Das war auch ein ganz schrecklicher Winter und habe dann einmal geskippt. Bin dann aber trotzdem in Aachen gelandet.

6:20 Min
Marc Ohrendorf:

Also dazu muss man sagen, wenn ihr das jetzt hier hört und ihr kommt hier nicht aus der Gegend, immer, wenn ich das richtig weiß, ich habe selber Referendariat auch in Berlin gemacht, aber du hast einen Monat Aachen und einen Monat Bonn und Köln. Ist das noch so?

6:30 Min
Pantea Farahdzadi:

Genau.

6:30 Min
Marc Ohrendorf:

Und dann hast du eben Pech, wenn du gerade irgendwie nicht nach Bonn oder nach Köln geschickt wirst, weil Aachen von Köln eine Stunde mit der Bahn ist. Okay, und dann warst du in Aachen.

6:38 Min
Pantea Farahdzadi:

Dann war ich in Aachen, genau.

6:39 Min
Marc Ohrendorf:

Wie war das?

6:40 Min
Pantea Farahdzadi:

Okay, das hätte auf jeden Fall besser sein können. Es ist natürlich schwierig, wenn man aus Köln kommt. Ich bin in Flensburg aufgewachsen und bin dann natürlich in Köln. Köln war für mich was ganz Neues.

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

Dann kann man schwer Kontakte knüpfen. Wenn man dann nochmal in Aachen landet, dann lernt man natürlich da Richter, Staatsanwälte und hier und da ein paar Kollegen kennen. Aber es bringt einen für die Kontakte gar nichts.

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

Und man ist tatsächlich die ganze Zeit in der Bahn gewesen. Die ganze Zeit unterwegs. Und ich hatte damals Ausbilder, die einfach erwartet haben, dass man jeden Tag da ist. Tatsächlich jeden Tag.

7:09 Min
Marc Ohrendorf:

Und das war vor Covid logischerweise. Das war ja davor.

7:11 Min
Pantea Farahdzadi:

Und je mehr man sich eingesetzt hat, das hatte ich am Anfang auch nicht verstanden, je mehr man sich bemüht hat, je mehr man die Aufgaben gut gemacht hat, umso mehr hat man dann Aufgaben bekommen.

7:18 Min
Marc Ohrendorf:

Ja, das ist auch ein Problem. Aber die gesamte Referendarausbildung, die ist halt überarbeitungsbedürftig. Das muss man leider einfach so sagen. Da war dann aber klar, du bist Strafverteidigerin. War das dann dein Ziel?

7:29 Min
Pantea Farahdzadi:

Ja, auf jeden Fall.

7:30 Min
Marc Ohrendorf:

Wie hast du denn den Sitzungsdienst dann empfunden? Weil das ist ja für viele was, die sagen, also Referendariat, naja, war in Ordnung, aber Sitzungsdienst war echt spannend. Du hast gerade schon so ein kleines bisschen die Augen verdreht.

7:39 Min
Pantea Farahdzadi:

Nein, ich fand es spannend. Ich fand es spannend. Es war für mich immer auch ein Fragezeichen, ob ich nicht doch zur Staatsanwaltschaft gehe. Aber nur, weil natürlich alle Menschen, die in diesem Bereich sind, die man fragt, immer sagen, nein, als Frau würde ich eher davon abraten, Strafrecht zu machen.

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

Es ist immer besser, also wirklich alle. Echt? Es gibt keine einzige Person, die ich auf diesem gesamten Studiumswerdegang und Referendariat gesehen habe, die gesagt hat, ja, Strafrecht als Frau, super. Keine einzige Person, außer mein Tutor, nenne ich das mal, also dieser Anwalt, bei dem ich damals angefangen habe.

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

Der hat gesagt, sie müssen das machen, das passt perfekt zu ihnen, es gibt zu wenig Frauen und es ist gar kein Problem. Aber es ist wirklich der Einzige.

8:18 Min
Marc Ohrendorf:

Vielleicht habe ich da einen ziemlichen Blindspot. Wir arbeiten ja jetzt hier gerade auch bei irgendwas mit Recht mit Breaking Through zusammen, diese Initiative, die Sichtbarkeit von Frauen in der Juristerei erhöhen möchte und das ist mir schon klar, dass es da irgendwo einen bestimmten Bedarf gibt und dass auch die Arbeitgeber entsprechend, sieht man ja auch überall mit Diversity wird geworben, es ist jetzt nicht nur Frauenförderung, ist mir klar, es geht weit darüber hinaus.

1:09 Min
Marc Ohrendorf:

Dass das ein Thema ist, ist mir klar, will ich sagen. Aber dass gerade im Strafrecht man ja schon aktiv fast davon abgehalten wird, als Frau entsprechend Strafverteidigerin oder Staatsanwältin dann auch zu werden, das ist mir neu. Was hast du?

8:50 Min
Pantea Farahdzadi:

Also vielleicht nur kurz, Staatsanwältin nicht. Die sagen keine Strafverteidigung, sondern lieber Staatsanwaltschaft. Ist auch tatsächlich in der echten Welt so.

8:57 Min
Marc Ohrendorf:

Was ist deine Erklärung dafür?

9:01 Min
Pantea Farahdzadi:

Konkurrenz. Heutzutage würde ich sagen, dass die Strafverteidiger, die einem davon abraten, einfach den Markt für sich haben wollen.

9:08 Min
Marc Ohrendorf:

Ach so krass, ja.

9:09 Min
Pantea Farahdzadi:

Das kann ich mir auf jeden Fall vorstellen, auch jetzt nach den Erfahrungen, die ich jetzt in meinem Berufsleben gemacht habe. Ansonsten gibt es keinen Grund.

9:15 Min
Marc Ohrendorf:

Heißt das umgekehrt, es gibt auf Mandantenseite ein Bedürfnis oder eine Nachfrage danach zu einer Strafverteidigerin zu gehen? Das wäre ja die logische Konsequenz.

9:24 Min
Pantea Farahdzadi:

Ja, definitiv, klar. Warum? Viele Delikte im Sexualstrafrecht, da ist natürlich eine Frau auf Seiten des Angeklagten sinnvoller.

9:32 Min
Marc Ohrendorf:

Tatsächlich? Einfach aus strategischen Überlegungen?

9:35 Min
Pantea Farahdzadi:

Auch aus strategischen Überlegungen. Man will sich natürlich nicht irgendwie instrumentalisieren lassen, dass man jetzt als Frau für einen Angeklagten da auftritt und ihm dabei hilft, dass ihm geglaubt wird. Das will man natürlich nicht, aber es ist für viele Befragungen natürlich von Vorteil, wenn eine Frau dabei ist.

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

genau die harten Fragen stellt oder vielleicht noch härtere Fragen stellen kann, als die sich vielleicht ein älterer Verteidiger trauen würde.

9:56 Min
Marc Ohrendorf:

Sehr interessant. Nach dem Referendariat hast du dann sofort deine Kanzlei gegründet oder wie lief das ab?

10:01 Min
Pantea Farahdzadi:

Ja, ich habe nach dem Referendariat direkt mich selbstständig gemacht. Ich hatte die Möglichkeit damals bei diesem Anwalt, der hatte so eine ganz kleine Besenkammer noch zur Verfügung. Ich habe mich dann da reinsetzen dürfen und habe dann von dort aus mich selbstständig gemacht.

10:13 Min
Marc Ohrendorf:

Und dann irgendwann in eigener Kanzlei?

10:15 Min
Pantea Farahdzadi:

Genau. Ich habe mich selbstständig gemacht. Ich durfte dann auch, ich bin dann direkt mit auf den Briefkopf gekommen, Was für mich was ganz Besonderes war. Und er hat leider dann nach einem Jahr, ich meine sogar unter einem Jahr, hat er dann einen sehr schlimmen Schlaganfall bekommen.

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

Und es war eine ganz, ganz alte Kanzlei, nur Papierakten und alles aufbewahrt, schon 100 Jahre. Also sein Schreibtisch war wirklich voller Akten, voller Schnipsel, voller Notizen. Dann Schlaganfall bekommen und hat das Sprachvermögen verloren und hat keine Familienangehörigen gehabt und dementsprechend habe ich dann die Kanzlei für ihn abwickeln dürfen oder wollen, auch als Dank für die Zeit, die ich dann bei ihm quasi lernen durfte.

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

Und es sind natürlich viele Mandate dann auch noch unbearbeitet gewesen, die ich dann erstmal für ihn bearbeitet habe, in der Hoffnung, dass es ihm bald wieder gut geht. Das war ganz schwierig.

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

Also man konnte nicht einschätzen, ob er nach drei Monaten wiederkommt, ob er nie wiederkommt. Und dementsprechend bin ich ins kalte Wasser gestoßen worden und habe dann die Mandate einfach weitergemacht.

11:13 Min
Marc Ohrendorf:

Okay. Naja, aber ich meine, so tragisch wie es ist, hattest du gewissermaßen erstmal einen Mandantenstamm.

11:18 Min
Pantea Farahdzadi:

Ja, für eine ganz kurze Zeit, ja. Bis die Kanzlei dann abgewickelt wurde, dann bin ich erstmal nach Bonn gegangen für einige Monate, weil ich dachte, ich möchte die Selbstständigkeit nicht, weil ich gesehen habe, wie es jetzt ihm ergangen ist und bin dann in einer Bankrechtskanzlei gelandet.

11:31 Min
Marc Ohrendorf:

Okay. Wie bist denn du dann zu Bankrecht gekommen? Einfach mal was anderes?

11:35 Min
Pantea Farahdzadi:

Ja, nee, es war mir eigentlich tatsächlich egal. Ich dachte, ich möchte jetzt einfach, ich muss weitermachen, damit ich jetzt nicht so einen Break habe und dann irgendwie auch traurig werde. Ich bin dann in diese Bankrechtskanzlei in Bonn und die haben mir die Möglichkeit eröffnet, meine Strafrechtsabteilung aufzubauen.

11:50 Min
Marc Ohrendorf:

Ah ja, okay.

11:51 Min
Pantea Farahdzadi:

Und dann habe ich das einige Monate gemacht. Ich habe dann auch danach meinen Wirtschaftsmediator gemacht bei der EPS und habe mir dann gedacht, nee, ich muss zurück nach Köln und da mache ich weiter.

12:01 Min
Marc Ohrendorf:

Und dann hast du dein eigenes Klingelschild rausgehangen und gesagt, ich bin jetzt selbstständig in eigener Kanzlei. Hat das Überwindung gekostet?

12:07 Min
Pantea Farahdzadi:

Auf jeden Fall.

12:08 Min
Marc Ohrendorf:

Was waren so deine Gedanken, die du dir damals gemacht hast?

12:11 Min
Pantea Farahdzadi:

Also man hat immer Angst, weil im Strafrecht ist das immer so phasenweise. Mal kommen sehr, sehr viele Mandate und dann ist es quasi so ein sogenanntes Sommerloch. Und man hat natürlich immer die Sorge, selbst wenn ein Jahr wirklich fantastisch läuft, hat man immer die Sorge, wie sieht es nächstes Jahr aus? Also man kann ja, man hat jetzt zumindest die ersten, sagen wir mal fünf, sechs, sieben Jahre, hat man immer die Sorge, war das vielleicht jetzt nur eine Ausnahme, dass es immer so gut lief, wie läuft es im nächsten Jahr, man hat halt tatsächlich immer Sorgen.

12:36 Min
Marc Ohrendorf:

Hast du Stammkunden?

12:39 Min
Pantea Farahdzadi:

Stammkunden? Nein, das gibt es leider nicht.

12:41 Min
Marc Ohrendorf:

Das sind meistens Leute, die haben einmal irgendwas an der Backe.

12:44 Min
Pantea Farahdzadi:

Ja, sagen wir mal ein bis dreimal und dann kriegen die meisten die Kurve.

12:50 Min
Marc Ohrendorf:

Okay. Das heißt, ich habe nur gesehen auf dem Weg hierhin, als ich vorhin Google Maps deine Adresse gesucht habe, du hast überragend gute Google-Bewertungen mit irgendwie 4,8, 4,9 um den Dreh. Was glaubst du, was du richtig gemacht hast in dieser Zeit? Vielleicht auch so als Tipp für diejenigen, die jetzt hier zuhören und sagen, ja gut, ich habe natürlich ähnliche Sorgen.

1:09 Min
Marc Ohrendorf:

Ich möchte gerne Einzelanwalt oder Einzelanwältin werden oder meine eigene Kanzlei eröffnen mit Wachstumsprognose. Muss ja nicht mal heißen, dass man alleine bleibt. Du hast jetzt ja auch einen jungen Anwalt noch mit bei dir, mit in der Kanzlei.

1:09 Min
Marc Ohrendorf:

Wie lange bist du jetzt hier in der Kanzlei?

13:22 Min
Pantea Farahdzadi:

Seit 2015.

13:23 Min
Marc Ohrendorf:

Okay, also acht Jahre. Was ist gut gelaufen? Warum ist das geflogen für dich?

13:28 Min
Pantea Farahdzadi:

Also ich glaube, es war sehr wichtig, dass man die ersten drei oder die ersten fünf Jahre wirklich alles gibt, man wirklich länger im Büro ist. Ich meine, ich habe die ersten fünf Jahre nicht ein einziges Wochenende richtig gehabt und ich habe auch nie vor 21 Uhr Schluss gehabt, also tatsächlich nie.

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

Wie in diesen Krisenzeiten mit der Abwicklung der anderen Kanzlei war es noch viel schlimmer. Aber auch danach, also die Zeiten der Selbstständigkeit, die waren wirklich so, dass ich wirklich viel vom eigenen Leben abgegeben habe dafür. Weil ich dachte, dass man am Anfang sich einen Namen machen muss und das hat bei mir funktioniert.

14:01 Min
Marc Ohrendorf:

Da gehen wir mal auf ein, zwei Mandate ein. Kannst du da so ein bisschen was vielleicht auch Kurioses schildern?

14:06 Min
Pantea Farahdzadi:

Es gibt immer brisante Fälle und auch so, dass man denkt, das hätte ich nie gedacht, dass es solche Dinge gibt. Aber es wird, also es übertrifft sich tatsächlich jedes Jahr. letztes Jahr zum Beispiel wirklich durchgehend kuriose Fälle, unter anderem ein Fall mit einer, sagen wir mal, Glaubensgemeinschaft.

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

Das war eine Glaubensgemeinschaft in Holland, die in einem Kloster leben und die haben einen Propheten, dem diverse Dinge vorgeworfen worden sind und das war wirklich eine Akte, die ich mir im Studium nicht hätte erträumen können. Also dieser Katzenkönig-Fall ist dagegen nichts.

14:35 Min
Marc Ohrendorf:

Ich wollte gerade direkt sagen, besser als Katzenkönig.

14:37 Min
Pantea Farahdzadi:

Ja, also viel brisanter oder ich will es jetzt nicht absurder, aber verzwickter als der Katzenkönig-Fall, Wo man damals dachte, kann es das wirklich geben?

14:46 Min
Marc Ohrendorf:

Kannst du schildern, was passiert ist?

14:47 Min
Pantea Farahdzadi:

Also ihm wurde vorgeworfen, dass er ein Mädchen in dieser Glaubensgemeinschaft zunächst gefangen hielt und dann kamen später noch weitere Vorwürfe, dass es zu diversen sexuellen Missbrauchstaten gekommen sein soll. Und das war aber so, dass dieses Mädchen Teil dieser Glaubensgemeinschaft war und aus dieser Sekte, wie es die Staatsanwaltschaft schrieb, austreten wollte und dementsprechend dann diese Vorwürfe ans Licht kamen.

15:08 Min
Marc Ohrendorf:

Wie ist es ausgegangen?

15:09 Min
Pantea Farahdzadi:

Er ist verurteilt worden. Er ist verurteilt worden zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren, was aber gemessen an der Anklage der Staatsanwaltschaft, die wirklich über, ich meine, 400 Fälle betraf, sehr mild ist. Für ihn besteht die Möglichkeit der Halbstrafenabschiebung. Das heißt, nach zweieinhalb Jahren wird er dann nach Holland abgeschoben und die Reststrafe wird dann zur Bewährung ausgesetzt.

15:29 Min
Marc Ohrendorf:

Ah, sowas gibts. War mir auch neu. Interessant. Interessiert dich das eigentlich, was da wirklich passiert ist? Oder sagst du, ich hab einen Job und das ist hier möglichst das Gute für meinen Mandanten rauszuholen?

15:40 Min
Pantea Farahdzadi:

Also mich interessiert es immer. Das ist auch tatsächlich bei den Erstgesprächen immer schwierig. Das ist vielleicht auch ein kleiner Punkt, wo man als Frau sich quasi in der Strafverteidigung irgendwie erweisen muss, dass man im Erstgespräch direkt klar die Fronten klärt, dass ich, also ich möchte immer die Wahrheit wissen.

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

Ich möchte wissen, was tatsächlich passiert ist, weil ich gewappnet sein möchte vor Gericht. Ich verurteile gar nichts. Mir ist tatsächlich die Tat in der Form in erster Linie nicht so wichtig.

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

Ich möchte im Erstgespräch tatsächlich wissen, was passiert ist. Und normalerweise, sagen wir mal zu 90 Prozent der Fälle, sind die Mandanten jetzt nicht in der Lage, im Erstgespräch das zu offenbaren. Die erzählen dann irgendwas, denken dann, die sind viel, viel klüger als die Anwälte und haben sich da schon was zurechtgelegt.

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

Auch für sich selbst.

16:20 Min
Marc Ohrendorf:

Ja, das ist wahrscheinlich auch ein bisschen Selbstschutz, oder?

16:30 Min
Pantea Farahdzadi:

Spreche ich dann. Dann erkläre ich direkt, dass wir auf Vertrauensbasis zusammenarbeiten müssen und ich tatsächlich besser bin, wenn ich die Fakten kenne. Und dann ändert sich das relativ schnell.

16:42 Min
Marc Ohrendorf:

Machen alle dann?

16:43 Min
Pantea Farahdzadi:

Ja, also nicht alle. Es gab auch jetzt vor kurzem einen Fall, da hat man dann trotzdem weiter bei seiner eigenen Wahrheit geblieben und das geht natürlich nach hinten los.

16:50 Min
Marc Ohrendorf:

Ja klar, weil du dann einfach nicht in die richtige Richtung loslaufen kannst.

16:52 Min
Pantea Farahdzadi:

Auf jeden Fall.

16:53 Min
Marc Ohrendorf:

Was sind denn so typische juristische Problemstellungen? Ich bilde mal einen etwas einfacheren Fall, Ein Fall, einfacher im Sinne von, der vielleicht nicht so belastend klingt. Also wir nehmen mal so einen Fall, jetzt war hier irgendwie Freitagabend, ein Typ hat ein bisschen was getrunken, ist mit Mannen aneinander geraten, hat ihn aber relativ übel zugerichtet, vielleicht eine gefährliche Körperverletzung, damit es auch ein bisschen um was geht.

1:09 Min
Marc Ohrendorf:

Und meinetwegen ist er danach noch betrunken nach Hause gefahren. Das wird ja mal vorkommen, nehme ich an.

17:19 Min
Pantea Farahdzadi:

Ja, tatsächlich jedes Wochenende in Köln.

17:22 Min
Marc Ohrendorf:

Jedes Wochenende in Köln. Wie fängt so ein Fall an erstmal? Also so ganz praktisch beschrieben, wie kommt der Fall zu dir, wie geht es dann weiter?

17:30 Min
Pantea Farahdzadi:

Also in so einem Fall ist es öfter so, dass die Mandanten dann direkt nachts von der Polizei kontrolliert werden, entweder zu Hause, weil irgendwie das Auto schief steht oder irgendwas passiert ist. Wenn die zu Hause aufgesucht werden oder von der Polizei kontrolliert werden, dann kommt es sehr oft vor, dass die mich anrufen. Ich habe eine 24-Stunden-Erreichbarkeit.

17:47 Min
Marc Ohrendorf:

Woher wissen die das, dass sie dich anrufen? Die finden dich dann einfach per Google?

17:50 Min
Pantea Farahdzadi:

Die finden mich per Google und ich habe eine Handynummer, die 24 Stunden erreichbar ist. Oder die kennen mich durch andere Mandate oder haben irgendwas gehört.

17:58 Min
Marc Ohrendorf:

Bekannte von Bekannten, okay.

17:59 Min
Pantea Farahdzadi:

Genau, dann rufen die an und sind dann natürlich immer noch wahrscheinlich betrunken und ausfallend gegenüber der Polizei. Dann beruhigt man kurz den Mandanten, spricht mit dem Polizeibeamten, holt sich das Aktenzeichen, sagt dem Mandanten, dass er bitte keine Angaben machen soll, dass er sich ruhig verhält, keinen Widerstand leistet und sich am nächsten Tag gerne nochmal melden kann.

18:18 Min
Marc Ohrendorf:

Kriegen die das hin?

18:18 Min
Pantea Farahdzadi:

Ja. Einige nicht, aber die meisten kriegen das hin, dass sie erstmal beruhigt sind, es ist jetzt alles in Ordnung, du gehst jetzt nach Hause, du sprichst nicht mit der Polizei und ja.

18:27 Min
Marc Ohrendorf:

Weil ich erlebe das so rein im Privaten, wenn man so mit Leuten darüber spricht, wenn ihnen was vorgeworfen wird, was sie vielleicht auch nur teilweise getan haben, dass der Vorwurf auch über das, was tatsächlich passiert ist, hinausgeht, dass ein Rechtfertigungsdruck entsteht. Und gerade wenn man dann irgendwie noch ein bisschen was getrunken hat, könnte ich mir vorstellen, dass der eine oder andere schon mal ins Plaudern kommt.

1:09 Min
Marc Ohrendorf:

Ja, definitiv.

18:45 Min
Pantea Farahdzadi:

Also die Polizei lässt die Personen auch meistens erst anrufen, nachdem wir die geplaudert haben.

18:50 Min
Marc Ohrendorf:

Ja, naja. Okay, und dann am nächsten Tag oder ein, zwei Tage später, wie gehts dann weiter?

18:54 Min
Pantea Farahdzadi:

Ein paar Tage später rufen die dann nochmal an und dann sage ich denen, die sollen abwarten, bis das Schreiben der Polizei kommt. Dann kommt irgendwann die Vorladung oder ein Äußerungsbogen. Da schicken die mir dann kurz zu.

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

Dann bestelle ich mich für die Beantragte Akteneinsicht und sobald ich die Akte habe, hole ich die ins Büro. Kommt das erste Mandantengespräch und das mache ich lieber, wenn ich die Akte schon mal habe. Und dann besprechen wir den Sachverhalt.

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

In so einem Fall, den du gerade beschrieben hast, kann es natürlich sein, dass es vorher irgendwie Provokationen gab von dem Geschädigten oder dass er auch zugeschlagen hat und es eine Notverhandlung war oder, oder, oder. Das kann man alles vorher nicht sagen.

19:26 Min
Marc Ohrendorf:

Gut, nehmen wir mal an, der behauptet, ja, irgendwie der andere hat mich provoziert, wie das dann so ist. Wie geht es dann weiter?

19:32 Min
Pantea Farahdzadi:

In so einem Fall würde man natürlich in der Akte gucken, was hat der Geschädigte zur Polizei gesagt? sagt, wie glaubwürdig scheint er oder wie glaubhaft sind seine Angaben, sind da Widersprüche, war der auch alkoholisiert? Wenn er auch alkoholisiert war, dann wird man sich jetzt nicht direkt zur Akte äußern, also nicht schriftlich schon mal was äußern, sondern es

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

auf die Hauptverhandlung ankommen lassen und dann in der Hauptverhandlung sieht man die Person und kann dementsprechend befragen.

19:52 Min
Marc Ohrendorf:

Was sagst du deinen Mandanten dann vor der Hauptverhandlung? Einfach nur Klappe halten, ich mach das?

19:56 Min
Pantea Farahdzadi:

Ja. Ja, hatte ich mir gedacht. Das ist tatsächlich auch der Rat, weil die meisten Angeklagten oder Beschuldigten das zum ersten Mal machen, beziehungsweise sehr aufgeregt sind oder irgendwie besserwisserisch und einfach einen schlechten Eindruck machen bei Gericht, wenn die selber reden.

20:13 Min
Marc Ohrendorf:

Aus Prinzip.

20:14 Min
Pantea Farahdzadi:

Weil die einfach aufgeregt sind, die Situation, die können dann auch nicht irgendwie variieren, die meisten, je nachdem wie jung die sind, wie man sich einfach vor Gericht verhält. Es gibt ja auch Richter, die sehr freundlich sind und dann so ein bisschen irgendwie Smalltalk führen, das verstehen die falsch. Dann denken die, die sind da irgendwie, weiß ich nicht.

20:29 Min
Marc Ohrendorf:

Alles nicht so schlimm.

20:30 Min
Pantea Farahdzadi:

Ja, alles nicht so schlimm und dann fangen die an zu reden.

20:32 Min
Marc Ohrendorf:

Ja, okay. Und worauf kommt es dann bei so einer Befragung an? Wie gehst du da ran, dass du sagst, okay, jetzt habe ich da ja entsprechend den Zeugen. Was sind so Techniken, die du da anwendest?

20:41 Min
Pantea Farahdzadi:

Das ist immer von Fall zu Fall tatsächlich unterschiedlich, weil es eine Typfrage ist. Es gibt Zeugen, die sind sehr unsicher oder es gibt Zeugen, die sind sehr provokativ. Wenn die provokativ sind, dann ist die Befragung dementsprechend lauter und härter, als wenn jemand wirklich sehr unsicher ist.

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

Wenn jemand schon wirklich als Geschädigter dahin kommt, sehr unsicher ist und man tatsächlich vom Beschuldigten weiß, er hat die Tat begangen, dann lässt man, fässt man den gar nicht an. Dann frage ich meistens nur, in Anführungsstrichen, wenn der Mandant gestanden hat, ob der Mandant sich bei ihm entschuldigen darf, ob er bereit ist, irgendwie eine Entschädigungsleistung anzunehmen, damit das einfach für den Geschädigten auch nicht zu hart wird.

21:16 Min
Marc Ohrendorf:

Ja, okay.

21:17 Min
Pantea Farahdzadi:

Aber es gibt natürlich dementsprechend Fälle, ich mache auch sehr viel Sexualstrafrecht, da sind die Befragungen dementsprechend härter. Wenn der Beschuldigte sagt, er hat es nicht getan.

21:24 Min
Marc Ohrendorf:

Weil du dann natürlich entsprechend halt nachbohren musst. Ja. Kommen wir mal wieder darauf zurück, das sind nun mal leider die Fälle, die halt auch ziemlich viel Sprengstoff bieten. Gibt es da dann vermeintlich Geschädigte, muss man dann ja wahrscheinlich sagen, aus deiner Sicht oder aus der Sicht deines Mandanten, die eventuell sogar persönlich dir gegenüber werden?

21:40 Min
Pantea Farahdzadi:

Auf jeden Fall. Es gibt es immer. Es gibt bei Frauen tatsächlich sehr, sehr, sehr viele, die sobald die den Gerichtssaal betreten, mich sehen, direkt Anti sind. Das gibt es tatsächlich.

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

Es gibt auch viele, die das vorher irgendwie gegoogelt haben, wen der Beschuldigte sich da als Anwalt genommen hat und die sind direkt auf Konfrontation. Das geht meist nach hinten los.

21:57 Min
Marc Ohrendorf:

Wollte ich gerade fragen, ist das strategisch gut für deinen Mandanten?

21:59 Min
Pantea Farahdzadi:

Das ist für mich immer gut, für den Mandanten auch. Weil das Gericht sieht das natürlich, wenn wir ganz höflich auftreten und überhaupt nicht irgendwie provokativ und dann so eine Zeugin direkt schnippisch ist oder irgendwie persönlich wird, dann macht das einen schlechten Eindruck.

22:13 Min
Marc Ohrendorf:

Interessant. Wie ist denn dein Verhältnis zu deinen männlichen Kollegen? Wir haben das ja eben aus der Perspektive der Ausbildung gehört und was dir damals geraten wurde und du hast im Vorgespräch auch schon so eine Andeutung gemacht, wo du gesagt hast, die machen das ein bisschen anders als ich, die haben einen anderen Style.

22:25 Min
Pantea Farahdzadi:

Das ist eine schwierige Frage, weil ich bin ja tatsächlich immer alleine unterwegs gewesen und in den ersten Jahren gab es tatsächlich auch wenig Kolleginnen, besonders so in meinem Alterskreis. Und als es richtig anlief, wurde das immer schlimmer mit den Kollegen.

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

Deswegen ist es tatsächlich so, dass ich dann erfahren habe, es gibt so eine WhatsApp-Gruppe von so renommierten Rechtsanwälten, Strafverteidigern in Köln.

22:49 Min
Marc Ohrendorf:

Kölner Klüngel.

22:50 Min
Pantea Farahdzadi:

Ja, und da gibt es richtig Mobbing. Nein. Richtig Mobbing. Ich habe ja einen kleinen Instagram-Account gehabt am Anfang, wo ich so für Studenten und Referendare so ein bisschen gepostet habe. So von Gerichtsgebäuden und dann so kurz berichtet habe, was für einen Termin ich gerade hatte.

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

Ohne Gesicht, sondern mit Schrift. Und die haben dann in dieser WhatsApp-Gruppe wirklich jeden Tag abgelästert. Das hat mir dann einer dieser Kollegen mal erzählt. Und dann habe ich aufgehört mit Instagram, weil mich das so geschockt hat.

1:09 Min
Pantea Farahdzadi:

Und auch viel so sexistische Sachen, so frauenfeindlich und das war einfach für mich sehr schockierend, weil ich das nicht gesehen habe, weil die bei Gericht total nett auftreten und sehr kollegial und das war für mich ziemlich schockierend. Dann habe ich mit Instagram aufgehört und ja, ich kann auf jeden Fall sagen, dass Frauen sich davon nicht abschrecken lassen sollten und ich denke, dass die meisten Kollegen natürlich die Konkurrenz einfach, wie soll ich sagen, klein halten wollen.

23:37 Min
Marc Ohrendorf:

Belebt dann vielleicht nicht nur das Geschäft, sondern auch das Gemüt. Ja. Und sag mal, wenn man das jetzt hier cool fand, Praktikum Referendariat bei dir ist möglich. Du hast doch schon in einem Vorfeld gesagt, ich habe immer ziemlich viel, aber theoretisch bildest du auch aus.

23:50 Min
Pantea Farahdzadi:

Ja, ich habe immer wieder Referendare, die auch wirklich bundesweit herkommen. Ich nehme die gerne mit zu HVA-Terminen, zu Mandantengesprächen und auch Gerichtsterminen. Das ist dann meistens spannend. Es ist jetzt hier nicht so, dass man groß viel schreiben muss bei mir, sondern man kommt dann tatsächlich mit.

24:06 Min
Marc Ohrendorf:

Vielen herzlichen Dank. Das war ein ganz spannender Einblick in deinen Beruf.

24:09 Min
Pantea Farahdzadi:

Ja, gerne. Tschüss.

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