Pia Lorenz, Journalist | Legal Tribune Online
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Die Chefredakteurin der Legal Tribune Online, Pia Lorenz, gibt einen Einblick in die Arbeit eines der größten juristischen Online-Portale Deutschlands. Wie kam es zur Gründung desselbigen? Inwieweit unterscheidet sich juristischer Journalismus von juristischer Fachsprache? Wann macht Jura Spaß? Jetzt reinhören!
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Legal Tribune Online (LTO) ist kein klassischer Kanzleiverbund, sondern ein privatwirtschaftliches Medienunternehmen mit Hauptsitz in Hürth bei Köln. Rund 25 Redakteurinnen, Juristen und Tech-Profis liefern hier tagtäglich Nachrichten, Analysen und Meinungen und machen LTO damit zum meistgelesenen juristischen Online-Portal Deutschlands. Das Team zeichnet sich durch journalistische Unabhängigkeit, verständliche Sprache auch bei komplexen Themen und ein breites Service-Portfolio von Karriere-Ratgeber bis Stellenmarkt aus. Du willst wissen, wie Recht und Redaktion zusammengehen? Dann schnapp Dir Kopfhörer und tauch in unsere Podcast-Folge ein!
Gute juristische Texte zeichnen sich durch klare, verständliche Sprache aus - juristische Fachsprache hingegen ist oft das Gegenteil und erschwert das Verständnis.
KI-basiert und kann Fehler enthalten.
Herzlich willkommen zu einer neuen Episode Irgendwas mit Recht. Mein Name ist noch immer Marc Ohrendorf und heute spreche ich mit einer Person, die ihr sehr wahrscheinlich bereits kennt, aber deren Stimme ihr eventuell noch nicht gehört habt. Ich spreche nämlich mit Pia Lorenz von der LTO. Hallo Frau Lorenz.
Hallo Herr Ohrendorf, ich freue mich sehr hier zu sein.
Ich auch. Vielen herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen. Frau Lorenz, sagen Sie mal zur LTO. Sie haben ja eben gesagt, Sie sind Mitgründerin der LTO. Wie kommt man denn dazu? Wo haben Sie denn angefangen? Denn soweit ich das weiß, deswegen sprechen wir ja auch miteinander, haben Sie ursprünglich ja auch mal Jura studiert.
Genau, ich habe nicht nur Jura studiert, ich habe auch sogar mal ein Referendariat gemacht im Landgerichtsbezirk Aachen, ganz schön hier im Rheinland. Und bin danach sogar noch drei Jahre als ganz klassisch als Anwältin in der mittelständischen Kanzlei im Kölner Süden tätig gewesen. Und dort war ich ganz einfach nicht glücklich.
Wo haben Sie studiert?
In Bielefeld und in Köln.
Ah ja, okay. Und Referendariat dann in Aachen.
Genau.
Während des Referendariats haben Sie aber wahrscheinlich noch gedacht, Anwältin, das ist doch gar nicht schlecht.
Ja, nicht nur das. Ich bin sogar Anwaltstochter und meine, also mein Vater ist Anwaltsnotar. Im Siegerland kann man das beides sein, wo ich herkomme. Meine Mutter ist Rechtsanwaltsfachangestellte und mein Vater hat mir damals gesagt, ich solle doch lieber nicht Jura studieren, weil das irgendwie anstrengend sei und da könne man als Frau auch schlecht Teilzeit machen.
Ich habe deshalb natürlich Jura studiert aus Protest. Logisch. Ich vermute heute, dass er das gewollt hat, dass das sein Plan war.
Okay, mhm. Und dann war sozusagen der Weg vorgegeben, klar, man macht erstmal Anwaltschaft.
Genau, dann macht man das erstmal. Ich habe dann tatsächlich während meines Referendariats quasi schon eine halbe Stelle gehabt in einer kleinen Kanzlei. Da bin ich dann auch so ein bisschen hängen geblieben.
Und das war auch alles ganz nett und ich wusste ja eben, wie gesagt, was mich erwarten würde. Und trotzdem war ich einfach nicht glücklich. Und ich hatte einen Kollegen damals, der mir gesagt hat, dann warte doch mal drei Jahre ab.
Das ist die Gewöhnungsphase, denn uns bringt ja in der Ausbildung keiner bei, was wir wirklich brauchen. Und entweder du findest nach drei Jahren da rein oder dann gehst du und dann gehst du auch sofort. Und genau das habe ich gemacht.
Ich habe tatsächlich die drei Jahre abgewartet. Ich habe mit sehr vielen Menschen gesprochen, die sich auch in der Rechtsbranche sehr gut auskannten. Ich habe mir viel Rat geholt und habe dann hingeschmissen, ohne wirklich zu wissen, was ich danach machen wollte.
Ah ja, okay. Das ist ja heutzutage jetzt auch gar nicht so unüblich, dass es dem einen oder anderen Anwalt oder der einen oder anderen Anwältin mal so geht. Ich finde drei Jahre ist dann eine relativ lange Zeit dann doch, oder?
Ich wollte es eben genau wissen und ich bin auch ein eher vorsichtiger Typ. Und wenn man dann so gar nicht weiß, wo man hin will, dann überlegt man sich das, ob man einfach so geht. Also ich meine, wie jeder andere Mensch auch, hatte ich wenig Geld damals und so weiter.
Deshalb, das überlegt man sich schon gut. Und ich habe mich dann einfach aufgrund einer Zeitungsanzeige bei Wolters Klüver beworben auf ein ganz stinknormales juristisches Fachlektorat. Das ging um das Lektorat juristischer Fachaufsätze.
Und dann habe ich mit einer 20-Stunden-Stelle bei Wolters Klüver angefangen damals und mir gedacht, ich mache daneben eine Dissertation und überlege mir, was ich aus meinem Leben machen will. Das ist jetzt zwölf Jahre her und zwölf Jahre und ich glaube drei oder vier Positionen mal Wolters Klüver und ich hatte dann eben in 2009 die Möglichkeit, die LTO zu gründen.
Da kam einer unserer damaligen Manager zu mir und sagte, er habe eine gute Verbindung zu Spiegel Online und gehört, ich zitiere, ich glaube, sie können gut schreiben. Und hat mir gesagt, ich solle mich bis zum nächsten Tag entscheiden, ob ich das machen will, zusammen mit Spiegel Online und ohne, dass ich irgendeine Ahnung hatte, was ich tun soll.
Okay, da muss ich ein bisschen verstehen. Also ich persönlich kenne die LTO wahrscheinlich so seit, Seit, ja wahrscheinlich so seit 2010. Da war ich selber noch Student und dann irgendwann hat man das mal.
Da sind wir auch erst live gegangen.
Ah, sehen Sie mal. Okay, hat man das mal gehört. Aber erstmal, was hat der Spiegel damit zu tun?
Es gab damals zu unserem Start in den Markt, gab es eine Kooperation mit Spiegel Online, die hat zwei Jahre bestanden. Das heißt, unsere Artikel wurden bei Spiegel Online auf der Startseite ausgespielt.
Ich weiß noch, dass Spiegel Online damals, ich weiß nicht wie das heute ist, unglaublich viel Traffic hatte für die damalige Zeit.
Das ist heute auch immer noch so, nicht mehr ganz so krass, soweit ich weiß, aber das war auch damals so, das hat uns auch am Anfang in massive technische Probleme gestürzt.
Und dann war es sozusagen ein eigenes Portal unter LTO.
Es war immer ein eigenes Portal, das war wirklich nur quasi eine Inhaltekooperation, dass dort Inhalte bei Spiegel Online von LTO ausgespielt wurden. Wir sind von Anfang an, haben wir zu Wolters Klüver gehört, Wolters Klüver hat uns diese Chance gegeben, was ja auch überhaupt nicht selbstverständlich ist, vor allem nicht im Jahr 2010.
Heute fühlt sich das alles relativ normal an, aber im Jahr 2010 sind wir auch in-house rumgelaufen und haben gesagt, wir möchten jetzt online machen und das ohne Entgelt, ohne Paywall, ohne irgendwas. Da hat sich das Verständnis an vielen Stellen auch stark in Grenzen gehalten.
Das heißt, die Geschäftsführung hat uns sehr, sehr viel Raum gegeben und sehr, sehr viel Zeit gegeben für einen Konzern, der ja auch zahlengetrieben ist.
Ja, da war das iPhone drei Jahre alt, da war das noch nicht so selbstverständlich, dass jeder Online-Inhalte überall abgerufen hat.
Ja, heute ist das völlig normal, aber damals sind wir gerade in der juristischen Fachwelt auf sehr viel Unverständnis gestoßen, um es mal freundlich auszudrücken.
Dann lassen Sie uns dieses Unternehmen doch nochmal so ein kleines bisschen oder diesen Teil jetzt von dem größeren Ganzen ein kleines bisschen genauer anschauen. Ich stelle mir das nämlich gerade so vor. Man kennt die LTO wahrscheinlich neben so Karriere-Themen aus seiner eigenen Examensvorbereitung.
Denn mittlerweile ist es so, wir haben es auch in einer der letzten Folgen zum mündlichen Staatsexamen gehört, was soll man vorm Examen machen? Lest Nachrichten und da ist nun mal in der juristischen Nische die LTO eine feste Hausnummer und die wird wahrscheinlich jede Examenskandidatin, jeder Examenskandidat lesen. Aber wie sieht das denn intern aus? Also mit guten Inhalten, online kostenfrei anbieten, verdient man ja logischerweise noch kein Geld.
Wie sieht denn das Businessmodel aus?
Im Gegenteil, es kostet sogar relativ viel Geld, wenn sie gute Leute journalistisch beschäftigen wollen, denn bei uns haben wir alle eine Doppelausbildung, sind also in der Redaktion alle Juristen und Journalisten. Das ist gar nicht so leicht zu finden.
Das heißt, wir finanzieren uns zum Teil über Bannerwerbung, das ist aber nur ein relativ kleiner Teil. Der ganz große Teil sind Stellenanzeigen. Das heißt, potenzielle Arbeitgeber, die eben Leute suchen aus der juristischen Branche, schalten Stellenanzeigen und zahlen Geld dafür.
Das ist der große Treiber. Dieser Karrierebereich wird auch noch ausgebaut werden, kann ich jetzt noch nicht mehr zu sagen, stay tuned sozusagen, das wird sich bald auf LTO finden. Es wird auch noch mehr Standbeine geben, wir bauen das aus, aber das ist im Prinzip das, womit wir uns finanziert haben und auch profitabel gemacht haben, was für ein Online-Medium absolut nicht selbstverständlich ist.
Das heißt an der Stelle sozusagen, hier frage ich ja häufig auch, kann man da irgendwie mitmachen, kann man da andocken und so weiter. Auf jeden Fall könnt ihr schon mal online euch ein paar Stellen zu Gemüte führen und kommt sozusagen über Bande wieder irgendwo hin, wenn ihr jetzt diesen Podcast gehört habt.
Aber unabhängig davon, die direkte Frage, besteht auch hier die Möglichkeit zum Mitmachen? Es kann ja auch mal sein, jemand sagt vielleicht während seines Referendariats oder während der Examensvorbereitung, so richtig Kernjura ist es nicht. Kann ich mir vielleicht auch mal Wolters Glüwer oder die LTO von innen anschauen?
Also beides ja und sehr gerne. Wir bieten Weizstationen an für Referendare und auch unser Newsdesk ist tatsächlich komplett mit Jurastudenten und Referendaren besetzt. Das heißt, bei uns schreiben Jurastudenten und Referendare die Nachrichten, die Redakteure schauen über diese kürzeren Stücke nur drüber.
Wir testen natürlich vorher schon, ob das Leute sind, die zum Beispiel schon mal bei der Schülerzeitung gearbeitet haben, aus dem Lokaljournalismus kommen oder so. Es gibt ja Menschen, die dadurch dazu einen Hang haben. Es gibt aber auch Leute, die einfach ein Talent dazu haben.
Das heißt, wenn man wirklich Lust drauf hat und sagt, ich kann mir das vorstellen, gerne einfach auch initiativ, wenn wir gerade nichts ausschreiben, bei uns melden und wir gucken immer, ob wir was machen können. Wir haben natürlich auch viele Freijournalisten, die einfach neben ihrem Studium frei schreiben, gar nicht regelmäßig in der Redaktion arbeiten, sondern themenbezogen Artikel zuliefern.
Auch das sind zum Teil Jurastudenten und Referendare. Ah ja, interessant. Also da muss man auch keinerlei Bindung eingehen, das wird dann einfach pro Artikel bezahlt, da handelt man ein Pauschalhonorar aus. Aber dazu sollte man schon schreiben können natürlich, dazu sollte man eine gewisse Vorerfahrung haben.
Sie haben ja vorhin im Vorgespräch, so viel darf ich verraten, gesagt, naja manchmal ist es ja so, die Juristen können gar nicht so gut schreiben, obwohl wir den ganzen Tag schreiben. Was meinten Sie denn damit? Also es ist einfach ein anderes Schreiben natürlich, nehme ich an, als so ein Schriftsatz, oder?
Genau, das ist was völlig anderes. Das ist in vielen Fällen leider sogar das Gegenteil. Das Problem ist, dass die meisten Juristen glauben, sie könnten gut schreiben. Und bei uns Juristen bedeutet das, die Sätze sind so lang wie irgendwie möglich.
Sie bestehen aus so vielen Nomen und so vielen Passivwendungen wie möglich. Das ist das Gegenteil von guter Sprache. Das ist das Gegenteil von Journalismus. Wir versuchen, dass, wie Frank Bräutiger neulich in ihrem Podcast sagte, dass ein Satz maximal einen Nebensatz enthält.
Und das ist bei Jura sogar relativ schwierig. Ich kann tatsächlich auch Jura-Studenten, Referendaren, unabhängig davon, ob sie in den Journalismus wollen oder ob sie einfach später auf Menschen losgelassen werden wollen, nur empfehlen, sich von der juristischen Fachsprache, soweit es geht, zu distanzieren und sich dann nicht zu sehr reinziehen zu lassen.
Dazu neigt man ja, wenn man in der Examsvorbereitung ist, man liest nichts anderes mehr und man vergisst, dass Fachsprache in aller Regel schlechte Sprache ist bei den Juristen und dass man sie ausschließlich im Umgang miteinander verwenden sollte und auch dann nur, wenn man die Begriffe wirklich braucht, weil es nichts anderes gibt, um sie zu beschreiben, korrekt zu beschreiben.
Alles andere kann man sich sparen. Punkt. Sie merken vielleicht, das ist ein Herzensthema von mir.
Ja, aber das ist gut. Wir brauchen ja in so einem Podcast auch Zitate und da werden wir sie im Zweifel, Punkt, zitieren. Ist das schlimmer geworden in den letzten Jahren, diese juristische Fachsprache, wo wir gerade beim Thema sind, aus Ihrer Sicht?
Das glaube ich nicht. Also ich glaube, juristische Fachsprache war immer schon schlimm. Außerdem, was ich tatsächlich feststelle auf die Gefahr hin, dass ich mich jetzt noch älter anhöre, als ich schon bin, ist, dass es viel mehr Fehler gibt in Anschreiben. Also wo ich wirklich denke, wenn ich in acht von zehn Bewerbungsschreiben, Komma-Fehler, das Fehler, wirklich banale Dinge sehe für Menschen, die A, Jura studiert haben und sich B, in einer Redaktion bewerben, dann mache ich mir ehrlich gesagt schon ein bisschen Sorgen auf die Gefahr hin, dass ich mich wie eine alte Frau anhöre.
Das ist definitiv schlimmer geworden, aber ich glaube, die juristische Fachsprache an sich ändert sich nicht. Also da kommt ein bisschen Denglisch rein wie überall, aber eher ja noch verhältnismäßig wenig, glaube ich, im Vergleich zu anderen. Also jetzt zum Business spreche oder so.
Ja, also das haben wir hier auch schon mehrfach angesprochen. Ich habe auch letztens eine Kanzlei gesehen, die damit nochmal sozusagen warb als Bewerbungstipp, was mich auch etwas gewundert hat. Wenn ihr eine Bewerbung schreibt, dann, so auf the record, dann seht zu, dass die ordentlich ist und dass die auch auf den Arbeitgeber angepasst ist.
Also bei dieser Kanzlei war es beispielsweise so, ich sag mal, das war jetzt Kanzlei Rot und da stand im Anschreiben, ja, ich habe online bei Kanzlei Blau gelesen, dass sie gerade in dem und dem Rechtsgebiet jemanden suchen. Das ist doch recht häufig anzutreffen leider.
Ja, also das ist natürlich nicht zu entschuldigen. Das ist auch in einem gewandelten Markt nicht zu entschuldigen. Natürlich haben wir im Moment einen Bewerbermarkt und das ist auch trotz Corona noch so. Die Lage ist viel schwieriger geworden, aber grundsätzlich unabhängig von Corona wird natürlich der Markt stark dominiert von einer massiven Nachfrage nach guten Leuten, die nicht befriedigt werden kann.
Unabhängig davon, sie können auch zwei Gut-Examina hinlegen, aber eine Kanzlei, die sie nicht personalisiert anschreiben und vielleicht sogar noch eine andere Kanzlei im Schreiben drin stehen haben, die wird sie im Zweifel, wenn es blöd läuft, auch auf eine schwarze Liste setzen. Klammer auf, wenn das datenschutzrechtlich ginge, Klammer zu.
Sie wissen, was ich meine.
Was ist eigentlich ihr Ziel bei der LTO?
Wir möchten alles liefern, was Juristen brauchen. Also unser Hintergedanke war tatsächlich so ein bisschen unser Leitmotiv war Recht, das Spaß macht. Wir wollten zeigen, dass Recht überall ist und dass Recht eben auch nicht staubtrocken sein muss.
Dass Recht nicht nur aus Bandwurmsätzen besteht und dass Recht eigentlich total viele richtig coole, lustige und wahnsinnig spannende Ansätze mit sich bringt. Und das, was wir im Kopf hatten, war dieser Jurist, das kennen wir alle. Ab dem zweiten Semester stehst du abends in der Kneipe und irgendwer sagt, ja, aber meine Schwester lässt sich scheiden und ihr Mann ist total gemein.
Setze einen Kaufvertrag, setze eine Sterbehilfe, setze ein XYZ. Sag du doch mal was dazu, du bist doch Jurist. Und man denkt, Moment mal, ich bin irgendwie Gesellschaftsrechtler, was soll ich denn zur Scheidung deiner Schwester sagen? Das war eigentlich unser Hintergrund, dass wir dachten, es wäre ganz großartig, wenn man auf einem Niveau, das fachlich gut ist, aber in einer Sprache, die man gerne liest, so eine Art juristischer Allgemeinbildung vermitteln könnte, sodass auch der Gesellschaftsrechtler die wichtigsten Aspekte aus dem Familienrecht mitbekommt.
Das war unser Hintergrund.
Das heißt, wenn so ein, ich muss gerade, ich weiß nicht, ob ich das auch bei Ihnen gelesen habe, das ist ein paar Jahre her, es gab mal so ein schönes Amtsgerichtsurteil, wo eine Frau eine Flugreise am Telefon gebucht hat und die kam aus Sachsen und die wollte nach Bordeaux und ich weiß nicht mehr, wie rum es war.
Sie wollte nach Bordeaux und ist in Bordeaux gelandet.
Aber umgekehrt. Also wenn sowas kommt, wo Recht dann jedem Spaß macht, das ist dann super für Sie unter anderem.
Natürlich, genau. Also die gesamte Redaktion ist jeden Tag in so einem Gruppenchat drin, über den wir auch alle kommunizieren und auch ständig erreichbar sein müssen, weil es eben eine Online-Redaktion ist, wo alles relativ hoch getaktet ist. Und da wird dann natürlich sowas sofort reingepostet.
Da geht sofort die Pressemeldung, geht da rein, großes Hallo und alle freuen sich schon. Dann kann man halt wirklich, das geht dann raus, da drücken wir auf veröffentlichen und sie können sofort mitverfolgen, wie die Zahlen bei Google Analytics explodieren. Das liest jeder gern.
Und sowas gibt es ja relativ häufig, man muss es nur finden. Und solche Dinge sind eben die, die man quasi gern liest und wir versuchen so wie jedes andere Medium auch, das was man gerne liest zu verbinden mit dem, was man quasi lesen muss, was man braucht in seinem beruflichen Alltag, was sie als Anwalt, als Richter, als Referendar, als Student, Studierender wissen müssen.
Und das ist tatsächlich übrigens so, dass viele auch nach dem Examen ihren Newsletter ja noch weiter abonniert haben, habe ich so die Erfahrung gemacht. Unter anderem, weil es auch unterhaltsam ist und weil man so ein kleines bisschen was mitbekommt.
Aber wie schaffen sie es denn eigentlich, sei es jetzt Newsletter oder Instagram und irgendwie Tageszusammenfassungen und zig Artikel pro Tag, wie schaffen sie dieses ganze Volumen denn? Sie haben mir vorhin verraten, sie sind ja relativ klein, aber sie produzieren dafür eine ganze Menge.
Wir arbeiten in einer sehr, sehr hohen Taktung. Also wir sind tatsächlich nur sieben Leute in der Redaktion plus noch diverse Studenten und freie Mitarbeiter und das großartige Presseschau-Team, das nachts arbeitet. Das ist ein Team von freien Mitarbeitern, die nachts die Presseschau erstellen, die vermutlich auch allen Studierenden und Referendaren bekannt ist, denn die muss man ganz besonders gut lesen vor den Staatsexamina, um auf die mündliche Prüfung vorbereitet zu sein.
Nein, das heißt aber, wir beginnen um halb zehn, wir arbeiten in der Regel bis halb sieben, das heißt, das sind normale Arbeitszeiten, aber innerhalb dieser Zeit ist es schon sehr hoch getaktet. Also wir versuchen im Stundentakt zu veröffentlichen, den Newstask bedienen eben quasi die Studenten oder Referendare, wie ich vorhin schon angesprochen habe, die schreiben Nachrichten, die haben den ganzen Tag die Nachrichtenlage im Blick.
Unser Chef vom Dienst hat den ganzen Tag die Nachrichtenlage im Blick und die besprechen, was macht man jetzt quasi spontan, was einfach reinkommt. Ansonsten haben wir eine Wochenplanung und eine Tagesplanung, die wir machen. Und wenn es irgendwie mal ruhig läuft, dann arbeiten sie einfach das ab, was sie für den Tag eingeplant hatten.
Das sind dann eben so 10 bis 15 Artikel, also News und vorbereitete Hintergrundbeiträge, die wir selbst geschrieben haben oder von Gastautoren verfasst wurden. Oder es läuft halt nicht planmäßig, das ist in etwa 80 Prozent der Zeit so, dass es nicht planmäßig läuft, sondern irgendwas kommt rein, was einfach aktuell ist, was vorgezogen werden muss.
Dann wird der Plan umgeschmissen. Irgendwer wird dafür abgestellt. Aber es ist schon, es ist kein entspannter Job. Das muss man sagen. Man muss den Job lieben.
Das muss man mögen. Man muss Hektik mögen. Man muss irgendwie, man darf kein Problem damit haben, wenn man aus seiner Arbeit rausgerissen wird und man sich spontan mit was anderem beschäftigen muss. Das ist eine Typfrage.
Das muss man können und wollen.
Und das klang ja jetzt schon so ein bisschen durch, dass da jetzt auch so die eine oder andere Managementaufgabe letztlich für Sie dazu gekommen ist. Sie müssen dann gewisse Leitlinien vorgeben, müssen zusehen, Sie haben selber schon angesprochen, dass die Struktur sozusagen eingehalten wird, dass das alles stimmt.
Ist das dann sozusagen auch der Teil, wie sich Ihre juristische Arbeit über die letzten Jahre gewandelt hat, dass solche Aufgaben dazugekommen sind?
Naja, die LTU-Redaktion ist natürlich gewachsen. Wir haben damals angefangen mit zwei Redakteuren und einem Studenten. Das sind jetzt natürlich doch schon einige Leute mehr. Und da ist natürlich meine Hauptmanagementaufgabe, ich bin Teamleiter, wie jeder andere Teamleiter auch.
Ich mache wahnsinnig profane Dinge wie Redaktionspläne aufstellen, sodass einfach die Redaktion so besetzt ist, dass wir die eben angesprochene Taktung halten können. Ich bin aber natürlich auch viel unterwegs mit den Jungs, sag ich immer, mit den Kollegen aus dem Produkt und Sales.
Das heißt, wir entwickeln ja auch die LTO weiter. Es gibt viele Dinge, an denen ich mit beteiligt bin, die jetzt eben über die reine inhaltliche Leitung hinausgehen. Aber meine Hauptaufgabe ist es eigentlich schon Leitlinien für die Redaktion vorzugeben.
Das heißt, wir entscheiden schon gemeinsam und wenn es mal Stress gibt, dann bin eben am Ende ich die letzte Instanz, die die Entscheidung trifft. Was machen wir heute, was machen wir nicht? In vielen Fällen ist ehrlich gesagt die Entscheidung, was man nicht machen will, viel schwieriger als die, was man machen will.
Denn sie haben halt begrenzte Ressourcen, manchmal müssen sie auch was strategisch entscheiden, was ist jetzt aus strategischen Gründen nicht spannend, was würde vielleicht wahnsinnig viel Traffic bringen, wie so eine Frau aus Porto oder Bordeaux, ist aber strategisch nicht relevant, weil sie am selben Tag die Vorratsdatenspeicherung vom EuGH haben. So, dann muss man sagen, will ich jetzt den kurzfristigen Traffic haben oder will ich, wenn die Ressourcen knapp sind, die Vorratsdatenspeicherung haben und die gesamte restliche Redaktion muss mitlaufen.
Das heißt, das sind in der Regel Entscheidungen, die ich dann auch einfach über den Tag verteilt treffe. Natürlich treffe ich die in der Woche davor und auch immer in Absprache mit allem. wir sind ein journalistisches Team, da lässt sich auch keiner allzu viel Vorschrift machen und das soll auch so sein.
Jeder Journalist hat seine Themen, hat seine Agenda, Dinge, die wichtig sind, die relevant sind, die wir für relevant für die Leser halten. Aber es gibt eben drei sozusagen strategische Punkte, Ziele, die ich verfolge. Das heißt, einerseits Traffic, natürlich, davon leben wir, wir leben von einer großen Reichweite.
Andererseits Umsatz, das heißt zum Beispiel Karriere-Themen sind eben wichtig, weil die eben das Feld bespielen, mit dem wir primär Geld verdienen und dann, wir nennen das Marke. Also das, was tatsächlich relevante Themen sind für unsere Zielgruppe, die die Relevanzschwelle überschreiten, die nicht nur für ein Rechtsgebiet wichtig sind zum Beispiel.
Und auf der anderen Seite bin ich auch sehr froh, dass wir die letzten Jahre ein bisschen das Investigativressort noch ausbauen konnten. Wir können jetzt etwas mehr selbst recherchieren. Wir haben ein Hauptstadtbüro in Berlin.
Das heißt, da haben wir auch noch mal strategisch neue Punkte gesetzt. Und da muss man eben jeden Tag wieder neu entscheiden. Das ist in der Hauptsache meine Aufgabe.
Wie gesagt, die mache ich nicht alleine. Die mache ich mit allen. Und das kostet uns auch viel Zeit und Energie, uns da auseinanderzusetzen. Aber am Ende, wenn wir uns nicht einigen können, treffe ich die Entscheidung.
Haben Sie ein Lieblingsrechtsgebiet oder so ein Fable für irgendwas? Also ich denke mal nicht, es ist, dass Sie jetzt unbedingt ganz viele True-Crime-Podcasts hören, wie mir letztens mal jemand sagte, ja, wenn ich an Jura denke, muss ich immer an True-Crime denken.
Ehrlich gesagt, ich auch. Ich liebe True True Crime Podcast.
Ach doch. Ja.
Das liegt aber daran, dass ich tatsächlich auch selbst aus dem Strafrecht komme. Also ich habe sowohl im Studium und im Referendariat als auch in den ersten drei Jahren hauptsächlich Strafrecht gemacht. Ah, okay.
Und lustige Kombination etwas Presserecht. Und das sind auch die Rechtsgebiete, an denen mein Herz weiterhin hängt. Ich mache auch am liebsten, also ich mache tatsächlich auch sehr, sehr gerne Werkbank, nämlich Gerichtsberichterstattung. Da bietet es sich natürlich auch am ehesten an zu Strafverfahren.
Fahren und da so ein bisschen Kontext Strafverfassungsrecht, also am liebsten, ich glaube die beste Entscheidung, die ich hier erleben werde, war das, Sterbehilfeurteil des Bundesverfassungsgerichts aus diesem Jahr, wo ich auch eben vor Ort sein durfte und da muss ich sagen, da hat man schon Tränen in den Augen, auch als Journalistin mit so einem strafrechtlichen Kontext, also alles, was Strafrecht ist und was Recht am Anfang und Ende des Lebens betrifft, also quasi einen hart verfassungsrechtlichen Hintergrund hat, das ist so das, wofür mein Herz rechtsgebietsmäßig mäßig schlägt.
Und natürlich ansonsten, ich bin Journalistin für gute Geschichten. Also ob das jetzt irgendwie der Diesel-Skandal ist oder ob das der Anwalt ist, der das NSU-Opfer erfunden hat und immer noch vor Gericht steht, weil er nicht, weil eben niemand nachweisen kann, dass er es getan hat bisher. Der Mann ist unschuldig, bis ihm das Gegenteil bewiesen wird.
Traumhafte Geschichten. Dafür mache ich den Job.
An der Stelle sei auf irgendwas mit Recht Episode 42 mit Frank Preutigam verwiesen, der nämlich zu genau diesem Sterbehilfeurteil da auch noch ein kleines bisschen was erzählt. Welche gesellschaftliche Aufgabe, und vielleicht biegen wir damit so ein bisschen auf die Zielgerade ein, verfolgen Sie denn als Journalist? Denn wir sind natürlich gerade auch hier in einem politischen Klima, wo dem Journalismus schon mal das ein oder andere vorgeworfen wird.
Wie sehen Sie das denn aus der Innensicht?
Also, ich glaube, dass tatsächlich, das klingt jetzt immer so her, aber ich meine das ganz ernst, genauso wie bei Publikumsmedien auch, ist es für uns als so eine Mischform zwischen Publikumsmedien und Fachmedium, ist das Allerwichtigste zu sagen, was ist. Den alten Spiegelgrundsatz einzuhalten, das ist das Allerwichtigste.
Es ist aus meiner Sicht unsere Aufgabe, ganz spezifisch als LTO, an vielen Stellen offenzulegen, dass vieles, was als Recht getarnt ist, in Wahrheit Politik ist. Das empfinde ich immer als ganz wichtige Aufgabe. Und gerade in diesem Kontext, den Sie jetzt gerade angesprochen haben, Lügenpresse und so weiter, womit wir uns ja alle seit Jahren rumschlagen, denke ich, dass es sehr, sehr relevant ist, zu erklären, wie Recht funktioniert.
Zu erklären, dass ein Rechtsstaat nicht in irgendeiner Luftblase existiert. Zu erklären, wie Justiz funktioniert, wie Anwälte arbeiten. Das ist nicht immer nur gut. Das funktioniert auch nicht immer gut.
Wir haben zum Beispiel 2018 unsere Kommentarspalte geschlossen, weil wir eben feststellen mussten, dass wahnsinnig viele Reichsbürger, Trolle, heute wären das Corona-Leugner, sich auf unserer Seite rumtrieben, eben weil die sich von Rechtsthemen magisch angezogen fühlen. Wenn sie nicht ans Recht glauben, dann sind sie auf Rechtsseiten unterwegs und versuchen die zu haten.
Und wir sind daran damals gescheitert. Das soll nicht für immer so bleiben. Wenn wir noch ein bisschen mehr Ressourcen aufbauen, möchten wir das unbedingt wieder öffnen. Aber das war etwas, wo wir gesagt haben, wir möchten das nicht mehr.
Wir möchten diesem Hass kein Tor mehr öffnen. Und ich sehe das auch, wenn das jetzt sehr pathetisch klingt und ich glaube, das kann ich für alle meine Redaktionskollegen auch sagen, schon so, dass es Teil unserer Aufgabe ist, dem Hass Fakten entgegenzusetzen. Gerade auch im Rechtsbereich ist das super wichtig.
Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben.
Sehr gerne, hat großen Spaß gemacht.
Danke, tschüss.
Danke.