IMR795. Apr 21
IMR079: Auslandsstudium und Digitalisierung des Rechts | Interview Professorin

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IMR079: Auslandsstudium und Digitalisierung des Rechts | Interview Professorin

Prof. Dr. Susanne Gössl, Professor | Universität Kiel

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Über diese Episode

Folge 79 Deines Jurapodcasts zu allen Karriere- und Examensthemen

Digitalisierung - Künstliche Intelligenz - Algorithmen - Diskriminierung - Internationale Fälle - Internationales Privatrecht (IPR) - Rechtsvergleichung - Seerecht - Habilitation - Promotion - LLM - Auslandsaufenthalte - Examensvorbereitung - Cybermobbing - Legal Tech - Blockchain - Digitale Güter - BGB digitaler Inhalteabschnitt - Urheberrechtsgesetz Diensteanbieter Haftung - Elektronisches Wertpapiergesetz - Europäisches Verbraucherschutzrecht - EuGH Rechtsprechung

Prof. Dr. Susanne Gössl gibt Einblicke in ihre zahlreichen Auslandsaufenthalte, ihr Studium in Köln und ihre anschließende Promotion. Wir sprechen darüber, warum die Promotionszeit eine der besten Zeiten ihrer Ausbildung war und warum sie sich anschließend sogar ein kleines bisschen zurücksehnte. Zudem geht es um ihre Habilitation und die Entscheidung dazu. Einen weiteren Schwerpunkt unseres Gesprächs bildet die Digitalisierung des Rechts: Was haben Blockchain und Co mit moderner Juristenausbildung zu tun? Inwieweit findet Diskriminierung durch KI statt? Was denkt Ihr? Schreibt uns gerne Eure Meinung an feedback@irgendwasmitrecht.de.

Kapitel:

  • 01:00 - Vorstellung Prof. Dr. Susanne Gössl
  • 02:15 - Auslandsaufenthalte
  • 06:17 - Studium in Köln
  • 08:35 - Digitale Güter
  • 12:20 - Entscheidung zur Habilitation
  • 15:31 - Habilitation
  • 17:41 - Professur in Kiel
  • 20:04 - Digitalisierung des Rechts
  • 21:51 - Diskriminierung durch KI
  • 24:24 - Digitales in der Juristenausbildung
  • 27:50 - Digitale Revolutionen

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Zu Gast

Susanne Gössl

Susanne Gössl

Kapitel

  • 00:01:00.686Vorstellung Prof. Dr. Susanne Gössl
  • 00:02:15.166Auslandsaufenthalte
  • 00:06:17.954Studium in Köln
  • 00:08:35.971Digitale Güter
  • 00:12:20.145Entscheidung zur Habilitation
  • 00:15:31.753Habilitation
  • 00:17:41.565Professur in Kiel
  • 00:20:04.547Digitalisierung des Rechts
  • 00:21:51.360Diskriminierung durch KI
  • 00:24:24.387Digitales in der Juristenausbildung
  • 00:27:50.466Digitale Revolutionen

Über Universität Kiel

Die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel ist eine traditionsreiche, zugleich forschungsstarke Landesuniversität Schleswig-Holsteins. Ihr Hauptsitz liegt unweit der Kieler Förde; rund 3.500 Mitarbeitende, darunter etwa 400 Professorinnen und Professoren, lehren und forschen hier in acht Fakultäten. Die Rechtswissenschaftliche Fakultät deckt das komplette Spektrum von Zivil-, Straf- und öffentlichem Recht bis hin zu Schwerpunkten wie Digitalisierung des Rechts und maritime Rechtsfragen ab und profitiert von der engen Verzahnung mit anderen Disziplinen sowie den Exzellenzclustern der Universität. Wer erfahren möchte, wie diese besondere Forschungsatmosphäre klingt und was Juristinnen und Juristen an der CAU erwartet, sollte unbedingt in unsere Folge reinhören – denn dort segeln wir gemeinsam unter Kieler Flagge durch die Welt des Rechts.

"
Die Digitalisierung verändert die juristische Arbeit im Beruf tiefgreifend, und künstliche Intelligenz ist ein zentrales Thema, das unsere Rechtsordnung vor große Herausforderungen stellt.

Sneak Peak – Q&A mit Susanne Gössl

Transkript

KI-basiert und kann Fehler enthalten.

Music:

0:11 Min
Marc Ohrendorf:

Herzlich willkommen zu einer neuen Episode Irgendwas mit Recht. Heute mal wieder in Kooperation mit LTO und LTO Karriere. Mir gegenüber sitzt hier im schönen Köln Frau Professor Susanne Gößel. Hallo.

0:26 Min
Susanne Gössl:

Hallo.

0:26 Min
Marc Ohrendorf:

Frau Gößel, wir sprechen heute unter anderem, weil das hier eine Episode ist, die sich so ein kleines bisschen anknüpft an die Episode mit Bianca Skraback. Und da haben wir über die gute Promotion für Juristinnen gesprochen.

NaN
Marc Ohrendorf:

Heute geht es ein kleines bisschen weiter. Wir sprechen mal so über die digitale Arbeitswelt für Juristinnen und wie die Digitalisierung, die juristische Forschung, aber auch die praktische Tätigkeit beeinflusst, was sie da ausmacht und welche Fragen in dem Zusammenhang sich alle stellen könnten. Wir gucken mal, wo es uns hinführt, würde ich sagen.

0:59 Min
Susanne Gössl:

Sehr gerne.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Aber wir fangen am Anfang an. Wo haben Sie studiert? Wo kommen Sie her?

1:03 Min
Susanne Gössl:

Ich komme aus Köln und ich habe auch in Köln studiert. Habe auch das erste Examen in Köln gemacht. Danach habe ich ein LLM in New Orleans in den USA gemacht.

NaN
Susanne Gössl:

Dann bin ich zur Promotion nach Köln zurück. Ach genau, vorher habe ich noch ein Erasmus-Semester in Neapel gemacht. Das wollte ich für dich auch noch erzählen. Dann bin ich zum Referendariat nach Hamburg gegangen und danach bin ich nach Bonn zur Habilitation gegangen.

NaN
Susanne Gössl:

In meinem Referendariat war ich noch auch in den USA bei der Weltbank in DC und dann später noch in Chile in einer Rechtsanwaltskanzlei.

1:33 Min
Marc Ohrendorf:

Sind Sie ja gut rumgekommen.

1:34 Min
Susanne Gössl:

Genau. Und ich hatte eben auch vergessen, nach meinem Master habe ich noch in Colorado in den USA noch gearbeitet. Also in den USA war ich an einigen Orten. Und genau, dann bin ich nach Bonn zur Habilitation zurückgekommen und dann habe ich noch eine Gastprofessur in Ghent gehabt und dann hat es mich nach Kiel berufen.

NaN
Susanne Gössl:

Und da bin ich jetzt seit etwas mehr als einem Jahr Professorin.

1:52 Min
Marc Ohrendorf:

Und wofür? Was machen Sie da genau?

1:54 Min
Susanne Gössl:

Das ist ein langer Titel, Professur für bürgerliches Recht und die Digitalisierung im deutschen, ausländischen und internationalen Privatrecht.

2:01 Min
Marc Ohrendorf:

Und auf Deutsch?

2:03 Min
Susanne Gössl:

Also ich mache Zivilrecht und dann insbesondere Fragen der Digitalisierung und darüber hinaus Rechtsvergleich und IPR und auch gerne mit Fragen der Digitalisierung. Ich habe auch zur Digitalisierung promoviert hier in Köln bei Herrn Mansell.

2:13 Min
Marc Ohrendorf:

Ah ja, okay. Gut, bevor wir uns diesem Digitalisierungsthema widmen, würde ich ganz gerne mal so ein kleines bisschen was über die ganzen Auslandsaufenthalte erfahren. Fangen wir mal am Anfang an. Erasmus ist den meisten vielleicht noch ein Begriff, ist ein Programm der EU, momentan wegen Corona ein bisschen schwerer, aber man kommt damit relativ gut sozusagen rum und mal mindestens ein Semester, vielleicht auch zwei weg.

NaN
Marc Ohrendorf:

Sie haben gesagt, Sie waren in Neapel, ne? Wie kam es denn dazu?

2:38 Min
Susanne Gössl:

Das war, glaube ich, mein Drang. Ich hatte es ja eben gesagt, dass ich aus Köln komme und in Köln studiert habe, dass ich mal so weit wie möglich weg wollte, aber jetzt finanziell auch nicht die Möglichkeiten hatten, nach Japan oder so zu gehen. Also ich war auf Erasmus angewiesen und ich wollte eben auch so weit wie möglich weg, was Kulturelles betrifft.

NaN
Susanne Gössl:

Und dann habe ich gedacht, Süditalien ist schon relativ weit weg. Und dann hatte Köln eben in Süditalien eine Partnerschaft mit Neapel und mit Lecce. Und bei Lecce hatte man mir als Erfahrungsbericht gesagt, da kann man gut surfen lernen und am Strand liegen.

NaN
Susanne Gössl:

Und in Neapel, es sei anders. Und daraufhin habe ich gedacht, gehe ich lieber nach Neapel, gehe ich lieber in eine Großstadt.

3:11 Min
Marc Ohrendorf:

Woher kam denn der Drang, mal so eine ganz andere Kultur sehen zu wollen?

3:16 Min
Susanne Gössl:

Ich glaube, ich war dieser ganzen Kultur in Deutschland einfach müde und wollte mal was anderes sehen. Ich hatte wirklich das Gefühl, ich kenne noch zu wenig von der Welt und muss mal was anderes kennenlernen. Okay.

3:26 Min
Marc Ohrendorf:

Und danach haben Sie dann gesagt, da bleibe ich bei, das ist ein gutes Modell, überall wo es geht, möchte ich nochmal woanders hin.

3:32 Min
Susanne Gössl:

Kann man schon so sagen. Ich finde es auch gerade etwas schade, dass durch Corona es so schwierig ist zu reisen und auch andere Auslandsaufenthalte zu machen. Aber ich bin aus jedem Auslandsaufenthaltsbereich herausgegangen.

NaN
Susanne Gössl:

Also sowohl persönlich, weil mir das immer Stärke gegeben hat und auch wissensmäßig. Also es ist einfach toll, andere Kulturen kennenzulernen, Leute kennenzulernen, auch wiederum Ausländer, die im Ausland leben. Das ist auch nochmal so eine eigene Subkultur, die sehr, sehr spannend ist.

NaN
Susanne Gössl:

Und auch einfach zu merken, wie ich dann mehr und mehr in die Sprache reinfinde und dann auch in die Kultur. Also ich weiß noch in Neapel, da habe ich mit fünf Neapolitanerinnen zusammengewohnt und am Anfang haben die da am Tisch gesessen und ich habe einfach überhaupt nichts verstanden.

NaN
Susanne Gössl:

Und irgendwann habe ich so begonnen, irgendwie die Thematik zu erfassen und irgendwann habe ich begonnen, auch so subtile Untertöne zu erfassen und dann habe ich irgendwann verstanden, was ein Witz war und ganz am Ende habe ich es geschafft, auf den Witz zu antworten. Und das war, glaube ich, mein Moment, wo ich gedacht habe, okay, jetzt bin ich wirklich angekommen.

4:22 Min
Marc Ohrendorf:

Und wie läuft das dann eigentlich beispielsweise in Süditalien mit den Vorlesungen ab? Das war nach alles auf Italienisch, nehme ich an, ne?

4:28 Min
Susanne Gössl:

Ja, habe ich sehr viel gelernt. Ich habe danach das deutsche Ausbildungssystem sehr zu schätzen gelernt. Das war typischerweise so, dass der Professor, typischerweise ein Mann, deswegen auch wirklich Professor, reinkam, sich vorne hingesetzt hat und angefangen hat zu reden.

NaN
Susanne Gössl:

Und meine Kommilitoninnen aus Italien, die stellten zum Teil Tonbandgeräte vor ihn und er war auch so freundlich und hat den dann weiter gespult oder die Kassette rumgedreht, je nach Tonbandgerät. Und die haben dann tatsächlich aufgenommen, wortwörtlich, was er gesagt hat und sind dann nach Hause gegangen.

NaN
Susanne Gössl:

Das habe ich bei einer meiner Mitbewohnerinnen mitgekriegt, haben es abgeschrieben und dann auswendig gelernt.

4:59 Min
Marc Ohrendorf:

Wow.

4:59 Min
Susanne Gössl:

Ja, das war überraschend für mich. Und dann die Prüfung ist tatsächlich eine mündliche Prüfung, in der irgendwie 300 Leute in einem Raum sind und dann immer fünf Stück nach dem Zufallsprinzip nach vorne gerufen werden und dann geprüft werden und dann tatsächlich runterspulen müssen, was der Professor vorher gesagt hat.

5:13 Min
Marc Ohrendorf:

Also wir sitzen hier gerade, das kann man mal verraten, in einer alten Druckerei. Und neben uns, so fünf, sechs Meter entfernt, steht eine alte Druckerpresse. Da fragt man, und hier auf der anderen Seite sind ganz viele Schriftarten aufgeführt, da fragt man sich, dann kann man die einsetzen und damit Bücher drucken, da fragt man sich so ein kleines bisschen, das war dem Professor unbekannt, der wollte lieber sein Ego bespielt haben und noch ein kleines bisschen…, Vorlesen oder Vortragen, ja?

5:37 Min
Susanne Gössl:

Genau, die Fachschaft dort hat auch tatsächlich Bücher herausgegeben, in denen diese Mitschriften, also die aufgenommenen Mitschriften gedruckt wurden, die man sich auch holen konnte. Also es war ein großes Geschäft da auch.

5:48 Min
Marc Ohrendorf:

Unglaublich. Und dann, mussten Sie Klausuren schreiben am Ende?

5:51 Min
Susanne Gössl:

Nee, ich musste nur diese mündlichen Prüfungen machen. Nur Prüfungen. Eine war auch lustig, weil der Professor dann nicht erschienen ist und ein wissenschaftlicher Mitarbeiter, den ich zufällig getroffen habe, und er dann die Buchhandlungen in der Umgebung abgesucht haben, ob sie ihn möglicherweise finden können.

NaN
Susanne Gössl:

Am Ende hat dann eine wissenschaftliche Mitarbeiterin, die die Vorlesung aber gar nicht besucht hatte, mich geprüft. Das war dann auch auf einem sehr leichten Niveau, aber gut. Ich habe mich dann auch nicht beschwert.

6:11 Min
Marc Ohrendorf:

Ja, das ist ja jetzt auch keine Seltenheit während Erasmus, dass man da dann irgendwie schon durchkommt. Ja. Ja, ist ja auch in Ordnung. Okay, und dann zurück nach Köln, hier Examen. Und wussten Sie dann eigentlich schon, jetzt möchte ich promovieren oder wie ging es weiter?

6:25 Min
Susanne Gössl:

Genau, also ich habe meinen Schwerpunkt hier gemacht im, ich glaube Nummer 5 ist das, 5 oder 6, IPR. Ich habe die leider schon so lange her nicht mehr im Kopf. Und da hat es mich irgendwie quasi wie eine große Liebe erwischt, aber ich fand IPA in der ersten Vorlesung im vierten Semester, fand ich einfach geil.

NaN
Susanne Gössl:

Und seitdem war ich besessen vom IPA und habe tatsächlich auch den Kegel Schurig, das ist ein Lehrbuch meiner Badewanne gelesen, weil ich den so schön fand und so entspannt, also wirklich so ein bisschen pervers.

6:47 Min
Marc Ohrendorf:

Aber warum denn? Also jetzt nicht das Lesen in der Badewanne, sondern was ist dann am IPA so schön?

6:51 Min
Susanne Gössl:

Also zum einen ist es spannend zu sehen, dass es andere Rechtsordnungen gibt, die Sachen anders machen und trotzdem zu einem guten Ergebnis kommen. Das finde ich irgendwie sehr entspannt für mich, zu wissen, dass es auch anders geht.

NaN
Susanne Gössl:

Zum anderen finde ich spannend, die dahinterstehende Kultur kennenzulernen. Und dann hat das IPA diesen großen Vorteil, man muss, um das IPA zu verstehen, eigentlich die gesamten dahinterstehenden Rechtsordnungen verstehen, weil das IPA ja quasi ein Abstraktionslevel darüber ist und so rauszoomt. Aber man muss die Dogmatik verstehen, um später damit arbeiten zu können.

NaN
Susanne Gössl:

Und das fand ich, dieses abstrakte Level, das fand ich und finde ich bis heute extrem spannend, weil es eben dazu führt, dass ich dadurch eigentlich mir das gesamte Zivilrecht verinnerlichen musste, ehe ich überhaupt auf einem EPA auf einem normalen Niveau arbeiten konnte.

7:29 Min
Marc Ohrendorf:

Da würde ich mal einwerfen, dass das für den einen oder anderen im Studium jetzt gerade eher abschreckend klingen dürfte, dass man erst mal das alles wissen muss, um dann überhaupt beim IPR mitsprechen zu dürfen.

7:38 Min
Susanne Gössl:

Das stimmt. Ich fand es auch zwischendurch extrem schwierig, aber andererseits, als ich es dann geschafft habe, oder ich weiß nicht, ob ich es geschafft habe, aber auf jeden Fall habe ich das Gefühl, ich bin nicht mehr, man kann sich ja immer fragen, ob man das deutsche Zivilrecht verstanden hat, aber das Gefühl, im IPR jetzt navigieren zu können, das gibt mir extreme Befriedigung.

NaN
Susanne Gössl:

Das macht einfach Spaß. Also sobald man das Niveau dann hat, und das hat mir auch im Studium dann damals im Schwerpunkt sehr viel Spaß gemacht einfach.

7:59 Min
Marc Ohrendorf:

Ja, okay, gut. Promotion war dann irgendwie einfach klar oder war eigentlich auch der Weg zur möglichen Professur schon klar, so als ganz Fernziel oder?

8:06 Min
Susanne Gössl:

Gar nicht, gar nicht, gar nicht. Ich wollte nie Professorin werden. Ich wollte immer Anwältin werden, weil ich eher so eine Aktivistin bin. Ich setze mich gerne für Sachen ein und ich habe mir immer gedacht, ich brauche jemanden, gegen den ich kämpfen kann.

8:16 Min
Marc Ohrendorf:

Aber das geht doch im Rahmen der Hochschulpolitik auch.

8:18 Min
Susanne Gössl:

Ja, also inzwischen beschwere ich mich auch nicht, aber damals war das wirklich fernliegend. Ich wollte dann die Promotion machen, das wollte ich so für mich selber machen. Weil mir das IPA wirklich so viel Spaß gemacht hat, meine Schwerpunktarbeit zu schreiben, war auch echt eine wunderschöne Zeit, einfach so dieses wirklich in die Wissenschaft einzutauchen.

NaN
Susanne Gössl:

Und Herr Mansel, der dann später mein Doktorvater war, hat mir dann auch eine Promotion angeboten. Und das haben wir gemacht. Ich war daneben studentische Hilfskraft bei einem anderen Professor, bei Herrn Peifer im Medienrecht.

NaN
Susanne Gössl:

Und deswegen habe ich die Promotion eben auf dieser Schnittstelle zwischen Medienrecht und IPA gemacht und habe zur Digitalisierung und wie werden eigentlich digitale Güter kollisionsrechtlich behandelt? Wie Transaktionen über digitale Güter, was ist eigentlich ein digitales Gut und wo wird das verortet? Denn das IPA verortet ja immer Dinge. So bin ich dann zu meinem Thema gekommen.

9:03 Min
Marc Ohrendorf:

Ja, was ist denn ein digitales Gut? Also heutzutage würde man irgendwie sagen, gerade so in der Medienwelt ist das alles relativ klar, aber da gibt es auch wahrscheinlich noch mehr, oder?

9:11 Min
Susanne Gössl:

Eigentlich, theoretisch ist alles, was an der MP3 ist, ein digitales Gut. Damals gab es ganz groß Second Life, ein Spiel mit virtuellen Schwertern oder World of Warcraft. Das sind natürlich dann auch digitale Güter.

NaN
Susanne Gössl:

Die sind aber eher langweilig, weil die ja in diesem Spielsystem sind. Dann, wenn wir über Bitcoin reden, also alle Token, die es gibt, das sind alles digitale Güter.

9:29 Min
Marc Ohrendorf:

Das heißt, wir haben jetzt natürlich neu auch gerade dieses Ganze, man kann sich mal einen Tweet kaufen und das wird auf der Blockchain gespeichert. Das wäre dann ja auch ein digitales Gut.

9:37 Min
Susanne Gössl:

Ja, klar. Oder wenn man auf Facebook eine Blume kauft und jemandem schenkt, das ist theoretisch auch ein digitales Gut.

9:43 Min
Marc Ohrendorf:

Und was zeichnet so ein Digital, also klar, ist nicht irgendwie greifbar, der hat keine physische Präsenz, außer jetzt irgendwo rein theoretisch ein paar Bits auf irgendeiner Festplatte, aber die kann man wahrscheinlich außen vor lassen. Was sind denn da im IPR dann die Fragen, die da so auftauchen?

9:56 Min
Susanne Gössl:

Ja, eigentlich muss man dem Vorgelagerten sich eben fragen, was ist eigentlich das digitale Gut rechtlich? Und da kommt man eben relativ schnell zum Ergebnis, eigentlich ist das überhaupt nichts rechtlich. Also rechtlich existiert es erstmal so gar nicht, sondern es kann immer in Verbindung mit anderen Rechten stehen.

NaN
Susanne Gössl:

Also es kann eine Forderung bestehen, die dann in diesem digitalen Gut manifestiert wird. Muss sie aber nicht.

10:17 Min
Marc Ohrendorf:

Okay, aber wenn ich jetzt zum Beispiel ganz laienhaft da rangegangen bin, also ich habe jetzt eine Blume auf Facebook und dafür habe ich Geld bezahlt. Oder ein Skin in Fortnite oder was auch immer, ja. Dann habe ich ja schon irgendwo aber eine Forderung gegen den Plattformbetreiber oder Spielebetreiber, dass der mir das dann auch zur Verfügung stellt, oder?

10:34 Min
Susanne Gössl:

Genau, das ist die Forderung. Das meine ich, man hat immer ein Recht, an das es angedockt sein kann. Dann hat man eine Forderung, dass man beispielsweise diese Dienstleistung von dem Anbieter kriegt, dass die Blume angezeigt wird oder übertragen wird, was auch immer in dem Account gut geschrieben wird.

NaN
Susanne Gössl:

Problematisch wird es dann, wenn wir tatsächlich in der Blockchain sind, weil da haben wir ja keine direkten Ansprüche mehr, es sei denn, es ist eine geschlossene Blockchain und es bestehen dann doch Ansprüche. Aber da ist tatsächlich das Problem, dass wir eigentlich niemanden haben, gegen den man Forderungen geltend machen kann.

11:00 Min
Marc Ohrendorf:

Weil es nur im Netzwerk funktioniert, dezentral eben.

11:02 Min
Susanne Gössl:

Genau. Und das ist dann sehr, sehr spannend, sich zu überlegen, was da eigentlich rechtlich hintersteht, ehe man dann im IPR sich überhaupt fragen kann, was ist eigentlich so eine Transaktion?

11:12 Min
Marc Ohrendorf:

Was mich gerade mal zu einer vielleicht jetzt etwas zu weitführenden Frage bringt, aber wo wir gerade so darüber plauschen. Ist es nicht eigentlich so, dass mit der ganzen Digitalisierung auch Landesgrenzen zunehmend verwischen Und dass man am Ende vielleicht sogar sagen muss, tja, da gibt es Herausforderungen, dass sich überhaupt die Frage stellt, ist das noch rechtlich regelbar und wenn ja, wie? Also jetzt gerade so Stichwort Blockchain, ich habe da irgendwie dezentral Akteure, kann nicht wirklich nachvollziehen, wo die sind.

NaN
Marc Ohrendorf:

Da gerät doch dann wahrscheinlich das Recht auch schon mal an eine Grenze zu sagen, nee, okay, das muss jetzt aber nach dem und dem Recht regelbar sein.

11:46 Min
Susanne Gössl:

Eine ganz alte Frage. Also die war auch schon vor meiner Dissertation tatsächlich auch schon seit Aufkommen des Internets wurde das wahrscheinlich diskutiert, ob das Recht sich nicht eigentlich quasi kapitulieren sollte. Ich würde sagen, inzwischen gibt es wieder so eine Welle zurück, gerade weil China auch sehr gut zeigt, dass man das Internet sehr gut kontrollieren kann.

NaN
Susanne Gössl:

Und da habe ich das Gefühl, das wird wieder zurückterritorialisiert quasi. Aber das IPA ist natürlich auch immer vorneweg dabei, ja, aufzuzeigen, dass die Digitalisierung schon eben Grenzen eigentlich immer stärker abbaut. Einfach alleine, weil die Akteure immer mehr aus verschiedenen Ländern kommen und es deswegen auch immer mehr internationale Fälle einfach gibt.

12:21 Min
Marc Ohrendorf:

Gut, dann war die Doktorarbeit fertig und dann fiel die Entscheidung für, na vielleicht oder, nee, noch nicht.

12:28 Min
Susanne Gössl:

Also ich bin dann nach Hamburg gegangen, ich habe meine Arbeit abgegeben und die ist dann noch ein bisschen liegen geblieben und bin ins Referendariat gegangen. Also die erste Abgabe, genau. Und im Referendariat habe ich dann gedacht, ich nutze das Referendariat, um praktisch tätig zu werden und einfach mal herauszufinden, was ich werden will.

NaN
Susanne Gössl:

Ich habe dann nebenher in einer Kanzlei gejobbt, in einer Kanzlei, die Seerecht macht. Genau, ich war ja, das haben wir gerade übersprungen, ich war vorher noch in den USA in New Orleans, in Tulane und Tulane ist eine der besten Universitäten für Seerecht. Und privates Seerecht sind eben immer internationale Verträge.

NaN
Susanne Gössl:

Und deswegen hatte ich dann entschieden, dass ich in die Praxis will und dass ich ins Seerecht will. Bin nach Hamburg gegangen, weil das ja die Seerechtsstadt Deutschlands ist. Und da habe ich in einer Seerechtsboutique gearbeitet und das fand ich auch sehr, sehr schön.

NaN
Susanne Gössl:

Aber ich habe gemerkt, dass mir die Arbeit an meiner Diss fehlt. Und ich habe immer wieder von Leuten gehört, die ihre Diss abgeschlossen haben und drei Kreuze gemacht haben. Das ging mir nicht so.

NaN
Susanne Gössl:

Ich habe wirklich gedacht, ach, warum kann ich nicht noch weitermachen? Okay. Und irgendwann habe ich mir gedacht, ja Mist, irgendwie, ich mag Lehre, ich forsche gerne. Das ist eigentlich genau das, was man in der Wissenschaft, was man von einer Professorin erwarten sollte.

NaN
Susanne Gössl:

Warum mache ich das nicht eigentlich? Und dann habe ich überhaupt erst angefangen, darüber nachzudenken. Aber ich bin während des Referendariats, ich habe wirklich verschiedene Stationen ausprobiert, um quasi festzustellen, ob ich mich vielleicht nicht doch irre und es doch möglicherweise einen besseren Job gibt. Und am Ende habe ich gedacht, nee, ich versuche das jetzt einfach.

13:44 Min
Marc Ohrendorf:

Das ist ja eigentlich eine Success-Story fürs Referendariat, oder?

13:48 Min
Susanne Gössl:

Also ich kann das sehr empfehlen. Ich habe tolle Sachen kennengelernt, tolle Einblicke erhalten und auch wirklich Alternativen zur Wissenschaft gefunden. Also es ist jetzt gar nicht so, dass ich irgendwie gedacht habe, ich bin am Ende, es bleibt einfach nichts übrig, sondern es war nur immer so, dass die Wissenschaft am Ende immer noch so einen Tick darüber hinausging für mich persönlich.

NaN
Susanne Gössl:

Interessant. Genau. Also ich war zum Beispiel bei Bundesamt für Schifffahrt und Hydrographie und ich war vorher, ich hätte nie gedacht, dass das Verwaltungsrecht Spaß macht, aber da habe ich eben Bundesverwaltungsvollstreckung gemacht gegen Schiffe und das hat mir mega Spaß gemacht.

14:16 Min
Marc Ohrendorf:

Ach ja, okay.

14:16 Min
Susanne Gössl:

Ich hatte auch eine tolle Chefin, ich glaube, daran liegt das auch.

14:19 Min
Marc Ohrendorf:

Ich wollte auch gerade fragen, das darf man wahrscheinlich wieder nur halb, öffentlich wieder nur so halb sagen, aber das könnte auch eine Tauchstation sein, so wie das klingt, oder? Beim einen oder anderen.

14:28 Min
Susanne Gössl:

Aber war es nicht? Ich habe tatsächlich viel gearbeitet, aber ich habe auch viel gelernt.

14:33 Min
Marc Ohrendorf:

Gut, und dann ging es auf den Weg zur Professur, das heißt, Habild schreiben.

14:38 Min
Susanne Gössl:

Genau, ich hatte Riesenglück. Wirklich bis heute, glaube ich, das ist schon fast Schicksal gewesen, dass ich nämlich, während ich mich auf meine mündliche Prüfung vorbereitete, also ich war in Chile, bin zurückgekommen und habe in Hamburg schon ohne Wohnung bei einem Freund auf dem Sofa geschlafen. Und da habe ich durch Zufall die Ausschreibung gefunden aus der Bonner Fakultät, die mich zu meiner jetzigen, nein, jetzt nicht mehr, aber damaligen Chefin geführt hat.

NaN
Susanne Gössl:

Also das war ausgeschrieben und ich kannte die vorher nicht. Aber ich habe mir die Ausschreibung durchgelesen, habe gedacht, das ist krass, aber diese Frau sucht mich.

15:06 Min
Marc Ohrendorf:

Frau Dittloff.

15:07 Min
Susanne Gössl:

Frau Detloff, genau. Die Ausschreibung, die passte extrem gut auf mich und deswegen habe ich mich beworben und im Vorstellungsgespräch hatten wir beide, glaube ich, auch das Gefühl, dass es sehr, sehr gut passte.

15:16 Min
Marc Ohrendorf:

Wann war das, so in welchem Jahr ungefähr?

15:18 Min
Susanne Gössl:

Das war 2014.

15:19 Min
Marc Ohrendorf:

Ah ja, okay.

15:20 Min
Susanne Gössl:

Genau. Das war wunderbar vom Zusammentreffen. Ich habe nämlich mündliche gehabt und eine Woche später war Karneval, deswegen hatte ich auch einen guten Grund, nach Köln zu kommen. Und dann habe ich mich beworben und hatte eine Woche später das Vorstellungsgespräch. Also das perfekte Timing irgendwie alles.

15:31 Min
Marc Ohrendorf:

Schön, okay. Und wie ist denn das mit so einer Habilitation? Das ist ja jetzt, naja, wenn man sagt, ich vermisse die Diss, ist es wahrscheinlich eine ganz gute Zeit, oder? Aber auch schon auch anstrengend.

15:41 Min
Susanne Gössl:

Ist es. Also zum einen ist es ja so, dass man, wenn man eine Dissertation in einem Gebiet geschrieben hat, dass man dann die Habilitation im anderen Gebiet schreiben muss. Das heißt, ich durfte nicht im IPA.

NaN
Susanne Gössl:

Ich musste mir ein Thema wählen, was ich mag, weil ich wusste, ich muss mich motivieren, damit ich dranbleiben kann. Und das habe ich auch gefunden. Ich bin auch bis heute sehr angetan von meinem Thema.

NaN
Susanne Gössl:

Ich lese auch immer wieder gerne Sachen in dem Bereich. Aber es war natürlich dann trotzdem sehr viel Arbeit, weil man in der Habilitation einfach breiter sich aufstellen muss und einfach in viel mehr Bereiche gucken muss. Ich musste dann zum Beispiel ins Verfassungsrecht, weil ich mich mit dem Verhältnis von deutschem Verfahrensrecht und europäischem Verbraucherschutzrecht beschäftigt habe.

NaN
Susanne Gössl:

Und dann musste ich ins Verfassungsrecht, weil ja Verfahrensrecht öffentliches Recht ist. Und ich habe es ja eben, glaube ich, schon angedeutet, öffentliches Recht ist nicht so mein absoluter Favorite, wobei ich Verfassungsrecht wäre und mag. Und da habe ich relativ lange gebraucht, bis ich mich da reingefunden habe, beispielsweise.

16:33 Min
Marc Ohrendorf:

Aber den Tease, den können wir jetzt den Zuhörenden so nicht antun. Jetzt müssen wir noch kurz über das Thema sprechen, der Habil. Worum ging es dann ungefähr?

16:39 Min
Susanne Gössl:

Es gibt eben das europäische Verbraucherschutzrecht, das wir alle kennen aus den Vorlesungen. Und dann gibt es eine Rechtsprechung vom EuGH, die sagt, dass das nationale Verfahrensrecht, das nämlich nicht harmonisiert, nicht verhindern darf, dass die effektive Wirkung des europäischen unter anderem Verbraucherschutzrechts verhindert wird. Und ich bin jetzt hingegangen und habe mich gefragt, wie sieht das mit Verfahren aus, die auf einer parteiautonomen Entscheidung der Parteien beruhen am Ende, also Mediationen, Schiedsverfahren etc.

NaN
Susanne Gössl:

Wenn da jetzt Verbraucherrecht das Thema ist, inwieweit beeinflusst dann das Verbraucherrecht die Parteiautonomie, inwieweit kommt das ins Verfahrensrecht hinein und auf der anderen Seite, inwieweit kommt diese Rechtsprechung des EuGH hinzu und gibt einen Push in das Verfahrensrecht, bestimmte Entscheidungen nicht treffen zu dürfen. Das ist so in a nutshell mein Thema.

17:24 Min
Marc Ohrendorf:

Klingt wie ein spannendes Thema, wo man aber eine Stunde wahrscheinlich oder mehr mit sehr viel Vorbereitung drüber sprechen könnte und man müsste. Deswegen umschiffen wir das jetzt mal.

17:36 Min
Susanne Gössl:

Gerne, ich muss auch nicht, aber es ist relativ komplex, dann ins Detail zu gehen.

17:41 Min
Marc Ohrendorf:

Gut, dann sprechen wir mal ein kleines bisschen über Ihre heutige Tätigkeit als Professorin in Kiel. Ich habe Sie unter anderem kennengelernt über Instagram, weil Sie da einen Account haben, jetzt in der Corona-Krise, glaube ich, gegründet oder jedenfalls ausgebaut zum Thema gute Examenvorbereitung. Was hat es denn damit auf sich?

17:59 Min
Susanne Gössl:

Also es ist tatsächlich so, ich bin Anfang letzten Jahres Professorin geworden und ziemlich genau in dem Moment, in dem die Corona-Krise zu einem Shutdown führte, war mein Lehrstuhlteam so weit, dass ich was starten konnte organisatorisch. Und ich wollte sowieso einen Instagram-Account machen.

NaN
Susanne Gössl:

Und ich hatte damals in Kiel den Examenskurs gelesen, den ich dann in der letzten Woche abbrechen musste. Und mein Eindruck war, dass so von einem Tag auf den anderen insbesondere die Examskandidaten extrem alleine gelassen wurden. Das tat mir sehr leid, weil ich persönlich meine Examsvorbereitungszeit wirklich schrecklich fand.

NaN
Susanne Gössl:

So dieses, dass man so alleine sitzt und die ganze Zeit diesen Druck hat und nicht weiß, was jetzt kommt. Und dann hat man als rote Schnur noch irgendwie Vorlesungen oder Repetitor, je nachdem, was man besucht. Aber irgendwie ist es alles so in der Schwebe und unsicher und unschön.

NaN
Susanne Gössl:

Und dann dachte ich mir, jetzt ist diese Corona-Krise, jetzt sitzen alle zu Hause und sind nur mit sich und ihren Gedanken alleine, haben noch nicht mal dieses Soziale, was man sonst hat, was einen so ein bisschen rauszieht. Vielleicht kann ich da irgendwie so ein bisschen unterstützen und denen zeigen, dass wir an sie denken und dass wir auch helfen, soweit wir können.

NaN
Susanne Gössl:

Es war dann so ein bisschen problematisch, weil ich gerade ein Kind bekommen habe. Also ich habe im April letzten Jahres ein Kind gekriegt, das heißt, ich konnte auch nicht so präsent sein. Aber ich habe dann diesen Instagram-Account dafür genutzt, damals dann am Anfang sogar jeden Tag, einen Tipp, wie man sich vom Homeoffice aus fürs Examen vorbereiten kann.

NaN
Susanne Gössl:

Und also wir haben ganz banale Sachen gemacht, wie man Lehrbücher über die Universitäten findet, welche Podcasts es gibt. Da wird jedem der Podcast von Stefan Lorenz beispielsweise ein Begriff sein, aber es gibt daneben immer noch andere tolle Podcasts. Dann gibt es zum Beispiel verschiedene Möglichkeiten, höchstrichterliche Rechtsprechung, die examensrelevant ist, zu finden.

NaN
Susanne Gössl:

Da gibt es einen YouTube-Channel zu, es gibt verschiedene Podcasts inzwischen, aber damals gab es noch nicht so viele, etc. Es gibt Lehrbücher, die gratis online stehen. Es gibt Fallsammlungen online, etc., etc.

NaN
Susanne Gössl:

Auch Tipps, wie man sich psychisch vielleicht im Homeoffice dann organisieren kann. Solche Sachen. Und dann haben wir dazu Tipps auf dem Instagram-Account gemacht. Das setzen wir auch immer noch fort, weil es ja immer noch Neues gibt.

NaN
Susanne Gössl:

Allerdings sind wir inzwischen dazu, haben es ein bisschen runtergefahren. Wir machen es nicht mehr jeden Tag. Das war dann irgendwann auch zu viel. Sondern machen es noch so einmal die Woche, je nachdem, was gerade auch anfällt.

NaN
Susanne Gössl:

Und daneben machen wir Informationen zur Digitalisierung und spannende Fragen, die es da gibt.

20:03 Min
Marc Ohrendorf:

Was ist im letzten Bereich gerade so aktuell jetzt? Also das hier wird ja wahrscheinlich auch irgendwann nochmal nachgehört werden. Wir haben jetzt hier gerade so Frühling 2021. Also wer weiß, was sich bis dahin, wenn ihr das hier hört, wieder alles geändert hat. Was sind denn da gerade für Fragen aktuell?

20:21 Min
Susanne Gössl:

Gibt es ganz viele. Also was immer wieder momentan ein Dauerbrenner ist, sind Fragen von künstlicher Intelligenz. Künstlicher Intelligenz und zum Beispiel Diskriminierung durch Algorithmen. Aber das ist ein Thema, mit dem ich mich auch gerade beschäftige.

NaN
Susanne Gössl:

Vielleicht fällt mir da auch mehr auf. Was eben auch gerade sehr anliegt, ist, dass es mehrere EU-Richtlinien gibt, die ins deutsche Recht umgesetzt werden müssen, insbesondere im Urheberrecht und im Vertragsrecht. Da sind eben gerade die Referentenentwürfe draußen und da wird viel diskutiert.

NaN
Susanne Gössl:

Das BGB wird eben gerade um einen digitalen Inhalteabschnitt im allgemeinen Teil ergänzt. Das Urheberrecht kriegt noch ein weiteres Gesetz hinzu, das für Diensteanbieter eine Haftung vorsieht, eine urheberrechtliche Haftung. Das ist interessant.

NaN
Susanne Gössl:

Dann gibt es im Wertpapierrecht einen Referentenentwurf für ein elektronisches Wertpapiergesetz. Das ist auch extrem spannend, weil tatsächlich ein unkörperliches Wertpapier, dass dazu Regelungen getroffen werden sollen, Das sind die Sachen, mit denen ich mich gerade auseinandergesetzt habe. Dann gibt es noch wichtige Themen, die ich auch gerne habe, zum Beispiel einfach auch um Aufmerksamkeit zu richten.

NaN
Susanne Gössl:

Es gibt sehr viel Cybermobbing von Frauen im Internet. Das ist auch ein wichtiges Thema, mit dem man sich beschäftigen sollte. Journalistinnen werden typischerweise mehr als Männer digital auch gemobbt.

21:28 Min
Marc Ohrendorf:

Gibt es ja auch gerade, ist jetzt keine Journalistin, aber gibt es ja auch gerade diesen Fall von der Vertreterin der Nebenkläger in Hessen beim NSU-Prozess, wo gerade wieder durch die Medien ging, dass da auch heute noch Nachstellungen stattfinden und so weiter und Polizeischutz angeordnet wird. Also ganz wichtiges Thema.

NaN
Marc Ohrendorf:

Wir verlinken da auch nochmal so ein, zwei Hilfeseiten in den Shownotes. Das ist, glaube ich, immer eine ganz gute Anlaufstelle. Ich würde ganz gerne nochmal auf den ersten Punkt, den Sie gerade angesprochen haben, eingehen, und zwar die Frage, inwieweit Algorithmen eigentlich diskriminieren.

NaN
Marc Ohrendorf:

Ich persönlich denke mir immer, den Algorithmus hat ein Mensch geschrieben. Wir wissen durch zig Studien, je nach Kultur, je nach Personenkreis, die man da untersucht, dass Diskriminierung real ist, ja, keine Frage. Frage, warum zum Teufel sollte das dann in dem Algorithmus sich nicht auch niederschlagen? Ich meine, der hat ja kein Eigenleben.

NaN
Marc Ohrendorf:

Also auch wenn wir von KI und so weiter die ganze Zeit sprechen, dann ist es jedenfalls noch so, dass meines Erachtens die menschliche Handschrift da sehr deutlich sichtbar ist. Ist dem so?

22:34 Min
Susanne Gössl:

Ja, das ist einmal der Punkt. Also genau, wir kriegen halt immer die Daten, die in eine KI eingeschleust werden, stammen halt immer von Menschen und Menschen haben Biases und diese findet sich dann auch in den Daten. Genau, das ist der eine Punkt.

NaN
Susanne Gössl:

Und der andere Punkt ist, dass zum Teil die Datenlage halt einfach schlecht ist. Also zum Beispiel, es gab, glaube ich, diesen berühmten Fall, dass in Hamburg ein Fotoautomat Menschen, People of Color, nicht erkannt hat. Und das liegt eben daran, dass die Daten, an denen der Algorithmus gelernt hat, eben immer Leute mit heller Hautfarbe gezeigt haben.

NaN
Susanne Gössl:

Und dadurch hat der Algorithmus einfach die Daten nicht gehabt, die er brauchte. Und da kann man theoretisch was machen. Da kann man eben dafür sorgen, dass man sogenannte Counterfactuals einspeist oder schafft erstmal und sich Gedanken darüber macht, was sind überhaupt diese Counterfactuals, die man braucht.

NaN
Susanne Gössl:

Und da kann man versuchen, Diskriminierung zu begegnen, wobei das sehr, sehr schwierig ist, weil man quasi wissen muss, was fehlt. Und das zu wissen ist halt manchmal schwierig, weil man erst hinterher, wenn dann die Verzerrungen herauskommen, wenn man sich überhaupt darüber klar macht.

23:27 Min
Marc Ohrendorf:

Und wo ist da der Link zum Recht? Also wo gibt es da beispielsweise regulatorisches oder vertragsrechtliches, was das dann wieder berücksichtigt?

23:35 Min
Susanne Gössl:

Ja, man kann sich halt fragen, ob man bestimmte Vorgaben macht, zum Beispiel Programmierenden oder Leuten, die KI nutzen, die Algorithmen nutzen, dass sie bestimmte Dinge ja vorher bedenken müssen oder dass sie möglicherweise eine Zertifizierung durchlaufen müssen. Also man könnte überlegen, so eine Zertifizierungsobligation vorzusehen, dass es irgendwo ein Institut gegründet wird von insbesondere Informatikerinnen, die eben vorher gucken, ob der Algorithmus insoweit gut ist oder nicht.

NaN
Susanne Gössl:

Denn ein großes Problem ist ja auch für uns jetzt, also gerade wenn da ein Fall wegen einer Diskriminierung vor Gericht gehen würde, so ein Richter kann ja überhaupt nicht sehen, was im Algorithmus drinsteckt. Also da alleine Sachverständige zu haben, die dann den Fehler finden, ist ja extrem schwierig, weil ja die meisten Unternehmen den Algorithmusfehler auch nicht entdeckt haben.

NaN
Susanne Gössl:

Und da wäre es dann möglicherweise gut, wenn man so eine Verpflichtung vornimmt, dass vorher eine Prüfung stattfinden muss von fachkundigen Personen. Hm.

24:24 Min
Marc Ohrendorf:

Was glauben Sie denn, wie es weitergeht in dem Bereich? Also vielleicht auch mal so mit Blick auf die Juristenausbildung. Tun wir da genug oder könnte es noch ein bisschen mehr werden, was so digitale Kompetenzen von Juristinnen angeht?

24:36 Min
Susanne Gössl:

Da kann man noch sehr viel tun. Also mein persönlicher Eindruck ist, da tut man noch sehr, sehr wenig.

24:42 Min
Marc Ohrendorf:

Aber wissen Sie, ich bin geschockt. Ich las letztens eine Studie, ich weiß nicht mehr genau, wer es war. Da las ich, dass 52 Prozent der Studierenden angeblich die Klausur weiterhin lieber mit der Hand als mit dem Computer schreiben wollen. Und da muss ich sagen, hm, wirklich?

24:57 Min
Susanne Gössl:

Ich weiß auch gar nicht, was ich entscheiden würde. Denn ich glaube, ich vertippe mich häufiger am Computer, als ich mich mit der Hand verschreibe. Ich weiß auch nicht, ob ich schneller mit dem Computer als mit der Hand bin, wenn ich nochmal Korrektur lesen muss. Das sind interessante Punkte.

25:09 Min
Marc Ohrendorf:

Auf der anderen Seite würde ich mal einwerfen, naja gut. Aber wenn es bei uns so wäre wie anderswo, wo man im ersten Semester mit seinem Laptop eh sitzt und die ganze Zeit auf dem Laptop schreibt und nichts anderes mehr gewohnt ist, dann wäre es wahrscheinlich anders.

25:20 Min
Susanne Gössl:

Also ich habe in den USA damals schon, das war 2009, 2010, meinen Laptop in den Klausuren genutzt, um die Klausuren zu schreiben. Und ich glaube, im Nachhinein, es war vom Schwierigkeitsgrad kein großer Unterschied. Also ich glaube, es macht keinen so großen Unterschied.

NaN
Susanne Gössl:

Aber es gibt natürlich Personen, die nicht so gut tippen können. Also ich schreibe halt sehr, sehr viel. Ich bin sehr, sehr schnell. Und dann ist natürlich auch eine Kostenfrage, ob man technisch so gut ausgestattet ist.

NaN
Susanne Gössl:

Also das wäre dann auch wieder eine gewisse Diskriminierung gegenüber finanziell schwächeren Studierenden.

25:48 Min
Marc Ohrendorf:

Ja, da müsste man natürlich entsprechende Rahmenbedingungen schaffen, dass das kein Problem wäre. Das sehe ich genauso. Auf der anderen Seite, im Beruf ist komplett klar, man schreibt auf dem Rechner.

25:56 Min
Susanne Gössl:

Ja, ich habe im Referendariat auch gedacht, wie albern es ist, dass man den Kopf eines Urteils malen muss quasi. Als würde irgendein Richter sich heute noch hinsetzen und im Namen des Volkes mit der Hand malen, am besten noch das Wappen der Hand malen.

NaN
Susanne Gössl:

Also genau, das fand ich auch albern. Ich glaube, da könnte man zum Beispiel ja deutlich mehr die reale Praxis spiegeln und nicht eine potenzielle Praxis, die es mal vielleicht gab, aber wahrscheinlich auch nie gegeben hat. Also ich glaube, da gab es immer eine Geschäftsfälle für.

26:21 Min
Marc Ohrendorf:

Inwieweit unterscheidet sich eigentlich die Digitalisierung und das, was man dann auch so tun könnte, auch in der Ausbildung, vom Begriff Legal Tech für Sie?

26:28 Min
Susanne Gössl:

Oh, das ist eine schwierige Frage. Also Legal Tech ist ja eigentlich, also so wie ich das verstehe, wobei es glaube ich verschiedene Verständnismöglichkeiten von Legal Tech gibt, ist Legal Tech noch mehr auf die Praxis und die Unterstützung der praktischen Arbeit ausgerichtet. Also die Arbeit des Anwalts oder der Anwältin des Gerichts, anderer Personen, die juristisch arbeiten und Digitalisierung an sich hat darüber hinaus eben auch Fragen wie die digitale Inhalte-Richtlinie, also Fragen von digitalen Gütern im Recht selber, aber nicht bei der juristischen Arbeit.

NaN
Susanne Gössl:

Das würde ich jetzt so sagen, so verstehe ich die Unterscheidung. Also zum Beispiel meine Dissertation hat nichts mit Legal Tech zu tun, allerdings kommen digitale Güter bei Legal Tech möglicherweise vor.

27:07 Min
Marc Ohrendorf:

Ich finde jetzt gerade, wo Sie das so sagen, könnte man vielleicht auch ein kleines bisschen formulieren, Digitalisierung ändert die juristische Arbeit im Beruf und Legal Tech ist vielerorts auch die Arbeit am Beruf, weil es sozusagen Workflows ändert, Design Thinking Elemente mit reinbringt und das ist natürlich auch spannend und auch etwas, womit man sich vielleicht, wenn man jetzt, die ihr hier gerade zuhört als Studierende oder Referendarinnen, sich mal mit auseinandersetzen sollte.

NaN
Marc Ohrendorf:

Aber nochmal zurück zum Thema Digitalisierung. Das ist natürlich was, was sich ohnehin gesellschaftlich gar nicht wegdenken lässt und da werden auch sehr, sehr viele Rechtsfragen natürlich in den nächsten Jahrzehnten auf uns zukommen. Ja.

NaN
Marc Ohrendorf:

Vielleicht abschließend so als eine Einschätzung von Ihnen würde ich ganz gerne noch wissen, was ist aus Ihrer Sicht die größte digitale Revolution, zweiteilen wir die Frage, gewesen, die Sie miterlebt haben und was glauben Sie könnte ein dickes Ding sein, was da noch so passiert?

28:07 Min
Susanne Gössl:

Also ich würde sagen, was bisher gewesen ist, ist das Internet, das tatsächlich diese weltweite Vernetzung ermöglicht hat und auch überhaupt Datenflows etc. Und ja, alles, was eigentlich heute, so wie wir arbeiten, das wäre ja ohne das Internet gar nicht mehr möglich.

NaN
Susanne Gössl:

Ich erinnere mich noch dunkel, als ich ganz klein war, da hatten wir einen C84er, also für C64er heißt der, genau, C64er Computer, bei dem man noch so ganz wenige Sachen machen konnte. Und wenn ich das mit dem vergleiche, was wir heute machen, dann ist das so, wie wenn man ein Gameboy mit einem virtuellen Spiel vergleicht.

NaN
Susanne Gössl:

Also sehr, sehr analog im Verhältnis. Genau, das Internet ist definitiv meiner Ansicht nach die größte digitale Revolution. Was in der Zukunft kommt, weiß ich gar nicht. Ich bin mal gespannt, wie es mit künstlicher Intelligenz weitergeht, in welche Stellen künstliche Intelligenz möglicherweise noch treten wird.

NaN
Susanne Gössl:

Was möglicherweise eine Revolution sein könnte, ist in der Digitalisierung der Medizin, dass da noch sehr viel möglich gemacht werden kann, dass zum Beispiel Gehirnprobleme durch digitale Techniken behoben werden können, weil das sind ja große Sachen, die heute das Leben von vielen einschränken. Aber ich tue mich sehr schwer, da in die Zukunft zu blicken tatsächlich.

NaN
Susanne Gössl:

Was meinen Sie denn?

29:16 Min
Marc Ohrendorf:

Also Medizin finde ich ein spannendes Feld, zumal wir ja da gerade auch regulatorisch gesehen haben, dass wir jetzt relativ lange in Deutschland jedenfalls gebraucht haben, um mal unter dem Stichwort Telemedizin zuzulassen, dass der Hausarzt auch zu Hause mal kurz beraten darf. Da stellen sich jedenfalls viele regulatorische Fragen.

NaN
Marc Ohrendorf:

Ich verfolge mit großem Interesse alles im Bereich der Quantencomputer. Ich verstehe ehrlich gesagt nicht hundertprozentig, worum es da genau geht, aber die Teile, die ich verstehe, finde ich sehr, sehr spannend, denn wenn es auf einmal tatsächlich so wäre, dass es funktioniert, so jedenfalls mein aktuelles Verständnis wäre dem ja so, dass Passwörter de facto nicht mehr existieren, weil jedes Passwort in sehr kurzer Zeit knackbar wäre.

NaN
Marc Ohrendorf:

Und das halte ich für eine ziemlich, ja, vielleicht dramatische Entwicklung, wenn es mal so weit kommt, aber man darf gespannt sein.

30:03 Min
Susanne Gössl:

Ich hatte auch über Quantenkomponenten, aber ich habe auch noch nicht so die praktischen Anwendungsfälle vor Augen. Also genau, ich glaube, ich verstehe es auch nicht genug, um da schon Visionen haben zu können.

30:12 Min
Marc Ohrendorf:

Dann würde ich sagen, wir treffen uns einfach nochmal, wenn es da soweit ist. Und für den Moment danke ich Ihnen ganz, ganz herzlich, dass Sie uns diese vielseitigen Einblicke in Ihren Werdegang gezeigt haben.

30:22 Min
Susanne Gössl:

Sehr gerne. Tschüss. Tschüss.

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