Valerie Keilhau, CEO | Legal Tech Verband
Legal Tech - Verbände - Kammern - Öffentlichkeitsarbeit - Kommunikation - Digitalisierung der Justiz - Rechtsmarkt - Masseverfahren - Künstliche Intelligenz (KI) - Technologie - Karrierewege - Verbandsarbeit - Netzwerkevents - Digitale Geschäftsmodelle - Legal Operations
In diese Folge ist die Geschäftsführerin des Legal Tech Verbands zu Gast: Valerie Keilhau. Was macht ein Verband? Wie muss man sich die Interessenvertretun in Bezug auf Legal Tech genau vorstellen? Welche Themen sind aktuell besonders akut? Inwieweit bestehen Unterschiede zwischen Anwaltschaft und Justiz? Welche neuartigen Geschäftsmodelle entstehen aufgrund von Legal Tech und KI? Antworten auf diese und viele weitere Fragen in Sachen Digitalisierung des Rechtsmarkts in dieser Episode Eures Karrierepodcasts. Viel Spaß!
Viel Spaß 🎉 und vielen Dank für Euer Feedback! 🙏🏼
Der Legal Tech Verband Deutschland e.V. ist der bundesweite Branchenverband für Start-ups, Kanzleien, Unternehmen und Institutionen, die den Rechtsmarkt digitalisieren. Vom Hauptstadt-Standort Berlin aus koordiniert ein schlankes Team von rund fünf bis zehn Mitarbeitenden die Interessen von über 130 Mitgliedern gegenüber Politik, Justiz und Öffentlichkeit.
Der Verband liefert fundierte Stellungnahmen, initiiert Arbeitsgruppen und Events und vernetzt juristische Expertise mit technologischer Innovationskraft – damit neue Geschäftsmodelle, KI-Anwendungen und digitale Prozesse rechtssicher wachsen können.
Neugierig geworden? Dann hör doch gleich in unsere IMR-Folge mit Geschäftsführerin Valerie Keilhau hinein und entdecke, wie Zukunft im Recht klingt!
Der Legal Tech Verband bringt die digitale Transformation der Justiz voran, weil ohne Digitalisierung in der Justiz der gesamte Rechtsmarkt ein Problem bekommt. Technologie ist die einzige Lösung gegen Fachkräftemangel und steigende Verfahrensdauern.
KI-basiert und kann Fehler enthalten.
Herzlich willkommen zu einer neuen Episode Irgendwas mit Recht. Mein Name ist Marc Ohrendorf und heute sitze ich im schönen Hamburg und spreche mit Valerie Keilhauer. Hallo Valerie. Hallo Marc. Du bist Geschäftsführerin beim Legal Tech Verband.
So ist das, ja.
Du sitzt dabei in Hamburg, der Verband ist in Berlin und du machst sehr viel Homeoffice.
Das ist richtig, genau. Wir sind ein Bundesverband. Wir sind der Legal Tech Verband Deutschland. Das heißt, unsere Mitglieder sitzen in ganz Deutschland verteilt und auch unser Team ist in ganz Deutschland und ich bin in Hamburg, genau.
Wer hier öfter zuhört, weiß, dass wir jetzt erst mal so ein bisschen auf deinen Lebensweg eingehen, damit man weiß, mit wem man es zu tun hat. Und dann sprechen wir natürlich noch über das, was euch als Verband antreibt und vielleicht auch so ein bisschen darüber, was dich antreibt, warum du da bist, wo du eben gerade wirkst.
Wo hast du angefangen? Wo hast du studiert und so weiter?
Ich habe studiert in Bayreuth, hatte vorher aber einen Ausflug gemacht tatsächlich in das BWL-Leben. Ich habe mit BWL angefangen in Aachen damals, war so die klassische Abiturientin, die nicht weiß, was sie eigentlich machen möchte. Dann kommen zwei Dinge in Betracht. Wo kommst du her?
Aus Wiesbaden. Ach ja. Genau.
Und dann entweder BWL oder Jura. Hatte mich dann erst für BWL entschieden. Hab dann relativ schnell gemerkt, dass das doch sehr mathelastig ist und dann damit doch nicht so ganz meins. Hatte damals eine juristische Vorlesung, die man im BWL-Studium hört im ersten Semester.
Die hat es mir sehr angetan und so bin ich dann dazu gekommen, zu Jura zu wechseln. Relativ schnell, also nach einem Semester, habe ich gewechselt. Bin dann nach Bayreuth, weil die tatsächlich eine wirtschaftswissenschaftliche Zusatzausbildung anbieten.
Das machen sie auch bis heute, die Universität.
Ich frage mich gerade, ob das Bayreuth war. Wir hatten neulich hier im Podcast einen Professor zu Gast, der E-Sport recht macht und der hat auch sehr viel von dieser wirtschaftswissenschaftlichen Zusatzausbildung erzählt. Das kann auch Passau gewesen sein, aber das scheint es jedenfalls häufiger zu geben.
Für die ja nicht so häufig, Bayreuth ist schon sehr bekannt dafür, ist auch ein Grund, warum da ganz viele Studentinnen hingehen. Man macht das parallel, das heißt man macht ein vollwertiges erstes Staatsexamen und parallel eben noch diese BWL-Vorlesung mit, in einem etwas reduzierten Maß natürlich, legt dann ein paar kleine Scheine auch ab und darf dann nach einer, ja, kleinen mündlichen Prüfung, kleiner Diplomarbeit dann diesen Zusatztragen, wirtschaftswissenschaftliches Zusatzstudium absolviert.
Total umständlich. Keiner trägt diesen Titel, weil dann auch alle denken, man ist Wirtschaftsjurist, was ja gar nicht was Positives ist eigentlich, wenn man das Zweite dann auch macht. Genau, aber das war tatsächlich der Grund, warum ich sozusagen dann nach Bayreuth bin, weil ich mir da eben meine zwei, drei BWL-Scheine habe anrechnen können und weil ich es auch total interessant fand von Anfang an, nicht nur die Jura-Brille aufzuhaben.
Ich habe also relativ schnell über dieses Zusammenstudium einen Weitblick bekommen dahin, wie funktioniert eigentlich ein Unternehmen, wie funktioniert eine Kanzlei. Ich habe sehr früh gelernt auch wirtschaftlich zu denken.
Und dann hast du nach dem ersten Staatsexamen Referendariat gemacht?
Ich bin nicht direkt ins Referendariat gegangen. Ich habe, nach Hamburg dann gewechselt und bin erst mal in eine Kommunikationsagentur, weil ich neben BWL und Jura schon immer eine dritte Leidenschaft hatte. Das ist die PR und Öffentlichkeitsarbeit gewesen.
Dafür habe ich mich schon immer interessiert und das war ein sehr guter Zeitpunkt nach dem ersten, weil da automatisch ein Cut drin ist. Ich hatte erst mal genug von Jura und wollte mich mal diesem dritten Bereich widmen, der mich interessiert.
Bin dann tatsächlich in Hamburg in eine große Kommunikationsagentur gegangen und habe da ein klassisches PR-Volontariat gemacht. Ja, von der Pike aufgelernt, was Kommunikation bedeutet, richtig am Kunden gearbeitet, war dann da auch als Juniorberaterin tätig und, genau, habe also erst mal zwei Jahre einen Ausflug in die Kommunikation gemacht, bevor ich dann ins Referendariat gegangen bin.
Das finde ich ganz interessant, weil man das ja dann erstens nicht so häufig hört, dass jemand nach dem ersten Examen nochmal so etwas ganz anderes sich anschaut. Und wenn man das hört, sind das häufig Menschen, die dann irgendwann auch sagen, jetzt fand ich aber die praktische Arbeit schon ganz gut, vielleicht auch ein bisschen Geld verdienen.
Und jetzt, so jedenfalls mein Eindruck, lasse ich das mit dem Referendariat vielleicht auch noch mal sein. Also vielleicht so die Hälfte macht es noch und die andere Hälfte nicht. Was war denn dein Impuls, dann noch Referendariat zu machen?
Mein Impuls war tatsächlich, mir noch mal ganz neue Jobwelten aufmachen zu können. Das erste Staatsexamen ist schön und gut. Wir leben aber nach wie vor in einer sehr klassischen juristischen Arbeitswelt, wo das Zweite einfach noch mal sehr viel mehr gewertet wird und auch anerkannt wird, als in Anführungsstrichen nur das Erste.
Ist nicht unbedingt inhaltlich immer sinnvoll. Ich zum Beispiel habe nie als Rechtsanwältin oder im Staatsdienst gearbeitet. Das heißt de facto wende ich sehr wenig von dem an, was ich in diesen zwei Jahren Referendariat noch gelernt habe.
Wie so viele leider.
Wie so viele. Nichtsdestotrotz sind es nochmal zwei Jahre, in denen man einen sehr umfassenden Einblick in die Rechtswelt bekommt und damit schon nochmal neue Dinge lernt, die einem vorher so nicht klar waren. Also ich habe Jura, sage ich immer, eigentlich erst im Laufe meines Referendariats wirklich verstanden und auch ganzheitlich anwenden können.
Deswegen bereue ich es nicht, auch wenn ich es in meiner Arbeitswelt de facto nicht gemacht habe. Um deine Frage zu beantworten, es ist dem geschuldet, dass man sich damit im Endeffekt auf andere Jobs bewerben kann. Ich bin jetzt als Geschäftsführerin unterwegs, habe als Referentin in der Notarkammer damals angefangen.
Wenn du so in die Bereiche öffentlicher Dienst, Verbände guckst, steht ganz oft in den Stellenausschreibungen Volljurist, Volljuristin gesucht und diesen Weg wollte ich mir nicht nehmen lassen oder diese Möglichkeiten mich auch auf diese Stellen zu bewerben, zumal ich schon fünf lange Jahre bis zum ersten Staatsexamen hinter mich gebracht hatte und im PR-Volontariat muss man auch ganz ehrlich sagen, natürlich mit mir andere Leute saßen, die dann ein Bachelor hatten, zum Beispiel in Kommunikation, die waren nach zweieinhalb Jahren durch und es war für mich schon so eine eigene Wertschätzung auch für den Weg, den ich da bis dahin schon gegangen war.
Ich finde das super wichtig, dass du das an dieser Stelle so klar sagst, denn ich teile deine Ansicht und ich sehe das auch sowohl in Stellenausschreibungen natürlich bei uns, aber auch außerhalb der juristischen Welt, wenn Juristen in andere Berufe gehen vielleicht, dass man auch sagt, wie du Geschäftsführerin wirst oder Head of Business Development oder ähnliches, dass dann schon dieses zweite Examen, weil man halt irgendwie sich einmal für den juristischen Weg entschieden hat, immer noch mehr ist als das erste.
Erste. Es ist einfach am Ende des Tages so, dass wenn sich der Arbeitgeber entscheiden muss, nehme ich jemanden mit ersten oder mit zweiten Examen und es gibt auch jemanden mit zweiten, wird er mit zweiten genommen. Und sollte man besser sagen an dieser Stelle, doppelt wichtig finde ich, dass gerade du das sagst als Geschäftsführerin des Legal Tech Verbandes, weil ich den Eindruck habe, dass beim juristischen Nachwuchs manchmal der Eindruck entstanden ist in den letzten Jahren, dass gerade diese Legal Tech Jobs ja kein zweites Examen mehr brauchen.
Brauchen sie vielleicht auch nicht, aber von der Wertigkeit her mag das dann schon mal schwierig werden, vor allem wenn man das ein paar Jahre gemacht hat, sich weiterzuentwickeln, oder?
Sehe ich auch so. Das ist, ja, ich kann das nachvollziehen, wenn man sagt, ich habe das erste, ich habe jetzt auch ein gutes Jobangebot. Das war, als ich mich beworben habe auf meinen ersten Job vor jetzt über neun Jahren, mit Sicherheit noch eine andere Situation.
Die Jobopportunitäten für Menschen mit nur einem, nur dem ersten Staatsexamen sind wesentlich größer geworden. Es könnte durchaus auch ein Weg sein, zum Beispiel zu sagen, ich suche mir noch eine andere Zusatzausbildung im Bereich Tech, ja, anstatt das zweite zu machen. Ich glaube, damit hast du mittlerweile mit Sicherheit genauso gute Chancen vom Standing her.
Das sind jetzt aber sehr aktuelle Entwicklungen, das gab es bei mir noch nicht. Meine Erfahrungen in der Öffentlichkeitsarbeit haben mir sehr geholfen, aber die hätten mich vom Standing her nicht dahin gehoben, wo mich das zweite Staatsexamen hingehoben hat. Vielleicht haben wir jetzt jetzt mit den Möglichkeiten, dass jemand nach dem ersten sagt, ich habe noch programmieren gelernt oder ich habe ein LLM in Tech gemacht.
Vielleicht ist das so eine Gleichwertigkeit, die jetzt eine zweite Möglichkeit eröffnet. Bisher ist es so, das Zweite ist einfach von der Wertigkeit das Höchste, was du schaffen kannst und dann bist du halt Feueres.
Gut, du warst dann Volljuristin und dann haben wir gerade schon durch die Blume das so ein bisschen gehört. Ging es wie für dich weiter?
Ich bin nach meinem Volljuristen als Referentin angefangen in der Notarkammer in Hamburg. Die haben damals Referenten im Bereich Aus- und Weiterbildung gesucht. Ich wusste von Anfang an, dass ich nicht in den Staatsdienst möchte, auch trotz zweiten Staatsexamen. Ich wollte nicht als Rechtsanwältin arbeiten.
Warum nicht?
Ich habe in meinem Referendariat natürlich Stationen gemacht, auch bei größeren Kanzleien und der Funke ist nie übergesprungen. Ich war vielleicht auch so ein bisschen durch meine Zeit in der Öffentlichkeitsarbeit, wo man ja auch als Dienstleister ist. Ein Rechtsanwalt ist am Ende des Tages auch ein Dienstleister für seinen Mandanten.
Da war ich nicht der größte Fan davon, auf dieser Dienstleisterseite zu sein. Ich habe früh meinen ersten Sohn bekommen. Mir war immer auch wichtig, Zeit für die Familie zu haben.
14, 15, 16-Stunden-Tage waren für mich keine Option. Und in vielen, zumindest größeren Kanzleien ist das einfach, gerade wenn du neu anfängst, nach wie vor noch gefragt. Ja, das war im Grunde genommen für mich der Grund und ich habe natürlich auch über diese BWL-Zusatz und die Öffentlichkeitsarbeit auch zwei Fähigkeiten mitgebracht, die klassische Juristinnen nicht dabei haben.
Das heißt, ich hatte dieses Schnittstellenwissen zwischen Öffentlichkeitsarbeit, Wirtschaft und Recht und wo man das optimalerweise einsetzen kann oder wo man das vor allem braucht, sind Verbändekammern, die arbeiten genau auf dieser Schnittstelle. Das heißt, ich habe sehr gezielt dann in diesem Bereich gesucht, dass es dann die Notarkammer geworden ist, war einfach dem geschuldet, dass die in dem Moment gesucht haben.
Das war aber doch ein guter Match.
Absolut. Die haben einen Vorjuristen gesucht, haben sich sehr darüber gefreut, dass ich diesen Teil Wirtschaft und Öffentlichkeitsarbeit eben zusätzlich mitbringe. Will ich auch nicht missen und habe ich auch ganz viel angewandt, also mindestens genauso viel wie mein Jurawissen.
Dann warst du wie lange dort?
Ich war insgesamt siebeneinhalb Jahre bei der Notarkammer in Hamburg, bin allerdings die letzten zwei Jahre zur Bundesnotarkammer abgeordnet worden und war dann da viel im Bereich Presse und Public Affairs unterwegs.
Und dann irgendwann kam der Legal Tech Verband und hat gesagt, willst du nicht.
Genau, ich habe auch gesagt, willst du nicht. Wir haben uns sozusagen gegenseitig gesucht und gefunden. Und das war nach ganz tollen sieben Jahren, muss ich sagen, bei der Notarkammer und bei der Bundesnotarkammer. Ich hatte da eine sehr tolle Zeit, habe ganz viel gelernt, bin sehr unterstützt worden in meiner Karriere, hatte sehr viel Freiräume, was man vielleicht im ersten Moment gar nicht denken mag.
Wir haben ja hier auch viele jüngere Zuhörer und Zuhörerinnen, die vielleicht noch überlegen, wo sie hinwollen. Ich will hier echt mal eine Lanze brechen für die Verbände und auch Kammern. Das sind ganz tolle Arbeitgeber, völlig unterschätzt, finde ich.
Gerade für Juristinnen, haben oft so einen staubigen Ruf. Und ich habe das ja von innen kennengelernt und kann sagen, es sind ganz tolle Leute, die da arbeiten. Und man hat echt wesentlich mehr Freiraum als vielleicht bei den vermeintlich cooleren Arbeitgebern.
Ich glaube, das ist eine wichtige Dimension, die du ansprichst, zu sagen, wie viel Freiraum habe ich eigentlich auch? Oder umgekehrt auch, wie viel Führung brauche ich? Denn mit Freiraum geht ja auch immer die Frage einher, vielleicht will ich mir nicht montags überlegen, was man alles noch so machen kann. Vielleicht möchte ich einfach gerne gesagt bekommen, was noch so läuft und was gemacht werden muss.
Gibt es ja auch als Typ. Aber die Frage, sich selber zu stellen, die ist sicherlich wichtig als Reflexion über sich selbst.
Absolut. Musste ich auch erst lernen. Ich glaube gerade als Berufseinsteiger ist eine gewisse Führung auch gut. Du lernst auch einfach noch extrem viel. Du lernst auch erstmal strukturell zu arbeiten, selber Schwerpunkte zu setzen.
Also ich will das nicht missen, schon auch geführt worden zu sein. Bin dann aber vom Typ her so, dass ich sehr eigenorganisiert und sehr selbstständig auch arbeite und das auch sehr schätze, dann aber auf der anderen Seite natürlich auch nicht ausnutze und dann auch mit den Downsides leben kann.
Denn natürlich hat es auch Nachteile. Du hast es angesprochen, ich sitze hier in Hamburg, ich habe mittlerweile 100 Prozent einen Remote-Vertrag. Das hat nicht nur Vorteile, ja? Also ich vermisse durchaus auch regelmäßig ins Büro gegangen zu sein, da schon Fixe vor Ort zu haben.
Dienstag war immer zusammen Lunch. Ja, muss jeder so ein bisschen in sich hineinhören, finde ich gut, dass du es ansprichst, weil das so Gedanken sind, die als ich angefangen habe, noch keiner diskutiert hat. Das sind jetzt Diskussionen und Gedankenanstöße, die ich auch immer gerne anderen jüngeren Juristinnen mitgebe, weil als ich angefangen habe, hat da ja noch keiner so richtig drüber nachgedacht.
Was machst du denn jetzt heute beim Legal Tech Verband oder fragen wir mal andersrum vielleicht vorgelagert, Was macht der Legal Tech Verband?
Der Legal Tech Verband ist ein noch recht junger Verband, ist vor drei Jahren gegründet worden. Aus der Legal Tech Szene heraus, das heißt Gründungsmitglieder waren zum Beispiel klassische Legal Tech Unternehmen wie Flightright, RewriteMart, aber auch Großkanzleien waren dabei, Dienstleister, Rechtsschutzversicherung, also im Grunde genommen die ganze Legal Tech Szene, die ein Interesse daran hatte oder immer noch hart politisches Gehör zu bekommen.
In Deutschland ist die Interessenvertretung so, dass du entweder über einen Verband eine Stimme bekommst, der Politik gegenüber oder wenn du ein sehr großes Unternehmen bist. Und ja, diese politische Stimme sollte geschafft werden mit dem Legal Tech Verband Deutschland.
Wir haben den ja relativ kurzerhand dann gegründet vor drei Jahren und seitdem gibt es den. Wir sind stark gewachsen im letzten Jahr um 100 Prozent. Das heißt, diese politische Interessenvertretung war im Grunde genommen das, warum der Verband gegründet wurde.
Heute ist es nur noch eine von zwei Säulen. Die zweite Säule ist die, ich sag mal, klassische Verbandsarbeit. Wir haben ganz unterschiedliche Formate für unsere Mitglieder, veranstalten Netzwerkevents, geben Studien in Auftrag über strategische Themen, die den Legal Tech-Markt betrifft, sind im Austausch mit der Öffentlichkeit, ja, das mal ganz kurz und knapp vorab.
Was für Events macht ihr denn, wenn man jetzt sagt, okay, vielleicht ist mein Unternehmen ja schon Mitglied im Legal Tech Verband, kann ja gut sein, aber wenn nicht, sollte man es vielleicht werden? Wo kann man denn dann teilnehmen?
Also, wir haben jedes Jahr neue Roundtable, das sind digitale Roundtable, 90 Prozent unserer Formate sind digital, ist eben auch dem geschuldet, dass wir selber sehr digital arbeiten. Das heißt, du kannst dich als Mitglied Roundtables anschließen, die zu dir passen.
Wir sind eine sehr heterogene Mitgliederstruktur, das heißt, du hast neben den gerade schon genannten noch viel mehr. Im Grunde genommen, jedes Unternehmen, was Interesse an Legal Tech hat, kann zu uns kommen und sich in dem Bereich engagieren und weiterbilden. Das heißt, Wissenstransfer zu unterschiedlichen Themen findet statt in diesen Roundtables.
Aktuell läuft zum Beispiel die Digitalisierung der Justiz, treibt uns extrem um. Legal Operations für Rechtsabteilungen ist ein großes Thema. Digitale Geschäftsmodelle für unsere Gründer und Gründerinnen. Also ein Austausch über, ja eigentlich von A bis Z Themen, die die Unternehmen, die Mitgliedsunternehmen umtreiben und dann kann sich jeder das rauspicken, was ihm oder ihr passt.
Expertengruppen haben wir, wo es dann zum Beispiel um Regulierungsthemen gibt. Das heißt, wenn man sich einbringen möchte in aktuelle Gesetzgebungsverfahren, kann man das über unsere Expertengruppen machen. Künstliche Intelligenz treibt uns natürlich extrem um, dazu gibt es eine Expertengruppe.
Ja, aber auch sonst kann man sich engagieren. Wir suchen immer engagierte Gruppenleiter. Wir haben ganz viele Panel-Diskussionsanfragen, die wir gar nicht mehr alle selber besetzen können. Das heißt, wenn man nah am Verband ist, kriegt man auch gerne mal solche Anfragen weiter, die wir dann vermitteln.
Man kann an Studien mitwirken. Wir haben eine ganz tolle Kooperation mit studentischen Initiativen eigentlich deutschlandweit. Da kann man sich engagieren. Also es ist ein breites Potpourri.
Und ihr macht eine Konferenz.
Genau.
Wenn dieser Podcast rauskommt, ist die schon gelaufen? Weil wir senden im Oktober, wir zeichnen etwas früher auf. Die Konferenz ist Ende September, ne?
Genau. Die war, muss man dann ja jetzt sagen, am 29. September in Berlin. Wir sind in Berlin, machen das zum zweiten Mal. Wie gesagt, vor drei Jahren erst gegründet.
Das heißt, letztes Jahr haben wir das das erste Mal gestemmt, eine eigene Konferenz aufzusetzen, der Legal Tech Day. Dieses Jahr ist es größer, es ist ein ganztägiges Event für unsere Mitglieder, aber auch Nicht-Mitglieder. Das ist allen zugänglich, die noch ein Ticket bekommen.
Wir erwarten diesmal schon 250 Gäste tatsächlich. Letztes Jahr waren es noch so um die 150. Das heißt, auch da merkt man das wachsende Interesse. Wir haben dieses Jahr einen Vorabend, die Legal Tech Night.
Und auf dem Legal Tech Day befassen wir uns im Grunde genommen mit den strategischen Themen und mit den Themen, die unsere Mitglieder umtreiben. Auch hier wieder Digitalisierung der Justiz hatten wir auf dem Panel, Legal Operations, New Legal Work und Künstliche Intelligenz.
Gut, das kann man also auch mal im Blick behalten und so ein bisschen im Hinterkopf, wenn man sagt, Legal Tech Verband ist vielleicht was für mich. September Konferenz seid ihr sozusagen immer am Start.
Das ist unser Branchentreff, richtig. Gut.
Dann lass uns mal ein kleines bisschen über die Justiz sprechen. Ich habe vor einiger Zeit einen kleinen Artikel geschrieben, wo ich gesagt habe, Ausgangslage, so ein bisschen unter dem Recruiting-Gesichtspunkt, Ausgangslage ist, ich glaube die Justiz kriegt das mit der Digitalisierung nicht hin. Ich bin da sehr pessimistisch.
Und das hat dann bestimmte Konsequenzen für den Rechtsmarkt, unter anderem, das meines Erachtens, kann man hier im Podcast auch mal sagen, habe ich so glaube ich hier noch nicht gesagt, dass ich glaube, dass Kanzleien irgendwann anfangen werden, nach drei bis vier Jahren Berufserfahrung wieder Richterinnen und Richter abzuwerben, weil in Kanzleien die Ausbildung in den ersten Berufsjahren aufgrund der technischen Entwicklung teurer wird, die Ausbildung bei Gericht, aber sozusagen der Staat bezahlt.
Wenn man es schafft, spannende Arbeitsmodelle diesen Personen wieder anzubieten, wechseln, glaube ich, viele Leute vom Staatsdienst wieder in die Anwaltschaft. Das ist meine Prognose.
Steile These.
Steile These, ich weiß. Kann man nochmal vielleicht irgendwann gesondert diskutieren und ich verlinke auch mal den Artikel, kann man sich dann nochmal anschauen. Aber was ich eigentlich von dir wissen will ist, wie blickst du auf die Digitalisierung der Justiz? Denn, dass das Privatwirtschaftliche Kräfte schon irgendwie hinkriegen werden, auch einfach aufgrund der monetären Inzentivierung, ist, glaube ich, relativ klar.
Aber was die Justiz angeht, bin ich persönlich relativ skeptisch. Wie siehst du das?
Ja, wir haben es schwarz auf weiß. Wir haben im letzten Jahr als Legal Tech Verband zusammen mit der WCS Law School und BCG eine große Studie zum Thema Digitalisierung der deutschen Justiz herausgebracht. Und Fazit in einem Satz ist, dass Deutschland 10 bis 15 Jahre zurückhinkt in der Digitalisierung der Justiz.
Das heißt, du hast leider recht, es ist noch ganz viel zu tun. Ich habe jetzt allerdings die Hoffnung und das Gefühl, dass es angekommen ist und das ist nun mal immer der erste Schritt, dass sozusagen die Erkenntnis da ist, dass viel zu tun ist. Dahinter würde ich mittlerweile einen Haken machen.
Wir sind sehr nah an dem Thema dran als Verband. Wir haben zum Beispiel gerade Sina Dörr in unserem Beirat geholt, die ja sehr umtriebig ist in dem Bereich. Wir haben allesamt Hoffnung geschöpft, müssen natürlich jetzt aber in die Umsetzung kommen.
So, auch wir als Verband stellen uns natürlich die Frage, wie können wir da unterstützen? Weil es natürlich auch Aufgabe eines Legal Tech-Verbands ist, nicht nur Themen für die Mitglieder zu... Bespielen, sondern auch übergeordnete Themen und dazu gehört die Digitalisierung der Justiz.
Wenn das nicht klappt, dann hat der gesamte Rechtsmarkt ein Problem. Das muss man schon so hart sagen. Es wird auch irgendwann zu einem Standortnachteil werden. Das heißt, da sind wir sehr eng dran.
Ich sehe es nicht ganz so pessimistisch wie du.
Das ist ein spannender Punkt, den du gerade angedeutet hast. Kannst du das noch mal ausführen? Vielleicht auch für diejenigen, die jetzt noch nicht so sehr in der Praxis sind. Warum hat der gesamte Rechtsmarkt ein Problem, wenn die Justiz nicht mitzieht, was die Digitalisierung angeht?
Also bisher gehört Deutschland zu einer der besten Rechtsstandorte der Welt. Das wird regelmäßig gemessen. Beste bedeutet, dass wir eine sehr hohe Rate haben beim Thema Zugang zum Recht, dass unsere Verfahrensdauern einigermaßen erträglich sind, dass die Fälle, die bearbeitet werden, müssen auch wirklich bearbeitet werden.
So, das funktioniert aktuell. Wenn wir jetzt die Digitalisierung noch weiter verschlafen, wird durch Entwicklungen wie Masseverfahren, Was immer größere Herausforderungen an die Justiz heranträgt, gepaart mit, dass wir immer einen größeren Fachkräftemangel haben, das heißt, die Justiz hat einfach auch zu wenig Leute. Das sind natürlich entgegengesetzte Entwicklungen und die einzige Lösung, die ich für diese entgegengesetzten Entwicklungen sehe, ist Technologie.
Und die ist ja da, wie du sagst, in der Privatwirtschaft funktioniert es. Das heißt, was wir zum Beispiel gemacht haben in unserem Roundtable Digitale Justiz ist mal die Bund-Länder-Konferenz zusammenzubringen mit Flightright und Co. Die einen hat die Technologie, die anderen bräuchte es, weil wenn du Masseverfahren reingibst in die Justiz, müssen die damit irgendwie umgehen und auch wieder rausbringen.
Und das Tolle ist, dass die Wirtschaft sagt, Hey, wir können das, wir sind gesprächsbereit, weil auch wir haben ein Interesse daran, dass, wenn wir was reingeben, das auch relativ zügig wieder rauskommt. Und das meine ich mit Problem, dass wir, wenn das nicht recht schnell über Technologie gelöst wird und die Justiz das Nadelohr wird oder bleibt, dann hat das extreme Auswirkungen auf den Einzelnen, aber eben auch auf die Anbieter am Rechtsmarkt.
Das finde ich einen ziemlich guten Punkt, dass man sagt, naja, es ist hier kein Wettlauf, sondern es ist eben auch ein Miteinander an der Stelle. Absolut. Ja, guter Punkt.
Habe ich so vorher noch nicht drüber nachgedacht. Sag mal, wir haben ja immer so eine Abschlussfrage, ich weiß gar nicht, ob die so passend ist, aber wenn man das spannend findet, was ihr so macht und wenn man deiner Aussage folgt, hey Leute, guckt euch mal Verbände an, kann man bei euch irgendwie als Studi oder ReferendarInnen mitmachen?
Kann man. Ich habe gerade drei Studis, die ganz regelmäßig für mich arbeiten, so als 450-Euro-Jobs. Das haben wir immer mal wieder frei, man kann sich engagieren, indem man zum Beispiel als Student in Legal Tech-Initiativen ist. Die sind, wie gesagt, sehr nah bei uns.
Wir haben einmal im Quartal ein Roundtable. Darüber könnte man Kontakt aufnehmen zum Verband oder eben als Hivi-Job später. Wir haben Wahlstationen, Referendariat bieten wir an. Also genau, sehr gerne.
Wen das interessiert, guckt gerne mal auf der Seite vorbei.
Ich glaube, Wahlstation beim Legal Tech-Verband macht sich gut im Lebenslauf.
Ja, wir können uns auch nicht über fehlende Bewerbungen beklagen.
Dann weiterhin ganz viel Erfolg und schön, dass du hier ein kleines bisschen mal Einblick gegeben hast, wer du so bist. Und da weiß man ja schon direkt in Zukunft, mit wem man es zu tun hat.
Sehr gerne. Vielen Dank, Marc.
Danke. Tschüss.
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