Christiane Osterspey, Partner | BLD Bach Langheid Dallmayr Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB
In der 255. Episode von Irgendwas mit Recht ist Christiane Osterspey zu Gast, Rechtsanwältin bei BLD in Köln. Sie hat sich - ebenso wie die gesamte Kanzlei - auf das Versicherungs- und Haftungsrecht spezialisiert. Hört von Christianes Werdegang, der sie über ein Studium in Mainz und Stationen im IT-Recht schließlich ins Versicherungsrecht führte. Wie wird man Anwältin im Versicherungsrecht, und warum ist das Berufsfeld trotz seines vermeintlich verstaubten Rufs so spannend? Welche Rolle spielen Produkthaftungsfälle, und wie läuft die Zusammenarbeit zwischen Versicherern und Kanzleien ab? Welche Kuriositäten sind Christiane im Laufe der Jahre begegnet? Antworten auf diese und viele weitere Fragen gibt es in dieser Folge von IMR. Viel Spaß!
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BLD Bach Langheid Dallmayr ist eine auf Versicherungs- und Haftungsrecht fokussierte Großkanzlei mit Stammsitz in Köln, weiteren Büros u. a. in München, Frankfurt, Berlin und Hamburg. Rund 180 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie insgesamt über 350 Mitarbeitende beraten und vertreten hier Mandanten aus der Versicherungswirtschaft in sämtlichen Fragen von Regulierung bis Prozessführung. Besonders zeichnet BLD aus, dass die Kanzlei die Schnittstelle von klassischer Litigation, innovativem Legal Tech und branchenspezifischer Expertise konsequent besetzt und damit als erste Adresse für komplexe Versicherungsfälle in Deutschland gilt. Welchen Berufseinstieg diese Spezialisierung bietet und warum Versicherungsrecht alles andere als verstaubt ist, erfahrt ihr in unserer Podcast-Folge – schnappt euch die AirPods und klickt auf Play!
Ich hatte selbst keinerlei Zugang zum Verischerungsrecht, aber während meiner Tätigkeit bei BLD ist hierfür das Feuer entfacht.
KI-basiert und kann Fehler enthalten.
Herzlich willkommen zu einer neuen Episode Irgendwas mit Recht. Ich muss ein bisschen schmunzeln. Ich habe das neulich in einer Episode schon mal gesagt, worüber man alles so im Vorgespräch spricht. Jetzt gerade über die finalen Tipps, was man tun sollte, bevor man Eltern wird.
Nämlich, das teilen wir auch direkt mit euch nochmal ins Kino, nochmal ins Restaurant. Aber Gegenstand dieser Folge soll etwas anderes sein. Ich sitze für euch heute im schönen Köln bei BLD und spreche mit Christiane Osterbrey.
Hallo Christiane.
Hallo Marc.
Du bist begeisterte Versicherungsrechtlerin im weitesten Sinne.
Ich habe schon gelernt.
Dass es ganz viel Verschiedenes im Versicherungsrecht gibt, aber wir fangen mal vorne an. Wo hast du studiert?
Ich habe studiert in Mainz 2007 bis 2012. Nicht besonders beabsichtigt, sondern vielmehr dadurch begründet, dass wir in Rheinland-Pfalz ein vorgezogenes Abitur machen, im Januar fertig sind und wir können dann zum Sommersemester starten. Praktisch Bewerbung ohne Abinote und das geht nur in Rheinland-Pfalz.
Trier bietet aber kein Jurat zum Sommersemester an und dann blieb nur Mainz. Und dann dachte ich, ich wollte nicht ins Ausland, starte ich doch mal direkt da. Mein Plan war aber eigentlich, nach einem Semester nach Köln zu wechseln.
Nach einem Semester hatte ich mich aber dann irgendwie, also jetzt weiß ich, retrospektiv betrachtet, Freunde fürs Leben gefunden. Und habe gedacht, nee, das fange ich nicht nochmal irgendwo anders an. Und dachte, dann mache ich das Studium hier in Mainz fertig.
Bin heute auch noch mit diesen Leuten befreundet. Insofern ist der Plan aufgegangen und dachte dann, ich wechsle mal fürs REF nach Köln.
Und dann hast du das auch gemacht?
Ja, aber ähnlich naiv. Meine Bewerbung abgeschickt und dachte, ich könnte irgendwie in Köln Stammdienststelle hier beim Landgericht anfangen und dann rief eine ganz nette Dame von der Referendargeschäftsstelle an und sagte, nee, Landeskinderregelung, haben Sie davon schon mal was gehört? Dann habe ich gesagt, nein. Dann hat sie gesagt, nee, Sie haben keine Beziehung zu NRW, Sie können hier leider nicht in Köln, also Sie können warten bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag, aber das wird nicht passieren.
Dann hat sie gesagt, aber Sie können in acht Wochen in Aachen anfangen. Dann dachte ich, ja, dann mache ich acht Wochen in Aachen.
Guck mal, so macht man jemanden im Aachen schmackhaft.
Und Aachen war toll. Ich weiß, dass es für viele mit dem Pendeln schlimm ist, aber da wo ich herkomme, muss man sowieso für alles pendeln. Insofern war auch Aachen nicht schlimm.
Und das ist ein sehr beschauliches Gericht, was nicht schön gelegen ist örtlich, aber man kennt die Wachtmeister, man kennt irgendwie die Leute in der Kantine und ich habe das sehr geschätzt.
War dir da schon klar, dass du Anwältin werden willst?
Mir war jedenfalls sehr schnell klar, dass ich nicht Richterin werden möchte. Warum? Die Erfahrungen in der Station waren so, dass ich meine Vorurteile bestätigt gesehen habe und da niemand war, der mir es schmackhaft gemacht hat. Anders als bei der Staatsanwaltschaft zum Beispiel, da war ein sehr, sehr netter Staatsanwalt und ich wollte überhaupt kein Strafrecht machen.
Und das hat eine richtige Freude mit dem gemacht, drei Monate zusammenzuarbeiten, aber das Strafrecht hat mich dann trotzdem nicht gepackt und Staatsanwältin wollte ich danach auch nicht werden.
Was waren die Vorurteile? Sorry, dass ich so nachbohre.
Bei Gedicht?
Ja, es gibt ja ganz unterschiedliche Arten, warum man es nicht gut findet und es gibt auch häufig den gleichen Grund, warum Menschen es gut finden.
Also ich bin, glaube ich, also ich finde das sehr komfortabel, Interessenvertreterin zu sein. Ich möchte gerne die maximale Position für eine Seite rausschlagen. Ich möchte ungern irgendwie Relevantes und Nichtrelevantes präsentiert kriegen, mir da aus diesem Wust was raussuchen in meinem Zimmer allein und dann irgendwie vielleicht eine Beweislastentscheidung treffen.
Ich fand das irgendwie nicht attraktiv vom Jobbild und ja, muss auch sagen, mir hat keiner das Gegenteil vorgelebt.
Ja gut, also ich meine, umgekehrt haben wir ja auch schon gehört, sagen Menschen, ich möchte das Objektive am Juristischen haben und nicht das subjektive Interessenvertretung, aber deswegen ist es so wertvoll, wenn du das hier teilst mit den Zuhörenden, weil man dann natürlich merkt, ach ja gut, guck mal, so ticke ich vielleicht, so ticke ich nicht und so helfen wir auch so ein bisschen bei der Orientierung.
Gut, dann war dir klar, Anwältin soll es sein. Du warst in Köln.
Ich war, genau, also ich war dann, weil ich ja gehört habe, ich muss, oder ich, doch das hatte ich schon vorher gehört, dass ich eine gewisse Wartezeit einplanen muss, hatte ich mir schon einen Job in Köln gesucht und war in einer größeren Wirtschaftskanzlei hier in Köln im IT-Recht. Ich habe überhaupt nichts mit dem IT-Recht zu tun, aber ich kann mich für viele Dinge begeistern und das war ein super nettes Team, das hat richtig Freude gemacht für die Zeit, in der ich da war.
Und da habe ich eben in dieses ja irgendwie glamouröse Großkanzleileben schon mal so ein bisschen reingeschnuppert, aber relativ schnell festgestellt, so richtig packt es mich nicht. Also es war eine super Zeit, aber da hat es irgendwie mich noch nicht so richtig gepackt und ich hatte eben im Studium in der, in dem Dorf, aus dem ich herkomme, schon lange in einer mittelständischen Kanzlei als ständische, Hilfskraft, so einen richtigen Begriff hatten die für mich nicht, aber schon an der Akte gearbeitet und da war mir aber auch klar, das soll es auch nicht sein.
Also Also jetzt so Einzelkämpferin oder wirklich so auf dem Land in so einer Drei- bis Fünf-Mann-Kanzlei, wo man irgendwie alles machen muss, das war es auch nicht so richtig. Also ich bin eher übers Ausschlussprinzip gegangen.
Also ich wusste dann nach dem Referendariat, es soll schon in die Anwaltsrichtung gehen, aber ich bin hier im wahrsten Sinne des Wortes ins Vorstellungsgespräch reingestolpert. Nicht mit dem unbedingten Wunsch, Anwältin zu werden, sondern eher auf der Suche nach dem, was mich tatsächlich dauerhaft begeistert.
Und konnte mir nicht so richtig vorstellen, was sie hier machen. Ich hatte einen Aushang gesehen und habe auf dem Weg hierher noch überlegt, ob ich, macht man natürlich nicht, aber habe kurz in Zweifel gezogen, was ich hier tue und warum ich mich hier bewerbe. Und saß mit dem damals geschäftsführenden Partner hier im Vorstellungsgespräch und ich habe das schon häufiger zu Kollegen und Kolleginnen hier gesagt, zu Berufsanfängern.
In diesem Gespräch ist für mich so ein bisschen die Sonne aufgegangen. Das war, er hat mit einer solchen Begeisterung von dem erzählt, was hier gemacht wird und ich kann jetzt neun Jahre später sagen, ich kann diese Begeisterung ziemlich gut teilen und hoffentlich auch weitergeben, denn das ist spannend, was wir hier machen und ich hatte keine Ahnung vom Versicherungsrecht, als ich hier herkam und dachte, Er sagte, was mache ich denn hier und hatte die Idee, ich fange hier als wissenschaftliche Mitarbeiterin an, dann habe ich noch ein bisschen Zeit, mir Gedanken zu machen nach dem zweiten Examen, was ich denn eigentlich machen will.
Und er sagte aber dann mit Blick auf den Lebenslauf, sie haben so viel gearbeitet und immer überall was gemacht, wenn kommen sie doch als Anwältin. Das hat mich ein bisschen überfordert.
Aber das war ja eigentlich mega nett, also wenn wir uns anschauen, was wir auch so, jetzt heutzutage immer weniger, das hat auch abgenommen, sagt auch die empirische Forschung im Bereich der Anwaltschaft, aber gerade früher, jetzt vor 15 Jahren, noch ein bisschen vor dir dann auch, da war es ja ganz häufig so, dass man statt einer vollen Anwaltsstelle erstmal als wissenschaftliche Mitarbeiterin eingestellt wurde, weil es für die Kanzlei auch ein bisschen billiger war und man de facto fast dasselbe gemacht hat.
Insofern total gut gespielt. Das war super.
Das hat mich erstmal überfordert. Bin dann nach Hause gegangen, habe das kurz mit allen Notwendigen besprochen, ob ich das in Erwägung ziehen will. Und wir haben damals, das gibt es heute nicht mehr, schon lange nicht mehr, einen Probearbeitstag gemacht, wo man hierher kommt.
Man sitzt in dem potenziellen Team, zu dem man gesteckt werden soll und bearbeitet dann eben aus diesem Bereich zwei kleine Akten, geht vor allen Dingen mit dem Team am Mittagessen und kriegt halt irgendwie den ganzen Tag so einen Einblick, wie ist das denn so? So, wie rufen die über den Flur und wie ist der Umgang mit dem Kretariat und wie sind die Leute so untereinander? Und ich fand das unfassbar wertvoll, diese Einblicke zu kriegen.
Ich habe diese zwei kleinen Akten bearbeitet, wusste nicht so richtig, was ich da tue. Und dann hatte man mir eben gesagt, ja, wir sehen sie im Bereich Haftpflicht. Und da dachte ich noch, ohne irgendeine Idee vom Versicherungsrecht zu haben, das ist bestimmt das Langweiligste, was es gibt.
Weil alles andere, Lebensversicherung, Berufsunfähigkeit, klingt ja alles viel spannender. bis mir dann relativ schnell nach Berufseinstieg klar geworden ist, dass Haftpflicht, Nicht nur am Puls der Zeit spielt, was die Sachverhalte angeht, sondern irgendwie alles mittendrin statt nur dabei ist. Entweder ist es tatsächlich super skurril oder es ist bekannt aus der Presse und es ist juristisch einfach hochreck.
Das denkt man nicht, wenn man sagt, ach und, was machst du so? Ja, bisschen Kaufrecht, bisschen Deliktsrecht und es ist, ja, es ist hochreck.
Okay, lass das mal einordnen. Also, BLD macht ausschließlich Versicherungsrecht.
Ja.
Ihr seid aber jetzt keine Fünf-Mann-Kanzlei.
Nee, ganz im Gegenteil. Wir sind in den letzten Jahren, in denen ich hier bin, ganz extrem gewachsen. Ich wollte auch damals eine kleinere Kanzlei, das hat nicht ganz geklappt. Mittlerweile sind wir, glaube ich, um die 200 Anwälte und Anwältinnen sechs Standorten. Im Versicherungsrecht. Genau, und die Kanzlei fokussiert sich komplett auf Versicherungs- und Haftungsrecht.
Das gibt es ja eigentlich so, ich sag mal ansonsten so an der Schwelle mittelständische Kanzlei, Großkanzlei, jetzt rein was die Arbeitnehmer angeht, dann kenne ich das sonst nur nach dem Arbeitsrecht, dass es das noch in ein, zwei Einheiten gibt, die wirklich nur Arbeitsrecht machen und der Rest der Kanzleiwelt, der so die Größe hat, ist dann eher so Full Service und eher bunt und kleinere Teams auf dem jeweiligen Rechtsgebiet, das ist schon spannend.
Und jetzt habt ihr bei innerhalb dessen sozusagen auch wieder eine Aufspaltung und ihr folgt so ein bisschen dem, wie auch Versicherungen aufgebaut sind, was die Themengebiete angeht.
Ganz genau. Die Spezialisierung fokussiert sich eben aufs Versicherungs- und aufs Haftungsrecht und wir sind in unseren Fachbereichen ähnlich aufgesplittet wie die Versicherer in ihren einzelnen Sparten. Normalerweise enden alle Gespräche an der Stelle. Da hat keiner mehr Nachfragen.
Und das, jetzt muss ich ja, und das bedeutet, welche Sparten gibt es sonst sozusagen?
Es gibt Lebensversicherung, Berufsunfähigkeit, es gibt Unfallversicherung, dann haben wir einige, die machen das Aufsichtsrechtliche drumherum, dann haben wir Bereich Haftpflicht, Industriehaftpflicht, Gewerbehaftpflicht, allgemeine Haftpflicht, wir haben D&O, jetzt muss ich mal überlegen, was es sonst noch gibt, Kraftfahrt natürlich.
Managerversicherung ist D&O für diejenigen, die da nicht so drin sind.
Genau. Aber ich meine, die Gespräche enden normalerweise, weil das ja für alle hat ja die Versicherungsbranche irgendwie einen furchtbar verstaubten Ruf und da hat keiner mehr groß Interesse zuzuhören oder Nachfragen zu stellen. Und ich meine total zu Unrecht.
Das ist…, Eine dynamische Branche, es passiert viel und ja, gerade für unseren Bereich Industriehaftpflicht ist es wirklich Fälle aus dem Leben.
Okay, dann lass uns doch mal die nächsten 20 Minuten nutzen und den Versuch unternehmen, diese Verurteile vielleicht ein bisschen zu widerlegen oder zumindest ein bisschen Farbe an graue Verurteile ranzubringen, um in irgendeiner schrägen Metapher zu bleiben. Also Haftpflicht, Recht sozusagen.
Ihr vertretet Versicherungen, da stelle ich mir jetzt also erstmal sowas vor wie, hatte ich gerade, ich hatte einen Unfall mit meinem Auto, selbst verschuldet, Vollkasko, Versicherung zahlt auch, alles gut.
Sehr gut.
Aber wenn sie jetzt nicht gezahlt hätte und ich hätte die Versicherung verklagt, wäre das dann was gewesen, was ihr macht oder ist die Konstellation eine andere?
Ja, das wären die Kollegen aus der Kraftfahrt gewesen, die dann für die Versicherer auftreten.
Okay, und das macht die Versicherung warum nicht selbst? Das ist ja auch ganz interessant, die könnten ja eigentlich auch alles sowas in-house haben, aber die machen das mit externen Kanzleien.
Genau, das wird mit externen Kanzleien gemacht, die zu Gericht gehen, die die Prozesse führen.
Okay, und jetzt bist du im Bereich Produkthaftung, das heißt, da ist ein Hersteller von irgendwas, keine Ahnung, Schokoriegel, ich weiß von nix, also wie immer hier im Podcast, ich denke mir irgendwelche Fachgebiete. und Fälle aus. Und die haben eine Versicherung, falls sie in ihren Produkten irgendwo was potenziell falsch gemacht haben könnten, man weiß es ja immer nicht.
Genau.
Ja, jetzt nehmen wir mal einen Schokoriegel, also da ist irgendwie im Schokoriegel irgendwas drin, was da nicht reingehört. Und jemand, weiß ich nicht, machen wir es mal nicht so schlimm, schneidet sich im Mund und sagt jetzt so, Schokoriegelhersteller, ich habe jetzt hier irgendwie Heilbehandlungskosten und ein bisschen Schmerzensgeld von 3,50 Mark.
Entgangene Lebensfreude.
Entgang der Lebensfreude, was man so machen kann. Wie kommt dann dieser Fall, und es muss ja nicht so klein sein, aber wir fangen mal beim kleinen Fall an, kann ja auch direkt um sehr viel gehen. Wie kommt der dann zu euch? Was sind da so die Konstellationen?
Genau. Der Hersteller dieser Schokoriegel hat in der Regel einen Haftpflichtversicherer, einen Betriebshaftpflichtversicherer. Und wenn dann der Geschädigte, der seine Schäden im Mund hat, sich bei dem Hersteller des Schokoriegels meldet und seine Schmerzensgeldansprüche anmeldet, sorgt in der Regel dafür, dass der Hersteller dann Meldung macht an seinen Versicherer und sagt, hier, ich werde in Anspruch genommen, jemand möchte von mir Schadenersatz.
Und dann steigt der Versicherer in der Regel in die Prüfung ein, schaut, ob das ein versicherter Sachverhalt ist. Wenn er das für sich bejaht, dann schaut er sich in einem zweiten Schritt die Haftung an und schaut, sind die Ansprüche, die der Geschädigte gegen den Schokoriegelhersteller geltend macht, haftungsrechtlich begründet oder nicht.
Wenn er das bejaht und meint, die Ansprüche sind begründet, dann muss er regulieren und zahlt. Im besten Fall. Und wenn er aber der Meinung ist, da ist nichts dran oder das passt doch so nicht, dann schuldet er aus diesem Versicherungsvertrag die Abwehr dieser unbegründeten Ansprüche und beauftragt an der Stelle dann uns mit der Verteidigung und Vertretung seines Versicherungsnehmers, also dieses Schokoriegelherstellers und sagt, bitte vertretet meinen Versicherungsnehmer im Prozess und wehrt die Ansprüche ab.
Das ist eigentlich ziemlich interessant, da hat man so eine Art eingebauten Rechtsschutz irgendwie noch, ne?
Ja, absolut. Das ist die Rechtsschutzkomponente.
Okay, cool. Und dann tretet ihr auf, das heißt ihr macht viel streitige Verfahren?
Ja, sehr viel. Also wir machen, also nur für meinen Bereich oder unseren Bereich, Industriehaftpflicht gesprochen, wir machen sehr viel Beratung, außergerichtliche Beratung, aber auch sehr, sehr viel forensische Gerichtsverfahren, was es, meine ich, für Berufsanfänger und Berufsanfängerinnen super angenehm macht, bei uns anzufangen, weil man eben aus einer breiten Range Fälle bekommt und dann so ein bisschen schauen kann, wo sind die Vorlieben, wo sind die Stärken und ich habe ganz viele Kollegen und Kolleginnen, die super gut im Gutachten schreiben Und die lieben das, in der Beratung tätig zu sein.
Und dann gibt es die, die sagen, ich stehe so gern vor Gericht und ich möchte vor Gericht auftreten und den VN da verteidigen. Das ist schön, dass man da die Möglichkeit hat, zu schauen, wo die Stärken und Vorlieben der Mitarbeitenden sind.
Das heißt, das ist eigentlich so klassische Anwaltsarbeit, wie man das noch aus dem Fernsehen kennt. Ja. Richtig mit zu Gericht gehen, nicht nur Verträge schreiben.
Mit diktieren, Schriftsetze machen, genau, zu Gericht gehen.
Hast du noch so ein, zwei Beispiele vielleicht natürlich pseudonymisiert aus deiner letzten Zeit, wo du sagst, das war ein ganz cooler Fall?
Ich würde sagen, fast alle unsere Fälle sind irgendwie cool und das nicht nur, wenn man irgendeine Neigung fürs Versicherungsrecht hat, sondern einfach gerade im Bereich Industriehaftpflicht, Produkthaftung ist die Palette der Gegenstände, die irgendwie explodieren, sich in Luft auflösen, Wasser verlieren, Feuer fangen oder sonstige Schäden verursachen echt breit. Also das geht vom Schokoriegel, von dem Beispiel, was du gewählt hast, über, ja, es könnte genauso gut eine Tonne Veggie-Food sein, wo dann doch Hühnchenfleisch drinsteckt oder auch irgendwelche Schräubchen und Teilchen im Bereich Automotive, was dann zu einem weltweiten Rückruf von tausenden Fahrzeugen führt.
Führt irgendwelche Windkraftanlagen, Solaranlagen, Silos. Also es reicht wirklich von Gegenständen, die jeder aus seinem Alltag kennt. Kinderspielzeug ist super häufig Gegenstand von Streitereien, die wir haben. Aber ja, technisch hochkomplexe Anlagen, da ist die Range wirklich breit.
Lass uns mal in so einen Fall reingehen. Ich wohne in einer Gegend, wo es viele Windkräfträder gibt und ich blicke auch immer auf eins und finde das auch gar nicht so schlimm. Im Gegenteil, finde ich das eigentlich ganz modern.
Und jetzt könnte da ja mal so ein roter Blatt runterfallen. Das will ich niemandem wünschen, erst recht nicht, wenn da drunter gerade jemand vielleicht hergeht. Aber für unseren Fall muss da jetzt mal jemand langlaufen und der hat das dann leider nicht überlebt.
Wo entscheiden sich diese Fälle? Mein Bauchgefühl ist, dass sie sich doch häufig im Sachverhalt auf der faktischen Ebene entscheiden, weil juristisch ist sowas doch relativ klar, oder?
Ach, es gibt so viel. Häufig haben wir ja das Thema schon, dass wir verschiedene grenzüberschreitende Elemente haben. Sei das auf Anspruchstellerebene, da kommt jemand, um vier Wochen auf einer Baustelle irgendwo in Deutschland zu arbeiten, der wohnt aber eigentlich in Serbien und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Italien.
Man denkt, es ist konstruiert, ist es aber häufig nicht. Also das heißt, diese Sachverhaltsermittlung, die du ansprichst, das ist schon ein wesentlicher Teil unserer Arbeit. Also wir müssen den Sachverhalt ordentlich ermitteln, wobei auch da der Umstand, dass wir vom Versicherer beauftragt werden, sorgt dafür, dass wir in der Regel eine Schadenakte bekommen, in der sehr viele Informationen schon aufbereitet drinstehen.
Das heißt, im Vergleich zu den kleineren Kanzleien, wo der Mandant wirklich an die Tür klopft und sagt, ich habe folgendes Problem, ist das bei uns schon extrem aufgearbeitet, was bei uns ankommt. Dann machen wir viel Sachverhaltsermittlung, was ist passiert und in der Tat, da sind Nuancen im Sachverhalt, die die Richtung entscheiden, absolut, aber auch rechtlich ist es gar nicht so unkomplex teilweise.
Also wenn ich jetzt an kaufrechtliche Streitigkeiten denke, aber auch an den von dir skizzierten Personenschadenfall, da gibt es häufig so viel, dann haben wir regressierende Sozialversicherungsträger und dann muss man sich auf einmal die Frage stellen, wie ist das denn nach dem anwendbaren polnischen Sozialversicherungsrecht, haben die auch die Haftungsprivilegierungen, wie wir die in unserem SGB haben, wenn das in irgendeiner Form ein Betriebsunfall war und mehrere auf einer Betriebsstätte zusammengewirkt haben.
Also das ist wirklich, man muss da tief rein, tief in den Sachverhalt und tief ins Rechtliche. Und deshalb wird es halt in der Tat, und das kann ich wirklich im Inbrunst der Überzeugung sagen, wird es hier einfach nicht langweilig. Also viele Sachverhalte ähneln sich oder man denkt, es sind ähnliche Themen, klar, aber man muss schon einfach genau hinschauen.
Jetzt nochmal so total hands-on. Irgendwann kriegst du eine Akte und wie geht es dann weiter?
Die Versicherer schicken uns in der Regel die Schadenakte, wenn entweder der Versicherungsnehmer außergerichtlich in Anspruch genommen wird, aber häufig tatsächlich mit Erhebung der Klage. Das heißt, der Geschädigte geht hin und sagt, ich habe mir, um bei dem Essensbeispiel zu bleiben, ich habe auf eure Wurst gebissen, die stellst du doch her, lieber Beklagter.
Und da war ein Metallstück drin und deshalb ist meine Prothese rausgebrochen, die habe ich untergeschluckt und habe fiese Verletzungen davon getragen. Jetzt will ich Schadenersatz, ich will Schmerzensgeld, mein Leben hat sich komplett geändert und zwar nicht zum Positiven.
Ich musste mich verschiedenen Operationen unterziehen, bin jetzt arbeitsunfähig und dafür will ich 100.000 Euro haben. Dann ist es bei uns in der Tat so und das ist das Angenehme, wir kriegen diese Schadenakte. Das heißt, der Versicherer hat sich schon mal Gedanken um den Sachverhalt gemacht.
Er hat vor allen Dingen mit seinem Versicherungsnehmer, der dann der Hersteller dieser Wurst ist, schon mal ausgetauscht. Wie sieht denn das bei dir aus? Wie stellst du diese Wurst her? Wie stellst du denn sicher, dass da nicht ein Schräubchen von der Uhr deiner Mitarbeiter reinfällt? Und dann kriegen wir eine mehr oder weniger dicke Schadenakte, wo dann schon ein bisschen was drinsteht und dann gehe ich hin und schaue mir erstmal den Vorwurf in der Klage an.
Und das wird in der Tat in diesen Produkthaftungsfällen, manchmal ist es total absurd, was da vorgeworfen wird. Und ja, gerade wenn es Personenschäden sind, wird es dann fies, weil dann ausgeführt wird, welche Verletzungen da resultiert sind und wie man jetzt darunter leidet.
Dann werden Haushaltsführungsschäden geltend gemacht. Die Leute waschen alle vier Wochen alle Gardinen und können das jetzt nicht mehr. Das muss natürlich auch monetär vergütet werden. Und dann gehe ich an die Akte und nehme erstmal Kontakt auf mit unserem Versicherungsnehmer und stelle mich erstmal vor und sage erstmal, wir sind von der Kanzlei BLD, ihr Versicherer hat uns damit beauftragt, ihre Interessen wahrzunehmen.
Sie sind verklagt worden, vorm Landgericht Berlin meinetwegen. Und dann freuen sich die Versicherungsnehmer und dann erzähle ich, wie so ein Verfahren abläuft. Viele von denen haben zwar Rechtsabteilungen, waren aber vielleicht noch gar nicht vor Gericht.
Das heißt, man muss immer so ein bisschen rausfinden, wo stehen die eigentlich gerade und die so ein bisschen abholen. Und das variiert je nach Unternehmensgröße, je nachdem, wie die so aufgestellt sind. Auch wenn die Juristen im Unternehmen haben, heißt es noch nicht unbedingt, dass die super Firmen sind, darin wie so ein Prozess läuft.
Das heißt, wir sprechen so ein bisschen darüber, wie geht das und dann gehen wir in die Sachverhaltsermittlung.
Ganz interessant eigentlich, weil rechtlich gesehen ist eure Mandantin natürlich die Versicherung, aber faktisch kommst du über Bande dann zu dem Beklagten.
Ja, es ist so ein bisschen Janusköpfig. Unsere Auftraggeberin ist der Versicherer und die erteilen uns im Namen des Versicherungsnehmers sozusagen das Mandat. Also das eigentliche Mandatsverhältnis wird mit dem Versicherungsnehmer begründet. Das heißt, wir unterliegen den Weisungen in diesem Verhältnis.
Ist.
Derjenige, der bezahlt, ist aber in der Regel ja der Versicherer. Das heißt, der möchte an den Entscheidungen, an den Wesentlichen für den Prozess natürlich auch teilhaben. Vergleichen wir es irgendwann oder lassen wir uns verurteilen, gehen wir in Berufung oder nicht. Das sind Dinge, die wir dann mit zwei Parteien abstimmen.
Klar.
Also genau. Und, Wenn der Sachverhalt aufgeklärt ist, dann gehen wir tief ins Detail und das hängt dann so ein bisschen davon ab. Ist es die Wurst, dann unterhalten wir uns natürlich über tiefste Herstellungsverfahren. Wie wird diese Wurst sichergestellt? Wie stellen wir sicher, dass da nicht Körperteile oder andere Dinge in diese Wurst reinfallen? Oder wenn es halt dann technisch hochkomplexe Anlagen sind, dann geht es in der Tat sehr krass ins technische Detail und dann haben wir oft auch sachverständige Hilfe, um zu verstehen, was stellt denn die Mandantin da eigentlich genau her? Wie können wir das Gericht auch davon überzeugen, dass da kein Produktfehler dem Teil inne wohnt? Denn in der Regel sind ja auch die Versicherer technisch ähnlich, die Richter ähnlich technisch unversiert wie wir.
Das bedeutet, auch denen muss man ja verständlich machen, von welchem Produkt sprechen wir und wie stellen wir sicher, dass wir wirklich alles tun, was man tun kann, um die Sicherheit der Anwender zu gewährleisten.
Jetzt wird es richtig nerdig. Wieder Beispiel aus dem Leben bei mir da in der Nähe, fällt mir gerade ein. Da ist jemand, der stellt Pappkartons her. Und jetzt könnte ja sein, da ist eine Kante auf einmal irgendwie, da ist ein Metallstück in der Kante und daran hat man sich geschnitten.
Ähnlich wie die Wurst. Es ist egal, worum es geht, ich muss das nur gerade vom inneren Auge haben, damit ich ja die Abläufe, die ich immer so beobachte, gerade sehe. Ihr, die hier zuhört, habt vielleicht eine andere Art von Industrie.
Jetzt wird doch der Geschädigte niemals kausal nachweisen können, dass an dem Tag das und das da irgendwie reingefallen ist, als das produziert wurde. Das heißt, das kann doch irgendwie nicht der Haftungsmaßstab sein. Wie ist das rechtlich? Das ist mal die Folgefrage.
Weißt du, worauf ich hinaus will?
Ja, der Geschädigte hat natürlich, also vom Grundsatz her hat der Geschädigte erstmal die Darlegungs- und Beweislast für alle Anspruchsvoraussetzungen, die es da so gibt. Heißt, im Rahmen vom Produkthaftungsgesetz muss er nachweisen, es gibt einen Fehler und der war ursächlich für seinen Personenschaden oder auch im Rahmen von 823 BGB muss er auch die entsprechenden Anspruchsvoraussetzungen da tun.
Aber es gibt natürlich gewisse Beweiserleichterungen, weil genau das ist der Punkt, das was du sagst, das kann der Geschädigte ja nicht, der hat überhaupt keine Einblicke in diese Abläufe, die da bei dem Hersteller passieren.
Also der sagt im Prinzip, hör mal, ich habe das Produkt gekauft, die Verpackung war unbeschädigt, das kam also von dir, da war das und das drin, das hat mir den Schaden zugefügt, das reicht dann erstmal. Und jetzt ist euer Maßstab zu sagen, nee, nee, warte mal, hier geht es nicht darum, ob das durch uns da reingekommen ist, hier geht es um die Frage, ob das alles wirklich so war, weil wir können eventuell darlegen, anhand der Organisation unseres Betriebes, dass das ausgeschlossen ist.
Genau, dass wir alle Maßnahmen unternehmen, um Fehler dieses Produktes zu vermeiden. Und dann in der Regel kommen die Gerichte nicht aus ohne Sachverständigen. Auch die müssen sich da in der Regel von den Abläufen ein Bild machen, um zu schauen, wird da wirklich alles unternommen, um entsprechende Fehler zu vermeiden.
Also es ist auf tatsächlicher Ebene, Auf tatsächlicher Ebene spannend und man muss sehr tief ins Detail gehen und es ist auf rechtlicher Ebene spannend.
Jetzt hast du gesagt, du bist sozusagen ohne Vorkenntnisse da reingerutscht.
Ja, absolut.
Heißt das umgekehrt auch, wenn man sich das bei euch mal anschauen will, muss man jetzt nicht unbedingt die absolute Expertin im Haftungs- und oder Versicherungsrecht sein?
Dafür bin ich der lebende Beweis. Ganz genau. Also klar, Vorkenntnisse sind immer schön und wir haben auch einige Versicherungsrechtsgewächse, die gefühlt seit dem ersten Semester wussten, dass sie Versicherungsrecht machen wollen und ihren ganzen Lebenslauf darauf ausgelegt haben. Praktika, Stationen im REF und das ist wunderbar.
Aber ich habe früher immer diejenigen beneidet, die wussten, was sie wollen, die ihren roten Faden verfolgt haben vom Studium an. Bei mir war das nicht so. Ich kann mich für alles begeistern.
Und mein Kollege hat das mal so schön gesagt. Wahrscheinlich könnte man mich bei der unteren Wasserschutzbehörde positionieren und ich würde auch da irgendwie was ganz Spannendes finden. Also ich habe viel gemacht in dieser Kanzlei.
Studium habe ich Familien- und Erbrecht gemacht, wie gesagt im Dorf, da wo ich herkomme. Dann habe ich Stationen gemacht im IT-Recht und Datenschutz. Dann war ich in einem Lebensmittelunternehmen in der Wahlstation.
Das war fantastisch. Wenn die noch eine Stelle gehabt hätten für einen Juristen, wäre ich vielleicht nie hier gelandet. Also ich kann mich für viel begeistern und man braucht, um die Frage zu beantworten, keine Vorkenntnisse. Man braucht eine gewisse Begeisterungsfähigkeit und vielleicht eine kleine Glut, die man irgendwie entfachen kann, dass man irgendwie irgendwann dann für diese Themen brennen kann.
Das würde ich sagen, reicht schon. Cool.
Vielen herzlichen Dank.
Gerne.
Tschüss.