IMR1423. Okt 18
IMR014: Referendariat im Silicon Valley | Interview Rechtsanwalt

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IMR014: Referendariat im Silicon Valley | Interview Rechtsanwalt

Nico Kuhlmann, Associate | Hogan Lovells

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Über diese Episode

Folge 014 deines Jura-Podcasts zu Job, Karriere und Examensthemen.

In dieser Folge hörst Du, warum das Referendariat im Silicon Valley besonders viel Spaß macht und wie du dort im Rahmen Deiner Wahlstation hinkommst. Wir gehen auf die Arbeit vor Ort, Besonderheiten amerikanischer Law Schools und Nico’s ersten Arbeitstag ein.

Inhalt:

  • 0:45 Vorstellung
  • 2:15 Vorlauf und Planung der Station
  • 5:00 Die Arbeit vor Ort
  • 6:15 Besonderheiten amerikanischer Law Schools
  • 9:20 Access to Justice & Legal Tech
  • 14:30 Das Silicon Valley als Ort
  • 16:56 Der erste Arbeitstag
  • 19:02 Geht’s auch ohne Kanzleibackground?
  • 21:40 Bussiness Attire & autonome Roboter

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Zu Gast

Nico Kuhlmann

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Über Hogan Lovells

Hogan Lovells zählt zu den führenden internationalen Großkanzleien und ist in Deutschland mit etwa 400 Anwältinnen und Anwälten an den Standorten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg und München vertreten.

Die Full-Service-Sozietät berät Mandanten in allen wirtschaftsrechtlichen Fragen – von M&A über Patentrecht bis zu streitigen Verfahren – und profitiert dabei von einem weltweiten Netzwerk von rund 2.800 Juristinnen und Juristen. Besonders herauszustellen sind ihre ausgeprägte Pro-Bono-Kultur, vielfältige internationale Secondment-Möglichkeiten und die konsequente Förderung flexibler Karrieremodelle, die gerade jungen Juristinnen und Juristen Türen öffnen.

Worauf wartest Du also – klick Dich in unsere IMR-Folgen mit Hogan Lovells und hör aus erster Hand, wie Arbeit in einer globalen Top-Kanzlei klingt!

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Die Digitalisierung ist etwas Tolles und wird neue Möglichkeiten eröffnen – Juristen sollten dieses Thema freudiger angehen und aktiv vorantreiben, um positive Effekte für uns und die Gesellschaft zu schaffen.

Sneak Peak – Q&A mit Nico Kuhlmann

Transkript

KI-basiert und kann Fehler enthalten.

0:11 Min
Marc Ohrendorf:

Schönen guten Tag, herzlich willkommen zu einer weiteren Folge Irgendwas mit Recht. Heute spreche ich in Hamburg mit Nico Kuhlmann. Hallo Nico.

0:19 Min
Nico Kuhlmann:

Moin.

0:19 Min
Marc Ohrendorf:

Ich grüße dich, hi. Wir sprechen heute über deine Referendariatsstation, die du im Silicon Valley gemacht hast, richtig? Das ist korrekt, genau. Bevor wir darauf eingehen, stelle ich doch vielleicht mal kurz vor, was machst du heute, wann warst du dort und dann werden wir uns ein bisschen chronologisch dem widmen, wie man sich vorbereitet, wie man dann tatsächlich irgendwo auch dort, ich sag mal, genommen wird und was du dann dort auch erlebt hast.

0:45 Min
Nico Kuhlmann:

Ja, vielen Dank. Ich bin von Haus aus erstmal klassischer Jurist. Ich habe Jura studiert im schönen Bayreuth in Bayern, habe dann für eine Promotion in den USA, habe mein Referendariat dann hier in Hamburg durchgeführt, ganz klassische Station hier bei Gericht. Ich durfte dann zum Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Ein paar andere interessante Stationen habe ich auch machen dürfen. Also so gesehen erstmal eine ganz klassische juristische Ausbildung. Das ist bei mir aber immer nur die halbe Wahrheit. Hinzu kommt, dass ich schon immer eine sehr starke Affinität zu digitalen Themen hatte, auch zu wirtschaftlichen Themen.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Also ich habe versucht, die juristische Welt nicht immer nur durch die dogmatisch-rechtswissenschaftliche Brille zu sehen, sondern auch aus anderen Perspektiven zu betrachten. Es hat ganz viele verschiedene Aspekte. Ich blogge seit einiger Zeit zum Thema Legal Tech.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Ich schreibe viel auch für Legal Tribune Online, für andere Medien und versuche da mir so ein bisschen Gedanken zu machen, wie eigentlich die Digitalisierung uns Juristen betreffen könnte. Und als es dann für mich zur Frage der Wahlstation kam, stand natürlich ganz oben auf der Liste, vielleicht mal in Silicon Valley zu gehen und da vor Ort zu sehen, nicht nur wie Juristen dort vielleicht schon arbeiten, sondern auch wie andere Unternehmen, die aus dem Silicon Valley kommen, die Googles, die Facebooks und so weiter, was da vor Ort so passiert.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Und genau, hat dann zum Glück auch geklappt und ich durfte meine Wahlstation Anfang dieses Jahres im Silicon Valley verbringen.

2:17 Min
Marc Ohrendorf:

Wann hast du dich denn dazu entschieden, dort hinzugehen? Also wie viel Vorlauf hast du gebraucht?

2:22 Min
Nico Kuhlmann:

Der Vorlauf war tatsächlich jetzt für mich glücklicherweise einigermaßen überschaubar. Ich arbeite jetzt seit über drei Jahren hier in Hamburg bei der Kanzlei Hogan Lovells, ursprünglich promotionsbegleitend und dann während der gesamten Zeit im Referendariat. Habe da auch meine klassische Anwaltstation verbracht und habe dann, glaube ich, ein Jahr vorher mal angefragt, ob die Möglichkeit bestehen würde, ins Silicon Valley zu gehen für die Wahlstation.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Das ist bei uns klassischerweise eigentlich nicht vorgesehen. Nein, also wenn man bei Hogan Lovells Anwaltsstationen gemacht hat oder sonst verbunden ist, gibt es grundsätzlich immer die Möglichkeiten Washington DC, London und Alicante. Das hat mich aus verschiedenen Gründen alles nicht maximal gereizt, weil ich in vielen Orten schon war und wie gesagt schon ein bisschen aufs Silicon Valley mich gefreut habe.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Habe dann aber, weil ich bei Hogan Labels auch das Thema Legal Text in einiger Zeit betreue, einen ganz guten Use Case gehabt, warum es für mich Sinn machen könnte, nach Kalifornien zu gehen. Und das waren dann im Endeffekt, glaube ich, zwei E-Mails von zwei Partnern von uns und dann war das grüne Licht aus den USA da.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Den Organisationskram, da war ich sehr dankbar für, hat dann tatsächlich auch die Kanzlei zu großen Teilen übernommen. Also die Frage des Visums vorbereiten, Flug buchen, die Krankenversicherungs für das Ausland abschließen und so weiter. Da gibt es glücklicherweise in der Kanzlei unserer Größe Personal dafür, die das regelmäßig machen, weil wir ja regelmäßig Austauschprogramme haben auch von den Anwälten und da wurde ich sehr stark unterstützt, sodass tatsächlich meine Vorbereitungsaufwand relativ gering war.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Was natürlich gerade dann besonders schön ist, wenn man sich auch eigentlich auf die Vorbereitungshöhe, die Klausuren konzentrieren musste, sodass das sehr angenehm war. Also wahrscheinlich sollte man, wenn man was Exotischeres vorhat für die Wahlstation, vielleicht ab so einem Jahr vorher mal überlegen, wo es hingehen sollte und dann die ersten Schritte einleiten.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Am Ende ist es dann doch immer so ein bisschen Kleinkram, der erledigt werden muss, aber es ist überschaubar.

4:28 Min
Marc Ohrendorf:

Das heißt, dein Ansprechpartner vor Ort war aber weiterhin auch Hogan Levels.

4:31 Min
Nico Kuhlmann:

Genau, also Hogan Lovell, für die, die die Kanzlei vielleicht nicht kennen, ist eine relativ große internationale Wirtschaftskanzlei, eine der größten der Welt. Wir haben, ich glaube, 70 Büros weltweit und eben auch eins in San Francisco und nochmal einen Ableger direkt im Menlo Park im Silicon Valley.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Und dass ich da quasi in der Kanzlei geblieben bin und vor Ort dann auch direkt die Ansprechpartner hatte und da in ein gemachtes Nest mich setzen durfte.

5:00 Min
Marc Ohrendorf:

Und du warst wahrscheinlich ja nicht so sehr daran interessiert, vor Ort dann reine Rechtsarbeit zu machen. Du hast deine technologische Ader ja schon angesprochen, sondern wolltest dir wahrscheinlich dort auch ein paar Unternehmen anschauen und hast das auch gemacht, wenn ich dich richtig verstanden habe, oder?

5:14 Min
Nico Kuhlmann:

Genau, also natürlich Wahlstation ist ja auch noch Ausbildungsstation. Also ich habe im klassischen Team mitgearbeitet. Ich bin von Haus aus IPler, also der grüne Bereich, geistiges Eigentum und habe dann dort in dem Team mitgearbeitet, was hauptsächlich die Intellectual Property Seite von M&A Transaktionen mitbetreut.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Und habe da im Tagesgeschäft mich versucht einzubringen, war bei Verhandlungen mit dabei, habe Verträge mit gedraftet und habe da wie gesagt meine hoffentlich vorhandene Expertise versucht einzubringen. Darüber hinaus hat man mir aber glücklicherweise auch viel Freiraum gegeben und wenn ich Vorschläge gemacht habe, was ich noch machen könnte, was für meine Gesamtausbildung förderlich sein könnte, Bin ich da auch immer auf offene Ohren gestoßen.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Ich war mehrfach in Stanford an der Law School bei Veranstaltungen. Ich hatte dann Kontakt zur Berkeley Law School auch, habe da ein bisschen was mitgemacht, quasi die akademische Seite noch ein bisschen, die ja auch in den USA durchaus anders funktioniert als eine klassische deutsche juristische Fakultät.

6:23 Min
Marc Ohrendorf:

Wollen wir darauf kurz für die Studierenden eingehen? Viele waren ja wahrscheinlich noch nicht an der Hochschule und in den USA. Was meinst du damit genau? Was funktioniert dort ein bisschen anders?

6:32 Min
Nico Kuhlmann:

Also die bekannteren Lawschools und Universitäten, die man noch hierzulande so kennt, sind ja meistens private Unternehmen. Das hat Vor- und Nachteile. Ein Vorteil ist, dass die ökonomisch ein bisschen langfristiger aufgestellt sind und wahrscheinlich ein, zwei Dollar mehr zur Verfügung haben als deutsche juristische Fakultäten.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Das sieht man daran, dass die Gebäude ein bisschen schöner sind und den Studenten auch ein bisschen mehr Budget zur Verfügung steht, wenn die eigene Ideen und Konzepte haben. Was mich ganz besonders interessiert hat, war, wie der Praxisbezug an den Fakultäten vor Ort war.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Was meine ich damit? Also bei uns in Deutschland ist die akademische Ausbildung, würde ich sagen, hervorragend. Mhm. Man hat nur dadurch, dass man sehr viel Wert auf diese dogmatische Durchdringung legt, weniger Praktika an den Unis.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Und es ist in den USA ein bisschen anders. Da gibt es Leute, die oft ein paar Jahrzehnte gearbeitet haben und dann zurückgekommen sind. Es gibt viel mehr Veranstaltungen, wo die auch ihre Wissen weitergeben und da konnte ich in Stanford mir ein paar Sachen angucken, die mir besonders gut gefallen haben.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Da gibt es beispielsweise das CodeX, das ist das Center for Legal Informatics und da gibt es verschiedene Legal Tech Startups, die aus diesem Center hervorgegangen sind von Studierenden, die sich nach ihrem Abschluss der Ausbildung nicht als klassische Anwälte niedergelassen haben, sondern Unternehmen gegründet haben, das im Bereich Legal Tech aktiv sind. Und da gab es eine Reihe, die hieß Founder Now and Then.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Da waren Gründer eingeladen, die ehemalige Studierende waren, die dann relativ frisch dabei waren, teilweise auch, die schon ihren ersten Exit oder den zweiten Exit hinter sich hatten, also Unternehmen schon weiterverkauft hatten. Und da gab es dann eine offene Podiumsdiskussion mit den aktuellen Studierenden, was ich unglaublich spannend fand, weil gerade bei uns in Deutschland die Legal Tech Welle ja so ein bisschen hinterherhinkt, sodass wir gerade Leute, die erzählen können, wie sie Unternehmen erfolgreich aufgebaut haben und dann auch erfolgreich verkauft haben, noch gar nicht gibt in Deutschland.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Und da werden in Stanford die Studierenden, die ehemaligen Gründer halt direkt wieder eingeladen, um den Studierenden ihre Erfahrungen weiterzugeben und da fand ich die Nähe zur Praxis, der Austausch mit der Praxis, hat einen höheren Stellenwert, was mir sehr gut gefallen hat.

8:51 Min
Marc Ohrendorf:

Es ist natürlich ganz interessant, dass da auch wirtschaftliche Aspekte, hört man ja auch schon ein bisschen raus, eine deutlich größere Rolle spielen als vielleicht in der einen oder anderen, gerade auch deutschen Fakultät, wo man mehr noch auf das altehrwürdige Recht abstellt und weniger darauf, was man dann nachher als Rechtsanwalt, Legal Tech Unternehmer oder auch in sonstigen Branchen, wo man sich einbringen kann als Jurist, dann auch wirtschaftlich daraus macht, aus dem Studium sozusagen.

1:11 Min
Marc Ohrendorf:

Das ist ja ein ganz interessanter Aspekt, den viele Studierende vielleicht noch gar nicht so sehr bedacht haben.

9:21 Min
Nico Kuhlmann:

Wenn ich da noch kurz ergänzen darf, du hast recht, das Ökonomische spielt in den USA überall eine größere Rolle und wahrscheinlich auch in juristischen Fakultäten. Ich würde aber die Legal Tech Szene nicht darauf reduzieren, sondern ich würde auch gerade sagen, im Bereich des Zugangs zum Recht, des Access to Justice, können diese Unternehmen auch unglaublich viel leisten.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Und gerade wenn man sich in den USA AWO oder Legal Zoom oder andere Unternehmen anguckt, die einfach den Zugang zum Recht für die Bürger sehr viel vereinfacht haben, sehr viel transparenter gemacht haben, sehr viel preisgünstiger gemacht haben. Das hat ja auch Aspekte, die dann nicht primär ökonomisch sind, im Sinne von, wir müssen jetzt die Riesenrechnung schreiben, aber die natürlich einen gesamtgesellschaftlichen Vorteil haben, der auch nicht mit juristischer Dogmatik zu tun hat, aber einfach mit gelebter Realität.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Und das wird da auch sehr groß geschrieben. Also es gibt da tatsächlich eigene Kurse an den Universitäten, wo die Studierenden lernen beispielsweise juristische Apps zu bauen, die Leuten in Problemsituationen helfen können. Etwas, was ich mir auch in Deutschland wünschen würde, was es so leider in der Form noch nicht gibt.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Aber da wollte ich nochmal ergänzen, dass das nicht nur ökonomische Aspekte hat, sondern auch einfach den Aspekt hat, wie können wir eigentlich das Recht, was wir zu Recht sehr wertschätzen und hochhalten, den Leuten möglichst einfach auch zugänglich machen. Und da spielt die Digitalisierung, glaube ich, eine sehr große Rolle.

10:54 Min
Marc Ohrendorf:

Ja, da bin ich komplett bei dir. Gar keine Frage. Also gerade auch, wenn wir uns anschauen, wie regelmäßig natürlich in den USA auch ein Prozess selber finanziert werden muss und Rechtsschutzversicherungen deutlich weniger verbreitet sind, als es beispielsweise in Deutschland ist. Dann ist das sicherlich ein wichtiger Aspekt, wenngleich, da bin ich komplett bei dir, auch in Deutschland, es schön wäre, wenn man noch mehr digital und einfach und kostengünstiger vielleicht, gerade als Verbraucher, machen könnte.

11:20 Min
Nico Kuhlmann:

Total. Es gibt in den USA die schöne Unterscheidung zwischen Law and Books und Law in Action. Und ich habe das Gefühl, jetzt rückblickend auf meine juristische Ausbildung, dass sich die eigentlich hauptsächlich auf Law in Books konzentriert hat. Also wenn für uns deutsche Juristen das Recht auf dem Papier Sinn macht, dann sind wir damit zufrieden.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Ob es in der Realität auch genutzt wird, ob es funktioniert, ist uns schlimmstenfalls egal. Im besten Fall wissen wir es einfach nicht, weil wir ja auch wenig empirische Studien haben oder so. Also der Klassiker ist irgendwie die Beweislastumkehr im Kaufrecht, die ist auf dem Papier, macht die total Sinn.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Wie die tatsächlich gelebt wird, ob die Leute das wissen, ob das funktioniert, ich weiß es nicht. Und da finde ich die Unterscheidung zwischen Law and Books und Law and Action ganz schön und ich glaube, wir könnten uns einen Gefallen tun, gerade auch in der Ausbildung und gerade auch gesamtgesellschaftlich, wenn wir mehr Wert darauf legen, auch zu gucken, ob Law in Action auch funktioniert.

12:18 Min
Marc Ohrendorf:

Ist das eine neue Perspektive für dich, die du jetzt im letzten Jahr dort gewonnen hast, um nochmal auf deine primären Erfahrungen im Referendariat zurückzukommen? Inwieweit hat dich das da bereichert?

12:29 Min
Nico Kuhlmann:

Also das ist wahrscheinlich ein Aspekt, der mir vorher nicht ganz so klar war, was natürlich auch daran liegt, dass bei uns in Deutschland der Rechtsmarkt ja eigentlich ganz gut funktioniert. Wir haben 160.000 zugelassene Anwälte, das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz sorgt dafür, dass die Preise einigermaßen stabil sind und auch kleinere Sachen nicht so viel kosten.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Ansonsten, also es geht ja schlimmer. In den USA ist der Zugang zum Recht sehr viel komplizierter, sehr viel kostenintensiver, sodass da die Unterscheidung zwischen Law & Books und Law & Action vielleicht noch dringender ist als bei uns. Aber auch bei uns kann man, glaube ich, vieles anders machen und das ist definitiv was, was ich mitgenommen habe aus der Zeit.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Das andere, was ich mitgenommen habe, ist natürlich diese wahrscheinlich bekannte kalifornische Lebensfreude und Aufbruchstimmung und Experimentierfreude. Also wir Deutschen sind ja wahrscheinlich generell nicht das experimentierfreudigste Völkchen und wir Juristen dann wahrscheinlich noch mal weniger als der Durchschnitt. Und das fand ich in Kalifornien ganz besonders schön, wie viele junge Studierende, aber auch junge Anwälte und auch Partner Sachen ganz neu hinterfragen, ganz andere Ansätze gehen wollen, ganz andere Rechtsprodukte bauen und da viel, viel offener und viel freudiger sind.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Bei uns wird leider Digitalisierung oft unter negativen Aspekten diskutiert. So was heißt das jetzt für die Cybersecurity und was bedeutet das für die Überwachung und sind doch alles valide Punkte. Trotzdem glaube ich unterm Strich ist die Digitalisierung was total Schönes und Tolles und wird uns ganz neue Möglichkeiten eröffnen.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Und auch da würde ich dafür plädieren, dass wir da ein bisschen freudiger darauf zugehen und auch wir als Juristen das Thema ein bisschen großherziger annehmen und das selber auch mehr vorantreiben, um dann eben positive Effekte für uns, aber auch für die Bürger da draußen zu heben.

14:29 Min
Marc Ohrendorf:

Jetzt warst du in San Francisco. Warst du in San Francisco oder wo warst du hauptsächlich?

14:33 Min
Nico Kuhlmann:

Genau, ich hatte auch das, vielen Dank nochmal an die Kanzlei, ein ganz schönes Apartment, Downtown San Francisco und habe dann aus den Büros im Financial District in San Francisco, beziehungsweise im Büro im Menlo Park im Silicon Valley gearbeitet. Je nachdem, wo gerade mehr zu tun war und wo auch irgendwie Veranstaltungen waren oder wo ich andere Sachen mitnehmen konnte.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Das muss man sich so vorstellen. Silicon Valley hat ja so einen sehr schönen Klang an sich und das zaubert auch vielen Leuten immer ein Lächeln ins Gesicht. Es ist tatsächlich relativ banal.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Also Silicon Valley ist ein Industriegebiet. Das ist das Industriegebiet im Vorort von San Francisco. Das ist auch kein wirkliches Tal, sondern eher so ein Hangrücken.

15:19 Min
Marc Ohrendorf:

Du musst da relativ weit rausfahren. Ich war Anfang des Jahres auch mal da und dachte mir auch, hoppla, ist doch ein deutliches Stück von der Stadt dann, bis man beim Unternehmen ist sozusagen.

15:29 Min
Nico Kuhlmann:

Das stimmt. Es gibt da einen Vorortzug, den Kaltrain. Der fährt von der Station, wo ich eingestiegen bin bis Menlo Park, das ist im Silicon Valley, glaube ich knapp eine Stunde. Und dann natürlich noch, müssen wir zu Fuß noch ein bisschen weiter gehen.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Die Pendelstrecke war schon deutlich mehr als hier in Hamburg. Hier in Hamburg brauche ich mit dem Fahrrad glaube ich keine zehn Minuten bis zur Kanzlei. Das war da ein bisschen was anderes.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Und es ist auch tatsächlich von der Umgebung her jetzt nichts, ohne jetzt böse zu sein, maximal inspirierendes. Also das ist ein Industriegebiet, da gibt es viele funktionale Flachbauten. Es gibt natürlich auch mal zwischendurch die ein oder andere schöne Einkaufsstraße.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Aber ich glaube das Eindruckendste, wenn man zum ersten Mal ins Silicon Valley reinfährt, ist wie unbeeindruckend das eigentlich nach außen hin wirkt. Es gibt natürlich Ausnahmen. Der Googleplex ist ein sehr schöner Gebäudekomplex, da wo Google das Hauptquartier hat mit Pool, mit Beachvolleyballplatz, mit großem Dinosaurier-Skelett, was ausgestellt wird.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Also relativ schön verspielt. Es gibt jetzt den neuen Campus von Apple, der sehr abgespaced, sehr modern ist, aber auch tatsächlich so ein bisschen versteckt hinter aufgeschütteten Hügeln, also auch nicht maximal präsent. Der Rest ist wie gesagt relativ, also schöne und gepflegte, aber jetzt auch nicht maximal beeindruckende Industriegebäude.

16:56 Min
Marc Ohrendorf:

Wie war dein erster Arbeitstag eigentlich?

16:59 Min
Nico Kuhlmann:

Ähm, relativ klassisch. Also wie gesagt, ich war auch da ja in Büros von Hogan Lovell, sodass die IT und die Programme und das Drumherum ja alles bekannt vorkamen. Ich habe direkt in beiden Bürogebäuden ein eigenes Bürozimmer bekommen mit der klassischen standardmäßigen Ausstattung.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Habe dann mein Team kennengelernt, mir war dann abends noch direkt was trinken und bin da, würde ich sagen, relativ nahtlos von meiner Arbeit hier in der Kanzlei in die Arbeit da drüben gewechselt. Was vielleicht erwähnenswert ist, dass die US-amerikanischen Kanzleien dafür bekannt sind, dass sie sich sehr viel Mühe geben, wenn sie junge Studenten oder Austauschstudierende da haben.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Das hat so ein bisschen den Hintergrund, dass in den USA das gesamte Recruitment-Verfahren anders ist als bei uns in Deutschland. Bei uns ist ja die Examsnote so das A und O. In den USA gibt es keine Examsnote.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Man kann das Bar-Examen nur bestehen oder nicht bestehen, aber es wird nicht bewertet mit einer Note, sodass die Kanzleien sich darauf nicht verlassen können, wenn sie gute Leute einstellen wollen, sondern es geht nur, indem sie sie testen. Und darum gibt es diese relativ ausgebauten Summer Associate Programs, wo Studierende für den Sommer dann in die Kanzlei kommen und da mitarbeiten und man sich da kennenlernt und da versucht die Besten rauszufischen.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Und da sich da die Kanzlei natürlich auch immer gut präsentieren muss, gibt es da ein sehr nettes Rahmenprogramm und an diesem Rahmenprogramm durfte auch ich partizipieren. Also es gab irgendwann mal eine Fahrradtour über die Golden Gate Bridge nach Sausalito und wir haben mal eine Silicon Valley Tour gemacht, wo wir mal alle Headquarters abgefahren haben und wir waren mal segeln und haben da auch wie gesagt im Team und von der Kanzlei aus auch außerhalb des Büros ein bisschen was unternommen und hab mich da wie gesagt von Anfang an sehr wohl gefühlt.

19:00 Min
Marc Ohrendorf:

Lass uns mal noch auf einen anderen Aspekt eingehen. Du hattest natürlich den großen Vorteil, dass du hier schon ganz gut mit der Kanzlei verbunden warst und dann daher auch einen relativ einfachen, wenngleich natürlich auch aufwendigen, aber doch irgendwo kürzeren als normalerweise Weg finden konntest, dort deine Wahlstation zu machen. Glaubst du, dass es realistisch ist, dass jemand, der sich vielleicht noch nicht so sehr an eine Großkanzlei gewandt hat, vorher hier noch nicht für eine Großkanzlei gearbeitet hat, dort auch Fuß fassen könnte?

19:35 Min
Nico Kuhlmann:

Die einfache Antwort wäre ein ganz klares Ja, gefolgt von ein paar Rahmenbedingungen. Also ich würde jedem raten, der grundsätzlich Interesse an sowas hat, die Wahlstation dazu zu nutzen, auch ins Ausland zu gehen. Das hat aus fachlichen Gründen auch Vorteile, aber ich glaube der größte Vorteil ist eher so ein menschlicher für einen selber.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Einfach mal ein anderes Land sehen, eine andere Umgebung sehen, eine andere Kultur sehen, sich da zurechtzufinden, sich da neuen Eindrücken auszusetzen. Also das kann ich jedem einfach nur ans Herz legen. Wenn man da grundsätzlich Interesse daran hat, stellt sich die nächste Frage, wie kann ich das machen? Eine Kanzlei ist natürlich ein guter Ansprechpartner.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Gerade die großen Kanzleien haben ja weltweit auch Büros und da gibt es bestimmt ein Büro in einer Stadt, die einem zusagt. Man muss dann natürlich irgendwie einen Grund finden, warum gerade die Stadt vielleicht auch Sinn ergibt für einen Austausch.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Und wenn man vorher mit der Kanzlei auch schon in Kontakt war, ist das alles im Bereich des Möglichen. Darüber hinaus gibt es natürlich auch andere Ansprechpartner. Man kann zu einer deutschen Botschaft gehen, man kann zu einer Außenhandelskammer gehen, man kann auch einfach initiativ kleinere Kanzleien anschreiben.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Eine gute Bekannte von mir war bei einem deutschen Anwalt, der in Melbourne, Australien praktiziert und hat da ihre Wahlstation gemacht. Das ist dann vielleicht von der Planung ein bisschen aufwendiger und vielleicht von der Vergütung auch nicht ganz so attraktiv wie bei einer großen Wirtschaftskanzlei, aber auch die Möglichkeiten gibt es natürlich.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Natürlich. Da muss man sich einfach fragen, hat man grundsätzlich Interesse an Auslandserfahrung und wenn das der Fall ist, was würde zu einem passen, welche Stadt interessiert einen, welches Thema interessiert einen und da muss man sich halt ein bisschen kümmern, aber da gibt es sehr viele Möglichkeiten und wie gesagt, ich kann jedem dazu raten, das auszuprobieren.

21:29 Min
Marc Ohrendorf:

Zum Abschluss würde ich ganz gerne wissen, was denn die Erfahrung für dich war in deiner Wahlstation. Wenn du sagst, okay, wenn ich an eine Sache zurückdenke, dann denke ich an das.

21:40 Min
Nico Kuhlmann:

Das ist immer schwierig, jetzt eine Sache rauszupicken. Es gibt da ganz, ganz viele. Ich würde zwei sagen, wenn ich darf. Die eine hat im Prinzip schon vor der Wahlstation stattgefunden.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Das war so eine Woche, das war nach den Klausuren, eine Woche vor meinem Abflug, wo ich dann mal an dem Punkt angekommen war, zu überlegen, was packe ich eigentlich ein. Und dann habe ich eine E-Mail geschrieben an den Partner, der für mich zuständig war in den USA, wie eigentlich der Dresscode bei uns vor Ort ist und ob fünf dunkelblaue Anzüge reichen oder was ich mitbringen soll.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Und ich bekam relativ schnell eine E-Mail zurück mit, Dear Nico, we are casual all the time, please leave your suits at home. Sodass ich dann tatsächlich nur mit Jeans und ein, zwei Stoffhosen, aber dann doch… Hand aufs Herz.

22:27 Min
Marc Ohrendorf:

Hast du wirklich keinen Anzug mitgenommen?

22:28 Min
Nico Kuhlmann:

Ich hatte keinen Anzug mitgenommen und das hatte ich tatsächlich nachher als Problem ausgestellt, weil ich dann durch Kontakte zur Berkeley Law School zum Berkeley Barrister Ball eingeladen worden bin, wo da natürlich Anzugpflicht bestand, sodass ich dann relativ kurz mir im Castro-Viertel dann doch noch einen Anzug gekauft habe, um auf diesen Ball gehen zu können. Aber ich habe tatsächlich nie in der Kanzlei einen Anzug getragen.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Ich habe auch, glaube ich, niemanden gesehen, der dann jemals einen Anzug getragen hat. Ich fand das ganz schön. Der Senior Associate, der mich betreut hat, der kam irgendwann morgens mit Jeans und einem Wollhemd in mein Büro und meinte, er hätte sich heute zum allerersten Mal länger überlegt, was er anzieht.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Nicht, weil es für die Kanzlei wichtig gewesen wäre oder für den Job, sondern weil er nachher einen Termin hatte bei einer NGO, wo er junge Flüchtlingskinder aus Mexiko betreut. Und er sich gefragt hat, was er anziehen kann, um bei denen möglichst nahbar zu wirken und keine Distanz zu haben.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Und das fand ich total schön als Anekdote, dass das der Tag war, wo er sich lange Gedanken macht, was er anzieht und jeder andere Tag einfach ein normaler Smart Casual Day ist. Und das ist so ein bisschen, kommt ja in Deutschland auch mehr und mehr, aber das war schon ein sehr großer Unterschied, was einfach so das Attire, das Outfit angeht.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Ein anderer Aspekt, der mir in Erinnerung geblieben ist, war, ich war irgendwann abends mal mit den Kollegen was trinken in einer Bar, ich glaube es war in Mountain View im Silicon Valley. Und wir standen da auf der Straße mit unserem Cocktail und haben uns unterhalten und auf einmal fuhr ein vierrätriger, autonomer Roboter an uns vorbei, der dort vor Ort die Pizza ausliefert.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Ach cool. Also es gibt schon Pizzadienste da unten, die die Pizzen mit diesen selbstfahrenden Robotern ausliefern. Ich habe dann schnell ein Foto gemacht, als er an uns vorbeifuhr und habe das dann nachher recherchiert. Das funktioniert ganz normal.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Ich bestelle die Pizza per App an meine Adresse und dann wird die in diesen fahrenden Roboterkasten reingelegt und per GPS findet das dann den Weg zu mir nach Hause. Und sobald das bei mir gelandet ist, wird ein QR-Code angezeigt, den ich mit meinem Handy einlesen muss und dann öffnet sich die Klappe und dann kann ich meine gewärmte, warm gehaltene Pizza da raus holen.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Das hat da vor Ort niemanden interessiert, weil das für die schon zum Alltag gehört hat. Für mich als zugereister Teutone war das natürlich ein Blick in die Zukunft. Und das musste ich schmunzeln, als ich das gesehen habe.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Also selbstfahrende Autos, gerade von Waymo, von Google hat man da ein paar Mal gesehen. Aber die kannte man ja auch hier aus dem Fernsehen. so einen selbstfahrenden, Pizzaroboter hatte ich vorher noch nicht gesehen und wusste auch nicht, dass es das gibt.

1:11 Min
Nico Kuhlmann:

Das fand ich ganz schön zu sehen und ich glaube, wir können uns dann auch auf ganz viele schöne Sachen freuen, die aus dem Tal der Zukunft auf uns zukommen.

25:28 Min
Marc Ohrendorf:

Das ist ein schönes Schlusswort. Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, hier heute uns einen Einblick zu geben, den Studierenden einen Einblick zu geben, wie es sein kann, wenn man im Silicon Valley seine Wahlstation macht und dir weiterhin viel Erfolg.

25:39 Min
Nico Kuhlmann:

Vielen Dank.

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