Markus Sporleder, Associate | Damste
Niederlande - German Desk Damste - Cross-Border-Business - Anwaltstätigkeit Ausland - Rechtssysteme Vergleich - Ausbildungssystem Niederlande - Stagiaires - Spezialisierung - Pragmatismus - Verhandlungsmentalität - Kostenrecht Anwälte - Stundenlohnbasis - Rechtsschutzversicherung - Anwaltsmonopol - Fortbildungspflicht Anwälte - Arbeitsrecht Niederlande - Gesetzliche Abfindung - Verjährung Deutschland Niederlande - §§ 204 ff. BGB - RVG - GKG
IMR goes international (again): Im ersten Teil des Niederlande-Spezials sind Markus Sporleder und Tono Wevers zu Gast. Beide sind in Deutschland ausgbildete Anwälte und nunmehr im niederländischen Enschede im German Desk von Damste Advocaten tätig. Welche Besonderheiten ergeben sich aus dem niederländischen Justizsystem? Wie funktioniert die Anstellung als deutscher Anwalt in den Niederlanden in Sachen Sozialversicherung? Warum kann man im Teamwork mit niederländischen Kolleg:innen einen besonderen Mehrwert für Mandantinnen liefern? Wie gelingt der Berufseinstieg – und welche Sprachvoraussetzungen sollte man mitbringen / kann man on the job lernen? Antworten auf diese und viele weitere Fragen liefern Markus und Tono in dieser Folge. Viel Spaß beim Anhören & danke für Euer konstantes Feedback!
Viel Spaß 🎉 und vielen Dank für Euer Feedback! 🙏🏼
Damsté Advocaten • Notarissen • Mediators ist eine mittelständische Kanzlei aus den Niederlanden mit Hauptsitz in Enschede sowie Standorten in Amsterdam und Hengelo, in der insgesamt rund 160 Menschen arbeiten, darunter etwa 90 Berufsträger:innen. Inhaltlich deckt Damsté das gesamte Wirtschafts- und Zivilrecht ab und bietet dabei unter einem Dach Rechtsberatung, notarielle Dienstleistungen und Mediation.
Besonders bekannt ist die Sozietät für ihr German Desk, über das deutschsprachige Mandant:innen bei sämtlichen grenzüberschreitenden Fragen betreut werden – ein ideales Spielfeld für Jurist:innen, die internationale Praxis mit kollegialer Kultur verbinden möchten. Hör rein in unsere Podcast-Folge und erlebe Damsté in Stereo – vielleicht ist das ja dein nächster Karriereschritt beyond the border!
Die Rolle der Rechtsanwaltskammern in den Niederlanden ist eine andere. Damit muss man sich vertraut machen.
KI-basiert und kann Fehler enthalten.
Herzlich Willkommen zu einer neuen Episode Irgendwas mit Recht und gleichzeitig zur ersten Episode des Niederlandesspezials bei IMR. Ich sitze nämlich heute für euch bei der Kanzlei Damste, gerade so über die deutsche Grenze gefahren, 15 Kilometer war es glaube ich nach Navigationssystem und wir haben etwas Spannendes vor.
Wir machen so eine Doppelfolge. Diese und nächste Woche hört ihr einmal die deutsche Sicht von in den Niederlanden arbeitenden Anwälten und in der nächsten Folge hört ihr dann die niederländische Sicht auf dieses Cross-Border-Business Deutschland-Niederlande. Und da begrüße ich heute in dieser ersten Episode Tono Wevers und Markus Sporleder.
Hallo ihr beiden.
Hallo. Hallo.
Markus, du hast mich angeschrieben und hast gesagt, eigentlich müssten wir mal sprechen, das ist bei IMR nämlich bislang zu kurz gekommen, darüber, was eigentlich so ein German Desk in den Niederlanden macht. Das ist ein total großes Thema und das ist auch nicht nur sozusagen für den Briefkopf.
Dann fangen wir einfach mal so an. Was macht man denn im Groben da alles?
Dann würde mich interessieren, wie ihr denn hier hingekommen seid. Also ihr seid beide Deutsche, habt beide in Deutschland studiert und irgendwann hat euch dann der Weg aber in die Niederlande verschlagen. Und Hono, magst du mal so ein bisschen... Vielleicht deine Lebensgeschichte darlegen.
Ja gerne. Das war eigentlich nur ein Plan B. Hat sich ganz zufällig ergeben, weil ich im Jurastudium noch zusätzlich immer gerne Sprachen gemacht habe, Spanisch gelernt, Holländischkurs gemacht. Wenn man im Grenzbereich wohnt, ist das eigentlich ganz normal, dass man rüberfährt zum Pommes essen oder im Urlaub an der Küste.
Also insofern gab es viele Berührungspunkte und ich habe das Land immer geliebt und wollte mich da nicht blamieren und halt auch ein bisschen aus Höflichkeit und Interesse natürlich. auch die Sprache lernen.
Dann hat sich das ergeben, dass man im Studium irgendwann drüber nachgedacht hat, Auslandssemester und da war Spanien die erste Wahl, aber die Warteliste war so gestaltet, dass man nicht sicher war, dass man noch drankommt. Dann habe ich einfach noch ein anderes Kreuzchen gemacht, weil ich dachte, ach Holland, was liegt eigentlich näher? Hab dann einen Erasmus-Platz bekommen für ein ganzes Jahr in Nijmegen.
Wann war das?
Das war 1995.
Erasmus ist ein cooles Programm. Das hat jetzt wirklich schon Jahrzehnte von Studierenden Dinge ermöglicht und Lebenswege geprägt. Muss man auch mal wirklich sagen.
Also absolut. Also das ist eine totale Weichenstellung gewesen, was mir damals gar nicht bewusst war. Also ich hatte gedacht, das ist jetzt einfach mal was anderes sehen, Horizont erweitern. Und danach geht der Ernst los, wenn man ein Referendar ist und dann irgendwann Anwalt wird oder was auch immer.
Dass das so entscheidend sein wird, dass man nachher sich Chancen eröffnet, das war mir gar nicht bewusst. Aber ist natürlich umso schöner, wenn man es nachher anwenden kann und denkt, hey, das macht richtig Spaß. Jeden Tag.
Ein Tickchen was Besonderes zu machen und nicht nur Standard.
Markus, was war dein Input?
Genau, mein Input war, ich habe vorher zehn Jahre als Rechtsanwalt in Deutschland gearbeitet, in überörtlichen Sozietäten im Münsterland. Habe vor sieben Jahren die Kanzlei Dumpstee zum ersten Mal kennengelernt, eben auch mit einer typischen Fragestellung, deutscher Mandant, Problem in den Niederlanden, wer kann uns helfen? So ist dann Dumpstee zum ersten Mal auf das Parkett getreten.
Die Zusammenarbeit ist nie ganz abgerissen, ganz im Gegenteil, das ist zum Ende meiner Karriere in Deutschland sehr, sehr eng geworden. Also wir waren auch Kooperationspartner von Dumpstee und ja, irgendwann hat man sich dann die Frage gestellt, Mensch, wenn das doch schon so gut klappt beiderseits der Grenze, warum wirft man nicht den Hut in den Ring? Sprichwörtlich, das habe ich dann getan Anfang des letzten Jahres und ja, dann ging alles ziemlich schnell.
Man ist sich ziemlich schnell handelseinig geworden, weil Darmstedt eben jemanden brauchte, der die rechtsanwaltliche Erfahrung aus Deutschland mitbringt, der den German Desk darf verstärken kann. Ja und seit 1.9. Letzten Jahres bin ich jetzt hier als Angestellter Rechtsanwalt tätig und verstärke das Team des German Desk in den Bereichen Handels- und Gesellschaftsrecht, Miete- und Wohnungseigentumsrecht und Recht des geistigen Eigentums, also Wettbewerbsmarken und Patentrecht.
Das sind so die Gebiete, die ich betreue.
Kannst du ein bisschen was über die Kanzlei sagen? Wie viele Anwälte habt ihr? Wie viele Standorte habt ihr? Wie muss man sich das vorstellen?
Dumpsteel selber ist eine sehr alte Kanzlei. Die Wurzeln der Kanzlei Dumpsteel liegen eigentlich in Hengelo. Das ist 15 Kilometer ungefähr von hier entfernt. Der überwiegende Anteil, klar, niederländische Anwälte und Notare.
Ja, und dann gibt es hier eben das kleine gardische Dorf im Sinne des German Deaths, wo wir jetzt momentan mit, wenn wir alle Kollegen zusammennehmen in den jeweiligen Rechtsgebieten, acht Kollegen, meine ich.
Ja, also das German Desk setzt sich halt zusammen aus den aus den niederländischen Kollegen, die irgendwie... Irgendwas mit Deutschland haben, also nicht nur irgendwas mit Rechtshaften.
Oh, da muss ich mir noch eine Domain sichern, ja.
Die also zweisprachig sind, die da in dem Bereich ja auch IPR-mäßig unterwegs sind. Und dann sind wir deutsche Rechtsanwälte, die halt Niederländisch sprechen, beisprachig sind mindestens. Und das sind drei Kollegen zurzeit, aber wir haben auch immer Referendare hier sehr gerne, auch Schulpraktikanten, alles möglich.
Also wirklich jeder, der reinschnuppern möchte, ist willkommen, um das Termin auch perspektivisch vielleicht mal wieder zu erweitern, weil der Bedarf ist da. Insofern bin ich froh, dass Markus dazugestoßen ist. Mein Schwerpunkt ist Arbeitsrecht und Handelsrecht, aber es gab natürlich immer auch Anfragen, jede Woche in anderen Bereichen und ich sage immer, schuße bei deinen Leisten.
Mach das, wo du dich sicher fühlst, wo du auch mehr Wert hast und bieten kannst und wenn es eine Spezialität betrifft, die man anders besser kann, dann verweise ich immer gerne weiter. Das Schöne ist hier, dass wir halt wirklich unter einem Dach zusammenarbeiten.
In einem Zimmer in diesem Fall sogar sparen wir jeden Tag oder jede Woche über irgendwelche Fälle, wo wir sagen, hey, hast du da noch was oder denkst du daran? Das macht viel mehr Sinn, als diese Briefkasten zusammenarbeiten, die man wirklich sieht, wo gesagt wird, ja, wir haben ein Desk hier und da. Und in Wirklichkeit haben die sich nie gesehen, außer beim PR-Treffen ganz am Anfang und haben dann nachher mal in die Mail geschickt, wenn irgendwie ein Fall da ist und wir sparen wirklich sehr viel, haben dann auch einen Mehrwert, weil wir die Perspektive immer mehr kennenlernen, der niederländischen Kollegen, unsere Perspektive einbringen und dann kommt man einfach auf die Punkte, die sonst einfach übersehen werden.
Dass man von selbstverständlichen oder vermeintlich selbstverständlichen Ausgangspunkten ausgeht, die gar nicht so sind. Ich habe zum Beispiel am Anfang nie verstanden, warum die Holländer bei der Verjährung so locker sind, weil man in Holland ... einfach eine Verjährung mit einem einfachen ...
... Schreiben unterbrechen kann ... ... und sie auch 5 Jahre beträgt ... ... und nicht 3 Jahre oder vielleicht 2 oder 1.
Also da hat man ... ... einen ganz anderen Ansatz im Hinterkopf, ... ... der aber ... ...
nicht unbedingt ausgesprochen wird. Und das hilft ungemein, ... ... wenn man im Team zusammenarbeitet, ... ... beide Seiten kennt ...
... und einfach auch ... ... da nachfragen kann, ... ... da nachhaken kann, ... ...
beraten kann ... ... und das macht einfach richtig Spaß, ... ... den Leuten dann auch noch besser zu helfen, ... ...
als wenn man ... Ja, immer nur seine Seite sehen würde.
Wir gehen in der nächsten Folge noch mal ein bisschen näher auch auf das niederländische Ausbildungssystem ein. Da werden eure holländischen Kollegen dann entsprechend natürlich noch ein bisschen mehr Hands-on-Erfahrung liefern können. Insofern hört auch da mal rein.
Aber vielleicht mal aus eurer Perspektive, Markus, wenn du einen einzigen Unterschied zwischen dem holländischen Anwaltsberuf, ich nehme das holländische Niederländisch jetzt hier mal synonym, ihr macht das auch, da gibt es einen Unterschied, guckt es auf Wikipedia nach. Wenn es einen einzigen Unterschied geben würde zwischen dem holländischen Anwaltsberuf und dem deutschen, was ist das aus deiner Sicht?
Es gibt keine zwei Staatsexamen. Das komplette System ist ganz anders aufgebaut. Das heißt hier ist das ein Bachelor-Master-System. Und der zweite wichtige Unterschied ist, dass anstelle eines Referendariats, so wie es in Deutschland ist, die hier als Stagiaires quasi über einen Zeitraum von drei Jahren mitlaufen in einer wirklichen Kanzlei.
Wir haben schon zugelassene Anwälte, laufen dann aber als Stagiaires mit und kriegen dann einen Patronen, das heißt einen erfahrenen Anwalt, der die Betreuung dann übernimmt, der quasi so die Schriftsätze anguckt, sich darum kümmert wie das mit dem Verdanten funktioniert, da gibt es auch richtige Seminare dafür, also das würde ich schon sagen sind die gravierenden Unterschiede. Das ist auch etwas, was man hier merkt, dass dieses Patronat sehr ernst genommen wird.
Also das ist nicht wie bei uns die Referendare teilweise, die so in die Ecke gestellt werden und gekopieren, sondern das wird hier sehr ernst genommen. Wenn du Pech hast. Genau, wenn man Pech hat.
Nicht überall, aber wenn man Pech hat. Und hier ist es wirklich so, die werden wirklich mitgenommen, die lernen das juristische Handwerk von der Pike auf teilweise. Es ist sehr, sehr viel Spezialisierung dabei, je nachdem, welchen Patronen man bekommt und welche Abteilung man eingesetzt ist.
Das fängt übrigens, wenn ich einhacken darf, auch sehr früh schon an, diese Unterscheidung werde ich Richter, werde ich Anwalt, gehe ich in den Notariatsbereich, ist eine Weiche, die hier im Studium schon gestellt wird und die haben eine eigene... Referendarausbildung nenne ich jetzt mal für Richter und halt diese Stagiaireausbildung für Anwälte zum Beispiel.
Und da gibt es halt noch Unterstufen, also Strafrechtsanwälte können also sehr früh auch sich in dem Bereich festlegen, auf die Richtung, die sie machen wollen. Während wir in Deutschland ja die Generaljuristen Ansatz, ja den Ansatz dort gewählt haben, Generaljuristen auszubilden, der alles mal gesehen und gemacht haben können muss und das fängt schon an.
Die Spezialisierung, wenn ich das noch einmal unterstreichen darf, die Spezialisierung ist sehr sehr viel größer hier. Das merkt man gerade im Bereich Marken- und Patentrecht, da ist bevor der Deutsche das Know-how hat und das habe ich ja selber erlebt, man muss sich das ja wirklich von der Pike auf anlernen und da sind die hier schon teilweise, wenn die ihr Master von der Uni haben, sehr sehr qualifiziert, die wissen genau was sie tun und die können auch international dann schon mehr mitreden als das ein vergleichbarer Referendar könnte, wenn er gerade mit seinem Beruf anfängt.
Und jetzt so ein bisschen ein paar Jahre später, wie sieht es da aus? Habt ihr den Eindruck, der ist natürlich alles Klischee und vielleicht lässt sich das auch nicht sagen, aber hat der niederländische Anwalt, die niederländische Anwältin irgendwie so eine andere Herangehensweise als wir das vielleicht auch mitbekommen? Gibt es so was?
Ich denke schon, dass die Kultur mehr eine Handelskultur ist, eine Fair-Handelskultur ist, dass man hier mehr auf lösungsorientierte Ziele abzielt, dass man wesentlich pragmatischer rangeht, nicht so dogmatisch und wissenschaftlich alles durchdenkt auch, wie es in Deutschland manchmal ein bisschen verkopft gemacht wird. Das Ergebnis ist nachher ja das, was zählt.
Der zufriedene Mandant, eine Lösung. Und da ist der Ansatz schon sehr unterschiedlich. Also ich habe mich da auch hier beeinflussen lassen, dass man eigentlich durch 20 Jahre Holland ja abgefärbt nachher so ein halber niederländischer Anwalt wird, was die Methodik angeht. Also ich habe dadurch ...
Aus meiner Sicht viel weniger Gerichtsverfahren, sondern vielmehr die Verhandlungsansätze schon früh. Das ist also ein ganz großer Unterschied.
Was ich vielleicht noch ergänzender dazu sagen kann, was man hier merkt, ist, dass wenn man einen typischen deutschen Mandanten betreut. Der erst den Vertrag hat, dann auf seinen Geschäftspartner zugeht, der Vertrag ausgehandelt wird, im Glücksfall unterschrieben wird und man dann seiner Wege geht.
Hier ist es so, die Niederländer haben eine großartige Idee, beide Partner finden das total toll, man vertraut einander, man kennt einander und dann legt man erst mit der Idee los und überlegt sich dann in deren Folge, oh vielleicht sollten wir das doch mal schriftlich festhalten, wäre gar nicht so verkehrt.
Ich habe den Eindruck ein kleines bisschen, dass sich da auch im deutschen Markt und auch bei den deutschen Mandanten gerade einiges tut und zwar dahingehend, dass es nicht mehr so ein, auf der Business Seite nicht mehr so ungewöhnlich ist, dass man sich vielleicht auch mal verklagt und trotzdem aber parallel weiter zusammenarbeitet. Man kann viel mehr in einer Sache divergierend sein, braucht eine dritte Partei, die das löst, ein Schiedsgericht oder ein staatliches Gericht, aber trotzdem hat man Business zusammen.
Und das würde ich sagen ist auch so ein bisschen was, was dann hier in der Kultur vielleicht ein kleines bisschen mehr verankert ist, dass man erstmal versucht auf dem Verhandlungsweg die Kuh vom Eis zu kriegen und wenn das nicht klappt, dann muss sich jemand drittes entscheiden, aber man muss nicht notwendigerweise alles torpedieren deswegen.
Nicht umsonst ist es eines der größten europäischen Schiedsgerichte in Amsterdam. Und das wird hier auch sehr gepflegt. Also diese ganze Arbitration-Geschichte wird hier sehr hoch gehalten, wird sehr gepflegt. Das ist auch Kultur.
Und es gibt hier ein Schlagwort, was ich als Anwalt und als Zugezogener gelernt habe, das ist Kopje Koffie. Und da denkt man immer, in Deutschland würde man sagen, das ist eine, eine Kaffee, komm auf einen Kaffee vorbei. Hier ist das aber viel viel mehr.
Hier ist das, komm vorbei und wir reden drüber. Und das wird auch genau so gemacht. Also wenn man die Einladung bekommt, ist das nicht nur, ja du kriegst jetzt einen Kaffee und dann nichts weiter, sondern da werden die Probleme gewälzt, da werden Verhandlungen gemacht und da werden teilweise auch große Geschäftsabschlüsse getätigt, einfach bei Kopier Koffee.
Ja, und das ist ja interessant, wenn das so ein Ritual ist, dann zeigt man ja auch schon mit der Einladung und mit dem Aufsetzen eines solchen Termins, den man ja auch anders nennen könnte oder anders terminieren könnte, wir sind ja eigentlich wohlgesonnen. Interessant.
Genau, also die verhärteten Fronten, so wie man das teilweise in Deutschland kennt und wie das glaube ich jeder Anwalt ja schon mal erlebt hat, dass da wirklich wie zwei Ziegen aufeinander prallen und bis dann die Hörner da hintereinander kommen, das habe ich so zumindest in meiner Zeit hier noch nicht erlebt, weil es in der Regel immer war, wir halten uns immer noch diplomatische Kanäle offen und selbst wenn die sich richtig vor Gericht eins auf die zwölf geben, geht man hinterher trotzdem noch hin und sagt naja guck mal so böse war der andere ja nicht, wir werden da sicherlich noch eine Lösung finden und können da sicherlich auch noch eine Lösung für finden.
Also es ist sehr sehr viel lösungsorientierter und ich erlebe das auch im gesellschaftsrechtlichen Bereich von den Kollegen, dass da viele Dinge gerade gezogen werden, die in Deutschland in einem Gesellschaftsstreit enden würden, die zieht man hier so gerade und dann wird halt manchmal das Portemonnaie auch aufgemacht und dann wird halt die eine oder andere Tasse Koppel Koffee mehr getrunken, aber es wird am Ende gerade gezogen.
Also das kann ich schon so bestätigen.
Hat interessanterweise in beide Richtungen Auswirkungen, dieses Phänomen. Einerseits wird halt viel mehr verglichen, andererseits wird aber auch das von vornherein vorausgesetzt, dass ja irgendwo Verhandlungsspielraum ja auch irgendwo da sein sollte. In einer Sache, die rechtlich bewertet eindeutig ist, würde man in Deutschland erwarten, dass die eine Seite, die Recht hat, nicht nachgibt.
Die würde das notfalls durchsetzen gerichtlich und bis zum Ende durchziehen. Aus Prinzip und weil man halt im Recht ist. In den Niederlanden kann man dann Pech haben, dass die andere Seite sagt, ja, aber ich biete aber nur 70 Prozent.
Weil die genau weiß, ja, wenn man sich auf 85 oder 82 Prozent nachher einigt, hat man sich ein teures Verfahren erspart. Auch wenn man das verloren hätte. Aber in den Niederlanden trägt jede Partei erstmal seine eigenen Kosten.
Man hat also nicht mit einem erfolgreichen Verfahren eine Prozesskostenverurteilung, die nennenswert ist, die also in dem Sinne eine Art Garantie bietet, die Prozesskosten auch abzudecken, dass man plus minus null rausspringt, sondern... Man kriegt eine Entschädigung dann, aber auch nicht immer und das ist auch so ein bisschen Ermessen des Gerichts und das möchte man natürlich nicht.
Diese Unsicherheit möchte man nicht, man möchte nicht auf Kosten sitzen bleiben, also gibt man im Zweifel vielleicht etwas weg, obwohl man eigentlich einen guten Case hat und sagt, aber morgen können wir wieder Geschäfte machen. Weil man einfach nicht wartet, bis es durchgezogen wird, bis zum Ende.
Am Anfang musste man sich daran gewöhnen, dass man sagt, wieso wird da jetzt noch was angeboten? Also wir haben noch einen guten Fall, aber das ist einfach schon auch ein anderer Ansatz. Die Gerichtskosten sind ja auch wesentlich höher als in Deutschland, also vor allen Dingen bei den kleinen Streitwerten ist das eine richtige Schwelle, der Zugang zum Recht ist damit eigentlich auch eingeschränkter als in Deutschland, muss man auch so sagen.
Okay, aber das Prinzip, dass der Verlierer zahlt, ist dasselbe?
Also wenn man wirklich zu 100% verliert, kriegt man das. Aber auch nicht unbedingt die Kosten, sondern so ein Pauschalsatz, der nicht die tatsächlichen Kosten deckt. Es gibt auch keine Gebührensätze, die gesetzlich festgeschrieben sind, sondern es gibt Stundenlöhne, die man vereinbart.
Die Stundensätze sind je nach Region und nach Spezialisierung natürlich höher oder niedriger, aber die Sätze, die man im Erfolgsverfahren bekommt, die decken diese Kosten nicht.
Verstehe, also es ist eher amerikanisch geprägtes System, jeder trägt seine Kosten, du kriegst dann zwar was von der Gegenseite, aber wenn du selber halt irgendwie exorbitant viel für deinen Anwalt bezahlt hättest, dann bleibst du auch auf der Differenz natürlich sitzen.
Und außerdem hat man nicht dieses Proratasystem. In Deutschland hat eine Quotenbildung zur Folge, wenn man zu 70% obsiegt, hat man ja auch zu den 70% den Anspruch auf die Kostenerstattung. Klar.
In den Jägerlanden wird gesagt, naja, 70% ist ja beim einen Richter überwiegend gewonnen, bekommst du deinen Satz. Und beim anderen Richter ist, jeder hat ein bisschen verloren, jeder hat ein bisschen gewonnen.
50-50.
Bezahlt jeder selber.
Ja, interessant.
Und dann ist halt auch die Gerichtskosten. Haben wir in Deutschland natürlich das Alles Liebe, euer Christian! Gerechte System aus meiner Sicht, dass die Gerichtskosten in dem Fall geteilt werden, bei Kosten gegeneinander.
Also die gesetzlichen Regelungen sind hier ganz anders. Es gibt kein vergleichbares Gesetz zum Gerichtskostengesetz und auch zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Das war auch eine riesen Umstellung, weil hier eben wirklich alles, wie der Kollege schon gesagt hat, auf Stundenlohnbasis funktioniert, mit teilweise auch nicht unerheblichen Stundensätzen, Wo man sich schon eben zwei, dreimal überlegt, ob es nicht günstiger ist, eine Kopie Koffee zu trinken oder eben vor Gericht zu gehen und das hört man auch von den Kollegen, wenn man mit denen spricht, dass die Klageverfahren hier nicht so viel geführt werden und auch die Eingangszahlen bei den niederländischen Gerichten, die werden übrigens auch immer veröffentlicht von dem Ministerium der Justiz, die sind viel, viel niedriger als in Deutschland, einfach weil die Hemmschwelle so groß ist, weil die wissen ja, wenn ich mich auf Klageverfahren einlasse, bezahle ich stundenhart Summe X, Den muss ich dann aber bezahlen bis zum Ende dieses Verfahrens.
Und wenn man sich Gerichtsverfahren anguckt, zwei bis drei Jahre sind da ja gar nichts. Und das Ganze eben pro Stunde. Und daher kommt dann eben auch diese Fahndungskultur, was der Kollege beschrieben hat, dass man sich dann eher geneigt ist, auf den anderen zuzugehen und zu sagen, komm, wir reden nochmal drüber, weil beide Seiten wissen, es wird ansonsten teuer.
Ein Faktor ist auch die Rechtsschutzversicherung, die auch in Deutschland anders ausgestaltet ist als in den Niederlanden.
Also in Deutschland relativ simpel, RVG bezahlt die, wenn es eine entsprechende Erfolgsaussicht gibt, schnell erklärt. Und wie ist es in den Niederlanden?
Da gibt es kein RVG, also gibt es diesen objektiven Maßstab der Kosten nicht. Aber es gibt vor allen Dingen nicht den Grundsatz, wir zahlen als Versicherung deine Kosten, such dir deinen Anwalt aus und wenn du erstmal grünes Licht bekommen hast, zahlen wir den Anwalt oder die Kosten deines Verfahrens.
In den Niederlanden machen ja die Versicherungen auch erstmal sehr viel selbst mit ihrer eigenen Abteilung.
Okay, interessant.
Die haben also eine andere Auffassung von diesem Anwaltsmonopol, was sie so nicht kennen. Ja. Es gibt also andere Dienstleister, die Rechtsdienstleistungen erbringen, wie Rechtsschutzversicherungen, wie Gerichtsvollzieherkanzleien. Das sind Dienstleister.
Die machen auch die amtlichen Aufgaben, Zustellungen und so weiter, aber die machen halt auch Inkasso. Insofern ist der ganze Markt anders aufgeteilt, aber man hat auch nicht diese typischen Fälle wie in Deutschland, ich habe die Versicherung, ich habe Rechtsschutz, also ziehe ich das durch.
Das spielt alles. In diesem Faktor auch Verhandlungsmentalität, das fördert sich gegenseitig, dass das System das eigentlich auch noch vorgibt, dass das wirtschaftlich Sinn macht. Wenn man keine Versicherung hat, die alles zahlt, ja, ist es vielleicht auch schlauer zu sagen, ich setze mich mal an den Tisch und gucke, ob wir nicht vielleicht zu so viel Prozent das abdealen und dann haben wir das Buch zu.
Also eine typische Konstellation ist, dass die Rechtsschutzversicherer bestimmte Budgets freigeben. Das heißt, die werden wahrscheinlich intern Berechnungen haben, wie lange hat ein Fall gedauert, was hat er gekostet und wenn man das Rechtsanwalt dann Deckungsanfrage stellt, bekommt man ein Schreiben zurück, wo drin steht, Achtung, für diesen Fall erteilen wir dir ein Budget von bis zu 10.000, Euro oder bis zu 5.000 Euro, wenn es mehr werden sollte, bitten wir um Rückmeldung und Begründung, warum es halt eben mehr wird.
Und dann kann man sicherlich innerhalb des Budgets arbeiten, muss das natürlich auch im Auge behalten, dass das dann nicht aus dem Ruder läuft, weil da sind dann alle Kosten mit abgedeckt, also Gerichtskosten und Anwaltskosten. Da muss man natürlich schon sehen, okay mit den 5000 Euro bei entsprechenden Stundensätzen kann sich jeder selber ausrechnen, wird es hinten raus eng.
Also das ist eben eine typische Konstellation, wo man mit Rechtsschutzversicherern zusammenarbeitet. Umgekehrt ist es in Deutschland eben so, wenn man deutsche Mandanten in den Niederlanden betreut, dass sich die deutschen Rechtsschutzversicherer eben auch darauf zurückziehen, ja Jungs, wir zahlen nur RVG und nicht mehr. Und dann muss der Mandant halt sehen, wo denn das herbekommt.
Und deshalb ist es hier auch anders wie in deutschen Kanzleien so, dass hier umfangreiches Paperwork vor Beginn des Mandats ausgestellt wird. Das heißt umfangreiche Mandatsbestätigung, da steht genau alles drin, wer im Zweifelsfall was wann wie wo selber zahlen müsste, wie hoch die Stundensätze sind, wie viel Zeitaufwand wahrscheinlich für das Mandat anfällt, weil die sich eben hier alle dementsprechend auch absichern wollen, weil natürlich keiner am Ende den Honorarforderungen hinterherlaufen will.
Ja, und auch um den Mandanten zu informieren, weil er halt keine klare Vorgabe vom Gesetzgeber hat, was die Kosten sein werden, ist das für den ein Thema. Der will vorher wissen, wie läuft das denn hoch, wie viel wird das für mich und was machst du denn und welche Schritte und welche Schritte kosten was wahrscheinlich.
Das muss man vorher allein schon als Verbraucherschutz dem auch vermitteln und bei Unternehmen ist es genauso, die kalkulieren natürlich auch.
Also das gute alte RVG macht genau diesen Teil der Arbeit doch sehr sehr viel einfacher, weil man kann für jeden Gegenstandswert nachgucken, man hat transparente Zahlen, man kann seinen Mandanten dementsprechend auch beraten und das war schon eine Umstellung. Wenn man eben genau diese Kostenschätzung, was der Kollege gerade angesprochen hat, weil muss man sich vor jedem Mandat Gedanken darüber machen, man muss jedes Mal die Kostenschätzung reinfügen, reinbauen, aufbauen, sich Gedanken machen, welcher Schritt kostet ungefähr wie viel, auch von den Erfahrungswerten her.
Und was der Kollege auch gesagt hat, es wird eben durchaus auch über Rechnungen diskutiert, auch in der Art Verhandlungskultur. Also das ist nicht so, das kann ich zumindest aus meinen zehn Jahren sagen, eine RVG-Rechnung eines Anwalts in Deutschland wird seltener angefochten, als das hier der Fall ist.
Also hier wird schon kritisch hinterfragt, hier wird schon versucht, dann noch das ein oder andere Prozentchen von der Rechnung abzuziehen, einfach weil die hingehen und sich wirklich Gedanken drum machen und die Rechnung auseinanderklamüsern und auch die aufgeführten Stunden auseinanderklamüsern.
Spannend finde ich in dem Zusammenhang, dass es auch eine viel geringere Anwaltsdichte in den Niederlanden gibt als in Deutschland, habt ihr mir im Vorfeld verraten. Hängt das vielleicht auch damit zusammen, dass es einfach ein bisschen teurer ist zum Anwalt zu gehen?
Also das ist einmal ein Kostenfaktor. Andererseits hat man Alternativen. Für Inkassos geht man zum Dörrwader, zum Inkassobüro. Man hat vielleicht auch tatsächlich eher die Möglichkeit vorher zu sagen, ich brauche den Anwalt nicht, weil ich Dinge pragmatischer löse von beiden Seiten.
Wenn die natürlich über die Grenze Geschäfte gemacht haben, dann haben die einfach die deutsche Mentalität mit dem deutschen Geschäftspartner natürlich. Und dann brauchen sie im Zweifel den Anwalt und müssen jemanden finden, der in der eigenen Sprache sie berät, der sie begleitet in dem Prozess, der vielleicht auch die Deutschen versteht und auf die Seite so einwirken kann, dass es nachher wieder eine Lösung gibt.
Insofern ist das alles der Grund, warum es insgesamt vielleicht weniger Anwälte in Holland gibt, aber in dem Bereich grenzüberschreitend ein riesiger Bedarf ist und auch einfach nicht nachlässt, im Zweifel immer mehr wird. Also Also als ich vor über 20 Jahren angefangen bin in dem Bereich, da gab es eine Hand voll und es wurde ein Club gegründet, Deutsche Niederländische Rechtsanwaltsvereinigung.
Inzwischen sind die irgendwie um die 300 Mitglieder, glaube ich. Also das sind alles deutsche und niederländische Anwälte, die in irgendeiner Form sich da mit befassen und einen Schwerpunkt haben und sich da auch austauschen.
Ich finde das spannend, das sozusagen Stichwort Anwaltsmonopol war ja eben schon mal gefallen, Das ist hier. Etwas offener, weniger streng könnte man vielleicht auch sagen gesehen wird als in Deutschland, weil wir ja in Deutschland gerade diese Riesendiskussion im Zusammenhang mit vielen Legal-Tech-Unternehmen haben.
Hört da auch mal in die Folge, zwei Folgen nach dieser wird es wahrscheinlich sein, rein. Da haben wir gerade auch was zu aufgenommen mit RightMart in Berlin, die auch nochmal erklären, wie sie dann nämlich intern total die Probleme, naja nicht total Probleme, es ist manageable, aber wie sie es machen, dass es sozusagen intern eine Kanzlei und ein Software-Unternehmen gibt, die aber zwei getrennte Entities sein müssen und wenn ich euch richtig verstehe ist sowas in den Niederlanden gar kein Problem.
Du kannst irgendwo im Rechtsmarkt als Versicherung zum Beispiel dann auch ohne weiteres erstmal bis zum gewissen Grad jedenfalls mitmischen.
Also was ich zum Beispiel sagen kann, gerade aus meiner Mandatspraxis ist, dass zum Beispiel in Deutschland sehr, sehr sensible Bereiche wie das Betreuungsrecht hier in teilweise bezüglich der Vermögenssorge in wirklich Händen von großen Konzernen liegen, die das ganze professionell betreiben. Also wo quasi der Berufsbetreuer, den es in Deutschland gibt, so wie man ihn kennt, nur einfach mal 100 genommen wird und da wirklich zig Leute sitzen und diese Vermögensbetreuung dann machen mit umfangreichen Vollmachten.
Die sie wahrscheinlich manch deutscher Betreuer wünschen würde, aber eben nicht mit diesen strengen Regularien, wie sie beim deutschen Betreuer angesetzt werden und ich arbeite selber gerade mit einer großen Firma zusammen in diesem Bereich und das ist schon erstaunlich, was die dürfen und was die können und was so viel mehr ist als die deutschen Betreuer. Also da wundert man sich dann und vor allen Dingen auch dann eben die Regulierung, dass die gar nicht so streng ist wie in Deutschland.
Stichwort Regulierung. Das betrifft ja auch dann die Frage, wie ist man denn als Anwalt eigentlich reguliert. In Deutschland ist man zugelassen bei der Rechtsanwaltskammer, man ist im Versorgungswerk, dann hat man seine Beiträge, dann kriegt man irgendwann eine Rente und wenn man einen richtigen Mist baut, dann gibt es Probleme mit der Zulassung.
Keine Frage. Wir haben im Vorfeld darüber gesprochen, dass in den Niederlanden zumindest dieses ganze Thema Aufsichtsrecht für Anwälte und damit vielleicht auch mal zu drohen, deutlich mehr genutzt wird und auch deutlich strenger ist dieses Reglement, in dem man hier unterliegt. Stimmt?
Dazu kommt, dass beispielsweise bei uns hier in den Niederlanden eine Fortbildungspflicht im Gesetz verankert ist. Also das, worum deutsche Anwaltskammern und Anwaltsvereine jahrelang gestritten haben, ist hier einfach Gesetz. Das heißt, jeder Anwalt, der hier zugelassen ist, muss 20 Stunden Fortbildung im Jahr absolvieren.
Bevor wir da jetzt ganz viele Zuschriften bekommen, ja wir wissen natürlich für Fachanwälte gibt es das in Deutschland auch.
Genau, das wollte ich gerade sagen. Ich als Facharbeit, also 15 Stunden hat ja jeder deutsche Facharbeit, aber hier in den Niederlanden ist es eben für jeden Anwalt und das ist eben das Besondere, dass jeder gezwungen wird eben Fortbildung zu absolvieren, was eben auch die Qualität sichern soll, worauf hier eben auch Wert gelegt wird, dass man eben nicht mehr hingehen kann und sagen kann, ich habe einmal meinen Staatsexamen absolviert, beziehungsweise meinen Master gemacht und danach habe ich nie wieder irgendeine Veranstaltung von innen gesehen, sondern die Qualität soll eben hochgehalten werden.
Und dazu gibt es eben auch noch, dass die Regulierung sogar in die Kanzleien reingeht, weil wir auch jährlich acht Stunden interne Fortbildung, also kollegialen Austausch absolvieren müssen, der eben in den Kanzleien selber stattfindet, weshalb auch viele größere Kanzleien, Dams zählt auch dazu, ein Fortbildungsinstitut, wo externe Sprecher eingeladen werden und dann eben Referate zu bestimmten Themen gehalten werden und das dann eben als Fortbildungsstunde notiert werden kann.
Lass uns mal ein kleines bisschen noch darüber sprechen, wie das denn ist, wenn man jetzt hier beginnen möchte als Anwalt. Also so ganz praktisch. Wie war das bei euch damals? Ist da super viel Bürokratie? Wie muss man sich das vorstellen?
Also im Jahr 2000 bin ich da einfach mal reingerutscht und hab einfach mal gemacht und war davon ausgegangen, dass wir die Gansleihe schon geregelt haben. Das ist ja ein normaler Vorrang. Neuer Anwalt fängt an, hat einen Arbeitsvertrag und dann legt der los.
Das war dann doch ein bisschen komplizierter, das war vielleicht auch noch ein bisschen Pionierarbeit, da hat vielleicht auch noch nicht jeder so oft mit zu tun gehabt, aber eigentlich ist das nicht so schwierig, weil wir sind durch die europäische Regelung sozial versichert, da wo man sozial versichert ist, das Arbeitsrecht gilt da wo man arbeitet, steuerlich ist das eigentlich auch alles geklärt.
Aber konkret, also du bist in den Niederlanden sozialversichert? Wohnst du in Deutschland?
Ich wohne in Deutschland. Das hat den großen Vorteil, ich kann meine niederländische Krankenkassenkarte nutzen in den Niederlanden, wenn ich mal Zahnschmerzen habe und ich müsste dringend los, dann könnte ich hier zum Zahnarzt gehen, aber ich habe mir eine deutsche Krankenkasse aussuchen dürfen, habe so eine Partnerversicherungskarte und nutze die ganz normalen Leistungen, also ich gehe zum deutschen Zahnarzt, zum deutschen Hausarzt, weil ich in Deutschland wohne und das für mich praktischer ist.
Ja. Habe da also eigentlich sogar noch einen Mehrwert. Zusätzlich sind die niederländischen Beiträge wesentlich niedriger als die deutschen Krankenkassen.
Ah ja, ok, interessant.
Also nochmal ein kleiner Bonus.
Ja, es gibt, nächstes Thema, was du angesprochen hast, Arbeitsrecht gilt natürlich, niederländisches Arbeitsrecht.
Genau.
Wenn du hier vor Ort bist, da habt ihr im Vorgespräch was interessantes erwähnt, so am Rande, ich glaube es ist fast unmöglich, jemanden zu kündigen nach niederländischem Arbeitsrecht. Ich übertreibe ein bisschen, aber...
Ja, der Ansatz ist einfach anders. Wir haben den Tutsvorraff, nennt man das in den Niederlanden, das heißt, die Prüfung des Kündigungsgrundes wird vorverlagert. Erst muss die Genehmigung eingeholt werden im Normalfall.
Ah, das ist genehmigungspflichtig, okay.
Also erst die Behörde oder das Gericht beim Auflösungsantrag wird rechtlich durchleuchtet, ob es einen Kündigungsgrund gibt, eine Berechtigung gibt. Und dann würde die Auflösung ausgesprochen vom Gericht bzw. die Kündigungsgenehmigung erteilt.
In Deutschland haben wir einfach, der Arbeitgeber entscheidet jetzt, ich mache das mal. 95 Prozent oder 90 Prozent wehren sich gar nicht, weil sie eine neue Stelle haben, wissen, dass es chancenlos ist oder weil sie die Frist verpassen. Und in den anderen 10 oder 15 Prozent wird dann vielleicht nochmal durch eine Kündigungsschutzklage was geklärt und dann auch nochmal wieder verglichen.
Das heißt, wir haben in Deutschland nach wenigen Wochen Klarheit. In den Niederlanden haben wir dieses verabgeschaltete Genehmigungsverfahren, haben im Prinzip alle Fälle damit erstmal rechtlich durchleuchtet. Auch die, bei denen es gar nicht so wichtig wäre.
Was aber auch wiederum dazu führt, dass auch in den Fällen natürlich die Leute sich sagen, nee, das dauert zu lange, lass uns doch einigen. Das wird also im Prinzip als erster Schritt hier ein Aufhebungsvertrag entworfen, eine Fachstellungsuverenkunft.
Und da werden dann alle Dinge reingenommen, die man so regeln möchte. Und da wird verhandelt und das wird dann auch relativ schnell gelöst in der Praxis. Aber das ist wieder der Pragmatismus gegenüber.
Wir haben eine Regel, gesetzlich alles ganz strukturiert geformt in Deutschland. Der Ansatz ist in Holland einfach anders.
Habe ich nicht richtig verstanden, dass aber selbst diese Aufhebungsvereinbarung noch irgendwo abgesegnet werden muss vom Gericht? Ne, ne.
Das ist die Folge, dass man dieses gerichtliche Verfahren hat, führt dazu, dass man sich im Zweifel auch immer wieder einigt. Man ist bei diesem Antragverfahren abhängig von jemand anders. Das möchte man nicht, weil das kann abgelehnt werden.
Man weiß ja auch, was rauskommt so ungefähr. An den Schnittstellen kann man ja drehen und verhandeln. Ein großer Unterschied in dem Bereich ist, dass es in den Niederlanden eine gesetzliche Abfindung gibt. Also einen Anspruch, den man, es gibt auch Ausnahmen, aber das können die niederländischen Kollegen sich ja noch erklären im zweiten Teil, aber man kann einfach davon ausgehen als Arbeitnehmer, wenn ich gekündigt werde.
Kriege ich Geld. Und in Deutschland ist das ja eher so, ja, wenn es einen Grund gab oder ein Kleinbetrieb, habe ich gar keine Chance, brauche ich gar nicht darüber reden. Und wenn es dann irgendwie kritisch war, verhaltensbedingt und die Frage, ob das dann mit der Abmahnung so passt, dann wird vielleicht schon mal verhandelt und dann gibt es vielleicht dieses halbe brutto Monatsgehalt.
In den Niederlanden war es früher sogar noch so, dass die Abfällungen dramatisch viel höher waren. Also das war ein riesiger Unterschied. Ist dann aber in den letzten Jahren doch ein bisschen nach unten korrigiert worden und inzwischen hat sich das ein bisschen von der Höhe angeglichen.
Aber es gibt halt einen Anspruch gegenüber. Übliche Praxis bei Verhandlungen kommt das ungefähr raus. In den Niederlanden weiß ein Arbeitnehmer, ich kriege Geld und geht auch so entsprechend in die Gespräche.
Sehr interessant. Ja, gutes Beispiel.
Und ich kann vielleicht noch eine Ergänzung zu meinem Onboarding-Prozess, der über 20 Jahre später stattgefunden hat. Das Ganze war von Anfang an professionell vorbereitet. Also man ist wirklich an die Hand genommen worden.
Man wurde unterstützt. Und das fängt an bei einfachen Dingen wie der Bürgerservice Nummer, weil ohne die existiert man im niederländischen System nicht. Die muss man haben. Das geht weiter über die Krankenversicherung, wo man eben auch, wie der Kollege schon gesagt hat, als Mensch, der in Deutschland wohnt, das Glück hat, dass wir zwei Karten benutzen können, zwei Gesundheitssysteme benutzen können.
Das geht weiter über den Advokatenorten, wo man auch eben unterstützt wird, sodass man wirklich über diesen ganzen Prozess, bevor ich die Tätigkeit aufgenommen habe, mehrere Monate in Anspruch genommen hat, aber wirklich an Tag eins der Arbeit hier gesessen hat. Und es war wirklich alles geregelt und alles eben voll digital, selbst die Krankenversicherung.
Sämtliche Anträge konnten mit der sogenannten Digi-D, das ist hier auch in den Niederlanden die digitale Identität, konnte alles wirklich vom Sofa aus beantragt und gemanagt werden, ohne dass man da großartig selber hinfahren musste und persönlich erscheinen musste. Die einzige Ausnahme war die Bürgerservice-Nummer, weil da muss man sich einmal persönlich identifizieren, dass man auch wirklich existiert und nicht...
Irgendeine virtuelle Persönlichkeit da vorstellig wird, aber das war die einzige Ausnahme, wo man wirklich zwingend zum niederländischen Staat gerufen wurde.
Wenn ich das ganze jetzt interessant finde und wir haben schon gesagt, man kann sich gerne auch mal bei euch irgendwie die Homepage angucken, bewerben, mit euch Kontakt aufnehmen, wir verlinken euch natürlich auch auf LinkedIn und so weiter, weil das ja schon sozusagen jetzt hier wirklich die Nische der Nische ist, wenn man das aus der deutschen Studierenden Sicht sich das anschaut.
Dann aber noch eine abschließende Frage. Die Antwort ist schon durchgeschieden, aber man muss kein niederländisches Recht zwingen können, richtig?
Ne, das ist auch nicht der Mehrwert aus meiner Sicht. Also das wäre natürlich nicht schädlich oder wäre natürlich eine super Qualifikation, aber die werden dann den Weg sowieso finden hierhin. Aus meiner Sicht ist das Wichtige, dass man halt offen ist für die andere Mentalität, dass man Spaß dran hat, den Leuten zu helfen.
Sprachliche Kompetenz ist natürlich schon wünschenswert. Die Erfahrung ist nämlich, dass Englisch als Common Ground nicht unbedingt immer die beste Lösung ist, wenn man halt kommuniziert. Auch die Unternehmen, die merken das natürlich auch, dass die Verträge auf Englisch abgefasst werden, nicht unbedingt das deutsche Recht gut abbilden können und auch das chassieländische Recht und dass man da auch vielleicht besser sich auf eine Sprache geeinigt hätte.
Aber wenn man sich als Anwalt interessiert oder auch als Referendar in dem Bereich mal tätig zu werden, dann reichen Basiskenntnisse und einfach ein bisschen Feeling für Sprache. Ich habe es so gemacht, ich habe die Sprache von Anfang an einsetzen können und genutzt und habe da sehr viel Spaß dran.
Dann hat man auch irgendwann die Chance, dass man wirklich ja mit beiden Seiten kommuniziert und nicht immer nur mit Übersetzer und deepl.com, arbeitet, sondern wirklich dem niederländischen Mandanten zum Beispiel die Beratung zuteilwerden lässt, aber mit der deutschen Gegenseite auf Deutsch verhandelt oder umgekehrt. Wir haben also auch viele deutsche Mandanten, die in den Niederlanden Berührungspunkte haben.
Dann kann man halt entsprechend mit beiden Sprachen arbeiten. Andererseits haben wir hier den großen Vorteil, dass wir einfach eine Kanzlei mit holländischen Anwälten, mit deutschen Anwälten, wenn wir also... Nur auf deutsch hier arbeiten würden, wäre das auch kein Drama, weil es halt einfach die Kollegen gibt und natürlich weiter und die machen dann mit einem zusammen im Teamarbeit eigentlich das so, dass es immer optimale Ergebnisse geben kann.
Man lernt das, wenn man es macht, dass man jetzt anfängt und sagt, ich muss schon perfekt niederländisch können, wäre toll, braucht man aber nicht. Das lernt man, sobald man hier ist. Der Kollege trainiert jede Woche und ist schon gut dabei und ich bin mir sicher, das wird auch irgendwann ja keiner mehr merken.
Also ich kann vielleicht noch einen Satz hinzufügen. Alles das, was der Kollege gesagt hat, kann ich unterschreiben. Was mir vielleicht noch wichtig ist, für jemanden, der daran Interesse hat, gerade, also grundlegendes Verständnis, niederländisches Recht, kann man, glaube ich, auch nicht erwarten, aber das kommt bei der täglichen Arbeit.
Weil man sich an so vielen Stellen, die für uns deutsche Rechtsanwälte prägnant sind, immer wieder fragt, ja sag mal, wie ist das denn in den Niederlanden? Oder man konkret mit einer Frage von einem niederländischen Kollegen konfrontiert wird, der sagt, pass mal auf, bei uns ist das so und so, wir haben jetzt in Deutschland ein Problem, wie wird das bei euch gelöst? Also man kommt zwangsläufig immer wieder in die Situation rein, dass man sich mit genau diesen Fragen beschäftigt.
Und ich sage mal, Anwälte sind von Natur aus neugierige Menschen Und genau diese Neugier ist es, die einen dann immer weiter treibt und sagt, ja, jetzt will ich das aber auch verstehen. Und dann besucht man niederländische Fortbildungen, man spricht mit niederländischen Kollegen aus der Expertise und lernt dadurch eben durch diese Gespräche die unterschiedlichen Blickwinkel und unterschiedlichen Perspektiven kennen, wie man rechtliche Probleme lösen kann.
Ja, das ist auch wirklich das Spannende. Also ich habe am Anfang das nicht so erwartet, dass es für jedes Problem so viele andere Lösungsansätze geben kann, die dann als selbstverständlich vorausgesetzt werden, die aber gar nicht selbstverständlich sein müssen.
Beispiel Verjährung Deutschlands und Niederlandes, dass es in den Niederlanden wirklich von der Verjährungsproblematik her so ist, dass eine einfache E-Mail ausreicht, um die Verjährung zu unterbrechen, die in der Regel fünf Jahre beträgt. Während die deutschen Rechtsanwälte ja, ich glaube das wird jeder kennen, die Vorschriften 204 ff.
BGB immer in Schwitzen kommen, wenn es darum geht, ja habe ich die Verehrung noch gehalten oder habe ich sie noch wirksam unterbrochen und das ist hier eben ein komplett anderes System und ein komplett anderes Thema.
Ich nehme mit aus diesen letzten paar Minuten, dass viel Learning on the Job ist und ich glaube da, wenngleich wir gerade viele Unterschiede herausgestellt haben, schließt sich so ein bisschen der Kreis. Denn wir tun in unserer deutschen Juristenausbildung ja manchmal auch schon so, als würde man alles perfekt können, wenn man fertig ist.
Und natürlich haben wir auch extrem viel Learning on the Job. Gar keine Frage. Vielen herzlichen Dank, Tono und Markus, dass ihr heute diesen spannenden Einblick hier gegeben habt.
Sehr gerne.
Ja, wir bedanken uns. Tschüss!
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