IMR24327. Jun 24
IMR243: Einführung Aktienrecht, Say on Climate, ESG-Hushing, Führerprinzip im Aktiengesetz

IMESG - Irgendwas mit ESG

IMR243: Einführung Aktienrecht, Say on Climate, ESG-Hushing, Führerprinzip im Aktiengesetz

Prof. Dr. Anne-Christin Mittwoch, Professor | Universität Bielefeld

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Über diese Episode

Folge 243 Deines Jurapodcasts zu allen Karriere- und Examensthemen

Aktiengesellschaft - Aktionäre - Hauptversammlung - ESG-Themen - Say on Climate - Gesellschaftsrecht - juristische Personen - Aufsichtsrat - Vorstand - institutionelle Investoren - Shareholder Activism - Sustainable Shareholder Activism - Klimaplan - Sustainable Finance - Corporate Governance

In Episode 243 von Irgendwas mit Recht sprechen Marc, Anne Sanders und Anne Mittwoch über das Thema „Say on Climate“ und die Mitspracherechte von Aktionären in Bezug auf ESG-Themen. Was sind räuberische Aktionäre und wie beeinflussen sie Hauptversammlungen großer Unternehmen? Welche Rolle spielen institutionelle Investoren wie BlackRock und Vanguard im Zusammenhang mit nachhaltigen Investitionen und wie hat sich deren Einfluss auf Unternehmen entwickelt? Wie unterscheidet sich das Mitspracherecht der Aktionäre in den USA von dem in Deutschland, und welche rechtspolitischen Diskussionen gibt es aktuell in Deutschland bezüglich einer möglichen Ausweitung dieser Rechte? Antworten auf diese und viele weitere Fragen erhaltet ihr in dieser ESG-Spezialfolge von Eures Jura-Podcasts für Examen, Referendariat und Berufseinstieg. Viel Freude beim Anhören!

Kapitel:

  • 01:10 - Was ist eine AG?
  • 06:43 - Mitspracherechte von Aktionären
  • 12:18 - Say on Climate in den USA
  • 19:35 - Mehr Say on Climate in DE?
  • 26:40 - Fundamentale Tragweite von ESG-Themen

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Zu Gast

Anne-Christin Mittwoch
Anne Sanders

Anne-Christin Mittwoch & Anne Sanders

Kapitel

  • 00:01:10.064Was ist eine AG?
  • 00:06:43.255Mitspracherechte von Aktionären
  • 00:12:18.036Say on Climate in den USA
  • 00:19:35.879Mehr Say on Climate in DE?
  • 00:26:40.910Fundamentale Tragweite von ESG-Themen

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Warum das auch für deine juristische Karriere spannend ist, erfährst du im Podcast – hör doch gleich in unsere IMR-Folgen mit der Uni Bielefeld rein!

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Je mehr über ESG-Themen informiert wird, desto mehr kann auch der Markt seine Aktienkaufentscheidung danach ausrichten.

Sneak Peak – Q&A mit Anne-Christin Mittwoch und Anne Sanders

Transkript

KI-basiert und kann Fehler enthalten.

0:09 Min
Marc Ohrendorf:

Herzlich willkommen zu Episode 3 von Irgendwas mit ISG. Jetzt kann man ja eigentlich schon sagen, in Stammbesetzung, nämlich mit Anne Sanders und Anne Mittwoch. Hallo ihr beiden.

0:19 Min
Prof. Anne Sanders:

Hallo Marc.

0:20 Min
Marc Ohrendorf:

Heute beschäftigen wir uns mit einem Thema, das ich zum ersten Mal 2010 in meinem Erasmus-Semester in Prag gehört habe, nämlich so ein bisschen die Fortsetzung von räuberischen Aktionären. Wir erklären gleich natürlich, was das ist.

1:09 Min
Marc Ohrendorf:

Liebe Grüße gehen schon mal raus an Niklas, falls du das hier hörst. Ich weiß, ab und zu hörst du das. Du hast damals einen Artikel geschrieben, Aktien zum Fressen gern.

1:09 Min
Marc Ohrendorf:

Da geht es darum, dass manche Aktionäre auf Hauptversammlungen gehen, um das Essen abzustauben und dann auch noch in Redebeiträgen irgendwie unangenehm aufzufallen. Dahinter steckt aber ein kleines bisschen mehr und weil wir hier IMSG machen, machen wir das Ganze unter dem Titel Say on Climate und dazu erklärt uns erstmal einleitend Anne Sanders so ein kleines bisschen, wo es darum geht.

1:09 Min
Marc Ohrendorf:

Aber ich glaube, wir müssen eigentlich noch einen Tacken weiter vorne anfangen, nämlich so ein bisschen mit den Grundlagen Aktienrecht und was ist eigentlich eine Aktiengesellschaft?

1:10 Min
Prof. Anne Sanders:

Ja, Marc, das machen wir auch gleich. Also wir beschäftigen uns heute, wie du schon richtig sagst, eben mit den Aktien zum Fressen gern, mit den Aktionären. Aber eigentlich in unserem Kontext mit der Frage, wer entscheidet über ESG-Themen in einem Unternehmen, in einem großen Unternehmen, in einer Aktiengesellschaft.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Und da fangen wir jetzt mal ganz, ganz klein an. Das ist ein Thema, das kennen die Leute aus dem Schwerpunktbereich, die sich mit Gesellschaftsrecht beschäftigen. Das kennen aber auch vielleicht ein paar Leute aus der Presse und vielleicht auch Leute so aus der Grundvorlesung Handels- und Gesellschaftsrecht, denn da wird die Aktiengesellschaft zumindest mal erwähnt.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Also wir haben, es gibt, wenn man in der Wirtschaft aktiv wird, dann gibt es verschiedene Formen, wie man sich organisiert. Und das Recht erlaubt uns, dass wir dafür sozusagen künstliche Personen schaffen. Also es gibt die natürlichen Personen, das sind wir, und dann gibt es die juristischen Personen.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Also sozusagen künstliche Personen, die aber auch, wie wir, Verträge schließen können, die Rechte und Pflichten haben. Und die Aktiengesellschaft, die AG, ist eine solche juristische Person. Und die allermeisten ganz großen Unternehmen, die wir so kennen, VW.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Daimler, Benz, das sind alles Aktiengesellschaften. Eine Aktiengesellschaft, die haben Anteile. Also die haben ein Grundkapital, mindestens 50.000 Euro, VW und Mercedes deutlich mehr. Und das ist aufgeteilt in die Aktien.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Und wenn man eine Aktie hat, dann hat man einen Anteil an diesem Grundkapital. Man könnte jetzt, also vereinfacht gesagt, sagen manche Leute, ja, dem Aktionär gehört jetzt die Aktiengesellschaft. Das stimmt nicht so richtig, weil das ist ja eine eigene juristische Person.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Und ich als Aktionär habe zwar einen Anteil in diesem Grundkapital, aber mir gehört nicht die Aktiengesellschaft. Ich kann jetzt nicht als Aktionär von VW in die Werkshalle in Wolfsburg laufen und sagen, das Auto da nehme ich jetzt mal mit, weil das gehört ja hier alles mir.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Das ist nicht so. Ich habe nur einen Anteil an dieser AG. Aber als Aktionär habe ich meine Stimme und ich kann bestimmte grundlegende Entscheidungen treffen in dieser AG.

3:10 Min
Marc Ohrendorf:

Zwei Zwischenfragen. Die erste ist sozusagen, du hast schon so zwei jetzt zufälligerweise, wahrscheinlich weil sie dir als erstes in den Kopf kamen, Automobilhersteller erwähnt, gibt da noch hundert andere. Aber dennoch, warum sozusagen sind überhaupt die AGs so relevant, wenn wir uns ja beispielsweise letzte Folge damit beschäftigt haben, was ist eigentlich Nachhaltigkeit, in welchem System bewegen wir uns hier? Warum macht es dann Sinn, jetzt auf die Aktiengesellschaften zu springen?

3:35 Min
Prof. Anne Sanders:

Es geht hier um große, ganz große Unternehmen. Ich habe schon zwei genannt, aber zum Beispiel auch RWE ist eine Aktiengesellschaft. Es geht um ganz große Unternehmen, die in diesen Formen betrieben werden.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Und diese ganz großen Unternehmen machen halt eben auch Dinge, die besonders stark sich auf Nachhaltigkeitsfragen auswirken. Die imitieren sehr stark, die haben aber auch natürlich Fragen zu beantworten, mit wem arbeiten sie zusammen, also Lieferkettenfragen und so weiter und so fort. Mit wem arbeitet man international zusammen, wo zum Beispiel Menschenrechte eine Frage sind.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Also im Grunde, große Unternehmen sind heute im Grunde wie kleine und mittlere Staaten. Die haben große Umsätze, die haben eine große wirtschaftliche Macht und wenn es ums ESG-Fragen geht, richtet sich der Blick eben immer sehr stark darauf, was machen die.

4:19 Min
Marc Ohrendorf:

Anne Mittwoch, du bist ein bisschen kritisch bei dieser Aussage, eigentlich ist doch eine AG wie so ein Land, oder?

4:25 Min
Prof. Anne Mittwoch:

Ja, naja, natürlich. In der Lehre verwenden wir natürlich alle immer das Beispiel, wenn es um Entscheidungen in der Aktiengesellschaft geht, durch die Aktionäre, das Beispiel der Aktionärsdemokratie. Also wir sagen, die Aktionäre und Aktionäre, die kommen einmal im Jahr auf der Hauptversammlung vorbei, die essen da ihr Würstchen mit Erbsensuppe und dann können die mal abstimmen.

4:44 Min
Marc Ohrendorf:

Ich sag ja zum Fressen gerne.

5:01 Min
Prof. Anne Mittwoch:

Durch Wahlen entscheidet, das liegt schon daran, dass erstens im deutschen Aktienrecht, aber das wird Anne Sanders dann gleich näher ausführen, die Aktionäre tatsächlich kaum Mitspracherechte haben. Ja, also die Aktionärsdemokratie ist sehr, sehr beschränkt und keine echte Demokratie.

1:09 Min
Prof. Anne Mittwoch:

Und zum anderen liegt es natürlich daran, dass Unternehmen nur sehr begrenzt mit Staaten vergleichbar sind, weil sie natürlich Wirtschaftsplayer sind und da andere Interessen haben.

5:22 Min
Prof. Anne Sanders:

Ja klar, also das ist schon richtig. Der Vergleich hilft aber manchmal für den Einstieg und er hilft im Grunde ein bisschen, was sozusagen die Größenordnung angeht. Dass eben zum Beispiel ein Unternehmen wie AWE, da wird gerne gesagt, das macht Emissionen in der Größe von Schweden zum Beispiel.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Also das ist sozusagen eine Frage der Bedeutung einfach der Player. Aber die Frage der Einflussrechte, da werden wir dann noch drauf zurückkommen.

5:44 Min
Marc Ohrendorf:

Ich habe mich diese Woche ein bisschen näher mit Apple beschäftigt. Und da ist es so, dass die, es gibt ja so verschiedene Scopes, in die man Emissionen unterteilt. Scope 3 ist sozusagen alles vor- und alles nachgelagerte zum Unternehmen, mal ganz einfach ausgedrückt, in Kürze machen wir bestimmt auch nochmal ausführlicher.

1:09 Min
Marc Ohrendorf:

Und da ist es so, dass die 76% ihrer Emissionen in Scope 3 haben, vor allem, weil die natürlich als Unternehmen wiederum ihre ganzen Herstellungsprozesse irgendwo einfach einkaufen, nämlich bei Foxconn und Co., was man so kennt. Und das hat dann wiederum, wir würden alle denken, Apple, amerikanisches Unternehmen, sitzt irgendwo in Kalifornien, jedenfalls mit dem Headquarter, aber ja solche globalen Auswirkungen und dann in dem Fall jetzt auch noch eher so in China und drumherum, sage ich mal etwas umgangsförmlich, dass man schon diesen Vergleich jedenfalls so, was die globale Reichweite angeht, ziehen kann, wenngleich wir uns jetzt hier vor allem auch auf deutsche Aktiengesellschaften konzentrieren.

1:09 Min
Marc Ohrendorf:

Jedenfalls, wenn wir darüber sprechen, wie Aktionäre unter dem deutschen Recht da mitbestimmen können. Wollen wir da direkt mal in die Grundlagen einsteigen? Was darf man denn als Aktionär eigentlich?

6:43 Min
Prof. Anne Sanders:

Also vielleicht kurz gehen wir nochmal einen Schritt zurück und überlegen uns, also wir haben diese juristische Person und eine juristische Person handelt, die kann ja nicht selber handeln, die handelt durch Organe. Und die wird vertreten und das macht jedenfalls im deutschen Aktienrecht ist das der Vorstand, der vertritt die AG nach außen.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Und der wird gewählt vom sogenannten Aufsichtsrat, der ist dazu da, ihn sozusagen den Vorstand so ein bisschen zu beaufsichtigen. Wenn wir jetzt, wenn wir in der Staatsanalogie bleiben, auch wenn die nicht so gut ist, ist das sozusagen die Bundesregierung, wenn man so will.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Und dann gibt es eben die Aktionäre. Und die Aktionäre sind die, die diese Anteile an der Gesellschaft haben und die eben bestimmte, die bestimmte, ja, Entscheidungen mittreffen können, die eben wählen können auf der Hauptversammlung nachdem oder bevor sie Würstchen und Erbsensuppe gegessen haben. Und die Aktionäre wählen zum Beispiel dann den Aufsichtsrat, jedenfalls teilweise, je nachdem wie groß das Unternehmen ist.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Und die wiederum wählen dann den Vorstand. In der amerikanischen Aktiengesellschaft gibt es eben nur sozusagen das Board und die Aktionäre. Was können die jetzt machen, diese Aktionäre? Die können eben zum Beispiel über ganz grundlegende Fragen mit abstimmen.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Also zum Beispiel, was ist der Zweck dieses Unternehmens? Was ist der Unternehmensgegenstand? Also was macht das Unternehmen? Stellt es Autos her? Und Sie können auf der Aktionärsversammlung können Sie dem Vorstand Fragen stellen. Sie können fragen, was machst du? Also Sie können sich die Tagesordnung angucken und ihm lauter Fragen dazu stellen, was er macht.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Und Sie haben Möglichkeiten, darüber abzustimmen, ob er entlastet wird. Also Sie können auch ihr Missfallen und das Positive darüber aussagen. Was sie aber nach deutschem Aktienrecht nicht dürfen, ist, sich eigenständig zu Fragen der Geschäftsführung äußern.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Also, das deutsche Aktienrecht geht davon aus, dass der Vorstand im Grunde die ganze Leitung des Unternehmens in eigener Verantwortung selber macht. Die Aktionäre kommen und dürfen dann über seine Entlastung abstimmen, ihm ein paar Fragen stellen, aber die dürfen sich nicht in das Day-to-Day-Business einmischen.

8:44 Min
Prof. Anne Mittwoch:

Vielleicht können wir doch mal kurz klären, weil der Begriff bestimmt nicht allen geläufig ist, was bedeutet denn Entlastung in dem Zusammenhang?

8:50 Min
Prof. Anne Sanders:

Eine Entlastung bedeutet sozusagen, dass die Aktionäre sagen, dass sie im Wesentlichen, jetzt sehr vereinfacht gesagt, mit der Arbeit des Vorstands zufrieden sind.

8:59 Min
Marc Ohrendorf:

Ist das ein rein förmlicher Akt oder kann das auch sozusagen materielle Konsequenzen haben, wenn das mal nicht der Fall wäre?

9:05 Min
Prof. Anne Sanders:

Das ist erstmal ein rein förmlicher Akt, weil damit keine Verluste von Rechten verbunden sind, jedenfalls nicht im Aktienrecht. Aber es kann auch, es hat vor allen Dingen eine Reputationswirkung für den Vorstand. Wenn er nicht entlastet wird, dann ist das ein Zeichen, dass die ihn nicht mögen. Das ist nicht gut.

9:19 Min
Marc Ohrendorf:

Okay.

9:20 Min
Prof. Anne Sanders:

Vielleicht, das ist ja ein bisschen komisch, wenn man so will, dass diese Aktionäre, dass die zu dem Day-to-Day-Business eigentlich nichts zu sagen haben. Und da muss man einen kleinen Schritt in die Geschichte machen und das war in Deutschland nicht immer so.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

In Deutschland konnten die Aktionäre eine ganze Weile sehr, sehr massive, grundlegende Fragen mit beantworten, aber 1937 gab es eine große Aktienreform und da hat man die Aktiengesellschaft ziemlich umgestaltet und hat dann gesagt, nee, die Aktionäre haben überhaupt keine Ahnung vom Day-to-Day-Business, das überfordert die total, das soll der Vorstand allein und eigenständig entscheiden.

9:54 Min
Marc Ohrendorf:

Das sogenannte Leider-Führer-Prinzip im Aktienrecht.

9:57 Min
Prof. Anne Sanders:

Genau. Die Ideen kamen nicht nur alle aus der Nazi-Zeit, aber das wurde auch in eine gewisse Nazi-Terminologie gepackt. Und im Grunde, seitdem der Vorstand leitet, die Aktiengesellschaft in eigener Verantwortung, der Einfluss der Aktionäre ist sehr, sehr, sehr begrenzt.

10:12 Min
Marc Ohrendorf:

Okay, also dieses Argument, das lässt sich ja erstmal hören, dass man sagt, nee, der Vorstand ist näher am Day-to-Day-Business dran. Du bist irgendein Aktionär, sitzt halt irgendwo rum, bist in deinem komplett eigenen Job. Die AG existiert ja auch, damit sozusagen Aktien schnell handelbar sind.

1:09 Min
Marc Ohrendorf:

Du kannst im Prinzip auch keine Limitierung ausgeben, wenn du einmal börsennotiert bist, wer jetzt von dir Aktien kaufen kann und wer nicht. Also jeder, der möchte, kommt mehr oder weniger ran, sagen wir mal.

10:36 Min
Prof. Anne Sanders:

Genau.

10:36 Min
Marc Ohrendorf:

Und das hat mit Sachverstand ja wenig zu tun.

10:38 Min
Prof. Anne Sanders:

Genau, also du hast ja ein paar Aktien und du würdest jetzt sicherlich wahrscheinlich nicht jeden Tag dir Gedanken machen wollen, was der Vorstand jetzt in jeder einzelne deiner Unternehmen jetzt so zu tun hat.

10:48 Min
Marc Ohrendorf:

Ja, genau und so wird dann noch mehr ein Schuh draus, also wenn jetzt jemand einmal, keine Ahnung, Daimler, Coca-Cola und Biontech hat, sind schon so viele verschiedene Industrien, dass es ohnehin unmöglich wird.

10:58 Min
Prof. Anne Mittwoch:

Ja und außerdem kann man glaube ich nochmal kurz einen Blick auf den Aufsichtsrat werfen, was macht der dann genau in dem Gefüge, weil du meintest ja, er beaufsichtigt den Vorstand. Genau.

11:06 Min
Prof. Anne Sanders:

Die Idee war im Grunde so ein bisschen, also der Vorstand arbeitet eben eigenständig, aber weil sich die Hauptversammlung, die Aktionäre gar nicht so richtig mit dem Day-to-Day-Business beschäftigen können, war eben die Idee, man macht sozusagen so eine Art spezielles Organ, die eben gewissermaßen für die Aktionäre sich genau angucken, was macht der Vorstand so und eben so ein bisschen überwacht, was der macht.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Und der Aufsichtsrat sucht den Vorstand aus und schließt zum Beispiel auch die Verträge mit dem ab, entscheidet die Art, wie der vergütet wird und so weiter. Das ist der Aufsichtsrat. Das ist sozusagen das ganz Klassische, das lernt man in eigentlich Grundstunde 1 oder 2 in der Vorlesung zum Aktienrecht.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Diese ganz klassische Aufteilung, der Vorstand leitet, der Aufsichtsrat überwacht und die Hauptversammlung macht nix oder stimmt hin und wieder mal. Und wenn wir jetzt, und wir sind ja hier bei irgendwas mit ESG, wenn wir uns das angucken, kann man jetzt schon mal vorneweg schicken, dass im Grunde diese ganze Kompetenzordnung, dieses Aktienrecht, heute durch ESG-Themen eigentlich fundamental umgestaltet werden.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Und ich glaube, in den folgenden Folgen werden wir uns das noch mal näher angucken, wie fundamental die Auswirkungen auf dieses Rechtsgebiet sind. Aber heute gucken wir uns an, was die Hauptversammlung darf.

12:15 Min
Marc Ohrendorf:

Jetzt könnte man ja sagen, okay, die Hauptversammlung, also alle Aktionäre kollektiv können wenig, Folge vorbei, aber dann hätten wir ja nicht damit gestartet. Es gibt vor allem jenseits des Atlantiks eine gewisse Entwicklung in diesem Zusammenhang, Stichwort Say on Climate, dass eben doch, wenn man es leicht anders organisiert, Aktionäre diese Nachhaltigkeitsziele etwas wirksamer fordern können.

12:41 Min
Prof. Anne Sanders:

Ja, genau. Und das ist jetzt eben, also war es eine Entwicklung, die läuft jetzt seit mehreren Jahren, wo einerseits wirklich Aktivisten sich versucht haben, sich zu organisieren und zum Beispiel mit Aktien, also einzelne Aktien gekauft haben und auf Hauptversammlungen aufgetreten sind und da eben sich für bestimmte Themen aussprechen. Also im letzten Jahr zum Beispiel gab es ja bei der VW-Hauptversammlung wurde ja eine Torte zum Beispiel geworfen, da ging es um die Uiguren.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Das ist ja im Grunde auch sozusagen jemand, der da reingekommen ist, um sich sehr deutlich Gehör zu verschaffen.

13:13 Min
Marc Ohrendorf:

Also ganz einfach, warum macht man das? Unter anderem jetzt nicht, weil man direkt glaubt, alle stimmen mit einem mit.

13:20 Min
Prof. Anne Sanders:

Medieninteresse.

13:20 Min
Marc Ohrendorf:

Aber Medieninteresse.

13:22 Min
Prof. Anne Sanders:

Medieninteresse, Public Shaming. Das ist ja auch, große Unternehmen sind ja auch, haben ein Interesse daran, dass sie gut in der Öffentlichkeit dastehen. Und die ganz kleinen Aktivisten nutzen Hauptversammlungen eben, um Aufmerksamkeit zu erregen.

13:35 Min
Marc Ohrendorf:

Und zwar massiv überproportional zum wirtschaftlichen Wert ihrer Anteile an dem Unternehmen.

13:40 Min
Prof. Anne Sanders:

Absolut. Also zum Beispiel auch bei einer großen Shell-Hauptversammlung, da gibt es dann so Bilder von Aktivisten, die dann stehen und singen, we will, we will stop you. Also auf Hauptversammlungen ist in ESG-Sachen echt was los seit ein paar Jahren.

13:53 Min
Marc Ohrendorf:

Ja, man kann verstehen, warum der ein oder andere Rentner das Hobby hat, auf Hauptversammlungen zu gehen.

13:58 Min
Prof. Anne Mittwoch:

Das klingt ja jetzt alles irgendwie erstmal gar nicht so schön und eher despektierlich und wir erinnern uns natürlich alle an die räuberischen Aktionäre, die sich ja in Hauptversammlungen reinsetzen und dann fleißig Fehler mitschreiben, um danach Klage zu erheben zum eigenen Nutzen. Wenn wir jetzt über ESG reden und auch vielleicht über die Förderung der Belange, hast du da auch eine optimistischere Sichtweise oder gibt es da auch Entwicklungen, die sich jetzt nicht nur auf die kleinen Aktivisten konzentrieren oder ist es eher das, wo die Musik spielt?

14:22 Min
Prof. Anne Sanders:

Nee, nee, absolut nicht. Also gerade dann die Entwicklung wurde dann natürlich wirklich interessant, als sich die großen Aktionäre damit beschäftigt haben. Große, die sogenannten institutionellen Investoren, also vorneweg zum Beispiel eben Unternehmen wie BlackRock, Vanguard und State Street, die eben wirklich sehr, sehr umfangreiche Aktienmengen verwalten und die sich zum Beispiel eben auf die Fahnen geschrieben haben, aktive Eigentümer zu sein.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Nein, sogenannte Steward Ownership, das ist so ein Begriff, der da vorkommt. Und wohingegen wir früher bei sozusagen den aktivistischen Aktionären von Shareholder Activism reden, also im Zusammenhang aber mit wirtschaftlichen Interessen, mit Macht für die Aktionäre, reden wir in dem Zusammenhang auch von Sustainable Shareholder Activism. Also das sind einerseits die institutionellen Anleger, die einerseits, das sind ja nun auch jetzt keine Charities, sondern die kommen natürlich mit einem sozusagen Business Case.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Und deren Business Case war, dass viele Investoren, die bei ihnen investieren, wiederum eigene Ansprüche haben. Dass die eben auch in saubere Aktien investieren wollen, dass die in sogenannte sozusagen gute Unternehmen investieren wollen. Das ist ein ganz allgemeines Phänomen.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Zum Beispiel der norwegische Staatsfonds, von dem hat man vielleicht schon mal gehört, da liegt sehr, sehr viel Geld drin und dieses Geld muss eben investiert werden in gute Unternehmen und institutionelle Anleger haben deswegen eine Weile sehr stark gesagt, wir wollen in gute Unternehmen investieren, wir wollen in Unternehmen investieren, die eben nicht alleine auch nur auf den Profit gucken, sondern die eben auch auf den Purpose der Unternehmen gucken.

16:00 Min
Prof. Anne Mittwoch:

Würdest du sagen, dass die Entwicklung durch neuere Rechtsetzung befördert wird? Zumindest in Europa haben wir ja jetzt seit den letzten Jahren verstärkte Regulierung im Bereich Sustainable Finance. Also die Finanzmarktteilnehmer, die müssen ja nachhaltiger werden. Glaubst du, es ist auch so ein Push vielleicht für diese Entwicklung?

16:16 Min
Prof. Anne Sanders:

Absolut. Also jedenfalls die Idee, dass Leute mehr in die Richtung investieren wollen und dann eben auch die richtigen Informationen bekommen, um das zu tun, das geht sicherlich in die Richtung.

16:25 Min
Marc Ohrendorf:

Lass mich gerade nochmal zusammenfassen. Also wir haben jetzt so jemanden in ganz großen Anführungszeichen vermeintlich bösen wie BlackRock. Wenn man jetzt mal so der Medienschälte glauben möchte, ja bitte alles jetzt ein bisschen mit einem zwinkernden Auge auch sehen.

1:09 Min
Marc Ohrendorf:

Der ist motiviert, also BlackRock als riesengroßes Unternehmen, hat wiederum ja einen eigenen Vorstand und so weiter, ist motiviert, weil die eigenen Anleger, die über BlackRock mittelbar investieren, sagen, hey, wir wollen gerne nachhaltig investieren, wir wollen im Donut bleiben, siehe letzte Folge, selber solche Investitionsentscheidungen zu treffen. Da, Stichwort Say on Climate, übt dann jetzt im folgenden BlackRock bei den Gesellschaften, in die investiert wird, sagen wir mal, keine Ahnung, großes amerikanisches Unternehmen einfügen, Microsoft.

1:09 Min
Marc Ohrendorf:

Ihr müsst jetzt aber bitte grüner werden. Und da können die, fiktives Beispiel, ich weiß nicht was und wie viel BlackRock bei Microsoft investiert hat, irgendwas bestimmt. Bleiben wir aber mal dabei.

1:09 Min
Marc Ohrendorf:

Dann sozusagen ist dieser Einfluss von BlackRock als Aktionär, um ihre eigenen Aktionäre happy zu machen, das ist so die Chain, größer als im deutschen Aktienrecht. Jedenfalls theoretisch.

17:40 Min
Prof. Anne Sanders:

Ja, weil es jedenfalls im US-amerikanischen Aktienrecht die Möglichkeit für Aktionäre gibt, bestimmte Themen, also ESG-Themen, auf die Tagesordnung zu setzen und zu sagen, darüber reden wir jetzt hier, darüber stimmen wir ab. Und was eben ganz stark gerade am Anfang dieser Bewegung war, war einerseits diese Idee, wir machen unsere Anteilseigner glücklich, aber auch diese Idee, Klimawandel, ESG-Themen als Investmentrisiko.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Also wenn wir sozusagen in was investieren, wo jemand überhaupt keinen Plan hat, wie er mit Klimawandel umgeht, dann ist das vielleicht gar keine gute Investition. Also Larry Fink von BlackRock hat mal gesagt, wenn ein CEO keinen Plan für den Klimaschutz hat, dann sollte er auch kein CEO sein.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Also es geht sozusagen darum, gute Presse, aber eben auch, dass es eben auch heutzutage das zu einem guten Risikoportfolio dazu gehört eben zu gucken, stellen sich Unternehmen langfristig auf.

18:33 Min
Marc Ohrendorf:

Auch das finde ich wirklich wieder wichtig, weil wir ja hier versuchen, sozusagen dieses polarisierende Schwarz-Weiß-Denken auch so ein bisschen aufzubrechen. Und dann muss ich einfach mal überlegen, dass es eine reine Business-Decision am Ende des Tages ist, eine rein wirtschaftliche Entscheidung, aber dennoch ja in der Sache erstmal pro Nachhaltigkeit, pro Klimaschutz, jedenfalls sozusagen durch wirtschaftliche Interessen getrieben, mit dieser Einschränkung, die da sozusagen gefordert wird.

1:09 Min
Marc Ohrendorf:

Also nur Schwarz und Weiß ist es ja nicht an der Stelle.

19:01 Min
Prof. Anne Sanders:

Nee, natürlich nicht. Und natürlich ist jetzt auch, wenn diese Unternehmen dann sagen, ja bitte stellt jetzt mal einen Klimaplan auf und so, dann heißt das natürlich noch nicht, dass der Klimaplan echt super gut ist. Aber es geht eben darum, dass diese Themen eben für diese Investoren wichtiger wurden.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Und dann gibt es eben auch unter den Investoren, es gibt eben auch bestimmte Investmentfonds, die eben so einen besonders starken Blick darauf haben, also zum Beispiel diesen Children's Investment Fund und so weiter, die dann sich das auch wirklich auf die Fahnen geschrieben haben, zu sagen, wir wollen das eben wirklich pushen, dieses Thema.

19:34 Min
Marc Ohrendorf:

Wollen wir mal versuchen, das sozusagen jetzt dann wieder auf den deutschen Markt zu übertragen? Genau.

19:38 Min
Prof. Anne Sanders:

So, jetzt haben wir also gesehen, in den USA ist es also möglich, dass man diese Themen bringt und das tut man auch. Und diese, kurz um das abzuschließen, in den USA werden diese Themen seit Jahren sehr stark und immer mehr auf die Hauptversammlung gebracht.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Die größten Teil sind Social-Themen, also Equality-Themen und so weiter, aber eben auch Fragen zum Klimaschutz. Das wird da immer häufiger und die Zahl ist sehr groß. So, wenn wir jetzt nach Deutschland gucken, dann haben wir ja vorhin gesagt, die Aktionäre können in Deutschland gar nicht so viel machen.

20:09 Min
Marc Ohrendorf:

Genau.

20:10 Min
Prof. Anne Sanders:

So, und jetzt kann man sich eben die Frage stellen, wessen Aufgabe ist das jetzt eigentlich, zum Beispiel einen Klimaplan aufzustellen und die Entscheidung zu treffen, wie man sich zu ESG-Themen verhält?

20:20 Min
Marc Ohrendorf:

Irgendwie ist das schwierig, gerade wenn jemand nicht nur ein paar Aktien hält und ich sage mal irgendwie für ein paar hundert Euro oder so, sondern wirklich schon substanziell etwas in ein Unternehmen ja auch investiert über den Kauf von Aktien. Dann betrifft doch der Klimawandel gegebenenfalls sozusagen auch den Kernbereich des Unternehmens, wenn es denn sozusagen wirklich so bedroht wird vielleicht irgendwann, dass es auch nicht mehr wirtschaftlich profitabel agieren kann.

1:09 Min
Marc Ohrendorf:

Irgendwo müssen die Aktionäre doch was sagen können, oder?

20:46 Min
Prof. Anne Sanders:

Ja, also das ist natürlich schon die Frage. Also angenommen mal, wir sind die Aktionäre eines Energieunternehmens und wir machen nur Kohle, dann kann man sich natürlich schon fragen, ob wenn wir jetzt mal irgendwann umstellen müssen auf was anderes und wir müssen dann als Aktionäre unseren Unternehmensgegenstand ändern, dann müssen die Aktionäre auf jeden Fall was tun.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Das ist gar keine Frage. Aber so sozusagen so die, die... Also Entscheidungen wie eben, stellen wir einen Klimaplan auf, wie verhalten wir uns zu ESG-Themen allgemein, muss man schon sagen, das sind eher Geschäftsführungsaufgaben und die gehören zur Vorstandsaufgabe.

21:21 Min
Marc Ohrendorf:

Gibt es da auch Stimmen, die sagen, der Markt regelt das schon, wenn alle der Meinung sind, man müsste sich in diesem Unternehmen, in dieser Aktiengesellschaft Klimathemen mehr widmen, dann wird ja vielleicht auch der Aktienkurs sinken, wenn das nicht richtig adressiert wird?

21:35 Min
Prof. Anne Sanders:

Ja klar, aber dann, also der Aktienrechtler würde sagen, wenn, der Vorstand ist sicher gut beraten auf diesem Grund, gerade seine starken Aktionäre zu hören und gerade in Deutschland ist ja sozusagen die Anteilseignerschaft häufig weniger verteilt, sondern gibt es ja auch größere Blockholder und wenn so ein großer Blockholder sich natürlich mit dem Vorstand oder so deutlich macht, dass ihm das wichtig ist, dann ist natürlich klar, dass es da irgendwas passieren wird.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Aber der direkte Weg der Aktiengesellschaft ist eigentlich, ist halt einer, der ein rechtlicher Weg ist und da muss man dann halt sagen, das verstößt gegen die Kompetenzordnung des Aktienrechts, wenn Aktionäre einfach mal sagen, so wir wollen jetzt darüber reden und das muss der Vorstand nicht auf die Tagesordnung einer Hauptversammlung setzen. Der Vorstand kann sich selbst entscheiden, seine Aktionäre zu befragen.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Der kann selbst fragen, liebe Aktionäre, was haltet ihr davon? Und das ist natürlich auch ganz schlau, weil wenn er zum Beispiel einen Klimaplan macht, wenn er Einschränkungen zum Beispiel macht, dann kann das ja sein, dass das die Rendite beeinträchtigt und dann ist es natürlich ganz gut, sich den Backup von den Aktionären zu holen.

22:39 Min
Prof. Anne Mittwoch:

Das ist doch sehr spannend. Weißt du, wie da in der Praxis die Kommunikation ist zwischen den Unternehmen oder den Leitungsorganen und ihren Aktionärinnen und Aktionären? Also auch eine informelle Kommunikation? Oder findet die gar nicht statt?

22:52 Min
Prof. Anne Sanders:

Die gibt es natürlich schon, aber es gibt natürlich auch da Diskussionen darum, inwiefern zum Beispiel diese Art von Kommunikation dann ein Problem für die Unabhängigkeit zum Beispiel des Aufsichtsrats oder auch des Vorstands sein kann. Das ist natürlich auch wieder ein zweischneidiges Schwert.

23:06 Min
Marc Ohrendorf:

Gibt es denn da Bestrebungen, dass man sozusagen diese Mitspracherechte der Aktionäre auch im deutschen Aktienrecht nochmal ausweitet oder sagen wir eigentlich gerade in der Rechtswissenschaft, wir sind ganz happy damit, so wie es ist?

23:17 Min
Prof. Anne Sanders:

Nein, also das ist ein ganz großes rechtspolitisches Thema in Deutschland. Die Frage, sollte man diese Möglichkeiten des Say on ESG, Say on Climate, sollte man das ausweiten? Es gibt im Grunde, es gibt schon einen sogenannten Say on Pay, also die Möglichkeit von Aktionären, sich zur Vergütung des Vorstands zu äußern.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Also auch ein großes Thema in vergangenen Jahren, kriegen die Vorstände zu viel Geld und so. Das wird jedenfalls sehr diskutiert, sollte man das nicht einfach ermöglichen, dass Aktionäre zumindest so eine Art Meinungsbild abgeben können. Also sagen, wir stimmen jetzt mal ab und zeigen dem Vorstand damit, was wir finden.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Das wird gerade sehr diskutiert, dass man einfach dann das Gesetz ändert und das ermöglicht.

23:59 Min
Prof. Anne Mittwoch:

Ich hätte noch eine Frage mit Blick auf die Vorschriften, die wir schon haben. Also die Regulierung in Sachen Nachhaltigkeit, die nimmt ja zu, ohne dass wir jetzt auf verschiedene Gesetze eingehen. Aber Leitungsgremien, also der Vorstand, müssen ja tendenziell immer mehr machen.

1:09 Min
Prof. Anne Mittwoch:

Würdest du sagen, dass mit der Entwicklung vielleicht auch der Bedarf an einer Shareholder-Beteiligung und Kommunikation sinkt? Also je mehr wir quasi Vorstände verpflichten, sich um Nachhaltigkeit zu kümmern, desto weniger brauchen wir vielleicht die Aktionärin, die darauf pochen oder hat das nichts miteinander zu tun?

24:31 Min
Prof. Anne Sanders:

Ja, das ist sicher natürlich eine Frage. Im Grunde sind das eigentlich zwei Fragen. Einerseits die Frage, was soll der Vorstand machen? Was ist eine sinnvolle Art, was der Vorstand eigentlich tun soll? Das werden wir sicher auch nochmal in einer anderen Folge besprechen.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Was ist sinnvoll, was der Vorstand macht? Und du spielst jetzt sicher darauf an, dass der Vorstand ja schon wahnsinnige Berichtspflichten hat, also über ESG-Themen zu berichten, auch in der Nachhaltigkeitsberichterstattung, der CSR-Berichterstattung. Da kommen wir sicher auch noch zurück.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Und natürlich, je mehr sowas informiert wird, desto mehr kann sich natürlich auch der Markt informieren, welche Aktien kaufen wir. Aber andererseits schließt das nicht aus, dass die Kommunikation dann mit den Aktionären gleichzeitig dann nicht mehr notwendig wird, denke ich mal.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Ich finde sowieso, dass man eigentlich diese Frage sozusagen, was ist gut für die Nachhaltigkeit und was ist gut für die Mitspracherechte der Aktionäre, total auseinanderhalten sollte. Weil dadurch, dass die Aktionäre, angenommen, die kriegen jetzt mehr Mitspracherechte, sie können darüber abstimmen, dann wissen wir damit ja noch nicht, wie sie abstimmen werden.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Also Demokratie, also wenn wir es jetzt mal doch mit der Demokratie vergleichen, dann weiß man deswegen ja immer noch nicht, wie das Wahlvolk dann wählen wird. Also man soll nicht glauben, dass deswegen, weil die Aktionäre dann mehr mitstimmen können, die Unternehmen deswegen auf jeden Fall grüner handeln werden.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Das sieht man zum Beispiel auch in den USA, dass die anfängliche Unterstützung für diese ganzen Klimapläne und so weiter in den letzten zwei Jahren in den USA jedenfalls sehr stark zurückgegangen ist.

25:56 Min
Marc Ohrendorf:

Könnte man sagen, dass am Ende des Tages mehr Mitspracherecht zwar eine gute Sache ist, aber gerade dann, wenn es wirtschaftlich schwieriger wird, und das muss ja gar nicht aus ESG-Gründen notwendigerweise sein, Aktionäre doch eher auf ihre Rendite schauen als auf ESG-Themen?

26:12 Min
Prof. Anne Sanders:

Es ist immer schwer, das zu verallgemeinern. Also die Aktionäre sind ja keine homogene Masse. Die wollen ja auch durchaus verschiedene Sachen. Und es gibt welche, denen sind ESG-Themen total wichtig und es gibt welche, bei denen ist es anders.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Aber jedenfalls können wir sagen, dass bei den institutionellen Investoren die Begeisterung dafür ein bisschen nachgelassen hat. Gerade bei BlackRock und Vanguard. Die haben nämlich in den vergangenen Jahren, jedenfalls in den USA, ganz schön auch politischen Gegenwind bekommen.

26:39 Min
Prof. Anne Mittwoch:

Ich finde es ganz spannend, dass das Thema Nachhaltigkeit, also hier wäre es ja Say on Climate, aber es gibt ja auch Say on Human Rights, also im Prinzip ESG-Nachhaltigkeit, dass uns das Thema doch dazu bringt, über so Grundfragen zu diskutieren. Absolut.

1:09 Min
Prof. Anne Mittwoch:

Also die Grundentscheidung dafür, wie ist die Kompetenzverteilung in der Aktiengesellschaft? Also grundlegende Corporate Governance-Fragen. Die stellen wir uns plötzlich neu vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit. Wichtig oder übereilt? Oder was würdest du sagen?

27:05 Min
Prof. Anne Sanders:

Erstmal würde ich dir total zustimmen. Nachhaltigkeit, diese ganzen ISG-Themen bringen im Grunde für das ganze Recht die fundamentalen Probleme nach oben. Was ist Gerechtigkeit? Was ist Verteilungsgerechtigkeit? Das hatten wir in der letzten Folge.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Was ist eine gute Kompetenzordnung? Wer soll Entscheidungen treffen? Aber auch so Fragen von wegen, welche Freiheit der Entscheidung hat der Einzelne eigentlich in diesem ganzen Kontext. Und hierbei, ich würde sagen, diese grundlegenden Fragen müssen wir uns auf jeden jeden Fall stellen.

1:09 Min
Prof. Anne Sanders:

Die müssen wir uns immer stellen, aber in diesem Zusammenhang liegen sie halt ganz besonders auf dem Tisch.

27:41 Min
Marc Ohrendorf:

Ja und um den Bogen zu schlagen, deswegen passt es auch so schön hier zu IMR, wenn gleich wir eine Sonderserie machen, weil man auch direkt merkt, dass man selbst als Hardcore M&A-Anwalt und, Aktiengesellschaftsberater, der im Hintergrund im Backoffice auf Hauptversammlungen sitzt, selbst da mit diesen ganzen Themen in Zukunft weiterhin sehr, sehr konfrontiert werden wird. Vielen herzlichen Dank euch beiden.

28:02 Min
Prof. Anne Mittwoch:

Danke dir, Marc.

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