IMR8807. Jun 21
IMR088: Litigation-PR, Krisenkommunikation und Masseverfahren bei Volkswagen

IMR - Original

IMR088: Litigation-PR, Krisenkommunikation und Masseverfahren bei Volkswagen

Christopher Hauss, Unternehmensjurist | Volkswagen AG

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Über diese Episode

Folge 88 Deines Jurapodcasts zu allen Karriere- und Examensthemen

Litigation PR - Kommunikation - rechtliche Auseinandersetzungen - Krisenkommunikation - Medien - Rechtsmarkt - Kommunikationsmarkt - PR und Marketing - Politikberatung - Gerichtsverfahren - Klagen - Berichterstattung - Masseverfahren - Marketing - Rechtskommunikatoren - Infektionsschutzgesetz

Christopher Hauss ist Jurist sowie Litigation-PR- und Krisenkommunikationsspezialist bei Volkswagen. Er berichtet von seinem Werdegang zu Deutschlands größtem Autobauer: Aufgrund seiner Begeisterung für Neues, der ihn faszinierenden Schnelllebigkeit und dem Interesse für Medien arbeitete Herr Hauss zunächst als Kommunikationsberater für Bundestagsabgeordnete und Ministerien. Seit seinem Wechsel zur Volkswagen AG vor inzwischen mehr als zwei Jahren verantwortet er die Entwicklung, das Management und die Umsetzung der strategischen Kommunikation im Rahmen der Dieselkrise. Erfahrt in dieser Episode Eures Jurapodcasts, was gute Kommunikation im juristischen Kontext ausmacht, was zum Alltag eines Kommunikationsberaters gehört, wann besser aktiv und wann besser passiv kommuniziert wird und wie wichtig kommunikative Begleitung für international führende Unternehmen im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit ist. Viel Spaß!

Kapitel:

  • 00:19 - Was ist Litigation-PR?
  • 01:51 - Wie kommt man zu diesem Beruf?
  • 05:02 - Kommunikationsberater in der Politik
  • 08:40 - Gerichtsprozesse und Kommunikationsberatung für VW
  • 19:41 - Die Auswirkung von Masseverfahren
  • 26:49 - Gute juristische Kommunikation
  • 30:00 - Mehr Infos über Litigation-PR von Christopher Hauss

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Christopher Hauss

Christopher Hauss

Kapitel

  • 00:00:19.766Was ist Litigation-PR?
  • 00:01:51.194Wie kommt man zu diesem Beruf?
  • 00:05:02.061Kommunikationsberater in der Politik
  • 00:08:40.366Gerichtsprozesse und Kommunikationsberatung für VW
  • 00:19:41.294Die Auswirkung von Masseverfahren
  • 00:26:49.080Gute juristische Kommunikation
  • 00:30:00.109Mehr Infos über Litigation-PR von Christopher Hauss

Über Volkswagen AG

Die Volkswagen AG ist als weltweit agierendes Industrieunternehmen mit Hauptsitz in Wolfsburg einer der größten Automobilhersteller überhaupt. Rund 675 000 Menschen – davon mehr als 130 000 in Deutschland – entwickeln, produzieren und vertreiben Fahrzeuge und Mobilitätslösungen für zahlreiche Marken des Konzerns.

Juristinnen und Juristen begleiten den Wandel zu Elektromobilität, Software-Defined Vehicle und autonomen Fahren ebenso wie großvolumige Litigation-, Compliance- und Kartellverfahren. Reizvoll ist der Spannungsbogen zwischen jahrzehntelanger Automobiltradition und rasanter Transformation, der Einblicke in hochaktuelle Regulierungs-, Haftungs- und Krisenkommunikationsthemen bietet.

Jetzt Zündung an – hör in unsere Podcast-Episode und erlebe, wie Recht bei Volkswagen aufs Gaspedal tritt!

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Litigation PR begleitet rechtliche Auseinandersetzungen kommunikativ und verbindet Recht mit Kommunikation – für Juristen, die mehr als nur Rechtstechnik wollen, sondern wirtschaftliche und menschliche Zusammenhänge verstehen und erzählen möchten.

Sneak Peak – Q&A mit Christopher Hauss

Transkript

KI-basiert und kann Fehler enthalten.

Music:

0:09 Min
Marc Ohrendorf:

Herzlich willkommen zu einer neuen Episode Irgendwas mit Recht. Mein Name ist noch immer Marc Ohrendorf und in diesem Podcast, der durch die LTO und LTO-Karriere zu euch gebracht wird, spreche ich heute mit Herrn Haus. Hallo Herr Haus.

NaN
Marc Ohrendorf:

Hallo. Herr Haus, Sie sind bei Volkswagen zuständig, unter anderem als einer von mehreren Menschen, für das Thema Litigation PR, ne? Genau so ist es, ja. Was ist denn das?

0:37 Min
Christopher Hauss:

Also Litigation PR sind zwei Sachen. Die eine Sache ist, es ist die kommunikative Begleitung von rechtlichen Auseinandersetzungen. Und zweitens ist es, glaube ich, das interessanteste Fach, was man jetzt gerade belegen kann, wenn man Jura studiert hat und sich auch gleichzeitig für Kommunikation interessiert.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Da haben Sie jetzt aber die Messlatte hochgelegt.

1:02 Min
Christopher Hauss:

Ja, ich bin ja ein bisschen hier, um für diesen Weg Werbung zu machen. Aber ich glaube, es lohnt sich wirklich. Es hat sich in den letzten Jahren auch, ich bin ja seit zweieinhalb Jahren bei Volkswagen und beschäftige mich mit dem Dieselskandal schwerpunktmäßig.

NaN
Christopher Hauss:

Aber allein in den letzten zweieinhalb Jahren hat sich so viel getan auf dem Markt. Und das ist für uns so wahrnehmbar, dass ich glaube, dass die Entwicklungen, die jetzt da gerade stattfinden, überhaupt nicht zu Ende sind, sondern gerade erst begonnen haben. Und das wird immer spannender.

NaN
Christopher Hauss:

Der Rechtsmarkt, der Kommunikationsmarkt im Zusammenhang mit Recht, PR und Marketing, das rückt alles immer näher zueinander. Oder wie auch immer man diese Entwicklung jetzt beurteilen möchte, aber sie passiert. Und das ist interessant zu beobachten.

NaN
Christopher Hauss:

Es macht Spaß darin zu arbeiten, auch wenn ich mich häufig ärgern muss. Aber das ist Teil dieses Jobs.

1:59 Min
Marc Ohrendorf:

Gut, dann fangen wir vorne an. Wie sind Sie denn da hingekommen? Haben Sie da von Anfang an gedacht, das wäre interessant? Oder wann sind Sie das erste Mal darauf gestoßen, dass man auch sowas als Jurist machen könnte?

2:09 Min
Christopher Hauss:

Also ich habe mich immer für Medien interessiert und für Kommunikation, habe eigentlich so eine klassische beginnende Journalistenkarriere hingelegt, also Schülerzeitung, Lokalredaktion, überregionale Redaktion, habe dann auch während der Bundeswehrzeit bei der Bundeswehr aktuell, die längst eingestellt ist, meinen Wehrdienst geleistet als Sportredakteur und habe dann aber gemerkt, dass mich diese, Und ständige Beschäftigung mit vielen Themen und das nur

NaN
Christopher Hauss:

oberflächlich nicht reizt und wollte dann was anderes machen und habe dann eben studiert, Jura studiert, aber währenddessen auch immer journalistisch gearbeitet.

2:57 Min
Marc Ohrendorf:

Warum denn dann eigentlich nicht Journalismus, wenn Sie da eh schon interessiert waren?

3:01 Min
Christopher Hauss:

Ja, weil ich wollte kein Journalist werden. Dieses, was ich sagte, diese Schnelligkeit, diese Schnelllebigkeit auch, das fand ich, also immer wenn ich angefangen habe, mich mit dem Thema auseinanderzusetzen, dann war es eigentlich auch schon wieder weg. Und das nächste kam und das nächste Interessante kam, was auf der einen Seite Spaß gemacht hat, aber auf der anderen Seite war es frustrierend, weil ich nie das Gefühl hatte, diesen Themen gerecht werden zu können.

NaN
Christopher Hauss:

Und dann dachte ich, es wäre, also Jura ist ja am Ende... Gesellschaftspolitik, wenn man das vom Gesetzgeber nun mal gemacht hat. Und das hat mich eben interessiert und bin da reingegangen und das war auch eine richtige Entscheidung.

NaN
Christopher Hauss:

Auch weil ich das in Berlin studiert habe und da eben dann die Nähe zur politischen Kommunikation auch gewesen bin, wo ich dann nach dem Studien hingegangen bin.

3:55 Min
Marc Ohrendorf:

Okay. Und da haben Sie dann was gemacht?

3:58 Min
Christopher Hauss:

Da habe Ich zunächst einmal für Bundestagsabgeordnete und in Ministerien bis Staatssekretärebene kommunikativ beraten. Das waren auch meine allerersten Jobs. Und dann ging das weg von der reinen politischen Kommunikation hin zur Kommunikation für Unternehmen und Verbände.

NaN
Christopher Hauss:

Und da hat es öfter auch mal gekocht und wurde schwierig, sodass dann die Krisenkommunikation immer stärker in den Fokus gerückt ist. Und weil sich dann herausstellte, dass die Krisen häufig sich ausdrückten, einfach auch in rechtlichen Auseinandersetzungen, ob das jetzt Insolvenzen gewesen sind oder andere Rechtsstreitigkeiten, ging es dann eben dann auch los mit Litigation Communication oder Litigation PR.

NaN
Christopher Hauss:

Und das war damals, als ich damit angefangen habe, noch ein relativ neues Feld und für mich als Jurist hatte ich keine Berührungsängste und deswegen bin ich da schnell reingegangen und habe da relativ zügig auch echt interessante Mandate gehabt. Ja, und dann, nachdem ich das dreieinhalb, vier Jahre gemacht habe bei der Agentur, hat dann eben Volkswagen angefragt.

5:10 Min
Marc Ohrendorf:

Naja, dann würde ich aber, bevor wir darauf eingehen, gerne noch erstmal was zum Thema Politikberatung wissen. Wir hatten jetzt hier gerade, also wir zeichnen Ende März diesen Podcast hier auf, ihr hört den dann ein kleines bisschen später. Wir hatten hier gerade die Situation, dass die Politik beispielsweise Ruhetage angeordnet hatte, die dann keine Feiertage waren und dann wurde das zurückgenommen von der Bundeskanzlerin, hat eine große Welle gemacht.

NaN
Marc Ohrendorf:

Da habe ich mich gefragt, hätte man da nicht so jemanden wie Sie früher gebraucht, um das besser zu handeln?

5:38 Min
Christopher Hauss:

Also was mich überrascht hat, ist, dass im Rahmen dieses Kommunikationsfehlers auch einige Kommunikationsberater gefragt wurden, was hätte man besser machen können. Und die haben alle gesagt, naja, also es braucht hier eine Klagführung, es braucht jemanden, der vorne weg geht, man muss das Ganze zentral aufsetzen.

NaN
Christopher Hauss:

Aber so sind ja die Voraussetzungen gar nicht. Da sitzt Angela Merkel zusammen mit Landeschefs, die alle selbst eigene Länder regieren und sich da dann alleine vorne hinzustellen als Angela Merkel und etwas anzukündigen, was sie selbst gar nicht umsetzen kann. Das hat sich jetzt auch gezeigt, wie jetzt gerade dieser Grenzwert von 100, was für Konsequenzen der jeweiligen Bundesländer hat, ist glaube ich, wäre kommunikativ genauso falsch gewesen.

NaN
Christopher Hauss:

Ja, und dann zu sagen, also im Idealfall eine klare Botschaft von einer einzigen Person, ja, aber das passt halt nicht zu der Realität, in der man gerade ist, deswegen meine ich, dass auch mit bester Beratung man da nichts hinbekommt, wenn es einfach faktisch keine Einigung oder keine klare Linie innerhalb der handelnden Personen gibt und, ähm. Das, was Angela Merkel jetzt ja in einem zweiten Schritt gemacht hat und zwar die Verantwortung für das Kommunikationschaos übernommen, das hat sie dann sehr beeindruckend gemacht, weil das völlig unabhängig von der Umsetzung von irgendwelchen Ruhetagen gewesen ist.

NaN
Christopher Hauss:

Und das fand ich dann schon wieder stark. Und das ist dann am Ende genau das, was dann die Kommunikationsberater beim ersten Schritt gefordert haben, hat sie dann umgesetzt und gesagt, eine Person mit einer klaren Botschaft, es tut mir leid und wir müssen das jetzt als nächstes machen. Und jetzt bei Anne Will saß sie ja und hat schon mal angekündigt, in welche Richtung es gehen kann.

NaN
Christopher Hauss:

Und da bin ich jetzt sehr gespannt, wie sie das am Ende umsetzen wird.

7:32 Min
Marc Ohrendorf:

Und da hat mich erstaunt, dass dann beispielsweise Herr Söder relativ schnell danach eine sehr ähnliche Message abgab. Er hat gesagt, wir müssen eventuell einmal darüber nachdenken, ob wir das Infektionsschutzgesetz ändern, dass man da ein bisschen mehr durchregieren kann. Vermeintlich auch zum eigenen Nachteil, wo ich mich dann fragte, so was ist doch vorher wahrscheinlich untereinander kommuniziert, dass man da dann auch so ein bisschen auf verschiedenen Kanälen spielt, oder? Was würden Sie sagen aus der Erfahrung?

7:57 Min
Christopher Hauss:

Also eine gute Frage, wie die das genau gemacht haben, weiß ich nicht.

8:00 Min
Marc Ohrendorf:

Ja, da können wir nur spekulieren.

8:01 Min
Christopher Hauss:

Ja, aber es wäre ungewöhnlich, wenn man sich nicht vorher zumindest mal darüber unterhalten hat, aber von jemandem wie Herrn Söder ist es eben auch ein großes Eigeninteresse zu zeigen, dass er auch Kanzler kann. Und sozusagen das große Ganze im Blick hat und sich da jetzt als bajuwarischer Provinzfürst hinzustellen und gegen die Kanzlerin zu schießen, das bringt eben perspektivisch wenig.

NaN
Christopher Hauss:

Und möglicherweise sieht er auch ganz faktisch die Probleme, die jetzt der Föderalismus gerade scheinbar mit sich bringt. Und ob das jetzt wirklich Probleme sind, weiß man ja am Ende irgendwie auch immer nie, aber so ist zumindest jetzt gerade die Geschichte, die erzählt wird.

8:48 Min
Marc Ohrendorf:

Wie ist es denn bei Gerichtsverfahren? Sie haben gesagt, Sie sind so ein kleines bisschen Richtung Litigation PR gerutscht. Die kommunikative Begleitung von Prozessen, okay, da frage ich mich mal zunächst, ich kann ja auf der Aktiv- und auf der Passivseite sein. Wie unterscheidet sich das?

9:05 Min
Christopher Hauss:

Ich glaube, es unterscheidet sich vielfältig. Ich muss gerade mal überlegen und zwar die Frage, inwiefern sich das unterscheidet, hängt insbesondere damit zusammen, in welcher Rolle man sich da gerade befindet. Volkswagen in meiner jetzigen Position ist meistens auf einer tendenziell passiven Seite, weil jede Berichterstattung über rechtliche Auseinandersetzungen eine ist, die aus unterschiedlichsten Gründen nicht gerne gesehen ist.

NaN
Christopher Hauss:

Also Investoren beispielsweise sehen rechtliche Auseinandersetzungen ungern, völlig egal, wie stark dann die eigene Position von Volkswagen ist, weil es immer mit Risiken zusammenhängt. Insofern ist man, wenn man bei so einem großen Unternehmen arbeitet, tendenziell eher immer auf einer defensiven Seite und reagiert.

NaN
Christopher Hauss:

Agieren tut man dann meistens eher im Hintergrund, was nichts Geheimnisvolles ist, sondern das Ziel ist da eher einzuordnen, für Verständnis zu werben, für die eigene Position, um am Ende, wenn berichtet wird, diese Berichterstattung so informiert und so realitätsnah wie möglich zu gestalten.

10:17 Min
Marc Ohrendorf:

Was bedeutet das denn ganz konkret? Sie bereiten dann bestimmt sich gewissermaßen vor, was sind hier die Leitlinien, die wir kommunizieren wollen und irgendwie werden die dann ja auch kommuniziert. Also so ganz praktisch. Da ruft jemand bei Ihnen an, will irgendwie berichten und dann passiert was.

10:31 Min
Christopher Hauss:

Das Erste ist erstmal zu hören, in welche Richtung wird denn die Geschichte möglicherweise gehen? Und ist das sozusagen erstmal was Oberflächliches, ist es eher was Nachrichtliches? Geht es am Ende nur darum, bestimmte Informationen herauszugeben, Standardzahlen herauszugeben, wie viele Klagen laufen gerade oder so etwas? Oder geht es tatsächlich darum, Zusammenhänge herzustellen und ein Stück weit in den Hintergrund zu blicken.

NaN
Christopher Hauss:

Und je nachdem unterscheidet sich dann eben auch unsere Reaktionen. Interessant, das ist natürlich auch für den Leser, wenn es darum geht, ein bisschen tiefer reinzugehen. Und dann, je nachdem, können wir entweder diese Zusammenhänge herstellen, eben diese Position von Volkswagen erläutern, zeigen, was sozusagen dahinter steht Oder wir vermitteln eben auch die Kontakte zu Experten, entweder technische Experten oder rechtliche Experten aus dem Rechtswesen, die eben auch nochmal erläutern können.

NaN
Christopher Hauss:

Und wenn diese Gespräche gelaufen sind, dann gibt es eben auch nochmal Positionen, die man im Vordergrund rausgibt, wo wir dann einfach zitiert werden können oder Zahlen veröffentlicht werden können. Und dieses doppelte Spiel, wenn man da jetzt reaktiv unterwegs ist, weil ein Spiel ist es ja am Ende nicht, sondern dieses doppelte Vorgehen führt dann am Ende im Idealfall dazu, dass es eben ein gut informierter Artikel wird, der unsere Position, aber natürlich dann auch die Position der anderen Seite darstellt.

11:57 Min
Marc Ohrendorf:

Sie haben gerade externe Rechtsberater angesprochen. Da könnte ich mir vorstellen, dass das in den Kanzleien ja noch ein relativ neues Gebiet ist, oder?

12:04 Min
Christopher Hauss:

Das ist ein neues Gebiet oder man hätte sagen können, das ist ein neues Gebiet, wenn man jetzt bei Volkswagen sechs Jahre in die Vergangenheit reist. Mittlerweile ist die Bedeutung der Kommunikation im Rahmen von rechtlichen Auseinandersetzungen auch bei den Kanzleien ganz tief drin.

NaN
Christopher Hauss:

Die wissen, dass man nach außen erläutern muss, warum man was wie tut. Die wissen auch, dass Richter beispielsweise Zeitungen lesen und ihre grobe Einordnung und Verständnis von Themen und Auseinandersetzungen durchaus aus den Medien auch erfahren. Das bedeutet nicht, dass dann die Urteile sich dann dadurch großartig verändern oder so etwas, aber zumindest die Stimmung ist eine andere.

12:51 Min
Marc Ohrendorf:

Naja, es macht ja auch einen großen Unterschied. Also denke ich mir mal zwei Situationen, zwei parallele Stränge sozusagen, zwei Anwälte, ähnliches Verfahren, großes Verfahren, vielleicht bis zum BGH und danach beide gewinnen und danach gibt es eine Pressemitteilung. Ja, direkt irgendwie von Frank Bräutigam, der dann mal wieder schön aus Karlsruhe berichtet, ein Mikro vor die Nase gehalten.

NaN
Marc Ohrendorf:

Der eine Anwalt ist vorbereitet, sie sind natürlich sowieso vorbereitet, sie machen das ja den ganzen Tag und der andere vielleicht nicht so sehr. Das macht doch einen Unterschied dann, oder? Wenn der Vorbereitete da pointiert, gut was ins Mikro sagen kann.

13:28 Min
Christopher Hauss:

Das stimmt, das macht einen Unterschied, aber dann zu dem Zeitpunkt, wenn das Urteil gefallen ist, ist es meistens auch schon zu spät. Also ganz viel passiert vorher. Das ist ja, finde ich, bei der Litigation Communication so interessant, dass die Dramaturgie einer rechtlichen Auseinandersetzung eigentlich der klassischen Dramaturgie der Medien nicht folgt.

NaN
Christopher Hauss:

Also eigentlich brauchen die Medien eine schnell zu erzählende Geschichte mit einem klaren, eindeutigen Ende. Und das können die gerichtlichen Auseinandersetzungen oft nicht leisten. Es zieht sich, es dauert, bis es überhaupt mal anfängt.

NaN
Christopher Hauss:

Also gerade jetzt bei den jüngsten strafrechtlichen Auseinandersetzungen, in die auch Volkswagen da verwickelt ist, bis das überhaupt mal losgeht. Man bräuchte eigentlich für die Geschichte viel früher eine klare Richtung oder beim Kapitalanleger Musterverfahren. Und als das losgegangen ist, große Schlagzeichen, es geht hier um neun Milliarden Euro.

NaN
Christopher Hauss:

Und das behaupten zumindest die Kläger, dass das hier an Schäden erlitten hätten. Aber bis man überhaupt mal da ist, um darüber zu sprechen, passiert so viel Technisches. Und die Leute gehen schon, also die Journalisten gehen schon gar nicht mehr hin.

NaN
Christopher Hauss:

Weil einfach gar nichts passiert, nichts berichtenswertes. Es ist tatsächlich auch so, also es ist eine absolut richtige Entscheidung, finde ich, da jetzt momentan nicht hinzugehen, weil wenig passiert. Aber das passt nicht gut zusammen.

NaN
Christopher Hauss:

Also meistens, was wir sehen, wird berichtet, wenn die Vorwürfe da sind. Also gerade im zivilrechtlichen Verfahren ist der erste Schriftsatz ziemlich eindeutig und dann die Antwort der Gegenseite eben auch. Da kann man dann gut berichten.

NaN
Christopher Hauss:

Aber bis dann mal zum Urteil kommt, das Urteil geht meistens eher unter. Ein bisschen anders ist es bei den BGH-Verfahren, die wir da jetzt hatten. Also da ist das Urteil, weil es eben für zehntausende Kunden relevant ist, da wird das schon intensiv berichtet, aber das ist eher die Ausnahme.

NaN
Christopher Hauss:

Also oftmals kriegen diejenigen, die die Erstberichterstattung mitbekommen haben, das Urteil gar nicht mehr mit.

15:29 Min
Marc Ohrendorf:

Da hat sich ja auch viel getan in den letzten Jahren. Also während vielleicht vor 15 Jahren kaum vorstellbar war, dass jetzt ein BGH-Urteil wirklich Ausstrahlungswirkung auf zehntausende andere Fälle potenziell jedenfalls haben kann. Im Detail kann man sich dann sicherlich immer noch schreiten und ihre Anwälte werden versuchen, das zu verneinen. Andere sagen nein, damit ist alles entschieden.

15:52 Min
Christopher Hauss:

Ja, geht in beide Richtungen. Also je nachdem, wie es ausgeht. Also der Differenzierungswillen ist auf beiden Seiten groß.

16:00 Min
Marc Ohrendorf:

Trägt das ja auch dazu bei, dass sozusagen überhaupt ihr Thema wichtiger wird, oder? Diese ganzen Masseverfahren generell?

16:07 Min
Christopher Hauss:

Ja, in vielerlei Hinsicht. Also was wir gemerkt haben ist, dass zum einen natürlich das Interesse von Medien zu Beginn dieses Skandals ganz stark war, auch an einzelnen landgerichtlichen Verfahren. Da war es dann so, dass auch von Lokalpresse bis überregionaler Presse tatsächlich Medien dann an Landgerichtsverfahren teilgenommen haben und von den Klägeranwälten sehr gut informiert wurden.

16:35 Min
Marc Ohrendorf:

In meinem Netzwerk ist es häufig so, dass wenn ich mit Menschen spreche, die jetzt nicht unbedingt so viel mit Jura zu tun haben, ganz häufig dann kommt, siehst du, und VW wurde nämlich verurteilt und die haben nämlich verloren und da wird dann gar nicht so sehr differenziert. Ist so, oder?

16:49 Min
Christopher Hauss:

Genau so ist es und diese Berichterstattung haben ein Stück weit wir uns auch selber anzukreiden, weil es zu Beginn dieser Auseinandersetzung aufgrund vieler Unsicherheiten die Maßgabe war, die Kommunikation wird zentral von Volkswagen gesteuert. Das heißt, die Anwälte vor Ort, unsere Anwälte vor Ort und da gab es ja hunderte mündliche Verhandlungen in der Woche, die haben alle nicht mit der Presse gesprochen.

NaN
Christopher Hauss:

Das heißt, die einzige Einordnung, die es vor Ort gab, war die Einordnung durch die Klägerseite. Und jede positiv verlaufende mündliche Verhandlung, jedes gut gelaufene, aus Klägersicht gut gelaufen Urteil wurde sozusagen als das Urteil eingeordnet, was jetzt auch allen anderen bessere Chancen gibt. Und bietet.

NaN
Christopher Hauss:

Dahinter ist natürlich ein klares wirtschaftliches Interesse. Wenn ich als Anwalt sage, so das ist jetzt das Urteil, klagt auch, dann habe ich die Wahrscheinlichkeit, dass wir neuen Mandanten dazukommen, habe ich einfach erhöht. Wir waren da lange zu still.

17:50 Min
Marc Ohrendorf:

Sie sagen dann beim BGH, das ist jetzt das Urteil, klagt nicht mehr.

17:55 Min
Christopher Hauss:

Und dann stimmt es auch. Oder es ist eben verjährt oder sonst irgendwie was. Aber zumindest diese landgerichtlichen Urteile haben wir versorgend einzuordnen. Und das hat sich geändert.

NaN
Christopher Hauss:

Wir haben dann zum Beispiel auch hunderten von Rechtsanwälten, vielleicht hunderte, doch, also sagen wir mal, doch, ich glaube es waren hunderte von Rechtsanwälten Medientrainings gegeben, damit sie dann vor Ort auch sprechfähig gewesen sind. Inhaltlich kennen die sich ja eh aus.

NaN
Christopher Hauss:

Also das zu sagen, die Äußerung des Gerichts muss man so oder so verstehen, viele andere Verfahren gehen so aus, dieses Verfahren ist aus vielerlei Hinsicht eine Ausnahme oder dieses Verfahren ist tatsächlich, da kann man schon sagen, das geht so wie die anderen Verfahren auch aus, das können die. Aber was die eben nicht wissen ist, was erwartet denn der Journalist von mir und was kann ich dem vielleicht auch einordnen sagen, ohne dass der sofort alles aufschreibt.

NaN
Christopher Hauss:

Journalisten haben ja nicht nur Interesse an einem knallharten Statement, sondern auch wirklich an Fakten, an Hintergründen.

18:57 Min
Marc Ohrendorf:

Wie sieht denn so ein Training aus, ganz praktisch?

19:00 Min
Christopher Hauss:

Dadurch, dass wir eben sehr viele schulen mussten, war das eher Frontbeschallung und wir haben denen letztlich erzählt, wie so ungefähr die groben Regeln ausgehen und denen so ein bisschen die Berührungsängste zu nehmen und das hat in dem Fall auch schon ausgereicht, weil ganz viele eigentlich ganz gerne mit den Medien sprechen wollten, weil die die Berichterstattung ja auch gesehen haben und auch gesehen haben, wie aggressiv teilweise von der Gegenseite dann eben eingeordnet wurde.

NaN
Christopher Hauss:

Und das hat sich danach dann wirklich gebessert oder verändert aus meiner Sicht. Das Ergebnis war dann, dass gar nicht mehr berichtet worden ist oder viel weniger berichtet worden ist. Was am Ende auch in unserem Sinne gewesen ist, aber was man eben auf unserer Seite, was positive Berichterstattung ist in Seltenheit für uns, aus unserer Sicht negative Berichterstattung ist dann eher häufig und gut ist, wenn gar nicht berichtet wird.

19:49 Min
Marc Ohrendorf:

Und auf Klägerseite, da haben sich ja relativ viele Kanzleien gebildet, die ja auf Masseverfahren spezialisiert mit standardisierten Abläufen hundertfach Klagen einreichen. Sie haben ja mal im Vorgespräch gesagt, ja wir hatten ja immer David gegen Goliath Situation, wenn jemand gegen Volkswagen klagt, das ist jetzt alles anders.

NaN
Marc Ohrendorf:

Ich wage das jedenfalls, was die wirtschaftliche Kapazität angeht, zu bezweifeln, aber mit Blick auf diese Kanzleien ist es ja ein doch ganz interessantes Phänomen, weil da eben hunderte Verfahren aus einer Hand kommen. Wie hat sich dadurch was für Sie verändert in der Arbeit?

20:28 Min
Christopher Hauss:

Also auch da vielfache Veränderungen. Vielleicht bevor ich auf diese Veränderungen eingehe, nochmal kurz diese wirtschaftliche Kraft. Also die Zahlen von Ende letzten Jahres von den Rechtsschutzversicherungen waren, dass die alleine für die Dieselklagen, das ist jetzt nicht allein Volkswagen, sind auch andere Automobilhersteller, aber im Schwerpunkt Volkswagen, also über 700 Millionen Euro ausgegeben wurden.

NaN
Christopher Hauss:

Also das ist keine kleine Industrie.

20:59 Min
Marc Ohrendorf:

Wie viel wurde auf Seiten von Volkswagen ausgegeben? Schwert zu beziffern wahrscheinlich.

21:04 Min
Christopher Hauss:

Ja, also es ist schwer zu beziffern, aber es sind, die letzte Zahl, die ich kenne, sind Rechtsberatungskosten über 1,7 Milliarden Euro. Okay. Da sind auch verschiedene andere, also es ist nicht alleine Rechtsanwaltskosten, aber das ist wirklich viel Geld, was da ausgegeben wird.

21:23 Min
Marc Ohrendorf:

Ja, wenn man es in der Metrik misst, dann ist es ja ungefähr Faktor 2, 2,5. Das ist jetzt wenigstens nicht Faktor 10.

21:29 Min
Christopher Hauss:

Aber schlecht zu vergleichen, also die Rechtsschutzversicherungen sehen da eigentlich die gesamten Kosten, die dann am Ende getragen werden müssen oder nicht getragen werden müssen. Das ist ja immer von beiden Seiten. Aber es ist schon eine Menge Kraft da und es sind eben sehr viele Kanzleien und die PR ist die eine Seite.

NaN
Christopher Hauss:

Und ich glaube, mit Medien sprechen und erklären und erläutern, das kann Volkswagen ganz gut. Also da gibt es einfach die Kollegen und mich, die zumindest für ein Gespräch offen sind. Aber was wir wirklich lernen mussten, ist, dass mit sinkendem Interesse, beim mediales sinkendem Interesse, dass unsere Arbeit nicht aufhört, sondern genauso stark auf einem anderen Feld fortgeführt werden muss.

NaN
Christopher Hauss:

Und zwar auf dem Feld des Marketings. Denn selbst wenn in den Medien nicht mehr berichtet wird, wenn ich Google Diesel klage, dann sehe ich die ganzen Google-Anzeigen oder wenn ich einmal von diesen Kanzleien, ich sehe die Websites dieser Kanzleien völlig unabhängig von jedem medialen Kanal oder von jedem klassischen medialen Kanal. Und da mussten wir auch aktiv werden, denn der Eindruck, der sich völlig unabhängig von Radio, TV.

NaN
Christopher Hauss:

Zeitungen verstärkt hat, ist, Volkswagen schummelt weiter, gerade wenn es jetzt um neue Klagen geht. Und da mussten wir dann eben auch mit Marketing dagegen halten und das ist für eine Kommunikationsabteilung, die im Kern PR macht, eine völlig neue Erfahrung und wir mussten da sehr viel dazulernen.

23:05 Min
Marc Ohrendorf:

Was haben Sie dann konkret gemacht? Also man kann ja jetzt nicht sozusagen einfach nur die Negativanzeige schalten, das funktioniert ja nicht. Das führt ja wahrscheinlich auch zu mehr Aufmerksamkeit auf genau die Situation.

23:14 Min
Christopher Hauss:

Genau, ganz interessante, ein interessantes Problem, vor dem wir standen. Wir wollten ja auf der einen Seite nicht zusätzlich Aufmerksamkeit auf die Klagen lenken, auf der anderen Seite wollten wir diejenigen, die sich überlegen zu klagen, ausgewogen informieren. Und da haben wir dann eben tatsächlich auch selber Anzeigen geschaltet.

NaN
Christopher Hauss:

Das waren im Prinzip das, was sie jetzt gesagt haben, Negativanzeigen. Und zwar klagen lohnt sich nicht. Aus folgenden Gründen. Da ging es dann nicht mehr um diesen alten Dieselskandalmotor, sondern es ging um einen neuen Dieselmotor.

NaN
Christopher Hauss:

Und dort sind die Klagen bis heute gehen ganz überwiegend verloren und das sagen natürlich die Klägerkanzleien nicht, sondern die sagen, ja hier, früher hat es geklappt, natürlich klappt es jetzt weiter. Faktisch ist das falsch, völlig andere Situation, keine unzulässige Abschalteinrichtung und das wollten wir den Kundinnen und Kunden, die sich da überlegen zu klagen, eben mitgeben.

NaN
Christopher Hauss:

Einmal über die Google Ads, dann über Native Ads, das heißt in entsprechenden Artikeln wurden auch Anzeigen geschaltet und das Interesse daran war ziemlich groß. Und umgekehrt gab es dann eben auch interessanterweise von den Klägerkanzleien Gegenanzeigen.

NaN
Christopher Hauss:

Also bei uns stand dann Klagen lohnt sich nicht und direkt darunter Klagen lohnt sich doch. Also das ist dann ein Spiel, ein Hin und Her, ein Pingpong, wo man sich schon überlegen muss, ob das sinnvoll ist oder nicht. Aber wenn es eben keine Berichterstattung gibt in den klassischen Medien.

NaN
Christopher Hauss:

Wo wird unsere Stimme dann sonst gehört? Und da muss man dann eben an die Stelle rangehen.

24:52 Min
Marc Ohrendorf:

Ist da dann auch ein Teil der Strategie, das habe ich so ein bisschen im Umfeld wahrgenommen, dass man sagt, naja, vielleicht kann man ja sozusagen auch einen Wagen, der jetzt potenziell noch etwas teurer werden könnte, dahingehend aus der Welt schaffen, dass man dem entsprechenden Kunden einen neuen Wagen verkauft. Das fand doch wahrscheinlich auch relativ viel statt, oder?

25:13 Min
Christopher Hauss:

Das müssen Sie nochmal stellen, die Frage.

25:15 Min
Marc Ohrendorf:

Naja, wenn ich einen sechs Jahre alten Diesel irgendwas habe und ich kann ihm jetzt einen AD3 verkaufen, dann habe ich ja erstmal ein Problem aus der Welt geschafft.

25:23 Min
Christopher Hauss:

Also bei den neuen Klagen, die da zu dem sogenannten R288 Motor kommen, da werden keine Angebote gemacht. Also da wird sich nicht verglichen, weil wir wissen, dass wir da sauber sind.

25:42 Min
Marc Ohrendorf:

Auf der anderen Seite könnte man aber ja durch, man muss sich ja gar nicht dann vor Gericht vergleichen, sondern man kann ja auch durch gute Sales-Aktivitäten sozusagen, bevor die Sachen zu Gericht kommen, die Probleme aus der Welt schaffen.

25:51 Min
Christopher Hauss:

Ja, das stimmt. Aber man könnte da möglicherweise ein Sales-Problem oder ein Problem über Sales lösen. Aber was man nicht lösen kann, ist dieser Eindruck, der sich dann ja auch wieder aufdrängen würde, die haben was zu verbergen. Die versuchen mit irgendwelchen, am Ende ist es ja ein Vergleich, wie auch immer, ob der jetzt gerichtlich oder außergerichtlich ist oder mit besonders guten Angeboten, versuchen sie da den Kopf aus der Schlinge zu ziehen.

NaN
Christopher Hauss:

Und das ist eben nicht der Fall. Insofern ist unsere Strategie da sehr hart zu sein und zu sagen, wir vergleichen uns nicht, wir sind uns sicher, wir führen diese Verfahren zu Ende und bislang ist das eine gute Strategie, weil das auch mit Glaubwürdigkeit zu tun hat. Warum soll man an einem Punkt nachgeben, wenn man sich so sicher ist und insbesondere auch zeigen möchte, dass man gelernt hat, dass man eben nicht weiter schummelt, dass man keine unzulässigen Abschalteinrichtungen mehr verbaut.

NaN
Christopher Hauss:

Und das ist schon uns wichtig, nach außen zu zeigen, kommunikativ zu zeigen, aber dann eben auch, das muss sich ja in der rechtlichen Strategie widerspiegeln.

26:58 Min
Marc Ohrendorf:

Abschließend würde mich noch ein Thema ein kleines bisschen interessieren. Wir zoomen mal wieder raus, nicht so sehr konkrete Gerichtsverfahren, nicht so sehr Volkswagen, sondern mehr die Frage Juristen und Kommunikation. Neulich sprach ich mit jemandem, der sagte, also ich bin BWLer und ich habe jetzt in den letzten fünf Jahren gelernt, wenn immer ich einem Juristen was frage, ist die Antwort immer die gleiche, kommt drauf an.

NaN
Marc Ohrendorf:

Das Gelächter war groß und ich musste darüber aber dann noch ein bisschen länger nachdenken und ich glaube, die Person hatte einen Punkt. Was macht denn aus Ihrer Sicht für einen Juristen gute Kommunikation aus?

27:33 Min
Christopher Hauss:

Also ich glaube, zu verstehen, dass es bei den rechtlichen Auseinandersetzungen nicht, wenn man jetzt nach außen kommuniziert und versucht zu erklären, dass es nicht um Rechtstechnik geht, nicht um rechtliche Mechanismen geht, sondern am Ende geht es um Auseinandersetzungen zwischen Menschen, es geht um wirtschaftliche Zusammenhänge, es geht möglicherweise sogar um politische Zusammenhänge. Und wenn man sich das bewusst macht, dann erzählt man eine andere Geschichte.

NaN
Christopher Hauss:

Und diese Geschichte muss sich abheben und muss sich unterscheiden von den rechtlichen Mechanismen, die dann vor Gericht eine viel stärkere Rolle spielen. Und wenn ich das weiß, glaube ich, wird auch das, was ich sage, glaubwürdiger, nachvollziehbarer und ich dringe mit einer Botschaft, wenn ich denn eine habe, einfach stärker durch.

NaN
Christopher Hauss:

Oftmals ist es ja auch einfach wichtig, nur für Verständnis zu werben, ohne jetzt eine große eigene Botschaft zu haben. Aber wenn ich wirklich etwas loswerden möchte, wirklich eine Idee habe, dann kann ich das nicht anhand von Rechtsmechanismen erläutern, sondern da muss ich konkret werden und dafür muss ich mich auch dem Fall nahe fühlen.

28:53 Min
Marc Ohrendorf:

Fällt es Juristen schon mal zu schwer, sich kurz zu fassen?

28:56 Min
Christopher Hauss:

Gute Frage. Ich glaube, es fällt Juristen leicht, sich kurz zu fassen, wenn sie sich sicher sind.

29:05 Min
Marc Ohrendorf:

Also kommt drauf an.

29:08 Min
Christopher Hauss:

Es kommt drauf an. Nee, in dem Fall kommt es nicht drauf an. Ich glaube, es kommt, wenn sie sich sicher sind, geht es ganz schnell. Ich glaube, es geht anders los.

NaN
Christopher Hauss:

Die Aufgabe von Juristen ist, Risiken zu vermeiden. Das heißt, klare Aussagen ist eigentlich das Gegenteil von Risikovermeidung. Mit jeder klaren Aussage begebe ich mich sofort in ein Risiko. Deswegen muss man, glaube ich, als ein klassischer, als ein gut ausgebildeter Jurist, muss man eine Distanz von dieser Kernaufgabe gewinnen.

NaN
Christopher Hauss:

Und dann kommt man auch sehr schnell zu sehr klaren Aussagen. Aber was unsere Aufgabe ist als Rechtskommunikatoren ist es ja die juristische Strategie zu unterstützen. Das heißt eine risikoreiche Kommunikation passt nicht zu einer risikoaversen rechtlichen Strategie.

NaN
Christopher Hauss:

Und das ist durchaus ein Konflikt, den man dann aushalten muss und abwägen muss, wie weit man auch dann kommunikativ in Risiko gehen kann. Aber Juristen können sich sehr kurz fassen.

30:07 Min
Marc Ohrendorf:

Gut, wenn mich das jetzt interessiert und ich höre hier bei diesem Podcast regelmäßig zu, dann weiß ich schon, was jetzt kommt, nämlich die Frage, kann man sich das irgendwie mal näher bei Ihnen anschauen?

30:17 Min
Christopher Hauss:

Was man auf jeden Fall machen kann, ist auf mich zukommen und mit mir sprechen. Ich finde das Berufsfeld tatsächlich total interessant und es gibt viele Möglichkeiten, in das Berufsfeld hineinzugucken, ohne jetzt direkt bei einem Konzern zu landen. Und das glaube ich, das ist auch der eher richtige Weg.

NaN
Christopher Hauss:

Ich denke, wenn einen das interessiert, gibt es eine Menge Kanzleien, die eigene gute Kommunikationsabteilungen haben. Es gibt Agenturen, die ausgezeichnete Litigation PR Beratung machen und es gibt natürlich auch Klägerkanzleien, wo man hingehen kann, wenn man darauf gepolt ist, dark wirtschaftsbasiert oder unter Wirtschaftlichkeitsaspekten zu kommunizieren.

NaN
Christopher Hauss:

Aber diese Einstiege sind wichtig, aber ich glaube, es ist gut, sich vorher ein Gesamtbild machen zu können und da bin ich auf jeden Fall auskunftsbereit und auskunftsfähig.

31:14 Min
Marc Ohrendorf:

Herr Aus, hat sehr viel Spaß gemacht. Danke.

31:16 Min
Christopher Hauss:

Mir auch. Vielen Dank. Ciao. Tschüss.

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